Hi, Vicky23, Jenna und Sara! :) Und alle eventuellen Neuleser natürlich. Es hat etwas gedauert, aber...Kapitel 10! Wieder ein etwas gehobeneres PG-Rating wg. angedeuteter..."Bettszenen"... *lol* Aber ich habe mich bemüht, wirklich nur anzudeuten. Ehrlich.
Ansonsten...Eigentlich nichts "Warnungswertes". Viel Spaß!
10. Kapitel
"Frohe Weihnachten, Mrs. Woodrow," sagte Piper, als sie an Heiligabend das Heim verließ.
"Ihnen auch, Dr. Williams. Oh, und Dr. Collinwood hat Sie vorhin gesucht."
Piper lächelte schwach. Sie war müde und niedergeschlagen. Zwar hatte sie gestern, nach der Nachtschicht den Tag frei gehabt, aber Tatum, dem Mädchen, das vesucht hatte sich umzubringen, ging es noch kein bißchen besser und sie drang einfach nicht zu ihr durch. Aber sie wollte Mrs. Woodrow nicht unnötig beunruhigen. Sie brauchten eben einfach Zeit.
"Er hat mich schon gefunden. Wir wollten uns nur nochmal schöne Feiertage und so wünschen. Falls irgendwas ist, Sie erreichen mich immer über meinen Pager oder über Handy."
"Wollen wir hoffen, daß das nicht nötig sein wird. Bis Mittwoch!"
"Bis Mittwoch, Mrs. Woodrow. Schöne Feiertage!"
"Ihnen auch."
Langsam und vorsichtig fuhr Piper zum Yard. Wenn sie so erledigt war, mußte sie immer besonders konzentriert auf den Verkehr achten. Besonders jetzt, so kurz vor Weihnachten. Auf den Straßen war die Hölle los. Vielleicht sollte sie sich doch mal überlegen, bei Wind und Wetter Rad zu fahren, so wie Jez. Aus den Augenwinkeln sah Piper eine Bewegung und konnte gerade noch rechtzeitig bremsen, aber ein kleines Stück ihrer Stoßstange berührte den Radfahrer doch und brachte ihn aus dem Geichgewicht.
"Oh, nein!"
Piper stellte den Motor ab und stieg aus.
"Tut mir leid, Sir! Ich habe nicht...Ich meine...Haben Sie sich weh getan? Ist Ihnen was passiert?"
Sie half dem Mann auf die Füße. Zu ihrem Unglück war er auch noch Postbote und die ganzen Briefe hatten sich auf dem verschneiten Boden verteilt. Aber zu ihrer Überraschung lachte der Radfahrer.
"Nein! Schon gut, Miss! Ich bin in Ordnung. Und mein Fahrrad auch. War ja nur ein kleiner Schubs. Eigentlich wäre auch gar nichts passiert, wenn ich nicht diesem dummen Terrier da hätte ausweichen müssen. Es war nur der Schreck, wirklich, Miss."
"S...Sollen wir nicht lieber die Polizei rufen? Oder einen Krankenwagen?"
"Wozu denn? Damit sie mir helfen, die Briefe wieder einzusammeln? Nein, nein. Das schaffe ich auch selber."
"Warten Sie, ich helfe Ihnen. War ja schließlich meine Schuld."
"Also, dann müßte mir der Terrier helfen. Wegen dem ist das nämlich alles erst so gekommen."
Piper lächelte.
"Na, also," sagte der Postbote. "Ich dachte schon, Sie hätten den Mund nur zum Reden."
Piper lachte leise.
"Es wird immer besser!" freute sich der Mann.
"Darf ich Sie vielleicht zu einer Tasse Tee einladen?" fragte Piper. "Als Schmerzensgeld sozusagen."
"Unter normalen Umständen wäre ich begeistert, aber es ist Heiligabend, Miss, und Sie haben ja wohl sicher jemanden, der auf Sie wartet. Und ich beeile mich besser auch, daß ich die Briefe noch schnell los werde. Cynthia, also, meine Frau, hat sicher schon mit dem Kochen angefangen."
"Dann will ich Sie keinesfalls aufhalten."
