Herzenstöne
Dunkelheit...nichts als Dunkelheit umgibt mich und selbst das Licht der Sterne ist von den Gewitterwolken besiegt worden. Obwohl ich die Dunkelheit liebe, bereitet sie mir heute Angst und ein ungutes Gefühl nimmt sich meiner an. Tief atme ich ein und versuche zur Ruhe zu kommen, um in die gütigen Arme des Schlafs zu sinken. Doch es hat keinen Sinn und so befreie ich mich von der leichten Decke des Bettes. Im ersten Moment fröstelt es mich, denn eine kühle Brise umspielt meine bloße Haut. Das Fenster ist geöffnet, so wie es selbst des Nachts in meiner Heimat war, dort wo ich nie gefroren habe. Ob es nur das beklemmende Gefühl ist, dass dies auslöst oder meine Liebe zu einem Sterblichen...ich weiß es nicht. Leises Atmen dringt an mein Ohr und ich muss lächeln, ist es doch ein Zeichen von Leben. Wie dankbar bin ich für dieses Geräusch, denn oftmals werde ich von Alpträumen verfolgt.
In diesen Träumen stehe ich machtlos Tod und Verzweiflung gegenüber, die ihre erbarmungslosen Klauen nach dem ausstrecken, den ich liebe. Wie gelähmt stehe ich in dieser unwirklich erscheinenden Situation mitten in einem Schlachtfeld und muss mit ansehen, wie Dich ein Schwert durchbohrt und ein Pfeil Dein Herz trifft....ein Herz, in dem ich einen Platz gefunden habe. Tränen laufen über meine Wangen, wenn ich Dein zerstörtes Leben in meinen Armen berge und nur noch Namarie flüstern kann. Nichts ist schlimmer als diese Bilder, denn des Feindes Werkzeug tötet nicht nur meinen Liebsten, sondern auch mich...unbewusst und ohne mich auch nur zu berühren. Zwei Herzen, die füreinander geschlagen haben, verstummen miteinander und werden im Tode nie vereint sein.
Schweißgebadet wache ich nach diesen Träumen auf und werde erst wieder ruhiger, wenn ich Deinen Atem höre, Deinen Herzschlag spüre. Meist erkenne ich dann, dass ich nie mein Versprechen halten kann, nämlich für die Ewigkeit an Deiner Seite sein. Ein Menschenleben ist kurz und wie die Blätter im Herbst zu Boden fallen, wirst auch Du von dieser Welt scheiden....durch Alter und Schwäche dazu gezwungen. Ich jedoch werde Dir auf diesem Weg nicht folgen können, selbst wenn mein Herz daran zerbricht. Denn wir sind nicht vom selben Blute, auch wenn es auf die gleiche Weise in uns pulsiert. Du bist ein Menschenkind im Frühling Deines Lebens und ich...ich gehöre dem unsterblichen Volke an. Während uns die Zeit vereint, wird uns der Tod auf immer trennen und dies erschreckt mich mehr als der Tod selbst.
Auch jetzt gehen mir diese Gedanken durch den Kopf und ich trete an das Fenster unseres gemeinsamen Gemachs. In dieser Nacht habe ich nicht zur Ruhe gefunden und bin dadurch diesem Alptraum entgangen. Und trotzdem...das lähmende Gefühl und die Angst sind auch in dieser Sekunde meine Wegbegleiter. Während mein Blick über den dunklen Himmel streift, vernehme ich eine kleine Stimme in meinem Inneren. Sie quält mich mit Worten über eine Tatsache, die mich ebenfalls um mein Versprechen bringen wird. Ich versuche diese Stimme zu ignorieren, doch schließlich gebe ich auf. Nicht nur der Tod wird uns trennen, sondern auch die Erfüllung unserer Pflicht. Denn unsere einzige Gemeinsamkeit wird gleichermaßen unser Schicksal sein. Trotzdem in uns das Blute zweier Völker fließt, sind wir beide königlicher Abstammung und Erben eines Thrones. Natürlich würde unsere Verbindung zwei Völker zusammenführen und uralte Bündnisse wiedererwecken....doch wie sollten wir für eine gesicherte Nachfolge sorgen?
Mir ist klar, dass ich Dich verlieren würde...ob nun an Deinen Thron oder an den Tod und dieses Wissen beschattet mein liebendes Herz, legt es in Ketten. Niedergeschlagen lehne ich mich an das Fenster und atme tief ein. Der sanfte Wind fährt durch mein gelöstes Haar und spielt mit einigen der Strähnen. Hier bei Dir muss ich nicht der elbische Krieger sein, für den ich in meiner Heimat verehrt werde und so trage ich mein Haar offen. Ich genieße das Gefühl, den Wind in meinen Haaren zu spüren und flüstere leise elbische Worte. Meine Mutter brachte mir einst bei, dass man dem Wind alles anvertrauen könne und er es mit auf seinen langen Weg nehmen würde. Auch sie hat dies oft gemacht und mit diesen Worten verschwand dann auch die Traurigkeit aus ihren Augen. Und so vertraue ich dem Wind nun meine Gedanken an, um meiner Seele Raum zum atmen zu verschaffen. Für einen Moment lausche ich noch dem Klang seiner Stimme und will mich dann vom Fenster und damit von dem sternenlosen Himmel abwenden.
