Kapitel 4: Training mit Hindernissen
Azuko turnte gerade in der Turnhalle mit dem Reifen. Ganz langsam bog sie sich mit dem Reifen um die Taille nach hinten und machte einen Überschlag. Heute waren nicht viele Mädchen zum Training gekommen. Die meisten Mitglieder ihrer Sportgruppe waren mit Aufgaben für das am nächsten Wochenende stattfindende Schulfest betraut. Es sollte ein Frühlingsfest werden, und wie jedes Jahr legte das Lehrerkollegium großen Wert auf die Mithilfe der Schüler und Schülerinnen. Da Azuko erst vor kurzer Zeit an diese Schule gewechselt hatte, war sie nicht mit in die Planungen der ganzen Komitees integriert. Sie hatte sich aber zusammen mit ein paar anderen Mädchen ihres Kurses bereiterklärt, auf dem Schulfest eine kleine Kür vorzuführen.
Die Tür zur Turnhalle ging auf. Azuko war so in ihre Übungen vertieft, dass sie die neuen Besucher gar nicht bemerkte. Es waren Kenshi, der kleine Junge, denn sie an ihrem ersten Schultag in der Umkleidekabine getroffen hatte und dessen Spielkameradin Pan. Pan war noch ein Stück jünger als er. Sie hatte kurze wuschelig-schwarze Haare und riesige blaue Augen, die wie immer vor Begeisterung strahlten, wenn sie mit Kenshi unterwegs war.
„Ist sie das, Kenshi?"fragte sie neugierig und sah zu Azuko herüber, die im Augenblick als einzige auf der Matte turnte. „Ja, das Mädchen mit dem Reifen. Komm Pan, ich stelle sie dir vor." Sie zogen ihre Schuhe aus, bevor sie quer über die Matten zu Azuko hinüber liefen.
Azuko hatte gerade den Reifen in die Luft geworfen. Sie machte eine Rolle vorwärts und fing dann geschickt mit den Füssen den Reifen wieder auf. Aus der Bauchlage herausstemmte sie sich hoch auf die Hände, warf abermals den Reifen und setzte die Füße hinter ihrem Kopf auf. Mit einer fließenden Bewegung richtete sie sich auf und fing den Reifen mit der rechten Hand.
„Hallo Azuko."Rief Kenshi. Azuko hielt in ihren Übungen inne und drehte sich um. Lächelnd begrüßte sie Kenshi. „Hallo, wenn hast du denn da mitgebracht?"„Das ist Pan, meinen Freundin."Azukos Lächeln wurde noch ein wenig breiter. „So, so, deine Freundin. Hallo, Pan."Sie streckte Pan die Hand entgegen. Die Kleine schüttelte sie. „Hallo."Flüsterte sie ein wenig verlegen. „Was macht ihr beide denn alleine hier?"fragte Azuko und hob ihr Handtuch vom Boden auf, um sich den Schweiß abzuwischen. „Ich wollte Pan zeigen, was du da mit dem Band machst. Kannst du ihr das nicht mal demonstrieren?"Kenshi sah sie mit großen Hundeaugen an. Azuko lachte. Bei dem Blick konnte dem Kleinen bestimmt keiner etwas abschlagen. „Na schön, aber ich muss zuerst mein Training beende. Setzt euch doch so lange auf die Bank dort. In einer Viertelstunde ist hier Feierabend."
Kenshi und Pan nickten artig. Sie hockten sie brav auf die Bank am Fenster und beobachteten während der nächsten Minuten Azuko und ihre Kolleginnen. Frau Ikari, ihre Lehrerin lehnte gegen die Wand und beobachtete ebenfalls die Mädchen. Ihr Blick blieb an Azuko hängen. Das Mädchen war unglaublich biegsam und schnell. Ihre Sprünge und Würfe strahlten unheimliche Kraft aus. Wenn sie mit dem Band, den Kegeln oder Reifen turnte, hatte man das Gefühl, die Gegenstände würden fast zu ihrem Körper gehören, mit solcher Präzision verwendete sie sie und doch fehlte diese weiche, graziöse Ausstrahlung, die der rhythmischen Sportgymnastik inne war und die Hikari mit solcher Vollendung in ihrer Kür darstellte. Wenn man dagegen Azuko sah, so hatte man das Gefühl, sie würde die Sportgeräte als Waffen nutzen. Ihre ganze Kür erinnerte an einen Kampf – an einen Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner. Frau Ikari schüttelte unwillig den Kopf. Was war das für ein verrückter Vergleich, der ihr durch den Kopf ging. Sie zog ihre Trillerpfeife hervor. Es war Zeit das Training zu beenden.
