Kapitel V

Verirrt

So war der erste Abend vergangen. Melissa und Viviane hatten eine merkwürdige Einigung gefunden und das andere Mädchen war von nun an wesentlich freundlicher zu Miss Granger. Auch wenn sie dem Frieden nicht wirklich traute.

Am zweiten Morgen war der Weg hin zur Großen Halle einfacher zu finden. Und dementsprechend fiel das Frühstück wesentlich gemütlicher aus. Viviane schaute auf ihren Stundenplan. Erste Stunde Geschichte mit den Hufflepuff. Sie warf einen Blick zum Tisch des anderen Hauses und entdeckte sogleich Thales und Griselda, die beide recht schläfrig über ihren Toast saßen. Keiner von beiden sah auf, aber Viviane war zuversichtlich nach der Stunde mit ihnen reden zu können. Sie war fürchterlich neugierig, wie sie ihren ersten Tag gefunden hatten, und schließlich gab es kein Gebot unter ihren Mitschülern, das besagte, man dürfe sich nicht mit Hufflepuff anfreunden. Nach einem weiteren Schluck Kürbissaft wurde ihr plötzlich klar, dass sie in all ihrer Müdigkeit völlig vergessen hatte, ihre Bücher einzupacken, die noch irgendwo unten in ihrem Koffer herumlagen.

"Mist!"

Fluchte sie laut, was aber von niemand weiter am Tisch beachtet wurde.

"Hab was vergessen!"

Fügte sie an Nathan gewandt hinzu, der mit halb geöffneten Augen etwas dümmlich lächelte, gähnte und dann nickte.

"Bis später!" die Hörte sie ihn murmeln, dann war sie auch schon aufgesprungen und hechtete zurück zu den Katakomben. Wenn sie sich beeilte, würde sie es noch rechtzeitig schaffen. Schließlich hatten sie heute morgen zum Verlaufen eingeplante Zeit eben durch das Gleichfinden der Großen Halle eingespart. Endlich unten angekommen, öffnete sie die Tür in ihren dunklen Schlafsaal. Sofort entzündete sich das Feuer von selbst und es wurde graduell heller. Vivi verschnaufte kurz, nur um sofort weiter zu hetzen. Sie zog schnell ihren Koffer von unter dem Bett hervor und fing an ihre Habseligkeiten auf dem blanken Marmorboden zu verbreiten. Endlich ganz unten lag das schwere Werk. Sie schmiss es unliebsam in ihre Tasche, ignorierte Crookshanks, der ihr begrüßend um die Beine streichend angeschlichen kam, ebenso wie das Chaos, das sie zurückließ, und stürmte wieder hinaus. Die schwere Tür fiel zurück ins Schloss, der Kater miaute tief und schüttelte seinen Kopf, dann verschwand auch er aus den Ausgang hinaus, den nur er kannte.

Viviane hatte einige Schwierigkeiten den richtigen Raum zu finden. Am Ende stellte sie fest, dass sie bereits drei Mal daran vorbeigerannt war. Doch.. - und das war ja schließlich auch der Grund, warum sie dieser Tür keine Beachtung geschenkt hatte - vor dem keine Seele stand. Nur auf dem kleinen Schild in der Mitte konnte sie jetzt: "Geschichte der Zauberei - Wer die Vergangenheit nicht kennt, der muss sie wiederholen!" lesen. Wo waren die ganzen anderen Schüler? Die Huffelpuffs? Die Slytherin? Kein Einziger stand vor der Tür und dabei war sie völlig pünktlich. Hatte der Unterricht bereits vorher begonnen? Vorsichtig klopfte sie an der dunklen Tür und lauschte. Kein Geräusch. Dann zuckte sie die Achseln und drückte den Griff hinunter. Abgeschlossen!

"So ein Mist!"

Murrte sie und stampfte leicht mit dem Fuß auf. Was war denn hier los? Stirnrunzelnd wandte sie der Tür den Rücken zu und beschloss zurück in die Große Halle zu gehen. Ihre Tasche hielt sie schützend vor sich und grübelte vor sich hin, während sich ihre Füße von selbst den Weg suchten. Ein Gang nach links, eine Treppe hinunter. War sie hier schon einmal gewesen? War das überhaupt der richtige Weg? Sie stand vor einer blanken Steinwand. Sie hatte sich verlaufen

"Besuch! Oh was für eine Freude!"

Hörte sie es aus dem Gemälde links neben sich. Doch sie achtete nicht weiter darauf. Schnaubend machte sie kehrt und beschloss den Weg so gut sie es eben konnte zu rekonstruieren. Sie kam wieder an der Kreuzung an, von der sie aus in dem Gang, der nirgendwo geendet hatte, gekommen war und lugte nach rechts und nach links.

"Na, verlaufen, junge Dame?"

Das Gemälde war ihr gefolgt. Misstrauisch richtete sie ihren Blick darauf. Einen Moment lang sah sie den jungen Dichter an. Der er ganz offensichtlich war. Denn der junge Mann mit der eigentümlichen Frisur und dem Dreispitz trug Feder und Pergament in der Hand und wen sollte man sonst so auf ein Bild bannen? Einen Augenaufschlag sah sie ihn verwirrt an. Sie hatte schon sich bewegende Bilder gesehen und auch einige Sprechende, aber dass sie von einem Gemälde ins nächste konnten, war ihr neu gewesen.

"Nee!"

Antwortete sie etwas verzögert.

Dann blinzelte sie die Gedanken über ihn wieder fort, schaute noch einige weitere Male um die Ecken und versuchte zu rekapitulieren, woher sie überhaupt gekommen war.

