Kapitel V

Neue Slytherin

An diesem Morgen war das größte Problem der jungen Erstklässler, eigenständig den Weg zurück in die Große Halle zu finden. Eine Aufgabe, die sich als gar nicht so einfach erwies, wenn man bedenkt, dass Hogwarts eine recht lebendige Infrastruktur hat. Treppen, so hatten sie gehört (und es bestätigte sich später nur noch) blieben nur in Ausnahmen lange an ihren Plätzen, ebenso wie es so manche Türen taten und sogar einige der Gänge wechselten einmal in der Woche ihre Position. Zudem gab es jede Menge Geheimwege, auf die man aus Versehen stoßen konnte, Ritterrüstungen wanderten quietschend umher, Gemälde besuchten sich gegenseitig. Wahrlich es war nicht leicht sich hier zurechtzufinden. Dann gab es noch die vielen Stolperfallen (Fake-Stufen oder gar solche die schamlos den Füßen auswichen und sich kichernd über die fallenden Schüler lustig machten) und den Poltergeist Peeves, den Viviane aber an diesem ihren ersten Morgen, sowie am gestrigen Abend glücklicherweise noch nicht begegnet war. (allerdings hatte sie haarsträubende Geschichten gehört, die ebenso schauerlich waren, wie die von John).

Den Weg zu ihrem ersten Hogwarts Frühstück bestritt sie zusammen mit Nathan und einem weiteren, allerdings noch fremden Slytherin Erstklässler namens Fabio Somberly. Der andere Junge warf Vivi ab und zu merkwürdige Blicke zu, als würde er sie jeden Moment etwas fragen wollen, was er allerdings während des ganzen Weges unterließ. Es war nicht einfach sich in den verschachtelten Katakomben zurechtzufinden, doch ihr über Nacht gewachsener Slytherinstolz verbot es ihnen natürlich nach dem Weg zu fragen.

Viel zu spät und nach einer Begegnung mit einer von Fabios tot sicheren Abkürzungen (die ihm sein älterer Bruder verraten hatte) voller Spinnenweben in Haaren und auf den Roben kamen sie endlich an. Viviane ließ ihren Blick durch die Tischreihen streifen und stellte voller Genugtuung fest, dass sie nicht die einzigen Erstklässler waren, die heute Morgen sich mit dem Essen zu beeilen hatten. Eine ganze Horde Hufflepuff hinterließ eine fehlende Lücke im sonst so überfüllten Tisch und in ihren eigenen Haus fehlten noch die beiden anderen Mädchen und Yoshi. Nur die Gryffindors schienen vollzählig zu sein. Was gerüchteweise daran lag, dass sich die höheren Klassen darum gekümmert hatten, alle Neuen zusammenzutreiben und zur Großen Halle zurückzuführen. ~Wie kindisch~ rümpfte Miss Granger ihre Nase und zog erhobenen Hauptes an den Löwen vorbei zu ihrem eigenen Tisch. Astrid, die ihr zur Begrüßung zuwinkte, ignorierte sie peinlich berührt, aus Angst eine der älteren Slytherin könnte denken, dass sie sich mit einer Gryffindor anfreundete. Wo doch mittlerweile jeder wusste (von einer kleinen Rede Elly Kings, sich gerade von diesem Haus fernzuhalten!), dass die Gryffindors eingebildet und rechthaberisch waren. Entweder ging man ihnen also aus dem Weg oder man versuchte sie ein wenig von dem selbst errichteten Thron zu stoßen. Da Vivi eigentlich nichts gegen Astrid hatte, beschloss sie also, sich vorerst für die erste Methode zu entscheiden. Man konnte ja später, wenn es die Situation verlangte noch gehässig werden,

Endlich am Tisch angekommen, klopften sie sich den Staub und das Spinnengetier von den Roben und machten sich über das Frühstück her. Wenigstens würde Viviane nie wieder alleine frühstücken müssen und am Tisch sitzen, nur mit Crookshanks Gesellschaft, der laut nach seiner Milch miaute. Andererseits konnte sie nicht behaupten, dass die Große Halle viel gemütlicher schien, als ihre kleine Wohnung in Hamburg. Es war laut und voll und der Himmel über ihnen wolkenverhangen und dunkel. Viviane hätte schwören können, dass sie sogar den kalten Septemberwind um die Nase wehen spüren konnte und zog schnell den Umhang etwas enger um sich und die Kakaotasse näher an die gerötet, kalte Nase.

"Dir ist doch nicht etwa kalt?"

Miss Granger warf Nathan einen bösen Blick zu und schlurfte an ihrem heißen Getränk. Auf dem Teller ihres Gegenübers gab es bereits nur noch Krümel und er schaute etwas verlegen zu ihr hinüber, während sie den zweiten Bissen ihrer Stulle nahm.

"Bei uns ist es fast das ganze Jahr über nicht wärmer, gewöhn dich lieber daran, Viviane. Im September ist es noch nicht halb so kalt, wie es später im Januar wird!"

Kaum zu glauben wie schnell das Frühstück verging. Da hatte Vivi gerade ihren Kakao getrunken und den letzten Bissen von ihrem Brot genommen, da war es bereits Zeit für ihre erste Stunde. Professor Snape war zu ihnen an den Tisch getreten, sobald alle neuen Slytherin den Weg dorthin gefunden hatten und hatte erklärt, dass sie ihren ersten Unterricht in "Zauberkunst" hatten und die nächste Stunde vor dem Mittag bei ihm. Dann wollte er ihnen auch den Stundenplan für die restliche Woche überreichen.

Sie brachen in einer großen Gruppe auf und liefen heimlich einigen Ravenclaw hinterher, von denen Snape beiläufig erwähnt hatte, sie hätten im gleichen Trakt wie sie ihre erste Stunde. Das andere Haus wurde im Gegensatz zu ihnen von älteren Schülern zu ihrem Klassenraum gebracht. Jedoch von den Slytherin erwartete man, dass sie alt genug waren, um sich selbst von A nach B zu bewegen. So war schnell der eigene Raum gefunden, während die kleinen Ravenclaw einige Meter weiter als sie geführt wurden. Yoshi öffnete die Tür für sie alle und hielt sie auf, bis der letzte hineingegangen war, bevor er selbst eintrat und sie leise wieder schloss.

"Halt mir einen Platz frei!"

Flüsterte Viviane Nathan zu, der sie verständnislos ansah, aber nickte. Sie drängelte sich an den nach hinten in den Raum strömenden Mitschülern vorbei zum noch leeren Lehrerpult und wartete darauf, dass die ältere Miss Granger eintreten würde. Doch Hermione ließ sich noch ein wenig Zeit, während ihr Kind ungeduldig auf sie wartete. Mittlerweile hatten sich die meisten Erstklässler gesetzt. Und Viviane stellte fest, wie sinnlos es gewesen war, Nathan zu bitten, ihr etwas frei zu halten. Hinten in der Ecke saßen die neun anderen, um sie herum noch mehr als doppelt so viele Stühle frei. Es sah ein wenig merkwürdig aus, wie sie sich alle in die hinterste Ecke gedrängt hatten. Fast so, wie verschreckte Tiere am anderen Ende eines Käfigs, während das großes Gesicht eines Raubtieres vor der vergitterten Tür zu ihnen hinunter grinste. Allein ihr aufmerksamer Gesichtsausdruck und die munteren Gespräche, die einige führten (John erzählte wieder eine seiner Geschichten) widersprachen der Metapher.

