„Ist dies nicht ein herrlicher Tag?"waren die ersten Worte, des Besuches. Er unterstrich sie mit einer ausbreitenden Armgestik. Vater und Sohn Wolenczak fanden das jedoch nicht. Beide setzten sie böse Mienen auf.

„Verschwinden sie, Bourne!"presste Lucas zähneknirschend hervor und drehte sich in die Küche zurück.

„Sie gestatten doch!"Bevor Dr. Wolenczak widersprechen konnte, presste sich der makronesische Präsident an ihm vorbei. Vor der Haustür stand ein Wagenkonvoi und einige der Leibwächter Bournes. Lawrence war sich sicher, für genügend Gesprächsstoff der nächsten sechs Monate im Ort gesorgt zu haben .

„Ich bin mir sicher, sie wollen sich nicht entgehen lassen, was ich ihnen zu sagen habe."redete der unerwünschte Gast weiter. Lucas knallte mit Wut die Kühlschranktür zu.

„Oh, doch, das will ich!"schrie er ihn an. Lawrence war zu ihm geeilt und versucht ihn zu beruhigen.

Ein siegessicheres Lächeln erschien auf Bournes Gesicht. „Sie wissen, dass die seaQuest sie sucht? Stellen sie sich nur vor, man verdächtigt mich, sie gefangen genommen zu haben."Er schüttelte den Kopf mit einer Miene, als hätte man ihn zu unrecht verdächtigt.

„Was ja auch richtig ist."meinte Lawrence sachlich.

„Sicher, sicher, aber die UEO kann mir nichts nachweisen. Jedenfalls nicht solange, bis der ehemalige Offizier der seaQuest hier in einem offiziellen Schreiben an die UEO mitteilt, dass er freiwillig zur Allianz gewechselt hat."

„Sie haben sie doch nicht mehr alle."Der junge Mann schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich werde nichts dergleichen unterschreiben."

Präsident Bourne holte aus dem Innenteil seines Jackets einige zusammengefaltete Papiere hervor. „Bitte tun sie uns beiden den Gefallen und widmen sie ihre Aufmerksamkeit diesem Schreiben hier. Es sind genügend Vergünstigungen für sie eingearbeitet worden. Wir werden uns schon einig werden."Erwartungsvoll sah er den jungen Wissenschaftler an.

Lucas spürte wie sich seine gebrochenen Rippen mit einem ziehen meldeten. Durch seine Wut hatte er begonnen heftiger zu atmen. Er musste sich innerlich wieder zur Ruhe bringen, damit der Schmerz nicht zu stark wurde. Zu oft wollte er seine Medikamente nicht einnehmen. Er wartete, dass noch etwas kommen würde, doch der makronesische Staatsmann sah ihn weiterhin an. Das Schreiben hielt er ihm hin, doch ihn ekelte davor es anzunehmen. Diese Gestik hätte etwas verpflichtendes an sich. Wenn er es nehmen würde, würde die Sache nicht durch ein in „den Papierkorb werfen"erledigt sein. Vielmehr wäre es ein Sieg für Bourne.

Mit dem kühlen Orangensaft in der Hand ging er aus der Küche. „Tun sie uns beiden den Gefallen und verschwenden sie nicht unnötig mehr Zeit."

„Wollen sie ihren Lebtag diesen Ort nicht mehr verlassen können?"

„Wenn das mein Los sein sollte, dann werde ich es annehmen. Lieber lasse ich mich einsperren, anstatt gegen die zu kämpfen, die meine Freunde sind." Lucas ließ Bourne gar nicht erst weiter reden. Er knallte die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich zu. Sollte sein Vater sich mit dem Gast beschäftigen, er hatte gesagt, was es zu sagen gab. Dieser arrogante Schnösel! Wie konnte er nur so dreist sein und direkt hierher kommen und ihm erneut dieses Angebot unterbreiten?

Stockwütend lief er ziellos durch das Zimmer. Hoffentlich verschwand der Konvoi endlich vor der Haustür. Um nichts in der Welt würde er auf dieses Angebot eingehen. Sollte der makronesische Präsident doch auf Knien zu ihm kommen, er würde dennoch nein sagen. Völlig aufgewühlt ging er in den Garten. Darwin erwartete ihn bereits freudig am Steg. Humpelnd kam er zu ihm. „Du bist der einzige, der nie Hintergedanken hegt, wenn man mit ihm spricht."Er hielt die Hand zum Wasser hin und der Meeressäuger hob sich so weit aus dem Wasser, dass seine Schnauze die Fingerspitzen berührten.

Lange Zeit saßen die beiden schweigsam zusammen. Der Delphin spürte, wie groß die Sorgen waren, die seinem menschlichen Freund beschäftigten. Ab und zu versuchte er mit einem leisen Schnattern ihn zu ermuntern oder zu einem Spiel anzuregen, doch alles konnte der junge Wissenschaftler aufgrund seines Gesundheitszustandes noch nicht einmal machen. Also blieb er bei ihm. Stand ihm bei an einem Ort, der dem Delphin so fremd war.

„Was hat er denn?"fragte Bourne überrascht, als die Tür knallte. „Ach, wahrscheinlich hat ihm mein Angebot so sehr überrascht."Er drehte sich zu dem zerknirscht dreinsehenden Wissenschaftler. „Dr Wolenczak, ich nehme mal an, sie werden sich schon eher bereit erklären mir zu zu hören."

„Ich wüsste nicht warum."antwortete dieser kalt.

„Ich bitte sie. Wir zwei wissen doch, was für Folgen es haben könnte, wenn ihr Sohn nicht für die Allianz arbeitet."Ganz als wäre er dazu eingeladen worden, setzte sich Alexander Bourne an den Küchentisch. Sehr zum Missfallen des Hausbesitzers.

