Drittes Kapitel ~ Die Häuser der Heilung
Oh - dieser unsägliche Schmerz ...
Lodernde Flammen versengen mich ... bei lebendigem Leibe verbrenne ich ... mein Herz aber ist erstarrt, ein gefrorener Klumpen toter Hoffnung inmitten der tosenden Feuersbrunst, eisig mein Blut.
Glühende Bänder aus flüssigem Metall fesseln mich unbarmherzig an eine unsichtbare Folterstätte. Keinen Finger vermag ich zu bewegen, nicht einmal Tränen lindern die Qual. Unter meinen verbrannten Augenlidern quellen sie hervor, um im selben Moment zu verdampfen in der ungeheuren Glut, die auf mir brandet.
Ein schwaches Echo aus einer andren Welt ... kaum hörbar ... ÉOWYN ... ÉOWYN ... - Wer ruft da meinen Namen?
ÉOWYN ... ÉOMUNDS TOCHTER! - Aragorn, bist du das?
Da - eine unendlich zarte Berührung ... Balsam netzt meine heiße Stirn, kühl und träge fließt er an mir herab ... sanfte Wellen umspülen meinen gemarterten Körper, leise murmelnde Schwingen tragen mich hinfort, weit hinaus aufs Wasser ...
Erstaunt öffne ich die Augen - und blicke hinauf in einen endlosen Himmel. Wie rein die Luft hier draußen ist, wie klar das tiefe Blau des Firmaments ... wie schön das Leben ...
Und meine Hand erhebt sich, und ich betrachte sie mit verwunderten Augen, als hätt ich sie noch nie gesehen. Sie ist wie die eines Kindes, völlig unversehrt, weich und fest zugleich. Ich verspüre das Pulsen warmen Blutes, sehe seinen rötlichen Schimmer unter der durchscheinenden Haut. Dieses feinste Geflecht zartester Adern, diese zerbrechlichen Knöchelchen, zusammengehalten von starken Sehnen und geschmeidigen Muskeln! Und doch ist es der Geist, der den Befehl erteilt, der Geist, der entscheidet, was diese Hand tut, der Geist, durch den ... - durch den sie Schrecken und Verderben brachte! ... Blut ... Tod ... - WELCH SINNLOSE VERGEUDUNG! Leben sollte diese Hand spenden, Trost gewähren, Liebe schenken!
ARAGORN ...
Hoffnungsvoll gleite ich durch die schimmernden Fluten zurück ans Ufer. Und dort wartet schon Éomer; er streckt mir seine Hand entgegen, zieht mich heraus, hält mich fest.
Suchend blicke ich umher.
GELIEBTER, WO BIST DU?
~ ~ ~ ~
Aragorns verhaltene und dabei doch so eindeutige Äußerungen über mich haben meinen Bruder schwer getroffen in seinem Stolz. Seine Schwester nur zweite Wahl - das demütigt auch ihn. Es fällt ihm nicht leicht, aber er betrachtet es als seine brüderliche Pflicht, mir zu hinterbringen, was er erfahren hat.
KÖNIG VON GONDOR IST ER, UND SEINE KÖNIGIN HAT ER BEREITS ERWÄHLT.
Zumindest achtet er mich soweit, dass er nicht auch noch versucht, die Wahrheit zu beschönigen. Er denkt, ich sei hart im Nehmen.
NIE WIRD ER DICH LIEBEN, ÉOWYN. SEIN HERZ GEHÖRT DER ANDEREN.
Er sagt es nicht, aber er befürchtet, dass mein ungebührliches Betragen die Ehre des Hauses Eorls noch mehr beschmutzen könnte, als dies durch mein unverhohlenes Verlangen nach diesem Mann bereits geschehen ist.
VERGISS IHN, SCHWESTER. WER BIST DU, DASS DU EINEM MANNE NACHLAUFEN MÜSSTEST.
Tränen verschleiern mir den Blick, verkrampfen mir die Kehle.
Ich will dir sagen, wer ich bin: Nur eine liebende Frau ... ein törichtes Weib ...
Das Mitgefühl in meines Bruders Augen beleidigt mich. Wie soll er mit mir fühlen können, er, der seine Freiheit hat, seine Männer, seine Kampfeslieder? Er, der seinen Mut in jeder Schlacht beweisen kann, in die er gewillt zu ziehen ist? Er, der sich jede Frau Rohans nehmen kann, ob zum Weibe oder zum bloßen Vergnügen, ohne Anstoß zu erregen? Mitgefühl ... ha! - nichts anderes als herablassende Verachtung unter dem fleckigen Deckmantel geheuchelter Anteilnahme. Es stößt mich gnadenlos zurück auf den Platz einer Frau, der das Leben keine Wahlmöglichkeit lässt.
Er aber zieht in die nächste Schlacht. Zusammen mit Aragorn. Mit einem Mann, der bei seiner Schwester gelegen hat, obwohl er einer anderen versprochen ist. Der gemeinsame Kampf gegen den Feind verbindet sie, überbrückt alles Trennende, erneuert verloren gegangene Ehre, heilt verletzten Stolz. Vereint sie zu Brüdern, zu Kampfgefährten, im Leben und im Tod.