Die hintere Tür ging auf und herein kam eine schwarz-blau berobte Hexe mit schwarzen Spitzhut unter dem ein ganzer Haufen brauner Locken hervorlugte, trotzdem die Professorin offensichtlich bemüht gewesen war, ihr Haar mit einer entsprechenden Spange zu bändigen. Sie entdeckte ihre Tochter, die artig und mit finsteren Gesichtsausdruck auf sie zu warten schien, sofort, setzte den großen Stapel Bücher, die sie trug vorsichtig auf dem Schreibtisch ab und wandte sich an Vivi.

"Was ist denn, Schatz?"

Viviane rollte die Augen und zischte möglichst so leise, dass ihre Mitschüler sie nicht hören konnten.

"Erst einmal hör auf mich so zu nennen. Ich bin nicht mehr im Kindergarten. Und dann: Wo warst du gestern?"

Die ältere Miss Granger blickte mit einem schuldbewussten Lächeln auf ihre Tochter hinab.

"Entschuldige, Kleines! Ich wäre so gerne bei deiner Auswahl dabei gewesen. Aber ich musste nach Ohio. Zu deinem Großonkel! Du erinnerst dich sicherlich noch an ihn?"

Das Kind zuckte die Achseln.

"Sicher.. und was wolltest du bei ihm, wenn ich fragen darf?"

"Wir werden die Sommerferien bei ihm und seiner Frau verbringen, ist das nicht eine gute Nachricht?"

Zumindest besser, als bei den Potters zu übersommern, dachte Viviane, zeigte aber auf die Frage ihrer Mutter keine weitere Reaktion.

"So und jetzt bitte ich dich zu gehen! Du wirst sicherlich sonst noch Ärger mit deinem Professor bekommen! Nein, warte! Ich schreib dir lieber schnell eine Entschuldigung..."

Und schon griff sie in ihre Tasche und kramte ein Pergament hervor.

"Aber... ich hab doch Unterricht bei dir!"

Viviane runzelte verwirrt die Stirn und Hermione lächelte ihr Alles-wird- gut- Lächeln.

"Nein, mein Schatz, ich habe jetzt die Slytherin!"

Einen Augenblick war es sehr still. Nur das Gekritzel, das Hermiones Feder von sich gab, war zu hören.

"Mama?"

Braune Augen trafen stahlblaue.

"Hm?"

"Ich bin in Slytherin!"

Ein paar dunkle Funken stoben aus Vivianes Haar, während ihr Gesicht um einige Nuancen dunkler wurde.

"Oh!"

Entgegnete Hermione überrascht.

"Wirklich?"

Rote und Grüne Lichtpunkte brannten sich in den Holzboden und hinterließen schwarze Flecken. Hermione übersah einfach die Wut ihres Töchterchens und meinte ausgelassen:

"Na dann! Setz dich schnell, damit wir anfangen können!"

Sie zerknüllte das Papier und ließ es sich selbst in Luft auflösen. Einen Augenblick länger blieb das kleine Mädchen stehen, ihre Hände zu Fäusten geballt.

"Ich hasse dich!"

Hermione seufzte und nickte.

"Setz dich Viviane und lass uns ein andern Mal darüber reden, in Ordnung?"

Doch das Mädchen antwortete nicht, sondern funkelte ein letztens Mal seine Mutter wütend an, wandte sich ohne ein weiteres Wort ab und stolzierte zu dem leeren Platz neben Nathan. Die Slytherin Schüler waren mucksmäuschenstill. Nur Simon und Melissa flüsterten und kicherten leise. Offensichtlich hatten sich alle die größte Mühe gemacht, Mutter und Tochter bei ihrer kleinen Unterhaltung nicht zu stören. Natürlich um genau mitzubekommen, was sie zu sagen hatten. Es könnte ja schließlich die eine oder andere nützliche Information dabei sein.

Ihre erste Stunde Zauberkunst erwies sich als ausgesprochen langweilig. Professor Granger hielt vorerst eine kleine Einführungsrede und machte deutlich, wie hoch ihre Ansprüche an ihre Schüler sein würden (und das war beachtlich). Einzig der Umstand, dass Yoshi scheinbar sein Lehrbuch bereits auswendig gelernt hatte, die Fragen, die, die neue Lehrerin stellte wahrheitsgemäß beantwortete und den Erstklässlern somit ihre ersten Hauspunkte einbrachte, erwies sich als erfreulich. Als sie wieder aus dem Klassenzimmer heraustraten, warfen die anderen Viviane fast böse Blicke zu, als könnte sie etwas dafür so eine schreckliche Mutter zu haben.

"Man, die hat ja Vorstellungen!"

Stellte Simon fest und Melissa stimmte ausdrucksstark nickend zu.

"Wenn das bei den anderen auch so abläuft, fahr ich morgen nach Hause und geh nach Durmstrang. Sieben Jahre zur Schule gehen nur um am Ende fünf Mal durchzufallen brauche ich nicht."

"Macht euch mal nicht ins Hemd. Die wird schon bald merken, dass sie dass nicht lange durchziehen kann. Meine beiden älteren Schwestern haben mir ne Menge darüber erzählt, was hier so abgeht und. Na ja, Professor Granger ist neu, sie wird's schon peilen, dass sie von uns nicht jede Stunde erwarten kann 114 Seiten durchzuarbeiten und darüber Aufsätze zu verfassen!"

Erklärte Nathan, während sie sich auf den Weg zu ihrer nächsten Stunde machten und allesamt hofften, sie würde besser verlaufen als die vergangene.

Viviane machte sich wenig Sorgen um die Ansprüche der restlichen Lehrer. Sie hatte von ihrer Mutter nichts anderes erwartet. Wer seinem eigenen Kind bereits mit drei Jahren versucht lesen und schreiben beizubringen, wird mit denen von Fremden nicht viel weniger fordernd umgehen, dachte sich das Mädchen.

Der Weg zum Zaubertränke Unterricht erwies sich als wesentlich anspruchsvoller, als der zu Zauberkunst. Immerhin erklärte Fabio ein weiteres Mal, dass er eine Idee hatte, wo sich der Raum befinden musste. Doch es handelte sich auch diesmal um eine recht düstere Abkürzung, voller Spinnweben und Staub am Boden. Mit einer beachtlichen Verspätung, die von Professor Snape mit einem entsprechenden Punktabzug honoriert wurde, kamen sie endlich an. Schnell fanden alle ihre Plätze (von neuem in den hintersten Reihen) und ließen sich schweigend nieder. Ohne weitere Zeit zu vergeuden, begann der Professor seinen Unterricht.

"Sie alle beginnen nun ihre schulische Laufbahn hier in Hogwarts. Wie Ihnen sicherlich klar sein dürfte, sind die Noten und Kenntnisse, die Sie hier erwerben ausschlaggebend für den weiteren Verlauf ihrer gesamten Zukunft. Ihr Verhalten hier, determiniert ihren späteren Beruf, sowie damit zusammenhängend ihren sozialen Stand. Strengen Sie sich also an, meine Damen und Herren, das ist der erste Rat, den ich ihnen geben kann.