„Gar keine! Soweit habe ich mir ihren Wisch durch gelesen, um das zu wissen."

„Und sie wissen auch, dass ich keine Verpflichtungserklärung benötige, um sie in die Knie zu zwingen."Sein Tonfall war schneidend geworden. Er hatte sich also ausreichend auf dieses Gespräch vorbereitet und auch damit gerechnet gehabt, den Physiker allein antreffen zu können.

„Was wollen sie tun? Mich wirtschaftlich ruinieren? Versuchen sie es. Noch haben sie nicht den gesamten Staat auf ihrer Seite. Meines Wissens nach ist man dabei sie bereits von innen heraus zu zerstören. Wenn es die anderen Mächte nicht können, ihr eigenes Volk kann es. Hier hat keiner Lust sich von einem skrupellosen Diktator unterdrücken zu lassen. Die Zeiten sind vorbei. Die Geschichte hat bereits oft genug gezeigt, wie schnell eine Macht zu Ende sein kann und ihre ist bereits zu lang gewesen. Zu groß. Nun ist Schluß. Es wird nicht mehr lange dauern und dann ist die UEO wieder diejenige Großmacht, die genau das tut, zu was sie einst gegründet wurde; den Weltfrieden zu erhalten."

„Wovon reden sie eigentlich? Niemand versucht mich zu stürzen. Sie sollten besser darauf achten, was sie sagen. Es könnte sie in Schwierigkeiten bringen."

„In welche? Die, dass sie mich endlich verschonen mit ihren ewigen Angeboten?"

Präsident Bourne schlug die flache Hand auf den Tisch. „Sie haben mir ihr Leben zu verdanken. Ohne die makronesische Allianz wären sie bereits tot!"

Das stimmte. Wäre damals nicht zufällig ein Schiff der Allianz aufgetaucht, hätte er in der Orpheus den Tod gefunden. Sie dockten bei ihm an und holten ihn, bereits völlig entkräftet aus dem Boot. Die Cryo-Kammer hatte nicht richtig funktioniert nachdem er immer weiter in das Thermalfeld gedriftet war. Er hatte übersehen gehabt, dass ihn die Wärme, die davon ausging, hinunter ziehen könnte. Ohne die Allianz würde jetzt sein Leichnam auf dem Grund des Ozeans liegen.

„Aber da ich für sie von Nutzen sein könnte, haben sie alles daran gesetzt mich lebend dort raus zu holen. Niemand sonst hat von meiner Forschungsfahrt gewusst, es sei denn es hat sich jemand durchgehend in meinen persönlichen Organizer gehackt. Normalerweise ein Ding der Unmöglichkeit, weil ich bereits vor mehreren Jahren ein hervorragendes Schutzprogramm installiert habe, das lange Zeit keiner Erneuerung in Sachen Hackangriffen benötigte. Sie müssen sich ordentlich die Zähne daran ausgebissen haben."Das System stammte von Lucas. Der hatte es aus Langeweile mal geschrieben. Sobald jemand versuchte sich einzuhacken, wurde er blitzschnell aus dem System geworfen. Für die seaQuest hatte er es sogar noch perfektioniert.

Bourne räusperte sich. „Hmm, ich sehe schon. Mit ihnen kann man heute nicht in dieser Sache sprechen. Gut, dann werden wir uns ein andern mal erneut darüber unterhalten."

„Soll ich ihnen sagen, warum sie so an Lucas interessiert sind?"

Neugierig drehte sich der Präsident herum. Auf seinem Gesicht versuchte er nur ein geringeres Interesse zu spiegeln, das gelang ihm aber nicht richtig.

„Nachdem sie Teile des Festlandes Amerikas in Wasser verwandelt hatten, mit ihrer Wunderwaffe, haben sie die Wissenschaftler, die an der Entwicklung dieser Waffe beteiligt waren umgebracht. Jedoch nicht an die Folgen denkend. Einige von ihnen waren vorher noch in der Lage die Pläne zu vernichten und die Lagerhalle für ihre kleine Kanone in die Luft zu sprengen. Darum wollen sie meinen Sohn oder mich haben. Vorzugsweise beide. Die Möglichkeit, dass einer von uns auf die richtige Spur kommen könnte, ist enorm groß. Jetzt haben sie vor kurzem ihren alten Industriefreund Deon auch noch verloren, da der nun fleißig im Kittchen vor sich hin schmort, nun könnte meine Firma den Platz von seiner einnehmen. Schon hätten sie auch auf diesem Sektor wieder volle Übersicht."

Das war ein Volltreffer. Der makronesische Präsident versuchte seine Überraschung mit einem Lächeln zu überspielen, doch sobald er auf eine unvorbereitete Art angesprochen wurde, löste sich die gesamte Professionalität von ihm. „Seit wann habe ich meinen Einfluss über Deon verloren? Als ich das letzte Mal mit meinen Leuten sprach, gehörte die Firma noch zu meinem Privatvermögen."Es war um die ganze Welt durch die Presse gegangen. Als Lawrence Deon sich von seiner Schussverletzung erholte hatte, die ihm durch den noch immer nicht gefassten Mason Freeman zugefügt worden war, wurde er von einem internationalen Gericht verurteilt. Für seine kriminellen Machenschaften musste der Industrieboss für mehrere Jahre ohne Bewährung in das Gefängnis. Die Firmenleitung war nicht geregelt und man sah sich gezwungen das Unternehmen neu zu besetzen. Der Meistbietende erhielt den Zuschlag und das war Alexander Bourne. Woher er das Geld für den Kauf nahm, wussten auch alle sehr genau. Das Volk Makronesiens litt immer mehr. Seine Ausbeuterei nahm ungeahnte Ausmaße an. Doch so wie es aussah, wusste Dr Wolenczak bereits schon wieder mehr.

