A/N: Südlich von Mordor befindet sich ein Wüstenland namens Khand, und für mich klingt es sehr Calimshan-ähnlich...


Ein perfekter Mord

Harry Potter stieß einen leisen Pfiff aus, als er die Tür öffnete. Sie mochte gewöhnlich ausgesehen haben, doch barg sie ein schwarzes Inneres. Das fensterlose Zimmer war völlig ausgebrannt, wodurch jegliche Spurensuche unterbunden worden war. Eigentlich war es sinnlos, den Tatort auch nur zu betreten. Harry fuhr sich mit der Hand durch seine rabenschwarzen Haare, so als hoffte er, dort irgendeinen Hinweis zu finden. Und inmitten dessen, was von dem Bett übrig war, lag der leblose Körper von Lucius Malfoy. Unversehrt- bis auf eine tödliche Dolchwunde mitten durch den Hals.

„Scheiße, Scheiße, Scheiße...", murmelte Harry, in dessen Stimme sich beinahe ein Hauch von Bewunderung eingeschlichen hätte. Aber nur beinahe.

„Genau das habe ich auch gerade gedacht". Kingsley Shacklebolt war hinter Harry eingetreten. „Na, was sagst du?"

„Da war ein Profi am Werk.", Harry trat näher an die Leiche und sah sich die Wunde genau an. „Er hat exakt die Kehle getroffen, damit Malfoy nicht aufschreit. Diese Präzision ist schon fast unheimlich... Habt ihr das genau so vorgefunden?"

Kingsley nickte. „Vielleicht wurde Malfoy anderswo getötet und dann hergebracht", überlegte er. „Vielleicht, um uns in Verwirrung zu stürzen?"

„Wie konnte der Mörder denn unbemerkt hereinkommen? Und auch noch mit der Leiche, sie passt wohl kaum in die Hosentasche..."Harrys Gesicht hellte sich plötzlich auf. „Vielleicht war's ja Draco! Lucius Malfoy hat die Todesser angeführt, Draco könnte einen Aufstand angestiftet haben..."

„Wir haben keine Beweise, nicht einmal dafür, dass die Malfoys überhaupt jemals mit Todessern zu tun hatten", Kingsleys tiefe Stimme klang eindeutig verärgert. „Das ganze Ministerium weiß es. Aber uns fehlen Beweise!"

„Dawlish verhört sie doch gerade. Vielleicht rutscht ihnen ja was raus..." „Träum nur weiter, lass dich nicht stören. Und wenn du mit dem Träumen fertig bist, könntest du mir vielleicht sagen, was diese Wunde verursacht hat.", Kingsley klang immer sarkastischer. Wieso, fragte sich Harry, wieso mussten ausgerechnet sie diesen Fall aufklären?!

„Du hättest Tatze rufen sollen, er kennt sich da besser aus,... also ich würde sagen, es war ein größerer Dolch, weil die Wunde für ein Kurzschwert zu klein ist. Ein sehr scharfer Dolch, da die Wunde keine abgerissene Kanten oder Ähnliches hat. Es ist viel Blut aus dieser Wunde ausgetreten, und da ich keine anderen äußeren Verletzungen sehe, ist es wohl der Todesstoß gewesen. Der Mörder ist anscheinend sehr vertraut mit dieser Waffe. Diese Wunde war kein Zufallstreffer, und Malfoy hat sich bestimmt gewehrt..."

„Nicht, wenn er in einer Ganzkörperklammer gesteckt hat", warf Kingsley ein. „Dann hätte jedes Kind mit einem Küchenmesser diese Wunde verursachen können".

„Mal angenommen, ich habe ausnahmsweise mal Recht und es war ein erfahrener Krieger...", beharrte Harry, doch Kingsley unterbrach ihn wieder: „Dir ist doch hoffentlich klar, dass es ein Zauberer sein muss, oder?"

„Das ist ja das Problem! Das hier ist das bestgeschützte Privatgebäude im ganzen Land! Wie soll hier ein Muggel rein kommen? Und wenn der Mörder ein Zauberer war, wieso hat der Idiot Malfoy nicht mit einem Zauber getötet?!" Mit jedem Wort kam Harry die Situation immer verwirrter vor.