Als Schüler meines Hauses liegt mir nämlich tatsächlich etwas an ihrer Leistung, die Sie hier zu erbringen haben, denn Schwierigkeiten, die Sie ihrem Haus bereiten, bereiten Sie auch durch bloße Rufschädigung mir persönlich. Sollte es daher irgendwelche Probleme oder auch nur den Ansatz eines Problems bezüglich ihrer Fähigkeiten und ihrem Verhalten hier in Hogwarts geben, verlange ich von Ihnen unverzüglich zu mir zu kommen. Dies gilt selbstverständlich auch für den Fall, dass Sie solche Komplikationen bei ihren Mitschülern entdecken. Sollte es sich dabei allerdings um eine Falschmeldung handeln, weil Sie sich aus welchen Gründen auch immer über den anderen erheben wollten, wird dies entsprechend negative Konsequenzen für Sie haben, damit das klar ist! Keine Intrigen untereinander. Zumindest keine, die das Haus schädigen könnten, haben wir uns verstanden?"

Er sah zu ihnen hinunter mit einem Ausdruck, als wären sie nichts weiter, als der Dreck unter seinen Fingernägeln. Alle zehn nickten eingeschüchtert.

"Sollten Sie Schwierigkeiten persönlicher Natur haben, wenden Sie sich bitte erst an ihre Mitschüler. Ich möchte in diesen Angelegenheiten nur im äußersten Notfall kontaktiert werden. Schließlich ist es nicht meine Aufgabe mich um ihre kleinen Wehwehchen zu kümmern, sondern darum, dass Sie hier anständigen graduieren werden. Allerdings heißt das nicht, dass ich, falls eben ein solcher Notfall eintritt, kein Ansprechpartner für Sie bin. Falls sie also vorhaben, sich von der höchsten Zinne von Hogwarts zu stürzen, ist es durchaus legitim vorher an meiner Tür zu klopfen. Andersherum sollten Sie das Gefühl haben, ein Mitschüler befinde sich in einem solchen Ausnahmezustand, ist es ebenso ihre Pflicht mir darüber Auskunft zu erteilen."

Snape warf seinen neuen Schülern einen durchdringenden Blick zu, dann ging er langsam und nur halb ihnen zugewandt zur Tafel.

"Nachher werde ich Ihre Stundenpläne austeilen. Holen Sie bitte ihre Notizhefte heraus, wir beginnen mit dem Unterricht!"

Er nahm seinen Zauberstab, schwang ihn zweimal und flüsterte etwas Unverständliches. Sofort flog ein Stückchen Kreide zur Tafel und begann stichwortartig das, was er sagte mitzuschreiben.

"Das Fach Zaubertränke ist eines der kompliziertesten und schwer zu erlernensten Fachgebiete überhaupt. Nur allzu viele nehmen es auf die leichte Schulter, weil sie vermuten das bloße Auswendiglernerei von Formeln bringe die gewünschte Note. Nun, für Sie Erstklässler wird es wohl vorerst nicht anders möglich sein, in meinem Unterricht mitzukommen, allerdings werden Sie, je weiter wir im Stoff voranschreiten bald merken, wie wichtig es sein wird, die elementaren Zusammenhänge in und unter den Tränken zu verstehen.

Ein kleines Beispiel! Für den Siebtklässler Trank "Angelus tertius" benötigt man vier Monate Zeit und 1256 verschiedene Zutaten. Nicht einmal ich bin mittlerweile fähig, sie alle einzeln zu benennen ohne mein Wissen über die Ganzheitlichkeit meines Faches anzuwenden. Also ist mein zweiter Rat gleich dem ersten. Lernt fleißig, aber mit Verstand. Wenn Sie vorhaben sich durch auswendig lernen durchzuschmuggeln, rate ich Ihnen gleich diesen Klassenraum zu verlassen!"

Sicherlich hatte der eine oder andere, der diese oder eine ähnliche Rede bereits gehört hatte, das starke Bedürfnis diesem Vorschlag nachzukommen. Doch auch heute wagte es niemand aufzustehen und zu gehen. Stattdessen starten sie alle den schwarzhaarigen Professor an, wie kleine Kaninchen und dieses Mal passte die Metapher der verschreckten Tiere im Käfig überaus gut zu den jungen Slytherin.

"Wir werden uns in den ersten Monaten mit einfach zusammengesetzten Schlaf- und Beruhigungstränken beschäftigen. Erste Zusammenhänge feststellen und später auf ähnliche zusammengesetze Tränke übergehen.

Sie werden lernen Schemata erkennen und anwenden zu können, so dass Sie fähig sein werden, wenn Sie die gewünschte Wirkung kennen, mit nur wenigen Hilfestellungen selbst auf die Zusammensetzung und Brauart des Trankes schließen können. Darauf aufbauend, werden wir zu anderen Arten von Tränken übergehen, die generell den Energiehaushalt des Körpers beeinflussen. Wenn am Ende des Schuljahres noch Zeit ist, werden wir uns vielleicht bereits mit dem überaus interessanten Gebiet der Wahrnehmungs- und Bewusstseins- verändernden Tränke beschäftigen. Falls Sie sich allerdings als genauso stümperhaft wie die anderen Jahrgänge erweisen, erwartet das Thema Sie erst nach dem Sommer.

In ihrer am Ende des Schuljahres stattfindenden Prüfung werden sie eigenständig einen unbekannten Trank erst unter nur notwendigen Informationen, die sie durch eigenes Wissen vervollständigen müssen, zusammenbrauen.

Das heißt natürlich, dass sie neben dem praktischen Teil auch einen theoretischen zu bewältigen haben, was ihnen aber keine Angst machen sollte. Ganz im Gegenteil. Den meisten Schülern, die an einer derartigen Prüfung Teil nahmen, haben sie alleine auf Grund des schriftlichen überhaupt bestanden. Gibt es bis hierhin irgendwelche Fragen?"

Wie nicht anders zu erwarten, hatte niemand Fragen und Snape fuhr fort:

"Hier sind ihr Stundenpläne!"

Und durch die Luft an jeden besetzten Platz flog ein kleines Pergament auf dem sauber und leserlich ihr Stundenplan geschrieben stand.

"Wie Sie sicherlich bemerkt haben werden, ist es vorgesehen, dass Sie in Zaubertränke traditionell zusammen mit den Gryffindors unterrichtet werden. Von nun an, werden sie in allen ihren Fächern mit einem anderen Haus einen Klassenraum teilen müssen. Allein ihr erster Schultag wird aus Einzellstunden bestehen. Wie Sie sehen können, werden es ab Morgen nur noch Doppelstunden sein.

Auch sind Sie die mit wenigen Ausnahmen einzigen, die heute überhaupt unterrichtet werden. In jedem Fach werden sie eine kurze Einführung erhalten, sowie einen Erwartungshorizont. Ich halte diese Methode für Zeitverschwendung, aber die Entscheidung darüber oblag nicht mir, also stellen Sie mir darüber keine Fragen. Nach dem Mittagessen werden Sie also in folgender Reihenfolge: Kräuterkunde, Verwandlung und Verteidigung gegen die Dunklen Künste, unterrichtet werden. Jeweils eine Stunde lang ab 13 Uhr jeweils mit einer Viertel Stunde Pause dazwischen.

Ab Morgen dann gilt der Plan, den Sie in Händen halten. Die farbliche Unterlegung sagt etwas darüber aus, mit welchem der anderen Häuser Sie zusammen das jeweilige Fach haben. Ich gehe davon aus, dass ihnen die Farbsymbolik Hogwarts bekannt sein dürfte, wenn nicht, dann hoffe ich zumindest, dass Sie so klug sein werden, dies nicht laut auszusprechen, sondern es in "Die Geschichte Hogwarts" nachlesen werden! Gut... dann sind Sie hiermit entlassen. Miss Granger, wenn Sie bitte einen Moment bleiben könnten!"