Ich aber bleibe zurück. Wieder einmal.
~ ~ ~ ~
Doch da ist plötzlich einer, dem all das gleich scheint. Bedeutet es ihm wirklich nichts, wo ich herkomme, was ich tat? Will er nicht sehen, oder ist er blind?
Gar seltsam mutet es mich an. Kein Mitleid - nur Liebe leuchtet mir aus diesen Augen entgegen, rein und unschuldig, kraftvoll und unverbraucht. Wie ein strahlendes Banner trägt er all seine Hoffnung vor sich her, duldet kein Bangen, kein Zweifeln. Wenn er erscheint, geht die Sonne auf in allen Herzen. Nur in meinem nicht, denn meine Seele ist verdunkelt und mein Gemüt beschwert, und an den einen lichten Moment, da ich, an der Schwelle zwischen Sein und Tod, in jäher Erkenntnis des warmen Lebens gewahr wurde, will ich nicht mehr denken. Müde bin ich, todmüde.
Und doch vermag ich der Welt nicht gänzlich zu entsagen; das behutsame Werben dieses schlichten Mannes rührt mich, ein klein wenig nur ...
Und so klammere ich mich an ihn, den liebenswerten Faramir, gleich einer Ertrinkenden auf hoher See. Und er hält mich wie einer, der lieber mit mir untergeht als mich loszulassen. Während rings um uns die Welt in atemlosem Erschrecken erstarrt, auf dass ihr Schicksal in einem einzigen, endlosen Herzschlag entschieden wird, da treffen sich unsere Hände und vereinen sich zu einem lautlosen Gedanken, der das Werden und Vergehen aller Zeitalter und allen Geschehens dieser Erde umfasst.
Und dann braust ein mächtiger Adler über uns hinweg und bringt eine Botschaft jenseits kühnster Erwartungen, und ganz Mittelerde erhebt sich und jubelt in närrischster Freude. Und Éomer ruft mich, feiern soll ich mit ihm in Cormallen hinter Cair Andros.
Ich kann nicht.
Denn während um mich die Menschen in trunkenem Glückstaumel tanzen und singen, während die Tage in hellstem Sonnenlicht erstrahlen, und die Nächte von glitzernden Sternen am samtenen Himmel erleuchtet werden, hat sich erneut bitterster Kummer über mich gesenkt.
KEIN WORT VON ARAGORN ...
~ ~ ~ ~
Fortsetzung folgt ... Dank euch allen für die reviews - und schreibt mir bitte auch weiterhin eure ehrliche Meinung
Oh - dieser unsägliche Schmerz ...
Lodernde Flammen versengen mich ... bei lebendigem Leibe verbrenne ich ... mein Herz aber ist erstarrt, ein gefrorener Klumpen toter Hoffnung inmitten der tosenden Feuersbrunst, eisig mein Blut.
Glühende Bänder aus flüssigem Metall fesseln mich unbarmherzig an eine unsichtbare Folterstätte. Keinen Finger vermag ich zu bewegen, nicht einmal Tränen lindern die Qual. Unter meinen verbrannten Augenlidern quellen sie hervor, um im selben Moment zu verdampfen in der ungeheuren Glut, die auf mir brandet.
Ein schwaches Echo aus einer andren Welt ... kaum hörbar ... ÉOWYN ... ÉOWYN ... - Wer ruft da meinen Namen?
ÉOWYN ... ÉOMUNDS TOCHTER! - Aragorn, bist du das?
Da - eine unendlich zarte Berührung ... Balsam netzt meine heiße Stirn, kühl und träge fließt er an mir herab ... sanfte Wellen umspülen meinen gemarterten Körper, leise murmelnde Schwingen tragen mich hinfort, weit hinaus aufs Wasser ...
Erstaunt öffne ich die Augen - und blicke hinauf in einen endlosen Himmel. Wie rein die Luft hier draußen ist, wie klar das tiefe Blau des Firmaments ... wie schön das Leben ...
Und meine Hand erhebt sich, und ich betrachte sie mit verwunderten Augen, als hätt ich sie noch nie gesehen. Sie ist wie die eines Kindes, völlig unversehrt, weich und fest zugleich. Ich verspüre das Pulsen warmen Blutes, sehe seinen rötlichen Schimmer unter der durchscheinenden Haut. Dieses feinste Geflecht zartester Adern, diese zerbrechlichen Knöchelchen, zusammengehalten von starken Sehnen und geschmeidigen Muskeln! Und doch ist es der Geist, der den Befehl erteilt, der Geist, der entscheidet, was diese Hand tut, der Geist, durch den ... - durch den sie Schrecken und Verderben brachte! ... Blut ... Tod ... - WELCH SINNLOSE VERGEUDUNG! Leben sollte diese Hand spenden, Trost gewähren, Liebe schenken!
ARAGORN ...
Hoffnungsvoll gleite ich durch die schimmernden Fluten zurück ans Ufer. Und dort wartet schon Éomer; er streckt mir seine Hand entgegen, zieht mich heraus, hält mich fest.