„Deon gehört nicht mehr ihnen. Die internationale Kommission für Wettbewerbsfreiheit hat ihnen den Besitz wieder genommen und Deon unter eigene Leitung gestellt, bis sich jemand fand. Eine Maßnahme die von vornherein klar war, doch sie meinten mit ihren Schmiergeldern die Verantwortlichen kaufen zu können. Sobald aber einer der Angestellten auspackt und droht zur Presse zu gehen, sind die Leute doch ganz kooperativ und wurden bereits gegen neue ersetzt. Ihnen sollte doch der Wechsel in der obersten Abteilung der Kommission aufgefallen sein. Sie haben sich bei allen Großfirmen vorgestellt, unter anderem auch bei mir. Von dem Moment an war mir klar, dass Deon nicht mehr in ihrem Besitz sein konnte.

Wir haben bereits genug Monopolstände auf dem Weltmarkt, die die Bevölkerung aller Nationen versuchen auszubeuten. Einer der größten ist Deon. Das ist auch den Unabhängigen klar und darum musste man gegen sie vorgehen. Wissen sie was ich glaube? Ich denke, man wird Deon in seine jeweiligen Produktionsabteilungen aufspalten und als einzelne Firmen weiter verkaufen. Als ganzes kann die Firma nicht mehr weiter geführt werden. Es war sowieso ein Fehler von vornherein, dass man nicht eher eingegriffen hat. Viele Menschen sind durch diesen Fehler zugrunde gegangen, aber es wurde Zeit wieder normale Verhältnisse auf dem Weltmarkt zu schaffen."

Knirschend drehte sich Bourne um und verließ das Haus wortlos. Das hatte gewirkt. Es half also doch immer auf dem laufenden zu sein. Gegen Männer wie den Präsidenten halfen nur solche Maßnahmen. Er war ein gefährlicher Mann, der nicht unterschätzt werden sollte. Seine Intentionen die beiden Wolenczaks in seine Dienste zu stellen galten nur der, schneller seine Macht auszubreiten. Nachts träumte dieser Mann wahrscheinlich schon von der Weltherrschaft und wie er sich auf seinem Thron die Krone aufsetzen ließ.

Hoffentlich würde sie für einige Zeit Ruhe haben. Noch war die Vereinbarung nicht von seinem Anwalt geprüft, so lange er keine Gewissheit hatte, auf was er sich da eingelassen hat, würde er vorsichtig sein.

Als er sicher war, der ungebetene und vollkommen unerwünschte Gast hatte die Einfahrt verlassen und befand sich nun auf dem Heimweg, ging er durch das Arbeitszimmer hinaus in den Garten. Sein Sohn saß wie bereits schon einmal an diesem Tag am Steg und spielte mit seinem Delphin.

„Er ist weg."

Lucas drehte sich kurz zu ihm um, dann wendete er sich wieder dem Meeressäuger zu. „Gut."

„Kann ich dich mal was fragen? Wie bist du darauf gekommen, dass in der Orpheus eine Leiche liegt? Das ist mir gerade eben so gekommen, als ich mit Bourne gesprochen habe."Lawrence setzte sich neben ihn. Er befeuchtete seine Hand und streichelte Darwin sanft.

„Ich war doch drinnen, schon vergessen?"

„Das nicht, aber als ich das Boot verließ, befand sich außer mir niemand an Bord. Ich bin allein aufgebrochen und wurde auch allein aus der Kammer geholt."

„Und wie kommt dann der Tote da rein?"

„Ich glaube ich sollte dir vielleicht erst einmal erzählen, warum ich damals nicht in dem Ding gestorben bin."

Der Ensign seufzte auf. „Ja, das wäre ein Anfang. Wahrscheinlich klärt das auch ein paar Fragen, wie die, warum du lebst."

„Diese könnte ich dich auch fragen."

Lucas sah zur Seite, aber nicht seinem Vater ins Gesicht. Sein Blick hing auf den Holzbrettern des Steges. Er setzte mehrmals zu einer Antwort an, aber stockte jedesmal. „Ich kann dir das nicht einfach so erzählen, du würdest mir wahrscheinlich noch nicht einmal Glauben schenken."

„Dass die Geschichte mit dem Experiemt von der UEO komplett erfunden ist, ist kein Geheimnis. Die Mannschaft sei angeblich für eine gewisse Zeit in Stasis versetzt worden. Nur im allerhöchsten Notfall würde man sie aus ihrem Schlaf erwecken. Dies ist jedoch nicht geschehen, als Makronesien Teile der USA vernichtete. Die Landmasse in Wasser umwandelte. Jemand der nachdenken kann, weiß, wie erfunden dies ist. Ich respektiere aber die Geheimhaltung. Sollte es etwas wirklich obskures sein, dann werde ich dich nicht weiter fragen."

„Gilt das dann auch für meine Fragen? Soll ich diese zurück halten und alles als gegeben hinnehmen?"