Sie gab ihm die Briefe, die sie eingesammelt hatte, und er stopfte sie in seine Posttasche.
"Oh! Sie mögen die Beatles?" fragte Piper.
Er sah sie an.
"Wie kommen Sie darauf?"
"Das Buch."
Sie wies auf eine dicke Beatles-Biographie.
"In Ihrer Tasche."
"Oh! Ach so! Ja."
Er lachte.
"Sie sind die Größten."
"Finde ich auch," meinte Piper und das war nicht gelogen. Sie war Beatles-Fan, seit sie bewußt denken konnte. "Mein Lieblingsbeatle war erst Ringo, dann George und schließlich bin ich bei John hängengeblieben. Für Paul habe ich mich seltsamerweise noch nie interessiert."
"Ja," stimmte ihr der Postbote zu. "John war ein echtes Genie. Ich muß los. Frohe Weihnachten, Miss."
"Danke, Ihnen auch. Grüße an Ihre Frau. Und entschuldigen Sie bitte nochmal die Unannehmlichkeiten."
"Schon vergessen, Miss."
Er schwang sich wieder auf sein Rad und fuhr davon. Piper atmete tief durch. Das durfte sie gar keinem erzählen. Wäre sie nur etwas schneller gefahren oder hätte nicht mehr rechtzeitig bremsen können...Sie schüttelte den Kopf über sich selbst und setzte ihren Weg zum Yard fort. Vorsichtig!
***
In dem riesigen Polizeirevier war schon alles in Weihnachtsstimmung. Alle, die Familie hatten, waren über die Feiertage vom Dienst befreit, dafür mußten die ran, die alleinstehend waren, bei denen die Familie mal beide Augen zudrückte oder die letztes Jahr schon frei gehabt hatten und den Dienst nicht tauschen konnten. Man erkannte genau, wer was war, an den Gesichtern, die sie zogen. Piper meldete sich beim diensthabenden Sergeant, bekam ihr "Besucherschildchen" und lief zu Reds Büro, in dem sie Jez vermutete. Sie vemutete richtig. Reds Büro war halb verglast und in dem Raum konnte sie Red, Duncan, Kate und Jez gut sehen. Sie lachten und lächelten. Das war gut. Es bedeutete, keine weiteren Morde oder andere schlechte Nachrichten. Wie Jez es vorgestern bei ihr gemacht hatte, trat auch Piper erstmal in sein Blickfeld, um ihn auf sich aufmerksam zu machen, damit sie nicht störte. Jez lächelte, als er sie sah, und winkte sie zu sich. Piper betrat leicht verlegen Reds Büro. Sie war zwar allen schonmal begegnet, aber Duncan eher weniger und alle auf einmal machten sie irgendwie nervös. Es machte ihr einmal mehr bewußt, daß sie nicht mehr zum Team gehörte und zwar mit Jez zusammen war, aber von seiner Arbeit und seinen Freunden kaum etwas wußte.
"Piper, hallo."
Red lächelte freundlich und auch Kate sah zumindest nicht feindselig aus. Duncan starrte sie einfach nur an.
"Piper??" rief er schließlich. "Meine Güte, hast du dich verändert!"
"Ahm...danke," sagte sie zweifelnd. "Glaube ich."
Sie stellte sich zu Jez.
"Frohe Weihnachten, alle zusammen."
"Danke, dir auch," erwiderte Kate. "Du...willst Jez abholen, ja?"
"Naja, ja...Natürlich nur, wenn er gehen darf."
"Oh-oh," murmelte Duncan. "Deckung! Obwohl für Frauencatchen war ich schon immer zu haben."
Kate warf ihm einen genervten Blick zu und Piper sah unsicher zwischen ihr und Duncan hin und her. Ihre "Antennen" waren heute nicht die besten und ohne sie war sie so schüchtern wie eh und je, weil sie die Blicke und Gesten ihrer Mitmenschen nicht ausreichend gut deuten konnte. Aber nach der Nachtschicht, der Sache mit Tatum und dem Beinahe-Unfall gerade eben, brauchten Pipers psychologische Fähigkeiten eine kleine Pause. Sie wollte einfach nur heim, in ihr Bett und niemanden mehr sehen. Für Jez würde sie eine Ausnahme machen, aber das war auch schon alles.