"Scheint mir aber so, edle Maid! Mein Name ist Oswald Freiherr zu Sabinenbrück. Ich kann Euch sicherlich helfen. Ich kenne mich hier in dieser Gegend ausgezeichnet aus, müsst ihr wissen. Ich lebte hier bereits vor ..!"

Viviane brachte ihn mit einem bösen Blick zum Schweigen.

"Gut! Sag mir wie ich in die Große Halle komme!"

Er blinzelte einige Male, lächelte und tippte grübelnd mit der schwarzen großen Schreibfeder gegen sein bartloses Kinn.

"Hm... "

und dann:

"Folgt mir!"

Er verschwand aus dem Bilderrahmen und nach einem kurzen Augenblick, in dem Viviane gar nicht wusste, was sie tun sollte, hörte sie plötzlich seine melodiöse Stimme.

"Hierher Kind! Rechts von dir!"

Und tatsächlich. Nachdem sie den rechten Gang einige Meter entlang gegangen war, sah sie ihn auf einem neuen Gemälde auf einer schönen Sommerwiese umringt von Kindern stehen, die um ihn herum einen Reigen tanzten und kicherten.

"Nun. Husch, husch!"

Verscheuchte er erst die Kinder und dann Viviane weiter den spärlich beleuchteten Korridor entlang. Er war ziemlich schnell für einen längst verstorbenen Dichter. Und Viviane musste sich sehr beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Ihre von dem Geschichtsbuch beschwerte Schultasche fiel ihr im Takt ihrer Schritte gegen die Seite. Es ging ihr auf die Nerven, denn es tat weh. Sie achtete nicht sehr auf ihre Umgebung, eher darauf, wo dieser merkwürdige Waldo - oder hieß er anders - war, der vor ihr her in den Gemälden sprang, wie ein junges Reh.

"Ach, es ist so lange her, dass sich ein Schüler in meinen leeren Gang verirrt hat. Und meine Nachbarn, sind nicht gerade die gesprächigsten, müsst Ihr wissen!"

Hörte Viviane ihn aus einigen Metern entfernt verkünden. Sie grummelte und rollte die Augen als Antwort. Natürlich konnte er das nicht sehen.

"Lady Marai hängt ein ganzes Stockwerk über mir, aber die liebe Dame kommt aus puren Mitgefühl, wie ich befürchten muss, mehre Male in der Woche zu mir hinunter und erzählt mir den neuesten Tratsch."

Bis dahin hatte Viviane seinen Ausführungen noch zugehört, dann aber hatte er ihre Aufmerksamkeit auch schon verloren. Nur dem Klang seiner Stimme folgte sie noch, damit sie ihn nicht verlöre. War der Weg in die Große Halle wirklich so weit gewesen? Er wurde immer dunkler und immer weniger Bilder hingen an den kahlen Wänden. Und sie hatte das stetige Gefühl tiefer zu gehen. Endlich kamen sie an eine große breite T-Kreuzung die auf einem breiten Gang führte. Ihr gegenüber hing ein blinder Spiegel voller Spinnweben und mit matten Goldrahmen.

"Wir müssen nach links weiter, Fräulein!"

Vivi sah zu ihrem Lyriker, der in einem finsteren Gemälde, dass ein dunkelrotes, bedrückend eingerichtetes Wohnzimmer auf einem Sessel saß und fröhlich zu ihr hinüber sah. Viviane schnaubte.

"Müssten wir nicht schon längst da sein?"

Ormond (?) lachte hoch und mädchenhaft.

"Aber nein, meine Liebe! Das hier ist ein recht.... isolierter Ort, den Ihr euch zum Verlaufen ausgesucht habt!"

Viviane runzelte die Stirn. Und erwiderte empört:

"Aber ich hab ganz sicher nicht so lange hierher gebraucht!"

Ein weiteres Lachen und der gemalte Mann stand schwungvoll auf.

"Manche Wege sind halt hin kürzer als zurück, Kind! Dieses Schloss hat sein eigenes Maß, versteht Ihr?"

Vivi verstand nicht und langsam wurde sie ernsthaft wütend. Ihre Nase begann rot anzulaufen.

"Ich hab keine Lust mehr!"

Und mit diesen recht sinnlosen Worten trat sie in den Gang hinaus.

"Lass uns..."

Doch weiter kam sie nicht. Dort im Gang kam jemand direkt auf sie zu. Zuerst konnte sie durch das schummrige Licht kaum erkennen, dass es sich tatsächlich um einen jemand handelte und nicht doch um einen Streich, den ihr ihre Augen gespielt hätten. Ein Mann kam schnellen Schrittes näher, obwohl sie den Eindruck hatte, er würde je näher er käme, langsamer werden.

"Was wolltet Ihr sagen?"

Fragte Orlando wohl überrascht, dass sie mitten im Satz abgebrochen hatte.

"Da kommt uns jemand entgegen!"

Flüsterte das junge Mädchen, obwohl sie sich gar keinen Grund vorstellen konnte, warum sie es überhaupt tat.

"Wirklich? Das ist sehr ungewöhnlich .. haha... gleich zwei Besucher an einem Tag. Ich gehe mich einmal selbst davon überzeugen!"

Und er verbeugte sich leicht und huschte aus dem rechtem Bildrand.

Der Fremde kam näher. Ein kleiner, rundlicher Mann. Sein Gesicht war verschwitzt und er trug merkwürdig aussehende ausladende Roben und in seinen Armen drei schwere Bücher und eine Brille auf der knolligen Nase. Ab und zu drehte er sich gehetzt um und immer wieder, erkannte sie, als er näher kam, warf er ihr merkwürdige Blicke zu.

"Hallo?"

Rief sie ihm entgegen und von der Wand hervor, ertönte Oswalds Stimme.

