A/N: So, das heiß ersehnte zweite Kapitel. Wenn es in dem Tempo weitergeht, ist die Geschichte in einem Jahr fertig. Spaß beiseite.

Vielen Dank für Euer nettes Feedback, freut mich natürlich immer sehr, wenn es noch jemandem außer mir (und meiner Freundin - Gruß in diese Richtung) gefällt.

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Kapitel 2: Erwachen

"Guten Morgen!" Mit einer geradezu widerlichen Fröhlichkeit und einem Grinsen vom einen Ohr zum anderen riß Fred die Vorhänge am Bett seines Zwillingsbruders zur Seite, der mitsamt seinen Kleidern vom Vorabend zwischen den zerwühlten Decken lag.

"Laß mich schlafen!" murmelte George unverständlich. Er vergrub das Gesicht in seinem Kissen.

"Du mußt aufstehen." Fred versuchte ihm die Bettdecke wegzuziehen, doch George hielt sie eisern fest. Noch nie hatte er größere Lust verspürt, seinen Bruder zu schlagen, doch ihm war schlecht und er fürchtete, daß jede hektische Bewegung ihm den Rest geben würde.

"Wie spät ist es?"

"Frühstückszeit!" Auch Lee klang, als wäre er extrem gut gelaunt.

Beim Gedanken an Essen wurde George noch mehr übel.

"Geht ohne mich." Er drehte sich um, stöhnte und grub sich noch tiefer ein. Nicht nur sein Magen schien Probleme zu haben, er hatte auch noch Kopfschmerzen und ihm wurde langsam schwindelig. "Kann sowieso nichts essen. Mein Kopf tut weh." Das hing zwar keine Begründung für die Appetitlosigkeit, hing aber durchaus zusammen.

"Wie Du meinst. Komm, Lee." Die beiden verschwanden.

George fühlte sich schlecht. Er konnte sich nicht erinnern, sich schon je in seinem Leben so schlecht gefühlt zu haben. Er zog das Kissen über seinen Kopf und versuchte, wieder einzuschlafen. Er war zwar nicht unbedingt müde, aber wenn es nur half, daß sich nicht mehr alles in ihm drehte.

Eine Weile wälzte er sich noch unruhig hin und her, bis er schließlich wieder in einen tiefen Schlaf fiel.

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Alicia erwachte, als es langsam hell wurde. Gähnend streckte sie sich und wunderte sich, wieso sie so steif war. Dann kam ihr die Erinnerung an die vergangene Nacht und die unbequeme Wand in den Sinn.

"Morgen. Gut geschlafen?" begrüßte sie Katie, die ebenfalls gerade aufgestanden war.

"Mmh." murmelte Alicia. Sie hätte noch etwas Ruhe vertragen können, aber die Aussicht auf Frühstück war verlockend.

"Was habt Ihr eigentlich heute nacht gemacht? Ihr seid ziemlich spät hochgekommen." fragte Katie.

"Lange Geschichte." Während sie sich anzog, erzählte sie, was passiert war.

Katie kicherte. "Armer George."

"Wieso armer George? Er wird schon wissen, was er tut. Wenn er sich unbedingt betrinken muß, bitte. Nicht daß ich das gutheißen würde, aber es scheint ja wohl seine Sache zu sein. Er wollte mir den Grund jedenfalls nicht sagen."

"Da kann man auch ganz gut von selbst draufkommen, wenn man nicht blind ist." Katie lächelte verschwörerisch.

"Katie, was weißt Du, was ich nicht weiß?"

"Nichts nichts."

"Katrina Johanna Bell, was weißt Du?" Alicia ging drohend einen Schritt auf ihre Freundin zu, deren Lächeln noch breiter wurde.

"Wie sie schon sagte, nichts, worauf man nicht selbst kommen könnte." Auch Angelina war mittlerweile wach geworden. Sie hatte die Vorhänge ihres Bettes zur Seite gezogen, stützte sich auf ihre Ellenbogen und lächelte ebenfalls wissend.

"Übrigens, die Frage von gestern steht noch, Licia. Was habt Ihr zwei so lange in der Halle gemacht?" Sie sah Alicia neugierig an.

"Nichts. Wir sind einfach nur rumgesessen."

"Einfach nur rumgesessen," wiederholte Katie.

