A/N: OK, ich weiß, das scheint nicht viel mit Harry Potter zu tun zu haben, aber das täuscht: Erinnert euch: Dwahwel vermutet, dass ihr alter Freund zu diesem Mord gezwungen wurde. Von den Drow. Und wer das nun wieder ist? Ihr werdet es gleich erfahren...
Rangordnung.
In der gesamten Welt der Drow gibt es kein wichtigeres Wort. Es ist die Visitenkarte ihrer - unserer - Religion, das unaufhörliche Sehnen tiefster Gefühle. Ehrgeiz unterdrückt den Verstand, und das Mitleid wird ihm vor die Füße geworfen. Und das alles im Namen von Lloth, der Spinnenkönigin.
Der Aufstieg zur Macht basiert in der Gesellschaft der Drow auf Mord. Die Spinnenkönigin ist eine Gottheit des Chaos, und sie und ihre Priesterinnen, die wahren Herrscher der Welt der Drow, betrachten ehrgeizige Individuen, die vergiftete Dolche verwenden, nicht mit Missgunst.
Natürlich gibt es Verhaltensregeln. Jede Gesellschaft muss sie aufweisen. Öffentlich einen Mord zu begehen oder einen Krieg anzuzetteln zieht eine Gerichtsverhandlung nach sich, und die Strafen, die im Namen der Gerechtigkeit der Drow verhängt werden, sind gnadenlos. Doch diese Illusion von Ordnung, Kontrolle und der sogenannten „Gerechtigkeit" dient nur einem Zweck – das Chaos, das die meisten Drowherzen beherrscht, zu verbergen. Einem Rivalen im Tumult einer größeren Schlacht oder in den lautlosen Schatten einer Gasse einen Dolch in den Rücken zu stoßen wird, solange es keine Zeugen gibt, nicht nur gebilligt, sondern sogar anerkannt. Untersuchungen sind nicht die Stärke der Gerichtsbarkeit der Drow. Niemanden kümmert es genug, um sich Gedanken darüber zu machen.
Rangordnungen sind der Widersinn der Welt meines Volkes, die Begrenzung unserer Macht innerhalb des Strebens nach Macht. Sie werden durch Verrat gewonnen und bewirken Verrat gegen jene, die sie gewinnen. Die Mächtigen unter den Drow verbringen ihre Zeit damit, über ihre Schultern zu sehen, um sich gegen Dolche zu wappnen, die sie in den Rücken treffen könnten.
Ihr Tod kommt üblicherweise von vorn.
Im langen Korridor des alten Gebäudes, im Zentrum von New-London in Mordor, herrschte vollkommene Dunkelheit. Doch für Rai-gy von Ched Nasad war es alles andere als ein lichtloser Ort. Alle Farben des Spektrums wirbelten um ihn her, als seine rot leuchtenden, hitzeempfindlichen Augen jede Einzelheit der Umgebung so deutlich wie im hellen Tageslicht wahrnahmen. Sogar besser, als im Tageslicht, denn, nach einem jahrhundertelangen Leben tief unter der Erde, benutzte Rai-gy das Licht nur beim Lesen. Kaum ein Drow konnte sich verzauberte, hitzeausstrahlende Tinte leisten.
Rai-gy war ein Drow. Ein Dunkelelf, mit kurzen schlohweißen Haaren, ebenholzfarbener Haut, Ohren, die in langen Spitzen ausliefen und leuchtend roten mandelförmigen Augen, die im Licht jedoch ein unschuldiges Hellblau annahmen und damit die Worte „Augen sind der Spiegel der Seele" extrem ins Gegenteil umkehrten. Denn Rai-gy war ein Priester von Lloth, der Spinnenkönigin.
Er blieb stehen und wartete. Eigentlich sollte er zu seinem Anführer eilen und ihm vom Fortschreiten des Plans berichten. Aber Rai-gy hat dem Plan einige Aspekte hinzugefügt, von denen Jarlaxle besser nichts wissen sollte.
Tatsächlich tauchte nach wenigen Sekunden des Wartens ein weiterer Dunkelelf hinter der Biegung des Korridors auf. Als er an Rai-gy vorbeiging, nickte er kurz.
Rai-gy grinste zufrieden. Kimmuriel hatte die ihm zugeteilte Aufgabe also erledigt – nicht, dass es einen Grund gab, daran zu zweifeln. Kimmuriels Nicken hatte eine große Aussagekraft besessen.
Erstens bedeutete es, dass der Mord an dem Todesser erfolgreich durchgeführt worden war.
Zweitens bedeutete es, dass der Meuchelmörder sich nicht mehr im Hauptquartier befand, aber Kimmuriel weiterhin aufmerksam seine Schritte beobachten würde, denn dieser Mensch war ihnen oft genug in die Quere gekommen und Rai-gy würde nicht noch einmal den Fehler begehen, ihn wegen seiner Rasse zu unterschätzen.
Drittens hieß es, dass Kimmuriel es gelungen war, jemanden durch einen Traum den Mord mit ansehen zu lassen. Kimmuriel war Psioniker, ein Gedankenleser, der Gedanken ebenso leicht hörte, als wären sie ausgesprochen worden. Seine Magie wurde durch die Kraft seines Geistes bewirkt, anstatt durch Zauberkräfte. So war es ihm ein Leichtes gewesen, die Schutzzauber von Hogwarts zu überwinden und die Geschehnisse in Malfoy Manor in den Kopf eines der Schüler zu übertragen. Dadurch war die Tat wahrlich nicht mehr perfekt, und da der Meuchelmörder sich noch in Mordor aufhielt, würde die Möglichkeit bestehen, dass dieser mit dem Zaubereiministerium Ärger bekam. Und da Zauberer auch Wahrsagerei betrieben, würde niemand es Rai-gy und Kimmuriel nachweisen können, sie hätten den Menschen verraten.
