A/N: Wie immer an dieser Stelle eine kurze Information über die heutigen "Gastauftritte": Sean Bean (an den solltet ihr mittlerweile ja gewöhnt sein) und Oliver Wood (diesmal hat er sogar ein bißchen Text :).
Außerdem sei gesagt: Ich habe KEINE Ahnung, wie der Außenminister von Großbritannien WIRKLICH heißt. I.
13. Kapitel
Wie besprochen hielt Sean bei einer Apotheke und holte in Pipers Auftrag ein paar Medikamente, dann fuhren sie weiter.
"So, da ist es," meinte Sean schließlich. "Willst du mit rein kommen oder wartest du hier?"
Jez blickte auf. Sie waren in der Winchester Lane!
"Hier?" fragte Jez. "Du sollst die Medikamente hier abliefern??"
Sean sah auf seinen Notizzettel.
"Ja. Wieso? Ist das illegal?"
"Nein...," murmelte Jez. "Natürlich nicht. Ich...Ich komme mit."
"Na, dann los!"
Sie stiegen aus und liefen rasch über die Straße. Ein Butler öffnete ihnen, als sie geklingelt hatten.
"Sie wünschen, Sir?"
Er richtete seine Worte automatisch an Sean.
"Guten Tag, ich komme von Dr. Williams und soll Lord Wood persönlich einige Dinge geben."
"Natürlich. Wenn Sie mir bitte folgen wollen."
Der Butler lief voraus und Sean und Jez folgten. Jez sah sich um. Die Halle war so groß wie das Großraumbüro im Yard und so hoch, daß man kaum die Decke sehen konnte. Sie stiegen die breite Freitreppe hinauf bis zum zweiten Stock. Hinter einer schweren Eichentür erklangen gedämpfte Schreie, gefolgt von einem lauten Krachen und einem unterdrückten Fluch. Gleich darauf öffnete sich die Tür und ein junger und ein älterer Mann stürzten heraus. Der Jüngere hielt sich die blutende Nase.
"Mist!"
"Abbott," kommandierte der Ältere, "bitte bringen Sie meinem Sohn ein nasses Handtuch und ein paar Taschentücher. Hier, Oliver, nimm' das solange!"
Er warf ihm seine Krawatte entgegen.
"Sehr wohl, Mylord," antwortete der Butler, während Oliver zur selben Zeit sagte: "Danke, Vater."
Bei Jez klingelten sofort sämtliche Alarmglocken. Oliver Wood??? Der Oliver Wood von Piper??
"Guten Tag, meine Herren. Ich bin Richard Wood und das ist mein Sohn Oliver. Das," er nickte kurz in Richtung Tür, "ist mein zweiter Sohn Harold. Geht's wieder, Oliver?"
"Ja. Schätze, es hört gleich auf. Ich war zu langsam."
"Das war wohl kaum deine Schuld."
"Guten Tag, Mylord. Ich bin Sean Bean und das ist Jez Clifton. Dr. Williams schickt uns. Wir sollen Ihnen das hier geben. Die Anleitung wäre dabei."
"Danke! Na endlich! Vielleicht hilft ihm das. Piper, also Dr. Williams, war der Meinung..."
Verlegen brach der britische Außenminister ab.
"Ach, nicht so wichtig. Ich...Vielen Dank für Ihre Mühe, die Herren. Und ich...Wäre es vielleicht möglich, daß Sie diesen Vorfall hier vergessen? Demnächst sind Wahlen im Parlament und..."
"Willst du ihn ewig verstecken, Vater?" fragte Oliver. "Er ist dein Sohn. Genau wie ich."
"Natürlich ist er mein Sohn!" fauchte Richard. "Und ich tue für ihn, was ich kann, oder nicht? Und jetzt sei ruhig!"
"Manchmal glaube ich, Piper sollte dich therapieren und nicht uns!" zischte Oliver, warf seinem Vater die Krawatte vor die Füße und lief davon.
Nach einem kurzen Moment peinlicher Stille schüttelte Richard den Kopf und sagte: "Tja, Kinder."
"Natürlich, Sir," sagte Sean. "Bei uns ist Ihr Geheimnis sicher."
