Endlich habe ich meine diversen Schreibblockaden wieder überwunden ^^ Radtouren und Bergwandern können recht inspirierend sein :p

@ elektra121: Dieses Kapitel ist etwas zuversichtlicher :-) Aber dennoch, ein bissl melancholisch wirds später noch mal werden. Muss sein ^^




Kapitel 3. Hoffnung



Der Winter kam und ging. Schließlich wurde es wärmer, der Schnee schmolz und es zog wieder der Frühling ins Land. Zu keiner anderen Jahreszeit herrschte derartig viel Leben im Wald. Ob groß oder klein, ob Vogel oder Säugetier, alle suchten sie Partner um Nachwuchs groß zu ziehen.
Die kalten Tage über war Kummer Galadriels Begleiter. Mit Frühjahrsbeginn besserte sich ihre Stimmung nur wenig. Doch Celeborn gab nicht auf. Sein unerschütterlicher Optimismus schaffte es immer wieder ihr ein Lächeln zu entlocken.

Als sich der Frühling dem Ende zuneigte, fühlte Galadriel eine Veränderung. Ihre Blutung war ausgeblieben. Sie hatte ein weiteres Mal empfangen. Jedoch konnte sie Celeborn noch nichts davon sagen. Zu groß war die Angst, dass ihr Körper die heranwachsende Leibesfrucht erneut abstieß, die Angst ihn wieder zu enttäuschen.

Ihre ziellose Wanderung brachte die beiden in Teile der Wälder von Doriath, die keiner von ihnen kannte. Niemals begegnete ihnen jemand. Und das störte sie nicht. Sie hatten einander, nur das war wichtig.

So kamen sie eines Nachmittags auf eine winzige Lichtung mitten im dichtesten Wald. Ein kleiner Bach plätscherte hier in einen mit Seerosen bedeckten Tümpel, ließ Blumen und Pflanzen gedeihen, die viel Feuchtigkeit benötigten. Irgendwo im Schilf quakte ein Frosch, und in dem klaren Wasser schwammen einige Forellen umher.
Celeborn lächelte. „Es ist wunderschön, nicht wahr? Lass uns hier das Lager für heute Nacht aufschlagen."
Zunächst antwortete Galadriel nicht, doch dann nickte sie, immer noch ein wenig abwesend.

Etwas später züngelte ein kleines Feuer, wo sie diese Nacht lagerten. Wenn die Sonne sank, würde es ausreichend Licht geben. Celeborn hatte sich aufgemacht, um zwei Forellen für das Abendessen zu fangen. Währenddessen verließ Galadriel den Lagerplatz. Als die beiden die Lichtung nachmittags erreicht hatten, war ihr Blick auf etwas gefallen, das eine Erinnerung weckte.

Dort wo der Fluss wieder in den Wald abzweigte, wuchs versteckt ein kleiner Busch. Das allein mochte nicht sehr ungewöhnlich sein. Doch er trug nur eine einzige gelblich gefärbte Frucht, die etwa die halbe Größe von Galadriels Faust hatte. Um diese Jahreszeit begannen Bäume und Sträucher normalerweise erst zu blühen. Und wenn sie dann im Sommer mit Früchten bestückt waren, dann nie nur mit einer einzelnen. Auch lag keine von ihnen herunter gefallen und verfault unter dem Strauch.

Galadriel erinnerte sich einer Geschichte, die ihre Mutter ihr einmal erzählt hatte, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Sie hatte von einer Pflanze erzählt, die die Macht besaß, tief im Herzen vergrabene Wünsche zu erfüllen. Schlicht Merolva - die Wunschpflanze - genannt. Sie trug niemals mehr als eine einzige Frucht, deren Farbe ein sattes dunkles Gelb war, wenn sie reif war.
Früher, als Kind, hatte sie daran geglaubt, doch mit dem Heranwachsen war die Geschichte für sie zu nicht mehr als einem Märchen geworden. Zumal sie in Valinor nie eine Pflanze, auf die diese Beschreibung zutraf, gesehen hatte.

„Iss die Frucht, und vergrabe den Kern in der Erde. Und wenn ein Keimling zu sprießen beginnt, wird sich erfüllen, was du dir am meisten wünschst." So hatte ihre Mutter damals gesagt.

