Kapitel VII - Captivus Invitus
Ich erwachte in einem gemütlichen Doppelbett an Bord eines Privatflugzeuges zu den sanften Klängen von Faurés Requiem Op. 48 "Sanctus". Wie lange hatte ich wohl schon geschlafen? Wohin wurde ich gebracht? Ich wollte mich strecken, konnte jedoch weder Arme noch Beine bewegen. Ich geriet nicht in Panik, sondern verschaffte mir wieder erst einmal einen klaren Kopf.
Entführt von Karel, um für seine krankhaften Pläne ausgenutzt zu werden. Mein Blut wollte er verwenden, um damit weitere Nephili zu züchten und dann die Menschheit auszulöschen.
Dabei wollte ich bloß noch einige Tage in Prag verbringen und dann wieder zu meinem Anwesen in Surrey zurückkehren.
Ich hatte mich verändert, war nicht mehr die einstige Wildheit. Ägypten hat mich berührt und hat mich weicher werden lassen. Im Alter von 21 Jahren wurde ich Earl William von Chestershire versprochen. Als Kinder und Jugendliche hatten wir ziemlich viel Zeit miteinander verbracht und ich hatte ihn wirklich gern, doch Liebe stand damals wie heute außer Frage.
Nach meiner Rückkehr nach England habe wieder ein relativ gutes Verhältnis zu meinen Eltern aufgebaut und mich mehr den ‚normalen' Dingen im Leben einer Herzogin gewidmet. Das beinhaltete unter anderem Empfänge wichtiger politischer Persönlichkeiten und der sozialen Oberschicht, sowie öffentliche Auftritte. Es kam sogar dazu, dass ich mich von meiner Mutter Andrea habe überzeugen lassen, in den Bund der Ehe zu treten und für Nachkommen zu sorgen. Außerdem wäre es doch äußerst vernünftig, die angeknacksten Beziehungen zwischen Surrey und Chestershire aufzufrischen und die beiden Grafschaften zu vereinen!
William stellte mir einen Antrag bei romantischem Kerzenlicht und exquisitem Dinner. Obwohl ich mir wirklich nicht vorstellen konnte, mit diesem Mann später Kinder haben zu werden und mit ihm alt zu werden, nahm ich ohne zu zögern an - hauptsächlich meinen Eltern zuliebe. Wir verlobten uns am Tag vor meiner Abreise nach Frankreich und legten die Hochzeit für den 20. Dezember fest. Diese Fehlentscheidung wurde mir erst dann bewusst, als ich in Paris Kurtis kennen lernte und er mich wieder an Freiheit und Ungebundenheit erinnerte.
Doch nun bestand meine Aufgabe erneut darin, die Welt zu retten. Mein Körper war noch immer komplett gelähmt und meine Lage absolut hoffnungslos. Ich musste mehr über Karels Pläne erfahren und mir blieb nichts anderes übrig, als nach ihm zu rufen.
Einige Minuten später öffnete sich die Tür und herein trat mein Entführer, mit einem kleinen Aluminiumkoffer in seiner linken Hand. "Ich hoffe, Sie konnten sich ausruhen." sprach er, setzte sich neben mich aufs Bett, öffnete den Koffer und entnahm eine Spritze mit relativ langer Nadel. "Was die Narkose anbelangt - reine Vorsichtsmaßnahme." sagte er, während er meine rechte Hüfte desinfizierte und die Nadel in meinen Körper einführte. Die kühle Flüssigkeit trat aus der Spritze und rannte brennend durch meine Venen. Einen Augenblick lang war ich ohne Orientierung und wurde dann von Schmerzkrämpfen geschüttelt. Die Qualen ließen nach und ich bekam allmählich wieder Gewalt über meinen Oberkörper. Ich stützte mich auf meine Ellenbogen und wartete darauf, bis meine Beine von der Narkose erwachten.
"Wir sollten jetzt nichts überstürzen, Lara." sprach er mit kühlem Lächeln, "Ich kann mir zwar vorstellen, dass es recht unangenehm ist, die eigenen Beine nicht zu spüren, aber ich möchte Ihnen die Qualen einer weiterer Spritze in ihre Wade ersparen. Ruhen Sie sich aus, solange sie können. Wir werden in ungefähr anderthalb Stunden landen." Er wendete sich von mir ab, nahm den Koffer und wollte gerade zur Tür gehen, als ich mich räusperte und mich nach dem Reiseziel erkundigte.
"Sobald wir einige Sachen in Ephesus erledigt haben, werden wir nach Cappadocia aufbrechen." sagte er kühl, "Ich rate ihnen wirklich, sich nicht zu überanstrengen. Sie werden dort ihre gesamte Kraft benötigen. Oh, bevor ich es vergesse - bevorzugen Sie Huhn oder Fisch?" fragte er und richtete einen kleinen Tisch neben meinem Bett auf.