Auf der Bank rutschte Pan unruhig hin und her. „Das ist ganz nett, Kenshi, aber das hat doch nichts mit Kämpfen zu tun. Wolltest du mir das etwa zeigen?"„Nein."Kenshi schüttelte den Kopf. „Das ist doch Weiberkram. Sie nur, Azuko packt zusammen. Los, lass uns zu ihr gehen. Die beiden sprangen auf und liefen zu Azuko hinüber. „Hallo."Azuko strich sie ein paar feuchter Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich habe euch nicht vergessen. Gebt mir nur zwei Minuten, um mich ein wenig auszuruhen und etwas zu trinken. Du kannst dich schon mal warm machen, Kenshi. Ohne deine Hilfe kann ich nämlich Pan die rhythmische Kampfsportgymnastik nicht demonstrieren."„Supi. Bin gleich soweit."
Hastig entledigte er sich seiner Jacke. Zunächst flitzte er ein paar Mal um die Matten herum und begann dann mit Dehnübungen. Azuko trocknete derweil ein wenig ihr nasses Gesicht und trank den Rest aus ihrer Wasserflasche. Pan blieb ungeduldig neben ihr stehen. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und hüpfte neben Kenshi auf der Matte herum. Azuko wandte den beiden den Rücken zu. Vor der Brust haltend, presste sie die beiden Handflächen aneinander und begann ganz gleichmäßig ein und aus zu atmen. Azuko war so tief auf ihre innere Energie konzentriert, dass sie nicht bemerkte, wie Pan sich nicht weit von ihr auf den Boden hockte und sie beobachtete.
Endlich öffnete Azuko die Augen wieder, die sie während der letzten Minuten geschlossen hatte. „Ich bin soweit. Von mir aus können wir anfangen. Wie sieht es mit dir aus, Kenshi?"„Bin bereit."Rief der Kleine mit ernster Miene. „Fein."Azuko hob ihr Band auf. Die beiden traten sich gegenüber und verbeugten sich voreinander. Dann nahm jeder seine Kampfhaltung ein. Frau Ikari, die ihre Uhr in der Sporthalle vergessen hatte, blieb erstaunt in der Tür stehen und sah zu den beiden hinüber. „Nanu, was wurde denn das?"
Trunks und Son Goten schwebten in der Mitte des Schwerkraftraumes der Familie Briefs. Beide sahen verschwitzt und reichlich mitgenommen aus. Während der letzten Stunde hatten sie sich ein unermüdliches Gefecht geliefert. Selbst jetzt noch belauerten sie sich – immer auf der Suche nach einer Schwäche in der Deckung des anderen. Vegeta lehnte lässig gegen eine Wand des Schwerkraftraumes und beobachtete die beiden. Er hatte zunächst zusammen mit ihnen trainiert und wartete nun auf Kakarott, der versprochen hatte, später noch in der Capsole Corp. vorbeizuschauen.Trunks grinste Son Goten an, der sich gerade das feine Rinnsaal Blut von der aufgeplatzten Lippe wischte. „Haha, du bist mit deinen Gedanken nicht voll bei der Sache, alter Junge. Wenn du diese Schnecke bändigen willst, solltest du dich lieber auf den Kampf hier konzentrieren. Von mir kannst du noch einiges lernen."Son Goten spuckte auf den Boden. „Ach ja, das ist wohl eher umgekehrt. Wer hat überhaupt behauptet, dass ich mich für das Mädchen interessiere. Ich habe nur gesagt, dass sie süß ist."