Andererseits könnte das Nicken aber auch eine höfliche, wenn auch knappe, Begrüßung sein.
Er musste sicher gehen.
Rai-gy machte auf dem Absatz kehrt – und stieß beinahe mit dem Gedankenleser zusammen. Seine Selbstbeherrschung reichte gerade noch, um einen wütenden Ausruf zu unterdrücken. Die Unterhaltung musste geräuschlos verlaufen. Als er seine Hände hob, um die im Unterreich verbreitete komplexe Zeichensprache zu benutzen, schwang der Ärger nur zu deutlich in seinen Gesten mit.
Hör auf so herumzuschleichen! Irgendwann verhexe ich dich noch!
Kimmuriel grinste nur, während seine Hände die Worte „Sicherlich wird dies nur aus Versehen geschehen" formten. Ich hatte mir einen kleinen Spaß erlaubt, fuhr er fort.
Rai-gys Miene wurde noch finsterer. Welchen?
Schlechte Laune, was? Zu schade...
Um die Bedeutung Rai-gys bösen Blickes zu erkennen, brauchte Kimmuriel nicht erst die Gedanken seines Kameraden zu lesen. Keine Probleme, versicherte er. Der Mensch ist gerade auf dem Weg zur Zaubererschule. In diesem Land, fügte er hinzu, als er Rai-gys Verwirrung spürte. Es gibt auch auf der Oberfläche Zaubererschulen, weißt du?
Was in Lloths Namen will er dort?
Ich konnte nicht in seine Gedanken sehen, gab Kimmuriel zu – für ihn ein weiterer Grund, den Sterblichen zu hassen.
„Ääätsch", flüsterte Rai-gy verhalten.
Immerhin wurde ich nicht von einem Drachen abgefackelt, wie es bei dir der Fall war. Kimmuriel Oblodra ließ eine abfällige Bemerkung nie auf sich ruhen.
Als Antwort ballte Rai-gy seine Rechte zur Faust, streckte sie, mit der Handfläche nach oben, aus und machte den Mittelfinger gerade – eine Geste, die üblicherweise „Leck mich" bedeutete, auch außerhalb des Unterreiches weit verbreitet und als „Stinkefinger" bekannt war.
Kimmuriel hatte nichts anderes erwartet und fuhr unbeirrt mit seinem Bericht fort. Ich habe das Geschehen, als Traum getarnt, einem der Schüler übermittelt. Der Witz bei der Sache ist, dass der Schüler ein Feenwesen ist!
Zwei Elfen mit einem Streich. Die Welt ist gerecht, dachte Rai-gy, während seine Finger dieses im Unterreich weit verbreitetes Sprichwort wiedergaben.
Der Sterbliche bekommt Schwierigkeiten, und es wird einen Elfen weniger geben. Und Jarlaxle wird vielleicht seine Entscheidung, ihn wieder einzustellen, überdenken. Mit jeder Geste wurde das böse drowtypische Lächeln, das Kimmuriel im Gesicht trug (und das ihm außerordentlich gut stand) immer mehr einem Grinsen ähnlich. Übrigens, Jarlaxle erwartet dich.
Ich weiß. Ich erwarte dich ebenfalls, heute Abend.
Heute Abend, bestätigten Kimmuriels Finger. Er trat einen Schritt näher, bis sich ihre Gesichter fast berührten. Sicher könnte ich dich jetzt küssen, Rai. Er lächelte wieder dieses bezaubernde, leicht dämonische Lächeln. Ich könnte auch andere... Dinge... mit dir tun. Beim Ausführen dieser Geste streifte seine Hand, wie zufällig, Rai-gy's Gesicht, dass es den Magier heiß und kalt überlief. Aber dummerweise sind wir uns heute nicht begegnet, stimmts?
„Mistkerl", flüsterte Rai-gy, als Kimmuriel sich umdrehte und den Gang zurück lief. Er konnte dessen triumphierenden Gesichtsausdruck zwar nicht sehen, wusste aber todsicher, dass es stimmte.
Kimmuriel ist manchmal ein echter Dreckskerl, dachte Rai-gy. Und ein heißer Dreckskerl obendrein, was es nicht gerade einfacher macht, ihm zu widerstehen. Widerstehen? Ist 'ne ganze Weile her, dass ich es aufgegeben habe... wette, er hört gerade jetzt zu und lacht sich ins Fäustchen... Arschloch.
Aber er hatte keine Zeit, über diesen sentimentalen Unsinn nachzudenken. Lieber dachte Rai-gy darüber nach, wie sein Bericht gegenüber Jarlaxle, dem Anführer der über zweitausendköpfigen Drow-Bande, zu der er und Kimmuriel gehörten, ausfallen würde.
Jarlaxle musste nicht alles wissen. Erst recht nicht über die unbedeutenden kleinen Änderungen, die Kimmuriel und er vorgenommen hatten.
A/N: So, es geht bald weiter... hoffe ich...
Und falls ihr von diesen beiden schrecklichen, seelenlosen Kreaturen nicht angetan seid... tja, sie sind eben böse!
Verbesserungsvorschläge etc. sind sehr willkommen.