"Aber Fräulein. Wo soll hier den jemand sein?"

Viviane kümmerte sich jetzt nicht mehr um das Gemälde.

"Hallo? Entschuldigen Sie? Haben sie sich auch verlaufen?"

Der dicke Mann blieb etwa sieben Meter vor dem Mädchen stehen und sah sie mit einem Ausdruck an, den sie nicht lesen konnte, aber der definitiv Angst beinhaltete an.

"Bleib mir vom Leib!"

Ertönte seine Stimme ohne ein Echo zu erzeugen.

"Aber!"

Er schien unentschieden. Offenbar wollte er weiter, aber irgendetwas hielt ihn zurück, näher an Viviane heranzutreten.

"Geh da weg, hörst du? Ich muss da lang!"

Die Dunkelhaarige sah ihn perplex an.

"Aber können Sie doch. Der Gang ist breit genug!"

Der Fremde wippte unruhig auf seinen Füßen hin und her und seine schweren Roben streiften über den Boden ohne ein Geräusch zu machen.

"Ah das ist nicht gut.. das ist nicht gut!"

Murmelte er vor sich hin ohne zu ihr hinüberzusehen. Langsam wurde ihr das aber zu bunt. Wenn er nichts mit ihr zu tun haben wollte war das seine Sache, aber er hatte den Gang schließlich nicht für sich gepachtet!

"Edle Maid, mit wem sprecht Ihr da eigentlich?"

Versuchte Oswald sich noch einmal zu erkundigen.

"Mit dem Kerl da auf dem Gang. Er steht direkt vor deiner Nase, da ist doch auch nur ein Gemälde im Gang und er ist direkt davor."

Viviane ging langsam einige Schritte weiter auf den Fremden zu, der plötzlich panisch den Kopf hob und abwehrend die Hände hob (dabei fiel der Stapel Bücher geräuschvoll auf den Boden).

"Nein, nein! Komm nicht weiter! Bitte, tu mir nichts! Bitte komm nicht näher. Verstehst du denn nicht. Ich muss einen Zeitplan einhalten. Alles geht durcheinander und es wird schreckliches Geschehen, wenn du nicht zurückgehst und mich da durch lässt! Hab doch Erbarmen mit einem verdammten Mann!"

Seine Stimme war mit einem Mal glockenhell und schmerzte ein bisschen in Vivianes Kopf. Sie kniff die Augen zusammen, schob die Unterlippe vor und fragte scharf:

"Warum hast du Angst vor mir?"

Jeder Schritt, den sie voran machte, ließ den dicken Kerl einen zurückhüpfen, als wäre zwischen ihnen eine Barriere, gerade so breit, wie der Abstand zwischen ihnen.

"Geh Weg! GEH WEG!"

Versuchte er sie mit seiner hysterischen Stimme zu verscheuchen. Hier und da hörte sie Oswald verwirrt danach fragen, was sie eigentlich tat, doch den ignorierte sie gekonnt.

"Sag mir erst, warum du Angst vor mir hast!"

Mit geweiteten Augen, die aussahen, als würden sie dem Fremden gleich aus den Höhlen springen, blickte er sie starr an.

"Du solltest nicht hier sein! Du bringst alles durcheinander, Kind."

Viviane stampfte mit dem Fuß auf.

"Das ist keine Antwort. Das hast du schon gesagt, dass ich deinen blöden Zeitplan durcheinander bringe. Aber wenn das so ist, dann geh doch einfach an mir vorbei!"

Meinte sie trotzig und wütend zugleich.

Der ältere Mann quiekte wie ein Meerschwein und fiel stolpernd zurück. Sie hörte den Aufprall nicht. Er drehte sich auf den Bauch und fing an zu wimmern und zittern, während sie näher kam. Als Viviane schließlich neben ihm stehen blieb fing er laut an zu jammern.

"Bitte! Es tut weh! Geh weg, geh weg!"

Einen Augenblick blickte das Mädchen fasziniert von ihrer Wirkung auf ihn auf den beleibten Mann hinab. Doch das Schulglockenklingel brachte sie zurück in das hier und jetzt. Sie hob erschrocken den Kopf. Die nächste Stunde fing an und sie wusste nicht einmal, wo genau im Schloss sie war. Mit einen letzten Blick auf den Fremden, wandte sie sich an Oswald.

"Schnell! Ich muss ganz dringend in die Große Halle!"

Der Dichter schüttelte verwirrt den Kopf, wobei seine Perücke leicht verrutschte. Setzte aber sogleich schon zum Spurt an und das Mädchen folgte ihm weiter. Die Tasche klapperte munter gegen ihre dürren Beine, doch sie ließ sich nicht beirren und hielt den dumpfen Schmerz tapfer aus. Ganze zehn Minuten noch rannte sie dem Gemälde hinterher bis sie endlich an einer unscheinbaren Tür am Ende eines grauen Ganges ankamen.

Und tatsächlich. Hinter der Tür befand sich die Große Halle. Kein einziger Schüler saß hier, doch darauf achtete Miss Granger nicht weiter.

"Danke!"

Rief sie ihrem Retter hastig nach (das hätte sie in aller Eile beinah vergessen) und galoppierte weiter zu den Flügeltüren, öffnete eine davon, die knarrte und ächzte (ebenso wie es Viviane tat) und endlich weiter hinaus aus dem Schloss zu den Gewächshäusern.

Viviane kam eine Viertelstunde zu spät. Völlig außer Atem stand sie im Türrahmen, während alle Augen in dem grünen Glasgebäude auf sie gerichtet waren.

"Miss Granger, sie sind beträchtlich zu spät!"

Kommentierte Professor Sprout etwas ungehalten.