"Ahm...vielleicht hätte ich doch lieber draußen warten sollen," murmelte sie schließlich. "Ich...geh' schonmal zum Auto. Komm' einfach, wenn...wenn du fertig bist."
Jez erwischte sie gerade noch am Handgelenk.
"Bleib hier!"
Er zog sie tröstend in seine Arme.
"Es war absolut richtig, daß du gekommen bist. Du kennst doch Duncan und seine träumerischen Anwandlungen. Ignorier' ihn einfach, so wie wir alle! Ich hätte auch draußen auf dich warten können, aber ich wollte hier auf dich warten."
Jez strich ihr liebevoll eine Haarsträhne hinter's Ohr.
"Wir gehen jetzt. Du siehst fertig aus. Ich fahre, okay?"
Piper nickte nur müde.
"Okay," wiederholte Jez und griff nach seiner Jacke.
Piper sah starr auf den Boden. Sie wollte jetzt niemanden ansehen. Sie wollte nach Hause.
"Ach ja..."
Jez holte eine kleine Schachtel aus seiner Jackentasche und reichte sie Piper.
"Ich...Naja, ich weiß, es ist noch nicht ganz Heiligabend, aber...Ach, die Bescherung macht sowieso jeder um eine andere Uhrzeit. Und falls er dir nicht gefällt, können wir ihn auf dem Heimweg noch umtauschen, also..."
Er verstummte verlegen. Piper starrte die Schachtel an. Red, Kate und Duncan starrten Jez an. Langsam klappte Piper die Schachtel auf und was sie sah, verschlug ihr sowohl die Sprache, als auch den Atem.
"Das...," keuchte sie. "Das ist der Ring, den ich leztens mit Sophie in der Stadt...Ich meine..."
Endlich sah sie auf und Jez direkt ins Gesicht.
"Jez, er ist...er ist einfach wunderschön, aber...Himmel, Jez! Das Ding ist einfach zu teuer!! Großer Gott! Weißt du, wieviel der kostet? Den kannst du mir unmöglich schenken. Gib ihn zurück, ich suche mir einen anderen! Vielleicht was aus Messing oder Bronze...Wir werden sehen. Das..."
Jez nahm ihre Hände sanft in seine.
"Gefällt dir der Ring?"
"Jez, das spielt doch gar keine Rolle!"
"Das ist das einzige, was eine Rolle spielt, Süße, denn du mußt damit rumlaufen. Also, gefällt dir der Ring?"
"Ja, natürlich! Aber..."
"Dann behältst du ihn auch. Es wird ein bißchen dauern, bis ich ihn bezahlt habe, aber ich kann ihn mir leisten."
Das hatte er größtenteils Sophie zu verdanken. Sie hatte den Ring nämlich gekauft, nachdem Jez betrübt festgestellt hatte, daß der Ring definitiv seine finanziellen Möglichkeiten überstieg. Er hatte sich beschwert, daß er keine Almosen wolle, aber Sophie hatte gemeint, er solle ihr das Geld ja auch zurückzahlen, nur könne er es jetzt zinslos tun und in Raten, die ihm nicht weh taten. Auf "die paar Pfund", wie Sophie sich ausdrückte, waren Sean und sie nicht angewiesen. Und Jez hatte akzeptiert. Das Leuchten in Pipers Augen bestätigte ihn in seiner Entscheidung.
"Mein Gott...," hauchte sie.
Er lachte weich.
"Warum bleibst du nicht erstmal bei Jez?"
Mit einem leisen Freudenschrei und Tränen in den Augen fiel sie ihm um den Hals. Jez umarmte sie und hielt sie so fest er konnte, ohne ihr die Rippen zu brechen. Als sie sich schließlich wieder von einander lösten, sagte Kate: "Ah...Jez, ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber...Abgesehen davon, daß das Teil wirklich sündhaft teuer ist, ist es auch noch ein...nun ja, ein Verlobungsring."
