Claudi und Davi: Danke für euere Reviews! Ja, euer Wunsch ist mir Befehl und ich poste die nächste Fortsetzung.....

4. Kapitel

Eine Stunde später klopfte es an Gabriels Tür.

„Herein",machte der Vampirjäger, der mit entblößten Oberkörper vor dem wärmenden Kaminfeuer stand.

Lady Jennifer wurde puterrot, als sie Gabriel so sah: sie hatte noch nie einen halbnackten Mann aus der Nähe gesehen. Und Gabriel war unglaublich gut gebaut.

Sie räusperte sich verlegen.

„Äh, Verzeihung, Dr. van Helsing, ich wusste nicht, dass Sie .... Ich glaube, ich gehe wieder".

Gabriel drehte sich um zu ihr und sah sie ruhig an.

„Mir wäre es recht, wenn Sie mich Gabriel nennen würden".

„Wenn Sie es wünschen", erwiderte Jennifer und sah schamhaft zu Boden.

Plötzlich stand er dicht vor ihr und legte ihr die Hände sanft auf die Schultern.

„Du erinnerst mich so sehr an sie, weißt du das?", sagte er leise.

Lady Jennifer sah ihn irritiert an und streifte rasch seine Hände von ihren Schultern.

„In einer Viertelstunde speisen wir zu Abend, Gabriel", entgegnete sie etwas schroff und verließ das Zimmer wieder.

Sie ging weiter in das nächste Zimmer, wo Carl hauste. Der Mönch saß in mehreren Decken gewickelt vor dem Kamin und nieste.

„Oh, Bruder Carl, ich hoffe, Sie haben sich nicht erkältet", meinte Lady Jennifer besorgt.

„Keine Angst, es geht schon", schniefte Carl und nieste erneut.

Lady Jennifer wünschte ihm Gesundheit und verließ das Zimmer lächelnd.

Als sie auf den Flur trat, stand plötzlich Gabriel wieder vor ihr. Er trug jetzt ein weißes, trockenes Hemd.

„Verzeihung, Mylady", murmelte er betreten.

„Ist schon gut", meinte Jennifer freundlich. „Von wem haben Sie eigentlich gesprochen: wer ist sie oder war sie?"

„Sie haben vielleicht schon von den entsetzlichen Geschehnissen gehört, die sich letztes Jahr hier ereignet haben", erzählte Gabriel bedrückt. „Dabei sind Prinz Velkan und Prinzessin Anna von der Fürstenfamilie ums Leben gekommen".

„Ja, ich kenne die Geschichte", sagte Jennifer mitfühlend. „Iwan hat uns davon berichtet. Sie haben Prinzessin Anna geliebt, nicht wahr?"

Gabriel konnte jetzt nicht antworten: die Erinnerungen an Anna wühlten ihn zu sehr auf. Er nickte nur und wandte sich wieder um zum Gehen.

„Gabriel!", rief Jennifer leise und hielt ihm am Arm fest. „Es tut mir so leid – das sollten Sie wissen".

„Verstehen Sie jetzt, warum ich mir solche Sorgen um Sie mache?", erwiderte Gabriel und lächelte gequält.

Jennifer konnte nicht anders: sie hauchte ihm schnell einen Kuß auf die stoppelige Wange und rauschte davon.

Gabriel sah ihr verwirrt nach.

Wenig später saßen alle beim Abendessen im großen Kaminzimmer. Iwan bediente alle, die am Tisch saßen.

„Ich würde gerne mehr über diese Tochter von Dracula erfahren", meinte Gabriel während des Essens. „Ich muß wissen, was sie genau ist und wie ich sie bekämpfen kann".

„Auf jeden Fall ist sie nicht so geartet wie diese sogenannten Kinder von Dracula und seinen Bräuten", warf Carl mit vollen Backen kauend ein.

„Wir wissen leider auch nichts näheres über diese Vampirin", sagte Lord Huntington entschuldigend. „Wir haben nur die Informationen, die uns die Dorfbewohner gaben".

„Mich wundert es nur, dass wir sie letztes Jahr nicht zu Gesicht bekommen haben, als – das – passierte", erwiderte Gabriel mühsam beherrscht.

Jennifer sah, wie es in ihm arbeitete und sie lächelte Gabriel aufmunternd zu.

„Es hilft nichts, wir müssen im Dorf herumfragen, auch wenn man uns dort nicht mag", murmelte Carl vor sich hin.

„Carl, das ist wirklich eine sehr gute Idee von dir", meinte Gabriel und grinste plötzlich. „Diese Aufgabe wirst nämlich du übernehmen".

„Das habe ich mir fast gedacht", seufzte Carl auf.

„Du wirst deiner Bekannten Adela aus dem Dorf einen Besuch abstatten und sie ein wenig aushorchen", sagte Gabriel in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

„Was für eine Bekannte?", fragte Lady Jennifer amüsiert.

Carl wurde knallrot und sah Gabriel flehend an.

„Nun, Bruder Carl ist letztes Jahr im Dorf seelsorgerisch tätig gewesen", erklärte Gabriel mit einem unterdrückten Feixen. „Eine gewisse Dame bedurfte besonders seines geistlichen Zuspruchs".

Carl atmete auf und blickte Gabriel dankbar an.

„Ich werde sofort nach dem Essen aufbrechen und die besagte Dame besuchen", sagte Carl mit einem schelmischen Grinsen.

Das Unwetter hatte sich inzwischen wieder verzogen und ein heller Vollmond stand am Himmel, als Carl ins Dorf losritt. Ganz wohl war ihm nicht in seiner Haut, denn er fürchtete sich vor der Vampirprinzessin. Er erwartete, dass sie jeden Augenblick auftauchen könnte. Zitternd trieb er sein Pferd zur Eile an und war heilfroh, als er unbeschadet ins Dorf gelangte. Das Haus, wo Adela lebte, kannte er. Nach dieser schicksalsträchtigen Nacht, die er im vergangenen Jahr mit ihr verbracht hatte, hatte er sie anschließend noch nach Hause geleitet.

