Prue umarmte die noch sichtlich verwirrte Phoenix, die noch gar nicht richtig begreifen konnte, dass sie noch lebte. Außenstehende würden berichten, dass sich eine große Kuppel aus weißem Licht um die beiden bilden würde, die den Blick auf ihr Inneres nicht freigab. Es war eine ähnliche Reaktion wie bei dem Granatapfelbaum. Die Auren der beiden erkannten sich, über alle Grenzen von Raum und Zeit hinaus, und auch ihre Seelen. Von einem Moment auf den anderen fühlte Phoenix sich sicher, vollkommen geborgen in einer Wolke aus warmem, weißem Licht. Es gab keine Außenwelt mehr, nur noch dieses Licht, das nichts als Sicherheit versprach. Sie tauchte weiter ein in dieses Licht, ihre ganzen Gedanken konzentrierten sich auf das Zentrum, wo sie eine Quelle der Kraft spürte. Phoenix wusste, worauf diese Kraft basierte, auf Vertrauen, auf Liebe und auf Verbundenheit. Bis heute hatte sie nicht gewusst, dass sie diese Eigenschaften auf eine Person vereinigen konnte, doch als sie das Zentrum erreichte, fühlte sie, das es nun möglich war. Plötzlich fühlte sie alles, was Prue fühlte, sie teilten die gleichen Gedanken, die gleichen Erfahrungen. Ihr Geist und ihre Seelen waren eins. Es war seltsam prickelnd, die Erfahrung, dass sich ihr eigener beschränkter Geist sich um ein vielfaches an Wissen und Verständnis erweitert hatte, versetzte Phoenix in eine richtig euphorische Stimmung. Ihr war, als wäre in diesen Sekunden alles möglich. Das wusste Phoenix, dass sie heute ihre dritte Kraft erhalten hatte. Nur widerstrebend beendete sie die Verbindung und sah Prue an, als wäre sie aus einem langen Schlaf erwacht. Zum ersten Mal sah sie ihrer Mutter von Angesicht zu Angesicht in die Augen, und anstatt der erwarteten negative Gefühle fand sie nur Vertrauen, das Vertrauen, wie es nur Kinder ihren Eltern entgegenbringen können, und eben jene Verbundenheit und Liebe. Die Gewissheit, dass Prue sie nie verlassen würde, egal, wie tot sie war. Phoenix hatte sich aus Prues Schatten befreit, indem sie eins mit ihr geworden war, und daraus als Phoenix zurückgekehrt war Noch immer war die Verbindung zwischen ihnen durch einen dünnen Faden aus weißem Licht zu erkennen. Ein Blick in Prues Augen sagte ihr, dass sie dasselbe wie sie erlebt hatte. „Ich glaube zwar zu wissen, was hier gerade geschehen ist, aber das heißt noch lang nicht, dass ich weiß, was es bedeutet."Sagte Prue schließlich und blickte Phoenix fragend an. Phoenix entschloss sich, nicht zuviel zu sagen. Das Schicksal würde alles weitere übernehmen, sie hatte ihren Teil getan. „Ich habe die Kraft der Verbindung von zwei Seelen erst jetzt erhalten. Warum das gerade mit dir geschah, kann nur die Zukunft beantworten.". Sie fügte ein geheimnisvolles Lächeln hinzu. „Auf jeden Fall sollten wir schnell zu meinen Schwestern zurückkehren, sie werden uns schon vermissen"meinte Prue „Und wie ich sie kenne sind sie mal wieder in Schwierigkeiten" Phoenix nickte und rief sich ein Bild, das sie in Prues Geist gesehen hatte, ins Gedächtnis „Du wirst einmal eine Wächterin des Lichts sein, nicht wahr?". Prue schien einige Sekunden zu zögern, bevor sie antwortete. Hatte sie in ihrem Geist Phoenix Herkunft erkannt`? „Dafür, dass die Kraft ganz neu ist, lernst du verdammt schnell. Aber kein Wort zu meinen Schwestern oder Leo, klar? Man kann erst Wächter werden, wenn einen nichts mehr im Diesseits hält, und ich weiß nicht, ob es so gut wäre, wenn sie es wissen würden." Prue runzelte die Stirn, sie war wohl nicht ganz einverstanden mit der Lage der Dinge. „ Bei mir hast du schon gute Wächter- Dienste geleistet. Ich habe mich noch gar nicht für mein Leben bedankt" antwortete Phoenix, während die beiden sich auf die Suche nach den anderen machten. „Und das gleich im doppelten Sinn"fügte Phoenix im Stillen hinzu, und im Gedanken an das Bild von Alec, das sie gesehen hatte, konnte sie sich das Grinsen nur schwer verkneifen.

