9. Kapitel

Alyanna: Ob Halronds bedrücktes Seufzen nur ein kurzer Lichtblick war, oder ob er sich tatsächlich zum guten besinnt: hier ist das letzte Kapitel....

HELETHORHELETHORHELETHORHELETHORHELETHORHELETHORHELETHOR

Meistens haben solche Höhlen mehrere Eingänge", sagte Helethor aufmunternd. „Ich gehe auf die Suche. Wartet hier!" --------

Faramir war immer noch angekettet. Seine Handgelenke waren von den Eisenklammern schon ganz wundgescheuert. Trotzdem bewahrte er Haltung, als Halrond und Hrystwid zu ihm traten. „Euer Leben ist dem Schatzmeister von Pelargir nur 1000 Goldstücke wert", sagte Halrond schief lächelnd. „Was habt Ihr denn erwartet?", entgegnete Faramir erstaunt. „Man könnte meinen, Ihr hättet den Ringkrieg nicht mitbekommen".

Hrystwid versetzte dem jungen Statthalter wütend einen Faustschlag ins Gesicht, so dass er an Mund und Nase zu bluten begann. Faramir gab keinen Schmerzenslaut von sich. „Nur zu, Hrystwid, von ehrlichem Kampf scheinst du ja nichts zu halten", entgegnete er sogar mutig. Hrystwid holte noch einmal aus, doch Halrond hielt ihn fest. „Laß es!"

Auf einen Wink Halronds hin brachte zwei Männer ein Becken mit glühenden Kohlen in die Grotte. Der Schmuggler-Hauptmann wandte sich wieder an Faramir. „Früher hat Euer Vater alle Schmuggler, die gefangengenommen wurden, brandmarken lassen, mit seinem Namenszeichen, einem ‚D'". Er hielt dem jungen Truchseß ein Brenneisen mit einem „H"unter die Nase. „Und das Gleiche werde ich jetzt mit Euch machen, Faramir. Ich werde Euch brandmarken: das soll zugleich der Beginn der Folterungen sein".

Hrystwid ging mit einem Messer auf Faramir zu und begann mit einem bösen Grinsen die Verschnürungen der Lederrüstung aufzuschneiden. Dass er teilweise damit auch Faramirs Haut aufritzte, war ihm egal. „Darf ich den Lederharnisch behalten?", fragte er Halrond, als er ihn Faramir heruntergerissen hatte. „Verschwinde damit", sagte Halrond mürrisch.

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Helethor kam nach eine halbe Stunde später wieder zurück zu den anderen. Éowyn war die Zeit wie eine Ewigkeit vorgekommen. Aber er hatte gute Nachrichten: „Die Höhle hat tatsächlich einen zweiten Eingang. Wir müssen uns jetzt sputen. Ich glaube, sie wollen bald damit anfangen, Faramir zu foltern". Éowyn warf einen letzten Blick ins Tal und sah Hrystwid mit Faramirs Harnisch aus der Höhle herauskommen. Nur mühsam unterdrückte sie einen Aufschrei. „Rasch jetzt!", drängte Nimrod.

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Halrond stand grinsend vor jungen Statthalter, der nur noch ein dünnes Hemd und die Lederhose trug. Er riß das Hemd auf, so dass Faramirs Oberkörper halb entblößt war. Dann hielt er das Brenneisen mit seinem Namenszeichen in das Becken mit den glühenden Kohlen. Faramir schloß entsetzt die Augen. Er wusste, dass er gleich schreckliche Schmerzen erleiden würde. Halrond sah, dass das Eisen jetzt rot glühte. Mit größter Genugtuung näherte er sich damit Faramirs Brust.