"Doch, Kate," erwiderte Jez. "Das ist mir aufgefallen. Das ist ja der Sinn der Sache. Wir ziehen zusammen, Piper und ich, deswegen brauche ich bis Neujahr frei. Und wir wollen heiraten. Nicht gleich und sofort, aber der Ring zeigt allen, daß die Lady vergeben ist und weist auf wirklich ernste Absichten hin."
"Ihr...Ihr wollt heiraten??"
"Ja. Irgendwann nächstes Jahr."
"Na, mal abwarten," meinte Duncan. "Bis dahin fließt noch viel Wasser die Themse runter."
"Herzlichen Glückwunsch," sagte Red ernst, der bis eben geschwiegen hatte. "Ich wünsche euch alles, alles Gute. Wenn jemand verdient, daß es klappt, dann ihr."
Er gab Jez und Piper die Hand.
"Danke, Red," sagte Jez eben so ernst. "Wir werden alles versuchen."
Red nickte knapp. Jez sah zu seiner offiziell Verlobten.
"So! Und jetzt bringe ich dich nach Hause. Du siehst wirklich aus, als könntest du `ne Mütze Schlaf gebrauchen."
Piper lächelte dankbar.
"Ja, das wäre schön. War ein...harter Tag."
"Tatum?" fragte Jez sanft.
"Ja."
Piper nickte traurig.
"Ich fürchte, ich werde sie verlieren."
"Gib die Hoffnung nicht auf!"
Jez umarmte sie erneut.
"Vielleicht renkt sich alles wieder ein."
"Ich hoffe so sehr, daß du recht hast, Jez."
Er hielt sie noch einen Augenblick fest, dann ließ er sie los.
"Gehen wir!"
"Ja. Auf Wiedersehen und schöne Feiertage."
"Euch auch," sagte Red lächelnd.
"Grüße an Susan."
"Richte ich aus."
Sie liefen zur Tür.
"Jez!"
Beide wandten sich nochmal um.
"Alles Gute," sagte Kate. "Und herzlichen Glückwunsch. Euch beiden."
"Danke, Kate," erwiderte Jez und meinte es auch so. Er wußte, sie würde sich erst daran gewöhnen müssen, aber das war ihm von Anfang an klar gewesen. "Bis nächstes Jahr."
"Aber gönnt euch auch mal `ne Pause," fügte Red hinzu. "Steht auch mal auf! Es existiert auch eine Welt außerhalb des Bettes."
Jez lachte und zeigte Red den Mittelfinger, dann verließ er mit Piper endgültig das Büro.
***
Als sie in seiner Wohnung ankamen, schälte sich Piper aus ihrer Jacke, kam jedoch nicht mehr dazu, sie aufzuhängen, da Jez sie ihr im nächsten Augenblick auch schon abnahm.
"Du setzt dich jetzt auf die Couch und machst gar nichts mehr, klar? Laß' mich das machen!"
"Jez, ich bin nicht krank."
"Aber müde und traurig."
"Du hast mir gerade einen Verlobungsring geschenkt, wie ich ihn mir schöner nicht wünschen könnte. Ich bin nicht traurig."
"Weiß dein Gefühl das auch, Süße?"
"Ach, Jez..."
Sie stützte den Kopf in die Hände. Jez setzte sich neben sie.
"Erzähl'! Wie war dein Tag? Meiner war nämlich vergleichsweise ruhig. Von dem Treffen mit Sophie mal abgesehen."
"Du hast dich mit Sophie getroffen?"
"Ja. Wie hätte ich sonst den richtigen Ring für dich finden sollen? Aber das hast du doch längst geahnt, gib's zu!"
"Nein," gestand Piper. "Ich...habe heute ein bißchen Probleme mit dem Denken und Nachdenken. Auf den Gedanken bin ich wirklich nicht gekommen, aber so im Nachhinein erscheint er mir durchaus logisch."
Jez lächelte.
"Vielleicht solltest du erstmal ein wenig schlafen."
"Auf keinen Fall, sonst wache ich vor morgen nicht mehr auf."
"Na und? Piper, das stört mich nicht. Ich kann mich alleine beschäftigen."
