Anm: Wie immer einen besten Dank an die Reviews!!!

Der Teenager dämmerte vor sich hin. Das Boot hatte erst vor wenigen Minuten vom Dock abgelegt und nahm Kurs auf seinen Bestimmungsort, der ihm nicht bekannt war. Das lag aber nicht daran, dass man es ihm nicht erzählen würde, es interessierte ihn nur einfach nicht. Francis musste im Moment wohl eher eine Einweisung über sich ergehen lassen. Hoffentlich kam er bald zu ihm. So ganz allein im Lazarett wurde es dann doch langweilig.

„Klopf, klopf. Darf ich rein kommen?"Der lockige Kopf eines Mannes, der ihn auch im Krankenhaus öfters besucht hatte erschien in der Tür. Er trug in der anderen Hand ein Tablett mit Essen. „Ich dachte mir nach dem Frass im Krankenhaus und dem was die hier so servieren könnte es gut tun, wenn du was ordentliches aus der Messe bekommst. Von dem Gemüse würde ich aber die Finger lassen. Piccolo meinte nämlich mal wieder kochen zu müssen. Aussehen tut es gut, aber die Kombüse stinkt wie abgebrannt."Er lächelte den Teenager an und setzte sich auf die Kante des Bettes.

„Muss ich mir sonst irgendwelche Sorgen einer möglichen Vergiftung machen?" fragte Lucas skeptisch. Er wusste nicht warum, aber Ortiz meinte er vertrauen zu können. Ob er ebenfalls gegenüber dem Captain Zweifel hegte. Konnte er mit ihm über seine Gefühle sprechen?

Miquel schüttelte den Kopf. „Nein, kann ja deinen Vorkoster machen, wenn du möchtest."

Lucas hielt seinem kubanischen Freund die Gabel hin. „Dann leg los."

„Warum reiße ich meine Klappe auch soweit auf?"Seufzend nahm Ortiz die Gabel und stocherte durch die Speisen auf dem Tablett. „Von Piccolos Gemüse nehme ich aber nichts."

„Auf gar keinen Fall! Wenn es für mich gut genug ist, ist es auch für meinen Vorkoster gut!"Das Computergenie betrachtete eingehend die Gedankenvorgänge, die sich hinter der Stirn des Kubaners abzuspielen schienen und wie ein Spiegelbild auf seinem Gesicht zu sehen waren.

Ortiz ließ die Gabel wieder sinken. „Sag mal Lucas, was ist da eigentlich im Krankenhaus immer passiert? Bridger ist richtig fertig und dieser Freund von dir scheint mir nicht so geheuer zu sein."Das war etwas was der Teenager gar nicht hören wollte. Noch einer der auf der Seite des Captains war.

„Was habt ihr alle gegen Francis? Ich verstehe das nicht."Seine Laune und die guten Eigenschaften, die er seinem Gegenüber bis eben noch zugesprochen hatte, waren auf einmal wieder wie weggeblasen.

„Na hör mal, ist doch schon seltsam. Der Typ taucht ständig bei dir im Krankenhaus auf nachdem du wieder aufgewacht bist und seit dem er da ist, wird der Captain immer mehr aus deiner Nähe gedrängt. Dabei dachte jeder hier an Bord, dass zwischen euch beiden diese besondere Beziehung herrscht. Dieser Francis mag ja dein Freund sein, das weiß ich nicht. Nur mir gefällt seine Art nicht. Sein Blick ist voller Hass. Du bist nicht die Person, die große Geheimnisse um seine Freunde macht. Wie oft mussten wir schon heimlich den einen oder anderen vor Bridger verstecken, weil er diesen sonst von Bord verwiesen hätte und wir aber doch einige Spielenächte machen wollten. Daran wirst du dich im Moment vielleicht nicht so erinnern, aber es war jedesmal superlustig. Unsere Wege von Quartier zu Quartier führten durch die Kabelröhren und Ben hat sich einmal so da drinnen verfranst, dass er unter der Brücke raus kam. Er konnte damals von Glück reden nicht die Klappe geöffnet zu haben. Ich glaube, Ford wäre ausgeflippt, wenn Krieg direkt vor ihm aus dem Boden geklettert wäre. Einer deiner Freunde hat sich damals auch so mit Bridger angelegt und gemeint er müsse ihm jetzt unbedingt beweisen, mehr essen zu können als der Captain. Dieses Kartoffelbreiwettessen war eine der besten Ideen, um den Cap mal aus sich herauszuholen. Leider hat der danach ordentlich die Fäden angezogen und zugesehen, dass hier nicht mehr alles so locker zu ging. Nur er war sehr nachsichtig und das ist er immer noch. Bei einem anderen wäre dieser Francis nicht einmal bis zum Dock gekommen.

