Ja ich lebe noch, und trotz dem Stress des gerade angefangenen Biologie Studiums gibt es jetzt ein neues Kapitel ;-)
elektra121 und Shelley: ihr könnt Hoffnung schöpfen, denn dies ist nun so ziemlich das am wenigsten melancholische Kapitel der Geschichte
CAMIR: danke für dein Review! :-)
Kapitel 4. Glück
Vor drei Tagen jetzt hatten sie sich auf den Weg nach Menegroth gemacht. Bis der erste Schnee fiel wäre noch genug Zeit gewesen, und bald hätten sie ihr Ziel erreicht.
Doch der Winter kam zu früh dieses Jahr. Einen Tag und eine Nacht hatte es fast durchgehend geschneit. Bereits am Nachmittag des zweiten Tages hätten sie Menegroth erreichen sollen. Aber durch den Schnee zu gehen war anstrengend, und Galadriel war in dieser Zeit, da sich die Schwangerschaft dem Ende zuneigte, rasch erschöpft. Noch einen Monat in etwa würde es dauern bis das Kind zur Welt kam.
Im Moment hatte es aufgehört zu Schneien, und sogar die Sonne zeigte sich an diesem Morgen. Mit lautem Krächzen flog eine Krähe zwischen den Baumwipfeln hindurch und landete auf einem der verschneiten Äste. Neugierig beobachtete der Vogel die beiden Elben, die dabei waren ihr Nachtlager für den Aufbruch zusammen zu packen.
Es war still im Wald. Zu dieser Zeit zeigten sich nur wenige Tiere, viele verbrachten die kalten Tage schlafend.
Nach einem raschen Frühstück brachen sie wieder auf. Der Weg war mühsam für Galadriel. Der Schnee lag so hoch, dass sie oft knöcheltief einsank. Celeborn, dem es leichter fiel vorwärts zu kommen, wich nicht von ihrer Seite. Seit dem heutigen Morgen verspürte sie ein leichtes Ziehen in ihrem Unterleib. Nicht direkt ein Schmerz, sondern viel mehr eine unangenehme Spannung.
Je näher die Mittagszeit rückte, desto trüber wurde der Himmel. Graue Wolken begannen die Sonne zu verdecken. Wolken, die neuerlichen Schneefall ankündigten.
Wieder sank sie ein. Doch dieses Mal weigerten sich ihre Beine ihr Gewicht weiter zu tragen. Das Ziehen in ihrem Bauch war mittlerweile heftiger geworden.
Celeborn fasste ihren Arm und zog sie hoch. Doch als er los ließ sank sie wieder auf die Knie.
„Wir müssen weiter", sagte er und Besorgnis war in seiner Stimme.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht mehr!"
Auch bei einem neuerlichen Versuch wieder auf die Beine zu kommen, gaben ihre Knie nach. Ihr fehlte einfach die Kraft. Sie wollte etwas zu Celeborn sagen, doch da wurde von einem Augenblick zum anderen aus dem Ziehen in ihrem Unterleib ein Zusammenkrampfen. Schmerz flutete ihren Körper und sie stöhnte auf. Warme Flüssigkeit rann an den Innenseiten ihrer Schenkel hinab. Kein Blut. Und sie begriff was dies zu bedeuten hatte.
„Celeborn, das Kind!"
„Was?" Alarmiert sah er sie an.
„Es kommt. Jetzt!" Sie schnappte nach Luft. Es war doch noch zu früh! Panik stieg in ihr auf. Was wenn sie dieses Kind auch verlor?
Celeborn ergriff ihre Hand und drückte sie sanft. „Ganz ruhig. Du wirst sehen es ist alles in Ordnung."
Er holte aus seinem Gepäck eine Decke und breitete sie in den Schnee. Auch wenn sie bald durchnässt sein würde, besser als nichts.
Inzwischen ging Galadriels Atem schnell und stoßweise. Sie versuchte sich zu entspannen, doch die Angst in ihren Augen konnte sie nicht vor ihm verbergen.
Immer wieder flüsterte er ihr liebevolle Worte ins Ohr um ihr Hoffnung zu spenden. Doch auch er fürchtete sich ein wenig. Sicher, es kam schon vor, dass Kinder zu früh geboren wurden. Aber sie waren dann oft zu klein und zu schwach. Celeborn versuchte nicht daran zu denken. Dennoch kehrte sein Verstand immer wieder zu diesem Punkt zurück.