Diese Diskussion ging noch stundenlang weiter, doch Harry war klar, dass dieser Fall nicht mit Spekulationen gelöst werden konnte. Sie brauchten erst eine genaue Analyse sämtlicher Zauber, die innerhalb der letzten Tage ausgeführt wurden. Und für diese würden die Leute von der Magie- Weiterentwicklungsabteilung schon einige Tage brauchen.

Seit mehr als 15 Jahren war Harry nun Auror, ein Jäger schwarzer Magier, und noch nie war ihm ein so seltsamer Fall begegnet. Sicher, ein Elb könnte diese Tat durchaus begehen, aber Harry wusste genau: der einzige Elb im ganzen Land ging auf die Hogwarts-Schule, und konnte daher unmöglich der Täter sein. Harry ahnte nicht, dass ausgerechnet Feavil der Lösung dieses Mordes um Einiges näher dran war.


Viele Meilen weiter südlich, in einer Stadt namens Calimhafen, im „Kupfernem Einsatz", einem Stammlokal für Diebe in einer dunklen Gasse, befand sich die Ursache für den Aufruhr in Mordor, dem Land der Zauberer. Er saß entspannt an der Bar (eine Haltung, die er beim Ausführen seines Berufs sonst nie annahm), ihm gegenüber eine kleine Halblingsfrau, die sehr damit beschäftigt war, eine Zeitung aufzufalten. Eine Eule war vor wenigen Minuten zur Tür hereingeflogen und hat die Zeitung gebracht. „Wie äußerst unauffällig"lautete der Kommentar des Meuchelmörders.

„Der Tagesprophet... Blöder Name. Die spinnen doch, die Zauberer...", er verzog verächtlich das Gesicht. Das verschlagene Grinsen seiner Informantin, die hinter der Zeitung verborgen war, artete plötzlich zu einem Lachanfall aus. Sie reichte ihm, immer noch lachend, die Zeitung, und deutete, offensichtlich vor Lachen unfähig zu sprechen, auf die Titelseite. Der Meuchelmörder überflog den Artikel. Es ging anscheinend um den Mord vor ein paar Tagen.

...Zaubereiministerium tappt im Dunkeln...jegliche Tatspuren beseitigt...kaltblütiger Mord...tödliche Effizienz... Der Meuchelmörder fühlte sich geschmeichelt. Vielleicht hatte die langjährige Auszeit seine Fähigkeiten gar nicht so sehr beeinträchtigt, wie er dachte. Er las weiter. Bereits der nächste Satz fiel ihm ins Auge. Wird unser aller Held, Harry Potter, uns vor diesem bösartigen, doch offensichtlich mächtigen Magier retten? Das dürfte zwar den noch nicht ganz abgeklungenen Lachanfall seiner kleinen Freundin (Partnerin, berichtigte er sich) erklären, aber der Glaube an seine eigenen Englisch-Kenntnisse schwankte plötzlich.

„Sie halten mich für einen mächtigen Magier?", fragte er zur Sicherheit nach.

Seufzend wischte die Halblingsfrau ihre Lachtränen weg. Das Gesicht ihres Gegenübers sah dermaßen verwirrt aus, dass sie beinahe noch einmal gelacht hätte. Aber sie kannte die möglichen Konsequenzen, und keine davon war angenehm.

„Doch", brachte sie endlich heraus, „das tun sie."Sie verlieh ihrer Stimme einen sehr dramatischen Ton, als sie hinzufügte: „Und du hast es mir all die 40 Jahre lang verschwiegen! Wie konntest du nur..."

Der Meuchelmörder lachte leise, mehr über ihre übertriebene (außerdem pathetische und dazu noch absichtlich durchschaubar gespielte) Reaktion, als über die Lächerlichkeit dieser Behauptung.

„Meine liebe Dwahwel, du musst nicht alles wissen".

Sie zog eine beleidigte Schnute.

„Aber du bist eine der Besten darin, diese - oder auch andere - Wissenslücken zu füllen", sagte er bedeutungsvoll.

„Schieß los".

„Soll ich das wirklich?", fragte er aus Spaß, besann sich aber wieder auf seine Pflichten und sein Gesicht wurde zur üblichen Maske eisiger Ruhe.„Dieser Zauberer, Harry Potter, soll fähig sein, mich zu fangen".