"Ja, einfach nur rumgesessen." echote Alicia ärgerlich. "Ich wollte George wieder zurückbringen, aber er wollte nicht. Was hätte ich denn machen sollen? Ihn gegen seinen Willen mitzerren?"

Verdammt, warum wurde sie schon wieder rot? Es stimmte doch, sie hatten nichts getan, sie waren, nun ja, einfach nur rumgesessen.

Bis auf das kleine Detail, daß sie sich eine Zeitlang, eine schöne Zeit lang, an den Händen gehalten hatten.

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Die Große Halle war in der Nacht aufgeräumt worden, die üblichen langen Tische hatten die vielen runden wieder ersetzt und ein Teil der weihnachtlichen Dekoration vom Vorabend war verschwunden. Der Gryffindor-Tisch war nur halb besetzt. Von den ersten bis dritten Klassen waren nur wenige über die Weihnachtsferien in Hogwarts geblieben, und ein paar der älteren Schüler hatten es wohl ebenfalls vorgezogen, heute das Frühstück ausfallen zu lassen.

Ein schläfriger Harry saß zwischen Ron und Hermine, die wie immer einen kleinen Stapel Bücher vor sich aufgebaut hatte, der jedoch jetzt in den Ferien etwas kleiner war als sonst. Ginny sah aus als würde ihr Kopf gleich in ihre Müslischüssel fallen, Alicia zweifelte, daß sie nach dem Ball sofort ins Bett gegangen war. Wahrscheinlich hatten sie und ihre Freundinnen in ihrem Schlafsaal noch die halbe Nacht die Ereignisse diskutiert.

Lavender und Parvati taten das noch immer, sie zogen ihre übliche Kicher-Show ab.

"Wo ist denn George?" stichelte Angelina, als sie sich neben Fred setzte.

"Hatte keinen Hunger." erwiderte der mit vollem Mund. "Kein Wunder in seinem Zustand."

Sofort schaltete sich Ron ein. "Zustand? Ist er krank?"

"So ungefähr."

"Er hat einen Kater."

"Lee!" Fred boxte ihm leicht gegen die Schulter. "Willst Du vielleicht, daß es gleich die ganze Schule weiß?!"

Lee hatte nicht besonders laut gesprochen, trotzdem hatte es der halbe Tisch mitbekommen. Ginny war mit einem Schlag hellwach und setzte ein besorgtes Gesicht auf. Lavender kicherte noch lauter, Ron begann zu grinsen, und Hermine war schlicht geschockt.

"Aber...Aber, Schüler dürfen keinen Alkohol trinken! Außerdem ist er noch minderjährig!"

"Hermine, es ist ja nicht so, daß er sich jeden Tag betrinkt." warf Ron ein.

"Das eine Mal ist schlimm genug."

Ron beließ es ausnahmsweise dabei und erwiderte nichts.

"Laßt George doch in Ruhe." piepste Ginny, doch keiner hörte auf sie und alle redeten weiterhin wild durcheinander.

"Licia, was ist los mit Dir?" Katie stupste sie sanft an, und Alicia sah von ihrem Toast auf. Die Diskussion um George und seinen Absacker nervte sie. Davon abgesehen grübelte sie die ganze Zeit darüber nach, was der Grund für sein Tun gewesen war. Sie machte sich wirklich Sorgen um ihn. Er war schließlich ihr Freund.

Es war normal, wenn sie sich Sorgen machte, richtig?

Vielleicht sollte sie noch einmal zu ihm gehen und ihn fragen was los war. Oder bei näherer Betrachtung lieber doch nicht. Schließlich hatte er ihr gestern schon nichts verraten wollen.

"Fred, daß Du mir nicht auch mit sowas anfängst." Angelina drohte ihm lächelnd mit dem Zeigefinger.

"Angel, ich tu doch nichts, was Dir nicht gefallen würde." entgegnete Fred mit einem leichten Funkeln in den Augen. Er legte seine Hand auf Angelinas.

Aus irgendeinen Grund gab Alicia diese Geste den Rest.

"Oh bitte, hört endlich auf! Ihr wißt doch absolut gar nichts!" schnappte sie plötzlich laut, stand auf und ließ die anderen sprachlos zurück.