Karel wollte demonstrieren, dass er mich lenken konnte, ob ich wollte oder nicht. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich ihm entkommen konnte. Schnell musste ich einen Weg zu finden, mit Kurtis zu kommunizieren und ihm mitzuteilen, wo ich mich befand. Auf ein Telefon konnte ich in diesem Moment wohl nicht hoffen.
"Ich hätte gerne Rotbarsch" entgegnete ich kühl und brachte meinen Oberkörper in eine senkrechte Position, "und ein Buch."
"Mit Büchern kann ich leider nicht dienen, aber ich kann Ihnen gerne eine Times bringen. Im Übrigen stelle ich fest, dass Sie sich schon ganz gut an ihre Lage gewöhnt haben, nicht wahr?" "Gewiss doch" entgegnete ich genauso falsch, "ich versuche doch nur das Beste aus der Situation zu machen". Er brachte mir den bestellten Fisch und die Times, wünschte mir einen guten Appetit und verließ den Raum.
Der Fisch war ausgezeichnet und hatte absolut nicht nach Flugzeugessen geschmeckt. Mit der Zeitung konnte ich nicht viel anfangen. Eine fehlende Seite würde sofort bemerkt werden, also las ich desinteressiert den Regionalteil.
Gute fünfzehn Minuten erschien ein relativ kleiner, südländisch aussehender Flugbegleiter, um das Essen wegzuräumen. Er beugte sich zu mir und drückte mir dezent eine Ampulle in die Hand. "Ein Serum gegen die Narkose. Vertrauen Sie mir." Skeptisch musterte ich ihn. "Warum tun Sie das?" "Schhh... hier sind überall Überwachungskameras installiert," flüsterte er hastig, während er das Tablett aufhob. "Karel hat meine Nieren entfernen lassen und es ist nur noch eine Frage von Stunden bis ich sterbe. Aber Sie, Sie können es schaffen. Retten Sie sich... und die Menschen. Trinken Sie jetzt!" Er war im Begriff zu gehen. "Warten Sie... wie ist Ihr Name?" fragte ich. Traurig blickte er mich an: "Tote haben keine Namen."
Seltsamerweise hatte ich das Gefühl, ihm wirklich vertrauen zu können und trank das süßliche Elixier sofort, als er gegangen war. Für einen Moment überkam mich ein Gefühl der Schwindelkeit und ich musste mich an der Satinbettwäsche festkrallen. So schnell, wie dieser Effekt einsetzte, hörte er wieder auf und ich spürte wieder Kraft in den Beinen.
Ich erwachte in einem gemütlichen Doppelbett an Bord eines Privatflugzeuges zu den sanften Klängen von Faurés Requiem Op. 48 "Sanctus". Wie lange hatte ich wohl schon geschlafen? Wohin wurde ich gebracht? Ich wollte mich strecken, konnte jedoch weder Arme noch Beine bewegen. Ich geriet nicht in Panik, sondern verschaffte mir wieder erst einmal einen klaren Kopf.
Entführt von Karel, um für seine krankhaften Pläne ausgenutzt zu werden. Mein Blut wollte er verwenden, um damit weitere Nephili zu züchten und dann die Menschheit auszulöschen.
Dabei wollte ich bloß noch einige Tage in Prag verbringen und dann wieder zu meinem Anwesen in Surrey zurückkehren.
Ich hatte mich verändert, war nicht mehr die einstige Wildheit. Ägypten hat mich berührt und hat mich weicher werden lassen. Im Alter von 21 Jahren wurde ich Earl William von Chestershire versprochen. Als Kinder und Jugendliche hatten wir ziemlich viel Zeit miteinander verbracht und ich hatte ihn wirklich gern, doch Liebe stand damals wie heute außer Frage.
Nach meiner Rückkehr nach England habe wieder ein relativ gutes Verhältnis zu meinen Eltern aufgebaut und mich mehr den ‚normalen' Dingen im Leben einer Herzogin gewidmet. Das beinhaltete unter anderem Empfänge wichtiger politischer Persönlichkeiten und der sozialen Oberschicht, sowie öffentliche Auftritte. Es kam sogar dazu, dass ich mich von meiner Mutter Andrea habe überzeugen lassen, in den Bund der Ehe zu treten und für Nachkommen zu sorgen. Außerdem wäre es doch äußerst vernünftig, die angeknacksten Beziehungen zwischen Surrey und Chestershire aufzufrischen und die beiden Grafschaften zu vereinen!
William stellte mir einen Antrag bei romantischem Kerzenlicht und exquisitem Dinner. Obwohl ich mir wirklich nicht vorstellen konnte, mit diesem Mann später Kinder haben zu werden und mit ihm alt zu werden, nahm ich ohne zu zögern an - hauptsächlich meinen Eltern zuliebe. Wir verlobten uns am Tag vor meiner Abreise nach Frankreich und legten die Hochzeit für den 20. Dezember fest. Diese Fehlentscheidung wurde mir erst dann bewusst, als ich in Paris Kurtis kennen lernte und er mich wieder an Freiheit und Ungebundenheit erinnerte.
