22.Kapitel
Um etwa 24 Uhr regte sich etwas im Schlafsaal der Gryffindors, ein sechst Klässler.
Neville saß mit einem Ruck in seinem Bett und stand mit steifen Beinen auf. Die Arme ausgestreckt lief er mit geschlossenen Augen in den Gemeinschaftsraum, öffnete ein Fenster und stieg auf den Sims. Sich an einem dicken Efeustrang festhaltend, rutschte Neville langsam an der Schlossmauer hinunter. Auf den letzten vier Metern riss die Pflanze und Neville stürzte mit einem dumpfen Plumps auf den Boden, richtete sich aber sogleich wieder auf und stolperte- noch immer schlafwandelnd- direkt auf den verbotenen Wald zu.
Eine ganze Zeit später war er tief in das Netz des Waldes verstrickt, als er endlich erwachte. Er hatte geträumt, dass seine Eltern ihn gerufen hatten. Er konnte sie gesund machen, mit einem goldenen Pfeil, den er merkwürdigerweise in der Hand hielt. War das jetzt tatsächlich nur ein Traum gewesen? Er sah sich suchend um. Im Traum war er in dem Krankenhaus, in dem seine Eltern lagen, gewesen, doch dies hier war eindeutig nicht eine Krankenstation, das war der verbotene Wald.
Er setzte sich mit aufgerissenen Augen auf den Boden. Wie sollte er hier jemals wieder herausfinden? Als er bereits ein paar Augenblicke reglos dagesessen hatte, hörte er plötzlich, nicht weit von seinem Sitzplatz entfernt, eine merkwürdig klingende, aber dennoch eindeutig in seiner Sprache sprechende Stimme.
Er schlich sich näher, bis er zu einer vom Mond beschienenen Lichtung kam. Er kroch durch den Farn, um die Stimme besser verstehen zu können.
„Er wird bald hier sein...", wurde gerade geflüstert.
Neville kroch ein Stück weiter und da stieß er auf einmal gegen etwas Hartes. Vorsichtig aufblickend erkannte er so etwas wie einen Altar. In zwei Metern Entfernung sah er eine Gestalt, die eine beängstigende Ähnlichkeit mit Voldemort aufwies. Aber der konnte doch gar nicht hier sein...oder?
Neville hörte abermals die zischende Stimme unter der schwarzen Kapuze hervorkommen.
„Komm ruhig raus mein Kleiner! Ich weiß, dass du da bist!"
Neville sank das Herz in die Hose. Er sprang erschrocken auf. Er stolperte und fiel über den Altar.
„Ja, mein Kleiner, ich habe dich hergelockt und nun GIB MIR DEN PFEIL!", befahl die vermummte Kreatur.
Neville schien wie hypnotisiert, steuerte auf Voldemort zu und gab ihm gehorsam den Pfeil.
Dieser legte die Reliquie auf den Altar und begann zu sprechen: „Vermehre dich auf dem 'Altar des Amor', bei Mondschein und gib mir noch mehr Macht."
Aufeinmal brannte eine ungeheure Wut in Neville auf. Dies war die Person, die dafür gesorgt hatte, dass seine Eltern Krankenhaus reif gemacht wurden! In einem Anfall an Mut stürzte er sich auf die düstere Gestalt.
Doch Voldemort sprang im letzten Moment zur Seite, Neville stolperte über den Altar und fühlte einen brennenden Schmerz in seinem Fuß. Noch bevor er Engel und Sterne sah, hörte er den entsetzten Aufschrei der schwarzen Person.
Als Neville wieder klar sah, erblickte er das wunderbare Gesicht Voldemorts, mit den entzückenden roten Augen und da konnte er einfach nicht widerstehen: er stürzte auf Voldemort zu und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss.
Dieser schrak zurück. Was sollte denn das jetzt? Er schleuderte Neville von sich. Er sah ihn mit roten wilden Augen an. Was erlaubte sich diese Ratte von Schüler überhaupt? Ungeheure Wut stieg in ihm auf.
„Oh, du dunkler Geist, ich liebe dich!", stieß Neville mit verträumten Blick hervor.
„Schweig, Unwürdiger!", schrie Voldemort.
Er zückte seinen Zauberstab. „AVADA KEDAVRA!"
Neville traf der grüne Lichtstrahl mitten ins Herz. Er war sofort tot!
Voldemort lachte leise. Wieder hatte er jemanden ausgelöscht. Doch als er die Leiche vor sich sah, fühlte er etwas, was er noch nie zuvor gefühlt hatte. Dieses niedere Wesen hatte Gefühle auf ihn übertragen! Er schüttelte sich, wollte dieses Empfinden von Mitleid von sich werfen. Doch er stolperte Rückwärts, fiel auf den Altar und stach sich an der Spitze des Pfeils, der noch immer dort gelegen hatte. Er schrie auf, schüttelte sich und taumelte.
Todesser kamen von allen Seiten angerannt, die Voldemort weggeschickt hatte, da er den Pfeil alleine umwandeln wollte. Doch es war bereits zu spät.
Voldemort starrte verwirrt auf die Leiche Nevilles: "Was...hab ich getan?"
Er stürzte zu dem Toten und umklammerte ihn.
"Komm zurück! KOMM ZURÜCK!!! Ich liebe dich doch!", stieß er hervor.
