Kurze Anmerkung: Entschuldigt bitte, dass ich so lange für das Kapitel gebraucht habe... ich kann nicht versprechen, dass ich demnächst schneller vorangekommen aber dass ich es versuchen werde.

Erwartet den passenden Cookie im Laufe der nächsten Woche! Einzelne Danksagungen an euch gibt's dann wieder dort! ^^

Kapitel VI
Flugangst

"Ich hoffe für Sie, dass Sie dafür eine gute Ausrede haben, Miss Granger!"

Erbost sah die Gryffindor Hauslehrerin auf ihre Schülerin hinunter.

"Nein Professor!"

Viviane hingegen sah wenig reumütig aus.

"Ich habs vergessen. Ganz einfach."

Die hochgewachsene Frau stemmte energisch die Hände in die Hüften und schluckte das, was sie auch immer hatte sagen wollen mit einem lauten Schnappgeräusch so heftig hinunter, dass ihr die Brille einen Zentimeter die Nase runter rutschte. Ihre Augen drohten einen mittelschweren Wutanfall an, dem das Mädchen vor ihr leicht blass, aber standhaft entgegensah.

"Mehr.."

Fing Mcgonagall mit piepsiger Stimme an, bevor sie nach einem Räuspern von neuem ansetzte. Im gewohnt strengen Ton.

"Mehr haben sie nicht zu sagen? Keine Entschuldigung oder Beteuerungen, dass ihnen das nie mehr passieren wird? Ich warne sie Miss Granger! Wagen sie es lieber nicht ein weiteres Mal frech zu werden. Das nächste Mal, wenn sie auch nur ihre Feder vergssen, erwarte ich, dass sie auf Knien um meine Vergebung betteln oder ich bitte Mr Filch die alten Methoden mit den Füßen nach oben im Kerker angekettet, wieder aufzunehmen... also wirklich am ERSTEN Schultag ohne Hausaufgaben zu erscheinen und dann noch nicht einmal, das was ich sie explizit aufgetragen habe, zu üben, gemacht zu haben... Miss Granger ich erwarte, dass ihnen das, während ihrer gesammten Schullaufbahn nicht mehr passiert. Das letzte Mal, dass ich mich so über einen Schüler aufgeregt habe, war zu Zeiten der Weasley Zwillinge. So und jetzt gehen sie auf ihren Platz. Nach der Stunde beginnen wir mit ihrer Strafarbeit!"

Ohne ein weiters Wort, aber mit hochrotem Gesicht und zusammengezogenen Augenbrauen schlich Viviane auf ihren Platz, die Augen sämtlicher Schüler auf sie gerichtet. Oh wie peinlich! Zusammengefaltet zu werden vor all ihren Mitschülerin. Und besonders ein Augenpar unter den Ravenclaw schien besonders interssiert gewesen. Viviave wagte es nciht ein zweites Mal in das grinsende Gesicht von Demian zu schauen. Sicherlich genoss er es, dass Vivi es sich bereits am ersten Tag mit der alten Mcgonagall verscherzt hatte. Als sie an seinem Tisch vorbeiging hörte sie ihn leise kichern. Blöder Idiot zischte sie nicht hörbar, als sie sich neben Annabelle setzte.

*

Die Stunde verging zu Vivianes Erleichterung (und zur Enttäuschung der restlichen Slytherins) ohne weitere Zwischenfälle. Schon wollte sie ihre Sachen packen und so schnell wie möglich aus dem Klassenraum hinaus, doch dann kam die Erinnerung, dass Mcgongall gefordert hatte, dass sie da bleiben sollte. Tief seufzend verabschiedete sich von den anderen. Nathan gab ihr einen kräftigen Schlag auf die Schulter und räumte ein.

" Denk dran: Was uns nicht umbringt...!"

Langsam lehrte sich das Zimmer und das dunkelhaarige Mädchen blieb alleine mit der Professorin zurück, die beschäftigt etwas in ein großes Buch schrieb. Ohne die Hand innezuhalten sah sie auf.

"Miss Granger. Wie gut zu sehen, dass sie immerhin noch nicht unsere Unterhaltung von eben vergessen haben!"

