Anm I: Vielen lieben herzlichen Dank an die Reviewer Samusa, Moonshine und
Kiddo. Jetzt ist das Kapitel doch kürzer als geplant und es werden auch
mehr Kapitel. Hat keinen Sinn, dass ich etwas plane. Es kommt immer alles
anderes. Naja. Ich hoffe jeder kennt das Script „In father's footsteps",
denn in diesem Kapitel wird eine Handlung aus ebenjenem nicht verfilmten
Drehbuch angesprochen. Lucas habe ich ein wenig gequält und ich hoffe er
vergibt es mir. ‚sich zu Boden wirft und Füße küsst'. Dann lasst mich mal
nachdenken, ob ich noch etwas habe? Nein, ich denke nicht. Viel Spaß beim
lesen, ich werde weiterhin versuchen wo es nur geht Zeit zu klauen um zu
schreiben. Ganz ohne kann ich nämlich nicht.
Unsanft wurde er in eine Zelle gestoßen, dabei knallte er mit der Stirn gegen die Eisenkonstruktion eines alten Bettes. Ein stechender Schmerz begann sich von der Aufschlagstelle über seinen Nacken durchs Mark bis hinunter in seine Beine auszubreiten. Mit beiden Händen hielt sich der junge Mann an dem Gestell fest. Vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte, er versuchte gegen die Bewusstlosigkeit anzukämpfen. Warme Flüssigkeit floß von seiner Stirn langsam herab. Seine Sehkraft bereits durch die schwarzen Flecken getrübt tauchte einseitig alles in ein bösartiges rot. Eine Hand tastete nach dem Schmerzpunkt über der rechten Augenbraue. Mit den Fingern berührte er etwas klebriges. Warme Flüssigkeit rann ihm die Schläfe hinunter, brannte schmerzhaft in seinen Augen und ließ alles durch einen roten Schleier erkennen. Als er die blutverschmierten Finger sah, gab er sich der beruhigenden Dunkelheit der Bewusstlosikeit hin. Kraftlos sackte er in der engen Zelle zusammen.
Kräftige Tritte in den Magen und Rücken holten ihn zurück. „Hey, bist du endlich wach?", raunzte ihn eine befehlsgewohnte Stimme an.
„Ja.", stöhnte Lucas. Mit aller Kraft versuchte er aufzustehen, doch sein Kopf schmerzte höllisch. Getrocknetes Blut klebt auf seinem Gesicht und verhinderte, dass er sein rechtes Auge öffnen konnte. Schwer zog sich der Ensign am Bett in seiner Zelle hoch.
„Sie werden nachher zu einem Verhör gebracht. Das hier werden sie sich bis dahin genau durchlesen, denn jeder Häftling, der sich nicht an die Vorschriften hält wird entsprechend bestraft."Er warf ein dickes Papierbündel hin, mit einem blauen Pappdeckel oben auf. Es zeigte das Logo der makronesischen Allianz. „Oh und in dem Aufzug sollten sie ebenfalls nicht auftauchen. Sehen sie zu, das sie zumindest einen ordentlichen Eindruck hinterlassen. All das viele Blut. Wird dem Präsidenten gar nicht gefallen."
„Bourne?", fragte Lucas ungläubig.
„Natürlich, wer denn sonst. Wir haben nur einen Präsidenten. Ihr seaQuest Leute habt unheimliches Glück. Ihr seid die einzigsten die er persönlich vernimmt."
„Und wie stellen sie sich das vor? Ich habe hier nichts, womit ich den äußerlichen Anforderungen gerecht werden könnte. Das Blut kann ich mir nicht abwaschen."
„Tja, da wird wohl jemand auf seine Spucke zurückgreifen müssen. Aber ich kann ihnen auch helfen."Der makronesische Soldat spuckte Lucas auf die Schuhe. „Ihr seid alle Dreckschweine von der UEO."Mit diesen Worten verließ er die Zelle. Die Gittertür fiel scheppernd ins Schloss.
******
Als man ihn dem Präsidenten vorführte gingen die Soldaten nicht besonders zart mit ihm um. Ein Knirschen in seinem rechten Arm, gefolgt von einem ziehenden, fast unerträglichen Schmerz, zeigte ihm einen Bruch an. Hoffentlich kam bald jemand um ihn raus zu holen oder zumindest um ihn zu töten. Dann würde das alles ein Ende haben.
Er wurde in einen sehr dunklen Raum gebracht, den nur einige kleine Lampen an der Decke beleuchteten. An einem langen Tisch am Ende des Raumes saß Alexander Bourne zusammen mit einigen anderen hohen Männern seiner Allianz. „Willkommen.", sagte Bourne mit schleimiger Stimme.
„Ich bezweifle das ich das bin. Zumindest sagen mir das meine Verletzungen.", zischte Lucas.
„Aber, aber. Ich werde meine Leute rügen. Vorher hätte ich ihnen ein Angebot zu unterbreiten Mr.", er machte eine kurze Pause. „Wolenczak."
Lucas sah ihn nur an und wartete.
„Was würden sie davon halten für mich zu arbeiten?"
„Nie im Leben!"
„Auch nicht, wenn sie bei mir einen höheren Posten bekommen würden als bei der UEO? Sie sind Wissenschaftler, nicht? Ihr Ruf eilt ihnen Voraus. Wäre es nicht Verschwendung ihn nicht an einer besseren Stelle zu nutzen?"
„Um die Allianz schneller zu einer Weltmacht zu bringen? Sie sind ein egoistischer, raffgieriger Diktator, Bourne!"
„Beleidigungen. Ist es das was man ihnen bei der UEO beibringt? Mir scheint es fast als würde jedem Soldaten dieser Organisation bevor er in den Dienst geht einer ordentlichen Gehirnwäsche unterzogen. Das bringt doch nichts. Arbeiten sie lieber für mich. Bei mir haben sie Zugriff auf die neuesten wissenschaftlichen Errungenschaften. Ich werde ihnen einen Posten mit Macht geben und sie gebührend entlohnen."Er schob ein einzelnes weißes Blatt auf dem Tisch vor. Einer der Soldaten, die zur Bewachung des Ensign geblieben waren, nahm es und überreichte es ihm.
Schnell überflog das Junggenie die wenigen Zeilen. Er zerriß das Blatt. „Den Wisch können sie sich sonstwohin stecken. Da mache ich nicht mit."
„Sie wissen, dass ihnen der Tod unter diesen Umständen droht."
„Dann soll es so sein.", sagte Lucas mit fester Stimme.
„Äußerst bedauerlich.", seufzte Bourne. „Schafft ihn raus."Ohne zu murren ließ sich der junge seaQuest Offizier wieder aus dem Raum führen. Als die Tür sich schloß lehnte sich der Berater zu Bournes rechter Seite zu seinem Präsidenten herüber.
„Sir, diese Option ihn zu töten könnte problematisch werden."
„Wieso?", fragte der makronesische Präsident erstaunt. „Wir bringen täglich Leute um, die sich nicht an meine Gesetze halten."
„Diese Leute haben aber niemanden in unserem Land, der uns zu Fall bringen könnte."
Nun war Bourne völlig überrascht. „Versuchen sie mir gerade zu sagen, dass dieser kleine Offizier von der seaQuest mir und meiner Allianz gefährlich werden könnte?"
Der Berater zögerte nervös. „Das ist so nicht ganz richtig. Er könnte ihnen nicht nur gefährlich werden, er ist es schon."
Mit Bangen folgte Bourne dem Bericht seines Berater. Was der ihm eröffnete gefiel ihm überhaupt nicht. Doch er würde einen Weg finden, sich daraus zu winden und auch die Gefahr zu beseitigen.
*******
Im ehemaligen Australien, eine Autostunde westlich der Stadt Darwin, fand in einem kleinen aber noblen Ort eine private Gartenparty statt. Die Anwesenden mehrere Generationen genossen einen Augenblick im Vergessen der derzeitigen politischen Situation im Kreise ihrer langjährigen Freunde und Verwandten.
Ein großer Geländewagen der makronesischen Allianz fuhr langsam durch die Straße und hielt vor einem großen weiß gestrichenen Haus. Zwei Soldaten stiegen aus und zerrten eine dritte, ziemlich zerschlagen aussehende Person aus dem hinteren Teil des Wagens. Sie trug Handschellen und hatte sichtlich Mühe sich auf den Beinen zu halten.
Einer der Gäste bei der Party stieg von der Bank auf und eilte zu schnell zu diesen Leuten. Die Stimmung auf dem Grillfest war mit einem Mal im Keller. Einer der Soldaten hatte mehrere Male an der Haustür geklingelt, es öffnete jedoch niemand. Sein Kollege blieb bei dem rampuniert aussehenden jungen Mann.
„Was wollen sie?", fragte der ältere von der Party kommende Mann feindlich.
„Wissen sie wo der Besitzer dieses Hauses ist?", fragte statt dessen der Soldat, der gerade von der Haustür zurück kam.
„Ja, das tue ich.", antwortete der Gefragte. Mittlerweile konnte er den Mann in Handschellen erkennen. Dieser hatte bereits beim ersten Erklingen der Stimme des Fremden den Kopf gehoben. Beide sahen sich an.
„Wissen sie wo ich Doctor Lawrence Wolenczak finden kann?", fragte der Soldat noch einmal eindringlich.
„Ich bin doch hier!"Lawrence Kopf fuhr zu dem Soldaten herum und fuhr ihn an.
„Ah."Er holte mehrere zusammengeheftete Papiere aus einer Mappe. „Lesen sie sich dies durch. Sollten sie damit einverstanden sein, werden wir ihn hier lassen andernfalls habe ich Befehl ihn auf der Stelle zu erschießen." Die unpersönliche Bezeichnung galt Lucas.
„Das brauche ich nicht durchzulesen. Was auch ich da drinnen steht spielt keine Rolle. Es geht hier um das Leben meines Sohnes! Das unterschreibe ich blind."Lawrence ließ sich einen Stift geben und setzte seine Unterschrift darunter.
Lucas konnte nicht glauben, was er da hörte. Er wusste, dass er seinem Vater viel bedeutet hatte, zumindest nachdem die seaQuest verschwunden war, doch damit hatte er nicht gerechnet.
Dr. Wolenczak gab Stift und Papier dem Soldaten zurück. „Hier. Jetzt verschwinden sie!", befahl er.
Eine Kopie des Schriftstückes wurde dem Wissenschaftler ausgehändigt. „Das bleibt bei ihnen. Halten sie sich daran, andernfalls", er grinste gehässig. „sie können es ja nachlesen, was dann passieren könnte."Lawrence verzog daraufhin keine Miene.
Lucas hielt die immer noch in Handschellen gefesselten Hände dem anderen Soldaten hin. Als die Metallringe abgenommen waren und sein Wächter ihn nicht mehr stützte verlor er beinahe das Gleichgewicht. Sein Vater reagierte schnell genug und legte ihm helfend einen Arm um.
Die makronesischen Soldaten stiegen in ihren Wagen und fuhren weg. Vater und Sohn sahen beide froh dem Fahrzeug nach bis es verschwunden war. Dann übte Lawrence leichten Druck aus und bedeutete dem Ensign zum Haus zu gehen. Er schloss die Haustür auf und führte Lucas in sein Arbeitszimmer, dass sich im hinteren Bereich des Hauses befand. Dort half er seinem Sohn sich hinzusetzen. Der schien Probleme mit dem rechten Knie zu haben.
„Meine Kniescheibe ist draußen.", erklärte das Junggenie.
Lawrence holte schnell einen Hocker herbei, wo der Fuß aufgelegt werden konnte. „Ich dachte du wärst tot.", meinte er nun endlich.
„Das beruht auf Gegenseitigkeit.", gab Lucas matt zurück. Sein Vater hockte sich vor ihn hin. Sein Haar war fast vollständig ergraut und in seinem Gesicht befanden sich mehr Falten, als noch vor zehn Jahren, als das Computergenie ihn das letzte Mal gesehen hat.
Nach einer weiteren Weile des Schweigens wurde dieser von dem jungen Mann gebrochen. „Ich wusste allerdings, dass du noch leben musstest."
„Wie das?", fragte sein Vater lächelnd. „Niemand weiß es außerhalb der Allianz."
„Bis auf mich. Ich war in der Orpheus."
Der Ausdruck auf Dr. Wolenczaks Gesicht wich von Unglauben zu tiefster Besorgnis bis über Wut. „Wie? Das kann nicht sein, selbst wenn. Es ist lebensgefährlich."
„Richtig. Ich wäre auch beinahe draufgegangen nur um der kleinen Chance zu folgen, dass mein Vater dort unten in einer noch aktiven Cryostasiskammer liegt. Was wohl ein Irrtum war, denn der mumifizierte Leichnam wies keinerlei genetischer Übereinstimmung mit mir auf. Zudem sah er ziemlich mongolied aus."
