Wirklich egal?!
Teil 2
Warme Sonnenstrahlen weckten Shuichi. Schweren Herzens öffnete er die Augen. Er blinzelt paar mal und schaute sich verwundert um. Schlagartig wurde die Umgebung klarer. Und mit der Umgebung auch die Erinnerung an den gestrigen Tag.
Entsetzt schloss Shuichi die Augen wieder und ließ sich zurück auf die Couch fallen. Er spürte, wie sich die Tränen in seinen Augen sammelten.
Nein, nicht jetzt. Nicht jetzt!
Unsicher zog er seinen Arm unter der Decke hervor und blickte auf seine Armbanduhr. 8.30 Uhr! Gott, das Leben hasste ihn!
In einer halben Stunde musste er sich im Studio mit Ryuichi treffen. Er musste noch duschen, was essen, sich fertig machen. Außerdem war er sich nicht sicher, ob er jetzt seinem Idol gegenüber stehen konnte. Konnte er in diese traumhaft schönen Augen schauen ohne an Yuki zu denken?
Yuki.
Was sollte nur aus den beiden werden? So jedenfalls konnte es nicht weiter gehen.
Langsam richtete sich Shu auf und ging ins Bad. Er stellte sich unter den warmen Wasserstrahl und genoss ihn in vollen Zügen.
Es war, als wenn das Wasser nicht nur den Schmutz sondern auch all seine Sorgen weg spülte. Ein paar Minuten ohne Sorgen. Frei. Frei, wie ein Vogel, der hinfliegen konnte wohin er wollte. Ein paar Minuten volles Glück.
Shuichi trat aus der Dusche, trocknete sich ab und zog sich an. Vor dem Spiegel wuschelte er noch mal kurz durch die Haare und ignorierte dabei das blasse Gesicht, dass ihm entgegen schaute.
In der Küche griff er nach einem Messer, einem Brötchen und der Marmelade. Rasch schmierte er sich das Brötchen. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Hastig schob er sich sein Frühstück in den Mund. Danach räumte er leise die Küche auf und wandte sich zum Gehen.
An der Tür blieb er noch mal stehen und drehte sich um. Sein Blick fiel auf die geschlossene Schlafzimmertür. Traurig trat er auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Er atmete noch mal tief durch bevor er seine Hand auf die Klinke legte und sie vorsichtig nach unten.
Das Zimmer war von Sonnenlicht durchflutet. Shuichi trat mit einem Bein ins Zimmer.
Dort lag er.
Eiri Yuki.
Und wie süß er aussah. Seine blonden Haare lagen wirr auf seiner Stirn. Sein Mund war leicht geöffnet. Sein muskolöser Oberkörper glänzte in dem Sonnenlicht.
Shus Augen wurden einen Funken trauriger.
"Ich liebe dich, Yuki."
"Aber ob du mich auch noch liebst..."
Total außer Atem kam Shuichi im bei NG an. Er hatte Angst. Hatte Angst, dass sie alle seine seelische Verafssung sehen konnten.
Nein, das sollten sie nicht.
Also setzte er eine Maske der Fröhlichkeit auf und stürmte in das Gebäude. Kaum betrat er den Konferenzraum, da wurde er auch schon mit einem lauten "SHUICHIIII!" begrüßt. Keine zwei Sekunden später fand er sich auch schon auf dem Fußboden liegend wieder und ein strahlender Grünling hing an seinem Hals.
"Schön dich endlich wieder zu sehen!"
"Schön dich wieder zu sehen, Ryuichi. Aber mir wäre es lieber, wenn du von mir runter gehen würdest."
Zwei verwunderte Augen trafen die seine. Es war ein sorgevoller Blick. Hatte er sich etwa jetzt schon verraten?
Plötzlich änderte sich Ryuichis Gesichtsausdruck wieder und die immer währende Fröhlichkeit kehrte zurück.
"Ich freu, mich so mit dir die Fotos zu machen! Eh-"
Hiro hatte Ryuichi gepackt und half nun Shu wieder auf die Beine.
"Ihr habt euch die nächsten fünf Tage ganz alleine, also seit jetzt so gut und lasst die nächsten fünf Minuten die Finger von einander!"
Die Worte waren für Shuichi wie ein Schlag in den Magen. Was hatte Hiro da gesagt? Er liebte doch nur Yuki. WIe konnte Hiro da nur sagen, er solle die Finger von RYUICHI lassen! Nie hatte er auch nur im Traum daran gedacht! Er wollte dich nur seinen Yuki. Doch wollte dieser noch ihn.
"Hey, Erde an Shu! Alles in Ordnung?"
Sofort fing sich Shuichi wieder.