Im selbem Moment, als Phoenix Phoebe anschrie, orbten sich auch Leo und Piper wieder an den Ort des Geschehens. Prue runzelte noch über „Tante Phoebe"die Stirn, während Leo schon einen Schritt weiter war. „Ich wusste doch, dass du uns etwas verheimlichst. Was ist mit diesem Dämon so großartiges, dass man ihn leben lassen sollte?"fragte er scharf. Phoenix blickte unsicher von Prue zu Phoebe zu Leo und wieder zurück. Dann entschied sie sich mutig für die Wahrheit „Ich gebe zu, das mit dem Dämon, das war gelogen. Und dass ihr mich hergeschickt habt, das auch. Den Dämon aber, den Phoebe gerade töten will, er....er hat menschliche Gefühle, ein bisschen wie Cole, aber auch wieder nicht. Ach, er ist ein verfluchter Zauberer, der in dieser Hülle gefangen ist. In ein paar Jahren aber wird er sich für einen Unschuldigen opfern, und sie werden aus ihm einen Wächter machen. Meinen Wächter des Lichts, um genau zu sein. Er wird Leben retten, die er als Dämon vernichtet hat, mehr als einmal auch unsere, es sei denn, er wird vor seiner Zeit getötet Na ja, und weil ihr Wächter euch gegenseitig alles erzählt, und weil Rocks, also der Dämon, die richtigen Fragen stellen kann, weiß er auch, wo Leo das Gremoir damals versteckt hat, und weil ich Rocks Schützling bin und er mir nichts abschlagen kann...Bin ich halt mit einem Spruch aus dem Gremoir eigenmächtig hergereist..." Phoenix schaute sehr zerknirscht, aber Leo unterbrach sie wütend, nein, er explodierte richtig „ Du hast WAS gemacht ???"brüllte er Phoenix außer sich vor Wut an. „Haben dir deine Eltern denn gar keinen VERSTAND beigebracht? Magie aus dem Gremoir zu verwenden, und dann auch noch eine so prekäre wie Raum-Zeit Magie... Hast du vielleicht noch die Quelle der Zukunft im Handgepäck??" Piper versuchte Leo zu beruhigen, aber er schob ihren Arm harsch beiseite. „Ein Zauber der schwärzesten Art, für einen eigenützigen Zweck angewendet...Ich kann nicht glaube, dass dich der Ältestenrat nicht sofort irgendwohin verbannt hat, wo du kein Unheil mehr anrichten kannst." „ Lass sie in Ruhe, Leo.". Prue funkelte ihren Schwager wütend an. „Ich glaube, sie bereut ihren Fehler schon."Ein Seitenblick auf eine sehr geschrumpfte Phoenix bestätigte ihre Annahme. „Was mich aber interessieren würde, ist, warum du Phoebe mit „Tante"ansprichst." Es entstand ein kurze, peinliche Pause unter Prues erwartungsvollem Blick, da sich niemand für die Antwort zuständig fühlte. Dann platzte Phoebe endlich mit „Phoenix ist Leos und Pipers Tochter aus der Zukunft"heraus, was ja nicht so weit von der Wahrheit entfernt war. Leo schien sich noch zu überlegen, ob er etwas einwenden sollte, doch er verkniff es sich, auch wegen Pipers warnendem Knuff in die Seite. Prue zog eine Augenbraue in die Höhe, meinte dann aber amüsiert „Ich sehe, dass ihr schon ein hervorragendes Verhältnis zueinander aufgebaut habt, Leo" „Ich wüsste vielleicht, wie ich nach Hause kommen könnte,"ließ sich Phoenix nun vernehmen „Nun da