Lawrence fuhr ihm durch das strähnige und blutverschmierte Haar. „Dir kann man nie etwas vormachen.", lächelte er. „Bleib hier, ich gehe schnell Michael holen, der soll sich mal deine Verletzungen ansehen."Er stand auf und wollte gerade raus, als er sich noch einmal umdrehte. „Hast du das alles von der Allianz bekommen?"
„Wer sonst sollte mich so zurichten?"
Dr. Wolenczak nickte nur und ging aus dem Haus. Besagter Michael war ein ziemlich guter Freund von Lucas' Vater. Die beiden kannten sich schon lange bevor es das Computergenie überhaupt gab. Er war Arzt und hatte schon so manche Krankheit und Verletzung von ihm behandelt. Sein Vater hatte das Skript der Allianz, welches er unterschrieben hatte, achtlos auf seinen Schreibtisch geworfen. Lucas fühlte sich in diesem Moment sicher. Er war in dem Haus in dem er aufgewachsen war. Zumindest zum Teil. Hier im Arbeitszimmer schien noch fast alles so wie damals. Wenn man mal von der neueren Computeranlage absieht und dem großen Foto von ihm selbst. Auch über der Couch hing ein großes Portrait von ihm. Unter Schmerzen drehte er sich herum, auch der Garten hatte sich nicht verändert.
Die Haustür öffnete sich. Ein sichtlich gealterter Michael eilte sofort zu Lucas. „Lucas.", sagte er freundlich und sichtlich erfreut ihn zu sehen.
„Hi.", presste Lucas unter Schmerzen hervor.
„Zeig mal her."Schon war Michael voll in seine Arztrolle verfallen. Wo sein Vater gerade war, konnte Lucas nicht sagen. Michael hatte bereits einen feuchten Waschlappen hervorgezaubert und wischte das eingetrocknete Blut vom Gesicht des Junggenies um die Wunde an der Stirn besser untersuchen zu können.
„Sag mal, diese Uniform, ist die neuerdings Pflicht? Du warst doch Zivilist."
„Genau, das Schlüsselwort ist war. Ich musste mich verpflichten andernfalls säße ich jetzt wohl nicht hier."
„Hat doch auch sein gutes."
„Das werden wir noch sehen. Ich atme erst erleichtert auf, wenn ich weiß was mein Vater für einen Wisch unterschreiben musste."
„Was aber keine Rolle spielt."Lawrence war nun wieder bei ihnen. „Ist alles in Ordnung?", fragte er Michael.
„Wie man es nimmt. Er sollte in die Klinik, nicht nur wegen der Knochenbrüche. Die eine oder andere kleinere Wunde kann ich versorgen, aber es könnte sein, dass er innere Blutungen hat und je nachdem wie schwer es aussieht, wird er dort auch bleiben."
„Ich bleibe in keiner Einrichtung, die der Allianz untersteht.", protestierte Lucas.
„Das werden wir noch sehen. Ich fahr dich gleich hin."Dr. Wolenczak zückte bereits die Autoschlüssel für seinen Mercedes.
„Was wirst du Margrit sagen?", fragte Michael ihn.
„Die wird für eine Weile wieder in ihrem Apartment leben müssen. Ich war gerade bei ihr. Glücklich ist sie nicht darüber."Seine neue wirklich feste Lebensgefährtin seit der Trennung seiner ehemaligen Ehefrau Cynthia und Mutter seines Sohnes war ebenfalls auf der kleinen Feier seiner Freunde gewesen. Er hatte ihr nicht gesagt worum es ging oder was es mit diesem Häftling, wie sie ihn nannte, auf sich hatte. Ihre Proteste waren eindeutig gewesen, doch sie vertraute ihm und stimmte letztendlich zu. Noch sagte er keinem etwas über diesen Fremden, den die Allianz gebracht hatte. Dafür würde noch genügend Zeit sein. Erst mussten die Verletzungen behandelt werden.
„Soll ich mitkommen?"
Lawrence schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bringe Lucas allein ins Krankenhaus. Du kannst aber den anderen Bescheid sagen, dass ich heute nicht mehr komme. Bin da ja einfach verschwunden."Stimmt, wenn man von seinem kurzen Besuch wegen Margrit und dem vorangegangenen Entzug Michaels zur Behandlung seines Sohnes absah, war er wirklich einfach so verschwunden.
„Na gut. Gute Besserung, Lucas."Dann ging Michael zu der Gartenparty zurück während Vater und Sohn Wolenczak sich auf den Weg in ein Krankenhaus machten.
„Was ist da los?", fragte Michaels Frau. „Was wollten die Leute vom Militär bei Larry?"
„Die haben Lucas gebracht.", meinte Michael grinsend.
„Lucas?"Die Blicke aller Anwesenden die wussten wer gemeint war sprachen Bände. Keiner konnte glauben was sie da hörten.
Michaels Sohn sprang auf und ließ sein kleines Kind bei dessen Mutter zurück. Michael hielt ihn zurück. „Bleib hier Andy. Die sind auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Allianz schien es für nötig zu halten ihn zusammenzuschlagen."
Seinem Sohn schien die Antwort nicht zu gefallen. Er machte einen Eindruck, als würde er auf flüssiger Lava stehen. Zu gerne würde er seinen Freund aus Kindertagen sehen.
Margrit war wenige Minuten vor Michaels Rückkehr wutschnaubend von dannen gezogen.
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Glücklicherweise hatte er keine inneren Blutungen. Der rechte Arm war glatt durchgebrochen, der linke leicht angebrochen. Einige seiner Rippen mussten dran glauben. Sonst waren es nur oberflächliche Verletzungen und man hatte ihn wieder gehen lassen. Es dämmerte bereits als sie wieder zu Hause waren.
„Du kannst heute Nacht im Schlafzimmer schlafen. Dein Zimmer wird ziemlich eingestaubt sein und muss erst noch richtig durchgelüftet werden."Er legte seinen Schlüssel auf die Kommode. Da fiel Lucas etwas ein.
„Was war das vorhin mit einer gewissen Margrit?"
Lawrence hielt inne. „Sie wohnt hier, gemeinsam mit ihren Kindern."Er hatte mit der Antwort gezögert.
„Oh, verstehe."Auch wenn Lucas niemals gewollt hatte, jemals wieder einen Streit zwischen seinen Eltern erleben zu müssen, konnte er sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass diese neue Partner finden würden. Obwohl er sie noch nicht kannte, war sie ihm bereits unsympathisch und er empfand einen gewissen Hass. Wie war das mit Kindern?
„Sie wird aber für eine Weile nicht hier sein. Ihr Kinder ebenfalls nicht. Zuerst müssen wir beide einige Dinge klären. Uns wieder kennen lernen."
„Ja, zum Beispiel wofür du dich verpflichtet hast oder besser was mein Leben gekostet hat."Lucas ging schnurstracks wieder in das Arbeitszimmer und fischte das weiße Manuskript vom Tisch. Mit diesem ließ er sich auf der Couch nieder. Seine rechte Kniescheibe ist wieder in Position gebracht worden, aber man hatte ihm einen Verband angelegt und geraten dieses zumindest für einige Tage gestreckt zu halten. Seine Uniform hinterließ üble Flecken auf der weißen Polstercouch.
Alle Blicke in der Klinik waren ihnen sicher gewesen. Einen uniformierten Offizier der UEO sah man hier garantiert nicht oft und schon gar nicht wenn er frei herumlief.
„Solange es dir gut geht, ist mir alles egal.", meinte sein Vater als er zu ihm ging.
„Ach, auch das du dich hiermit verpflichtest die Allianz zu beliefern und über fünfzig Prozent deines Firmenpotentials für das Militär zur Verfügung zu stellen? Die wollen, dass du ihre Schiffe mit Computertechnologie versorgst und am besten am laufenden Bann verbesserst."Lucas blätterte weiter. „Der Kerl hat sie doch nicht mehr alle!", schimpfte er.
Sein Vater rutschte näher an ihn heran um in das Dokument sehen zu können. „Die wollen ernsthaft von mir, dass ich diesen Ort hier auf gar keinen Fall verlassen, es sei denn Bourne selbst gestattet es mir andernfalls können sie mich oder dich auf der Stelle töten. Na fantastisch."Er warf wütend das Schriftstück hinter die nächste Pflanze. „Du hast dir selbst die Schlinge um den Hals gelegt!"
Lawrence legte seinen Arm um die Schulter seines Sohnes und drückte ihn an sich. „Sieh es doch mal von der positiven Seite. Wir beide haben jemanden wieder, von dem wir dachten er wäre für immer verschwunden und Beaches ist im Grunde genommen ja kein schlechter Ort. Auch wenn man hier festsitzt. Es gibt wohl kaum einen anderen Ort in ganz Makronesien, wo es sich Sorgenfreier leben lässt als hier."
„Das kann doch nicht dein Ernst sein!"
„Ist es aber. Selbst die Farmen in der Wüste stehen fast ausschließlich unter der Kontrolle der Allianz. Hier wagt sich von denen aber kaum einer her."
„Ist das der Grund warum ich im Gegensatz zu jedem anderen UEO Offizier freigelassen wurde. Weil es hier etwas gibt, was ihn daran hindert? Henderson wollte er damals öffentlich hinrichten!"
„Nun, nicht jeder hat einen Vater, der die Mittel und Wege hat einen Alexander Bourne zu stürzen. Egal was dieser Vertrag besagt. Er wird noch nicht einmal die Hälfte davon durchsetzen können, auch nicht wenn er notariell abgesichert worden wäre."
„Du meinst hatte! Mit dieser Verpflichtung dort, kannst du ganz schnell um die Ecke gebracht werden und stellst für niemanden mehr eine Gefahr dar. Du lebst gefährlich. Warum dieser Teufel noch kein Mordkommando auf die gehetzt hat wundert mich. Ich glaube nicht daran, dass das Teil so leicht missachtet werden kann. Ich habe Bourne ganz anderes kennen gelernt. Warum sollte er nicht einfach so mal einen Killer auf dich ansetzen?"
„Weil er mich braucht."Auf den fragenden Blick seines Sohnes erklärte er. „Die gesamte wissenschaftliche Elite hat sich gegen ihn gestellt. Selbst unter der höheren Gesellschaft ist er nicht sehr geachtet. Er braucht das Geld und den wissenschaftlichen Rat. Ohne diese Dinge kann er einpacken. Wolenczak Industries gehört zu den ertragreichsten Firmen der gesamten Allianz. Nur weil wir uns weigern uns an seine Auflagen zu halten und seine Verlustkampagne gegen uns leisten können, sind wir ihm ein Dorn im Auge. Dazu kommt noch, dass wir bei heimischen Firmen einkaufen, mit ihnen zusammenarbeiten, kooperieren und sie somit ebenfalls vor dem Untergang bewahren. Nach außen hin sieht es oftmals so aus, als hätte der Präsident die komplette Kontrolle über sein Land, doch das ist nicht so. Alles was er hat ist gar nichts, außer seinen Träumen und das Wohlwollen einiger ebenso Machthungriger Regierungsleute wie er."
„Tut mir leid, aber für mich hört sich das alles viel zu utopisch an. Ich glaube nicht, dass du ihn so sehr unter Kontrolle hast, nur weil deine Firma einen entsprechenden Einfluß genießt. Lies dir lieber das Ding mal genauer durch. Ich brauche vorher was frisches zum anziehen und eine ordentliche Runde Schlaf. Mir fallen jeden Moment die Augen zu."
„Du kannst was aus meinem Schrank nehmen.", bot Lawrence an. Genau das würde Lucas auch tun. Schließlich wurde ihm ja die Möglichkeit gegeben im väterlichen Bett zu schlafen, in ebenjenem Kleiderschrank im Schlafzimmer würde sich schon was finden lassen.
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Lucas wachte recht früh am nächsten Morgen auf was zum größten Teil auf seine Schmerzen zurück zu führen war. Eine ganze Weile lag er ruhig in dem großem Bett und betrachtete das Lichtspiel welches durch das Fenster auf dem Holzparkett sich ihm darbot. Sie hatten Sommer, aus diesem Grund verwunderte es den Enszign auch nicht, dass der Wecker erst fünf Uhr anzeigte.
Er konnte sich noch ganz genau an die Zeit erinnern, als sich hier in diesem Schlafzimmer noch ein kleines Aquarium mit Schildkröten befand. Damals war es eine seiner Lieblingsbeschäftigungen neben dem Hacken gewesen diese zu beobachten, besonders wenn diese mal wieder probierten Salatblätter in ihre kleinen Mäuler zu bekommen die größer waren als ihre Schnauzen. Das Junggenie veranstaltete aus Langeweile auch schon mal kleine Wettrennen oder setzte die Tierchen in selbstgebauten Labyrinthen aus um festzustellen wieviel Intelligenz in ihnen steckte.