"ICH soll die Finger von ihm lassen?! Wer von uns beide denkt denn 24 Stunden am Tag nur an seine Ayaka?"
"Hey, schon gut! Das war doch nur ein Witz, Mann!"
Leicht erschrocken drehte sich Hiro weg und setzte sich auf seinen Platz. Auch Shuichi und Ryuichi nahmen platz, wobei Ryu Shu immer wieder Seitenblicke zu warf. Touma stand auf.
"Der Fotograf für die Plakate kommt morgen. Ryuichi, du hast heute Zeit Shuichi das Konzept zu erklären. Die anderen Mitglieder von BAD LUCK haben diese Woche frei. Also macht was draus!"
Touma wollte sich schon setzten als ihm noch was einfiel.
"Ach, Shuichi, Ryuichi-"
"Hn?"
"Ich erwarte Top-Ergebnisse!"
"Die wirst du bekommen. Verlass dich auf mich, Touma!"
Ein Blitzen war in Ryuichis Augen zu erkennen. Shu hatte das Gefühl, dass hier irgendwas im Busch war.
"Nun denn. So sehen wir uns in einer Woche."
Mit diesen Worten verließen Touma, K und die restlichen Bandmitglieder den Raum. Nur Ryuichi und Shuichi blieben zurück.
"Also, was machen wir jetzt?", strahlte Shuichi Ryuichi an.
Dessen Fröhlichkeit war aber aus irgendeinem Grund wie weg geblasen.
"Lass uns rausgehen."
Langsam stand er und ging zur Tür. Shuichi folgte ihm. Er war viel zu sehr in Gedanken, als das er etwas hätte merken können. Merken können, dass etwas nicht mit Ryu stimmte.
Sie verließen das NG-Komplex und gingen in einen Park. In der Mitte, eingezäumt von vielen blühenden Bäumen, lag ein See. Auf einer Bank ließen sich die beiden Sänger nieder.
"Was ist los, Shuichi?"
Aus seinen Gedanken gerissen, Gedanken an Yuki, schaute er verwirrt auf.
"Was sollte los sein? Mir geht es bestens!", flötete er mit gespielter Fröhlichkeit.
"Belüg mich nicht, Shuichi!"
Etwas trauriges schwang in der Stimme mit.
Erstaunt blickte Shu in Ryuichis Gesicht. Dort war keine Heiterkeit zu sehen. Keine strahlende Augen, Kein lachender Mund. Nur ein Gesicht eines jungen Mannes der mehr Leid erlebt hatte, als ihm lieb war.
"Ich weiß, wie gespielte Fröhlichkeit aussieht. Ich spiele sie schon selbst lange genug. Also, was ist los?"
Mit den letzten Worte wandte er sich direkt an Shuichi.
Von dieser Direktheit überrumpelt sammelten sich Tränen in den Augen und ein harter Kloß entstand im Hals.
"I..ich-"
Eine Träne rann über sein Gesicht. Ein beschützender Arm legte sich um seine Schulter bevor an die Brust seines Idol gedrückt wurde. SEIN großes Idol tröstete ihn! Doch das war Shuichi in dem Moment egal. Seine Gedanken schwirrten nur um eine Person: Eiri Yuki.
Die Person, die in so verletzt hatte. Die Person, die ihn ständig anschrie. Die Person, die ihn ständig wie den letzten Dreck behandelte.
Aber auch die Person, die so zärtlich sein konnte. Die Person, die ihm gesagt hatte, dass er ihn liebt.
Die Person, die er liebte!
Bitterliche Tränen tropften auf das T-Shirt des Nittle Grasper Sängers. Immer wieder strich er beruhigend über den Rücken des Jüngeren.
"Y..Yuki ...er ... ich....wir haben uns gestritten."
Nun war es Ryuichi, der um seine Fassung rang. Einerseits wunderte er sich stark darüber, das es den BAD LUCK Sänger so zusetzte, da jeder wusste, wie häufig sie sich stritten, andererseits freute er sich auch.
Es waren egoistische Gründe. Und er fühlte sich schlecht, bei dem Gedanken, dass er sich hier freute während es Shuichi so schlecht ging. Aber er liebte Shu nun mal. Und so lange Shuichi noch mit Yuki zusammen war, hatte er keine Chance. Aber nun...
"Ähm, Shuichi, sei mir nicht böse, aber das ist doch keine Seltenheit bei euch."
"Ich weiß...aber ich weiß nicht, ob ich das noch länger ertrage."
Automatisch begann Ryus Herz schneller zu schlagen. Konnte es sein, dass.... Er wollte es sich gar nicht ausmalen. Zu häufig war er schon enttäuscht wurden.
"Wie meinst du das."
Stille.
"Hm? Shuichi?"