Ich will dir wirklich nichts böses. Deine Freunde sind deine Freunde und es geht mich nichts an, doch wenn hier so ein Theater los geht, dann halte ich es nur für fair, dir dar zu legen, wie ich darüber denke."

Schweigsam hatte das Computergenie den Worten des Kubaners gelauscht. Erneut einer, der gegen Francis und für Bridger war, aber er schien ehrlich an seiner Freundschaft interessiert zu sein. Warum sonst, betonte er dies. Niemand sonst hatte bisher gemeint, dass seine Freunde seine Sache waren. „Kann es nicht sein, dass ich auch Leute habe, über die ich aus ganz bestimmten Gründen nicht vor allen geredet habe?"

„Sicher kann es das. Leider gab es auch da teilweise jemanden, der darüber Bescheid wusste. Ich bezweifle, dass Bridger über den einen oder anderen deiner Hackerfreunde etwas weiß. Jeder hat eine dunkle Seite und seine tiefen Geheimnisse. Auch du. Der Captain ist im Moment einfach etwas zu empfindlich. Du musst wissen, dass er es nämlich war, der als erstes beim Moon Pool und somit bei dir nach der Explosion war. Du hättest ihn sehen sollen. Ich glaube in dem Moment hatte er schon die schlimmsten Befürchtungen. Er macht sich aufrichtig Sorgen um dich und will wirklich nur das Beste. Versuch ihm wenigstens etwas Vertrauen entgegen zu bringen. Oder sei zumindest nicht mehr ganz so abweisend. Es zieht die ganze Mannschaft mit runter, wenn ein deprimierter Captain auf der Brücke ist."

„Ich werde es versuchen."versprach der Teenager.

Die Tür zum Lazarett ging auf und Francis, mit tief zornigen Gesicht betrat das Lazarett. Als er Oritz erblickte, hielt er inne. Es schien, als hätte er nicht damit gerechnet hier jemanden vorzufinden, ja, es wirkte beinahe, als hätte er soeben etwas geplant gehabt, was nicht ganz legal war und nun war er ertappt worden.

Miquel richtete sich auf. „Ich denke es wird Zeit für mich wieder zu gehen. Lass es dir schmecken. Tony und ich haben uns überlegt heute Abend einen Film anzusehen. Wenn du willst, können wir das hier machen. Ich glaube das tut dir vielleicht ganz gut. Mit etwas Glück können wir Tim auch dazu überreden uns ein Computerspiel hier einzurichten. Davon wird Dr Smith zwar nicht so begeistert sein, doch wir sind es und das ist die Hauptsache."Mit einem fröhlichen Lächeln verschwand er durch die Tür, die noch immer von einem verdutzt dreinblickenden Francis aufgehalten wurde.

„Was ist?"fragte Lucas. Anscheinend gab es etwas, das nicht so ganz in Ordnung war.

Francis dachte nach. Langsam schloss er die Tür hinter sich. „Dieser Captain scheint etwas zu ahnen. Wir müssen vorsichtig sein. Ich denke, er weiß bereits, dass wir ihm auf der Spur sind. Dieser Filmabend könnte uns aber helfen, den Verdacht ein wenig zu zerstreuen. Du musst so tun, als wäre nichts."

„Damit werde ich keine Probleme haben. Mit Ortiz scheint es da auch keine zu geben. Tony vermute ich schon eher, doch Miquel... Ich glaube ihm vertrauen zu können."

Sofort kam der junge Mann an seine Seite. „Auf gar keinen Fall!"So wie er den Teenager anschrie, zuckte der unwillkürlich zusammen. „Er gehört mit zu den Günstlingen Bridgers. Glaub' mir. Wir müssen äußerst vorsichtig sein. Auch bei den Leuten, bei denen du meinst, dass sie auf unserer Seite sein könnten. Je mehr Bescheid wissen umso größer die Wahrscheinlichkeit in Bridgers Falle zu treten."