"Entschuldigen... sie.. Professor... ich habe mich ganz schrecklich im Schloss verlaufen! ....Wirklich!"

Ihr rotes Gesicht und ihr heftiges Keuchen schienen die Lehrerin zu überzeugen. Aus dem ersten Gesicht wurde sofort ein mitleidiges.

"Na dann! Kind, Sie sehen wirklich geschafft aus. Na nehmen Sie mal neben Mr. Taras Platz und beruhigen sich erst wieder!"

Viviane dankte den Göttern, dass sie anstelle von Kräuterkunde nicht Verteidigung gegen die Dunklen Künste hatte. Bei Professor Malfoy wäre sie sicherlich nicht so ungeschoren weggekommen.

Sie trabte zu dem leeren Platz neben Nathan, der sie neugierig ansah und ihr zuflüsterte:

"Hab ich für dich freigehalten! Wo warst du denn nach dem Frühstück eigentlich?"

"Wie wo war ich? Wo wart ihr? Ich dachte wir hätten Geschichte!"

Flüsterte sie ebenso leise wie er zurück.

"Aber Dumbledore hat doch beim Fest gesagt, dass es die nächsten Wochen ausfällt, hast du das denn nicht mitbekommen?"

"Hä? Ne aber warum denn?"

Die Professorin erklärte während ihres leisen Gespräches etwas über Heilpflanzen. Auf dem Lehrerpult und ebenso vor ihnen auf den Tischen lagen eine ganze Reihe verschiedener Kräuter.

"Kann mir jemand von euch vielleicht sagen, wie man diese Pflanze nennt?"

Sie hob etwas hoch, was wie eine gelbe Blume aussah mit vielen kleinen Blättern. Viviane wusste, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte was es war und auch Nathan schien mehr an ihrer Unterhaltung, als an dem Unterricht interessiert zu sein.

"Warum? Weil der alte Binns sich genau an dem Abend entschieden hat, dass es nun für ihn allmählich Zeit wird dahin, wo Geister auch immer gehen.. du weißt schon, zu gehen."

Vivi runzelte irritiert die Stirn. Im Hintergrund kam ein Hufflepuff Mädchen namens Madleyn Thomas an die Reihe.

"Das ist Arnika! Meine Mutter macht daraus Tee gegen Bauchschmerzen und zusammen mit anderen Kräutern eine Salbe für Verletzungen!"

"Wie entschieden?"

Flüsterte Viviane weiter, als Professor Sprout zufrieden der kleinen Madleyn zulächelte und verkündete.

"Sehr richtig, Miss Thomas."

Und die mollige Lehrerin begann über die genaue Wirkung von Arnika zu berichten.

Die Hufflepuff schrieben alle fleißig mit, während auf der anderen Seite die einzigen, die fleißig mit ihren Federn über das Papier glitten, Yoshi und Annabelle waren. Der Rest sah gelangweilt vor sich hin und Boah hatte sogar fest die Augen geschlossen und sah verdächtig danach aus, als würde er schlafen.

Nathan zuckte auf Viviane Frage nach Binns die Schultern.

"Keine Ahnung! War wohl schon ne Ewigkeit als Geist weiterhin Lehrer. Mein Großvater hat erzählt, dass sogar der Großvater seines Großvaters von Binns unterrichtet worden ist. Wurd' wohl allmählich Zeit, denk ich mal! Aber umso besser. Dumbledore wird sicher ne Weile brauchen, bis er Ersatz hat, und so lange haben wir frei! Könnt doch gar nicht besser sein. Aber sag mal lieber, wo du eigentlich die ganze Zeit gewesen bist!"

Die Stunde verging damit, dass Viviane Nathan einen ausführlichen Bericht über die Geschehnisse, nachdem sie den Frühstückstisch verlassen hatte, erstattete. Der schwarzhaarige Junge hörte ihr gebannt zu und gab ab und zu einen zustimmenden oder verwunderten Laut von sich.

"Naja und dann war ich plötzlich wieder in der Großen Halle und bin hier her gehechtet. Das war's!"

"Und du hast echt keine Ahnung warum der fette Kerl so ne Angst hatte?"

Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf.

"Ich weiß ja nicht einmal, wer er war. Von der Kleidung her, sah er wie ein Lehrer aus, aber das kann ja nicht sein. Weil ich ihn vorgestern nicht am Tisch gesehen habe und außer meine Mutter und diesem Halbriesen ja alle da waren!"

"Hm!"

Überlegte Nathan und legte dabei Daumen und Zeigefinder an sein Kinn. Es sah ein wenig merkwürdig aus und Vivi unterdrückte ein Kichern, das ihr die Kehle hoch hüpfen wollte.

"Er war nicht durchsichtig, oder so und ganz farblos?"

Das Mädchen funkelte ihn böse an.

"Hab doch gesagt, dass er rote Roben hatte.. außerdem hätte ich bestimmt nicht vergessen zu erwähnen, wenn er durchsichtig gewesen wäre, oder?"

Der Junge zuckte die Achseln.

"Hätt' ja sein können, dass er ein Geist ist. Dann halt keiner. Aber dann weiß ich es auch nicht!"

Beendeten sie ihr kleines Gespräch und wandten sich wie der Rest ihres anwesenden Hauses minder interessiert dem Unterricht zu.

Viviane fand die Zeit in Kräuterkunde verging unendlich langsam. Ab und zu kritzelte sie auf ihrem Pergament eine Anmerkung auf, die Professor Sprout deutlich betont verlauten hatte lassen, oder malte einfach kleine Kreise vor sich her. Oder sie warf einen Blick hinüber zu den Hufflepuff Tischen. Griselda saß neben Thales und einem anderen Mädchen mit blassen Gesicht und blondem Haar. Doch Miss Kitterman sah stur auf ihr Papier hinab oder hin zur Professorin, aufmerksam dem Unterricht folgend. Bis zum Läuten änderte sich daran nichts.