"Ach, nicht so wichtig. Sag mir lieber wie das Konzept für die Plakate aussieht!"
Überrascht von dem Themenwechsel, wusste der Grünhaarige gar nicht, was er sagen sollte. Shuichi war derweil aufgesprungen und hatte sich die Tränen vom Gesicht gewischt. Er wollte sich jetzt nicht weiter den Kopf zerbrechen. Er würde mit Ryuichi Plakatfotos machen. Das war jetzt wichtig und nichts anderes! Da erst merkte er, dass Ryu noch gar nicht geantwortet hatte. Abrupt drehte er sich um und schaute in die leicht überforderten Augen seines Idols. Dieser schüttelte kaum merklich den Kopf und lächelte traurig.
Wieso auch? Wieso glaubte er auch, Shuichi würde Yuki einfach so vergessen...
"Shuichi, lass uns zu mir nach Hause gehen. Dort werde ich dir alles zeigen."
Wieder legte er diese Maske der Fröhlichkeit auf. Oh, wie er diese Maske hasste. Nein, er hasste sich dafür. Er hasste sich dafür, dass er nicht mal der Person, die er liebte, nämlich Shu, zeigen konnte, wie er wirklich war. Wie einsam er war. Wie sehr er sich nach einem Menschen sehnte, der ihn in den Arm nahm.
Lächelnd griff er nach der Hand des Jüngeren und schliff ihn zu sich nach Hause.
Shuichi liebte die Wohnung des anderen. Von dem Balkon aus hatte man eine traumhafte Aussicht über ganz Tokio.
"Willst du was zu trinken?", erklang Ryuichis Stimme gedämpft aus der Küche.
"Eine Cola, bitte!"
Eine Minute später erschien Ryuichi auf dem Balkon und reichte Shuichi eine Cola-Dose. Er wusste, dass Shu diesen Platz liebte. Fast immer wenn Shu zu Besuch bei Ryu war ging er auf den Balkon und beobachtete die Stadt.
"Also, um was geht es bei den Aufnahmen?"
Shuichi brannte schon vor Neugier.
"Es wird dir gefallen, da bin ich mir sicher!"
Ein schelmiges Grinsen erschien auf Ryuichis Gesicht. Ein Grinsen, dass er so noch nie bei Ryu gesehen hatte.
Plötzlich spürte er wie sich eine Hand auf seine Hüfte legte und sie nach hinten gegen Ryuichix Becken drückte. Der heiße Atem des anderen Sängers streifte sein Ohr. Eine Gänsehaut legte sich auf seine komplette Haut.
"Wir werden sehr zwei-, nein, eigentlich sehr eindeutige Bilder machen", flüsterte Ryuichi verführerisch.
Die Cola-Dose, die Shu gerade noch in der Hand hatte, glitt ihm aus den Fingern und fiel in die Tiefe. In Shuichis Kopf arbeitet es hochdruckmäßig. Was hatte Ryuichi da gerade gesagt?
Nein, nicht das WAS ist wichtig, sondern das WIE!
Ryuichi hatte ihn verführerische Zugeflüstert. Aber wieso reagierte er so über? Hatte er Angst, dass er mit Ryuichi Yuki betrügen könnte? Gewiss nicht! Nicht mal in seinen kühnsten Träumen war er auf die Idee gekommen sein Yuki zu betrügen. Sein Vertrauen zu missbrauchen. Aber vertraute Yuki ihm überhaupt. Seit dem gestrigen Vorfall war Shuichi sich absolut nicht mehr sicher, was nun war und was nicht.
Unbewusst schmiegt er sich näher an Ryuichi, der darauf hin ein überraschtest Keuchen von sich gab. Was tat Shuichi da nur? Wieso kuschelte er sich auf einmal an sich? Fühlte er doch mehr als Freundschaft für ihn? Oder- oder-
Nein, natürlich nicht! Seine Gedanke waren zu Yuki gewandert. Shuichi sehnte sich nicht nach ihm sondern nach Yuki! Wie immer!
"Shuichi, du... du solltest das mit Yuki klären."
Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ Shuichi allein.
Wolken zogen auf und zogen vereinzelte Schatten auf die lebende Stadt zu seinen Füßen. Ein Schwarm Vögel flog vorbei. Sehnsüchtig blickte Shu ihnen nach. Wie gerne würde er ihnen folgen! Würde auch fliehen. Fliehen vor seinen Problemen. Fliehen vor seiner Angst. Seiner Angst Yuki zu verlieren. Aber auch vor seiner Angst von Yuki noch mehr verletzt zu werden...
Als Shuichi die Tür zu seiner und Yukis Wohnung aufschloss, ertönte sofort das stetige Klacken aus dem Arbeitszimmer.