„Was für eine Falle?"

„Ich habe mich nach der Einweisung ein wenig umgesehen und zufällig ein Gespräch des Captains mitbekommen. Er hat seinen Delphin angewiesen so oft wie möglich bei dir zu sein. Er will dich nachher zum Moon Pool bringen. Lass dich bloß nicht verführen und dem Delphin alles erzählen. Solange wir keine Sicherheiten haben, müssen wir auf der Hut sein."

Lucas seufzte. Er nahm die Gabel in die Hand und versuchte ein wenig von dem Kartoffelbrei aufzuheben. „Mir scheint es zu riskant zu sein, hier direkt etwas zu unternehmen. Was ist es eigentlich was Bridger so schlecht macht. Ich meine, was hat er vor oder was hat er getan, dass ich solche Angst vor ihm haben sollte."

„Hast du es denn immer noch nicht kapiert? Es ist nicht nur Bridger. Es ist die ganze UEO. Sie sind es, die nach einer neuen Weltmacht streben. Captain Bridger ist dabei derjenige, der diese Weltmacht später vertreten soll. Ein Herrscher über den gesamten Planeten. Mit der seaQuest ist dieses Ziel kinderleicht zu erreichen. Die Forschungen sind alles nur Mittel zum Zweck. Wie kann man am Besten das Vertrauen der Menschen gewinnen? Ganz einfach, indem man ihnen etwas vorspielt, was sie gerne sehen möchten. Einen Menschen, der sich um das Wohl der Natur und ihrer Bewohner sorgt, einen, der für den Erhalt des Friedens ist und sich auch wenn nötig durchsetzen kann und für einen da ist. Sanft wie ein Teddybär. Du bist doch auch auf ihn rein gefallen. Wäre ich nicht gewesen, hätte er deinen Gedächtnisverlust hervorragend als Brücke zu deinen Fähigkeiten benutzen können. Du kannst noch so viel mehr und wenn es erst einmal Zeit wird, die Herrschaft an die UEO und ihren bereits ernannten Führer zu reißen, wirst du derjenige sein, der mittels Computer den Feind lahm legt."

Francis beugte sich nach vorn und sprach in einem verschwörerischen Flüsterton weiter. „Sobald es möglich ist, werde ich mich hier im Labor einmal umsehen. Nach deinen letzten Mails zufolge, besteht der Verdacht einiger Biowaffen. Wir müssen Beweise finden. Außerdem brauche ich deine Hilfe. Wir müssen unbedingt einen Weg finden, die geheime Kommandozentrale der UEO auszuschalten."

Lucas lachte verächtlich auf. Schnell schluckte er den Kartoffelbrei, der ihm so gut schmeckte herunter. „Es gibt keine geheime Kommandozentrale."

Sein Freund nickte ernst. „Doch, die gibt es. Ich konnte die ganzen Sachen nicht mitnehmen. Wie sich herausstellte zurecht. Die haben mich einer genauesten Leibesvisitation unterzogen. Ich sage dir, das ist kein Spaß. Meine Taschen sind bis auf den letzten Krümel geleert worden. Hätte ich da etwas drinnen gehabt, wäre es aus gewesen. Sei also vorsichtig. Ich werde mich noch ein wenig umsehen gehen und halt den Mund. Zu keinem ein Wort. Ich will dir helfen, wie ich es dir versprochen habe. Sobald du dein Gedächtnis wieder hast, wirst du mir dafür danken."Er stand auf und verließ den Raum.

Frustriert ließ Lucas nun doch die Gabel wieder auf den Teller sinken. So konnte man einem wirklich den Appetit verderben. Sein Gerechtigkeitsgefühl war vollkommen hinüber. Er wusste nicht mehr was er noch glauben wollte. Alles was sein Freund aus Studientagen da erzählte schien Sinn zu machen. Captain Bridger schien seiner Verachtung gegenüber Francis auch kein Geheimnis zu machen, das hatte er ihm deutlich genug gezeigt. Auf der anderen Seite waren aber auch all die anderen Crewmitglieder. Sie alle waren unheimlich nett zu ihm, halfen wo sie nur kannten und jeder hatte bereits Bedenken gegenüber Francis gezeigt. Also was war es nun, was stimmte? Er musste dem auf den Grund gehen.