„Nein."Lucas' Vater schüttelte den Kopf. „Früher oder später würdest du hinter das eine oder andere kommen. In meinem Fall handelt es sich auch nicht um Dinge, die geheim sind und die mit sehr viel mehr als meinem Privatleben zu tun haben. Nachdem die seaQuest verschwand habe auch ich mich einige Zeit aus der Öffentlichkeit zurück gezogen. Viele wollten wissen, ob ich mehr über das Verschwinden weiß als die UEO preis gab. Aber ich war zu aufgewühlt, viel zu sehr mit dem erlittenen Verlust beschäftigt, als dass ich mich mit solch dummen Fragen auseinandersetzen konnte. Für mehrere Wochen war ich mit deiner Mutter zusammen. Wir haben uns gegenseitig zu trösten versucht. Mich selbst quälten Vorwürfe. Was wäre, wenn ich dich nicht einfach so auf dieses Boot gebracht hätte? Was wäre, wenn du noch hier sein könntest? Diese Fragen und andere gingen mir durch den Kopf. Für den Rest meines Lebens würde ich nicht mehr sagen können einen Sohn zu haben, ich habe ihn nur gehabt. Ich werde nicht erleben, wie er heiratet, wie viele Kinder er haben wird. Niemals erleben, ob er mich jemals übertroffen hätte, ob die ganzen Vorhersagen der Leute zutreffen würde, die mir ihre Bewunderung für meinen Jungen ausgesprochen haben. Sie sagten, dein Sohn wird einmal die Welt der Wissenschaft reformieren. Noch in hunderten Jahren würde man seinen Namen kennen. Ehrlich, damals fand ich das ziemlich übertrieben, aber als du nicht mehr warst, habe ich mir genau diese Worte wieder in Erinnerung gerufen. Die Gewissheit, dass die Welt einen der fähigsten Menschen verloren haben könnte, schien mich innerlich zerreißen zu wollen. Und immer quälte mich der Gedanken, dich nicht noch einmal in den Arm nehmen genommen zu haben und dir zu sagen, wie sehr ich dich liebe."Bei den Gedanken an die letzten zehn Jahre lief ihm eine Träne aus dem Augenwinkel. Er zwinkerte diese schnell zurück. „Die Ungewissheit, nicht zu wissen, wo du bist, was aus dir geworden ist, war einfach schrecklich. Es gab keinen Ort auf dem Planeten, an den ich hingehen konnte, um dir zu gedenken. Es gab keine Leichen, also auch kein Grab. Das wäre einer unserer Wünsche gewesen. Dir wenigstens im Tod gute Eltern sein zu können, doch wie, wenn wir nichts hatten, was man beerdigen konnte. Uns fehlte dieser Platz. Alles was wir hatten, waren deine Zimmer in unseren Wohnungen."

„Wäre die seaQuest niemals wieder aufgetaucht, hätte man sie auch nicht mehr gefunden und auch keine Leichen."sagte Lucas nun trocken dazwischen. Lawrence sah ihn verwundert an. Der ernste Blick des jungen Wissenschaftlers war auf die Wasseroberfläche gerichtet. „Ich hoffe dir vertrauen zu können, denn wir haben es Captain Bridger versprochen alles geheim zu halten. Nur wenige in der UEO, außer der Mannschaft, wissen, was wirklich passiert ist."Was Lawrence nun zu hören bekam, war so unvorstellbar, dass er es erst gar nicht glauben wollte. „Du darfst das, was ich dir gerade erzählt habe, niemals weiter geben. Ich weiß, dass ich damit für ein großes Sicherheitsrisiko sorge, aber im Moment ist mir das völlig egal."Er ließ seinen Kopf auf die Schulter seines Vaters sinken.

„Mach dir keine Sorgen, bei mir ist es sicher. Einzig und allein dich wieder lebend hier zu haben ist, was zählt. Außerdem stehen hier schon andere wie auf Scherben, weil sie ganz gerne zu dir möchten."sagte er mit einem Lächeln.

Der junge Ensign hob seinen Kopf wieder. Darwin glitt nur ein paar Meter von dem Steg entfernt durch das Wasser. „Wie meinst du das?"

„Andrew wäre am liebsten bereits gestern zu dir gekommen und heute morgen hatte ich auch bereits als ich kurz im Büro war einen Anruf von Justin bekommen."

„Die sind beide noch hier? Haben die denn keinen Verstand gehabt, bei den ersten Anzeichen Bournes das Land zu verlassen?"

„So einfach wie du dir das vorstellst, ist es vielmals nicht. Andrew ist verheiratet und hat bereits eine kleine Tochter. Er kann nicht einfach von hier verschwinden."Dr Wolenczak hob ermahnend den Finger. „Falls du also vorhaben solltest, deine Freunde überreden zu wollen irgendeine Dummheit zu begehen, dann lass es bitte bleiben. Du könntest momentan mehr zerstören, als dir bewusst ist."

Es war komisch zu hören, einer seiner Freunde sei bereits Vater. Als er ihn zum letzten Mal gesehen hatte, waren sie noch gemeinsam am Strand, hatten ihren Spaß mit dem Computer gehabt und das Wort Familienplanung interessierte keinen von ihnen besonders. Seine Innereien zogen sich zusammen bei dem Gedanken, die besten Freunde, die er mal hatte, könnten furchtbar langweilig geworden zu sein. Wie würde es sich nun gestalten? Würden sie noch miteinander rumblödeln können ohne auf die Folgen zu achten oder musste nun das Vorbild für die Kinder im Vordergrund stehen? „Wo kann ich ihn finden?"

„Justin wohnt jetzt in Darwin, aber Andrew ist momentan bei seinen Eltern zu Besuch."

Umständlich erhob sich der junge Wissenschaftler. „Dann werde ich zu ihm gehen. Kannst du mir die Sachen besorgen, um die ich dich gebeten habe?"

„Werde ich machen."

„Gut."sagte er leise, dann humpelte er auch schon davon. Die Geschichte von der Leiche in der Orpheus war blitzschnell vergessen. Bevor er außer Hörweite war, rief ihm sein Vater noch hinterher. „Seine Familie hat ihn begleitet, also verschreck bitte nicht seine Frau."