Yuki schrieb an seinem Buch. Wie immer!
Seine Bücher waren ja das Wichtigste für ihn. Nicht so wie Shuichi. Der teilte ja nur sein Bett mit ihm.
Ein trauriges Lächeln umspielte seinen Mund. Er schloss die Tür hinter sich und zog seine Jacke aus. Er wendete sich zur Küche und öffnete den Kühlschrank. Er griff nach einer weiteren Cola-Dosa und schloss den Kühlschrank wieder.
Als er sich umdrehte, erblickte er Yuki im Türrahmen. Sein Hemd war leicht geöffnet und ließ so einen Blick auf seine seidige Haut zu. Doch was Shuichi viel mehr in den Bann zog, waren Yukis Augen. Da war nicht diese eisige Kälte, mit denen Yuki ihn so häufig anschaute.
Diesmal waren sie sanft. Ja, Shuichi glaube sogar, eine Spur Sorge zu erkennen.
"Yuki..."
Seine Stimme war heißer. Er bekam den Namen der Person, die er so liebte, die ihm ständig im Kopf rumschwirrte, kaum heraus. Zu groß war die Angst weggestoßen zu werden.
Doch nichts dergleichen geschah. Yuki stieß sich vom Türrahmen ab und kam auf Shuichi zu. Vor ihm blieb er stehen und schaute ihm in die Augen. Langsam hob er seine Hand an sein Kinn und zog ihn in einen leidenschaftlichen Kuss.
Schwer atmend löste er sich von Yuki. Sein Herz jagt wie wild. Er konnte nicht glauben, dass es wirklich alles wieder in Ordnung kommen sollte. Er wollte jetzt nur noch in die Armen genommen werden. Er wollte mit Yuki über sich und ihre Beziehung sprechen. Wollte über Ryuichi und das Plakat sprechen.
Doch Yuki wollte anscheinend nicht sprechend. Denn dieser zog ihn wieder zu sich ran und raubte Shuichi einen weiteren Kuss. Langsam glitt seine Hand nach unten. Er rutschte unter das läßtige T-Shirt und streichelte die zarte Haut des Sängers.
Immer fordernder wurden die Küsse. Immer weiter drängte sich Yukis Hände unter Shus Kleidung. Immer weiter wurde Shuichi Richtung Tisch gedrängt.
Als dieser mit dem Bein dagegen krachte, keuchte er erschrocken auf. Jetzt erst wurde ihm bewusst, was Yuki da eigentlich vorhatte. Mit leichte Gewalt drückte er den blonden Schriftsteller weg.
"Nicht, Yuki! Ich will mit dir reden!"
"Reden? Dann rede!"
Shuichi schaute auf. Da waren sie wieder. Diese kalten, herab lassenden Augen.
"Yuki, liebst du mich?"
Eine gewisse Unsicherheit auch seitens Yukis War zu erkennen.
"Was soll das, Shuichi?!"
"Ich will wissen, ob du mich liebst."
Shuichi spürte, wie der Kloß in seinem Hals immer größer wurde.
Nicht schon wieder! Er wollte nicht schon wieder vor Yuki flennen.
"Du bist mir wichtig, ja."
Shuichi schloss enttäuscht die Augen.
"Das hatte ich nicht gefragt!"
Shu war selbst ganz erstaunt darüber, wie ruhig und kalt seine eigene Stimme war.
"Aber eine zufriedenstellende Antwort von dir kann ich ja nicht erwarten! Du liebst mich nicht, gleichzeitig willst du mich aber auch als dein Spielzeug im Bett behalten, deswegen willst du mich nicht verletzen!"
Yukis Augen weiteten geschockt von der plötzlichen Härte und Abscheu mit der Shuichi von ihm sprach. War es das, was Shuichi von ihm dachte?! Aber hatte er nicht selbst dafür gesorgt, dass Shuichi ihn so sah? Als dreckiger, arroganter Kerl? Vielleicht war es dann besser dieses Bild nicht zu zerstören?
Aber konnte er es verkraften Shuichi zu verlieren?
Er wusste es nicht.
"Ich wollte dir eigentlich erzählen, dass ich mit Ryuichi mehr als eindeutige Plakatbilder mache."
"Hm."
Shuichi blickte den Blondhaarigen an. War da etwas von Missgunst zu sehen?
"Wenn du willst, bringe ich dir die ersten Abzüge mit, sobald die ersten fertig sind."
"Mach was du willst. Die Bilder sind mir eh egal....du aber nicht."
Damit verließ er die Küche und verschwand hinter der Tür zu seinem Arbeitszimmer.
Fix und fertig lehnte sich Shuichi an den Küchenstisch.
"Yuki.... was soll das? Liebst du mich nun....oder nicht?"