"Danke. Sie sind sehr verständnisvoll. Und wenn Sie sie sehen, bitte richten Sie Piper...Dr. Williams...meine herzlichsten Glückwünsche zur Verlobung aus. Ich habe den Ring zwar schon gesehen, aber irgendwie nicht bewußt zur Kenntnis genommen. Es wäre nett, wenn sie mir den Hochzeitstermin mitteilen würde. Natürlich beabsichtige ich nicht, mich selbst einzuladen, ich würde die Feier durch mein Auftauchen ohnehin nur stören, aber ich würde ihr gerne ein paar Zeilen schreiben. Sie hat schon so viel für uns getan, das kann man mit Geld nicht bezahlen."
"Natürlich, Mylord," meinte Sean. "Ich richte es ihr aus."
"Vielen Dank. Abbott! Bitte begleiten Sie die Herren zur Tür. Und haben Sie Oliver gesehen?"
"Er ist im Garten, Mylord."
"Danke, Abbott. Auf Wiedersehen, meine Herren."
Sie verabschiedeten sich und gingen.
"Alles okay, Jez? Du siehst blass aus."
"Nein, ich bin okay," murmelte er. Ihm war schlecht. "Aber ich glaube, ich will doch lieber nach Hause."
"Sei nicht albern! Wenn Sophie weiß, wo Piper steckt, dann ist es besser, du erfährst es gleich. Sowas sollte man so schnell wie möglich aus der Welt schaffen. Wie lange ist es her?"
"Etwas über eine Woche."
"Über eine Woche??? Und Piper hat sich noch nicht gemeldet?? Junge, du mußt echt Mist gebaut haben. Hast du...Du hast sie doch nicht betrogen, oder?"
"Nein!! Bist du verrückt? Das würde ich Piper nie antun. Ich liebe sie. Nur sie. Und sollte ich sie wiederfinden, kann ich nur hoffen, daß sie mir meine Dummheit verzeiht."
"Bestimmt. Piper ist eigentlich nicht sehr nachtragend."
"Das hoffe ich. Das hoffe ich wirklich. Wenn doch, muß ich mich nämlich leider umbringen."
"Laß' den Kopf nicht hängen. Jetzt fahren wir erstmal zu mir."
"Hm."
Sean unterdrückte ein Lächeln, als er anfuhr.
***
"Sophie!?"
"Oben, Schatz!"
Sean lächelte und lief die Treppe hinauf. Jez folgte ihm in einigem Abstand. Er wollte das Wiedersehen nicht stören.
Sophie fiel ihrem Mann um den Hals und küßte ihn lange und liebevoll. Dann schmiegte sie sich an ihn und flüsterte: "Na? Wie mache ich mich?"
Sean grinste und erwiderte ebensoleise: "An dir ist eine echte Schauspielerin verloren gegangen."
Dann löste er sich von ihr und meinte: "Ich habe jemanden mitgebracht."
Ihr Blick fiel auf Jez und ihre Miene versteinerte.
"Was willst du denn hier?"
"Piper ist hier, oder?"
"Was geht's dich an?"
"Ich muß mit ihr sprechen. Bitte. Ich habe mich blöd benommen, ich weiß, deshalb muß ich ja mit ihr reden. Ich will mich nur entschuldigen, sonst nichts."
"Und wie kommst du darauf, daß sie dich sehen will?" fauchte Sophie.
"Schatz," murmelte Sean und legte ihr sanft einen Arm um die Taille. "Ich habe zwar keine Ahnung, was hier gerade abgeht, aber findest du nicht, das sollte Piper selbst entscheiden?"
Sophie funkelte Jez noch einen Moment wütend an, dann meinte sie: "Na, schön. Geh' zu ihr! Du hast zehn Minuten!"
"Wo ist sie?"
"Den Gang runter, das letzte Zimmer."
"Danke."
Jez rannte förmlich los und Sophie seufzte tief.
"Haben wir wirklich das Richtige getan?"
"Ja."
Sean küßte sie liebevoll.
"Definitiv ja. Du hättest mal sein Gesicht im Haus von Wood sehen sollen! Ihm ist ein ganzer Kronleuchter aufgegangen. Aber man kann nicht leugnen, daß dieser Oliver ein attraktives Bürschchen ist. Noch ein, zwei Jahre und er wird sich vor Mädchen nicht retten können."