Die Mahnung überging Lucas einfach. Er machte sich auf den Weg über den Wolenczak Garten zu dem Haus der Nashley's. Wenn sein Freund so aus dem Häuschen war ihn zu sehen, wie er, dann sollte er sich beeilen. Nach den ersten Metern musste er aber langsamer machen, denn seine Verletzungen ließen es nicht zu, schneller zu laufen. An seine Freunde hatte er die letzte Zeit noch nicht gedacht gehabt. Für ihn war es als logisch angesehen worden, sie hätten rechtzeitig das Land verlassen und ihre Träume verwirklicht. Wie oft hatten sie gemeinsam an den Felsklippen gelegen und sich ihre Zukunft zusammen geträumt. Ihre Pläne waren damals noch, von einer lebenslangen Freundschaft zueinander beherrscht gewesen. Anders sollte es auch nicht sein, schließlich kannten sie sich von klein auf an. Schon allein, weil ihre Eltern so gut miteinander auskamen.

Während er zu seinem Freund ging, machte sich jemand anders auch auf den Heimweg. Er würde wieder kommen, doch erst musste er von Lucas erzählen.

Er quälte sich die Verandatreppe hoch und ließ den Finger ohne weitere Überlegungen auf die Klingel sinken. Dreimal kurz klingelte er. Andrews Mutter überhört schon früher immer gern die Haustür. Für sie kamen immer nur Vertreter, die meinten ihr etwas verkaufen zu müssen und darauf hatte sie nie Lust. Er musste also nur lange genug klingeln und es würde jemand öffnen. Wer ihm dann aber die Tür auf machte, kannte er nicht. Die blonde junge Frau, mit den grünen Augen und der von der Sonne tiefbraun gefärbten Haut musterte ihn kritisch. Anscheinend sah Lucas noch immer aus, als käme er direkt aus einem Verkehrsunfall und erhoffte sich bei ihr Hilfe. „Hallo!"begrüßte er sie.

„Hallo."kam zögernd die Antwort. „Es tut mir leid, aber mein Schwiegervater befindet sich bereits in der Praxis."

Sie hielt ihn tatsächlich für einen Patienten von Michael Nashley. „Nein, nein, ich wollte nicht zu Michael, sondern zu Andrew. Er soll angeblich hier sein."

Das verwirrte die junge Frau nun schon mehr. Ihre Augen weiteten sich, doch bevor sie zu einer weiteren Antwort ansetzen konnte, sprang von dem hinteren Zimmer einer lautstark „Lucas"rufend von der Couch auf und fetzte wie ein Rennfahrer zur Haustür. Nur knapp konnte er sein Vorhaben seinen alten Freund umarmen zu wollen, stoppen. Als er nämlich dessen Verletzungen sah, erkannte er, wie unklug es wäre, genau dies zu tun. Er quetschte sich an der Frau vorbei nach draußen.

Lucas machte den ersten Schritt. Überglücklich strahlend umarmte er vorsichtig seinen Freund. Nun traute auch er sich ein wenig die Arme um ihn zu schließen. „Wenn ich dir weh tu, dann musst du sofort schreien. Mein Vater killt mich, wenn du schwerer verletzt das Haus hier wieder verletzt als du gekommen bist."

„Mach dir da mal keine Sorgen, ich habe recht gute Schmerzmittel."

Einige Augenblicke lang sahen sie sich stumm, aber glücklich über das Wiedersehen in die Augen an. Beide musterten den jeweils anderen. „Du hast dich überhaupt nicht verändert. Die Frisur ist schrecklich, aber sonst, siehst du aus wie immer. Meine Mutter wird dich bestimmt nach deinem Geheimnis über deine Jugend ausfragen wollen."

Das Computergenie lachte verlegen. „Das ist kein Geheimnis. Ich war ziemlich lang in Stasis, das ist alles."Diese Ausrede hatte man sich bei der UEO ausgedacht um unangenehmen Fragen geschickt ausweichen zu können. Mittlerweile hatte auch Captain Bridger seine Unterschrift unter die entsprechenden Berichte über eine Experiment mit der Notwendigkeit der Stasis gesetzt. Demnach hatte auch das Phänomen wie die seaQuest in ein Maisfeld kommt, in eben diesen Berichten seine Bewandtnis gefunden. Wenn auch eher eine recht eigenwillige.

Auf dem Gesicht des blonden jungen Mannes machte sich Enttäuschung breit. Er hatte mit einer ganz großen Sache gerechnet und wurde nun bitter enttäuscht. „Oh, na dann. Komm doch rein."Andrew ging sofort zur Seite. „Das hier ist meine Frau, Susanna."

„Hallo!"sagte Lucas nochmals und hielt ihr brav, wie er es gelernt hatte, die Hand hin. Noch immer ziemlich verwirrt, nahm Susanna die Hand entgegen. „Ihr habt euch auch schon vervielfältigt, wie ich gehört habe."fuhr er dann fort.

„Bist ja ganz schön gut informiert."Sein Freund lotste ihn ins Wohnzimmer. „Da ist unser Ergebnis. Liegt ausnahmsweise mal fröhlich schlummernd in den Kissen. Du solltest mich öfters besuchen kommen, dann habe ich meine Ruhe. Normalerweise reizt die mich bis auf das Zahnfleisch. Nicht auszuhalten, wenn so ein Kind mal loslegt."

„Darum gibt es mich auch nur allein."Der Wissenschaftler ging an dem Sessel mit der Tochter seines Freundes vorbei. Das Kind mochte vielleicht zwei Jahre alt sein. Auf seinem Kopf waren die für seine Eltern bereits sehr charakteristischen blonden Haare. „An meiner Frisur rum meckern, aber sein Kind selber mit eben dieser ausstatten."ermahnte er seinen Freund.

„Bei Mädchen ist das ganz normal."

„Und ich bin Wissenschaftler, die müssen etwas verschroben aussehen." lachte Lucas. Er setzte sich auf die Couch. Vor ihm standen mehrere Gläser und eine halbvolle Flasche Cola. „Darf ich mir davon etwas nehmen?"

