Anmerkung von Lessien Taralom:

Nein, liebe Leserinnen und Leser, keine Sorge – es gibt keine Fortsetzung der Geschichte. Sie hat ihr Ende am Schluss des 6. Kapitels mit Faramirs Weggehen, und es bleibt unser aller Fantasie überlassen, wie es danach wohl weitergehen könnte.

Aber eine der leidenschaftlichsten Kritikerinnen meines „Werkes" – euch bekannt als elektra121 – wollte sich mit Faramirs Rolle nicht abfinden und hat sich ihre eigenen Gedanken über ihn gemacht. Elektra121 ist eine so wundervolle Autorin, dass ich gar nicht anders konnte, als ihr hier – im Anschluss an meine Erzählung – eine Plattform für ihre Sichtweise anzubieten. Schön, dass sie das Angebot annahm!

Ich bin nicht verantwortlich für den Inhalt ihres Textes und redigierte ihn auch nicht. Weder teile ich ihre Meinung noch lehne ich sie ab. Es freut mich nur unendlich, dass meine Geschichte eine andere Autorin so sehr berührt und inspiriert hat.

Und deshalb bin ich überaus stolz darauf, euch nachfolgend die Darstellung von elektra121 präsentieren zu können!

Viel Freude beim Lesen wünscht euch eure Lessien Taralom.





Disclaimer:
Die Figuren und Orte der Geschichte gehören (wie jeder weiß) Herrn Tolkien bzw. seinen Erben.
Der Plot dieser Fanfic gehört Lessien.
Das hier ist nur eine Art Auslegung von mir.
Ich fand nämlich, dass Faramir in den letzten beiden Kapiteln zu blass und zu einseitig gezeigt wurde. (Nun ist das an sich sehr verständlich; Eowyn muss schließlich sehen, wie sie ihr -zweifelsohne existentes!- schlechtes Gewissen bekämpft. Und was läge näher, als Faramir den Schwarzen Peter zuzuschieben und ihn so schlecht wie möglich aussehen zu lassen?) Aber weil ich ihn als Charakter derart mag, juckte es mir in den Fingern, die letzten beiden Kapitel aus seiner Sicht zu zeigen.
Ich glaube (und hoffe, Lessien sieht das auch so), das Ergebnis ist recht interessant geworden.
Eine objektive Wahrheit gibt es nicht. Wahr ist nur das, was wir für uns als wahr begreifen. Daher differieren die zwei Erzählungen zum Teil.

Außerdem bitte ich, zu entschuldigen, dass sich meine beiden Kapitel nicht "nahtlos" aneinander fügen und sich teilweise sogar widersprechen. Ich hatte das erste schon geschrieben, bevor Lessiens Schluss erschien. Daraus erklären sich ein paar der Widersprüche.
Den Rest müsst ihr mangelndem Talent und Fleiß meinerseits anlasten... ^_^° Irgendwann hatte ich einfach keine Lust mehr, noch weiter daran rumzumurksen...


So; und nach dieser langen Vorrede gibt's endlich das Kapitel. Viel Spaß beim Lesen!



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("Lügen" Faramir POV)
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Nun also ist es soweit. Der Moment ist da, den ich ersehnt habe:
Eowyn ist meine Frau.
WELCH EIN HOHN!
Eowyn wird nie meine Frau sein, nie mir gehören. Sie gehört nur sich selbst und dem, dem sie sich freiwillig gibt.
Und das bin nicht ich.

Damals, auf der Mauer in den Häusern der Heilung glaubte ich...
Ja, was?
Glaubte ich tatsächlich, jetzt würde alles schön und neu und gut, nur weil der schwarze Schatten von den Ländern gewichen und der König wiedergekehrt war?
Mein Vater hätte mich ausgelacht und einen Dummkopf gescholten ob solch kindischer Gedanken. Und doch, diese Hoffnung schien gar nicht kindisch, damals.
Alles war schön und neu und gut, weil ich Dich liebte, wie ich niemals zuvor jemanden geliebt hatte. Jedermann sollte sehen, wie glücklich ich war; ich wollte es dem Himmel und der Erde und der ganzen Stadt zeigen, und so küsste ich Dich oben auf der Mauer, denn ich glaubte, auch Du würdest mich lieben.
Es fiel so leicht, das zu glauben, denn es gab ja nur uns beide, Dich und mich, damals. Der König war weit fort, und er hatte nichts mit uns zu tun... Er hatte Dir ja nicht einmal eine Botschaft senden lassen...