Doch nun bestand meine Aufgabe erneut darin, die Welt zu retten. Mein Körper war noch immer komplett gelähmt und meine Lage absolut hoffnungslos. Ich musste mehr über Karels Pläne erfahren und mir blieb nichts anderes übrig, als nach ihm zu rufen.
Einige Minuten später öffnete sich die Tür und herein trat mein Entführer, mit einem kleinen Aluminiumkoffer in seiner linken Hand. "Ich hoffe, Sie konnten sich ausruhen." sprach er, setzte sich neben mich aufs Bett, öffnete den Koffer und entnahm eine Spritze mit relativ langer Nadel. "Was die Narkose anbelangt - reine Vorsichtsmaßnahme." sagte er, während er meine rechte Hüfte desinfizierte und die Nadel in meinen Körper einführte. Die kühle Flüssigkeit trat aus der Spritze und rannte brennend durch meine Venen. Einen Augenblick lang war ich ohne Orientierung und wurde dann von Schmerzkrämpfen geschüttelt. Die Qualen ließen nach und ich bekam allmählich wieder Gewalt über meinen Oberkörper. Ich stützte mich auf meine Ellenbogen und wartete darauf, bis meine Beine von der Narkose erwachten.
"Wir sollten jetzt nichts überstürzen, Lara." sprach er mit kühlem Lächeln, "Ich kann mir zwar vorstellen, dass es recht unangenehm ist, die eigenen Beine nicht zu spüren, aber ich möchte Ihnen die Qualen einer weiterer Spritze in ihre Wade ersparen. Ruhen Sie sich aus, solange sie können. Wir werden in ungefähr anderthalb Stunden landen." Er wendete sich von mir ab, nahm den Koffer und wollte gerade zur Tür gehen, als ich mich räusperte und mich nach dem Reiseziel erkundigte.
"Sobald wir einige Sachen in Ephesus erledigt haben, werden wir nach Cappadocia aufbrechen." sagte er kühl, "Ich rate ihnen wirklich, sich nicht zu überanstrengen. Sie werden dort ihre gesamte Kraft benötigen. Oh, bevor ich es vergesse - bevorzugen Sie Huhn oder Fisch?" fragte er und richtete einen kleinen Tisch neben meinem Bett auf.
Karel wollte demonstrieren, dass er mich lenken konnte, ob ich wollte oder nicht. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich ihm entkommen konnte. Schnell musste ich einen Weg zu finden, mit Kurtis zu kommunizieren und ihm mitzuteilen, wo ich mich befand. Auf ein Telefon konnte ich in diesem Moment wohl nicht hoffen.
"Ich hätte gerne Rotbarsch" entgegnete ich kühl und brachte meinen Oberkörper in eine senkrechte Position, "und ein Buch."
"Mit Büchern kann ich leider nicht dienen, aber ich kann Ihnen gerne eine Times bringen. Im Übrigen stelle ich fest, dass Sie sich schon ganz gut an ihre Lage gewöhnt haben, nicht wahr?" "Gewiss doch" entgegnete ich genauso falsch, "ich versuche doch nur das Beste aus der Situation zu machen". Er brachte mir den bestellten Fisch und die Times, wünschte mir einen guten Appetit und verließ den Raum.
Der Fisch war ausgezeichnet und hatte absolut nicht nach Flugzeugessen geschmeckt. Mit der Zeitung konnte ich nicht viel anfangen. Eine fehlende Seite würde sofort bemerkt werden, also las ich desinteressiert den Regionalteil.
Gute fünfzehn Minuten erschien ein relativ kleiner, südländisch aussehender Flugbegleiter, um das Essen wegzuräumen. Er beugte sich zu mir und drückte mir dezent eine Ampulle in die Hand. "Ein Serum gegen die Narkose. Vertrauen Sie mir." Skeptisch musterte ich ihn. "Warum tun Sie das?" "Schhh... hier sind überall Überwachungskameras installiert," flüsterte er hastig, während er das Tablett aufhob. "Karel hat meine Nieren entfernen lassen und es ist nur noch eine Frage von Stunden bis ich sterbe. Aber Sie, Sie können es schaffen. Retten Sie sich... und die Menschen. Trinken Sie jetzt!" Er war im Begriff zu gehen. "Warten Sie... wie ist Ihr Name?" fragte ich. Traurig blickte er mich an: "Tote haben keine Namen."
Seltsamerweise hatte ich das Gefühl, ihm wirklich vertrauen zu können und trank das süßliche Elixier sofort, als er gegangen war. Für einen Moment überkam mich ein Gefühl der Schwindelkeit und ich musste mich an der Satinbettwäsche festkrallen. So schnell, wie dieser Effekt einsetzte, hörte er wieder auf und ich spürte wieder Kraft in den Beinen.