"Vor Mädchen vielleicht nicht, aber vor Piper ganz sicher. Sie liebt nur Jez und ich begreife einfach nicht, wie er so blind sein kann! Wie kann er Piper sowas zutrauen?? Man könnte ihr Russell Crowe nackt auf den Bauch binden und rein gar nichts würde passieren!! Und da hätte ich echte Schwierigkeiten."
"Ja, mit mir!" knurrte Sean und Sophie mußte lachen.
"Keine Angst. Ich liebe dich. Wenn ich Russell gewollt hätte, hätte ich ja bei ihm bleiben können."
"Auch wieder wahr. Können wir uns jetzt taktvoll zurückziehen?"
Sophie sah besorgt auf die Tür, hinter der Pipers "Gästezimmer" lag.
"Ich hoffe nur, wir haben nicht alles noch schlimmer gemacht."
"Noch schlimmer?" fragte Sean. "Wieviel schlimmer hätte es denn noch werden können? Wenn Piper noch eine Woche nichts gegessen hätte, dann hätten wir sie Jez per Brief zurückschicken können! Oder faxen! Sie hat vier Kilo abgenommen, Sophie!"
"Ja...Ich weiß ja...Es ist nur so...Ich hoffe einfach, daß er's hinkriegt."
"Das wird er, Schatz. Glaub' mir, der Kleine hat seine Lektion gelernt."
Sophie schwieg einen Moment, dann seufzte sie.
"Also, schön. Ziehen wir uns taktvoll zurück. Jez macht das schon."
Sean hob sie auf die Arme.
"Ich liebe dich. Du warst oscarreif."
Sie lachte noch, als er die Tür hinter ihnen schloss.
***
Piper lag auf dem Bett und starrte aus dem Fenster. Das trübe londoner Wetter paßte perfekt zu ihren Gedanken. Jez fehlte ihr und der bloße Gedanke an ihn, trieb ihr immer wieder die Tränen in die Augen. Was war bloß passiert? Wieso hatte sie ihm nicht einfach gesagt, daß Oliver nur ein Patient von ihr war? Einen, den sie sehr gern hatte, ja, aber keinesfalls ihr Liebhaber. Weil Lord Wood sie zu absolutem Stillschweigen verpflichtet hatte, deshalb! Er fürchtete den Skandal und er fürchtete um seinen Posten im Unterhaus. Feige, aber nicht ihr Problem. Er hatte sie nur gebeten, seinen Söhnen zu helfen, nicht ihm selbst. Verdammt... Sie mußte schonwieder heulen. Es klopfte leise. Rasch wischte sie sich so gut wie möglich die Tränen vom Gesicht. Das war sicher Sophie. Sie machte sich Sorgen. Und Piper wollte ihr nicht noch mehr Sorgen machen, indem sie sie schonwieder mit tränenüberströmtem Gesicht begrüßte.
"Herein!"
"Hallo, Piper."
Sie fiel fast vom Bett. In der Tür stand nicht Sophie, sondern Jez. Langsam kam er näher.
"Ich...Darf...Darf ich mich kurz setzen? Sophie hat mir zehn Minuten gegeben, also..."
Jez wertete Pipers Schweigen als Ja und setzte sich ans Ende des Bettes. Piper konnte ihn immer noch nur anstarren. Nervös faltete er die Hände.
"Ich...Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich sagen soll," begann er verlegen. "Auf...Auf der Fahrt hierher habe ich es noch gewußt, ich habe mir alles genau überlegt, aber..."
Er lachte leise, aber es klang etwas zittrig.
"Leider kann ich mich an nichts mehr davon erinnern. Ich...Ich liebe dich, Piper. Und ich bin so ein Idiot! Ich hatte kein Recht, an dir zu zweifeln und schon gar nicht an deinen Worten. Natürlich hast du mich nicht betrogen, wieso solltest du? Ich...Ich war nur so...Piper, ich...ich liebe dich, verstehst du? So...So intensiv habe ich noch nie empfunden und dieses Gefühl macht mir Angst. Ich...Es ist ein...ein gutes Gefühl und ich habe Angst davor, es wieder zu verlieren. Dich zu velieren. Gott..."
Er fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare.
"Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll...Ich bin vor lauter Eifersucht einfach ausgetickt, aber es war nicht die Art von Eifersucht, bei der ich dir nicht vertraue, verstehst du? Es war eine blöde, kindische Eifersucht, die aus Angst entsteht. So...Ja, eben so wie bei einem Kind, dessen alleinerziehende Mutter plötzlich einen neuen Mann kennenlernt, und das Kind hat jetzt das Gefühl, daß die Mutter den Mann mehr liebt, als das Kind. Ich...Ich habe nie an deiner Liebe gezweifelt, Piper, ich hatte nur Angst, sie wäre...weniger geworden. Tut mir leid. Dazu hatte ich absolut kein Recht. Ich weiß, das klingt jetzt alles ziemlich wirr...Vorhin im Auto klang das viel besser, aber..."
"Meinst du das ernst?" fragte sie leise und ihre Stimme zitterte leicht. Es waren die ersten Worte, die sie sprach, seit er im Zimmer war, und Jez blickte auf.
"Ja," sagte er rauh. "Das meine ich todernst."
"Heißt...Heißt das, wir...Du meinst, du willst dich nicht von mir trennen?"
"Von...Von dir trennen?? Um Gotteswillen, Piper, niemals!! Obwohl ich verstehen könnte, wenn du mich nicht mehr haben willst, so blöd wie ich mich benommen habe, aber..."
Weiter kam er nicht, denn Piper fiel ihm schluchzend um den Hals.
"Du hast mir so gefehlt, Jez!"
"Ich...Ich habe dir gefehlt?"
Etwas vewirrt zog er sie an sich und hielt sie fest. Jetzt, wo er sie wieder hatte, würde er sie nie wieder loslassen.
"Verdammt, Clifton! Die letzte Woche war die Schlimmste meines Lebens!" schniefte Piper. "Gib doch zu, daß du darauf gehofft hast, damit ich dir diese blöde Aktion einfach verzeihe! Morgen hätte mich Sophie wahrscheinlich ins Krankenhaus einweisen lassen. Ich konnte ja weder schlafen noch essen."
"Ich dachte, du wärst sauer auf mich."
"War ich auch. Ungefähr zwei Sekunden. Dann war ich einfach nur traurig."
"Gott, es tut mir so leid, Piper. Wie kann ich das je wieder gut machen?"
"Tu's einfach nie wieder," murmelte sie.
"Ich schwöre es. Bei Jamies Leben."
Sie umarmte ihn und kuschelte sich an ihn.
"Können wir jetzt bitte nach Hause? Ich bin müde und hungrig. Und Sean und Sophie sind inzwischen sicher beschäftigt."
"Sean? Du weißt, daß Sean hier ist?"
"Ja, natürlich. Er wohnt hier."
"Ja, aber er war doch drei Wochen nicht da und ist erst heute zurückgekommen."
"Du mußt dich irren, er ist schon die ganze letzte Woche hier gewesen. Warum fragst du?"
"Ich...Ach, nicht so wichtig. Erzähle ich dir später. Hast du eine Tasche?"
"Ja, meine Reisetasche. Ich wußte nicht, wie lange ich...naja."
"Schon gut. Du hattest ja recht. Ist alles drin?"
"Ja. Ich habe gar nicht ausgepackt. Ich war einfach zu..."
Sie brach ab. Ihr fiel kein Wort ein, das ausreichend beschrieben hätte, wie sie sich gefühlt hatte. Jez zog sie fest an sich und küßte sie so sanft, daß es fast nur ein Hauch war. Piper erwiederte die Umarmung und öffnete bereitwillig die Lippen, als seine warme Zunge streichelnd um Einlass bat. Er schmeckte wundervoll und sie hatte ihn wirklich schmerzhaft vermißt.
"Laß' uns gehen," murmelte er rauh. "Ich möchte dich in unserem eigenen Bett lieben."
Piper erschauerte sanft.
"Ja," sagte sie leise. "Das wäre schön."
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A/N: So. Alles wieder gut. Eine kleine Krise muß eben einfach mal sein. :)
@Sara: Ich hoffe, es geht Dir wieder besser. Wenn Du etwas auf dem Herzen hast, Du weißt, wo Du mich findest.
I.