Diese Zeiten waren vorbei. Heute wehte ein ganz anderer Wind und dem immer lauter werdenden Knurren seines Magens nach hatte er als erstes an Frühstück zu denken. Vorsichtig kroch er aus dem Bett. Die angeknacksten Rippen meldeten sich mit ausbreitenden Stechen. Bevor er ganz aus dem Bett stieg blieb er noch einige Minuten auf der Bettkante sitzen um den Schmerz abklingen zu lassen. Als er meinte es ging wieder entwich ihm die Luft nur so aus der Lunge, so weh tat es. Sein Vater musste die Schmerzmittel, die man Lucas mitgegeben hatte in der Küche deponiert haben. Ja, da lagen sie gut. Bis da runter würde er einiges aushalten müssen.
Langsam schlurfte er über den blanken Marmorboden des Flurs. Selbst ein Blinder musste bemerken, dass hier keine armen Menschen lebten. Nach dem Badezimmer blieb er stehen. Ein gerahmtes Puzzle hatte die Aufmerksamkeit des Computergenies erregt. Es war ein größeres aus fünftausend Teilen bestehendes Puzzle. Er war es selbst gewesen der es zusammengebaut hatte. Die Skyline Sydney's bei Nacht mit einem großen hell leuchtenden Mond.
Bridger war mit ihm während eines Landurlaubes nach Sydney gefahren als er siebzehn war. Wie sehr er diesen Mann mochte bemerkte Lucas erst, als er nicht mehr bei ihm war. Er vermisste seine Fürsorge und Hilfsbereitschaft. Die Frage nach einem Wiedersehen mit dem Captain drängte sich ihm direkt auf. Er konnte nur hoffen, dass man sich nicht zu viele Sorgen um ihn machte. Hoffte, sie wussten, über seine Gesundheit, wenn auch etwas angeschlagen, Bescheid.
Später musste er sich unbedingt das Dokument genauer durchlesen, in welchem er verpflichtet worden war diese kleine Stadt hier nicht zu verlassen. So viel man hier auch unternehmen konnte, genauso schnell konnte es einem auch unendlich langweilig werden. Darauf hatte er keine Lust.
Lucas wandte sich von dem Puzzle ab und stieg die Treppe langsam hinab. Nirgendwo war ein Zeichen, dass Dr. Wolenczak schon wach war. Wo hatte dieser überhaupt geschlafen? Im Haus gab es viele Möglichkeiten.
Mit den bloßen Füßen über den Boden schlurfend ging er in die Küche. Seine Vermutung war richtig. Auf dem Küchentisch lagen die Schachteln mit den Schmerzmitteln. Er wählte die stärkste aus und schluckte sie mit etwas Leitungswasser hinunter. Hoffentlich wirkten sie schnell.
„Habe ich doch was gehört."Lawrence, ziemlich verschlafen, trat neben ihn. „Wie geht es dir?"Er strich eine Haarsträhne aus dem Gesicht seines Sohnes.
„Ich habe gerade die heftigste von den Tabletten hier geschluckt und überlege mir noch eine hinter zu pfeifen. Was denkst du wie es mir geht?", schnauzte er in schlechtester Laune herum. Lucas bemerkte jedoch sofort seinen Fehler. „Tut mir leid. Ich habe nur solche Schmerzen und so ein verrückter Diktator will mich hier festhalten wie ein Stück Weidevieh."
Lawrence strich ihm über den Rücken. Die Berührung tat Lucas gut. Er hatte nach der Rückkehr der seaQuest viel zu schnell erwachsen werden müssen. „Wir werden schon eine Lösung finden. Erst müssen deine Verletzungen verheilen, vorher könntest du sowieso nirgends hin. Leg dich wieder ins Bett, ich gehe uns frische Brötchen holen, dann frühstücken wir in aller Ruhe. Anschließend ist immer noch genug Zeit um über gewisse Dinge zu sprechen."
Der Ensign sah seinen Vater skeptisch an. „Man bekommt mitten in makronesischen Landen morgens frische Brötchen?"
„Natürlich, er kann ja nicht alle Lebensbereiche vollkommen nach seinen Vorstellungen zerstören."
„Aber zu horrenden Preisen!"
„Geh und leg dich wieder hin."Dr. Wolenczak ging aus der Küche um sich anzuziehen. Die Schmerzmittel begannen langsam zu wirken. Da mussten halbe Drogen drinnen sein, denn er begann sich leicht komisch zu fühlen. Nur ein kurzer Blick in den Kühlschrank, den Küchenschrank und er ging mit gekühlten Saft und mehreren Schokoriegeln bewaffnet in das ehemalige Schlafzimmer seiner Eltern zurück. Sollte er jemals auf die seaQuest zurück kommen bevor Bourne gestürzt war und bevor die markonesische Allianz für nichtig erklärt wurde, würde er als erstes seine Mutter anrufen. Auch wenn sie ihren Frieden mit ihm geschlossen hatte, er jedenfalls nicht, und auch wenn sie weiterhin darauf beharrte er sei vor zehn Jahren für sie verstorben, so hörte sie ihn ja sicherlich an. Wohl würde er in ihren Augen wieder dieser verrückte Spinner, dieser Hochstapler sein, aber er musste ihr erzählen, dass sein Vater tatsächlich noch am Leben war. Einen Brief würde sie von ihm nicht öffnen, auch keine E-Mail, aber bei einem Anruf tat sie dies nicht. Ihre eigene Erziehung zur Höflichkeit verhinderte dies. Dann fiel ihm ein, dass sein Vater bereits eine andere Frau jetzt zu haben schien. Ach was, er schob den Gedanken zur Seite. Solange sie nicht direkt vor ihm stand oder sein Vater sie öfters erwähnte, war sie nicht wichtig.
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„Tut mir außerordentlich leid, Captain, aber wenn sie nicht auf ihre Leute aufpassen können, sollten sie nicht immer bei mir nach dem Schuldigen suchen. Ich kann ihnen da auch nicht weiterhelfen. Meine Leute hätten mich sofort darüber informiert, wenn sie ein Shuttle von der seaQuest angegriffen hätten, nur weil sie nicht rechtzeitig von ihrem Generalsekretär in Kenntnis gesetzt wurden."Präsident Bourne grinste scheinheilig auf dem Hauptschirm der seaQuest.
Nathan Bridgers Finger gruben sich krampfhaft in die Rückenlehne des Commandosessels, wo sein ehemaliger erster Offizier saß. Captain Hudson hatte vor dem Kommandokontrollen Position bezogen. Er war es auch, der die meiste Zeit über redete. „Das kann nicht sein. Das wissen wir beide nur zu gut. Einer ihrer Spectre war zu genau jenem Zeitpunkte hinter der früheren Grenze und beobachtete uns. Sie können mir hier nicht erzählen, niemand hätte bemerkt wie sich ein Shuttle von meinem Boot entfernt hat."
„Wissen sie, mich beschleicht der Verdacht, dass sie mir etwas anzuhängen versuchen. Glauben sie nicht doch eher an die Möglichkeit, dass ihr Mann einfach nur genug von ihnen und der UEO hatte und sich klammheimlich davon gemacht hat? Fahnenflucht ist schließlich keine Seltenheit beim Militär."
Hudson lachte bissig auf. „Nein, das tue ich nicht. Ich kenne meinen wissenschaftlichen Offizier nun gut genug um genau das auszuschließen."Er ging ein paar Schritte auf den Hauptmonitor zu. „Nur mich beschleicht der Verdacht sie sagen uns mit gutem Grund nicht, dass sie ihn haben."
„Warum sollte ich denn soetwas tun?", heuchelte Bourne entsetzt. „Sie und die UEO wissen doch ganz genau wie präzise ich sie immer über jede Gefangennahme, die alle aus Verstößen gegen geltende Gesetzte der Allianz verstießen, informiert habe."
„Ja, das haben sie. Solange bis wir Lieutenant Henderson gewaltsam aus einer hinterhältigen Gefangenschaft befreit haben. Sie haben Angst erneut von uns die Hosen heruntergezogen zu bekommen. Das ist alles. Darum verschwinden in letzter Zeit öfters gute UEO Männer und tauchen nie mehr auf, darum geben sie nicht zu, dass sie ganz genau wissen wo Ensign Wolenczak steckt!", Hudson sprach mit zusammengebissenen Zähnen.
„Weiß ihr Generalsekretär von ihren Anschuldigungen, Captain Hudson? Ich hoffe doch, denn ich wünsche ihnen keinen Ärger den sie damit bekommen könnten. Wenn sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich habe noch einige wichtige Termine die ich gehalten bin wahr zu nehmen. Einen schönen Tag ihnen noch."
„Er hat die Verbindung beendet, Sir.", meldete O'Neill das Offensichtliche.
„Dieser Bastard hat ihn, nur wir wissen nicht wo und was er mit ihm vor hat."Mit geballten Fäusten kam er wieder an Bridgers Seite.
Nathan musste sich innerlich zur Ruhe zwingen. Das Gespräch hatte ihm sein Äußerstes an Selbstbeherrschung gekostet, er war kurz davor vor Sorge zusammenzubrechen. Sie waren nun aber keinen Schritt weiter.
Hudson sammelte sich, atmete tief ein bevor er wieder sprach. „Also Leute, ich bin für jeden Vorschlag offen."
„Das hat doch keinen Sinn, Oliver.", seufzte Nathan auf. Der verzweifelte Unterton konnte aus seiner Stimme nicht gebannt werden.
„Darwin ist noch immer nicht zurück.", sagte Commander Ford nach einer langen Zeit des Schweigens. „Das ist vielleicht ein gutes Zeichen."
„Oder ein schlechtes.", gab Bridger matt die Antwort.
„Oder dieser Tümmler frisst sich irgendwo kräftig den Bauch voll während wir hier rum stehen und zu keiner Lösung kommen."Hudson stemmte seine rechte Hand in die Hüfte und fuhr mit energischem Ton fort. „Ich brauche einen fähigen Wissenschaftler hier an Bord und ich will Wolenczak zurück haben. Jetzt strengt mal eure Gehirne ein wenig an und überlegt wie wir ihn wieder hierher zurück bekommen."
Captain Bridger wandte sich voller Schmerz ab. Langsam verließ er mit schweren Schritten die Brücke. Am Schott drehte er sich um. „Solange sie nicht wissen wo man ihn gefangen hält, sollte er denn noch am Leben sein, sind alle Pläne nutzlos."
Commander Ford fand den Captain an genau dem Ort, den er vermutet hatte. Lucas' Quartier. Nathan saß am Computer und sah verträumt das Eigentum des jungen Wissenschaftlers durch.
„Wir werden ihn ganz sicher finden."Jonathan setzte sich auf Piccolos Koje und betrachtete seinen ehemaligen Captain.
Ein schweres Seufzen entwich Bridger. „Ich hoffe es, ich hoffe es sehr. Ich will dieses Quartier hier nicht ausräumen müssen."
„Das werden wir auch nicht. Wir finden Lucas und dann kann Bourne sein blaues Wunder erleben."
„Haben sie schon versucht Darwin zurück zu rufen?"
„Nein. Ist es nicht besser zu warten bis er von selbst kommt?"
„Wenn wäre er schon längst wieder zurück gewesen."
„Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Ich bin mir sicher, wir finden ihn."Commander Ford wollte Nathan Mut zusprechen, leider hatte er seine eigenen Gefühle nicht ganz unter Kontrolle und die Hoffnungslosigkeit hinter diesen konnte er auch nicht verbannen als er sprach.
„Sie haben recht, Jonathan. Noch wissen wir nicht was man mit ihm gemacht hat. Wenn sie ihn getötet hätten, würden sie nicht so ein Geheimnis aus seinem Verschwinden machen."
„Genau."Der erste Offizier versuchte zu lächeln.
Bridger legte das Buch von Lucas zurück und stand auf. „Gehen wir mal versuchen, ob wir nicht Darwin wieder auf das Boot zurück bekommen."
********
Wieder einmal trieb ihn der Hunger aus dem Bett. Am späten Vormittag hatte Lucas von seinem Vater den Fernseher ins Zimmer gestellt bekommen, während er sich darum kümmern wollte sein altes her zu richten, damit er nicht ständig im elterlichen Schlafzimmer wohnen musste. Das Programm war die letzten Jahre nicht besser geworden. Im Gegenteil, es war schlimmer.
Dr. Wolenczak befand sich derzeitig in der Firma. Anscheinend gab es Probleme und er musste kurzfristig weg. Die sorgenvolle Nummer hatte immerhin einen ganzen Vormittag angehalten.
Er war gerade zwischen Küche und Flur als das Vidphon klingelte. Sollte er ran gehen? Aber klar doch! Schließlich ist das hier jetzt wieder sein zu Hause. Er drehte sich auf der Ferse herum und schritt die wenigen Meter zu dem Gerät. „Hallo?"
Auf dem Schirm erschien das Gesicht einer Frau Ende vierzig Anfang fünfzig. Sie hatte kurze blonde Haare, die in leichten Wellen bis leicht unter das Kinn fielen. Ihr Blick war verwirrt. „Entschuldigung, ich glaube ich habe mich verwählt."
