Disclaimer: Tolkien hat Feli erfunden und der Rest gehört mir... Ups... das war ja andersrum ^^. Leider ist nur Feli meinem Gehirn entsprungen. Der Rest gehört zu Tolkien *schnüff*

A/N: Ich muss zugeben, Ich-Storys waren bis jetzt nicht so mein Ding, aber anders könnte ich die liebe Feli (oder soll ich Tini sagen?) nicht so darstellen, wie ich es wollte. :D

Danke wieder an Dukkha fürs Betalesen :) Auch ein liebes, liebes, liebes, Dankeschön an Tarias... beantwortet immer schön meine vielen Fragen und hat mir bei der Auswahl des Waldes SEHR geholfen. Und noch Danke an die beiden die mir bis jetzt gefeedbacked (Wortkreation von Dukkha ^^) haben.

Das Kapitel widme ich übrigens Katja, die sich mal Gedanken darüber machen sollte, das einen die Kenntnis der Namen Orthanc und Barad-Dur nicht gleich zum HdR-Kenner mutieren lässt ;) *grins*

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Tinawien

Kapitel 2: Wildnis

Wie ich eingeschlafen war, wachte ich auch auf. Noch immer rannen mir einzelne Tränen über die Wangen, lautere Geräusche als leise Schluchzer brachte ich nicht mehr Zustande, meine Kehle erschien mir wie ausgetrocknet. Ich konnte nicht glauben was passiert war, ich konnte es einfach nicht. Genau genommen wusste ich zwar nicht, ob mein Vater wirklich tot war, aber nachdem was passiert war, wäre mir alles andere wie ein Wunder oder ein schlechter Scherz erschienen.

Ich blieb noch länger liegen und weinte. Was hatte mir mein Vater sagen wollen? Ich wusste es nicht. Und ich war traurig, das ich ihm nicht noch mal sagen konnte, wie sehr ich ihn liebte.

Irgendwann hörte ich auf zu weinen. Meine Augen waren mittlerweile wahrscheinlich so rot wie Saurons Feuerauge persönlich. Bei dem Gedanken musste ich schwach lächeln. Ja, ich war immer noch traurig und fühlte mich leer, doch ich war schon immer jemand gewesen, der sich selbst zum Steh-auf-Männchen machte. Mein Körper vertrug es nie gut, wenn ich zulange trauerte und Dinge in mich hineinfraß und so hatte ich es mir angewöhnt, mich selbst dazu zu zwingen aufzustehen, hinauszugehen und fröhlich zu sein. Wobei das Fröhlichsein sich bei mir darauf beschränkte, wieder meine üblich dummen Kommentare zu allem und jedem abzugeben.

Also verdrängte ich die Erinnerung an den Tod meines Vaters so gut es ging in die letzte Ecke meines Gehirn (In Sachen verdrängen bin ich – glaube ich – Weltmeisterin), öffnete die Augen und nahm zum ersten Mal war, wo ich war und wie sich mein Körper anfühlte.

Es war hell. Vögel zwitscherten und die Blätter raschelten. Und mein Nacken tat fürchterlich weh. Wie lange ich wohl geschlafen hatte und (in Anbetracht meines verspannten Nackens und des schmerzenden Kopfes) worauf hatte ich geschlafen? Langsam richtete ich mich auf und sah meine Liegestätte. Ich hatte mir als Schlafplatz ausgerechnet ein verzweigtes Wurzelgeflecht eines Baumes ausgesucht. (Macht mir das bitte nicht nach. Ich kann euch versichern, Baumwurzeln eignen sich überhaupt nicht als Schlafplatz, es sei den man ist Fakir und schlimmeres gewohnt!)

Ächzend tastete ich nach dem zu den Wurzeln dazugehörigen Baum und (hättet ihr das gedacht?) bekam die Rinde nah neben mir zu fassen. Dann erhob ich mich langsam.

Da stand ich nun, einsam und alleine, in einem gottverlassenen Eifelwald. Wahrscheinlich war es kilometerweit bis zu dem Kaff in dem meine Freundinnen wohnten. Mit dem Auto war die Strecke schnell zurückzulegen, doch zu Fuß würde ich um einiges länger brauchen. (Ich schwöre euch, wäre ich ein Drache gewesen – und in dem Moment wünschte ich mir fast einer zu sein – dann hätte ich so gefaucht und Feuer gespien, das augenblicklich die gesamten Eifelwälder abgefackelt wären. – So viel zum Thema Selbstbeherrschung!)