Es hatte nicht lange gedauert bis Captain Bridger bei ihm im Lazarett erschienen war. Er hatte gar nicht erst versucht erneut mit ihm ein Gespräch anzufangen, sondern einfach nur gefragt, ob er nicht Lust hätte sich woanders auf dem Schiff aufzuhalten. Noch immer gab er ihm das Gefühl ehrlich an einer Genesung des Jungen interessiert zu sein. Die Telepathin war bei ihm gewesen und hatte ihr Einverständis dazu gegeben, ihn für einige Stunden von der Krankenstation zu entlassen.

In einer lockeren Jogginghose und mit ausgebeulten T-Shirt brachte ihn Bridger zum Moon Pool, zu jenem Tier, vor dem Francis ihn gewarnt hatte. Er sollte auf gar keinen Fall der Versuchung erliegen und sich diesem Delphin hingeben. Doch der wollte gar nichts über ihn wissen. Freudig schnatternd kam er zu ihm geschwommen. Bridger brachte einen Hocker zum hinsetzten.

„Lucas wieder ganz?"übersetzte der Vocoder.

Ein Lächeln huschte über Bridgers Gesicht. „Anscheinend ist bei der Explosion der Vocoder stärker beschädigt worden, als wir angenommen haben. O'Neill hatte versucht ihn zu reparieren, aber du hörst ja was für Fehler er hat. Das ist wohl dann doch ein Problem für den Entwickler dieses Wundergerätes."

Der Teenager hielt dem Tier seine Hand hin. Sofort kam der Delphin näher und rieb seine Schnauze an den schlaffen Fingern. „Warum erzählen sie mir das?"

„Du bist derjenige gewesen, der unserem Haustier hier das Sprechen gelehrt hat. Der Vocoder ist deine Erfindung, Lucas. Durch dich war es mir endlich möglich zu erfahren, was mein Delphin über mich denkt."Er nickte zu dem Meeressäuger. „Und er scheint dir auch sehr dankbar zu sein, denn ihm gefällt es bei den Menschen so gut, dass er manchmal gar nicht mehr aufhört zu erzählen. Seine Artgenossen scheint er schon ganz vergessen zu haben."

Er zog seine Hand von dem Beckenrand zurück. „Das ist doch alles bloß Show. Ich kann unmöglich etwas so kompliziertes entwickelt haben. Wer sagt mir, dass sie das hier nicht schon so vorbereitet haben, dass ich immer dann etwas sprechen höre, wenn es sein muss. Bei der Technologie hier ist das doch ein Kinderspiel jemanden wie mich zu täuschen."