Viviane sah überrascht auf. Dabei hatte sie sich doch bis jetzt so sehr mit bösen Bemerkungen über ihre Mutter zurückgehalten! Nathan flüsterte, er würde draußen auf sie warten und die Kinder strömten hinaus. Nur Miss Granger blieb, ihre Schultasche schützend vor sich haltend zurück und trat vorsichtig an den Lehrerpult heran, hinter dem Snapes bedrohliche Gestalt aufragte.

"Schauen Sie nicht so verängstigt, Sie haben nichts angestellt, wofür es sich lohnte Sie zu bestrafen!"

Sofort entspannte Vivianes Miene sich sichtlich und sie pustete geräuschvoll die Luft aus ihrem Mund.

"Kein Grund respektlos zu werden!"

"Entschuldigung, Sir. Ich wusste nicht, dass ich es war... um ehrlich zu sein, weiß ich auch jetzt nicht, was Sie damit meinen, aber das ist egal, nicht wahr?"

Snape hob eine Augenbraue und setzte sich langsam und elegant auf seinen Stuhl. Nun war er mit ihr auf einer Augenhöhe.

"Sie haben ein ausgesprochen loses Mundwerk! Ich erwarte, dass sie daran arbeiten und das werde ich kein drittes Mal wiederholen, haben wir uns verstanden?"

Vivi schob die Unterlippe etwas vor, aber sie nickte. Eine Weile sagten beide nichts. Das Mädchen bewegte sich unruhig von einem Fuß auf den anderen und als sie es nicht mehr aushielt, dass dieser merkwürdige Mann sie stur anstarrte, sprach sie laut und deutlich:

"Professor, darf ich jetzt wieder gehen?"

Doch Snape schüttelte den Kopf.

"Nein... ich wollte Ihnen nur einen kleinen Rat geben. Sie werden wahrscheinlich schnell feststellen, dass ich nicht der einzige bleiben werde, der Sie auf Grund ihrer... Herkunft in Kategorien einordnet. Und das werden die unterschiedlichsten sein, die es gibt, glauben Sie mir ruhig. Wie ich natürlich leicht festgestellt habe, besitzen Sie neben den Dingen, die Sie offensichtlich von ihrer Mutter geerbt haben, aber auch andere ... Eigenarten. Allerdings bin ich in Gegensatz zu vielen anderen Individuen, denen Sie in ihrem Leben noch begegnen werden bereit, mich von meinen Erwartungen abbringen zu lassen. Wie gesagt. Achten Sie darauf, dass Sie sich die Vorurteile nicht zu sehr zu Herzen nehmen, weil Sie ihnen nicht oder weil Sie ihnen gerade entsprechen."

Viviane hatte nicht wirklich verstanden, was er ihr damit sagen wollte. Irritiert runzelte sie ihre Stirn und sah ihn zweifelnd an.

"Sie werden es zu gegebener Zeit verstehen, Miss Granger! Wenn Sie irgendwelche Probleme, welcher Natur auch immer haben sollten, scheuen Sie sich trotz meiner kleiner Rede vorhin, bitte nicht, mich darüber um Rat zu fragen."

Das erweckte Misstrauen in dem kleinen Kinderkopf. Warum war er plötzlich so hilfsbereit zu ihr? Menschen taten nie etwas ohne Hintergedanken so viel hatte sie bereits über die Welt gelernt. Allerdings traute sie sich nicht ihn nach seinen Gründen zu fragen und nickte gehorsam.

"Gut! Dann sehen wie uns am Mittwoch!"

Und damit war auch sie entlassen. Verwirrt und etwas nervös schloss sie die schwere Eichentür hinter sich und gesellte sich zu Nathan, der auf dem Boden sitzend ihr Zauberkunst Buch auf dem Schoß hatte und fleißig darin las.

"Hi Vivi!"

Blickte er lächelnd zu ihr, als er sie bemerkte.

"Und, was wollte er?"

Sie zuckte die Achsel und, zog einmal kräftig die Nase hoch. Der Steinboden unter ihrem Hintern war eiskalt.

"Keine Ahnung, Hat irgendwas gelabert von wegen Vorurteile und meiner Herkunft oder so und dass ich zu ihm kommen soll, wenn ich Probleme habe!"

Nathan machte große Augen.

"Echt? Meine Schwestern meinten immer, er sei voll streng und interessiere sich nicht sonderlich für seine Schüler, außer wenn sie richtig gut in Zaubertränkebrauen und so weiter sind!"

Viviane sah ihn noch mehr durcheinander, als sie es eben noch gewesen war an und kratzte sich unsicher am Hinterkopf.

"Echt? Irgendwie total merkwürdig das alles! Na ja... vielleicht will er ja was von meiner Mutter und glaubt, wenn er nett zu mir ist, kommt er besser an sie ran!"

Nathan sah sie an, als hätte sie von rosa Luftballons geredet.

"Hä?"

Viviane grinste schief.

"Ach, das haben sie alle versucht! All die Kerle, die was von ihr wollten, waren immer so schleimig nett zu mir. So von wegen, wenn mal was sei, kann ich zu ihnen kommen oder sie haben mir Sachen geschenkt. Keine Ahnung, warum die dachten, dass würde Mama gefallen. Meist hatte es auch nicht sehr geholfen. Ihr war immer ziemlich egal, wie ich die Männer fand, die bei uns übernachtet haben."

Nathan blickte zu ihr, als würde sie eine Geschichte, wie die von John erzählen. Völlig fasziniert hing er an ihren Lippen. Von so etwas hatte er offenbar keine Ahnung.

"Wow... wenn Snape deine Mutter heiratet, dann kriegst du bestimmt gute Noten. Schade, dass meine Mutter noch verheiratet ist. Das wäre klasse gewesen, andauernd Sachen geschenkt zu bekommen!"

Vivi seufzte darauf und machte ein trauriges Gesicht.

"Ach so klasse war das gar nicht. Ich hätte lieber eine Familie wie deine gehabt!"

Nathan grinste schief.

"Du kennst meine Familie ja gar nicht!"

Vivi zuckte die Achseln.

"Aber ich weiß, dass du dein ganzes Leben lang an einem Ort warst, immer deine Geschwister und Freunde hattest und dass deine Mutter dich nicht, weil sie gearbeitet hat in einen Kindergarten gegeben hat, mit lauter dummen Gören, die dir Sand in die Augen werfen."

Nathan sah sie ein wenig seltsam an.

"Es ist ziemlich langweilig bei uns auf dem Dorf, Vivi! Und meine Schwestern sind ja viel älter als ich, sie konnten nie sehr viel mit ihrem jüngeren Bruder anfangen"

Darauf schwiegen sie beide und erst, als ihre Mägen anfingen sich bemerkbar zu machen, standen sie endlich auf und machten sich auf den Weg in die Große Halle. Zweimal verliefen sie sich. Aber der schwarzhaarige Junge hatte entgegen seines Slytherininstinktes die glorreiche Idee einen jungen Mann, der düsteren Blickes aus einem der Gemälde sah, nach den Weg zu fragen. Und schon nach zehn Minuten waren sie da. Eine halbe Stunde blieb ihnen noch, dann würde es auch schon mit dem Unterricht weitergehen. Der Himmel über ihnen war so düster wie am Morgen und Viviane sah stirnrunzelnd zum Nieselregen, der nie den Boden erreichte hoch. Irgendwie konnte sie keinen Sinn hinter dieser verzauberten Decke erkennen. Klar sah es irgendwie mystisch aus und wirkte wahnsinnig beeindruckend, aber jedes Mal, wenn sie den sturmgrauen Himmel sah, verschwand ihr Hunger und sie wollte sich lieber in ihr warmes Bett verkriechen. Und während sich Nathan an dem mittlerweile fast leeren Tisch über eine Hähnchenkeule hermachte, schlurfte sie demotiviert eine heiße Tomatensuppe. Neben einigen wenigen aus den höheren Klassen, von denen sie gepflegt ignoriert werden, saß noch Boah Missahi an ihrem Tisch, der ihnen mit seinem unheimlich weißen Zähnen zugrinste.