Nun aber werde ich mich daran gewöhnen müssen, dass Deine Küsse, Deine Seufzer, Deine Umarmungen heute nacht (und alle Nächte danach) nicht für mich gedacht sind, sondern einen anderen meinen. Ich bin nur zufällig gerade an seiner Stelle; ein schlechter Ersatz, den man hinnehmen muss, da das Eigentliche gerade nicht greifbar ist.
Du wirst die Augen schließen und dir vorstellen, ich sei er.
Der Statthalter, der deinen König vertritt.

Bei diesem Gedanken nehme ich schnell einen großen Schluck von dem Bier, das Eomer so freimütig ausschenkt. Die Bitterkeit des Getränks ist freilich nicht dazu angetan, meine eigene Bitternis zu vertreiben.
Warum nur ist es so laut? Warum so hell? Warum sind alle so fröhlich?
Ich wollte es lieber still und finster, um meiner Traurigkeit einen würdigen Rahmen zu geben.
Ich habe nie zu den Leuten gehört, die fröhlich werden, wenn sie trinken.

Jedoch proste ich Eomer tapfer zu und fixiere mein aufgesetztes Lächeln fester.
Ich werde niemanden enttäuschen heute (außer dich, aber dich kann ich nicht enttäuschen, da du nichts von mir erwartest); am allerwenigsten meinen stolzen neuen Schwager, für den dieser Tag heute wohl ein freudiges Ereignis darstellt.
Und so lache ich laut und zeige mich übereifrig im Trinken und im Entgegennehmen von Glückwünschen, denn ich bin ja in aller Augen der überglückliche Bräutigam, der heute am Ziel seiner Wünsche angekommen ist.
Ich will nicht, dass meine Verwandten aus Dol Amroth oder irgendwer sonst sich genötigt sieht, mir vorzuhalten, was für eine unangemessene Entscheidung ich doch getroffen hätte:
'Haben wir es dir nicht gesagt? Diese WILDE AUS DEM NORDEN, eine Schildmaid, ein Mannweib (- denn das sind ihre Namen für dich -), macht dich nur unglücklich. Nordländerinnen wie die kennen keine Treue, denke doch nur einen Augenblick auch an deine Erben!'
Sie verstehen mich nicht, und ich verstehe sie nicht.
Ist es nicht besser, statt einer Frau, die zwar aus guter ortsansässiger Familie stammt, die sittsam ist und wohlerzogen und häuslich  -aber einem selbst vollkommen egal-, die zu heiraten, die man liebt?
AUCH WENN SIE EINEN NICHT ZURÜCKLIEBT?, fragt eine leise Stimme in meinem Kopf.
Ich weiß darauf keine Antwort.

KEIN GEIZKRAGEN BIST DU, EOMER, DAS SCHÖNSTE AUS DEINEM REICH NACH GONDOR ZU VERGEBEN!
Ich verschlucke mich entsetzt am Bier.
Ist der König schon so betrunken? Merkt er nicht, wie beleidigend er ist?
Aber niemand um mich herum zeigt sich befremdet; nichteinmal du(!) scheinst es seltsam zu finden, schenkst ihm zum Dank dafür sogar noch ein Lächeln (ein Lächeln! Eines von dir! Du hattest keines für mich den ganzen Tag.) Eomer scheint den Satz für ein Kompliment zu halten, und ich tue es ihm reflexartig gleich, als er dankbar nickt und dem König zuprostet -denn offenbar soll auch ich damit gemeint sein.
Ich ziehe mein Lächeln so breit, dass es wehtut. Ich werde niemanden enttäuschen heute (außer mich selbst, aber ich kann mich nicht enttäuschen, denn ich ahnte doch, dass es so kommen würde).

WAS TUST DU?
Du bringst ihm einen neuen Becher und bittest, dass er auf dein Wohl trinkt?
Hast du nicht verstanden? Hast du nicht gerade gehört, was du für ihn bist?
DAS SCHÖNSTE AUS EOMERS REICH, eine exotisches Handelsgut, eine teure Ware, nicht mehr.
Eomer und ich haben in seinen Augen ein Geschäft abgeschlossen, und ich bin jetzt der zu beneidende neue Besitzer.
Stört dich das nicht? Liebst du ihn trotzdem so sehr?
Merkst du denn nicht, dass er dich nicht liebt?
Er liebt dein schönes Haar, weil es eine seltene Farbe hat; er liebt dein Aussehen, weil du eine hübsche junge Frau bist; er liebt deinen Mut, weil er ungewöhnlich ist; er liebt deine Jugend, weil es eine Ehre für jeden Mann ist, der erste zu sein, den ein Mädchen liebt; und VOR ALLEM liebt er deine Bewunderung für sich, weil du selbst Großes getan hast.
Aber er liebt nicht dich.