"Aber ich habe dich vermißt."
Jez sah sie überrascht an. Damit hatte er nicht gerechnet. Was ihre Gefühle ihm gegenüber anging, war Piper fast genauso verschwiegen wie er selbst, wenn es um Piper ging. Er sah Piper noch einen Moment verblüfft an, dann sagte er: "Tut mir leid, Piper. Ich werde dich nie wieder so lange alleine lassen, ich verspreche es."
"Nein, mir tut es leid," meinte sie. "Ich habe gesagt, es macht mir nichts aus, und das tut es auch wirklich nicht, aber...Naja, die Nächte waren hart. Ich...Ich habe mich schon zu sehr an deine Anwesenheit gewöhnt. Nicht...Nicht daß du mit mir schläfst, oder so, obwohl das natürlich auch toll ist, nur...daß du einfach da bist, weißt du? Bei mir."
Sie schaffte es nicht, ihn anzusehen vor lauter Verlegenheit. Jez hob sie hoch und Piper hielt sich erstaunt an ihm fest.
"Was...Jez, was hast du vor?"
Er trug sie zum Bett.
"Wonach sieht's denn aus?"
"Jez..."
"Ich gebe dir einen kleinen Tip: Es hat nichts mit Kochen zu tun."
"Jez, das...ich meine,...du mußt hungrig sein."
Er sah sie eindringlich an.
"Das bin ich."
Ihre Lippen formten ein stummes "Oh". Jez legte sie auf dem Bett ab und küßte sie.
"Mist," murmelte er. "Ich hätte dich erst ausziehen sollen. Das vergesse ich jedesmal."
Piper mußte lachen.
"Wenn du es zuläßt, helfe ich dir kurz."
Jez ließ ihr etwas Luft und nickte.
"Kurz."
Piper befreite sich rasch von ihren zwei Pullovern, Jeans, Leggins und Socken. Jez schüttelte den Kopf.
"Wie kann man nur so viel anhaben?"
"Es ist beschissen kalt draußen," verteidigte sich Piper. "Hast du mal auf's Außenthermometer geschaut?"
"Minus zehn," antwortete Jez. "Süße, es war schon wesentlich kälter dieses Jahr."
"Ja, im Mai. Ich erinnere mich."
Jez mußte lachen.
"Im Mai??"
"Ja. Da waren eine Woche lang zwei Grad Plus. Für Mai ist das verdammt kalt. Wenn es jetzt für Dezember im gleichen Verhältnis kalt wäre, dann hätten wir jetzt wahrscheinlich Minus dreißig Grad."
Jez schmunzelte.
"Nun, dann dürften wir wenigstens alle zu Hause im Bett bleiben, weil vermutlich kein Auto mehr anspringen würde."
"Dann müßtest du aber trotzdem arbeiten, weil jeder weiß, daß du gar kein Auto hast."
Jez lachte.
"Gib einfach zu, daß du total verfroren bist!"
Piper griff nach seinem Pullover und zog ihn über seinen Kopf. Darunter kam ein T-Shirt zum Vorschein.
"Ach, nein. Und was ist das?"
"Ein T-Shirt, Süße. Auf einem Fahrrad wird es auch sehr kalt. Aber ich fahre nicht im Auto und trage zwei Pullover!"
"Du bist ja auch nicht mit so niedrigem Blutdruck gestraft wie ich. Und ich bin ja wohl nicht die einzige Frau in deinem Leben, die ständig friert."
"Da hast du allerdings recht."
Er küßte sie und zog sich sein Shirt selber aus.
"Kate friert auch immer und Sophie hat ihre Handschuhe heute sogar im Kaufhaus anbehalten."
Er griff nach dem obersten Knopf seiner Jeans, aber Piper schob seine Hand beiseite und schubste ihn auf den Rücken.
"Na, siehst du," murmelte sie. "Ich habe wenigstens warme Hände. Zumindest im Augenblick."
"Das will ich hoffen," sagte er rauh, als eine ihrer warmen Hände in seinen Hosenbund glitt. "Sonst hättest du jetzt mal jemanden jaulen hören, Engel."