Son Goten ging wieder zum Angriff über und Trunks war während der nächsten Minuten nur damit beschäftigt, Schläge und Tritte seines Freundes abzuwehren. Endlich gelang es ihm Son Goten ein wenig zurückzudrängen. „Na", schnaufte Trunks „Momoko hast du aber nie so angesehen wie diese Azuko."Er schlug zu, doch Son Goten parierte rechtzeitig. „Vergiss es Trunks, mit dem miesen Trick legst du mich nicht rein."„Abwarten."Kam es lässig von Trunks. „Hast du herausgefunden wie sie mit vollständigen Namen heißt und wo sie wohnt?"„Son Goten platzierte einen Tritt in Trunks Magen, der leise aufstöhnte. „Nein, habe ich nicht!"„Sie heißt Aino Azuko und geht in Momokos Nachbarklasse."Fuhr Trunks ein wenig atemlos fort, nutzte aber sofort Son Gotens Überraschung aus und schlug zurück. Son Goten wurde einen guten Meter zurückgeschleudert, schaffte es jedoch sich vor der Wand wieder zu fangen und abzubremsen. Finster sah er Trunks an.
„Hey, willst du etwa Momoko untreu werden? Dann kriegst du es mit mir zu tun. Zu deiner Information - ich mag sie nämlich sehr gerne!"Trunks lachte. „Quatsch mit Soße, ich gebe doch Momoko nicht auf, jetzt wo ich endlich am Ziel bin und sie gebändigt habe."„Pah!"war Son Gotens einzige Erwiderung und er flog wieder auf Trunks zu. „Wer wohl wenn hier im Griff hat."Trunks grinste amüsiert. „Wenn du meinst. Aber wir kommen vom Thema ab. Yukari kennt sie, das weiß ich von Momoko." Jetzt war es an Son Goten fröhlich zu grinsen. „Wirklich?"In Trunks Augen glomm ein böses Funkeln auf. Seine rechte Faust schnellte vor und verpasste Son Goten so einen Schlag, dass der rückwärts gegen die nächste Wand prallte. Son Goten brauchte einen Moment, um sich wieder aufzurappeln. Wütend ging er auf Trunks los.
Vegeta, der immer noch gegen die Wand lehnte und mit großem Interesse der Unterhaltung der zwei gelauscht hatte, lächelte zufrieden. „Soso, Kakarotts Sohn hatte einen Schwarm. Das konnte interessant werden. Er musste unbedingt mehr über das Mädchen erfahren und sie vielleicht sogar einmal in Augenschein nehmen.
In der Sporthalle von Azukos Schule gab Kenshi wirklich sein Bestes, um sich mit Azuko zu messen. Schließlich wollte er sich nicht vor Pan blamieren. Ansonsten würden es sofort Piccolo und Pans Familie erfahren und dann blühte ihm ein noch härteres Training als das, was er im Augenblick täglich zu absolvieren hatte.Azuko schwitzte, und wischte sich immer wieder mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Der Junge war unglaublich gut. Beim letzten Mal in der Kabine hatte er ihr höchstens die Hälfte von dem gezeigt, was er beherrschte. Er machte es ihr verdammt schwer und das nach einem ganzen Trainingsnachmittag. Je eher sie diesen Kampf beendete umso besser. Viel länger würde sie ihm nicht genug entgegen zu setzen haben, um den Kampf für sich zu entscheiden.
Sie wirbelte rückwärts. Das Band peitschte durch die Luft. Kenshi gelang es nur aufgrund seiner außerordentlich gut trainierten Reflexe, ihrem Angriff auszuweichen. Dennoch landete er etwas unsanft auf der Matte und sah sich sogleich einem weiteren Angriff Azukos ausgesetzt. Pan klatschte begeistert in die Hände. „Wow, das ist so cool. Kann man das mit den anderen Geräten auch machen?"„Ja, keuchte Azuko. „Wirf mir mal die Kegel zu."Pan nahm die vier Kegel, die neben Azukos Tasche lagen und warf sie einem nach dem anderen Azuko zu. Die fing sie auf und jonglierte sie geschickt mit den Händen. „Was ich euch jetzt zeige, nennt man den Angriff der tausend Keulen."Azuko begann die Kegel mit einer unglaublichen Geschwindigkeit vor Kenshis Gesicht herumzuwirbeln. Kenshi hatte den Eindruck, dass Azuko tatsächlich mit einem Mal eine Unmenge dieser Kegel in den Händen halten musste. Keuchen wich er ihren erneuten Angriffen aus. „Das, das ist unfair."Stieß er schwer atmend hervor. Auch Kenshi spürte langsam, dass er müde wurde.