Ich erinnerte mich, nahe neben dem Auto (aus dem ich wie ein Wunder fast unverletzt hinausgeschleudert worden war... – Leute, wer bis jetzt noch nicht an Wunder glaubte, sollte nun damit anfangen!) eingeschlafen zu sein, aber zu meinem Schrecken war es nicht da! Langsam zweifelte ich an meinem Verstand. Wohin konnte das Auto bloß verschwunden sein? Überall waren Bäume und Sträucher, alles im allem ein dichter Wald. Nirgendwo sonst wäre Platz für unser altes Gefährt gewesen!

Vorsichtig kletterte ich die Böschung hoch, die zu der Straße führte – doch da war keine Straße! Nur ein schmaler Trampelpfad (wahrscheinlich selten benutzt) schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch. (Es konnte ja gut sein, das David Copperfield nix besseres zu tun hatte und mal eben in die Eifel gefahren war um unser Auto (und meinen Vater) wegzuzaubern, aber ich bezweifle, dass er auch eine Straße verschwinden lässt.)

Langsam fragte ich mich, ob ich überhaupt noch in der Eifel war. Denn wenn ich ihn genauer betrachtete, sah der Wald auch nicht aus wie der, den ich kannte. Es war mehr ein Gefühl. (Kennt ihr das nicht auch? Ihr empfindet etwas als nicht richtig, könnt aber nicht beschreiben warum?) Ich kannte den Wald in der Eifel nicht nur sehr gut, weil dort oft unsere Gruppenausritte hinführten – auch wenn diese in einem anderen Teil stattfanden. Für Karen, Sandra und Maike war Wald immer gleich Wald gewesen, für mich war jeder Wald etwas besonders. Ich war schon von klein auf sehr naturbezogen gewesen und konnte stundenlang durch die Wälder der Eifel laufen ohne nur ein Wort zu sagen. Aber das bezog sich nicht auf diesen Wald hier. Er war anders. Dieser Gedanke wurde in meinem Kopf immer stärker. Was zum Geier war das für ein Wald und wo befand ich mich? Ich war mir nun ziemlich sicher, das ich nicht mehr in der Eifel war. (Obwohl ich mit Sicherheit ausschließen kann, dass ich über Nacht das Beamen erlernt habe.)

Es gab nur eine Möglichkeit mehr herauszufinden (und dazu war es sicher nicht förderlich, mir im Wald weiter die Beine in den Bauch zu stehen, bis ich schwarz wurde). Ich musste hier raus. Ich musste irgendeine Menschenseele finden, die mir sagen konnte, wo ich war.

Ich schaute mich um. Außer dem kleinen Trampelpfad gab es nichts weiteres was einem Weg ähnelte und teilweise standen einige Bäume so dicht, dass ich nicht wusste, ob ich weiterkommen würde. (Leider, leider hatte ich meine Axt nicht mitnehmen können – sie passte einfach nicht ins Handgepäck, wisst ihr?) Schließlich wandte ich mich auf dem Pfad nach links. Die Himmelsrichtung war mir dabei ziemlich egal, ich wusste ja sowieso nicht, wo ich war, da hätte sie mir auch nichts gebracht.

Langsam begann ich voran zu gehen. Automatisch setzte ich die Füße voreinander (was man zwangsweise tun sollte, wenn man nicht rückwärts laufen will). Ich war nicht wirklich glücklich mit meiner Entscheidung, aber eine Wahl hatte ich nicht.

Und so lief ich immer weiter. Minutenlang. Stundenlang. Meine Füße strichen durch das Gras, das zu Seiten des Trampelpfads recht hoch wuchs. Mein Blick schweifte immer häufiger zur Seite. Ein paar vereinzelte Eichhörnchen sah ich die Bäume hinaufhuschen, doch keine anderen Lebewesen. Nur die Bäume und dazwischen Büsche, Gras, Laub und Blumen. Ich roch den Wald. Es war ein schöner, angenehmer, erfrischender Duft, den ich mit jedem Atemzug tief in mich einsog . Wäre da nicht mein Problem gewesen (war ja eigentlich unwichtig, ne?), ich hätte es fast genießen können.

Zu allem Überfluss fing gegen Mittag (vermute ich, weil die Sonne so hoch stand) mein Magen gehörig an zu knurren. Natürlich hatte ich kein Essen bei mir. Ein wenig Proviant war in meinem Rucksack gewesen, aber mein Rucksack war im Kofferraum unseres Autos gewesen und nun genauso verschwunden wie selbiges.