Teil 2
Warme Sonnenstrahlen weckten Shuichi. Schweren Herzens öffnete er die Augen. Er blinzelt paar mal und schaute sich verwundert um. Schlagartig wurde die Umgebung klarer. Und mit der Umgebung auch die Erinnerung an den gestrigen Tag.
Entsetzt schloss Shuichi die Augen wieder und ließ sich zurück auf die Couch fallen. Er spürte, wie sich die Tränen in seinen Augen sammelten.
Nein, nicht jetzt. Nicht jetzt!
Unsicher zog er seinen Arm unter der Decke hervor und blickte auf seine Armbanduhr. 8.30 Uhr! Gott, das Leben hasste ihn!
In einer halben Stunde musste er sich im Studio mit Ryuichi treffen. Er musste noch duschen, was essen, sich fertig machen. Außerdem war er sich nicht sicher, ob er jetzt seinem Idol gegenüber stehen konnte. Konnte er in diese traumhaft schönen Augen schauen ohne an Yuki zu denken?
Yuki.
Was sollte nur aus den beiden werden? So jedenfalls konnte es nicht weiter gehen.
Langsam richtete sich Shu auf und ging ins Bad. Er stellte sich unter den warmen Wasserstrahl und genoss ihn in vollen Zügen.
Es war, als wenn das Wasser nicht nur den Schmutz sondern auch all seine Sorgen weg spülte. Ein paar Minuten ohne Sorgen. Frei. Frei, wie ein Vogel, der hinfliegen konnte wohin er wollte. Ein paar Minuten volles Glück.
Shuichi trat aus der Dusche, trocknete sich ab und zog sich an. Vor dem Spiegel wuschelte er noch mal kurz durch die Haare und ignorierte dabei das blasse Gesicht, dass ihm entgegen schaute.
In der Küche griff er nach einem Messer, einem Brötchen und der Marmelade. Rasch schmierte er sich das Brötchen. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Hastig schob er sich sein Frühstück in den Mund. Danach räumte er leise die Küche auf und wandte sich zum Gehen.
An der Tür blieb er noch mal stehen und drehte sich um. Sein Blick fiel auf die geschlossene Schlafzimmertür. Traurig trat er auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Er atmete noch mal tief durch bevor er seine Hand auf die Klinke legte und sie vorsichtig nach unten.
Das Zimmer war von Sonnenlicht durchflutet. Shuichi trat mit einem Bein ins Zimmer.
Dort lag er.
Eiri Yuki.
Und wie süß er aussah. Seine blonden Haare lagen wirr auf seiner Stirn. Sein Mund war leicht geöffnet. Sein muskolöser Oberkörper glänzte in dem Sonnenlicht.
Shus Augen wurden einen Funken trauriger.
"Ich liebe dich, Yuki."
"Aber ob du mich auch noch liebst..."
Total außer Atem kam Shuichi im bei NG an. Er hatte Angst. Hatte Angst, dass sie alle seine seelische Verafssung sehen konnten.
Nein, das sollten sie nicht.
Also setzte er eine Maske der Fröhlichkeit auf und stürmte in das Gebäude. Kaum betrat er den Konferenzraum, da wurde er auch schon mit einem lauten "SHUICHIIII!" begrüßt. Keine zwei Sekunden später fand er sich auch schon auf dem Fußboden liegend wieder und ein strahlender Grünling hing an seinem Hals.
"Schön dich endlich wieder zu sehen!"
"Schön dich wieder zu sehen, Ryuichi. Aber mir wäre es lieber, wenn du von mir runter gehen würdest."
Zwei verwunderte Augen trafen die seine. Es war ein sorgevoller Blick. Hatte er sich etwa jetzt schon verraten?
Plötzlich änderte sich Ryuichis Gesichtsausdruck wieder und die immer währende Fröhlichkeit kehrte zurück.
"Ich freu, mich so mit dir die Fotos zu machen! Eh-"
Hiro hatte Ryuichi gepackt und half nun Shu wieder auf die Beine.
"Ihr habt euch die nächsten fünf Tage ganz alleine, also seit jetzt so gut und lasst die nächsten fünf Minuten die Finger von einander!"
Die Worte waren für Shuichi wie ein Schlag in den Magen. Was hatte Hiro da gesagt? Er liebte doch nur Yuki. WIe konnte Hiro da nur sagen, er solle die Finger von RYUICHI lassen! Nie hatte er auch nur im Traum daran gedacht! Er wollte dich nur seinen Yuki. Doch wollte dieser noch ihn.
"Hey, Erde an Shu! Alles in Ordnung?"
Sofort fing sich Shuichi wieder.