„Natürlich! Warte, ich hole dir schnell noch ein Glas."Andrew fetzte bereits wieder aufgeregt davon. Seine Frau ließ sich auf der Couch nieder, ganz in der Nähe ihrer schlafenden Tochter. Ihre Gesichtszüge ließen noch immer keinerlei große Freundlichkeit gegenüber dem Besucher erkennen.

„Wie lange seid ihr jetzt schon verheiratet?"fragte er, um die Zeit bis zur Wiederkehr Andrews zu überbrücken.

„Drei Jahre."antwortete sie knapp.

„Kanntet ihr euch vorher schon länger?"

„Wir haben uns an der Universität kennen gelernt."Sie strich ihrem Kind sanft über den Kopf.

„Er hatte vorgehabt in Sydney zu studieren, dort?"

„Nein, in Canberra."

Er zog die Augenbrauen zusammen, seine Stirn legte sich dabei ganz automatisch in Falten. „Wirklich? Er wollte immer nach Sydney gehen, weil er dort surfen könnte."

„Das war der Plan, richtig, aber irgendwie hatte meine Mutter was dagegen und ich musste bei meinen Großeltern auf der Farm leben, während des Studiums. Ich könnte mich in Sydney ja ganz schlimm verlaufen."Andrew war mit mehreren sauberen Gläsern zurück. Er stellte sie umständlich auf dem Tisch ab und räumte die benutzten auf den Schrank hinter sich. An das Wegräumen dieser dachte er nicht, denn er ließ sich entspannt in die Couch sinken. Lucas wusste, dass die Farm von Andrews Großeltern bei Canberra lag, also war es nur das nahe liegenste gewesen auch dort zu studieren.

„Und Justin? Bist du nicht mit ihm zusammen dann hin?"

„Nein, der ist dann doch nach Crusade, als meine Eltern so Probleme gemacht haben."

Nun wurde es interessant. Crusade hieß das Internat in das sie alle eine Zeit lang gegangen waren und welches sich direkt im Herzen des ehemaligen Australien befand. Mitten in der Wüste war die große Bildungsstätte. Dort befand sich ein komplettes medizinisches Team und zwei Hubschrauber, für Notfälle. Als das Computergenie noch dort war, war immer die Rede davon gewesen auch einen Studiumslehrstuhl einzurichten, aber die Verwirklichung sollte noch einige Jahre dauern. Wie es aussah, war dies doch schneller vorangeschritten, als ursprünglich geplant. „Gibt es Crusade noch, oder hat sich das unser netter Diktator unter den Nagel gerissen."Bei der Bezeichnung von Bourne stockte Susanna für kurze Zeit der Atem. Lucas bekam dies am Rande mit, aber sein Freund schien dies überhaupt nicht bemerkt zu haben.

„Nein, soweit ich weiß nicht. Es wird durch private Gelder mittlerweile finanziert und ich wüsste auch nicht, was Bourne davon hätte eine solche Schule unter seine Fitiche zu bekommen."

„Da findet sich bestimmt was. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass er hier etwas in seinem Reich allein versorgt lässt."

Andrew lächelte verschmitzt. „Susanna hat immer ein wenig Angst, ob uns jemand abhören könnte und wir Probleme bekommen könnten."

„Die Probleme habe ich schon."antwortete Lucas sarkastisch. „Ich darf Beaches nicht verlassen oder er sieht sich gezwungen einige der Drohungen anzuwenden, die er in dem Wisch, den mein Vater unterschreiben musste, für eine solche Vertragsstrafe vorgesehen hat, anzuwenden."

„Wegen der UEO? Als mein Vater zurückkam habe ich ihn gelöchert mit Fragen."erwartend auf eine menge klärender Antworten beugte er sich vor. Nacheinander stopfte er sich die Knabbereien vom Tisch in den Mund.

„Gelöchert ist gar kein Ausdruck. Ich habe ihn seit wir uns kennen, nie so aufgedreht gesehen."sagte Susanna mit einem leichten Lächeln.

„Kann ich mir vorstellen. Er war ja früher schon immer derjenige, der hier alle verrückt machte mit seinem Enthusiasmus. Aber ja, wegen der UEO. Normalerweise hätte ich ja eigentlich öffentlich hingerichtet werden müssen, um die Überlegenheit der Allianz zu präsentieren. Einzig und allein, dass mein Vater irgendwelche Einflüsse besitzt, über die ich hoffentlich bald informiert werde, hat mich vor diesem Schicksal bewahrt. Aber wie gesagt, ich darf den Ort nicht verlassen und so wie ich den Kerl kenne, wird der schon dafür sorgen, dies auch kontrollieren zu können."

„Können, sie sich nicht mit ihm einigen? Ich bin sicher, Präsident Bourne wird ihnen gnädig gestimmt sein."

Die Köpfe von Andrew und Lucas zuckten zur gleichen Zeit verwundert in ihre Richtung. „Habe ich vergessen zu erwähnen, dass Susanna einige Sympathien für diesen Verbrecher hegt? Ihre ganze Familie, da passen mein Umfeld und ich eigentlich so überhaupt nicht ins Bild."

Das Computergenie holte tief Luft. „Ich bin es nicht gewohnt, dass man mich sie nennt, Lucas und du reichen vollkommen."bot er ihr eine persönlichere Art an. Erneut atmete er tief durch. „Oh ja, Sympathanten für Bourne. Glaub mir, wenn du ihn bereits so kennen gelernt hast wie ich, würdest du nicht mehr so reden. Ein entsprechendes Angebot habe ich bereits zweimal erhalten. Ich arbeite aber nicht für ihn. Das werde ich nie."