Hier war ich allerdings alleine in der Wildnis. Da ich nicht glaubte in nächster Zeit doch noch meinen Rucksack (gegen eine Niederlassung des allseits beliebten McDonalds-Restaurants hätte ich auch nichts gehabt) zu treffen, setzte ich mich erst mal nahe am Weges- ´tschuldigung – Trampelpfadsrand nieder und lehnte mich gegen einen Baumstamm. Vielleicht setzte ich mich auch an diese Stelle, weil genau daneben ein Strauch mit saftigen roten Beeren wuchs. (Ich muß mal eins klar stellen: Ich mochte keine Beeren (außer Erdbeeren), mag immer noch keine Beeren und werde sie auch nie mögen! Aber wozu der Hunger einen nicht alles drängt. Seufz).

Ich zögerte noch eine Weile, während in meinem Gehirn meine beiden Gewissenshälften einen Kampf aufführten.

„Feli, du DARFST diese Beeren NICHT essen! Womöglich sind sie giftig!" sagte die eine Hälfe, während die andere erwiderte: „Nicht essen? Das ist das einzige was sie hier finden wird! Lieber ein beruhigter Magen, als ein knurrender!" „SIE KÖNNEN GIFTIG SEIN!" „SIE KÖNNTE VERHUNGERN!" So ging es erst mal eine Zeitlang hin und her.

Ich weiß, ich weiß, jetzt werde ich für noch verrückter gehalten, als ich es wahrscheinlich bin, aber mein Gewissen trägt seine Kämpfe wirklich auf diese Art aus. Manchmal habe ich das Gefühl in meinem Kopf hausen ein Teufelchen und ein Engelchen, die sich regelmäßig gegenseitig angiften. (Warum grade Teufelchen und Engelchen? Nun, das ist auch einfach zu erklären. Das Engelchen nennt mich Feli, das Teufelchen Tini.)

Nach längerem Kampf siegte endlich mein Hunger. Vorsichtig pflückte ich ein paar der Beeren von dem Strauch. Eine zerdrückte ich bereits mit meinen Fingern und roter, klebriger Saft rann mir über die Finger. (Mist! Und nicht einmal ein Tempo dabei!) Es roch ein wenig seltsam, aber nicht einmal das hielt mich davon ab, die Beeren vorsichtig zu essen.

So erleichterte ich den Strauch noch um einige Beeren mehr, bevor sich letztendlich doch noch mein anderes Gewissen meldete, das mir verbot noch mehr davon zu essen. (Ja, Mami!)

Ich blieb noch ein paar Minuten sitzen und dachte nach. Bis jetzt war ich einen ganzen Vormittag gelaufen und hatte nichts gesehen außer dem Pfad und dem Wald. Ich fragte mich ob ich überhaupt in der Nähe einer Zivilisation gelandet war oder ob ich nicht im tiefsten Dschungel Afrikas steckte. (Ok, angesichts der Tatsache, dass ich hier NICHT in einem Dschungel war, konnte ich das schon wieder ausschließen.)

Am liebsten hätte ich mich nun zu einem Mittagsschlaf hingelegt, aber ich entschied mich dagegen. Lag vielleicht daran, das ich jetzt nicht nur Hunger, sondern auch Durst hatte. (Und vielleicht auch daran, das ich nicht noch mal in der Wildnis kampieren wollte.)

Also machte ich mich wieder auf meinen ungewissen Weg, diesmal auch mit dem Hintergedanken ein Gewässer zu finden.

***

Stunden später ging es mir nicht sonderlich gut. Mein Magen schmerzte leicht und mir war auch noch ein wenig übel, sodass ich mich teilweise nur noch über den schmalen Pfad schleppte (Das Schleppen war zwar nicht nötig, aber ich bin halt „etwas"wehleidig). Anscheinend waren mir die Beeren doch nicht so gut bekommen. Zudem hatte ich noch immer kein Wasser gefunden, was noch schmerzlicher war. Meine Kehle fühlte sich mittlerweile staubtrocken an.

So konnte ich mein Glück auch kaum fassen, als ich durch die leisen Geräusche des Waldes, das Plätschern eines Baches hörte. Das süßeste, schönste, fröhlichste, überwältigendste, atemberaubendste (OK, ich glaube ich übertreibe jetzt ein wenig.) Plätschern, das ich je gehört hatte.

Ich begann schneller voranzustolpern (laufen konnte man das nicht mehr nennen), immer auf die Richtung zuhaltend, aus der das Geräusch des Baches kam. Und die stimmte glücklicherweise mit dem Pfad überein.

Doch mit einem hatte ich nicht gerechnet. Ohne Vorwarnung (Hey, konnte da nicht ein Hinweisschild stehen?) oder dass ich es früher hätte bemerken können, ging der Pfad einen kleinen, steilen Abhang runter und knickte danach scharf ab. Und direkt dahinter staute sich der Bach zu einem kleinem, klaren Teich.