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Um die Mittagszeit wachte George zum zweiten Mal auf. Vorsichtig wälzte er sich vom Bauch auf den Rücken und öffnete die Augen. So weit, so gut, er fühlte sich schon merklich besser. Zwar hatte er immer noch leichte Kopfschmerzen, doch ihm war nicht mehr ganz so schlecht und die Welt um ihn herum hatte aufgehört sich zu drehen. Er hatte furchtbaren Durst. Nach einem letzten Seufzer stand er vorsichtig auf, um festzustellen, daß er sich besser doch noch etwas am Bettpfosten festhalten sollte.

Mit geschlossenen Augen erinnerte er sich an die vergangene Nacht. Was hatte er da nur getan!

Er war mit Erica Carpenter zum Ball gegangen, einer Ersatz-Jägerin der Ravenclaw-Quidditch-Mannschaft. Eine Weile ging das gut, sie tanzten miteinander, sie amüsierten sich. Aber dann kam Alicia, gemeinsam mit diesem Hufflepuff, Peter Jeffreys. Sie sah einfach umwerfend aus in ihrem nachtblauen Festumhang, über den ihre langen schwarzen Haare in sanften Wellen fielen. In diesem Moment wünschte er sich nichts mehr als mit Peter zu tauschen. Sicher, Erica war nett, und ebenfalls sehr hübsch, doch im Vergleich mit Alicia schien sie im Hintergrund zu verblassen.

Er zwang sich, sich abzuwenden und verließ Erica kurz, um Getränke zu holen und den Kopf freizubekommen.

Als er zurückkam, hatte Erica sich von einem der Beauxbatons-Schüler in ein Gespräch verwickeln lassen, und George kam sich bald wie das fünfte Rad am Wagen vor. Er war nur zu erleichtert, als Fred ihn von dort wegzog, um mit Ludo Bagman zu sprechen. Doch der schüttelte sie wie immer gleich wieder ab, und Fred ging zurück zu Angelina.

Eine Weile setzte er sich zu Percy, der (ebenfalls wie immer) ihn mit Erzählungen und Schwärmereien von Mr. Crouch nervte. Bald jedoch fand dieser seine Freundin Penelope wieder, rauschte mit ihr in Richtung Tanzfläche und ließ George alleine zurück.

Alleine. So kam er sich vor. So war er sich schon den ganzen Abend vorgekommen.

Am liebsten wäre er gegangen, aber aus irgendeinem Grunde blieb er da und betrieb weiter Selbstzerstörung. Er beobachtete Alicia und Peter, Penelope und Percy, Angelina und Fred. Die ganze Welt schien nur noch aus glücklichen Pärchen zu bestehen.

Wie er an die Flasche vom Lehrertisch gekommen war, wußte er nicht mehr so genau. Der Ball neigte sich bereits dem Ende zu, und er hatte sie plötzlich in der Hand. Auch die Erinnerung an die Ereignisse danach war verschwommen. Irgendwie schaffte er es, daß keiner merkte, daß er noch in der Halle war. Eine Zeitlang lehnte er einfach nur an der Wand, trank weiter und sah sich die Sterne an.

Vielleicht war er auch zwischendurch einmal eingeschlafen, wahrscheinlich sogar. Fred hatte irgendetwas von "einer Stunde weg" gesagt, als er ihn ins Bett brachte.

Alicia.

Alicia hatte ihn gefunden. Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, daß sie ihn in diesem Zustand gesehen hatte.

Und trotzdem war es so wunderschön, mit ihr dort zu sitzen. Auch wenn er nicht viel davon behalten hatte, er erinnerte sich, wie er ihre Hand genommen hatte, als sie aufstehen wollte. Wie er diese Hand nicht losgelassen hatte. Wie ihre Schulter die seine leicht berührt hatte. Es war ein seltsames Gefühl. Irgendwie warm und angenehm.

Dennoch, er wußte nicht genau, wie er diese Empfindung einstufen sollte. War es einfach nur das gute Gefühl gewesen, daß jemand bei ihm und für ihn da war? Oder war es mehr?

Und dann, oh Gott, er hatte Alicia praktisch angeschrieen. Sie wollte ihm nur helfen, und er war sauer geworden. Er nahm sich vor, sich bei der nächsten Gelegenheit bei ihr zu entschuldigen.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken.

"Ja?"

Die Tür öffnete sich, und Ron kam herein.

"Ich wollte nachsehen, ob Du wach bist. Es gibt Mittagessen, ich dachte, du hast vielleicht mittlerweile wieder Hunger. Außerdem wäre es gut, wenn Du etwas ißt."