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In diesem Moment stürmten Éowyn, Helethor und die Soldaten vom Seiteneingang der Höhle herein. Halrond ließ vor Schreck das rotglühende Eisen fallen und rief seine Männer herbei. Hrystwid stürmte als erster zornbebend in die Höhle. Helethor kämpfte verbissen mit Halrond. Beide Männer hatten ihre Schwerter gezogen und schlugen damit aufeinander ein. Éowyn umarmte und küsste Faramir erleichtert. „Ist alles mit dir in Ordnung?", fragte sie besorgt. „Ihr seid gerade rechtzeitig gekommen", lächelte Faramir. Éowyn versuchte mit ihrem Schwert, seine eisernen Fesseln zu durchschlagen.

„Hrystwid hat die Schlüssel", sagte Faramir schnell. „Mach' dir keine solche Mühe mit den Ketten!"

Hrystwid rang mit Nimrod. Dem tapferen Offizier gelang es den Verrräter an der Schulter zu verletzen. Benommen sank Hrystwid an der Felswand nieder. Nimrod ließ die Bogenschützen Stellung beziehen und so wurde jeder Schmuggler, der in die Höhle stürmte, sofort mit einem Pfeilhagel niedergestreckt. Als die anderen Räuber, die vor der Höhle lagerten, das mitbekamen, ergriffen sie schließlich in Panik die Flucht. So wie es aussah, war eine ganze Armee von hinten in die Höhle eingedrungen, um den Truchseß zu befreien. Éowyn nahm dem ohnmächtigen Hrystwid die Schlüssel ab und nervös begann sie Faramirs Ketten aufzunesteln.

Helethor war es inzwischen gelungen, Halrond mit einem gezieltem Schwerthieb zu töten. Erschöpft hielt er kurz inne: Halrond war ein ebenbürtiger Gegner gewesen. Hrystwid war inzwischen wieder erwacht und er sah, wie Éowyn Faramir von den Ketten befreite. Mit einem Wutschrei sprang er auf die junge Frau zu und versuchte, ihr sein Schwert in den Rücken zu rammen. In letzter Sekunde warf sich Helethor dazwischen und das Schwert durchbohrte seinen Leib. Nimrod streckte Hrystwid sofort mit einem Pfeil zwischen die Augen nieder. Hrystwid war sofort tot. Helethor starrte ungläubig auf das Schwert in seiner Brust und sank röchelnd zu Boden.

„Helethor!", rief Éowyn entsetzt und beugte sich über ihn. „Haltet aus, Hauptmann", sagte Faramir beruhigend zu ihm. „Noch ist Hoffnung". „Ich werde es nicht schaffen", röchelte Helethor und Blut quoll aus seinem Mundwinkel. Er versuchte sich ein wenig aufzurichten. „Éowyn, verzeih mir bitte", flüsterte er. Sie wusste, was er damit meinte, und sie nickte unter Tränen. „Ja, ich verzeihe dir, Helethor". Faramir reichte ihm sein Schwert. Helethor drückte es mit einem letzten Lächeln an seine Brust, dann starb er. Éowyn brach schluchzend zusammen.

Epilog:

Die Stadt Pelargir war nun von den Schmugglerbanden befreit. Der junge Truchseß hatte seine erste Aufgabe mit Bravour erfüllt. Kurz, bevor er mit Éowyn in das neue Domizil Emyn Arnen reiste, nahmen sie noch Abschied von Helethor, für den man auf den Hügelgräberhöhen am Rande der Stadt ein Heldengrab errichtet hatte. Éowyn legte einen Strauß Symbelmyne auf dem Hügel nieder. Diese Blumen wuchsen hier unten im Süden nicht, aber sie hatte keine Kosten und Mühen gescheut, Symbelmyne zu beschaffen – die Blumen, welche auf den Heldengräbern der Rohirrim wuchsen. Sie standen noch eine Weile schweigend vor dem Grabhügel, während der Wind ihre langen Haare flattern ließ, rot und golden. Dann gingen sie langsam händehaltend zu ihren Pferden. Faramir fragte niemals nach, aus welchem Grund Helethor Éowyn sterbend um Verzeihung gebeten hatte.

ENDE