Bridger legte ihm die Hand auf die Schulter, doch der blonde Teenager zuckte vor der Berührung zurück. Erschrocken nahm auch der Captain die Hand wieder zu sich. Unwillkürlich keimte blinde Wut in ihm auf. Wäre dieser Typ niemals im Krankenhaus aufgetaucht oder hätten sie ihn nur von Lucas fern gehalten, wäre es nicht so weit gekommen. Sie mussten dem Computergenie sein Gedächtnis zurückgeben und das sehr bald. Lange würden sie dieses Spiel nicht mehr spielen können. „Es ist keine Show. Du scheinst mir nicht zu glauben und meine Worte sind in deinen Ohren nur Lügen, doch du kannst dir sicher sein, dass ich wirklich nur das Beste für dich will. Ich mache mir große Sorgen und wünsche mir nichts sehnlicher, als diesen Unfall ungeschehen zu machen. Doch ich kann die Zeit nicht zurück drehen. Alles was ich habe sind nun einmal meine Worte. Auch wenn du ihnen jetzt noch keinen Glauben schenkst und lieber auf das hörst was dein Freund, von dem ich nie etwas gewusst habe, dir in euren gemeinsamen Stunden erzählt, so ist das was ich sagen ehrlich gemeint. Wie du damit umgehst. Was davon du glaubst, bleibt dir überlassen. Es ist nur schwer jemanden etwas gutes zu tun, der in einem nur schlechtes sieht. Ich hoffe du verstehst das. Es ist nicht nur Leere, die ich von mir geben. Das meine ich ernst. Du bist und bleibst ein wertvoller Teil dieser Crew, egal ob mit oder ohne Gedächtnis. Ich werde dich nicht einfach so gehen lassen und ich bin mir sicher, früher oder später kommst du dahinter, was es mit Francis auf sich hat. Ich hoffe in einigen Tagen bereits mit dir hier zu sitzen und über diese Sache lachen zu können. Bis es aber soweit ist, haben wir noch einen langen Weg vor uns. Beide müssen wir versuchen eine Brücke des Vertrauens zu schaffen. Eine Brücke, die nur entstehen kann, wenn beide Seiten daran glauben. Du tust das nicht."Er stoppte. Seine Worten zeigten keinerlei Reaktion bei dem blonden Teenager. Er seufzte tief auf. „Ich sehe schon. Noch habe ich keine Chance zu dir durch zu kommen."Er sah auf den Meeressäuger. „Ich wünsche dir viel Glück bei dem, was mir nicht gelungen ist. Wir meinen es nur ehrlich zu dir, Lucas. Wenn du zu verblended bist um das zu erkennen, dann kann ich dir nicht mehr helfen. Doch an meinen Absichten hat sich nichts geändert. Meine Tür steht dir jederzeit offen. Solltest du doch zur Vernunft komm, dann bin ich für dich da."Er wandte sich ab und verließ das Seedeck. Schon nachdem er diese Worte gesagt hatte, bereute er den Ton mit dem er es getan hatte. Tiefe Vorwürfe drangen an die Oberfläche, ob er nicht zu hart war. Noch musste er sorgsam mit ihm umgehen. Aufpassen ihn nicht von sich zu stoßen. Dieser scharfe Ton in seiner Stimme könnte jedoch genau dies bewirkt haben. Doch er kam nicht mehr zurück. Wie würde das denn aussehen. Sollte sein junger Freund die Worte wirken lassen. Später bietet sich bestimmt noch eine andere Gelegenheit bei der sie, so hoffte Nathan, in Ruhe darüber sprechen konnten.

Nachdenklich sah Lucas ihm nach. In seinem Inneren kämpfte wieder der Orkan der Gefühle. Was sollte er glauben? Der Captain brachte genau das rüber, was er auch erzählt hatte. Es wirkte so ehrlich. So ehrlich wie auch das was Francis ihm vorlegte. Das Bridger zuletzt ziemlich wütend zu ihm gesprochen hatte, war ihm gar nicht so sehr aufgefallen.

„Darwin killern will."

Killern? Was meinte der Delphin? „Was?"fragte er. Sollte es wirklich eine Aufnahme sein, dann war sie ziemlich schlecht.

„Killlern mit Darwin!"Der Delphin schwamm los und holte aus dem hinteren Teil des Beckens einen roten Ball. Auf der Wasseroberfläche schob er ihn bis zum Beckenrand. „Killern!"

„Meinst du spielen?"

„Ja, mit Darwin! Darwin schlafen Lucas. Darwin ganz viel war."Lucas verstand kein Wort, was der Delphin von ihm wollte. Einzig und allein die Geste, dass er mit ihm spielen wollte, war ihm bisher klar, doch der Rest....

„Er hat dich vermisst."sagte eine Frau, die gerade erst zu ihm kam. Sie setzte sich auf die Stufen neben den Moon Pool. „Wie so ziemlich jeder hier an Bord, doch der Vocoder ist so kaputt, dass keiner wirklich versteht, was er sagt. Ich glaube, alle an Bord werden froh sein, wenn du das Ding bald wieder zum laufen bringst."

Er hatte diese Frau schon ein paar Mal gesehen. Sie war einmal mit bei ihm im Krankenhaus gewesen, als die halbe Mannschaft anscheinend beschlossen hatte, ihn besuchen zu müssen und dann noch weitere zwei Male hier auf dem Boot. Bei einer dieser Begegnungen konnte er sich nicht mit ihr unterhalten, obwohl sie zu dem Zeitpunkt das Gespräch gesucht hatte, doch er war gerade erst an Bord gekommen und hatte die Nase voll von Bridger, der ununterbrochen bei ihm am Bett saß. Als er für eine Weile aus dem Zimmer war, hatte den Teenager nichts mehr gehalten. Er war getürmt und hatte sich am Ende heillos verlaufen. Ausgerechnet Bridger war es dann auch noch, der ihn wieder fand und zurück brachte.