„Kann sein, zu wem wollten sie denn?"
„Ich hatte eigentlich Dr. Wolenczak anrufen wollen, aber ich probier es noch einmal. Tut mir leid."
Bevor die Frau die Verbindung beenden konnte, ging Lucas dazwischen. „Sie brauchen nicht nochmals neu anrufen, er ist nicht da. Ich kann ihnen die Nummer von seinem Büro geben, wenn sie möchten."
Sie lächelte verhalten. „Oh, nein danke, das wird nicht nötig sein. Wenn er in seiner Firma ist, dann habe ich die Nummer."
„Ja? Dann viel Glück, als ich das letzte Mal versuchte dort durchzukommen war er schon längst wieder zu Hause."
Die Anruferin nickte skeptisch. „Ich werde es trotzdem versuchen."
„Ich kann auch die Nummer aufschreiben und sie zurück rufen lassen.", bot der junge Mann an.
„Das wird nicht nötig sein. Danke."Sie beendete die Verbindung. Eine komische Frau dachte sich Lucas. Wer mochte sie nur gewesen sein? Normalerweise nahmen die Leute sein Angebot immer recht gerne an.
Schlurfend setzte er seinen Weg in die Küche fort. Schnell fand er auch etwas, das ihm schmeckte und er ging in das große Arbeitszimmer seines Vaters. Während er aß suchte er in den Unterlagen nach der Vereinbarung, die Dr. Wolenczak am Vortag unterzeichnet hatte. Irgendwo in diesen Schubladen musste die doch sein. Seine Schmerzen verhinderten, dass er sich bücken konnte. Draußen drang von dem Staufluß ein ihm sehr bekanntes Quieken und Schnalzen an sein Ohr. Waren es die, die er vermutete? Lucas richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und ging zu dem Großen Fenster. Das was sich da draußen was im Wasser tummelte war aber keiner der Delphine mit denen Lucas aufgewachsen war. Die Körperfärbung stimmte so gar nicht.
„Darwin!", brachte er ungläubig hervor. Nun hielt ihn gar nichts mehr. Alle Schmerzen und körperlichen Behinderungen waren mit einem Mal vergessen. Er schob die Terassentür auf und tapste Barfuß hinaus. Hoffentlich befand sich nicht ausgerechnet heute eine von den zahlreichen giftigen Schlangen Australiens in ihrem Garten. Das würde ihm gerade noch fehlen. Auf dem Steg angekommen versuchte er sich hinzusetzen.
„Du bist es wirklich. Darwin!"Von einem Ohr zum anderen lächelnd hielt er seine Hand der Schnauze seinem Freund aus dem Meer hin. Wie gern hätte er jetzt seinen Vocoder. „Bist du mir gefolgt?"Nur zu gerne würde er jetzt zu dem Delphin ins Wasser tauchen. Ihn umarmen und mit ihm ausgiebig schmusen.
Der Meeressäuger pfiff fröhlich vor sich hin. Er war glücklich mit sich selbst. Schließlich hatte er es geschafft die Person zu finden, die zu suchen er ausgeschickt worden war.
„Du bleibst jetzt aber für eine Weile bei mir, das ist dir hoffentlich klar."
Darwin stellte sich auf und nickte heftig mit dem Kopf, bevor er rückwärts ins Wasser platschte. Dass sich jemand Sorgen um den Delphin machen könnte, daran dachte das Computergenie gar nicht. Er stand schwer auf. „Wart mal kurz, ich hab was für dich. Zumindest glaube ich da was gesehen zu haben." Aufgeregt humpelte Lucas zurück ins Haus, auf direktem Weg in die Küche und tauchte wenig später auch mit einem Papierpacken wieder auf. „Das wird dir schmecken."
Das Erscheinen seines besten Freundes hellte die Untergangsstimmung deutlich auf, Lucas selbst fühlte wie es ihm besser ging. Er packte den Fisch aus. Sofort hing Darwin auf dem Steg und sperrte sein Maul ganz weit auf. Als alles verspeist war gab es von dem Menschen noch einen Kuss auf die Melone. „Weißt du was? Ich brauche unbedingt Werkzeug und ein paar elektronische Einzelteile. So ganz ohne kann ich mich mit dir überhaupt nicht verständigen. Wie du siehst ist es mir nicht möglich mit dir zu schwimmen. Mir tut alles im Körper weh und ich schwöre dir, sobald ich die Chance dazu bekomme wird Bourne dafür bezahlen. Dieses Schwein kommt damit nicht durch. Ich bin schon am überlegen wie ich mit einem richtig fiesen Virus seinen Regierungscomputer mal lahm legen könnte."
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„Du bist dir auch wirklich sicher, dass es so besser ist? Ich kann nicht ewig mit den Kindern in dem kleinen Apartment bleiben! Du weißt ich habe es eigentlich für meine Mutter herrichten wollen. Sie sollte kommendes Wochenende her ziehen."
„Vorübergehend muss es aber gehen."Dr. Wolenczak trat gemeinsam mit der Frau, die heute am frühen Nachmittag bereits mit Lucas telefoniert hatte durch die Haustür.
„Wieso? Ich verstehe das nicht ganz. Hat es was mit diesem Kerl zu tun, den du hier bei dir hast?"Damit traf sie einen wunden Punkt. Wütend fuhr Lawrence herum.
„Das ist kein Kerl, sondern mein Sohn!"
Nun verschlug es der Frau die Sprache. Sie hatte ihn von seiner Firma abgeholt und bisher noch gar nicht mit ihm über Lucas gesprochen. „Ich dachte der sei tot."
Der Wissenschaftler nickte. „Bis gestern Nachmittag dachte ich das auch noch. Genau aus diesem Grund will ich auch nicht, dass du oder deine Kinder die ersten Tage hier im Haus um ihn herum geistern. Ich weiß nicht was man mit ihm gemacht hat. So wie er aussah war die Gefangenschaft bestimmt nicht wenig traumatisch. Dann haben wir uns seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen. Hier hat sich alles verändert, er hat sich verändert. Dazu kommt noch, dass mir durch diesen verdammten Verpflichtungsvertrag mit dem ich ihn freikaufen musste die Hände gebunden sind. Sieh mich nicht so an, sobald ich selber mehr darüber Bescheid weiß, werde ich es dir genauer erklären. Ich habe das Ding zu einem meiner Anwälte zur Prüfung gebracht."
„Du hast dich zu etwas verpflichtet? Ich kann es nicht glauben. Bist du dir sicher, dass das dort dein Sohn ist? Vielleicht will man dich ja nur reinlegen. Du hast mir selbst gesagt, man versucht dir zur Zeit das Leben schwer zu machen. Wie kannst du da nur sicher sein, dass es wirklich dein Sohn ist? Ich glaube eher der ist nach wie vor tot. Denn der mit dem ich heute telefoniert habe ist keine dreißig!"
„Ich weiß, aber er ist es. Ich erkenne meinen Sohn!"
„Und ich glaube du hast dich ordentlich reinlegen lassen, dann lässt du den auch noch allein im Haus! Ganz ehrlich, du bist nicht mehr richtig bei Sinnen!", warf sie ihm hysterisch vor.
Dr. Wolenczak ließ sie links liegen und legte seine Arbeitsunterlagen, die er sich mitgenommen hatte auf den großen Schreibtisch. Dabei sah er in den Garten und entdeckte dort seinen Sohn wie den Delphin, der Kunststückchen machte.
„Das ist mein Sohn, da besteht kein Zweifel. Dieses Bild ist Beweis genug. Du willst aber einen eindeutigeren Beweis und dafür werde ich euch eben bekannt machen."
Er ging hinaus in den Garten redete eine kurze Zeit mit dem jungen Mann am Steg und half diesen anschließend auf. Gemeinsam kehrten sie in das Haus zurück. „Margrit, das ist mein Sohn Lucas."
Das blonde Computergenie lächelte freundlich und hielt ihr die Hand hin. „Das erklärt warum mein Angebot die Nummer zu notieren abgelehnt wurde."
Missmutig ergriff Margrit die Hand und ließ sie schnell wieder los. Lawrence erkannte die Situation und versuchte zu vermitteln. „Margrit und ich sind seit über einem Jahr bereits zusammen und sie wohnte bis vor kurzem auch noch mit ihren drei Kindern hier im Haus."
Jetzt verstand auch der Verletzte was hier eigentlich los war. „Das erklärt noch mehr.", sagte er mit einem erkennenden Nicken. „Hast du sie wegen mir raus geschmissen?", fragte Lucas ganz direkt seinen Vater.
„Ich hielt es für den Anfang besser, wenn du nicht sofort alles vor den Kopf bekommst. Es ist lange her. Mir selbst geht das ganze noch richtig durch den Magen."
„Wieso, hat sich da endlich ein Magengeschwür gebildet? Michael hat das schon vor über zehn Jahren prophezeit.", grinste Lucas schelmisch seinen Vater an.
„Nein, ich bin nach wie vor geschwürfrei.", grinste Larry zurück.
„Wirklich? Wann war denn die letzte Spiegelung?"
„Meine medizinischen Untersuchen gehören in den Hintergrund. Ich wollte eigentlich, dass ihr beide euch nun einmal kennen lernt."
„Na gut, die Vorstellung haben wir hinter uns. Kommen wir zu unseren Berufen. Ich bin arbeitslos und sie oder darf ich du sagen?"Wechselte der blonde Ensign seinen Gesprächspartner. Der Gedanken Darwin im Hinterkopf machte ihn viel lockerer.
Margrit drehte sich verächtlich herum. „Das ist doch absolut nicht wahr.", murmelte sie vor sich hin und ging aus dem Haus.
Verwirrt wandte sich der Computerexperte an seinen Vater. „Habe ich irgend etwas falsch gemacht?"
„Nein", schüttelte dieser enttäuscht den Kopf. „Sie glaubt du bist von der Regierung absichtlich bei mir eingeschleust worden und alles ist nur eine Lüge. Angeblich handelt es sich bei dir nicht um meinen Sohn."
Lucas seufzte auf. Das konnte doch nicht wahr. „Glaubst du das auch?", fragte er seinen Vater argwöhnisch.
„Ein berechtigtes Interesse an dieser Geschichte besteht, doch sobald ich in deine Augen sehe, weiß ich ganz sicher, dass es nicht so ist."Lawrence drehte sich zu seinem Sohn herum und legte seine Hand auf dessen Wange. Nein, das hier war wirklich sein eigen Fleisch und Blut. Ihn konnte man nicht fälschen.
Der junge Wissenschaftler legte seine Hand auf die seines Vaters und schenkte ihm ein Lächeln. „Sag mal, kannst du mir wenn du nach Darwin fährst etwas mitbringen? Ihr habt doch sicherlich eine Menge Teile in den Lagern liegen die kaum gebraucht werden."
„An was hast du da gedacht?"
„Ein paar elektronische Kleinteile. Nichts großartiges."
Das Glitzern in den blauen Augen kannte Dr. Wolenczak. Es war nicht zu unterschätzen. „Was hast du vor?", hinterfragte er.
„Wie ich schon sagte, nichts großartiges. Ist vollkommen harmlos."Dabei drehte er seinen Kopf zurück zum Arbeitszimmer und dem großen Panoramafenster von wo aus Darwin noch immer zu sehen war. Der Delphin würde die Schleuse nicht verlassen. Genau das war es was Lucas auch hoffte. Solange seine Idee nicht umgesetzt war, würde sein Freund nirgendwohin gehen.
„Ich denke morgen werde ich in die Firma fahren und kann dir etwas mitbringen."
„Sehr gut, dann mache ich gleich mal die Liste."Freudig sprang oder besser humpelte der Ensign davon. Wenigstens ging es ihm besser und sein Lebensmut schien zurück zu kehren.
Aus der obersten Schublade des väterlichen Schreibtisches kramte er einen Block heraus. Aus der Stiftebox wählte er wahllos einen Kugelschreiber aus. Typischerweise war dieser auch leer. Hier hatte sich wahrlich nichts verändert. Nach vier weiteren Stiften fand er einen, der wenigstens etwas Farbe abgab. Hätte er keinen gefunden würden seine Finger ein wenig Gymnastik auf der Tastatur des Computers betreiben. Ganz Mittellos konnte man in diesen Räumen nicht sein. Als er fertig war, ging er zu seinem Vater zurück, der sich ein wenig in der Küche beschäftigte.
„Hier ist die Liste. Das ist alles wichtig. Wenn nur ein Teil fehlt oder nicht so ist, wie es sein sollte, dann geht das nicht richtig."
Aufmerksam las der Physiker sich die Liste durch. „Was baust du damit?"
„Wirst du schon sehen. Kannst du mir das alles bringen?"
Lawrence atmete tief durch bevor er antwortete. „Ich denke schon."