Viviane seufzte tief, was ihrer Lehrerin keinsfalls entging, deutlich zu sehen an ihrem missbilligendem Blick.

"Hören Sie zu! Mir macht es keine Freude sie bestrafen zu müssen. Aber es wäre schon eine Schande, wenn Sie aus Faulheit ihr Talent versiegen lassen! Und ich werde die letzte sein, die tatenlos daneben steht! Was gaffen Sie noch so! Holen sie ihren Zauberstab heraus. Wir wollen das nachholen, was sie die letzten zwei Tage versäumt haben zu üben."

Und so übte Viviane alleine den Zaubertrick vom ersten Tag. Mcgonagall blieb währenddessen über ihren Buch sitzen und korrigierte nur ab und zu ohne aufzusehen die Bewegungen des Mädchens. Nach etwa einer halben Stunde legte sie das erste Mal ihre Feder bei Seite, seufzte und stand auf. Bis jetzt hatte Viviane noch keinerlei Erfolg gehabt.

"Ihre Aussprache, Miss Granger! Achten sie darauf, dass sie nach langem Übungen nicht anfangen zu nuscheln. Das verfälscht den Effeckt. Es wäre schade, wenn sie die Bewegung endlich einmal fehlerfrei schaffen, aber auf Grund ihres mangelhaften Spruches versagen!"

Ermahnte die Professorin die Slytherin.

"So, nun passen sie genau auf. Ich werde ihre Hand stützen, sie sagen den Spruch!"

Wie gesagt, stellte sich Mcgonagall schräg hinter sie und umfasste mit der einen Hand das Gelenk des Mädchens. Der Mittelfinger übte direkt auf der Handwurzel Druck aus, während ihr knochiger Daumen am unteren Rand Vivis Handteller lag. Die andere Hand lag stützend unter der Verbindung von Zauberstab und Kinderfingern.

"Versuchens Sie es ruhig! Ich werde Ihnen bestimmt nicht die ganze Arbeit abnehmen!"

Meinte die Verwandlungslehrerin scharf. Viviane sah zweifelnd zu ihr hoch und dann zurück auf ihre Aufgabe. Dann seufzte sie noch einmal tief, schüttelte leicht den Kopf und vollführte den Zauber. Der ungewohnte Druck um ihre Hand allerdings und die leichte Führung der Professorin ließen sie die Konzetration verlieren. Die Bewegung entlitt ihr und sie wurde rot vor Scham.

"Nocheinmal, Miss Granger!"

Und nocheinmal..... doch dieses Mal gelang es ihr. Natürlich wusste sie, dass es nicht ihr Verdienst war, doch nichtsdestotrotz. Vor ihr lag nicht nur ein spitzer oder silbernen Streichholz, sondern eine perfekte kleine Nadel. Nicht die stümperhaften Mischungen ihrer Mitschüler. Trotzdem keiner so weit zurück gewesen war, wie Viviane, hatten es nur wenige geschafft ihr Schwefelholz völlig zu verwandeln.

Das Mädchen wagte es nicht sich über den Erfolg zu freuen. Letztendlich hatte sie ihn ja gar nicht sich selbst zu verdanken. Mc Gonagall seufzte.

"Sehen Sie ihren Fehler, Miss Granger?"

Blaue Kinderaugen sahen zu der älteren Lehrerin hoch. Und eindeutig daraus zu lesen war: Nein sie tat es nicht.

"Schmerzen ihnen die Hände?"

Viviane nickte.

"Zeigen sie mir genau wo!"

Einen Augenblick zögerte die Schülerin, doch nach einer auffordernen Geste seitens der Professorin, folgte sie deren Anweisung. Sie deutete exakt auf die Stellen, wo Mcgoagall sie vorher gestützt hatte. Die Lehrerin nickte anerkennend.

"Ja genau! Sie verkrampfen dort und nehmen unbewusst eine leichte Schonhaltung ein, um die Musekln zu entspannen und dadurch wird ihre Bewegung ungenau. Außerdem fehlt ihn dadruch der Schwung und für die meisten Zauber ist die Beweglichkeit des Stabes ausschlaggebend. Ich werde mit Ihrer Mutter reden, dass Sie Ihnen einen neuen Stab besorgt."