"ICH soll die Finger von ihm lassen?! Wer von uns beide denkt denn 24 Stunden am Tag nur an seine Ayaka?"
"Hey, schon gut! Das war doch nur ein Witz, Mann!"
Leicht erschrocken drehte sich Hiro weg und setzte sich auf seinen Platz. Auch Shuichi und Ryuichi nahmen platz, wobei Ryu Shu immer wieder Seitenblicke zu warf. Touma stand auf.
"Der Fotograf für die Plakate kommt morgen. Ryuichi, du hast heute Zeit Shuichi das Konzept zu erklären. Die anderen Mitglieder von BAD LUCK haben diese Woche frei. Also macht was draus!"
Touma wollte sich schon setzten als ihm noch was einfiel.
"Ach, Shuichi, Ryuichi-"
"Hn?"
"Ich erwarte Top-Ergebnisse!"
"Die wirst du bekommen. Verlass dich auf mich, Touma!"
Ein Blitzen war in Ryuichis Augen zu erkennen. Shu hatte das Gefühl, dass hier irgendwas im Busch war.
"Nun denn. So sehen wir uns in einer Woche."
Mit diesen Worten verließen Touma, K und die restlichen Bandmitglieder den Raum. Nur Ryuichi und Shuichi blieben zurück.
"Also, was machen wir jetzt?", strahlte Shuichi Ryuichi an.
Dessen Fröhlichkeit war aber aus irgendeinem Grund wie weg geblasen.
"Lass uns rausgehen."
Langsam stand er und ging zur Tür. Shuichi folgte ihm. Er war viel zu sehr in Gedanken, als das er etwas hätte merken können. Merken können, dass etwas nicht mit Ryu stimmte.
Sie verließen das NG-Komplex und gingen in einen Park. In der Mitte, eingezäumt von vielen blühenden Bäumen, lag ein See. Auf einer Bank ließen sich die beiden Sänger nieder.
"Was ist los, Shuichi?"
Aus seinen Gedanken gerissen, Gedanken an Yuki, schaute er verwirrt auf.
"Was sollte los sein? Mir geht es bestens!", flötete er mit gespielter Fröhlichkeit.
"Belüg mich nicht, Shuichi!"
Etwas trauriges schwang in der Stimme mit.
Erstaunt blickte Shu in Ryuichis Gesicht. Dort war keine Heiterkeit zu sehen. Keine strahlende Augen, Kein lachender Mund. Nur ein Gesicht eines jungen Mannes der mehr Leid erlebt hatte, als ihm lieb war.
"Ich weiß, wie gespielte Fröhlichkeit aussieht. Ich spiele sie schon selbst lange genug. Also, was ist los?"
Mit den letzten Worte wandte er sich direkt an Shuichi.
Von dieser Direktheit überrumpelt sammelten sich Tränen in den Augen und ein harter Kloß entstand im Hals.
"I..ich-"
Eine Träne rann über sein Gesicht. Ein beschützender Arm legte sich um seine Schulter bevor an die Brust seines Idol gedrückt wurde. SEIN großes Idol tröstete ihn! Doch das war Shuichi in dem Moment egal. Seine Gedanken schwirrten nur um eine Person: Eiri Yuki.
Die Person, die in so verletzt hatte. Die Person, die ihn ständig anschrie. Die Person, die ihn ständig wie den letzten Dreck behandelte.
Aber auch die Person, die so zärtlich sein konnte. Die Person, die ihm gesagt hatte, dass er ihn liebt.
Die Person, die er liebte!
Bitterliche Tränen tropften auf das T-Shirt des Nittle Grasper Sängers. Immer wieder strich er beruhigend über den Rücken des Jüngeren.
"Y..Yuki ...er ... ich....wir haben uns gestritten."
Nun war es Ryuichi, der um seine Fassung rang. Einerseits wunderte er sich stark darüber, das es den BAD LUCK Sänger so zusetzte, da jeder wusste, wie häufig sie sich stritten, andererseits freute er sich auch.
Es waren egoistische Gründe. Und er fühlte sich schlecht, bei dem Gedanken, dass er sich hier freute während es Shuichi so schlecht ging. Aber er liebte Shu nun mal. Und so lange Shuichi noch mit Yuki zusammen war, hatte er keine Chance. Aber nun...
"Ähm, Shuichi, sei mir nicht böse, aber das ist doch keine Seltenheit bei euch."
"Ich weiß...aber ich weiß nicht, ob ich das noch länger ertrage."
Automatisch begann Ryus Herz schneller zu schlagen. Konnte es sein, dass.... Er wollte es sich gar nicht ausmalen. Zu häufig war er schon enttäuscht wurden.
"Wie meinst du das."
Stille.
"Hm? Shuichi?"