„Fantastisch."Innerlich machte der junge Wissenschafter Luftsprünge. Ein Klingeln an der Haustür rief ihn vorerst in die Realität zurück. Dr. Wolenczak steckte sich den Zettel in die Brusttasche seines Hemdes und ging zur Tür. An den Türrahmen zur Küche gelehnt wartete Lucas darauf, wer nun sie besuchen wollte. Ihm stockte der Atem als er den Mann erkannte.
Anm II: Also, ich habe den guten Lawrence zum Physiker gemacht. Stromlehre gab es nur in Physik und mir ging das Power Plant Projekt nie mehr aus dem Kopf. ^^
Unsanft wurde er in eine Zelle gestoßen, dabei knallte er mit der Stirn gegen die Eisenkonstruktion eines alten Bettes. Ein stechender Schmerz begann sich von der Aufschlagstelle über seinen Nacken durchs Mark bis hinunter in seine Beine auszubreiten. Mit beiden Händen hielt sich der junge Mann an dem Gestell fest. Vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte, er versuchte gegen die Bewusstlosigkeit anzukämpfen. Warme Flüssigkeit floß von seiner Stirn langsam herab. Seine Sehkraft bereits durch die schwarzen Flecken getrübt tauchte einseitig alles in ein bösartiges rot. Eine Hand tastete nach dem Schmerzpunkt über der rechten Augenbraue. Mit den Fingern berührte er etwas klebriges. Warme Flüssigkeit rann ihm die Schläfe hinunter, brannte schmerzhaft in seinen Augen und ließ alles durch einen roten Schleier erkennen. Als er die blutverschmierten Finger sah, gab er sich der beruhigenden Dunkelheit der Bewusstlosikeit hin. Kraftlos sackte er in der engen Zelle zusammen.
Kräftige Tritte in den Magen und Rücken holten ihn zurück. „Hey, bist du endlich wach?", raunzte ihn eine befehlsgewohnte Stimme an.
„Ja.", stöhnte Lucas. Mit aller Kraft versuchte er aufzustehen, doch sein Kopf schmerzte höllisch. Getrocknetes Blut klebt auf seinem Gesicht und verhinderte, dass er sein rechtes Auge öffnen konnte. Schwer zog sich der Ensign am Bett in seiner Zelle hoch.
„Sie werden nachher zu einem Verhör gebracht. Das hier werden sie sich bis dahin genau durchlesen, denn jeder Häftling, der sich nicht an die Vorschriften hält wird entsprechend bestraft."Er warf ein dickes Papierbündel hin, mit einem blauen Pappdeckel oben auf. Es zeigte das Logo der makronesischen Allianz. „Oh und in dem Aufzug sollten sie ebenfalls nicht auftauchen. Sehen sie zu, das sie zumindest einen ordentlichen Eindruck hinterlassen. All das viele Blut. Wird dem Präsidenten gar nicht gefallen."
„Bourne?", fragte Lucas ungläubig.
„Natürlich, wer denn sonst. Wir haben nur einen Präsidenten. Ihr seaQuest Leute habt unheimliches Glück. Ihr seid die einzigsten die er persönlich vernimmt."
„Und wie stellen sie sich das vor? Ich habe hier nichts, womit ich den äußerlichen Anforderungen gerecht werden könnte. Das Blut kann ich mir nicht abwaschen."
„Tja, da wird wohl jemand auf seine Spucke zurückgreifen müssen. Aber ich kann ihnen auch helfen."Der makronesische Soldat spuckte Lucas auf die Schuhe. „Ihr seid alle Dreckschweine von der UEO."Mit diesen Worten verließ er die Zelle. Die Gittertür fiel scheppernd ins Schloss.
******
Als man ihn dem Präsidenten vorführte gingen die Soldaten nicht besonders zart mit ihm um. Ein Knirschen in seinem rechten Arm, gefolgt von einem ziehenden, fast unerträglichen Schmerz, zeigte ihm einen Bruch an. Hoffentlich kam bald jemand um ihn raus zu holen oder zumindest um ihn zu töten. Dann würde das alles ein Ende haben.
Er wurde in einen sehr dunklen Raum gebracht, den nur einige kleine Lampen an der Decke beleuchteten. An einem langen Tisch am Ende des Raumes saß Alexander Bourne zusammen mit einigen anderen hohen Männern seiner Allianz. „Willkommen.", sagte Bourne mit schleimiger Stimme.
„Ich bezweifle das ich das bin. Zumindest sagen mir das meine Verletzungen.", zischte Lucas.
„Aber, aber. Ich werde meine Leute rügen. Vorher hätte ich ihnen ein Angebot zu unterbreiten Mr.", er machte eine kurze Pause. „Wolenczak."
Lucas sah ihn nur an und wartete.
„Was würden sie davon halten für mich zu arbeiten?"
„Nie im Leben!"
„Auch nicht, wenn sie bei mir einen höheren Posten bekommen würden als bei der UEO? Sie sind Wissenschaftler, nicht? Ihr Ruf eilt ihnen Voraus. Wäre es nicht Verschwendung ihn nicht an einer besseren Stelle zu nutzen?"
„Um die Allianz schneller zu einer Weltmacht zu bringen? Sie sind ein egoistischer, raffgieriger Diktator, Bourne!"
„Beleidigungen. Ist es das was man ihnen bei der UEO beibringt? Mir scheint es fast als würde jedem Soldaten dieser Organisation bevor er in den Dienst geht einer ordentlichen Gehirnwäsche unterzogen. Das bringt doch nichts. Arbeiten sie lieber für mich. Bei mir haben sie Zugriff auf die neuesten wissenschaftlichen Errungenschaften. Ich werde ihnen einen Posten mit Macht geben und sie gebührend entlohnen."Er schob ein einzelnes weißes Blatt auf dem Tisch vor. Einer der Soldaten, die zur Bewachung des Ensign geblieben waren, nahm es und überreichte es ihm.
Schnell überflog das Junggenie die wenigen Zeilen. Er zerriß das Blatt. „Den Wisch können sie sich sonstwohin stecken. Da mache ich nicht mit."
„Sie wissen, dass ihnen der Tod unter diesen Umständen droht."
„Dann soll es so sein.", sagte Lucas mit fester Stimme.
„Äußerst bedauerlich.", seufzte Bourne. „Schafft ihn raus."Ohne zu murren ließ sich der junge seaQuest Offizier wieder aus dem Raum führen. Als die Tür sich schloß lehnte sich der Berater zu Bournes rechter Seite zu seinem Präsidenten herüber.
„Sir, diese Option ihn zu töten könnte problematisch werden."
„Wieso?", fragte der makronesische Präsident erstaunt. „Wir bringen täglich Leute um, die sich nicht an meine Gesetze halten."
„Diese Leute haben aber niemanden in unserem Land, der uns zu Fall bringen könnte."
Nun war Bourne völlig überrascht. „Versuchen sie mir gerade zu sagen, dass dieser kleine Offizier von der seaQuest mir und meiner Allianz gefährlich werden könnte?"
Der Berater zögerte nervös. „Das ist so nicht ganz richtig. Er könnte ihnen nicht nur gefährlich werden, er ist es schon."
Mit Bangen folgte Bourne dem Bericht seines Berater. Was der ihm eröffnete gefiel ihm überhaupt nicht. Doch er würde einen Weg finden, sich daraus zu winden und auch die Gefahr zu beseitigen.
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Im ehemaligen Australien, eine Autostunde westlich der Stadt Darwin, fand in einem kleinen aber noblen Ort eine private Gartenparty statt. Die Anwesenden mehrere Generationen genossen einen Augenblick im Vergessen der derzeitigen politischen Situation im Kreise ihrer langjährigen Freunde und Verwandten.
Ein großer Geländewagen der makronesischen Allianz fuhr langsam durch die Straße und hielt vor einem großen weiß gestrichenen Haus. Zwei Soldaten stiegen aus und zerrten eine dritte, ziemlich zerschlagen aussehende Person aus dem hinteren Teil des Wagens. Sie trug Handschellen und hatte sichtlich Mühe sich auf den Beinen zu halten.
Einer der Gäste bei der Party stieg von der Bank auf und eilte zu schnell zu diesen Leuten. Die Stimmung auf dem Grillfest war mit einem Mal im Keller. Einer der Soldaten hatte mehrere Male an der Haustür geklingelt, es öffnete jedoch niemand. Sein Kollege blieb bei dem rampuniert aussehenden jungen Mann.
„Was wollen sie?", fragte der ältere von der Party kommende Mann feindlich.
„Wissen sie wo der Besitzer dieses Hauses ist?", fragte statt dessen der Soldat, der gerade von der Haustür zurück kam.
„Ja, das tue ich.", antwortete der Gefragte. Mittlerweile konnte er den Mann in Handschellen erkennen. Dieser hatte bereits beim ersten Erklingen der Stimme des Fremden den Kopf gehoben. Beide sahen sich an.
„Wissen sie wo ich Doctor Lawrence Wolenczak finden kann?", fragte der Soldat noch einmal eindringlich.
„Ich bin doch hier!"Lawrence Kopf fuhr zu dem Soldaten herum und fuhr ihn an.
„Ah."Er holte mehrere zusammengeheftete Papiere aus einer Mappe. „Lesen sie sich dies durch. Sollten sie damit einverstanden sein, werden wir ihn hier lassen andernfalls habe ich Befehl ihn auf der Stelle zu erschießen." Die unpersönliche Bezeichnung galt Lucas.
„Das brauche ich nicht durchzulesen. Was auch ich da drinnen steht spielt keine Rolle. Es geht hier um das Leben meines Sohnes! Das unterschreibe ich blind."Lawrence ließ sich einen Stift geben und setzte seine Unterschrift darunter.
Lucas konnte nicht glauben, was er da hörte. Er wusste, dass er seinem Vater viel bedeutet hatte, zumindest nachdem die seaQuest verschwunden war, doch damit hatte er nicht gerechnet.
Dr. Wolenczak gab Stift und Papier dem Soldaten zurück. „Hier. Jetzt verschwinden sie!", befahl er.
Eine Kopie des Schriftstückes wurde dem Wissenschaftler ausgehändigt. „Das bleibt bei ihnen. Halten sie sich daran, andernfalls", er grinste gehässig. „sie können es ja nachlesen, was dann passieren könnte."Lawrence verzog daraufhin keine Miene.
Lucas hielt die immer noch in Handschellen gefesselten Hände dem anderen Soldaten hin. Als die Metallringe abgenommen waren und sein Wächter ihn nicht mehr stützte verlor er beinahe das Gleichgewicht. Sein Vater reagierte schnell genug und legte ihm helfend einen Arm um.
Die makronesischen Soldaten stiegen in ihren Wagen und fuhren weg. Vater und Sohn sahen beide froh dem Fahrzeug nach bis es verschwunden war. Dann übte Lawrence leichten Druck aus und bedeutete dem Ensign zum Haus zu gehen. Er schloss die Haustür auf und führte Lucas in sein Arbeitszimmer, dass sich im hinteren Bereich des Hauses befand. Dort half er seinem Sohn sich hinzusetzen. Der schien Probleme mit dem rechten Knie zu haben.
„Meine Kniescheibe ist draußen.", erklärte das Junggenie.
Lawrence holte schnell einen Hocker herbei, wo der Fuß aufgelegt werden konnte. „Ich dachte du wärst tot.", meinte er nun endlich.
„Das beruht auf Gegenseitigkeit.", gab Lucas matt zurück. Sein Vater hockte sich vor ihn hin. Sein Haar war fast vollständig ergraut und in seinem Gesicht befanden sich mehr Falten, als noch vor zehn Jahren, als das Computergenie ihn das letzte Mal gesehen hat.
Nach einer weiteren Weile des Schweigens wurde dieser von dem jungen Mann gebrochen. „Ich wusste allerdings, dass du noch leben musstest."
„Wie das?", fragte sein Vater lächelnd. „Niemand weiß es außerhalb der Allianz."
„Bis auf mich. Ich war in der Orpheus."
Der Ausdruck auf Dr. Wolenczaks Gesicht wich von Unglauben zu tiefster Besorgnis bis über Wut. „Wie? Das kann nicht sein, selbst wenn. Es ist lebensgefährlich."
„Richtig. Ich wäre auch beinahe draufgegangen nur um der kleinen Chance zu folgen, dass mein Vater dort unten in einer noch aktiven Cryostasiskammer liegt. Was wohl ein Irrtum war, denn der mumifizierte Leichnam wies keinerlei genetischer Übereinstimmung mit mir auf. Zudem sah er ziemlich mongolied aus."
Lawrence fuhr ihm durch das strähnige und blutverschmierte Haar. „Dir kann man nie etwas vormachen.", lächelte er. „Bleib hier, ich gehe schnell Michael holen, der soll sich mal deine Verletzungen ansehen."Er stand auf und wollte gerade raus, als er sich noch einmal umdrehte. „Hast du das alles von der Allianz bekommen?"
„Wer sonst sollte mich so zurichten?"