"Keine Angst," schmunzelte sie. "Ich habe zwar eine kleine sadistische Ader, aber die hebe ich mir für Duncan auf."
Jez lachte, was allerdings in Anbetracht der Situation etwas atemlos klang.
"Beruhigend, Süße. Aber könnten wir Duncan und jeden anderen Mann bitte aus unserem Bett raushalten?"
"Entschuldige."
Piper beugte sich zu ihm und küßte ihn, während sie ihre "Streicheleinheiten" verstärkte. Sie hatte das noch nicht oft gemacht, aber es war ein gutes Gefühl. Damals mit Randy hatte er weitgehend an sich gedacht und sie hatten nicht viel ausprobiert. Mit Randy hätte sie das auch gar nicht gewollt. Und danach...Nun, es hatte sehr lange gedauert, bis sie sich wieder an ihren Körper gewöhnt hatte und an ihre Sexualität. Es war nicht leicht gewesen, aber in Professor Charlotte Lexington hatte sie eine großartige Therapeutin und eine echte Freundin gefunden. Sie hatte ihr auf einem schweren Weg sehr geholfen und Pipers Dankbarkeit und Wertschätzung waren ihr bis heute gewiß. Jez stöhnte leise und sie lächelte. Genug düstere Gedanken für heute! Es gab Wichtigeres. Und Schöneres. Wie gesagt, sie hatte das noch nicht oft gemacht, aber irgendwas war an Jez, das sie dazu brachte, es einfach zu tun. Er machte sie..."abenteuerlustig"...
Sobald er wieder dazu in der Lage war, zog Jez Piper auf sich und küßte sie lange und liebevoll.
"Das hat jetzt irgendwie anders aufgehört, als ich geplant hatte."
Sie lächelte.
"Besser oder schlechter?"
"Mmmm...anders."
Piper lachte, legte den Kopf auf seine Brust und genoß das Geräusch seines Herzschlags. Jez hielt sie locker umarmt und spielte mit ihren langen Haaren. Er hätte jetzt gerne etwas gesagt, aber ihm fiel nichts Passendes ein. Daß er sie liebte, wußte sie. Und das war alles, was er im Moment sagen wollte. Er wollte diesen Augenblick nicht stören, indem er sich endlos wiederholte.
"Es war so leicht," murmelte sie.
"Was?" fragte er.
"Das," antwortete sie. "Es hat sich einfach so ergeben."
"Ich...Piper, wolltest du das wirklich?"
Erstaunt hob sie den Kopf und sah ihn an.
"Ja. Wieso fragst du?"
"Weil...Naja, eben weil es sich normalerweise nicht "einfach so" ergibt. Normalerweise ist meistens einer von beiden dagegen und gibt dann nach, weil er den anderen liebt. Oder zu lieben glaubt. Also...wenn es dir nicht gefallen hat, dann..."
Piper senkte den Kopf und küßte Jez so lange und leidenschaftlich, daß ihm die Luft wegblieb.
"Es hat mir gefallen, Jez," sagte sie fest und sah ihm direkt in die sagenhaft blauen Augen. "Ich werde das sicher nicht jeden Tag machen, aber ich mußte mich nicht groß dazu überwinden. Ich meinte, was ich sagte. Es war leicht. Es hat sich einfach so ergeben. Ich habe nicht groß darüber nachgedacht. Du hast diese Wirkung auf mich, Clifton. Du bringst mich dazu zu experimentieren, meine und deine Grenzen zu testen, du weckst meine "Abenteuerlust". Im Bett und auch außerhalb davon, und das ist verdammt gut so. Du bist gut für mich, Jez. Und das eben war nur ein kleiner Teil von den Auswirkungen unseres Zusammenseins."
Sie schüttelte den Kopf.
"Meine Güte! Höre ich mich gerade wirklich an wie ein Lehrbuch?"
Jez zog sie an sich, küßte sie und rollte sich mit ihr herum, sodaß er auf ihr lag.
"Du klingst nicht wie ein Lehrbuch. Du klingst phantastisch und ich glaube, ich liebe dich mit jeder Sekunde mehr. Egal, ob du traurig, fröhlich, wütend, gereizt oder sonstwie bist."