"Ach, nicht so wichtig. Sag mir lieber wie das Konzept für die Plakate aussieht!"
Überrascht von dem Themenwechsel, wusste der Grünhaarige gar nicht, was er sagen sollte. Shuichi war derweil aufgesprungen und hatte sich die Tränen vom Gesicht gewischt. Er wollte sich jetzt nicht weiter den Kopf zerbrechen. Er würde mit Ryuichi Plakatfotos machen. Das war jetzt wichtig und nichts anderes! Da erst merkte er, dass Ryu noch gar nicht geantwortet hatte. Abrupt drehte er sich um und schaute in die leicht überforderten Augen seines Idols. Dieser schüttelte kaum merklich den Kopf und lächelte traurig.
Wieso auch? Wieso glaubte er auch, Shuichi würde Yuki einfach so vergessen...
"Shuichi, lass uns zu mir nach Hause gehen. Dort werde ich dir alles zeigen."
Wieder legte er diese Maske der Fröhlichkeit auf. Oh, wie er diese Maske hasste. Nein, er hasste sich dafür. Er hasste sich dafür, dass er nicht mal der Person, die er liebte, nämlich Shu, zeigen konnte, wie er wirklich war. Wie einsam er war. Wie sehr er sich nach einem Menschen sehnte, der ihn in den Arm nahm.
Lächelnd griff er nach der Hand des Jüngeren und schliff ihn zu sich nach Hause.
Shuichi liebte die Wohnung des anderen. Von dem Balkon aus hatte man eine traumhafte Aussicht über ganz Tokio.
"Willst du was zu trinken?", erklang Ryuichis Stimme gedämpft aus der Küche.
"Eine Cola, bitte!"
Eine Minute später erschien Ryuichi auf dem Balkon und reichte Shuichi eine Cola-Dose. Er wusste, dass Shu diesen Platz liebte. Fast immer wenn Shu zu Besuch bei Ryu war ging er auf den Balkon und beobachtete die Stadt.
"Also, um was geht es bei den Aufnahmen?"
Shuichi brannte schon vor Neugier.
"Es wird dir gefallen, da bin ich mir sicher!"
Ein schelmiges Grinsen erschien auf Ryuichis Gesicht. Ein Grinsen, dass er so noch nie bei Ryu gesehen hatte.
Plötzlich spürte er wie sich eine Hand auf seine Hüfte legte und sie nach hinten gegen Ryuichix Becken drückte. Der heiße Atem des anderen Sängers streifte sein Ohr. Eine Gänsehaut legte sich auf seine komplette Haut.
"Wir werden sehr zwei-, nein, eigentlich sehr eindeutige Bilder machen", flüsterte Ryuichi verführerisch.
Die Cola-Dose, die Shu gerade noch in der Hand hatte, glitt ihm aus den Fingern und fiel in die Tiefe. In Shuichis Kopf arbeitet es hochdruckmäßig. Was hatte Ryuichi da gerade gesagt?
Nein, nicht das WAS ist wichtig, sondern das WIE!
Ryuichi hatte ihn verführerische Zugeflüstert. Aber wieso reagierte er so über? Hatte er Angst, dass er mit Ryuichi Yuki betrügen könnte? Gewiss nicht! Nicht mal in seinen kühnsten Träumen war er auf die Idee gekommen sein Yuki zu betrügen. Sein Vertrauen zu missbrauchen. Aber vertraute Yuki ihm überhaupt. Seit dem gestrigen Vorfall war Shuichi sich absolut nicht mehr sicher, was nun war und was nicht.
Unbewusst schmiegt er sich näher an Ryuichi, der darauf hin ein überraschtest Keuchen von sich gab. Was tat Shuichi da nur? Wieso kuschelte er sich auf einmal an sich? Fühlte er doch mehr als Freundschaft für ihn? Oder- oder-
Nein, natürlich nicht! Seine Gedanke waren zu Yuki gewandert. Shuichi sehnte sich nicht nach ihm sondern nach Yuki! Wie immer!
"Shuichi, du... du solltest das mit Yuki klären."
Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ Shuichi allein.
Wolken zogen auf und zogen vereinzelte Schatten auf die lebende Stadt zu seinen Füßen. Ein Schwarm Vögel flog vorbei. Sehnsüchtig blickte Shu ihnen nach. Wie gerne würde er ihnen folgen! Würde auch fliehen. Fliehen vor seinen Problemen. Fliehen vor seiner Angst. Seiner Angst Yuki zu verlieren. Aber auch vor seiner Angst von Yuki noch mehr verletzt zu werden...
Als Shuichi die Tür zu seiner und Yukis Wohnung aufschloss, ertönte sofort das stetige Klacken aus dem Arbeitszimmer.