Dr. Wolenczak nickte nur und ging aus dem Haus. Besagter Michael war ein ziemlich guter Freund von Lucas' Vater. Die beiden kannten sich schon lange bevor es das Computergenie überhaupt gab. Er war Arzt und hatte schon so manche Krankheit und Verletzung von ihm behandelt. Sein Vater hatte das Skript der Allianz, welches er unterschrieben hatte, achtlos auf seinen Schreibtisch geworfen. Lucas fühlte sich in diesem Moment sicher. Er war in dem Haus in dem er aufgewachsen war. Zumindest zum Teil. Hier im Arbeitszimmer schien noch fast alles so wie damals. Wenn man mal von der neueren Computeranlage absieht und dem großen Foto von ihm selbst. Auch über der Couch hing ein großes Portrait von ihm. Unter Schmerzen drehte er sich herum, auch der Garten hatte sich nicht verändert.
Die Haustür öffnete sich. Ein sichtlich gealterter Michael eilte sofort zu Lucas. „Lucas.", sagte er freundlich und sichtlich erfreut ihn zu sehen.
„Hi.", presste Lucas unter Schmerzen hervor.
„Zeig mal her."Schon war Michael voll in seine Arztrolle verfallen. Wo sein Vater gerade war, konnte Lucas nicht sagen. Michael hatte bereits einen feuchten Waschlappen hervorgezaubert und wischte das eingetrocknete Blut vom Gesicht des Junggenies um die Wunde an der Stirn besser untersuchen zu können.
„Sag mal, diese Uniform, ist die neuerdings Pflicht? Du warst doch Zivilist."
„Genau, das Schlüsselwort ist war. Ich musste mich verpflichten andernfalls säße ich jetzt wohl nicht hier."
„Hat doch auch sein gutes."
„Das werden wir noch sehen. Ich atme erst erleichtert auf, wenn ich weiß was mein Vater für einen Wisch unterschreiben musste."
„Was aber keine Rolle spielt."Lawrence war nun wieder bei ihnen. „Ist alles in Ordnung?", fragte er Michael.
„Wie man es nimmt. Er sollte in die Klinik, nicht nur wegen der Knochenbrüche. Die eine oder andere kleinere Wunde kann ich versorgen, aber es könnte sein, dass er innere Blutungen hat und je nachdem wie schwer es aussieht, wird er dort auch bleiben."
„Ich bleibe in keiner Einrichtung, die der Allianz untersteht.", protestierte Lucas.
„Das werden wir noch sehen. Ich fahr dich gleich hin."Dr. Wolenczak zückte bereits die Autoschlüssel für seinen Mercedes.
„Was wirst du Margrit sagen?", fragte Michael ihn.
„Die wird für eine Weile wieder in ihrem Apartment leben müssen. Ich war gerade bei ihr. Glücklich ist sie nicht darüber."Seine neue wirklich feste Lebensgefährtin seit der Trennung seiner ehemaligen Ehefrau Cynthia und Mutter seines Sohnes war ebenfalls auf der kleinen Feier seiner Freunde gewesen. Er hatte ihr nicht gesagt worum es ging oder was es mit diesem Häftling, wie sie ihn nannte, auf sich hatte. Ihre Proteste waren eindeutig gewesen, doch sie vertraute ihm und stimmte letztendlich zu. Noch sagte er keinem etwas über diesen Fremden, den die Allianz gebracht hatte. Dafür würde noch genügend Zeit sein. Erst mussten die Verletzungen behandelt werden.
„Soll ich mitkommen?"
Lawrence schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bringe Lucas allein ins Krankenhaus. Du kannst aber den anderen Bescheid sagen, dass ich heute nicht mehr komme. Bin da ja einfach verschwunden."Stimmt, wenn man von seinem kurzen Besuch wegen Margrit und dem vorangegangenen Entzug Michaels zur Behandlung seines Sohnes absah, war er wirklich einfach so verschwunden.
„Na gut. Gute Besserung, Lucas."Dann ging Michael zu der Gartenparty zurück während Vater und Sohn Wolenczak sich auf den Weg in ein Krankenhaus machten.
„Was ist da los?", fragte Michaels Frau. „Was wollten die Leute vom Militär bei Larry?"
„Die haben Lucas gebracht.", meinte Michael grinsend.
„Lucas?"Die Blicke aller Anwesenden die wussten wer gemeint war sprachen Bände. Keiner konnte glauben was sie da hörten.
Michaels Sohn sprang auf und ließ sein kleines Kind bei dessen Mutter zurück. Michael hielt ihn zurück. „Bleib hier Andy. Die sind auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Allianz schien es für nötig zu halten ihn zusammenzuschlagen."
Seinem Sohn schien die Antwort nicht zu gefallen. Er machte einen Eindruck, als würde er auf flüssiger Lava stehen. Zu gerne würde er seinen Freund aus Kindertagen sehen.
Margrit war wenige Minuten vor Michaels Rückkehr wutschnaubend von dannen gezogen.
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Glücklicherweise hatte er keine inneren Blutungen. Der rechte Arm war glatt durchgebrochen, der linke leicht angebrochen. Einige seiner Rippen mussten dran glauben. Sonst waren es nur oberflächliche Verletzungen und man hatte ihn wieder gehen lassen. Es dämmerte bereits als sie wieder zu Hause waren.
„Du kannst heute Nacht im Schlafzimmer schlafen. Dein Zimmer wird ziemlich eingestaubt sein und muss erst noch richtig durchgelüftet werden."Er legte seinen Schlüssel auf die Kommode. Da fiel Lucas etwas ein.
„Was war das vorhin mit einer gewissen Margrit?"
Lawrence hielt inne. „Sie wohnt hier, gemeinsam mit ihren Kindern."Er hatte mit der Antwort gezögert.
„Oh, verstehe."Auch wenn Lucas niemals gewollt hatte, jemals wieder einen Streit zwischen seinen Eltern erleben zu müssen, konnte er sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass diese neue Partner finden würden. Obwohl er sie noch nicht kannte, war sie ihm bereits unsympathisch und er empfand einen gewissen Hass. Wie war das mit Kindern?
„Sie wird aber für eine Weile nicht hier sein. Ihr Kinder ebenfalls nicht. Zuerst müssen wir beide einige Dinge klären. Uns wieder kennen lernen."
„Ja, zum Beispiel wofür du dich verpflichtet hast oder besser was mein Leben gekostet hat."Lucas ging schnurstracks wieder in das Arbeitszimmer und fischte das weiße Manuskript vom Tisch. Mit diesem ließ er sich auf der Couch nieder. Seine rechte Kniescheibe ist wieder in Position gebracht worden, aber man hatte ihm einen Verband angelegt und geraten dieses zumindest für einige Tage gestreckt zu halten. Seine Uniform hinterließ üble Flecken auf der weißen Polstercouch.
Alle Blicke in der Klinik waren ihnen sicher gewesen. Einen uniformierten Offizier der UEO sah man hier garantiert nicht oft und schon gar nicht wenn er frei herumlief.
„Solange es dir gut geht, ist mir alles egal.", meinte sein Vater als er zu ihm ging.
„Ach, auch das du dich hiermit verpflichtest die Allianz zu beliefern und über fünfzig Prozent deines Firmenpotentials für das Militär zur Verfügung zu stellen? Die wollen, dass du ihre Schiffe mit Computertechnologie versorgst und am besten am laufenden Bann verbesserst."Lucas blätterte weiter. „Der Kerl hat sie doch nicht mehr alle!", schimpfte er.
Sein Vater rutschte näher an ihn heran um in das Dokument sehen zu können. „Die wollen ernsthaft von mir, dass ich diesen Ort hier auf gar keinen Fall verlassen, es sei denn Bourne selbst gestattet es mir andernfalls können sie mich oder dich auf der Stelle töten. Na fantastisch."Er warf wütend das Schriftstück hinter die nächste Pflanze. „Du hast dir selbst die Schlinge um den Hals gelegt!"
Lawrence legte seinen Arm um die Schulter seines Sohnes und drückte ihn an sich. „Sieh es doch mal von der positiven Seite. Wir beide haben jemanden wieder, von dem wir dachten er wäre für immer verschwunden und Beaches ist im Grunde genommen ja kein schlechter Ort. Auch wenn man hier festsitzt. Es gibt wohl kaum einen anderen Ort in ganz Makronesien, wo es sich Sorgenfreier leben lässt als hier."
„Das kann doch nicht dein Ernst sein!"
„Ist es aber. Selbst die Farmen in der Wüste stehen fast ausschließlich unter der Kontrolle der Allianz. Hier wagt sich von denen aber kaum einer her."
„Ist das der Grund warum ich im Gegensatz zu jedem anderen UEO Offizier freigelassen wurde. Weil es hier etwas gibt, was ihn daran hindert? Henderson wollte er damals öffentlich hinrichten!"
„Nun, nicht jeder hat einen Vater, der die Mittel und Wege hat einen Alexander Bourne zu stürzen. Egal was dieser Vertrag besagt. Er wird noch nicht einmal die Hälfte davon durchsetzen können, auch nicht wenn er notariell abgesichert worden wäre."
„Du meinst hatte! Mit dieser Verpflichtung dort, kannst du ganz schnell um die Ecke gebracht werden und stellst für niemanden mehr eine Gefahr dar. Du lebst gefährlich. Warum dieser Teufel noch kein Mordkommando auf die gehetzt hat wundert mich. Ich glaube nicht daran, dass das Teil so leicht missachtet werden kann. Ich habe Bourne ganz anderes kennen gelernt. Warum sollte er nicht einfach so mal einen Killer auf dich ansetzen?"
„Weil er mich braucht."Auf den fragenden Blick seines Sohnes erklärte er. „Die gesamte wissenschaftliche Elite hat sich gegen ihn gestellt. Selbst unter der höheren Gesellschaft ist er nicht sehr geachtet. Er braucht das Geld und den wissenschaftlichen Rat. Ohne diese Dinge kann er einpacken. Wolenczak Industries gehört zu den ertragreichsten Firmen der gesamten Allianz. Nur weil wir uns weigern uns an seine Auflagen zu halten und seine Verlustkampagne gegen uns leisten können, sind wir ihm ein Dorn im Auge. Dazu kommt noch, dass wir bei heimischen Firmen einkaufen, mit ihnen zusammenarbeiten, kooperieren und sie somit ebenfalls vor dem Untergang bewahren. Nach außen hin sieht es oftmals so aus, als hätte der Präsident die komplette Kontrolle über sein Land, doch das ist nicht so. Alles was er hat ist gar nichts, außer seinen Träumen und das Wohlwollen einiger ebenso Machthungriger Regierungsleute wie er."
„Tut mir leid, aber für mich hört sich das alles viel zu utopisch an. Ich glaube nicht, dass du ihn so sehr unter Kontrolle hast, nur weil deine Firma einen entsprechenden Einfluß genießt. Lies dir lieber das Ding mal genauer durch. Ich brauche vorher was frisches zum anziehen und eine ordentliche Runde Schlaf. Mir fallen jeden Moment die Augen zu."
„Du kannst was aus meinem Schrank nehmen.", bot Lawrence an. Genau das würde Lucas auch tun. Schließlich wurde ihm ja die Möglichkeit gegeben im väterlichen Bett zu schlafen, in ebenjenem Kleiderschrank im Schlafzimmer würde sich schon was finden lassen.
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Lucas wachte recht früh am nächsten Morgen auf was zum größten Teil auf seine Schmerzen zurück zu führen war. Eine ganze Weile lag er ruhig in dem großem Bett und betrachtete das Lichtspiel welches durch das Fenster auf dem Holzparkett sich ihm darbot. Sie hatten Sommer, aus diesem Grund verwunderte es den Enszign auch nicht, dass der Wecker erst fünf Uhr anzeigte.
Er konnte sich noch ganz genau an die Zeit erinnern, als sich hier in diesem Schlafzimmer noch ein kleines Aquarium mit Schildkröten befand. Damals war es eine seiner Lieblingsbeschäftigungen neben dem Hacken gewesen diese zu beobachten, besonders wenn diese mal wieder probierten Salatblätter in ihre kleinen Mäuler zu bekommen die größer waren als ihre Schnauzen. Das Junggenie veranstaltete aus Langeweile auch schon mal kleine Wettrennen oder setzte die Tierchen in selbstgebauten Labyrinthen aus um festzustellen wieviel Intelligenz in ihnen steckte.
Diese Zeiten waren vorbei. Heute wehte ein ganz anderer Wind und dem immer lauter werdenden Knurren seines Magens nach hatte er als erstes an Frühstück zu denken. Vorsichtig kroch er aus dem Bett. Die angeknacksten Rippen meldeten sich mit ausbreitenden Stechen. Bevor er ganz aus dem Bett stieg blieb er noch einige Minuten auf der Bettkante sitzen um den Schmerz abklingen zu lassen. Als er meinte es ging wieder entwich ihm die Luft nur so aus der Lunge, so weh tat es. Sein Vater musste die Schmerzmittel, die man Lucas mitgegeben hatte in der Küche deponiert haben. Ja, da lagen sie gut. Bis da runter würde er einiges aushalten müssen.