Doch Neville blieb genauso starr wie zuvor. Dann begann er die Leiche zu schütteln.
"Lebe! LEBE!!!", schrie er und seine Augen quollen hervor. Die anderen Todesser konnten das nicht mit ansehen. Sie rannten davon, sich die Ohren mit den Händen zuhaltend. Sie wollten nicht glauben was hier geschah. Indem ihr Lord gebrochen wurde, brachen sie mit ihm.
Voldemort indessen heulte hemmungslos, laut kreischend, flehend, bettelnd. Diese Kreatur vor ihm- Neville- sie war sogar nach ihrem Tod herzzerreißend schön. Er konnte nicht von ihm lassen, er liebte ihn, so wie er war.
Tja, aber Neville würde nie wieder auferstehen. Voldemort nahm sich vor, ihn so einzubalsamieren, dass er für immer so aussehen würde, wie jetzt. Und er würde ihn auf ewig aufbewahren, bis er selbst dem Untergang geweiht sein würde. Er braute einen Zaubersaft aus den um ihn wachsenden Kräutern und rieb Neville zärtlich mit dem Mittel ein.
Er küsste seinen Bauch und streichelte ihn sanft. dann verkleinerte er die Leiche schweren Herzens und schloss sie in ein magisches Amulett, in dem er vorher die Leiche seiner geliebten Mutter aufbewahrt hatte. Für jene buddelte er nun ein Loch und schmiss die handgroße Leiche hinein. Neville war ihm wichtiger.
Lange saß er angelehnt an einem Baum und dachte darüber nach, was nun als nächstes zu tun war. Das Leben schien all seinen Sinn verloren zu haben. Er wollte nicht mehr leben und vor allem keine Weltherrschaft oder sonstiges.
Dann kam ihm ein hervorragender Gedanke: er würde zu Dumbledore gehen, sich für seine furchtbaren Taten entschuldigen und sich einfach Rat von ihm holen. Vielleicht könnte er alles wieder gut machen und dann zu dieser unschuldigen Leiche in den Himmel ziehen. Er machte sich also auf den Weg nach Hogwarts, den Pfeil in der Hand haltend.
Er kannte Hogwarts noch so gut und er sehnte sich mehr und mehr nach Erlösung. Er wusste, wo er Dumbledore zu dieser Tageszeit finden würde. In der Küche, bei den Hauselfen essend. Bei diesem Gedanken musste er doch tatsächlich lächeln! Er lächelte nie!
Er schlich sich durch die ihm bekannten Gänge und kitzelte, vor dem Portraitloch angelangt, das den Zugang zu der Küche freigab, die Birne. Das Bild schwenkte zur Seite und er trat ein. Die umher eilenden Hauselfen blieben stehen und starrten Voldemort entsetzt an. Als sie erkannten, wer da vor ihnen stand, ließen sie alles, was sie in den Händen hielten, fallen und rannten hysterisch schreiend durch die Gegend.
Voldemort, der inzwischen eher wieder Tom Riddle von einst war, als der gefürchtete Lord, versuchte peinlich berührt die kleinen Elfen zu beruhigen, doch sie wurden nur noch erregter, als plötzlich Dumbledore in den wuselnden Kreis eintrat und ihnen gebot, ruhig zu sein. Er ging auf Tom zu und führte ihn schweigend zu seinem Büro, wo er sich an seinen Schreibtisch setzte und Tom bedeutete, sich auf einen der umherstehenden Sessel nieder zu lassen.
Dann brach es aus Voldemort heraus. Riddle erzählte Dumbledore alles: warum er gemordet hatte, weshalb er Macht besitzen wollte, weshalb er sein dunkles Imperium durchsetzen musste, was sein neuster Plan gewesen war und wie er sich verliebt hatte, doch diese Liebe keine Chance mehr haben konnte.
Dumbledore hörte ihm interessiert zu. Als Tom endete, begann er zu sprechen: "Deine Entscheidung zu mir zu kommen, bewundere ich sehr! Ich hätte niemals etwas derartiges erwartet. Der gefürchtete dunkle Lord stolziert einfach so nach Hogwarts, gesteht mir seine Lebensgeschichte und bittet mich, ihm zu helfen. Du weißt Tom, dass du niemals jemand anderem jemals wieder unter die Augen treten kannst. Du hast, um es vorsichtig auszudrücken, viel zu viel Schaden angerichtet, so dass sie dich auf der Stelle töten würden. Außerdem ist dein Sinneswandel künstlich erzeugt worden, nämlich durch den Pfeil. Ich fürchte, du kannst nicht mehr viel für dein Glück tun."
Als Tom Riddle diese enttäuschenden Worte hörte, richtete er seinen Zauberstab auf sich selbst und sagte mit theatralischer Stimme: "Gut, ich tue hiermit der Zaubererwelt einen Gefallen. Lebe wohl, Dumbledore! Neville, vielleicht sehe ich dich irgendwann wieder..."
Dumbledore sprang erschrocken zurück, als ein grüner Lichtstrahl aus Voldermorts Zauberstab schoss und er auf der Stelle zusammenbrach.
Mrsgaldriel: „Mein Gott, wie theatralisch!"
PandoraAluka: „Schön, nicht?"