„Das glaube ich nicht. Meine Eltern waren erst letzte Woche in seiner Villa und habe dort an einem Bankett teilgenommen. Was ich da so von ihm gehört habe, war nur das Beste. Er ist kein schlechter Mensch."Aber auf der anderen Seite hatte sie Angst, dass man sie belauschte, wenn ihr Mann und seine Familie wieder über ihn schimpften.

„Susanna!"ging Andrew dazwischen, bevor sie weitere Lobeshymnen abgeben konnte. Der junge Ensign war hellhörig geworden. Hörte er da richtig? Die Frau seines Freundes hatte über einige Ecken Kontakt zu diesem Verbrecher! „Hast du dir mal hier den Strand angesehen? Bist du mal hier durch die Straßen gegangen und das mit offenen Augen? Geh mal nach Darwin und sieh dich dort in den Teilen um, die nicht zum allgemeinen Tourismus oder deiner teuren Einkaufszonen gehören. Vielleicht siehst du dann ja auch, was uns hier bereits längst aufgefallen ist. Der Mann beutet alle nur aus."

„Und scheint die vollkommenen Kontrolle über das Geschehen auf diesem Planeten haben zu wollen. Als die seaQuest wieder auftauchte ist die Geschwindigkeit des Wachstums der Makronesischen Allianz fast komplett zum erliegen gekommen. Nur ein Jahr später und er würde bestimmt bereits dabei sein sich einen netten kleinen Ort für sein Schloss aussuchen."sagte Lucas. „Nein, es ist ganz gut so, wenn wir ihm misstrauen und uns nicht so schnell von ihm einlullen lassen. Hast du noch nicht bemerkt, wie ich aussehe? Das waren seine Leute, die von seiner Propaganda in mir den Feind sehen, weil ich eine Uniform der UEO anhatte. Ich wurde wie unterster Dreck behandelt. Selbst die Ratten in meiner Zelle waren beliebter als ich."

„Bei dir waren Ratten in der Zelle?"fragte Andrew erstaunt.

Das Computergenie warf ihm aber einen Blick zu, den ein Kenner richtig zu interpretieren wusste, nämlich mit einer Antwort auf seine Frage und diese hier hieß nein.

Susanna zuckte nur mit den Schultern. „Ich bleibe bei meiner Meinung. In meinen Augen hat der Präsident nur gutes getan."

„Ja, für Leute, die ihn bei seiner verrückten Tat unterstützten. Mein Vater und sie haben sich erst letzte Woche ordentlich wegen dem Thema in die Haare gekommen."sagte Andrew sarkastisch. „Aber keine Sorge, Lucas,"fügte er schnell noch hinzu, als er das Glitzern in den Augen seines Freundes sah. „sie ist mir treu und würde uns nicht so schnell verpfeifen."

Von der Seite weg musterte das Computergenie die junge Frau. „Wenn nicht die Bezahlung stimmen sollte, richtig? Die Möglichkeiten von dir belauert zu werden, ob ich auch wirklich brav hier bleibe, stehen also gut."

„Ich habe andere Sorgen, als andere Personen zu beobachten. Falls es dir entgangen ist, habe ich ein Kind um das ich mich kümmern muss." Die junge Ehefrau wurde richtig zickig. Nun zeigte sie wohl ihr wahres Gesicht, dachte Lucas bei sich. Er schenkte sich ein Glas mit Cola voll und trank zwei Schlucke davon. „Lasst uns das Thema wechseln. Ich glaube so werden wir nur zu Feinden."

Sein Freund sprang vom Sofa auf, seine Tochter schlug bei dem ganzen Lärm verschlafen die Augen auf. „Um Himmels willen, soweit sollte es ja nun doch nicht kommen. Wir brauchen nur ein neues Thema über das wir reden könnten." Quengelnd rief sich das kleine Kind in die Gemeinschaft der Anwesenden. Susanna nahm sie auf den Arm und wiegte sie tröstend hin und her. „Du bist nicht so ganz der Familienmensch, ansonsten könnte ich dir ja ein wenig von den Vaterfreuden berichten."schlug Andrew vor, doch Lucas verdrehte bereits die Augen.

„Nein, ich denke darauf bin ich nicht gut zu sprechen. Wie sich nämlich heraus gestellt hat, ist Bridgers Sohn doch nicht tot und er hat jetzt einen Enkel."Deprimiert sah er auf die dunkle Flüssigkeit in seinem Glas.

Andrew rutschte an seine Seite. „Ersatzdaddy hat seine richtige Familie wieder?"Seine langjährigen Freunde waren für den Ensign die einzigsten Personen all die Jahre über gewesen, mit denen er wirklich über alles gesprochen hatte. Nur diese wussten von seinen tiefsten Gefühlen, auch wie stark das Band zwischen ihm und dem ehemaligen Captain der seaQuest war.

„Ja,"kam matt die Antwort kaum hörbar über die Lippen des Wissenschaftlers. „sobald ich die Hoffnung auf seinen Sohn in seinen Augen gesehen hatte, wusste ich, dass ich verloren hatte. Unser Verhältnis würde niemals wieder so sein wie früher. Irgendwo da draußen existiert seine wahre Familie noch, der Gedanke sie finden zu müssen ist wie eine Besessenheit. Warum sollte er dann noch den großen Friedensstifter spielen? Er hatte damals das Kommando der seaQuest nur übernommen, weil er sonst keinen weiteren Sinn in seinem Leben gesehen hatte. Wenige Monate zuvor war seine Frau gestorben und er war mit einem Mal allein auf der Welt. Wozu sich auf der Insel verstecken, wenn man genauso gut, die restlichen Tage noch mit dem verbringen kann, was einen erfüllt? Ich glaube, ich an seiner Stelle hätte genauso gehandelt, darum habe ich bestimmt auch nicht versucht ihn weiterhin von seinem Vorhaben abzuhalten. Schließlich hat er Darwin bei mir gelassen, als hätte er gewusst, dass wir auf diese Art und Weise besser mit seiner Entscheidung klar kommen."