"Ich habe gehört, du warst schon einmal in Afrika?"

Fragte der schwarze Junge in einem eigentümlichen Akzent. Es klang fast so, als würde er mehr singen, als reden. Das Mädchen sah von ihren Teller hoch und blinzelte zweimal verwirrt. Dann ließ sie den Löffel los und er glitt aus Versehen ganz in die Suppe und tauchte unter, bis man nur noch den Rand aus der roten, dicken Flüssigkeit sehen konnte.

"Woher weißt du das?"

Der Junge lachte leise.

"Das hat mir Kar gesagt. Er meinte, er erkennt deinen Geruch. Der Wind hat ihn zu ihm getragen!"

Zwei leere Augenpaare blickten Boah an.

"Hä?"

Entkam Vivianes Mund und:

"Wer ist Kar?"

Doch darauf bekam sie keine Antwort. Stattdessen stellte ihr Mitschüler nur eine weitere Frage.

"Hat dir Kenia gefallen?"

Miss Granger zuckte die Achseln, noch immer misstrauisch, welcher merkwürdigen Quelle Mr. Missahis Informationen entsprungen waren.

"Ich war erst vier. Kann mich nicht mehr gut daran erinnern! Aber es war schön warm!"

Boah wandte seine Augen nicht von ihr.

"Das Mädchen, das lebt, hat Kenia auch gefallen. Aber deine Mutter hat sie bald wieder herausgeschickt. Sie gehörte nicht zu Kenia."

Eine Weile dachte Viviane, dass er vielleicht ihre Sprache nicht so beherrschte und deshalb so einen unsinnigen Kram vor sich her redete. Doch, als hätte der Junge ihre Gedanken gelesen, erklärte er weiter.

"Kar sagt, so nennen sie dich."

Und die nächsten Worte, die er aussprach, waren nicht in Englisch aus seinem Mund gekommen, sondern in Deutsch und da wusste Viviane, dass er beide Sprache beherrschte und dass es nicht an seiner Fähigkeit lag, dass sie ihn nicht verstand.

"Das Mädchen, das lebt!"

Und ohne es zu merken, antwortete sie ihm in derselben Sprache.

"Aber das macht doch gar keine Sinn. Natürlich lebe ich. Wir alle Leben. Du doch auch und Nathan und die anderen. Warum nennen sie denn ausgerechnet mich so? Und wer macht das überhaupt? Ich habe das noch nie gehört! Was..."

Boah fiel ihr leise lachend ins Wort.

"Die Geister haben ihre eignen Gesetze. Auch ich kann nicht immer verstehen, was sie meinen. Aber ich werde Kar fragen, wenn du magst!"

Doch bevor Viviane antworten konnte, unterbrach sie ein empörter Nathan.

"Hey! Was soll das denn? Ich versteh kein Wort! Was redet ihr denn für ein Kaudawelsch? Hört sich ja ulkig an. Ist das afrikanisch?"

Das Lockenhaarige Mädchen fing an zu kichern bei der letzten Bemerkung.

"Entschuldige! Nein! Das war deutsch! Ich habe doch erzählt, dass ich ein- ein- halb Jahre dort gelebt habe."

Dann fügte sie an Boah gewandt hinzu.

"Und woher kannst du eigentlich deutsch?"

Mittlerweile sprach sie allerdings wieder Englisch.

"Ich kann viele Dinge. Auch das gehört dazu!"

Das Mädchen schnaubte. Es war anstrengend sich mit ihm zu unterhalten. Und sie hatte keine große Lust mehr weiter nach der Bedeutung zu bohren. Ungehalten bemerkte sie, dass ihr Löffel in der Suppe schwamm, quietschte und das Gespräch war vergessen. Jetzt galt es sich ein schlaues Rettungsmanöver auszudenken, ohne sich dreckig zu machen.

Neugierig sahen ihr die beiden Jungen zu, wie sie nur mit den Fingerspitzen in die Tomatensuppe griff und versuchte, den Löffel wie mit einen Kran herauszuheben. Etwa zu dem Zeitpunkt, als es so weit war, dass sie zu Kräuterkunde mussten, war es vollbracht. Traurig, weil sie mittlerweile doch Hunger bekommen hatte, sah sie zur Uhr, nahm sich ein trockenes Brötchen mit und folgte den anderen hinaus zu den Gewächshäusern.

Zum Glück war diesmal der Klassenraum schnell gefunden. Außerhalb des Gebäudes schien die Welt gleich viel übersichtlicher. Die Roben eng an sich gepresst, schloss sie zu den Jungen auf und sah bereits die andern beiden Drittel ihrer Mitschüler hinter ihnen hertapsen. Der leichte Regen hinterließ eine nasse Schicht auf ihren Umhängen und Hüten, bevor sie endlich das Gewächshaus zwei erreicht hatten. Eine mollige, grauhaarige, kleine Frau begrüßte sie herzlich. Sie hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Knolle und stellte sich als "Professor Sprout" vor. Sie hielt nur eine kleine Rede über ihr Fach und war die erste, die keine unermesslichen Erwartungen an sie stellte.

"Wenn ihr euch einfach ein wenig Mühe gebt und fleißig lernt, dürftet ihr keine Probleme bei mir haben! Ich nehme mir jedes Jahr wieder vor, dass mein Fach den Schülern vor allem Spaß machen soll. Der Rest kommt dann von alleine!"

Allerdings sahen die Slytherin nicht so aus, als hätten sie viel Spaß an der Art der mütterlichen Sprout. Außer Melissa und Simon. Die beiden witzelten über ihre Figur und machten, als sie ihnen gerade den Rücken zugewandt hatte, ihren Entenähnlichen Gang nach. Die anderen Kinder hingegen blieben mit gelangweilten Gesichtern sitzen und gaben sich Mühe dem Anschein nach Interesse zu zeigen. Nein, fand Viviane, Kräuterkunde, hörte sich wirklich nicht sehr spannend an. Was sollte sie denn etwas über blöde Pflanzen lernen? Das hatte sie schon in der Grundschule nicht verstanden. Als Tänzerin musste man so etwas nicht wissen! Am Ende der Stunde, sollten sie noch schnell einen Zettel mit allen Pflanzen, die sie kannten aufschreiben. Miss Grangers Liste fiel sehr kurz aus.

Als nächstes kam Verwandlung und vom Namen her hörte es sich wesentlich spannender an, als es Kräuterkunde getan hatte. Doch bereits, als sie durch die Tür kamen und die große, streng aussehende Lehrerin von ihrer Einteilungszeremonie sahen, wussten sie, dass auch dies kein Zuckerschlecken werden würde. Professor McGonagalls Rede war zwar ebenfalls kurz. Doch ausgesprochen Präzise.

"Verwandlung ist eines der kompliziertesten und am schwersten zu erlernenden Fächer überhaupt. Doch Fleiß und Verstand werden Sie es weit bringen und aus Ihnen vielleicht noch fähige Hexen und Zauberer machen. Fangen wir am besten gleich an!"