"Bitte nehmen Sie alle die Pflanzen vor ihnen mit! Als Hausaufgabe fertigen Sie bitte saubere und Ellengroße Zeichnungen mit Beschriftungen der einzelnen Teile an. Dazu schreiben sie bitte jeweils 10 bis 20 Inch über deren Gebrauch. Bis zum nächsten Dienstag, Kinder!"

Miss Granger schmiss ihre Unterlagen durcheinander in ihre Schultasche und hechtete hinüber zu dem Tisch an dem Griselda noch saß und sorgfältig alles in ihrem Rücksack verstaute.

"Hey!"

Begann Vivi und blickte strahlend auf sie hinab. Das Mädchen mit den filzigen Haaren erwiderte das Lächeln nicht.

"Was? Willst du mich veräppeln, oder was?"

Das lockenhaarige Mädchen war völlig verdutzt .

"Hä? Ich wollte eigentlich nur fragen, wie dein erster Tag war, mehr nicht!"

Griselda stand auf und zog beide Augenbrauen hoch.

"Astrid hat erzählt, dass du sie ignorierst und böse guckst, wenn sie zu dir kommen will!"

Die andere Schüler strömten langsam hinaus. Nathan jedoch blieb zusammen mit Thales an der Tür stehen und sie warteten offenbar auf die Mädchen.

"Ja aber, das ist doch nur, weil sie eine Gryffindor ist. Bei dir ist das etwas anderes, verstehst du?"

Griselda nahm ihre Habseligkeiten und funkelte Viviane böse an.

"Also es kommt auf das Haus an, ja? Dann versteh ich echt nicht, was du mit mir zu tun haben willst, wo doch alle wissen, das Hufflepuff die dummen Idioten sind, die nichts zu Stande bringen."

Damit wollte sich Miss Kitterman auf machen, aber Vivi hielt sie leicht am Arm fest.

"Warte. Das stimmt doch gar nicht. Ich hab ganz ehrlich nichts gegen Astrid. Aber die älteren haben uns gesagt, dass wir uns von den Gryffindor fern halten sollen und ich habe keine Lust auf Ärger."

Griseldas braune Augen funkelten böse.

"Feigling!"

Und damit riss die kleinere Hufflepuff sich von ihr los und stapfte davon. Thales folgte ihr, aber nicht bevor er Viviane 'Auf Widersehen' sagte. Viviane wandte sich hilfesuchend an Nathan.

"Du verstehst mich doch, oder?"

Der Junge zuckte die Achseln.

"Klar!"

Vivi stampfte mit dem Fuß auf und ballte ihre Hände dabei zu Fäusten.

"Aber warum versteht sie es denn nicht?"

Klagte sie laut. Der Junge sah sie ausdruckslos an und erwiderte ruhig.

"Weil sie nicht zu uns gehört. Sie weiß nicht, wie es ist ein Slytherin zu sein. Wir werden oft missverstanden, das wirst du noch öfter merken, mach dir also keine allzu großen Gedanken. Sei nicht traurig, Vivi!"

Aber das Mädchen war es trotzdem. Ja und zornig noch dazu. Wortlos folgte sie Nathan hinaus und schloss die Tür des Gewächshauses hinter sich. Ein kalter Wind, der bereits eine Idee von Winterkälte in sich trug wehte ihnen um die Nasen. Sie drängten sich dicht aneinander und zogen die Roben enger um ihre Körper. Nächstes Mal würde sie ihren Mantel mitnehmen, überlegte Viviane. Der Himmel war voll von gewitterschweren Wolken und die Bäume dort hinten im dichten Verbotenen Wald bogen ihre Wipfel heftig vor einem aufkommenden Sturm. Schnell eilten die Kinder hinein zum Schloss, froh dem Regen, der kurz hinter ihnen losbrach, noch entkommen zu sein.

"Das war ja knapp!"

Bemerkte Mr. Taras glücklich ob dieser Tatsache.

*~*~*

Nach dem Essen hatten sie ein wenig Freizeit und Nathan hatte vorgeschlagen in die Bücherei zu gehen und ihren Aufsatz für Zauberkunst zu beginnen. Da dem Mädchen keine sinnvollere Beschäftigung eingefallen war, hatte sie eingewilligt und nun saßen sie an einem der spärlich beleuchteten Tischen, während draußen ein Sturm tobte, der den ganzen Himmel bedeckte und es so dunkel war, wie in tiefster Nacht. Viviane fröstelte, jedes Mal wenn sie einen Blick zum Fenster hinaus warf. Der Aufsatz war grauenvoll. Sie verstand kein Wort. Es ging entweder über Transport und Bewegungszauber oder die durchschnittliche Reisegeschwindigkeiten von magischen Kleinbussen. Irgendetwas stimmte jedenfalls nicht. Nach einer Weile ertönte ein lautes "Poch" in der ganzen Bücherei, worauf all diejenigen Anwenden ihre Köpfe geschwind drehten und beruhigt erkannten, dass es nur Miss Grangers Stirn gewesen war, die auf dem Tisch aufgeschlagen war.

"Alles in Ordnung mit dir?"

Fraget Nathan von gegenüber.

"Ich versteh das nicht. Was hat den ein Magikus Automobile mit den effektivsten Schwebezaubern zu tun?"

Der Junge blinzelte und verschwand mit dem Kopf zurück im Buch.

"Boah.... du bist schon viel weiter als ich. Ich hänge noch bei der Grundtheorie fest!"