Wie von selbst ergriff ihre Hand die Frucht, die sich leicht vom Zweig löste. Zaghaft biss sie hinein. Saft rann über ihre Finger. Das Fruchtfleisch schmeckte reif und süß. Während sie langsam kaute, spürte sie, wie der Wunsch das Leben, das unter ihrem Herzen entstand, auf die Welt zu bringen, stärker denn je in ihr brannte.
Schließlich hielt sie nur noch den kleinen braunen Kern zwischen ihren Fingern. Sie vergrub ihn neben dem Strauch in der Erde. „Möge mein Kind geboren werden, wenn ein Pflänzchen zu wachsen beginnt", flüsterte sie.
Einen Moment lang verharrte sie noch auf der Stelle, ehe sie sich erhob, um wieder zu Celeborn zurück zu kehren. Inzwischen musste er beim Fischfang erfolgreich gewesen sein.

Schon bald zogen sie wieder weiter. Es wurde Sommer. Die erste gefährliche Zeit der Schwangerschaft war schließlich vorbei. Galadriel fühlte das Leben, das in ihrem Leib entstand. Sie hatte es nicht verloren, und fing an zu hoffen.
Und irgendwann war sie bereit es Celeborn mitzuteilen. Er hatte natürlich gemerkt, dass eine Veränderung mit ihr vorgegangen war, aber welcher Art sie war, wusste er nicht.
Über den Baumwipfeln ging die Sonne auf, brachte den Wald zum Erwachen. Celeborn schlief noch. Zärtlich begannen Galadriels Finger mit seinem Haar zu spielen. Sie lächelte, als er daraufhin ein verschlafenes Brummen von sich gab, und die Augen aufschlug.
„Guten Morgen, melethron", sagte sie.
Er gähnte. „Du scheinst heute gut gelaunt zu sein, oder irre ich mich?"
„Nein das tust du nicht", Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht.
„Und darf man nach dem Grund dafür fragen?"
„Man darf", sie ergriff seine Hand und legte sie auf ihren noch schlanken Bauch.
Diese Geste entlockte ihm einen irritierten Blick – so früh am Morgen dauerte es etwas, bis er begriff, was sie ihm damit sagen wollte. Sein Gesicht hellte sich augenblicklich auf. „Ich wusste es, ich wusste wir würden unsere Chance erhalten!"
Galadriel wurde wieder ernst, „Du solltest dich nicht zu früh freuen. Noch ist dieses Kind nicht geboren."
„Aber dieses Mal wird alles gut gehen. Und in", er runzelte die Stirn, „Wie weit bist du?"
„Es sind jetzt vier Monate."
„Dann wird das Kind mitten im Winter zur Welt kommen", überlegte er, „Vielleicht wäre es besser, wenn wir rechtzeitig nach Menegroth zurück kehrten. Der Wald im Schnee ist wohl nicht der beste Ort für eine Geburt, und vermutlich bin ich als Hebamme auch nicht besonders geeignet." Bei den letzten Worten schmunzelte er.
Sie nickte. „Da hast du sicher recht. Wir sollten kein unnötiges Risiko eingehen. Ich weiß nicht, ob ich es verkraften könnte, dieses Kind auch noch zu verlieren."
Celeborn betrachtete sie zuversichtlich. „Zweifeln ist nicht angebracht. Du wirst sehen, Liebes, noch bevor das Jahr endet, bist du Mutter eines Sohnes oder einer Tochter."

Er strich ihr liebevoll über das goldene Haar und küsste sie schließlich. Stürmisch erwiderte sie den Kuss, wobei sie ihre Hand unter sein Hemd gleiten ließ, und spielerisch mit den Fingerspitzen unbestimmte Symbole auf seine Brust zeichnete. Währenddessen war er dazu übergegangen zarte Küsse an ihrem Hals zu verteilen. Genussvoll legte sie den Kopf zurück – sie liebte es, wenn er das tat. Eng umschlungen sanken sie zurück auf ihr Lager.



merolva = Wunschpflanze (Quenya)
melethron = Liebster, Geliebter