meine.. Aufgabe erfüllt ist." Paige freute sich, dass Phoenix anscheinend ihren Frieden mit Prue gemacht hatte, da sie nun so ruhig und zufrieden, ohne ihre anfängliche Erbitterung sprach. „ Wenn du mich vorher aussprechen hättest lassen, dann hätte ich euch noch erklären können, was es mit dem Spruch aus dem Gremoir auf sich hat. Seitens der Unterwelt wird vor diesem Spruch nämlich gewarnt, weil er mit „Ihr magischen Kräfte, ob schwarz oder weiß.."beginnt. Er ist mit dem anderen Spruch, der im Buch der Schatten geschrieben ist, sozusagen verwandt. Aber was es in diesem Fall bedeutet, ist, dass er von guten wie bösen Wesen angewendet werden kann, weil einen die Magie beider Seiten transportiert. Und weil er ein Trip ohne Rückfahrt ist." „Ich habe von diesem Spruch gehört"mischte sich Prue ein. „man erfährt eine ganze Menge, wenn man tot ist"erklärte sie wegen der ratlosen Blicke ihrer Schwestern. „Leo, kannst du nicht deine Wächter des Lichts Kräfte einsetzten, damit dieser Dämon vergisst, worüber wir gesprochen haben, Schließlich sollten wir am Schicksal herumpfuschen." „Ja, da hast du vollkommen recht, am Schicksal sollte man wirklich nicht herumpfuschen"meinte Leo trocken, ging dann jedoch zu Rocks hinüber, den Alec in der Zwischenzeit bewacht hatte. „Was machen wir jetzt mit dir Prue, und was machen wir mit Phoenix?"fragte Phoebe. „Grams sagt, wenn wir den Spruch, mit dem sie und Mom uns damals wieder zurückgeschickt haben, etwas abwandeln, dann taugt er als Gegenzauber zu dem Spruch aus dem Gremoir." Antwortete Prue. Phoenix pflichtete ihr bei „Das hat Rocks mir auch gesagt." „Bleibt das Problem, was wir mit Prues übriger Zeit auf Erden anfangen. Es gäbe soviel zu reden, und den nächsten Abend könnten wir im Club verbringen, bevor Prue... zurück muss." Schlug Piper vor. „Das finde ich eine sehr gute Idee, aber die Nacht ist noch jung, und wenn Prue nichts dagegen hat, kenne ich noch viele schöne Plätze in dieser Stadt"Alec war unbemerkt näher getreten. „Ich meine, die Sikoi haben sich inzwischen zurückgezogen" Prue lächelte Alec an und nahm seine Hand. „Wenn meine Schwestern nichts dagegen haben, nehme ich ihr Angebot gerne an" Piper lachte „Aber sie bringen sie bis vor die Haustür, und keine Drogen, klar?" Prue umarmte noch einmal alle, bevor Alec und sie Arm in Arm in der Nacht verschwanden. Alec warf einen kurzen Blick über die Schulter, den Phoenix auffing, Für einen kurzen Moment fixierten sich die zwei eisblauen Augenpaare, bei denen man nicht hätte sagen können, welches echt und welches die Reflexion des Spiegels war. Phoenix genügte dieser Bruchteil einer Sekunde, um zu sehen und auch zu spüren- überhaut war sie seit ihrer neuen Kraft sehr viel sensibeler, was die Gefühle der Menschen um sie herum anging- dass Alec, ungeachtet dessen, was er gehört hatte, die Wahrheit kannte. Phoenix lächelte in sich hinein, als sie mit den anderen zu Auto zurückkehrte Ich habe meine Eltern gesucht, und eine neue Welt gefunden.