Viviane gedämpfte Stimme kroch unter ihrem an den Tisch gepressten Gesicht hervor. Ihre Haare lagen wild verstreut über dem dunklen Holz.

"Die hab ich glaub ich nicht richtig verstanden. Sind Schwebezauber nun die Basis für Bewegungszauber oder ist das umgekehrt? Ach.. mir ist das zu blöd!"

Nathan vergrub sich einen Augenblick in seiner Lektüre.

"Es ist umgekehrt. Bewegung kam vor Schweben und Schweben kam vor Transport und irgendwann haben sie daraus das Apparieren entwickelt. Und hier ist das mit den magischen Bussen:"

Und er fing an laut vorzulesen:

"Der schnellste Transportzauber mittelgroßer, unbelebter Gegenstände kann erstaunliche Geschwindigkeiten erreichen. Zum vergleich wird üblicherweise das Standardmodell des magischen Kleinbus Klasse Magikus Atomobile gebraucht, denn fähige Zauberer konnten ihre Zielobjekte mit seiner halben Durchschnittsbewegung fliegen lassen."

Viviane sah wieder auf.

"Jetzt wo du's so liest, macht es plötzlich viel mehr Sinn!"

Eilig nahm sie Feder und Pergament und schrieb schnell soeben Gehörtes in ihren eigenen Worten nieder. Natürlich hörte es sich nicht mehr ganz so gut an, aber immerhin, dachte Vivi und nahm sich schwer seufzend wieder die Lektüre zu Gemüte. Und tatsächlich eine Viertelstunde vor ihrer ersten Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste waren sie beide fertig. Viviane etwas später als Nathan, dafür war ihr Aufsatz aber auch um zwei Inch länger geworden, als seiner. Ein kleiner stechender Schmerz pochte an ihrer Schläfe und bei Gedanke, dass sie zwei Mal in der Woche solche Aufsätze aufgebrummt bekommen würde, wurde ihr leicht schwindelig. Wieso war das Leben nur so ungerecht zu ihr?

*

Sie hatten zusammen mit den Gryffindor Unterricht und offensichtlich hatte man beiden Erstklässlergruppen die traditionellen Umgangsregeln deutlich erläutert. Auf der einen Seite saßen die Slytherin, auf der andern die Gryffindor und beäugten sich gegenseitig überaus misstrauisch. Melissa und Simon tuschelten in der hintersten Reihe, ab und zu kicherten sie leise und deuteten dabei auf einen der Kinder an den gegenüberliegenden Tischen.

Viviane sah Astrid vorne in de ersten Reihe sitzen. Beim Hineingehen hatte sie sie dieses Mal nicht begrüßt, doch das dunkelhaarige Mädchen hatte bemerkt, dass sie schnell weggesehen hatte, als sie sie bemerkt hatte. Und aus irgendeinem Grund bekam sie dabei ein schlechtes Gewissen.

Sie saß in der dritten Reihe. Neben Boah, der auf sie hinab grinste, ganz so als würde er bereits irgendetwas wissen, was ihr entgangen sei, und neben Nathan.

Professor Malfoy trat ein, unter dem Arm einen großen Käfig über dem ein schwarzes Samttuch hing, den er sofort auf das Schreibpult stellte.

"Guten Abend!"

Begrüßte er sie knapp.

"Legen sie ihre Federn bei Seite. Schreiben können sie nach den Stunden genug, keine Sorge!"

Erklärte ihr Lehrer angespannt. Er atmete tief aus, schien etwas in Gedanken, während er vor ihnen auf und ab lief.

"Nun wir werden erst einmal klein anfangen. Die Kreatur, die sich unter dem Vorhang befindet ist ein Alp. Kann mir irgendjemand etwas über diese dunklen Wesenheiten sagen?"

Sein Blick ging durch die Reihen und blieb einen Augenblick bei Viviane hängen. Er kannte ihre Mutter, ja? Überlegte sie grummelnd. Wahrscheinlich erzählt er mir auch gleich, was für ne tolle Mitschülerin sie war. Und dass sie das sofort gewusst hätte. Das Mädchen verschränkte die Arme. Nicht, dass sie die Antwort nicht tatsächlich kannte. Ihre Mutter hatte ihr erzählt, was ein Alp sei, nachdem sie einmal in Deutschland weinend und schreiend aufgewacht war. Sie konnte sich noch genau an den Alptraum erinnern, den sie gehabt hatte. Lauter schwarz gekleidete Leute und sie war auf der Flucht vor ihnen gewesen. Sie hatte als Kind sehr oft solche Träume gehabt.

Es meldete sich von den Slytherins Nathan und Melissa und von den Gryffindor noch fünf weitere Kinder. Einen Moment hielt Professor Malfoy inne, doch dann sah er wieder zu Viviane.

"Miss Granger! Wissen sie die Antwort?"

Das Mädchen sah mit düsteren Blick zu ihm hinüber. Wieso sie? Sie hatte sich doch gar nicht gemeldet

"Nein?"

Er schien etwas überrascht zu sein. Typisch, maulte sie still.

"Doch! Zumindest, wenn es etwas mit Alpträumen zu tun hat!"

Er sah sie kühl und erwartend an. Sie überlegte kurz, ob sie fortfahren sollte und entschied sich im letzten Moment dafür.

"Also. Wenn wir schlafen und es dunkel ist, dann setzen sie sich auf unseren Brustkorb und machen.. na ja.. sie mache, dass wir schlecht träumen und, ich glaube, dass sie.. hm.. davon leben. Ach egal!"

"So in etwa, Miss Granger. Sie ernähren sich von der Angst ihrer Opfer. Aber dennoch. Wenn Sie eine Antwort wissen, dann können Sie sich ruhig melden und lassen Sie sich bitte nicht alles aus der Nase ziehen!"