Und schon holte sie eine kleine Schachtel Streichhölzer und erklärte ihre Aufgabe für heute, würde es sein sie in Nähnadeln zu verwandeln. Wie sich bald herausstellte etwas schier unmöglich zu bewältigendes. Annabelle schaffte es tatsächlich, dass das Streichholz seine Form etwas änderte. Er wurde etwas runder und spitzer an beiden Enden. Es brachte ihnen gleich zwei Punkte für ihr Haus ein. Doch die blonde Schönheit blieb völlig unbeeindruckt davon, lief nur etwas rot an und sah stur zu Boden. Viviane hingegen versuchte verzweifelt überhaupt ihr Streichholz dazu zu bekommen, ein Zucken von sich zu geben. Mittlerweile tat ihr das Handgelenk weh und ihre Finger waren unangenehm verkrampft. Die Professorin trat zu ihr und Nathan an den Tisch.

"Miss Granger, geben Sie mir bitte einmal ihren Zauberstab!"

Vivi sah auf und blickte düster zu McGonagall hoch.

"Aber warum denn?"

Einen Augenblick schien die ältere Frau von dem Trotz in der Stimme ihrer Schülerin sehr überrascht. Und während McGonagall noch überlegte, was sie zu diesem Widerspruch sagen sollte, reichte Vivi ihr auch schon klein beigebend ihren Zauberstab. Die Erwachsene nahm ihn seufzend entgegen und wog ihn sogleich.

"Der ist viel zu schwer für Sie, Miss Granger! Warum, bei Merlin, hat Ihnen ihre Mutter denn so einen schweren Stab gegeben und dann noch Eibe, wenn ich mich nicht sehr täusche."

Viviane streckte die Hände nach ihrem Eigentum aus und nahm es schnell wieder an sich.

"Mr. Ollivander hat ihn mir verkauft und er hat gesagt, dass sich der Stab den Träger aussucht, also bin ich wohl gut für ihn, sonst wäre er ja nicht meiner, oder?"

Die Gryffindor Lehrerin blinzelte verdutzt und wenn die Schüler sie besser gekannt hätten, hätten sie sich sicherlich gewundert, warum Vivianes patzige Antwort nicht sofort mit Punktabzug bestraft wurde. Stattdessen seufzte die Professorin, schob ihre viereckige Brille zu Recht und meinte nun in einem leicht tadelnden Ton.

"Sie sollten in nächster Zeit zu Madame Pomfrey gehen und sich etwas für ihr Handgelenk besorgen. Es wird Ihnen in allernächster Zeit wehtun. Und Miss Granger... achten Sie bitte auf ihren Ton. Ich dulde Unverschämtheiten in meinem Unterricht in keinerlei Hinsicht. Versuchen Sie jetzt bitte den Zauber noch einmal und achten Sie dieses Mal darauf, dass Sie ihre Hand nicht verkrampfen. Das wird nicht ganz leicht sein, weil ihr Zauberstab, wie erwähnt, zu schwer für ihre Hand ist und Sie das natürliche Bedürfnis verspüren werden, ihn festern zu nehmen."

Und Viviane versuchte es noch einmal. Doch auch dieses Mal bewirkte sie nichts. Missmutig sah sie zu ihrer Lehrerin hoch, die ihr nur mit erhobenen Augenbrauen zunickte.

"Nur weiter!"

Und ein weiteres Mal scheiterte das Mädchen.

"Sie müssen wissen, Miss Granger, dass ihr Mutter, als sie hier herkam, diesen kleinen Trick innerhalb von zwei Stunden zustande gebracht hat. Nun natürlich nicht ganz, aber sie hatte schon ein erstaunliches Talent!"

Die einzige magische Reaktion, die daraufhin durch Vivi bewirkt wurden, waren die schwarzen Flecken auf dem Tisch. Dort wo die Funken gelandet waren, die aus Vivianes Harren flogen. Am Ende seufzte McGonagall tief.

"Sie sollten das so oft wie möglich üben. Nehmen Sie ruhig die Streichholzschachtel mit, Kind. Ihr Stab wird Ihnen hier in der ersten Zeit ausgesprochen viel Mühe machen. Gerade hier und in Zauberkunst sehe ich schwarz für Sie. Verlieren Sie nur nicht den Mut und trainieren Sie ihr Handgelenk so oft wie möglich. Der Zauber eignet sich übrigens ganz ausgezeichnet dazu."

Damit reichte sie dem Mädchen, dass vor Wut und Verzweiflung kurz davor war zu weinen, die Schachtel mit den Schwefelhölzern. Oh, warum war sie bloß hier? Überlegte Viviane. Sie wollte doch gar keine Hexe werden! Sie zog ihre Nase hoch und rieb an ihrem schmerzenden Handgelenk.

Am Ende der Stunde war sie schon so weit, dass sie am liebsten ihre Sachen sofort gepackt hätte, um sich alleine auf den Weg zurück nach Deutschland zu machen. Sie machte sich bereits Pläne, was sie den Behörden erzählen würde. Nämlich, dass ihre Eltern verstorben seien. Ganz plötzlich und dass sie eigentlich schon längst 18 sei und dass man ihr das nur nicht ansehe und sie leider ihren Ausweis verloren hätte.

"Hey! Wir anderen haben doch auch nichts zu Stande gebracht. Sei doch nicht traurig!"

Versuchte Nathan sie aufzumuntern. Doch das dunkelhaarige Mädchen blieb davon unberührt. Schmollend schob sie ihre Unterlippe vor und gab keine Antwort.

"Annabelle war wirklich die einzige. Wir anderen haben noch nicht ein Mal die Streichhölzer ein bisschen verändern können. Noch nicht einmal ein bisschen!"

Vivi blieb abrupt stehen und sah ihn wütend an.

"Ja, aber zu euch hat die dumme McGonagall nicht gesagt, dass eure Mama ganz supertoll in der Schule war!!"

Der Junge sah sie verwirrt an.

"Ja und? Dann war sie halt gut! Ist doch schön! Und was hat das mit dir zu tun?"

Viviane spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Recht hatte er ja. Es hatte nichts mit ihr zu tun. Aber warum tat es dann trotzdem immer so weh, wenn andere sie mit ihrer Mutter verglichen?

"Ich bin gar nicht wie sie! Und wenn alle sagen, sie sei so klug, dann sagen sie ja eigentlich auch, dass ich furchtbar dumm sei, weil ich eben anders bin!"

Ihr Gegenüber sah sie verdutzt an und kratzte sich am Kopf.

"Na ja! Anders heißt ja nicht, gar nicht. Ich meine, ihr könnt ja beide klug sein. Nur du halt anders, als sie, verstehst du? Wie meine Schwestern. Silivia war immer gut in Zaubertränke, Arithmatik und Runen und so theoretischen Kram und Sebastia dafür in allen Dingen, die praktisch waren. Wie Zauberkunst und Verwandlung!"

Doch das löste bei dem Mädchen nur aus, dass ihr endgültig die Tränen kamen.

"Ja, aber meine Mama war in allen Schulfächern gut. In "allen"! Da bleibt für mich doch gar nichts mehr!"

Nathan sah sie ungläubig an.

"Aber es muss doch irgendetwas geben, was du kannst und sie nicht."

Vivi zuckte die Achseln und wischte sich die rot geschwollenen Augen.

"Tanzen! Aber das habe ich auf unseren Stundenplan noch nicht entdeckt und ich glaub auch nicht, dass die hier viel Wert darauf legen!"