„Ich soll also wirklich dafür verantwortlich sein, dass er hier spricht? Ich muss grottenschlecht sein, denn sonst würden wir verstehen was er sagt."

„Das haben wir doch immer. Bis zu der Bombe. Hier war alles kaputt. Glücklicherweise war Darwin gerade draußen. Wäre er an Bord gewesen, so hätte es ihn auch ziemlich erwischen können. Das meinte der Commander."Sie rieb die Hände aneinander.

Lucas sah sie nur an. Lange Zeit antwortete er ihr nicht. Darwin drängelte mit dem Ball. Er spritze wie verrückt. Immer wieder sagte er killen, killen. Obwohl er sich nicht richtig bewegen konnte und noch immer Schmerzen hatte, rutschte der blonde Junge von dem Hocker und fischte nach dem Ball. Er gab ihm einen leichten Stoß und er schwamm einige Meter weit von seiner jetzigen Position. Darwin schwamm sofort hinterher und brachte das Spielzeug zurück.

„Darf ich dich etwas fragen?"begann sie zaghaft.

„Kommt drauf an was. Ich weiß noch nicht einmal mit wem ich hier spreche. Solltest du also etwas privateres wissen wollen, schlage ich vor gewisse Hemmmauern zu durchbrechen."Noch ein weiteres Mal schob er den Ball davon.

Darwin beschwerte sich nicht. Normalerweise war er es gewohnt durch das halbe Becken zu schwimmen, um den Ball zu holen oder Lucas schwamm mit ihm. Aber er wusste auch, dass Lucas verletzt war. Bis es ihm nicht besser ging, würde er sich auch nicht beklagen.

„Oh, das habe ich total vergessen. Das muss man sich einmal vorstellen. Ist schon in Ordnung. Lonnie Henderson ist mein Name, aber Lonnie tut es auch. Tut mir leid. Es ist schon etwas komisch der Gedanke, dass jemand, den man so lange kennt, eigentlich nicht weiß, wer man ist."Das hatte der Teenager bereits von anderen zu hören bekomme. Es war nichts neues also.

„Du wolltest mich etwas fragen."brachte das blonde Computergenie das Gespräch wieder auf seine ursprüngliche Bahn.

„Ähm ja. Du musst nicht darauf antworten, wenn du nicht willst, aber ich hätte ganz gerne gewusst, weshalb zwischen dir und dem Captain solch eine Eiszeit herrscht. Er zieht uns teilweise alle mit runter. Miquel hat das zumindest so wahr genommen. Ich habe noch nichts davon wirklich bemerkt, aber unter den höheren Offizieren herrscht Stimmung auf dem Tiefstpunkt. Du bist einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzigste hier gewesen, der mit dem Captain reden konnte, wie er wollte ohne schief angeguckt zu werden. Würde ich zu ihm hingehen und einfach in sein Quartier spazieren und dort seine privaten Sachen mitgehen lassen, gebe es bestimmt Ärger. Oder auch die Art wie ihr beiden miteinander umgegangen seid. Nenn mir einen hier an Bord, der so privat mit unserem Bridger war wie du. Es gibt Gerüchte wonach du über fast jede Einzelheit aus seinem Leben Bescheid weißt und wenn ihn etwas bedrückt er nur mit dir oder Darwin darüber redet."

„Könnt ihr mich nicht endlich mit diesem Mist in Ruhe lassen? Ich kann es nicht mehr hören. Andauernd sagen alle nur zu mir, wie toll ich mich mit Bridger verstehen würde und dass sie es überhaupt nicht verstehen können, warum es jetzt nicht so ist. Es kann doch nicht nur an dem Gedächtnisverlust liegen."Schrie Lucas regelrecht. Die junge Frau zuckte unwillkürlich zusammen. Aber es ging noch weiter. „Was kommt als nächstes? Willst du mir auch sagen, dass es alles mit meinem Freund zusammen hängt? Ist Francis die Wurzel allen Übels? Was bekommt ihr von ihm, dass ihr mich alle so mit diesen bescheuerten Fragen bedrängt? Kann mich denn keiner einfach nur in Ruhe lassen? Mich das tun lassen, was ich will?"Seine gebrochenen Rippen schmerzten. Durch die heftigen Gestiken hatte er sich übernommen. Mit der flachen Hand hielt er sich den Brustkorb. Da Henderson ihm nicht antwortete, verließ er das Seedeck. Am besten würde es sein, wenn er auf die Krankenstation zurück ging.