Dan wandte er sich wieder an die Klasse. Viviane war rot angelaufen und tiefer in den Stuhl gerutscht, während der Professor fortfuhr.

"Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Alps. Die eine, die - wie Miss Granger eben erwähnt hat - einfache Alpträume erzeugen und sich von Furcht ernähren, und dann noch eine weitaus seltenere, aber gefährlichere Unterart. Sie sind größer, als ihre gemeinen Verwandten und drücken ihren Opfern bis zur Erstickung den Brustkorb ein. Im Mittelalter gab es unter den Muggeln viele Gerüchte, dass angeblich Katzen für solche Todesfälle verantwortlich gemacht wurden. Besonders beliebte Opfer von diesen Kreaturen sind Kinder und alte Menschen. Kann ich jemand von Ihnen vorstellen, was man tun kann, wenn man selbst ein Opfer ist, um mit dem Leben davonzukommen?"

Diesmal meldete sich niemand. Und Professor Malfoy benutzte die nächste halbe Stunde, um ihnen anschaulich zu verdeutlichen, dass als erstes aufwachen unumgänglich war. Allerdings auch das schwerste von allem, was sie zu tun hatten. Er erklärte geduldig, dass das, was Alpe jeder Art am meisten fürchteten, das Licht war und dass sie keine besonders kräftigen Kreaturen waren. Demnach konnte man sich einfach auf den Rücken drehen, um sie zuerst loszuwerden und sollte dann entweder weiterschlafen in der Hoffnung, das Wesen wurde sich aus Frust wieder verziehen oder aber schnell das Licht an machen. Wenn man Glück hatte, könnte man es vielleicht noch in einem Staubwölkchen verpuffen sehen.

"Zum besseren Verständnis machen wir jetzt alle eine kleine Übung. Wie sie sich sicher schon gedacht haben, habe ich den Alp hier nicht umsonst mitgebracht. Setzen Sie die bitte auf und folgen sie mir!"

Er reichte der vordersten Reihe genug merkwürdig aussehende Brillen mit roten Gläsern für alle, die schnell an die restlichen Schüler weiter verteilt wurden. Währenddessen ging Professor Malfoy in den hinteren freien Teil des Klassenzimmers und ließ sie sich in einem kleinen Kreis versammeln. Nach einem. "Nox" seinerseits war es dunkel. Überall gaben die kleinen Erstklässler Rufe des Erstaunens von sich. Denn obwohl das Zimmer tatsächlich und einschließlich der Fenster in vollkommenes Schwarz getaucht war, sahen sie durch die Brillen einander und die Umgebung dennoch, wenn auch in einem merkwürdigen Rotschimmer. Sie sahen einander verwundert an und die Gryffindor kicherten bis der Professor sie mit einem bösen Blick zum Schweigen brachte.

"Gibt es Freiwillige?"

Fragte er in die Runde und hob das Tuch vom Käfig. Doch darin war nichts, stellte Viviane erstaunt fest. Nichts und dann erkannte sie es... es war einfach Dunkelheit. Sie hätte ja etwas sehen müssen, aber diese Alps waren anscheinend tatsächlich nichts weiter als finster.

"Nein?"

Der ein Meter hohe schwarze Klecks waberte aus der offenen Käfigtür heraus.

"Hieß es nicht immer, dass Gryffindor mutig sind?"

Seine Stimme hallte zynisch durch den Raum. Und er lächelte sie schief an.

"Mr. Weasley wollen Sie nicht ihr Glück probieren?"

Der junge Keneth, an den Vivi gar nicht mehr gedacht hatte, trat einen Schritt vor. Er sah grimmig drein, aber der Eindruck wurden von seinen zitternden Knien getrübt.

"Sie brauchen keine Angst haben. Ich werde Sie retten, wenn Sie es nicht schaffen!"

Doch dieser Satz schien den Jungen, dessen Haare in dem Licht, das die Schüler wahrnahmen, geradezu leuchtete nicht zu beruhigen.

"Und wie soll ich's wieder hell kriegen, Professor? Wir haben noch keinen Lichtzauber gelernt!"

Gab er trotzig von sich, doch ihr Lehrer ließ sich nicht davon beeindrucken.

"Ihr einzige Aufgabe wird es sein aufzuwachen, sobald Sie träumen zu ersticken und den Alp von sich zu schütteln. Mehr nicht!"

Der Professor reichte ihn einen kleinen Flakon und wies ihn an dessen Inhalt zu trinken und sich auf den Boden zu legen, auf dem eine Decke und ein Kissen bereit lag. Der Junge lies sich darauf nieder, schaute noch einmal mit angespannten Gesichtsausdruck zu den anderen hoch, öffnete die Phiole und trank sie ohne einmal abzusetzen leer. Einen kurzen Augenblick später gähnte er, die Arme weit von sich streckend und sank nieder, tief auf dem Bauch. Eingeschlafen.

"Jetzt beobachten Sie bitte genau, was passiert!"