Langsam schlurfte er über den blanken Marmorboden des Flurs. Selbst ein Blinder musste bemerken, dass hier keine armen Menschen lebten. Nach dem Badezimmer blieb er stehen. Ein gerahmtes Puzzle hatte die Aufmerksamkeit des Computergenies erregt. Es war ein größeres aus fünftausend Teilen bestehendes Puzzle. Er war es selbst gewesen der es zusammengebaut hatte. Die Skyline Sydney's bei Nacht mit einem großen hell leuchtenden Mond.
Bridger war mit ihm während eines Landurlaubes nach Sydney gefahren als er siebzehn war. Wie sehr er diesen Mann mochte bemerkte Lucas erst, als er nicht mehr bei ihm war. Er vermisste seine Fürsorge und Hilfsbereitschaft. Die Frage nach einem Wiedersehen mit dem Captain drängte sich ihm direkt auf. Er konnte nur hoffen, dass man sich nicht zu viele Sorgen um ihn machte. Hoffte, sie wussten, über seine Gesundheit, wenn auch etwas angeschlagen, Bescheid.
Später musste er sich unbedingt das Dokument genauer durchlesen, in welchem er verpflichtet worden war diese kleine Stadt hier nicht zu verlassen. So viel man hier auch unternehmen konnte, genauso schnell konnte es einem auch unendlich langweilig werden. Darauf hatte er keine Lust.
Lucas wandte sich von dem Puzzle ab und stieg die Treppe langsam hinab. Nirgendwo war ein Zeichen, dass Dr. Wolenczak schon wach war. Wo hatte dieser überhaupt geschlafen? Im Haus gab es viele Möglichkeiten.
Mit den bloßen Füßen über den Boden schlurfend ging er in die Küche. Seine Vermutung war richtig. Auf dem Küchentisch lagen die Schachteln mit den Schmerzmitteln. Er wählte die stärkste aus und schluckte sie mit etwas Leitungswasser hinunter. Hoffentlich wirkten sie schnell.
„Habe ich doch was gehört."Lawrence, ziemlich verschlafen, trat neben ihn. „Wie geht es dir?"Er strich eine Haarsträhne aus dem Gesicht seines Sohnes.
„Ich habe gerade die heftigste von den Tabletten hier geschluckt und überlege mir noch eine hinter zu pfeifen. Was denkst du wie es mir geht?", schnauzte er in schlechtester Laune herum. Lucas bemerkte jedoch sofort seinen Fehler. „Tut mir leid. Ich habe nur solche Schmerzen und so ein verrückter Diktator will mich hier festhalten wie ein Stück Weidevieh."
Lawrence strich ihm über den Rücken. Die Berührung tat Lucas gut. Er hatte nach der Rückkehr der seaQuest viel zu schnell erwachsen werden müssen. „Wir werden schon eine Lösung finden. Erst müssen deine Verletzungen verheilen, vorher könntest du sowieso nirgends hin. Leg dich wieder ins Bett, ich gehe uns frische Brötchen holen, dann frühstücken wir in aller Ruhe. Anschließend ist immer noch genug Zeit um über gewisse Dinge zu sprechen."
Der Ensign sah seinen Vater skeptisch an. „Man bekommt mitten in makronesischen Landen morgens frische Brötchen?"
„Natürlich, er kann ja nicht alle Lebensbereiche vollkommen nach seinen Vorstellungen zerstören."
„Aber zu horrenden Preisen!"
„Geh und leg dich wieder hin."Dr. Wolenczak ging aus der Küche um sich anzuziehen. Die Schmerzmittel begannen langsam zu wirken. Da mussten halbe Drogen drinnen sein, denn er begann sich leicht komisch zu fühlen. Nur ein kurzer Blick in den Kühlschrank, den Küchenschrank und er ging mit gekühlten Saft und mehreren Schokoriegeln bewaffnet in das ehemalige Schlafzimmer seiner Eltern zurück. Sollte er jemals auf die seaQuest zurück kommen bevor Bourne gestürzt war und bevor die markonesische Allianz für nichtig erklärt wurde, würde er als erstes seine Mutter anrufen. Auch wenn sie ihren Frieden mit ihm geschlossen hatte, er jedenfalls nicht, und auch wenn sie weiterhin darauf beharrte er sei vor zehn Jahren für sie verstorben, so hörte sie ihn ja sicherlich an. Wohl würde er in ihren Augen wieder dieser verrückte Spinner, dieser Hochstapler sein, aber er musste ihr erzählen, dass sein Vater tatsächlich noch am Leben war. Einen Brief würde sie von ihm nicht öffnen, auch keine E-Mail, aber bei einem Anruf tat sie dies nicht. Ihre eigene Erziehung zur Höflichkeit verhinderte dies. Dann fiel ihm ein, dass sein Vater bereits eine andere Frau jetzt zu haben schien. Ach was, er schob den Gedanken zur Seite. Solange sie nicht direkt vor ihm stand oder sein Vater sie öfters erwähnte, war sie nicht wichtig.
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„Tut mir außerordentlich leid, Captain, aber wenn sie nicht auf ihre Leute aufpassen können, sollten sie nicht immer bei mir nach dem Schuldigen suchen. Ich kann ihnen da auch nicht weiterhelfen. Meine Leute hätten mich sofort darüber informiert, wenn sie ein Shuttle von der seaQuest angegriffen hätten, nur weil sie nicht rechtzeitig von ihrem Generalsekretär in Kenntnis gesetzt wurden."Präsident Bourne grinste scheinheilig auf dem Hauptschirm der seaQuest.
Nathan Bridgers Finger gruben sich krampfhaft in die Rückenlehne des Commandosessels, wo sein ehemaliger erster Offizier saß. Captain Hudson hatte vor dem Kommandokontrollen Position bezogen. Er war es auch, der die meiste Zeit über redete. „Das kann nicht sein. Das wissen wir beide nur zu gut. Einer ihrer Spectre war zu genau jenem Zeitpunkte hinter der früheren Grenze und beobachtete uns. Sie können mir hier nicht erzählen, niemand hätte bemerkt wie sich ein Shuttle von meinem Boot entfernt hat."
„Wissen sie, mich beschleicht der Verdacht, dass sie mir etwas anzuhängen versuchen. Glauben sie nicht doch eher an die Möglichkeit, dass ihr Mann einfach nur genug von ihnen und der UEO hatte und sich klammheimlich davon gemacht hat? Fahnenflucht ist schließlich keine Seltenheit beim Militär."
Hudson lachte bissig auf. „Nein, das tue ich nicht. Ich kenne meinen wissenschaftlichen Offizier nun gut genug um genau das auszuschließen."Er ging ein paar Schritte auf den Hauptmonitor zu. „Nur mich beschleicht der Verdacht sie sagen uns mit gutem Grund nicht, dass sie ihn haben."
„Warum sollte ich denn soetwas tun?", heuchelte Bourne entsetzt. „Sie und die UEO wissen doch ganz genau wie präzise ich sie immer über jede Gefangennahme, die alle aus Verstößen gegen geltende Gesetzte der Allianz verstießen, informiert habe."
„Ja, das haben sie. Solange bis wir Lieutenant Henderson gewaltsam aus einer hinterhältigen Gefangenschaft befreit haben. Sie haben Angst erneut von uns die Hosen heruntergezogen zu bekommen. Das ist alles. Darum verschwinden in letzter Zeit öfters gute UEO Männer und tauchen nie mehr auf, darum geben sie nicht zu, dass sie ganz genau wissen wo Ensign Wolenczak steckt!", Hudson sprach mit zusammengebissenen Zähnen.
„Weiß ihr Generalsekretär von ihren Anschuldigungen, Captain Hudson? Ich hoffe doch, denn ich wünsche ihnen keinen Ärger den sie damit bekommen könnten. Wenn sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich habe noch einige wichtige Termine die ich gehalten bin wahr zu nehmen. Einen schönen Tag ihnen noch."
„Er hat die Verbindung beendet, Sir.", meldete O'Neill das Offensichtliche.
„Dieser Bastard hat ihn, nur wir wissen nicht wo und was er mit ihm vor hat."Mit geballten Fäusten kam er wieder an Bridgers Seite.
Nathan musste sich innerlich zur Ruhe zwingen. Das Gespräch hatte ihm sein Äußerstes an Selbstbeherrschung gekostet, er war kurz davor vor Sorge zusammenzubrechen. Sie waren nun aber keinen Schritt weiter.
Hudson sammelte sich, atmete tief ein bevor er wieder sprach. „Also Leute, ich bin für jeden Vorschlag offen."
„Das hat doch keinen Sinn, Oliver.", seufzte Nathan auf. Der verzweifelte Unterton konnte aus seiner Stimme nicht gebannt werden.
„Darwin ist noch immer nicht zurück.", sagte Commander Ford nach einer langen Zeit des Schweigens. „Das ist vielleicht ein gutes Zeichen."
„Oder ein schlechtes.", gab Bridger matt die Antwort.
„Oder dieser Tümmler frisst sich irgendwo kräftig den Bauch voll während wir hier rum stehen und zu keiner Lösung kommen."Hudson stemmte seine rechte Hand in die Hüfte und fuhr mit energischem Ton fort. „Ich brauche einen fähigen Wissenschaftler hier an Bord und ich will Wolenczak zurück haben. Jetzt strengt mal eure Gehirne ein wenig an und überlegt wie wir ihn wieder hierher zurück bekommen."
Captain Bridger wandte sich voller Schmerz ab. Langsam verließ er mit schweren Schritten die Brücke. Am Schott drehte er sich um. „Solange sie nicht wissen wo man ihn gefangen hält, sollte er denn noch am Leben sein, sind alle Pläne nutzlos."
Commander Ford fand den Captain an genau dem Ort, den er vermutet hatte. Lucas' Quartier. Nathan saß am Computer und sah verträumt das Eigentum des jungen Wissenschaftlers durch.
„Wir werden ihn ganz sicher finden."Jonathan setzte sich auf Piccolos Koje und betrachtete seinen ehemaligen Captain.
Ein schweres Seufzen entwich Bridger. „Ich hoffe es, ich hoffe es sehr. Ich will dieses Quartier hier nicht ausräumen müssen."
„Das werden wir auch nicht. Wir finden Lucas und dann kann Bourne sein blaues Wunder erleben."
„Haben sie schon versucht Darwin zurück zu rufen?"
„Nein. Ist es nicht besser zu warten bis er von selbst kommt?"
„Wenn wäre er schon längst wieder zurück gewesen."
„Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Ich bin mir sicher, wir finden ihn."Commander Ford wollte Nathan Mut zusprechen, leider hatte er seine eigenen Gefühle nicht ganz unter Kontrolle und die Hoffnungslosigkeit hinter diesen konnte er auch nicht verbannen als er sprach.
„Sie haben recht, Jonathan. Noch wissen wir nicht was man mit ihm gemacht hat. Wenn sie ihn getötet hätten, würden sie nicht so ein Geheimnis aus seinem Verschwinden machen."
„Genau."Der erste Offizier versuchte zu lächeln.
Bridger legte das Buch von Lucas zurück und stand auf. „Gehen wir mal versuchen, ob wir nicht Darwin wieder auf das Boot zurück bekommen."
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Wieder einmal trieb ihn der Hunger aus dem Bett. Am späten Vormittag hatte Lucas von seinem Vater den Fernseher ins Zimmer gestellt bekommen, während er sich darum kümmern wollte sein altes her zu richten, damit er nicht ständig im elterlichen Schlafzimmer wohnen musste. Das Programm war die letzten Jahre nicht besser geworden. Im Gegenteil, es war schlimmer.
Dr. Wolenczak befand sich derzeitig in der Firma. Anscheinend gab es Probleme und er musste kurzfristig weg. Die sorgenvolle Nummer hatte immerhin einen ganzen Vormittag angehalten.
Er war gerade zwischen Küche und Flur als das Vidphon klingelte. Sollte er ran gehen? Aber klar doch! Schließlich ist das hier jetzt wieder sein zu Hause. Er drehte sich auf der Ferse herum und schritt die wenigen Meter zu dem Gerät. „Hallo?"
Auf dem Schirm erschien das Gesicht einer Frau Ende vierzig Anfang fünfzig. Sie hatte kurze blonde Haare, die in leichten Wellen bis leicht unter das Kinn fielen. Ihr Blick war verwirrt. „Entschuldigung, ich glaube ich habe mich verwählt."
„Kann sein, zu wem wollten sie denn?"
„Ich hatte eigentlich Dr. Wolenczak anrufen wollen, aber ich probier es noch einmal. Tut mir leid."
Bevor die Frau die Verbindung beenden konnte, ging Lucas dazwischen. „Sie brauchen nicht nochmals neu anrufen, er ist nicht da. Ich kann ihnen die Nummer von seinem Büro geben, wenn sie möchten."