George seufzte. "Vermutlich hast Du recht. Ich sollte was essen. Zumindest was trinken, ich hab das Gefühl, ich verdurste."

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George folgte Ron durch den Gemeinschaftsraum. Das Mittagessen hatte schon begonnen, also waren alle Schüler bereits in der Großen Halle.

"Ron?" fragte George, sobald sie aus dem Portraitloch geklettert waren.

"Ja?"

"Fred hat Dich zu mir geschickt?" Es war weniger eine Frage als eine Feststellung.

"Nein.... Ja.... Jein. Er hat mir erzählt was passiert ist, ja."

"Kannst Du mir einen Gefallen tun? Erzähl es nicht weiter."

Ron sah ihn zögernd an. "Ich fürchte... ich fürchte, die meisten wissen es schon."

George schloß die Augen. "Na super. Von wem? Fred? Angelina?" Er war sich selbst nicht ganz sicher, weshalb er Alicia sofort ausgeschlossen hatte.

Ron wich ihm aus. "Naja, beim Frühstück..." Er druckste herum. "Eins führte zum anderen...

"Ron, sag mir einfach nur, daß es noch nicht die ganze Schule weiß."

"Nein."

Als sie die Große Halle betraten und sich dem Gryffindor-Tisch näherten, schwenkten einige Köpfe in ihre Richtung. Die Blicke blieben auch noch an George haften, als er sich neben Lee setzte und seinen Teller zu füllen begann.

"Wenn ihr einem Weasley-Zwilling beim essen zusehen wollt, warum schaut Ihr nicht einfach Fred an?" fragte er entnervt. Das wirkte, alles wandte sich wieder dem eigenen Essen zu. "Gibst Du mir bitte das Wasser, Ron?"

Mit Erleichterung stellte George fest, daß Alicia nicht da war. Er wollte sich zwar immer noch bei ihr entschuldigen, aber es war ihm wohler, wenn er es nicht vor den neugierigen Blicken des halben Hauses tun mußte. Er beschloß Angelina oder Katie nachher zu fragen, wo sie war.

Er hatte nicht besonders viel Hunger, stocherte jedoch tapfer in seinem Gemüse herum, schon um etwas im Magen zu haben.

Nach ein paar Minuten fingen die Blicke wieder an. Besonders Ginny sah George hin und wieder mit einem so besorgten Gesicht an, daß er schließlich die Gabel hinwarf.

"Ich bin nicht krank! Also hört auf damit!"

"Aber wir machen uns Sorgen um Dich." Ginnys Stimme klang mitfühlend, doch er achtete nicht darauf. "Keiner weiß genau, was mit Dir los ist. Und dann Alicias Verhalten heute morgen..."

George horchte auf und starrte seine Schwester so durchdringend an, daß sie etwas in sich zusammensank.

"Was ist mit Alicias Verhalten heute morgen?"

"Naja, sie war... etwas seltsam. Hat nicht mal Guten Morgen gesagt und war die ganze Zeit so schweigsam. Dann ist sie plötzlich aufgestanden und weggerannt."

"Wo ist sie jetzt?"

Ginny zuckte mit den Schultern.

"Wo ist sie?" er wandte sich an die neben ihm sitzende Katie, die ihn mißtrauisch ansah. Er merkte, daß er ziemlich schroff gewesen war und fragte noch einmal etwas freundlicher. "Bitte Katie, ich würde ihr gerne etwas sagen. Ich glaube, ich war heute nacht nicht besonders nett zu ihr, und ich will es wiedergutmachen."

Katies Blick wurde weicher. "Ich würde Dir ja gerne helfen, George, aber ich weiß auch nicht, wo sie ist. Ich dachte, sie wäre in unserem Zimmer, aber da war sie nicht, als wir sie zum Essen holen wollten."

Während er darüber nachgrübelte, wo sie hingegangen sein könnte, streckte sich Harry, der neben Ginny saß, über den Tisch und berührte ihn leicht am Arm.

"Ich war vorhin kurz beim Quidditch-Feld - naja, man muß ja ein bißchen in Übung bleiben - da hab ich sie auf der Tribüne gesehen. Ich weiß aber nicht, ob sie noch dort ist."

"Einen Versuch ist es wert. Danke, Harry."

George stand auf und verließ ebenso fluchtartig den Tisch wie am Morgen Alicia.

"Was um alles in der Welt ist heute eigentlich los..." murmelte Hermine.