„Ich soll also einen dieser bedauerlichen Unfälle organisieren?"

„Nein, ich will nur Informationen. Stärken, Schwächen, Feinde, Verbündete... du weißt schon".

„Damit du ihn selber ohne große Schwierigkeiten umlegen kannst", schlussfolgerte Dwahwel. Ihr tödlicher Freund zuckte nur mit den Schultern. „Mal sehen, ob er die Mühe wert ist. In einer Woche hole ich die Informationen ab".

„Geht klar Boss!", Dwahwel salutierte scherzhaft. Dann wurde sie wieder ernst. Sie musste ihm jetzt die Frage stellen, die ihr schon seit Tagen auf der Zunge brannte. Sie beugte sich über die Bar zu ihm hinüber und senkte die Stimme, obwohl niemand sonst in der Taverne war.

„Haben die Drow dich gezwungen, diesen Mord durchzuführen?"

Sie wusste, dass es ein verhängnisvoller Fehler war, so direkt mit ihm zu sprechen. Sie wusste, wie er reagieren konnte, wenn es um seine eigene Hilflosigkeit gegenüber diesen Wesen ging.

Der eisige Blick seiner hellgrauen Augen ließ sie wissen, dass bei einem weiteren Wort ihr Leben verwirkt sein würde.

Er antwortete leise, und verschwendete keinen Gedanken daran, den drohenden Unterton zu verbergen: „Niemand hat mich je zu etwas gezwungen. Niemand kann mich zu etwas zwingen, weder jetzt noch in Zukunft, sei es ein Dämon, ein Drow oder Gott höchstpersönlich". Sein dunkles Haar verbarg sein Gesicht, ein Zeichen dafür, dass es seine Emotionen wiederspiegelte, Gefühle, die sie, Dwahwel, nichts angingen.

Seiner Meinung nach.

„Bis nächste Woche. Und wenn ich jemals wieder solch eine Frage höre..."

Er stand auf und ging ruhigen Schritts zum Ausgang der Taverne. Diesen Satz brauchte er nicht zu beenden.

Dwahwel atmete erst einmal tief durch, als die Tür sich lautlos hinter dem Meuchelmörder schloss. Einen Moment lang hatte sie tatsächlich um ihr Leben gefürchtet. Auch wenn sie ihn nun seit etwa vierzig Jahren kannte. Täte sie es nicht, würde sie ihn auf höchstens Mitte dreißig schätzen und für sehr gutaussehend halten.

Wenn sie darüber nachdachte, fand sie ihn sehr gutaussehend, auch wenn ihr bewusst war, dass er der gefährlichste Meuchelmörder in Calimhafen war. Dwahwel verbannte diese Gedanken aus ihrem Kopf.

Eigentlich war seine Haltung ein gutes Zeichen gewesen. Das letzte Mal, als er mit den Drow zu tun hatte, und sie ihm aufrichtig besorgt eine ähnliche Frage gestellt hat, war seine Reaktion viel heftiger ausgefallen. Er hatte sie damals angegriffen und ihre Kehle leicht mit seinem weiß glimmendem Dolch geritzt. Natürlich, ohne sie töten zu wollen, sonst würde sie wohl kaum hier sitzen. Diesmal hatte er auf eine viel direktere Frage viel ruhiger reagiert.

Hieß es, dass er sich diesmal in weit weniger Schwierigkeiten befand?

Sein Schritt beim Hinausgehen war ruhig gewesen. Zu ruhig? Und die Art, wie er sein Gesicht hinter den Haaren verborgen hat...

Vielleicht war er in all den Jahren lediglich ein noch besserer Schauspieler geworden.

Eher das Zweite, entschied Dwahwel.


Begleitet vom Kichern aller anwesenden Auroren, zerknüllte Harry Potter die Titelseite des Tagespropheten und warf sie ins Kaminfeuer des hellen Büros.

„Unser aller Held ist wohl verärgert", neckte Tonks.

Harry murmelte etwas von verdammten Reportern und in Ruhe gelassen werden. Diese verdammte Rita Kimmkorn würde ihn noch in den Wahnsinn treiben.
A/N: So, und jetzt schreibt doch mal ein feines kleines Review, damit ich weiß, dass ich mich nicht umsonst abquäle. CU