Galadriel sah ihn flehend an. Stumm darum bittend ihre Hand nicht los zu lassen.
„Ich bin bei dir", sagte er leise und strich ihr zärtlich mit der freien Hand über die Wange. Als er in ihr gepeinigtes Gesicht blickte, wünschte er sich nichts mehr als die Schmerzen, die sie empfinden musste, irgendwie lindern zu können. Dem Knacken der Knochen seiner Finger als sich ihre Hand um seine krampfte, schenkte er keine Beachtung.
Kein Geräusch war zu hören, nur das heftige Atmen Galadriels. Schließlich wurden die Wehen so stark, dass sie gequält aufschrie.
„Pressen!" kommentierte Celeborn, „Fester!"
Durch den tagelangen Marsch war sie schon ziemlich erschöpft, sodass es ihr schwer fiel die nötige Kraft auf zu bringen. Sie hatte gelernt aus Schmerz Stärke zu zehren, aber dieses Mal schien dies kaum möglich. Zu aufgewühlt war sie innerlich.
Doch der Wunsch dieses Kind leben zu lassen, es für Celeborn zu tun, trieb sie an, half ihr ihre letzte Energie zu sammeln.
Dass die Sonne inzwischen vollkommen hinter den Wolken verschwunden war und es wieder zu Schneien begann, merkte sie nicht. Dicke Flocken rieselten lautlos zu Boden. Einige davon verfingen sich in Galadriels Haar, schmolzen auf der Haut in ihrem Gesicht und mischten sich mit dem Schweiß.
Die nächste Wehe erfasste sie und sie schrie auf, presste so fest sie konnte. Sie fühlte wie das Kind in ihrem Leib nach unten glitt.
Celeborn bedachte sie mit einem aufmunternden Blick. „Du machst das großartig, melethril. Halte nur noch ein wenig durch!"
Dann schließlich war es da. Eine unglaubliche Erleichterung erfüllte sie, als sie spürte, dass es ihren Körper verlassen hatte. Sie atmete ein paar Mal tief durch, ließ die kalte Luft ihre Lungen hinab strömen, und hob schließlich den Kopf um ihren Ehemann anzusehen.
Er lächelte. Und in diesem Moment ertönte der von Unmut kündende Schrei des Neugeborenen, darüber dass es sich plötzlich in einer anderen Umgebung wieder fand.
Sie sah ihn überglücklich an, als er seinen Umhang abnahm, das Kind darin einwickelte, und nachdem er es ein wenig gesäubert hatte, ihr in die Arme legte.
„Wir haben eine Tochter", sagte er ehrfurchtsvoll", und sie ist so wunderschön wie ihre Mutter." Er gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Ich wusste du würdest es schaffen."
Galadriel war nicht in der Lage irgendetwas zu sagen. Ihre Gefühle überwältigten sie in diesem Augenblick vollkommen, da sie zum ersten Mal in das Gesicht ihres Kindes sah. Das Neugeborene verstummte als es ihre Körperwärme wahr nahm.
„Sieh mal", meinte Celeborn, „Sie hat deine Augen. Deine wundervollen blauen Augen."
Sie nickte und strich zärtlich über den dünnen Haarflaum, der den Kopf des Kindes bedeckte, „Und dein silberfarbenes Haar, melethron." Eine Weile sah sie ihre Tochter still und voller Liebe an.
„Sie ist unser Wunder", sagte sie schließlich mit einem Lächeln.
Über Celeborns Lippen kam nur ein weiteres Wort.
„Celebrían."
Ein Lächeln erschien auf Galadriels Gesicht, als sie den Namen hörte, den Celeborn ausgewählt hatte. Nach der Sitte des Elbenvolkes würde sie noch ein wenig warten, bevor sie ihrer Tochter ebenfalls einen Namen gab.
Das Kind begann nach einer Milchquelle zu suchen und als Galadriel ihm mit der Hand über die Wange strich, saugte es an ihrem Finger. Sie lächelte. „Hier bist du falsch", bemerkte sie leise, als es ein ungehaltenes Geräusch von sich gab, und öffnete ihr Gewand, um ihrer Tochter den richtigen Weg zu zeigen. Und als sie ihr genüssliches Nuckeln spürte, fühlte sie sich so glücklich wie nie zuvor.
melethril = Liebste, Geliebte