Aufgeregt klopfte er an die Tür der ärmlichen Hütte. Adela öffnete ihm mürrisch.

„Was willst du denn hier, Carl?", fragte sie etwas genervt.

„Äh, ich muß mit dir mal reden", sagte Carl grinsend. „Darf ich reinkommen?"

„Von mir aus", murmelte Adela und zog ihm am Kuttenärmel herein.

Das Baby schlief in einer ärmlichen Holzwiege. Verzückt lächelnd beugte sich Carl über das schlafende Kind.

„Ich finde, sie sieht wie ein kleiner Engel aus".

„Du hast keine Ahnung, wie hartnäckig Babies schreien können", entgegnete Adela griesgrämig. „Was willst du nun?"

„Ich will etwas über Draculas Tochter wissen", sagte Carl ohne große Umschweife.

„Allmächtiger!", kreischte Adela auf und bekreuzigte sich ein halbes Dutzend mal.

Carl sah sie erstaunt an.

„Aber ihr im Dorf wisst doch angeblich, wer sie wirklich ist und wo sie herkommt".

„Sprich nicht von ihr!", wimmerte Adela entsetzt und warf sich Carl in die Arme. „Es ist so schrecklich...."

Carl konnte nicht widerstehen und begann, Adela zu küssen. Leidenschaftlich umschlang ihn die junge Frau und erwiderte seinen Kuss heftig. Während ihre Zungen miteinander kreisten, zog sie ihm die unförmige Mönchskleidung vom Körper. Ungeschickt und mit zitternden Fingern versuchte Carl, ihr Mieder aufzuknöpfen. Adela zog ihn zu ihrem Bett und mit einem wilden Schrei riß sie Carl das lange Hemd auf, dass er unter der Kutte trug. . Ohne Mönchskutte war der tollpatschige Carl plötzlich ein völlig Anderer: ein wilder, leidenschaftlicher Mann , der es bestens verstand, sie zu befriedigen.

Gabriel stand mit verschränkten Armen auf dem Balkon seines Zimmers und blickte besorgt Richtung Dorf. Er hoffte, dass Carl gut angekommen war. Bisher hatte der tollpatschige Mönch immer mehr Glück als Verstand gehabt. Unbemerkt war Lady Jennifer neben ihm getreten. Sie trug jetzt ihre langen, dunklen Haare offen. Noch stärker erinnerte sie Gabriel so an Anna. Er seufzte tief und sah wieder in den nächtlichen Himmel hinauf.

„Ich habe Angst", gestand die junge Frau neben ihm plötzlich. „Ich würde lieber heute als morgen wieder nach England abreisen. Aber mein Vater hat diese neue Pflanzensorte entdeckt: die Wissenschaft ist ihm leider wichtiger als unser beider Leben".

Gabriel merkte, dass Lady Jennifer zitterte. Er legte fürsorglich den Arm um sie.

„Sie brauchen keine Angst in meiner Nähe zu haben, Mylady", sagte er tröstend. „Diese Vampirprinzessin wird Ihnen kein Haar krümmen – das schwöre ich bei meinem Leben!"

Jennifer lächelte tapfer und sah ihn mit ihren großen grünen Augen an.

Gabriel konnte nicht anders: er beugte sich zu ihr hinab und küsste sie auf den Mund. Jennifer machte irritiert einen Satz zurück.

„Wie können Sie es wagen!", rief sie erbost.

„Verzeihen Sie", murmelte Gabriel betreten und verließ schnell den Balkon.

Lady Jennifer sah ihm schweratmend hinterher. Irgendwie tat es ihr schon wieder leid, dass sie so schroff zu ihm gewesen war. Dieser Mann löste bisher ungekannte Gefühle in ihr aus. Sie war völlig durcheinander.

Gabriel wälzte sich unruhig in seinem Bett hin und her. Er schlief nur sehr wenig in dieser Nacht: jedes Mal wenn er wegdöste, kamen diese entsetzlichen Albträume zurück. Er sah Anna sterben. Und er war schuld an ihrem Tod.

„Oh Anna!", schluchzte er leise auf, als er erneut tränenüberströmt aus einem Albtraum erwachte.

Draußen graute schon der Tag. Gabriel musste unbedingt nachsehen, ob Carl schon zurück war. Doch das Zimmer des Mönchs war leer.

„Mist!", knurrte Gabriel und zog seinen Ledermantel an.

Die Ungewissheit ließ ihm keine Ruhe. Mit schnellem Galopp sprengte er Richtung Dorf. Doch da kam ihm Carl schon entgegengeritten: ein fröhliches Lied auf den Lippen und mit zufriedenem Grinsen.

„Wo warst du die ganze Nacht?", fragte Gabriel mürrisch. „Ich habe mir Sorgen gemacht".

„Oh, ich sollte doch die Dorfbewohner aushorchen", meinte Carl mit unschuldigem Lächeln.

„Ich wette, du warst bei einer ganz bestimmten Dorfbewohnerin, und hast sie nach deiner Spezial-Methode ausgehorcht", spottete Gabriel.

„Ich weiß nicht, was Sie meinen", sagte Carl und guckte pfeifend in die Luft.

Gabriel verdrehte die Augen und brummte etwas vor sich hin.

„Wollen Sie nicht wissen, was ich über Asa herausgefunden habe?", fragte Carl erstaunt, während Gabriel seinem Pferd die Sporen gab und davonritt.