„Lucas nicht er selbst."Das übersetzte der Vocoder wieder richtig.

„Ja, das glaube ich auch."seufzte die junge Frau traurig. So hatte sie den Teenager wirklich noch nie erlebt. Es stimmte schon, was sie an Gerüchten in der Messe mitbekommen hatte. Seit dieser andere Mann aufgetaucht war, der sich als sein Freund ausgab, hatte er sich verändert. Nur was konnten sie tun, um diesen Einfluß abzuschwächen. Wenn er jedesmal so heftig reagierte, wie eben, würde das schwierig werden.

Nathan war zu sehr mit seinem Gedankenwirrwarr beschäftigt, als dass er noch zu Befehlen in der Lage wäre. Er übergab Jonathan Ford das Kommando und begab sich frühzeitig in sein Quartier. Sein kurzer Umweg über das Seedeck ließ seine Hoffnungen schwinden, den Teenager dort anzutreffen. Sich die Uniformjacke aufknöpfend öffnete er die Tür zu seinem Quartier. Innen befand sich jemand, der gerade ungestört in seinen Habseligkeiten gewühlt hatte. Bei dem Eintreten des Captains sah dieser erschrocken auf. Bridger kochte innerlich vor Wut auf. Wie eine Löwenmutter, die ihre Jungen beschützte, steuerte er auf Francis zu, packte ihn am Kragen und rückte ihn fest gegen die Wand. „Was fällt ihnen ein?"Er musste sich beherrschen, um ihn nicht anzubrüllen. Sein Zorn überstieg alles jemals da gewesene. „Sie haben hier überhaupt nichts zu suchen."

„Hey, lass mich los, man!"

Der Captain drückte fest nach. Damian musste bei dem Aufprall aufkeuchen. „Ich wusste von Anfang an, dass du Dreck am Stecken hast."Auf das förmliche Sie verzichtete der ältere Mann großzügig. Er verachtete seinen Gegenüber und das schon allein aus dem Grund, weil er dafür gesorgt hatte, dass die Person, die ihm bisher immer am nächsten gestanden hatte, sich von ihm abwandte. Die Person, die wie ein Sohn für ihn war.

„Sie wissen doch gar nicht wovon sie reden! Sie sind genauso schuldig wie ich. Waren es nicht sie, der die Bombe am Moon Pool gelegt hat?"

„Wovon reden sie?"Der UEO Captain verstand nicht was dieser Dorn in seinen Augen, von ihm wollte.

„Tun sie doch nicht so. Ich weiß ganz genau, dass man bereits Ermittlungen laufen hat, in denen sie als einer der Hauptverdächtigen gelten."

„Ich würde niemals mein eigenes Schiff sabotieren. Was hätte ich denn davon?"

„Genau diese Frage beschäftigt die Untersuchungskommission auch."

„Ist es das was du Lucas erzählt hast? Dass ich derjenige wäre, der für seine Verletzungen verantwortlich bin?"Den Kragen von Francis Hemd zog er fester, so dass er den jungen Mann leicht würgte. „Hast du ihm das erzählt."

„Und wenn es so wäre?"zischte er grinsend zurück. Die Wut in Bridgers Gesicht war eine reine Wohltat für ihn.

Er konnte nicht mehr an sich halten. Wie von Zauberhand fand die Faust von Nathan mehrmals den Weg in das Gesicht des Widersachers. Blutend ließ er diesen an der Wand zu Boden sinken. Er bezweifelte ihn ernsthaft verletzt zu haben. Ein oder zwei blaue Flecken dürften am nächsten Tag noch zu sehen sein, von der Platzwunde über der linken Augenbraue mal abgesehen.

Mit festen Schritten suchte er den Weg zur Krankenstation bevor er sich eines besseren besann. Wenn er in diesem Zustand vor Lucas auftauchte, würde es sein Vertrauen zu ihm nicht besonders fördern. Um wieder von seiner derzeitigen Gemütsverfassung runter zu kommen, begab er sich zum Moon Pool. Darwin wartete bereits freudig auf ihn. Es dauerte nicht lange und er war bei seiner alten Gelassenheit angekommen. Zumindest solange bis O'Neill mit besonders beunruhigenden Informationen zu ihm kam.