Ich, die ja vorher Anlauf genommen hatte, konnte mein Tempo nicht mehr bremsen und rutschte den Abhang stolpernd hinab. Um zu verhindern nach hinten umzufallen, versuchte ich mein Gewicht mehr nach vorne zu verlagern und verlor dabei endgültig das Gleichgewicht, stolperte noch etwas nach vorne und ...

PLATSCH!

... landete mitten im Tümpel.

Für einen Augenblick war ich unter Wasser - denn der Teich, der so klein ausgesehen hatte, war etwa einen Meter tief - dann tauchte ich prustend und strampelnd wieder auf.

(An dieser Stelle muß ich hinzufügen, dass es gut war, dass ich alleine im Wald war. Der sich anschließende Tobsuchtsanfall den ich bekam, vertrieb sicherlich alle Tiere in einem Radius von mindestens 3 Kilometern. Wahrscheinlich hatte ich so oder so den ganzen Wald zusammen gebrüllt. Wenn ich brülle, dann auch richtig.)

Bis zu den Hüften stand ich nun im Wasser und war (was für eine Überraschung!) von oben bis unten klitschnass. Fluchend und schnaufend (oh ja, ein Schnaufen, das dem von Karen alle Ehre machte) kletterte ich ans Ufer. Meine Turnschuhe waren voller Wasser, meine Jeans klebte an mir (nasse Jeans – BÄH!), genauso wie mein T-Shirt, das ich trug. Meine Haare hingen platt herunter (oder auch in meinem Gesicht rum) und tropften stark. Oh! Ich war sicher kein schöner Anblick!

Und obwohl ich unfreiwillig viel Wasser geschluckt und gespuckt hatte, war mein Durst noch nicht gestillt. Ich kniete mich ans Ufer und beugte mich über das klare Wasser des Teichs, von dem ich mit der Hand etwas schöpfte und ein paar Schlucke trank. Danach fühlte ich mich viel besser. Auch wenn ich noch immer die nasse Kleidung auf meiner Haut spürte und mein Magen noch leicht schmerzte.

Als ich mich über den Teich beugte erblickte ich im Wasser mein Spiegelbild. Mein Gesicht starrte ausdruckslos zurück. Große Augen, mit dichten (wenn auch hellen) Wimpern, hohe Wangenknochen, eine gerade Nase – nicht zu kurz und nicht zu lang, fein geschwungene Lippen. Mein Vater hatte immer gesagt, ich sehe meiner Mutter ähnlich. Ich habe mal ein Foto meiner Mutter betrachtet und fand dies überhaupt nicht. Meine Mutter war wirklich hübsch, ich fand mich nicht hübsch, auch wenn mir das ständig alle Leute versichern wollten.

Eine Strähne meines Haares, die in meinem Nacken gelegen hatte, machte sich selbständig und rutschte über die Schulter ins Wasser. Während meine Augen noch immer auf mein Gesicht im Wasser sahen, hob ich die Hand und strich die Strähne gedankenverloren zurück hinter mein Ohr, wie ich es immer machte. Zuerst bemerkte ich gar nicht, das sich was verändert hatte. Dann realisierte ich es plötzlich...

ARGH!!!! Mit einem gellenden Schrei schrak ich zurück und plumpste unsanft auf mein Hinterteil. Hilfe! NEIN! Was ist denn das? Das kann doch nicht wahr sein! Oder doch?

Verstört wagte ich es noch mal über den Rand des Ufers ins Wasser zu blicken. Der Anblick blieb jedoch der selbe, die Reaktion auch. AAH! Was ist mit mir passiert? Das kann doch nicht wahr sein! Das ist doch unmöglich! Wie kann so was passieren?

Ich hatte das Gefühl reif für die Irrenanstalt zu sein oder warum sah ich so aus, als würde ich vom Vulkan höchstpersönlich stammen? Ehrlich! Wenn ich je wieder in die Zivilisation zurückfinden würde, könnte ich mich als weibliche Ausgabe von Mr. Spock (also praktisch als Mrs. Spock) bewerben! Und ich bräuchte nicht einmal künstliche Ohren!

Was war nur mit mir los? Meine Hand fuhr hoch und ich kniff mir in die Ohrspitze, die bis vor kurzem noch gar nicht da gewesen war. Natürlich verschwand selbige nicht so einfach, stattdessen spürte ich einen kurzen Schmerz, an einer Stelle, wo ich gar nichts spüren dürfte.