"Hm... ja. das könnte schon sein! ...Ach komm! Gleich fängt Verteidigung gegen die Dunklen Künste an und der Professor soll richtig toll sein. Vielleicht hast du ja dafür ganz viel Talent!"

Sie sah schniefend zu ihrem Klassenkameraden hoch, der ihr aufmunternd zulächelte.

"Und wenn nicht?"

"Na, wir werden schon etwas finden!"

Zwar konnte das Viviane nicht sehr überzeugen, aber immerhin hörte sie auf zu Heulen und trabte hinter ihm her.

*

Das erste, was Vivi bemerkte, als sie ihren Klassenraum für "Verteidigung gegen die dunklen Künste" betrat, war die enorme Größe! Im vorderen Teil waren zwar Bänke und Stühle, wie in den anderen Räumen auch, aber der hintere Teil war eine große Fläche, an deren Wänden Regale mit allen möglichen merkwürdig aussehenden Utensilien standen. Auch die Decke war viel Höher, als sie es bereits kannten und große Fenster fluteten den Raum mit den rötlichen Strahlen der dämmernden Sonne.

Ihr Professor war bereits im Klassenzimmer und wartete mit einem ungeduldigen Blick darauf, dass die Schüler ihre Plätze endlich fanden.

"Und kommen Sie gar nicht erst auf die Idee, sich in die hinterste Ecke zu quetschen!"

Bemerkte er gereizt. Die zweiten und dritten Reihe füllten sich nach diesem Kommentar und Miss Granger blieb nichts anderes übrig, als sich in die vorderste Reihe zu setzen. Neben Nathan saß noch Karl mit ihr dort, der als letzter durch die Tür gekommen war. Sie betrachtete ihren letzten Lehrer für heute gelangweilt, wie alle seine Vorgänger. Er sah nicht ganz so unsympathisch aus, wie Snape, aber er hatte etwas Merkwürdiges an sich. Seine Haut war ungesund blass und er hatte tiefe dunkle Ringe unter den Augen. Und er schien wesentlich jünger, als der Rest ihrer Professorenschar. Nicht älter, als ihre Mutter. Er trug schwarz und sein blondes Haar war zu einem kurzen Pferdeschwanz zurückgebunden.

Als er sich als Professor Malfoy vorstellte, nickten einige der anderen Slytherin einander zu und Viviane sah, wie Karl Nathan etwas zuflüsterte. Scheinbar schien ihnen alle der Name ihres Lehrers etwas zu sagen. Ihr hingegen überhaupt nicht.

Der Professor hielt, wie alle anderen ebenfalls, eine kleine Rede über sein Fach. Er sprach auffallend schnell, so als hätte er dies alles schon mehrere Male erklären müssen. Das Mädchen hatte Schwierigkeiten ihm zu folgen. Hingegen der Rest ihrer Klasse versuchte es erst gar nicht. Sie sah sie miteinander über andere Themen tuscheln. Was hingegen Malfoy jedoch nicht im Geringsten zu interessieren schien, ja sie war sich noch nicht einmal sicher, ob er es überhaupt bemerkte, bis er irgendwann zwischendurch beiläufig meinte:

"Für alle diejenigen, die sich entschlossen haben, meinen Ausführung keine weitere Beachtung zu schenken: Falls Sie sich also entschieden haben, in meiner Stunde ein kleines Nickerchen einzulegen. Das ist mir völlig egal. Ich gebe ihnen nur am Ende des Schuljahres ihre entsprechenden Noten. Mir liegt in keinster Weise etwas an Ihnen persönlich und sollte einer von ihnen zurückfallen, so hat er sich das selbst zu verdanken."

Obwohl sein Ton völlig im gleichmäßigen Fluss der ganzen Rede geblieben war und er kein Zeichen von sich gab, es auf die direkt vor ihm sitzenden Schüler zu beziehen, hatte Viviane das Gefühl, er hatte genau bemerkt, dass zwei Drittel seiner Schüler mit etwas anderen als seinen Worten beschäftigt waren. Einzig Anabelle, Yoshi und sie hörten ihm wirklich zu.

Die Stunde war schnell beendet. Da Professor Malfoy sie alle schon nach seiner zehn minütigen Rede entließ.

Und endlich war ihr Tag vorbei. Sie eilte alle zusammen zum Abendbrot und Viviane wagte endlich zu fragen, was sie eigentlich schon die ganze Zeit interessierte.

"Was habt ihr da eigentlich eben getuschelt?"

Acht Augenpaare (alle außer Yohis) drehten sich zu ihr um.

"Du weißt nicht, wer Draco Malfoy ist?"

Fragte Melissa kichernd. Viviane runzelte die Stirn.

"Doch: Unser Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste!"

"Wo hast du bloß die letzten Jahre gelebt, Mädchen?"

Fragte ihre blondes Gegenüber altklug.

"In Deutschland. Da bekommt man nun Mal nicht so viel mit, was in England passiert!"

Entgegnet Vivi heftig.

"Du hast also keine Ahnung von dem großen Krieg, Viviane?"

Fragte Boah, jedoch in einem wesentlich angenehmeren Tonfall, als das andere Mädchen. Viviane sah ihn aufgebracht an.

"Doch natürlich weiß ich darüber bescheid. Wer weiß nicht über Du-weißt- schon-wen bescheid?"

Meinte sie empört.

"Du willst eine Slytherin sein und kennst noch nicht einmal den Namen Malfoy?"

Sagte Fabio und schüttelte ungläubig den Kopf.

"Dann erklär mir doch, was an den blöden Namen so besonders sein sollte, dass ich ihn kennen muss!"

Fabio sah sie eindringlich an, aber es war John, der sprach.

"Die Malfoys sind eine der ältesten Reinblutzaubererfamilien, der ganzen magischen Gemeinschaft. Sie sind sogar ziemlich nahe mit der Gründerfamilie selbst verwandt. Und sie sind dafür bekannt seit jeher den dunklen Lords ergeben zu sein. Die Geschichte unseres Professors ist es nun, zur Zeit desjenigen dessen Namen nicht genannt werden darf, auf der anderen Seite, als es die Tradition seiner Sippschaft ist, gestanden zu haben. Er war ein Auror bevor er hier nach Hogwarts kam, Viviane. Mich wundert wirklich, dass deine Mutter nichts über ihn erzählt hat, wo er doch mit ihr zur Schule gegangen sein müsste."

Miss Granger war froh, dass sie anscheinend nicht die einzige war, der dieses Detail der Vergangenheit entgangen war, denn hier und da hörte sie die anderen Laute des Erstaunens von sich geben.

"Ich wette, sie weiß noch nicht einmal, wer Harry Potter ist!"

Flüsterte Melissa Simon zu, doch Viviane hatte sie deutlich gehört.

"Natürlich weiß ich, wer Harry ist. Der Mann meiner Patentante und ich kenn ihn bestimmt besser, als irgendwer sonst von euch!"

Doch das brachte das blonde gehässige Mädchen keineswegs, wie beabsichtigt zum Schweigen.

"Einen Gryffindor Emporkömmling kennt sie, aber der Name Malfoy ist ihr fremd. Sag mal Viviane bist du sicher, dass sie dich ins richtige Haus eingeordnet haben! Hey Leute, vielleicht ist sie ja nur ne kleine Spionin und wir sollten..."

Doch weiter kam sie nicht, denn schon hatte sich Miss Granger auf sie geschmissen. Beide Mädchen gingen zu Boden. Vivi hielt Melissas Arme fest und war erleichtert, dass sie offenbar die Stärkere von beiden war (schließlich hatte sie mit Rauferein auch schon einige Erfahrung gemacht).