Der formlose Alp schien einen Teil von sich in die Richtung des Weasleys zu beugen, fast so, als würde er schnüffeln. Dann robbte er langsam näher. Hielt ab und zu inne, bis er nur noch wenige Zentimeter von dem schlafenden Junge entfernt war und fing an ihn zu umkreisen. Immer Mal wieder hob sich ein Teil von ihm riechend vor. Bis er an dem rechten Arm des auf dem Bauch liegenden Keneth endlich innehielt. Ein Stückchen Dunkelheit trat hervor, wie ein Arm und berührte das Kind leicht und stetig in der Beuge. Mr. Weasley grinste in Schlaf und murmelte unverständliche Worte vor sich her, versuchte den Alp zu verscheuchen, in dem er nach ihm schlug, doch das Wesen sprang rasch beiseite, dann wieder hervor (es war erstaunlich schnell) und griff immer wieder zu einer weiteren Kitzelattacke an. Dann schließlich drehte sich der Junge auf den Rücken und der Alp ließ abrupt ab. Nach einer weiteren Umschleichung dann, geschah es. Das Wesen setzte an zum Sprung und landete geschickt direkt auf den Brustkorb des Jungen, der daraufhin ein hustenartiges Geräusch von sich gab.

Der schwarze Klecks breitete sich über den gesamten Oberkörper des Kindes aus, das langsam begann sein Gesicht zu verziehen und sich hin und her zu bewegen, allerdings ohne zur Seite zu rollen. Der Alp schien ihn fast zu umarmen und dabei bei jedem Atemzug, den der Junge machte mehr zuzupressen.

Hier und da hörte man die übrigen Gryffindor wimmern und näher zusammenrücken. Während die Slytherin zwar nicht weniger bleich, aber doch wesentlich gefasster wirkten. Nur Melissa sah nicht hin und ihre Knie schlotterten ganz schrecklich. Viviane hingegen beobachtete fasziniert das ganze Geschehen. Es dauerte nicht mehr lange, da gab Keneth einige erstickende Laute von sich, dann schlug er mit einem Mal die Augen auf, fuhr sich mit den Händen an den Hals, packte den Alp und schleuderte ihn von sich. Schwer atmend blickte er zu ihnen hoch und dann zu Professor Malfoy, der ihm nur schweigend zunickte, bevor er aufstand und sich wieder zu seinen Mitschülern gesellte.

"Ihr seht, es ist nicht schwer! Ihr alle werdet es nun probieren. Ich rufe euch auf!"

Viviane stellte erstaunt fest, dass sie sich drauf freute es mit dem Alp aufzunehmen. Nicht alle Schüler waren jedoch so erfolgreich wie Keneth. Einige fingen an zu schreien, aber wachten einfach nicht auf. Professor Malfoy, musste dann selbst den Alp von ihnen herunterholen und sie anschließend wachrütteln. Einen Augenblick, nachdem sie aufgerufen wurde, hatte das Mädchen Angst auch dazu zu gehören.

Kaum war der Schlaftrank in ihrem Magen überkam sie auch schon eine ungeheure Müdigkeit.

Alles war verschwommen und sie stand in einer Wüste und fütterte umherfliegende Geier mit kleinen Mäusen. Es sah fast so aus wie Kenia, überlegte sie. Dort hinten konnte sie sogar ihr Haus sehen und die Hügel. Die Schnäbel der Geier kitzelten sie leicht und sie musste kichern, doch dann plötzlich wurde der Sand unter ihren Füßen weich und sie sank ein. Bis zum Hals und mit einem Mal hatte sie Schwierigkeiten einzuatmen. Der Sand drückte gegen ihren Körper und sie konnte sich einfach nicht befreien. Es war schrecklich, sie fing an zu weinen. Einen Moment hörte sie ihre eigene Stimme laut sagen. Das ist ein Traum, Vivi! Du musst aufwachen, sonst denken alle, dass du eine Verliererin bist! Und tatsächlich. Diese Motivation reichte, so dass das Mädchen nach zwei Versuchen die Augen aufschlug und bemerkte, dass sie noch immer in dem Klassenzimmer lag und dass ein schweres Gewicht auf ihr lag. Sie griff nach der Schwärze über ihr, einen Moment überrascht, dass sie sich anfühlte, wie weiches Fell und es von sich herunterzog. Mit klopfenden Herzen stand sie auf und gesellte sich zu den anderen, die bereits fertig waren.

Am Ende zeigte sich, dass etwa die Hälfte aller Schüler in der Lage gewesen waren aufzuwachen ohne dass Professor Malfoy einschreiten musste. Auch Nathan hatte es nicht geschafft und er sah betrübt zu Boden, die ganze Zeit über, die der Unterricht nach ihm noch andauerte.

John hingegen war der einzige, der um den Alp zu vertreiben noch nicht einmal aufwachen musste. Bereits, als das Wesen sich ihm näherte, wurde es wie durch Geisterhand in die Luft gehoben und an das andere Ende des Zimmers geschleudert. Dies geschah drei Mal hintereinander. Bis er Junge gähnend aufwachte, zu ihrem Lehrer aufsah und trocken meinte.

"Reicht das? Oder muss ich es auch machen, wenn ich wach bin?"

Dann war die Doppelstunde auch schon vorbei. Malfoy sprach "Lumos" und der Raum war wieder so hell, wie er einst gewesen war. Er wies sie an die Brillen auf seinen Schreibtisch zu legen und:

"All diejenigen, die den Alp schon heute besiegt haben, erhalten jeweils einen Punkt für ihr Haus. Für den Rest gilt: Sie alle werden nächstes Mal eine Stunde früher erscheinen und diesen Versuch mit mir wiederholen. Keine Beschwerde bitte, auch ich opfere für Sie meine Zeit!

Als Hausaufgabe bereiten Sie bitte alles, was wir heute über den Alp gesagt haben nach. Das heißt. Erstens: seine zwei Formen und seine Eigenschaften. Zweitens: wie man sich gegen ihn verteidigt. Einen schönen Tag noch!"

Damit waren sie entlassen. Das war das erste Mal, dass Viviane sich gut fühlte, seit sie hier war. Endlich hatte sei etwas zustande gebracht, frohlockte sie und folgte ihren Mitschülern aus den Klassenraum hinaus.