"Du hast mich ja noch gar nicht wütend erlebt," murmelte sie verlegen.
"Oh, doch!" widersprach Jez. "Sogar schon vor acht Jahren. Und du warst wütend auf mich."
Piper errötete.
"Oh. Das. Das habe ich wohl...verdrängt."
"Du hast mich sehr eindringlich und vor allem lautstark gebeten, die Finger von...laß' mich nachdenken..."
"Lauralee Bell," murmelte Piper nahezu lautlos.
"Genau!" fuhr Jez fort. "...zu lassen, weil sie eine Verdächtige im Mordfall Withers war, dabei hatte ich an der jungen Dame gar kein Interesse. Und selbst wenn, von Verdächtigen halte ich mich fern."
"Ich war nicht wütend auf dich, Jez. Das war ich noch nie. Ich...Ich war einfach nur eifersüchtig."
"Eifersüchtig? Du warst mit Randy zusammen."
"Ja. Aber nicht wirklich glücklich. Das weißt du doch. Im Yard war ich glücklich. Bei...Bei dir war ich glücklich. Jez, du hast es gespürt, lange bevor es mir klar wurde, versuch' nicht, das zu leugnen! Aber da war es schon zu spät."
Sie streichelte gedankenverloren seine Wange und schien direkt durch ihn hindurch zu blicken.
"Viel zu spät. Als mir klar wurde, was ich für dich empfinde, hatte auch Randy es schon längst gemerkt."
Jez schluckte.
"Der Streit, Piper...Der Streit damals, an dem Abend, als du beinahe gestorben wärst..."
Sie schloss die Augen und eine Träne rann ihre Schläfe hinab.
"Wir haben wegen dir gestritten," schluchzte Piper und umarmte Jez fest. "Ich wußte nicht, ob du mich liebst, aber ich wußte, ich konnte nicht bei Randy bleiben. Ich wollte nur weg."
Jez rollte sich wieder auf den Rücken, hielt Piper fest und ließ sie weinen. Beruhigend streichelte er ihren Rücken, schwieg jedoch. Sie hatten wegen ihm gestritten. Vielleicht wäre Randy gar nicht so ausgerastet, wenn...Jez schüttelte leicht den Kopf. Randy war ein typischer Schläger gewesen. Irgendwann wäre es soweit gekommen, ob mit oder ohne ihn, Jez. Vielleicht etwas später, aber irgendwann bestimmt. Es war müßig, darüber nachzudenken und sich Vorwürfe zu machen. Jez schielte kurz hinunter auf Piper. So wie es aussah, hatte sie sich wieder ein bißchen beruhigt. Behutsam drehte er sich zur Seite und sah sie an. Piper schniefte und wischte sich die Tränen vom Gesicht. Jez hob eine Hand und legte sie an ihre Wange.
"Schlaf ein bißchen, Süße," bat er leise. "Du wirst sehen, morgen sieht die Welt schon ganz anders aus."
"Aber es ist Heiligabend," erwiderte sie kläglich und es klang eher wie das Maunzen eines verwirrten, kleinen Kätzchens.
Jez lächelte.
"Na und? Wir haben die ganze Woche Zeit. Schlaf!"
"Morgen halte ich länger durch, ich versprech's."
"Und wenn nicht, stirbt auch keiner. Augen zu!"
Piper gehorchte. Sie war sowieso schon müde gewesen und die blöde Heulerei hatte ihr irgendwie den Rest gegeben.
"In meiner Tasche ist noch die "Drei ???", die du mir geschenkt hast," murmelte sie. "Dreckiger Deal. Sie ist gut. Du hast ja sowieso noch keine gehört, oder?"
"Mach' dir um mich mal keine Sorgen."
Er küßte sie zärtlich.
"Ich bleibe bei dir. Schlaf gut und träum' was Schönes."
"'nke."
Nur Sekunden später schlief Piper tief und fest. Jez schloss ebenfalls die Augen.
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A/N: Ist es zu spät, um um Reviews zu betteln?? I.