"Nimm das zurück, du blöde Kuh! Du hast doch keine Ahnung. gar keine Ahnung von mir!"

Das dünne blondhaarige Mädchen wehrte sich aus Leibeskräften, trat um sich und versuchte Viviane ins Handgelenk zu beißen. Nach einem Augenblick hatte sie es geschafft und die Braungelockte schrie und ließ einen Arm abrupt los, nur um es bald zu bereuen, als Melissas Hand vorschnellte und ihr kräftig an den Haaren zog.

Die restlichen Slytherins standen interessiert daneben und warteten ab, wer den Kampf für sich entscheiden konnte. Viviane fing auch den anderen Arm von Melissa wieder ein, während diese nun begann wild zu fluchen.

"Du kleines Biest! Du gehörst nicht zu uns! Sieht man doch schon an deiner Abstammung! Deine Mutter ist ein dreckiges Gryffindor Schlammblut und dein Vater war bestimmt ein unnützer Muggel!"

Das ging zu weit. Dafür kassierte die durchtriebene Slytherin ein blaues Auge und der Zank ging richtig los. Viviane wusste zwar nicht, was die Bemerkung über ihre Mutter zu bedeuten hatte, aber sie merkte instinktiv, dass es sich dabei um eine wirklich böse Beleidigung gehandelt haben musste. Nach einigen weiteren Versuchen sich gegenseitig die Augen auszukratzen, entschieden Karl und Nathan endlich, dass es Zeit war, die beiden zu trennen, bevor noch ein Lehrer oder gar Filch vorbeikam und ihnen Hauspunkte abzog oder am Ende noch eine Strafarbeit aufdrücken würde. Mr. Taras packte Vivi unter den Armen und hob sie von dem anderen Mädchen runter, dass immer noch wütende Bemerkungen über Vivis Familie und ihr schreckliches Aussehen von sich gab.

"Du siehst aus wie ein Wischmob mit diesem ekelhaften Locken! Wäscht dir wohl nie die Haare, was?"

Karl bewahrte Vivi davor, dass Melissa sich zurück auf sie stürzte, in dem er sie auf die Beine zog und ihr sehr unritterlich die Hände hinter dem Rücken festhielt.

"Pass du mal lieber auf, dass du morgen noch Haare hast! Vielleicht komme ich ja und schneide sie dir ab!"

Und das Geschrei ging noch eine ganze Weile so weiter. Dann ging den Mädchen die Puste aus oder ihnen schienen keinen Gemeinheiten mehr einzufallen. Zwar sahen beide noch so aus, als würden sie jeden Moment etwas Schreckliches sagen zu wollen, was den anderen bestimmt zum Weinen gebracht hätte, doch keine von ihnen schaffte es, falls vorhanden, es auszusprechen.

"So, und ihr beide geht jetzt am besten in den Krankenflügel und vertragt euch wieder!"

Meinte Nathan und ließ Vivi endlich los. Er hatte völlig recht. Viviane lief Blut aus der Nase und tröpfelte munter auf den kalten Marmorboden, während Melissas geschwollenes Auge anfing eine bläuliche Färbung anzunehmen.

"Kannst du mir auch sagen, wo der ist?"

Maulte Miss Granger noch immer etwas mit Wut geladen. Der Junge zuckte die Achseln und guckte in die Runde.

"Ich führe die Damen hin. Der Rest ist frei zum Abendessen zu gehen oder nicht, wie es ihm beliebt!"

Daraufhin verabschiedeten sich alle von den dreien. Melissa und Viviane funkelten sich noch einmal böse an und folgten darauf jedoch gehorsam Karl Knight, der anscheinend den Weg zum Krankenflügel kannte.

"Ich wollte euch nur daran erinnern, was Professor Snape genau zu diesem Thema gesagt hat: Nämlich dass wir tunlichst vermeiden sollten uns gegeneinander zu verschwören. Falls ich also einen weiteren Streit zwischen euch mitbekommen sollte, sehe ich mich leider gezwungen unserem Hauslehrer davon in Kenntnis zu setzen, haben wir uns verstanden?"

Die Stimme des korpulenten Jungen hatte einen überaus beiläufigen Ton, aber das dunkelhaarige Mädchen verstand sehr wohl die Ernsthaftigkeit von dem, was gesagt wurde. Sie ärgerte sich über Karl. Was ging ihn das eigentlich an? Außerdem tat er ja gerade so, als sei sie mit daran Schuld, dass sie und Melissa sich gestritten hatten. Schließlich hatte die andere doch angefangen.

Während des ganzen Weges sprachen die drei kein Wort miteinander. Karl pfiff eine fröhliche Melodie und watschelte voraus. Die Mädchen folgten ihm, immer wieder einander tödliche Blicke zuwerfend.

Nach etwa zehn Minuten waren sie tatsächlich angekommen. Karl verabschiedete sich, nachdem er ihnen die Tür aufgehalten hatte und sie hineingingen.

*

Die Krankenschwester, deren Name Madame Pomfrey war, hatte sie alles andere als willkommen geheißen. Natürlich hatten ihren fachweiblichen Augen sofort erkannt, dass es sich bei den Verletzungen der beiden um deutliche Zeichen einer mittleren Rangelei handelte. Doch beide Mädchen beteuerten im Einklang nur durch einen ganz unglücklichen Zufall zusammen die Treppe runtergepurzelt zu sein. Madame Pomfrey hatte ihnen offensichtlich kein Wort geglaubt aber nichts gesagt. Schnell waren die Schrammen, das Veilchen und die blutende Nase wieder geheilt und die Syltherin entlassen mit der Anmerkung.

"Falls noch einmal so ein unglücklicher Zufall auftreten sollte, werdet ihr sicherlich nichts dagegen haben, wenn ich eurem Hauslehrer von eurer Tollpatschigkeit erzähle!"

Sie hatte den beiden tief in die Augen gesehen und sie hatten artig und überaus eifrig genickt. Dann waren sie hinausgeeilt und hatten sich auf den Weg in die große Halle gemacht. (Die zum Glück nicht weiter schwer von hier aus zu finden war)

"Ich muss mich entschuldigen!"

Fing Melissa aus heiterem Himmel an.

Viviane blieb überrascht stehen.

"Der Hut hatte schon recht, dich zu einer Slytherin zumachen!"

Sie standen direkt vor den Flügeltüren, die einen Spalt offen standen, um die vielen Schüler, die stetig herein und wieder hinausströmten, passieren zu lassen.

"Du hast einen anständigen rechten Haken und hast uns nicht bei der dummen Pomfrey verpfiffen. Kannst ja nichts für deine Eltern. Ab jetzt wird ich dir nichts mehr tun, wenn du mir keinen ernsthaften Grund dazu gibst. In Ordnung?"

Miss Granger sah das andere Mädchen misstrauisch an. Eigentlich hatte sie keine Lust sich wieder zu vertragen. Andererseits müsste sie sonst ständig auf der Hut sein, dass Melissa ihr nicht die Haare abschnitt oder ihre Bücher verbrannte. Schließlich schliefen sie in einem Raum!

"Wenn du nicht mehr doofe Bemerkungen über meine Familie machst!"

Melissa zuckte die Achseln.

"Kein Problem."

Und sie reichten sich die Hände. Vivi war zwar immer noch misstrauisch und beschloss die nächste Zeit äußerst vorsichtig zu sein, was das blonde Mädchen anging, aber war dennoch recht zufrieden, dass diese zumindest so anständig gewesen war, sich zu entschuldigen.