Sie lächelte verhalten. „Oh, nein danke, das wird nicht nötig sein. Wenn er in seiner Firma ist, dann habe ich die Nummer."
„Ja? Dann viel Glück, als ich das letzte Mal versuchte dort durchzukommen war er schon längst wieder zu Hause."
Die Anruferin nickte skeptisch. „Ich werde es trotzdem versuchen."
„Ich kann auch die Nummer aufschreiben und sie zurück rufen lassen.", bot der junge Mann an.
„Das wird nicht nötig sein. Danke."Sie beendete die Verbindung. Eine komische Frau dachte sich Lucas. Wer mochte sie nur gewesen sein? Normalerweise nahmen die Leute sein Angebot immer recht gerne an.
Schlurfend setzte er seinen Weg in die Küche fort. Schnell fand er auch etwas, das ihm schmeckte und er ging in das große Arbeitszimmer seines Vaters. Während er aß suchte er in den Unterlagen nach der Vereinbarung, die Dr. Wolenczak am Vortag unterzeichnet hatte. Irgendwo in diesen Schubladen musste die doch sein. Seine Schmerzen verhinderten, dass er sich bücken konnte. Draußen drang von dem Staufluß ein ihm sehr bekanntes Quieken und Schnalzen an sein Ohr. Waren es die, die er vermutete? Lucas richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und ging zu dem Großen Fenster. Das was sich da draußen was im Wasser tummelte war aber keiner der Delphine mit denen Lucas aufgewachsen war. Die Körperfärbung stimmte so gar nicht.
„Darwin!", brachte er ungläubig hervor. Nun hielt ihn gar nichts mehr. Alle Schmerzen und körperlichen Behinderungen waren mit einem Mal vergessen. Er schob die Terassentür auf und tapste Barfuß hinaus. Hoffentlich befand sich nicht ausgerechnet heute eine von den zahlreichen giftigen Schlangen Australiens in ihrem Garten. Das würde ihm gerade noch fehlen. Auf dem Steg angekommen versuchte er sich hinzusetzen.
„Du bist es wirklich. Darwin!"Von einem Ohr zum anderen lächelnd hielt er seine Hand der Schnauze seinem Freund aus dem Meer hin. Wie gern hätte er jetzt seinen Vocoder. „Bist du mir gefolgt?"Nur zu gerne würde er jetzt zu dem Delphin ins Wasser tauchen. Ihn umarmen und mit ihm ausgiebig schmusen.
Der Meeressäuger pfiff fröhlich vor sich hin. Er war glücklich mit sich selbst. Schließlich hatte er es geschafft die Person zu finden, die zu suchen er ausgeschickt worden war.
„Du bleibst jetzt aber für eine Weile bei mir, das ist dir hoffentlich klar."
Darwin stellte sich auf und nickte heftig mit dem Kopf, bevor er rückwärts ins Wasser platschte. Dass sich jemand Sorgen um den Delphin machen könnte, daran dachte das Computergenie gar nicht. Er stand schwer auf. „Wart mal kurz, ich hab was für dich. Zumindest glaube ich da was gesehen zu haben." Aufgeregt humpelte Lucas zurück ins Haus, auf direktem Weg in die Küche und tauchte wenig später auch mit einem Papierpacken wieder auf. „Das wird dir schmecken."
Das Erscheinen seines besten Freundes hellte die Untergangsstimmung deutlich auf, Lucas selbst fühlte wie es ihm besser ging. Er packte den Fisch aus. Sofort hing Darwin auf dem Steg und sperrte sein Maul ganz weit auf. Als alles verspeist war gab es von dem Menschen noch einen Kuss auf die Melone. „Weißt du was? Ich brauche unbedingt Werkzeug und ein paar elektronische Einzelteile. So ganz ohne kann ich mich mit dir überhaupt nicht verständigen. Wie du siehst ist es mir nicht möglich mit dir zu schwimmen. Mir tut alles im Körper weh und ich schwöre dir, sobald ich die Chance dazu bekomme wird Bourne dafür bezahlen. Dieses Schwein kommt damit nicht durch. Ich bin schon am überlegen wie ich mit einem richtig fiesen Virus seinen Regierungscomputer mal lahm legen könnte."
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„Du bist dir auch wirklich sicher, dass es so besser ist? Ich kann nicht ewig mit den Kindern in dem kleinen Apartment bleiben! Du weißt ich habe es eigentlich für meine Mutter herrichten wollen. Sie sollte kommendes Wochenende her ziehen."
„Vorübergehend muss es aber gehen."Dr. Wolenczak trat gemeinsam mit der Frau, die heute am frühen Nachmittag bereits mit Lucas telefoniert hatte durch die Haustür.
„Wieso? Ich verstehe das nicht ganz. Hat es was mit diesem Kerl zu tun, den du hier bei dir hast?"Damit traf sie einen wunden Punkt. Wütend fuhr Lawrence herum.
„Das ist kein Kerl, sondern mein Sohn!"
Nun verschlug es der Frau die Sprache. Sie hatte ihn von seiner Firma abgeholt und bisher noch gar nicht mit ihm über Lucas gesprochen. „Ich dachte der sei tot."
Der Wissenschaftler nickte. „Bis gestern Nachmittag dachte ich das auch noch. Genau aus diesem Grund will ich auch nicht, dass du oder deine Kinder die ersten Tage hier im Haus um ihn herum geistern. Ich weiß nicht was man mit ihm gemacht hat. So wie er aussah war die Gefangenschaft bestimmt nicht wenig traumatisch. Dann haben wir uns seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen. Hier hat sich alles verändert, er hat sich verändert. Dazu kommt noch, dass mir durch diesen verdammten Verpflichtungsvertrag mit dem ich ihn freikaufen musste die Hände gebunden sind. Sieh mich nicht so an, sobald ich selber mehr darüber Bescheid weiß, werde ich es dir genauer erklären. Ich habe das Ding zu einem meiner Anwälte zur Prüfung gebracht."
„Du hast dich zu etwas verpflichtet? Ich kann es nicht glauben. Bist du dir sicher, dass das dort dein Sohn ist? Vielleicht will man dich ja nur reinlegen. Du hast mir selbst gesagt, man versucht dir zur Zeit das Leben schwer zu machen. Wie kannst du da nur sicher sein, dass es wirklich dein Sohn ist? Ich glaube eher der ist nach wie vor tot. Denn der mit dem ich heute telefoniert habe ist keine dreißig!"
„Ich weiß, aber er ist es. Ich erkenne meinen Sohn!"
„Und ich glaube du hast dich ordentlich reinlegen lassen, dann lässt du den auch noch allein im Haus! Ganz ehrlich, du bist nicht mehr richtig bei Sinnen!", warf sie ihm hysterisch vor.
Dr. Wolenczak ließ sie links liegen und legte seine Arbeitsunterlagen, die er sich mitgenommen hatte auf den großen Schreibtisch. Dabei sah er in den Garten und entdeckte dort seinen Sohn wie den Delphin, der Kunststückchen machte.
„Das ist mein Sohn, da besteht kein Zweifel. Dieses Bild ist Beweis genug. Du willst aber einen eindeutigeren Beweis und dafür werde ich euch eben bekannt machen."
Er ging hinaus in den Garten redete eine kurze Zeit mit dem jungen Mann am Steg und half diesen anschließend auf. Gemeinsam kehrten sie in das Haus zurück. „Margrit, das ist mein Sohn Lucas."
Das blonde Computergenie lächelte freundlich und hielt ihr die Hand hin. „Das erklärt warum mein Angebot die Nummer zu notieren abgelehnt wurde."
Missmutig ergriff Margrit die Hand und ließ sie schnell wieder los. Lawrence erkannte die Situation und versuchte zu vermitteln. „Margrit und ich sind seit über einem Jahr bereits zusammen und sie wohnte bis vor kurzem auch noch mit ihren drei Kindern hier im Haus."
Jetzt verstand auch der Verletzte was hier eigentlich los war. „Das erklärt noch mehr.", sagte er mit einem erkennenden Nicken. „Hast du sie wegen mir raus geschmissen?", fragte Lucas ganz direkt seinen Vater.
„Ich hielt es für den Anfang besser, wenn du nicht sofort alles vor den Kopf bekommst. Es ist lange her. Mir selbst geht das ganze noch richtig durch den Magen."
„Wieso, hat sich da endlich ein Magengeschwür gebildet? Michael hat das schon vor über zehn Jahren prophezeit.", grinste Lucas schelmisch seinen Vater an.
„Nein, ich bin nach wie vor geschwürfrei.", grinste Larry zurück.
„Wirklich? Wann war denn die letzte Spiegelung?"
„Meine medizinischen Untersuchen gehören in den Hintergrund. Ich wollte eigentlich, dass ihr beide euch nun einmal kennen lernt."
„Na gut, die Vorstellung haben wir hinter uns. Kommen wir zu unseren Berufen. Ich bin arbeitslos und sie oder darf ich du sagen?"Wechselte der blonde Ensign seinen Gesprächspartner. Der Gedanken Darwin im Hinterkopf machte ihn viel lockerer.
Margrit drehte sich verächtlich herum. „Das ist doch absolut nicht wahr.", murmelte sie vor sich hin und ging aus dem Haus.
Verwirrt wandte sich der Computerexperte an seinen Vater. „Habe ich irgend etwas falsch gemacht?"
„Nein", schüttelte dieser enttäuscht den Kopf. „Sie glaubt du bist von der Regierung absichtlich bei mir eingeschleust worden und alles ist nur eine Lüge. Angeblich handelt es sich bei dir nicht um meinen Sohn."
Lucas seufzte auf. Das konnte doch nicht wahr. „Glaubst du das auch?", fragte er seinen Vater argwöhnisch.
„Ein berechtigtes Interesse an dieser Geschichte besteht, doch sobald ich in deine Augen sehe, weiß ich ganz sicher, dass es nicht so ist."Lawrence drehte sich zu seinem Sohn herum und legte seine Hand auf dessen Wange. Nein, das hier war wirklich sein eigen Fleisch und Blut. Ihn konnte man nicht fälschen.
Der junge Wissenschaftler legte seine Hand auf die seines Vaters und schenkte ihm ein Lächeln. „Sag mal, kannst du mir wenn du nach Darwin fährst etwas mitbringen? Ihr habt doch sicherlich eine Menge Teile in den Lagern liegen die kaum gebraucht werden."
„An was hast du da gedacht?"
„Ein paar elektronische Kleinteile. Nichts großartiges."
Das Glitzern in den blauen Augen kannte Dr. Wolenczak. Es war nicht zu unterschätzen. „Was hast du vor?", hinterfragte er.
„Wie ich schon sagte, nichts großartiges. Ist vollkommen harmlos."Dabei drehte er seinen Kopf zurück zum Arbeitszimmer und dem großen Panoramafenster von wo aus Darwin noch immer zu sehen war. Der Delphin würde die Schleuse nicht verlassen. Genau das war es was Lucas auch hoffte. Solange seine Idee nicht umgesetzt war, würde sein Freund nirgendwohin gehen.
„Ich denke morgen werde ich in die Firma fahren und kann dir etwas mitbringen."
„Sehr gut, dann mache ich gleich mal die Liste."Freudig sprang oder besser humpelte der Ensign davon. Wenigstens ging es ihm besser und sein Lebensmut schien zurück zu kehren.
Aus der obersten Schublade des väterlichen Schreibtisches kramte er einen Block heraus. Aus der Stiftebox wählte er wahllos einen Kugelschreiber aus. Typischerweise war dieser auch leer. Hier hatte sich wahrlich nichts verändert. Nach vier weiteren Stiften fand er einen, der wenigstens etwas Farbe abgab. Hätte er keinen gefunden würden seine Finger ein wenig Gymnastik auf der Tastatur des Computers betreiben. Ganz Mittellos konnte man in diesen Räumen nicht sein. Als er fertig war, ging er zu seinem Vater zurück, der sich ein wenig in der Küche beschäftigte.
„Hier ist die Liste. Das ist alles wichtig. Wenn nur ein Teil fehlt oder nicht so ist, wie es sein sollte, dann geht das nicht richtig."
Aufmerksam las der Physiker sich die Liste durch. „Was baust du damit?"
„Wirst du schon sehen. Kannst du mir das alles bringen?"
Lawrence atmete tief durch bevor er antwortete. „Ich denke schon."
„Fantastisch."Innerlich machte der junge Wissenschafter Luftsprünge. Ein Klingeln an der Haustür rief ihn vorerst in die Realität zurück. Dr. Wolenczak steckte sich den Zettel in die Brusttasche seines Hemdes und ging zur Tür. An den Türrahmen zur Küche gelehnt wartete Lucas darauf, wer nun sie besuchen wollte. Ihm stockte der Atem als er den Mann erkannte.
Anm II: Also, ich habe den guten Lawrence zum Physiker gemacht. Stromlehre gab es nur in Physik und mir ging das Power Plant Projekt nie mehr aus dem Kopf. ^^