Yuki schrieb an seinem Buch. Wie immer!
Seine Bücher waren ja das Wichtigste für ihn. Nicht so wie Shuichi. Der teilte ja nur sein Bett mit ihm.
Ein trauriges Lächeln umspielte seinen Mund. Er schloss die Tür hinter sich und zog seine Jacke aus. Er wendete sich zur Küche und öffnete den Kühlschrank. Er griff nach einer weiteren Cola-Dosa und schloss den Kühlschrank wieder.
Als er sich umdrehte, erblickte er Yuki im Türrahmen. Sein Hemd war leicht geöffnet und ließ so einen Blick auf seine seidige Haut zu. Doch was Shuichi viel mehr in den Bann zog, waren Yukis Augen. Da war nicht diese eisige Kälte, mit denen Yuki ihn so häufig anschaute.
Diesmal waren sie sanft. Ja, Shuichi glaube sogar, eine Spur Sorge zu erkennen.
"Yuki..."
Seine Stimme war heißer. Er bekam den Namen der Person, die er so liebte, die ihm ständig im Kopf rumschwirrte, kaum heraus. Zu groß war die Angst weggestoßen zu werden.
Doch nichts dergleichen geschah. Yuki stieß sich vom Türrahmen ab und kam auf Shuichi zu. Vor ihm blieb er stehen und schaute ihm in die Augen. Langsam hob er seine Hand an sein Kinn und zog ihn in einen leidenschaftlichen Kuss.
Schwer atmend löste er sich von Yuki. Sein Herz jagt wie wild. Er konnte nicht glauben, dass es wirklich alles wieder in Ordnung kommen sollte. Er wollte jetzt nur noch in die Armen genommen werden. Er wollte mit Yuki über sich und ihre Beziehung sprechen. Wollte über Ryuichi und das Plakat sprechen.
Doch Yuki wollte anscheinend nicht sprechend. Denn dieser zog ihn wieder zu sich ran und raubte Shuichi einen weiteren Kuss. Langsam glitt seine Hand nach unten. Er rutschte unter das läßtige T-Shirt und streichelte die zarte Haut des Sängers.
Immer fordernder wurden die Küsse. Immer weiter drängte sich Yukis Hände unter Shus Kleidung. Immer weiter wurde Shuichi Richtung Tisch gedrängt.
Als dieser mit dem Bein dagegen krachte, keuchte er erschrocken auf. Jetzt erst wurde ihm bewusst, was Yuki da eigentlich vorhatte. Mit leichte Gewalt drückte er den blonden Schriftsteller weg.
"Nicht, Yuki! Ich will mit dir reden!"
"Reden? Dann rede!"
Shuichi schaute auf. Da waren sie wieder. Diese kalten, herab lassenden Augen.
"Yuki, liebst du mich?"
Eine gewisse Unsicherheit auch seitens Yukis War zu erkennen.
"Was soll das, Shuichi?!"
"Ich will wissen, ob du mich liebst."
Shuichi spürte, wie der Kloß in seinem Hals immer größer wurde.
Nicht schon wieder! Er wollte nicht schon wieder vor Yuki flennen.
"Du bist mir wichtig, ja."
Shuichi schloss enttäuscht die Augen.
"Das hatte ich nicht gefragt!"
Shu war selbst ganz erstaunt darüber, wie ruhig und kalt seine eigene Stimme war.
"Aber eine zufriedenstellende Antwort von dir kann ich ja nicht erwarten! Du liebst mich nicht, gleichzeitig willst du mich aber auch als dein Spielzeug im Bett behalten, deswegen willst du mich nicht verletzen!"
Yukis Augen weiteten geschockt von der plötzlichen Härte und Abscheu mit der Shuichi von ihm sprach. War es das, was Shuichi von ihm dachte?! Aber hatte er nicht selbst dafür gesorgt, dass Shuichi ihn so sah? Als dreckiger, arroganter Kerl? Vielleicht war es dann besser dieses Bild nicht zu zerstören?
Aber konnte er es verkraften Shuichi zu verlieren?
Er wusste es nicht.
"Ich wollte dir eigentlich erzählen, dass ich mit Ryuichi mehr als eindeutige Plakatbilder mache."
"Hm."
Shuichi blickte den Blondhaarigen an. War da etwas von Missgunst zu sehen?
"Wenn du willst, bringe ich dir die ersten Abzüge mit, sobald die ersten fertig sind."
"Mach was du willst. Die Bilder sind mir eh egal....du aber nicht."
Damit verließ er die Küche und verschwand hinter der Tür zu seinem Arbeitszimmer.
Fix und fertig lehnte sich Shuichi an den Küchenstisch.
"Yuki.... was soll das? Liebst du mich nun....oder nicht?"