Plötzlich spüre ich jedoch eine sanfte Berührung auf meiner Schulter und die Kälte weicht einer betörenden Wärme. Ohne mich umzudrehen weiß ich, wer hinter mich getreten ist und lasse mich schließlich fallen. Du fängst mich sicher in Deinen Armen auf und hältst mich in einer sanften Umarmung gefangen. Ich spüre Deinen Körper an meinem Rücken, Deine Arme, die meinen Körper umfangen und mich gegen Dich pressen. Es ist ein so vollkommenes Gefühl, Deine Haut an der meinen zu spüren und mit jedem Deiner Atemzüge verlassen mich Bedenken und Sorgen. „Der Klang Deiner Stimme sowie die leisen elbischen Wörter verzaubern mich. Du sprichst viel zu selten in Deiner Muttersprache. Sage nicht, ich würde Dich nicht verstehen....meine Seele kann die Bedeutung Deiner Wörter fühlen." Bei diesen sanft geflüsterten Worten streichen Deine Lippen über mein Ohr und beschenken mich mit einer Gänsehaut. Oh Du weißt genau, wie empfindsam diese Stelle bei mir ist.
Ich lächle und erwiderte darauf Worte in meiner Muttersprache, die Du schon so oft gehört hast. Gen Milin - Ich liebe Dich. Wieder spüre ich den leichten Hauch Deines Atems an meinem Ohr und Deinen Herzschlag an mir, in mir und um mich. Ich bin vollkommen in Deiner Umarmung gefangen und möchte diesen Ort auch nie verlassen. Trotzdem drehe ich mich zu Dir um und betrachte Dein Antlitz. Dann schließe ich meine Augen und berühre mit meinen Fingerspitzen Dein Gesicht, erforsche es so als ob es das erste Mal wäre. Ich fühle die zarte, glatte Haut unter meinen Fingern und lasse mir Zeit. Es ist atemberaubend, mich nur auf mein Fühlen zu verlassen und Dein ruhiges Atmen zu vernehmen. Für mich ist die Zeit stehen geblieben, als meine Fingerspitzen über Deine schön geschwungenen Lippen gleiten und dort für einen Moment verharren. Du hauchst einen sanften Kuss auf meine Finger und hältst meine Hand schließlich fest, um auch die Handfläche mit Schmetterlingsküssen zu liebkosen. Ich ziehe meine Hand nicht zurück, sondern genieße diese Berührungen und das Gefühl, als ob wir uns in der heutigen Nacht neu entdecken.
Plötzlich verstummen diese Berührungen und für einen Augenblick durchbricht nur unser Atmen die Stille. Doch Sekunden später legen sich Deine sanften Lippen auf die meinen und vereinen uns in einem zärtlichen Kuss voller Liebe. Ich weiß, dass auch Du Deine Augen geschlossen hast und dieses Bekenntnis unserer Liebe genießt, weit weg von allen Zukunftssorgen, die auch Dein Herz verdunkeln. Langsam gleitet meine Hand von Deiner Wange und findet ihren Platz schließlich über Deinem Herzen. Unter meinen Fingern spüre ich Deinen gleichmäßigen und starken Herzschlag, der mit jedem Ton etwas schneller wird. Auch Deine Hand findet den gleichen Weg und kommt über meinem Herzen zum ruhen. So stehen wir da...in einem Kuss versunken und die Hand über dem Herzen des anderen. Vorsichtig löse ich mich aus diesem Kuss und öffne meine Augen. Diesmal bist Du derjenige, der sie geschlossen hält und ich streiche mit meiner anderen Hand über Dein schönes Gesicht. „Dir gehört mein Herz Theodred...König über mein Herz und zukünftiger König Rohans. Nichts wird Dir diesen Platz jemals streitig machen können," flüstere ich leise und in diesem Moment öffnest Du Deine Augen. Sie sind so voller Liebe, Vertrauen und Zuneigung und in dieser Sekunde weiß ich, dass ich um Dein Herz ebenfalls nicht fürchten muss. Wie konnte ich nur eine Sekunde daran zweifeln. Du erwiderst nichts, sondern schenkst mir mit Deinem Lächeln einen Einblick in Deine Seele.
Und auch ich muss lächeln, denn dies bedeutet mir mehr, als jedes Wort. Zärtlich ziehst Du mich schließlich wieder in Deine Arme. „Gen Milin Legolas." Du bedienst Dich bei dieser Liebesbekenntnis meiner Sprache und verleihst Deiner Stimme damit einen besonderen Klang. Es sind Worte, die direkt aus Deinem liebenden Herzen kommen....ein Herz, dass mich liebt.
Langsam beuge ich mich vor und vereine unsere Lippen erneut, besiegle damit dieses stumme Versprechen zwischen uns, Seite an Seite den Weg des Lebens zu bestreiten.