Suchend blicke ich umher.
GELIEBTER, WO BIST DU?
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Aragorns verhaltene und dabei doch so eindeutige Äußerungen über mich haben meinen Bruder schwer getroffen in seinem Stolz. Seine Schwester nur zweite Wahl - das demütigt auch ihn. Es fällt ihm nicht leicht, aber er betrachtet es als seine brüderliche Pflicht, mir zu hinterbringen, was er erfahren hat.
KÖNIG VON GONDOR IST ER, UND SEINE KÖNIGIN HAT ER BEREITS ERWÄHLT.
Zumindest achtet er mich soweit, dass er nicht auch noch versucht, die Wahrheit zu beschönigen. Er denkt, ich sei hart im Nehmen.
NIE WIRD ER DICH LIEBEN, ÉOWYN. SEIN HERZ GEHÖRT DER ANDEREN.
Er sagt es nicht, aber er befürchtet, dass mein ungebührliches Betragen die Ehre des Hauses Eorls noch mehr beschmutzen könnte, als dies durch mein unverhohlenes Verlangen nach diesem Mann bereits geschehen ist.
VERGISS IHN, SCHWESTER. WER BIST DU, DASS DU EINEM MANNE NACHLAUFEN MÜSSTEST.
Tränen verschleiern mir den Blick, verkrampfen mir die Kehle.
Ich will dir sagen, wer ich bin: Nur eine liebende Frau ... ein törichtes Weib ...
Das Mitgefühl in meines Bruders Augen beleidigt mich. Wie soll er mit mir fühlen können, er, der seine Freiheit hat, seine Männer, seine Kampfeslieder? Er, der seinen Mut in jeder Schlacht beweisen kann, in die er gewillt zu ziehen ist? Er, der sich jede Frau Rohans nehmen kann, ob zum Weibe oder zum bloßen Vergnügen, ohne Anstoß zu erregen? Mitgefühl ... ha! - nichts anderes als herablassende Verachtung unter dem fleckigen Deckmantel geheuchelter Anteilnahme. Es stößt mich gnadenlos zurück auf den Platz einer Frau, der das Leben keine Wahlmöglichkeit lässt.
Er aber zieht in die nächste Schlacht. Zusammen mit Aragorn. Mit einem Mann, der bei seiner Schwester gelegen hat, obwohl er einer anderen versprochen ist. Der gemeinsame Kampf gegen den Feind verbindet sie, überbrückt alles Trennende, erneuert verloren gegangene Ehre, heilt verletzten Stolz. Vereint sie zu Brüdern, zu Kampfgefährten, im Leben und im Tod.
Ich aber bleibe zurück. Wieder einmal.
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Doch da ist plötzlich einer, dem all das gleich scheint. Bedeutet es ihm wirklich nichts, wo ich herkomme, was ich tat? Will er nicht sehen, oder ist er blind?
Gar seltsam mutet es mich an. Kein Mitleid - nur Liebe leuchtet mir aus diesen Augen entgegen, rein und unschuldig, kraftvoll und unverbraucht. Wie ein strahlendes Banner trägt er all seine Hoffnung vor sich her, duldet kein Bangen, kein Zweifeln. Wenn er erscheint, geht die Sonne auf in allen Herzen. Nur in meinem nicht, denn meine Seele ist verdunkelt und mein Gemüt beschwert, und an den einen lichten Moment, da ich, an der Schwelle zwischen Sein und Tod, in jäher Erkenntnis des warmen Lebens gewahr wurde, will ich nicht mehr denken. Müde bin ich, todmüde.
Und doch vermag ich der Welt nicht gänzlich zu entsagen; das behutsame Werben dieses schlichten Mannes rührt mich, ein klein wenig nur ...
Und so klammere ich mich an ihn, den liebenswerten Faramir, gleich einer Ertrinkenden auf hoher See. Und er hält mich wie einer, der lieber mit mir untergeht als mich loszulassen. Während rings um uns die Welt in atemlosem Erschrecken erstarrt, auf dass ihr Schicksal in einem einzigen, endlosen Herzschlag entschieden wird, da treffen sich unsere Hände und vereinen sich zu einem lautlosen Gedanken, der das Werden und Vergehen aller Zeitalter und allen Geschehens dieser Erde umfasst.
Und dann braust ein mächtiger Adler über uns hinweg und bringt eine Botschaft jenseits kühnster Erwartungen, und ganz Mittelerde erhebt sich und jubelt in närrischster Freude. Und Éomer ruft mich, feiern soll ich mit ihm in Cormallen hinter Cair Andros.
Ich kann nicht.
Denn während um mich die Menschen in trunkenem Glückstaumel tanzen und singen, während die Tage in hellstem Sonnenlicht erstrahlen, und die Nächte von glitzernden Sternen am samtenen Himmel erleuchtet werden, hat sich erneut bitterster Kummer über mich gesenkt.
KEIN WORT VON ARAGORN ...
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Fortsetzung folgt ... Dank euch allen für die reviews - und schreibt mir bitte auch weiterhin eure ehrliche Meinung