Azuko warf die Kegel auf die Matte. „Wirf mir doch bitte mal den Reifen zu, Pan."„Ey, ey, kommt sofort."Pan hob den Reifen auf. Azuko schnappte ihn. Wieder ging sie zum Angriff über. Dieses Mal jedoch, gelang es Kenshi deutlich besser, sich zu wehren und im Gegenzug Azuko ein wenig in Bedrängnis zu bringen. Als letzte Waffe demonstriert Azuko die Angriffsmöglichkeiten mit dem Ball. Danach sanken sowohl sie als auch Kenshi völlig erledigt auf die Matte.
„Du bist wirklich gut, Kenshi. Nicht viele Kämpfer schaffen es, den Geräten so lange auszuweichen. Den meisten fehlt es dafür an Schnelligkeit und Geschicklichkeit."Kenshi strahlte bei Azukos Worten über das ganze Gesicht. Das durfte Pan gerne ihrer Familie und Piccolo erzählen. Pan klatschte derweil begeistert die Hände. „Das will ich auch lernen. Bringst du mir das bei, Azuko? Bitte, bitte, bitte!"Azuko sah sich dem intensivsten Dackelblick ausgesetzt, der ihr bisher untergekommen war. „Na ja, vielleicht solltest du zunächst deine Eltern fragen, ob sie damit einverstanden sind."Pan nickte. „Das sind sie bestimmt. Ich werde sie gleich fragen. Los Kenshi, steh auf. Wir wollen gehen." Kenshi stöhnte. Pan stampfte ärgerlich mit dem Fuß auf. „Stell dich nicht so an. Das bisschen Training bringt dich nicht gleich um, oder soll ich Piccolo vielleicht sagen, dass du nach einer halben Stunde Kampf schlapp am Boden gelegen hast?"
Kenshi stand im Null Komma nichts auf den Füssen. Azuko konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Die Kleine hatte Kenshi gut im Griff. Pan und Kenshi verbeugten sich zum Abschied vor Azuko und liefen dann eilig aus der Turnhalle.
Azuko sammelte stöhnend ihre Sachen ein. Mein Gott, war sie fertig. Was sie jetzt brauchte, war eine heiße Dusche, dann ein ordentliches Abendbrot und eine Mütze voll Schlaf. „Azuko?"Die Stimme ihrer Lehrerin ließ Azuko erschrocken herumfahren. „Frau Ikari."„Das war sehr beeindruckend. Du beherrscht also die rhythmische Kampfsportgymnastik. Das erklärt eine Menge."Azuko sah ihre Lehrerin ein wenig verlegen an. „Ich habe diesen Sport in Sapporo erlernt." „Interessant, ich dachte eigentlich, dass dieser Sport an anderen Schulen nicht mehr unterrichtet wird. Du hast einen ungewöhnlichen Stiel. Es finden sich Ansätze anderer Kampftechniken in deinen Angriffen."„Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich mich für verschiedene Kampfsportarten interessiere und einiges ausprobiert habe. Wir hatten in Sapporo eine alten Lehrerin, die eine Freundin und mich unterricht hat. Nach ihrer Pensionierung im letzten Jahr, mussten wir allerdings alleine weitertrainieren."erzählte Azuko nun ein wenig gelöster.
Frau Ikari half ihr, die Kegel einzusammeln. „Hättest du nicht Lust, auf dem Frühlingsfest ein wenig dein Könnens vorzuführen?"„Ich weiß nicht, ohne einen Gegner, des diese Sportart selbst beherrscht, ist so eine Vorführung nicht besonders originell."„Das ist kein Problem. Ich selbst beherrsche diesen Sport und habe einige Turniere in dieser Disziplin bestritten."erklärte Frau Ikari. „Sie haben rhythmische Kampfsportgymnastik gemacht?"Azuko war sichtlich überrascht. Frau Ikari lachte über Azukos fassungsloses Gesicht. „Es wird mir ein Vergnügen sein, gegen dich anzutreten. Wir sollten gleich Morgen gemeinsam trainieren. Bis zum Frühlingsfest bleiben uns nur noch vier Tage."„Mmmh, einverstanden." „Schön, dann sehen wir uns morgen nach der Schule."
Frau Ikari reichte Azuko den letzten Kegel. „Und jetzt sieh zu, dass du nach Hause kommst. Es ist spät geworden."„Hai."Azuko verbeugte sich vor ihrer Lehrerin. Mit ihren Geräten beladen hastete sie zu den Umkleidekabinen.