Erneut fiel eine Welle des Schweigens über die drei Erwachsenen. Das Kind zappelte auf dem Schoss seiner Mutter. Mit großen Augen musterte es den unbekannten Mann. „Du bist doch jetzt auch bei deiner Familie."sagte Susanna nach einer Weile. „Bisher warst du von ihr noch getrennt. Sieh es einmal von der Seite."

„Bei Lucas ist das nicht so einfach, Susanna."fiel ihr Andrew ins Wort.

„Überhaupt nicht. Ich habe mit meiner Mutter vor kurzem zum ersten Mal wieder gesprochen. Ich existiere für sie überhaupt nicht mehr. Sie lebt weiterhin in den Glauben, ich wäre vor zehn Jahren gestorben. Unser Gespräch war recht kühl. Hier und da blitzte schon ein Schimmer hervor, wenn sie fragte wie es mir geht, aber das war auch schon wieder alles. Danach habe ich nochmals versucht anzurufen, da ging dann so ein komischer Typ ran, der mich nur voll gemotzt hat."

„Deine Mutter war schon immer etwas komisch gewesen. Wer war der Typ, weißt du das?"Lucas' Freund hielt seiner Tochter einen kleinen Keks hin, den diese mit Freuden auffutterte. Das Computergenie bediente sich auf die Weise auch gleich mal an dem Gebäck. Wenn es schon auf dem Tisch lag, musste es auch gegessen werden.

„Ihr Mann. Sie hat vor zehn Monaten geheiratet. Habe ich alles raus gefunden, nachdem mich das nicht mehr los gelassen hat. Wisst ihr, dass wir schon wieder ein recht unangenehmes Thema haben? Ich glaube, wir sollten Valerie mit herholen, dann kommt ein wenig Stimmung auf."Doch anstatt der erhofften positiven Reaktion auf seinen Vorschlag wurde Lucas nur mit bedrückter Stimmung von seinem Freund überrascht. „Nein!"sagte er, als er begriff, dass es nur etwas schlechtes sein konnte.

„Sie ist seit beinahe neun Jahren in Stasis. Ungefähr ein Jahr nach deinem Verschwinden, hat sie Herzprobleme bekommen. Bis die Medizin soweit ist das behandeln zu können, haben ihre Eltern und sie beschlossen sie in Stasis zu versetzen."erklärte der blonde junge Mann an seiner Seite.

„Wer ist diese Valerie?"fragte Susanna.

„Justins Schwester. Du hast auch schon Bilder von ihr gesehen. Im Wohnzimmer ihrer Eltern hängen große Portraits von ihr. Auf dem einen bist du mit ihr zusammen drauf."sagte Andrew und stieß Lucas leicht mit dem Ellbogen an.

Der junge Wissenschaftler konnte es nicht glauben. Seine langjährige Freundin und Nachbarin, die immer in Bewegung sein musste, hatte wegen eines Herzproblems in Stasis gemusst. Niemand hätte damit gerechnet, dass ausgerechnet ein solcher Fitnessfreak wie sie, dies bekommen sollte. „Ist sie in einer Klinik hier in Makronesien?"

„Keine Ahnung, da solltest du besser Justin fragen."

„Und der ist in Darwin, wo ich nicht hin darf. Klasse."Lucas seufzte auf. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und streckte sich durch.

„Nein, mein Schatz, wir haben kein Eis."sagte Susanna liebevoll, wie eine Mutter es nur vermochte, als ihre Tochter nach der kalten Speise verlangte.

„Keines?"Lucas löste seine Haltung und sah Andrew fragend an.

„Nada! Das Zeug ist teuer wie sau. Wir leisten uns das ab und an mal, je nachdem was gerade an liegt."

„Egal, ich will Eis. Komm mit, wir gehen uns irgendwo was holen. Auf die Weise lade ich euch auch gleich ein."schlug er vor. Langsam, ohne großartig Schmerzen auslösen zu wollen, erhob er sich.

„Kommst du ohne mich eine Weile klar?"fragte der blonde junge Mann seine Frau. Diese nickte stumm. „Mach dir keinen Kopf. Der erste Eindruck kann täuschen, du wirst schon sehen, Lucas ist ein klasse Kerl. Lass dich bloß nicht zu sehr von deinen politischen Überzeugungen leiten."

Sie legte ihre Hand auf seinen Hals und zog seinen Kopf zu ihren Lippen. „Wenn ich das täte, wäre ich nicht mit dir verheiratet."hauchte sie und ließ ihn gehen.

„Warte, ich hole noch die Kühlbox!"rief Andrew Lucas zu. Der blies verächtlich aus. Als wenn er mit seiner Humpelei sehr weit kommen würde. Draußen, wartete er auf seinem Freund, sobald er in der Tür erschien, ging er in die Richtung seines Vaterhauses los. „Wir brauchen auch noch Geld." sagte er.

Andrew sprang die wenigen Stufen der Veranda hinunter und lief an seine Seite. „Bin schon da. Ich hoffe, Susanna hat bereitet dir nicht so viele Sorgen. Sie ist im Grunde eigentlich recht verschwiegen."

„Nein, das macht nichts. Unter Umständen ist es vielleicht sogar ganz gut." Er sah ernst zur Seite. „Das soll jetzt nicht heißen, ich würde sie dazu nutzen Bourne auszuhorchen."

Der junge Vater schürzte die Lippen. „Was allerdings eine gute Idee ist. Das ist mir bisher nie in den Sinn gekommen."

„Lass es lieber. Im Moment kannst du dir auf diese Weise nur mehr Ärger einbringen."