Autsch! Mist!

Ich konnte es einfach nicht glauben. Ich verstand nicht was passiert war. „Mrs. Spock, was nun? Hast du eine Ahnung, wer mir die Ohren langgezogen hat?", scherzte ich mein Spiegelbild an, das durch meine neuen Ohren seltsam verändert aussah. (Merkwürdigerweise bekam ich keine Antwort.)

Stattdessen hörte ich hinter mir ein Geräusch, das mich wie ein Blitz herumfahren ließ und ich vergaß die nasse Kleidung, die Bauchschmerzen und die spitzen Ohren für einen Moment.

Auf den Abhang, den ich fast hinuntergeflogen bin, stand eine Wildsau, die mich alles andere als freundlich ansah. Ich hatte gerade noch Zeit mir gedanklich eine Notiz zu schreiben (In Zukunft nicht nur Rotwild, sondern auch Wildschweine meiden, besonders wenn man vorher laut gebrüllt hat!) bevor ich die Beine in die Hand nahm (so gut es eben ging) und losrannte. Komischerweise folgte mir dieses Mistvieh auch noch, wie ich über meine Schulter hinweg sah.

Ich fluchte innerlich. Garantiert hatte ich dieses Biest durch meine nicht zu überhörenden Schreie aufgescheucht. Jesus, Maria, Josef! Ich könnte mir selbst den Hals umdrehen ! (Aber das würde wahrscheinlich auf das gleiche rauskommen, als wenn mich diese Wildsau erwischen würde!)

Wisst ihr, dass diese Biester ein ungeheures Tempo an den Tag legen können? Ich wusste es nicht und ich wunderte mich selbst über mein Tempo! Aber lasst euch mal von einer Wildsau verfolgen, dann werdet ihr auch rennen! Allerdings hatte ich schnell genug davon.

Mit einem Hechtsprung bekam ich den dicken Ast eines Baumes zu fassen, unter dem mein Fluchtweg hindurch führte und dank meines turnerischen Talents saß ich wenig später auf besagtem.

Unter mir hörte ich eine wütendes Wildschwein herannahen. (Tja, Pech gehabt. *Zungerausstreck* Opfer außer Reichweite!). Genau unter meinem Ast blieb das Tier stehen und grunzte. Das war wohl eine reichlich plötzliche und kurze Jagd gewesen!

„Geh weg."Sagte ich. Die Sau hörte nicht. „Bitte."Wiederholte ich. Die Sau rührte sich nicht ein Stück. „Soll ich Kotelett aus dir machen?"fragte ich. Hatte das Tier mich verstanden, oder was? Nur einmal blickte es kurz nach oben, dann drehte es sich nach um und trottete von dannen. Musste ich mich jetzt etwa auch Doolittle mit Namen nennen? Da ich mir nicht sicher war, ob Piggy nicht doch noch in der Nähe war, blieb ich vorsichtshalber auf dem Ast sitzen. Eine Pause nach den ganzen Aufregungen würde mir ganz gut tun.

***

Ich weiß nicht wie lange ich auf dem Ast sitzen blieb, denn ich musste wohl kurz eingenickt sein und wachte erst durch ein lautes Pfeifen auf, als die Sonne schon niedrig über den Baumwipfeln stand.

Ein Pfeifen? Ich hatte richtig gehört. Unweit meines Rettungsbaumes hörte man das fröhliche Pfeifen und Summen eines Menschen! Wäre ich nicht auf diesem Ast gewesen, dann hätte ich sicherlich einen Freudentanz aufgeführt. Ich war gerettet! Endlich kreuzte eine Menschenseele meinen Weg!

Das Pfeifen kam immer näher, bis die dazugehörige Person schließlich unter meinem Ast stand und ich mich leise bemerkbar machte. Verwundert sah mich ein junges Gesicht an. Es war ein kleines Kind, vielleicht 8 oder 9 Jahre alt, in dessen Antlitz ich blickte.

„Geht es dir gut?"fragte es mich. „Warum sitzt du auf einem Baum?"

Hm. Lass mich überlegen. Erst wache ich in einem fremden Wald auf, laufe stundenlang durch diesen um einen Menschen zu finden, esse ein paar Beeren, die meinem Magen nicht gut tun, falle kopfüber ins Wasser, entdecke dass meine Ohren auf einmal spitz sind, kann nicht mal darüber nachdenken, weil eine Wildsau mich entdeckt hat und mich verfolgt, bis ich aus Spaß einfach auf einen Baum klettere und das Alles innerhalb weniger Stunden? Klar. Mir geht's wirklich PRIMA!