Als ich bemerke, wie sich deine Blicke mit denen des Königs kreuzen, gebe ich vor, ganz an dem Witz interessiert zu sein, den dein Bruder gerade zum besten gibt. Ich will nicht sehen müssen, wie du mit den Augen meine Verzeihung suchst, für das, was du tun wirst... Und wenn du nicht einmal diesen einen Blick für mich übrig hast... dann könnte ich das Wissen darum nicht ertragen. Es ist besser, nicht hinzusehen.

Ich höre, wie der König sich kurz entschuldigt und dann den Raum verlässt.
Und ich weiß, dass du ihm gleich folgen wirst. Du wirst vorgeben, nach irgendwelchen Vorräten zu sehen und zu ihm gehen.
GEH NICHT!, bitte ich dich stumm.
Geh nicht, bleib bei mir!
Wenigstens heute nicht; nicht heute; nicht ausgerechnet an diesem Abend.
Siehst du nicht, wie meine Hand zittert, wenn ich Eomer den leeren Becher zum Nachschenken hinhalte?
Hörst du nicht, dass mein Lachen viel zu laut ist?
Spürst du denn nicht, wie ich dich anflehe, dazubleiben; wenigstens dieses eine Mal?
Freilich nicht,
denn dazu müsstest du mich ja ansehen. Auf meine Stimme hören. Meine Wünsche müssten einen Platz in deinem Herzen haben.
Und jetzt gerade hast du nur Augen, Ohren, und Herz für den anderen, dem du folgst.

Heute. An unserem Hochzeitstag. An dem Tag, den ich herbeisehnte.
Und ich kann nichts tun, als aus lauter Verzweiflung in das glockenreine Lachen der Königin einzustimmen. Sie lacht über Eomers Geschichte, von der ich keine Silbe verstanden habe, denn meine Gedanken sind bei dir.
 
Ihr Blick streift mich kurz, und kaum mehr als höflich interessiert.
Und als ich in ihre Augen schaue, tief tief blaue uralte Augen, sehe ich plötzlich, dass sie darum weiß! Doch ihr Lächeln -weiser als ich mir je eines hätte vorstellen können- ist nicht schwermütig, birgt keinerlei Sorge, keinen Schmerz, nicht einmal einen Funken Mitleid für mich.
Wie ist es möglich, dass sie davon weiß -dass sie weiß, was du und der König tun- ohne verletzt zu sein, ohne traurig zu sein?
Wie kann man SO weit über ALLEM stehen, dass einen NICHT EINMAL MEHR DAS berührt???
Obwohl es in der Halle stickig und warm ist, fröstelt mich; und ihr Lächeln erscheint mir jetzt entsetzlich wie die Schreie der Nazgûl.

Vermutlich sollte auch ich weise sein, und mich endlich damit abfinden, dass ein König sich nimmt, wonach immer es ihn verlangt. Ob es sich um etwas handelt, das einem anderen mehr bedeutet, spielt wohl keine Rolle. Und noch viel weniger, wenn es mit deinem Einverständnis geschieht.
IST DAS SEIN RECHT, nur weil er der König ist und ich nur der Statthalter?
Es ist eigentlich sogar verwunderlich, warum es immer noch so weh tut. Man sollte meinen, ich hätte nach 36 Jahren wahrhaftig genug Übung darin, der Zweite zu sein und immer zurückzustehen.
Vermutlich schmerzt es mehr als üblich, weil ich ein paar glückselige Tage so fest überzeugt war, diese Zeiten wären endgültig vorbei, und nun brächen neue an, in denen MEINE Wünsche, MEINE Hoffnungen und MEINE Freuden zählten -wenn nicht als erste, so doch gleichberechtigt neben denen anderer.

Und nun sitze ich hier, an meinem Hochzeitstag, an dem Tag, den ich herbeisehnte, und der nun für immer eine bittere Erinnerung sein wird.
Ich sollte nicht unglücklich; ich sollte dankbar sein, ich weiß das; denn was immer auch zwischen dem König und dir ist oder sein wird,
du wirst MEINE Frau sein.
Du wirst in MEINEM Haus wohnen,
du wirst an MEINEM Tisch essen, 
du wirst nachts in MEINEM Bett schlafen.
Deine Kinder werden MICH ihren Vater nennen (ob sie damit recht haben oder nicht)
und werden zu MIR kommen mit ihren Sorgen und Freuden.
Ich werde Gelegenheiten haben, dir zu zeigen, dass ich dich liebe;
denn ICH bin dein Mann.

Ich sollte froh sein, ich sollte dankbar sein. Ich sollte glücklich sein.
Verzeih mir, dass ich es nicht kann heute Abend.
Es ist nur...
Es ist nur, dass ich ein paar Tage so sehr gehofft -so fest geglaubt- habe, mein Glück könnte vollkommen sein.

Verzeih mir.




Würde mich sehr über reviews freuen! ^_^