Viviane sah empört zu der strengen Frau hoch und zog automatisch ihren Zauberstab näher an ihren Körper.

"Nein!"

Rief sie aufgerbacht.

"Ich werd ihn behalten. Ist mir egal, was Sie dazu sagen. Und einen Teufel werden Sie tun meine Mutter zu überreden mir einen anderen zu holen! Das geht Sie einen feuchten Kehricht an!"

"Das reicht!"

Dröhnte Professor McGonagalls Stimme durch das leere Klassenzimmer.

"Ich habe mich ehrlich um Sie bemüht, Miss Granger! Aber Sie lassen mir kaum eine andere Wahl. Sie werden heute nach ihrem Abendbrot zu Mr. Filch gehen und sich von ihm alle Utensilien und Anweisungen für ihre Strafarbeit geben lassen. Außerdem 5 Punkte Abzug von Slytherin für Ihre Unverschämtheiten. Und jetzt gehen Sie mir aus den Augen!"

Das war unfair. Das war so unfair! Schrie es in Vivianes Kopf. McGonagall seufzte tief und strich sich einige Strähnen ihres grauen Haares, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, zurück. Dann wand sie sich von Viviane ab und ging zurück zu ihrem Pult.

"Aber ich hab doch nur die Wahrheit gesagt!"

Ohne das die Lehrerin einmal aufblickte, ertönte McGonagalls strenge Stimme im Raum.

"Machen Sie Ihre Situation mit Ihren Quengeleien nicht schlimmer, als sie bereits ist!"

Vivianes Hände ballten sich energisch zu Fäusten, während sie aussprach, was genau sie davon hielt:

"Das ist einfach nicht fair! Das ist gemein und fies! Und..."

Und bevor die Professorin ihr noch weitere Strafarbeiten aufgeben konnte, rannte das Mädchen bereits schluchzend aus dem Klassenzimmer hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.

Viviane wusste genau wohin sie wollte. Einfach nur raus aus diesem blöden, alten Schloss und so weit weg wie nur irgend möglich. Ihr Magen knurrte und als sie die rechte Seite der großen Flügeltüren aufriss, um hinaus auf das Gelände zu gelangen umfing sie ein kalter Wind. Das Mädchen fröstelte.

Ohne zu überlegen stürmte sie weiter Richtung Wald. Das dunkle Gehölz schien Viviane am meisten einladend von allen Dingen, die sich vor ihr erstreckten. Auch war es offensichtlich der beste Ort, um für eine Weile für sich zu sein. Nebel hing noch über den Baumwipfeln und grau- schwarze Vögel lösten sich aus dem weißen Dunst und ihre entfernten Rufe drangen an die Ohren des Mädchens.

"Schön!"

Schniefte sie, als sie ihnen zusah und unbeirrt weiter auf den verbotenen Wald zusteuerte. Anfangs war ihr Gesicht noch ganz heiß von ihren eignen Tränen und der ganzen Wut gewesen und der Funkenregen, der aus ihren Haaren fiel, hatte den Schnee unter ihr Füßen schmelzen lassen

Doch nun war der ganze Ärger wieder abgeebbt. Und sie merkte, wie kühl es bereits war, ohne Mantel und nur in Bluse und Rock an diesem Septembertag draußen zu stehen. Sie erinnerte sich nicht daran, an einem Ort gewesen zu sein, an dem es zu dieser Jahreszeit schon so kalt war.

Fröstelnd schlang sie die Arme um sich, in der einen Hand noch immer ihren Zauberstab. Sie erinnerte sich schwach daran, dass der Schuldirektor am Abend ihrer Ankunft etwas über den Wald gesagt hatte. Was war es noch einmal gewesen?

"Wahrscheinlich, dass er gefährlich ist und dass wir nicht rein gehen sollen!"

Antwortete sie sich selbst achselzuckend und den eigenen Ratschlag verwerfend, während sie über die ersten Wurzeln der hohen Bäume stieg. Sie wollte nicht lange hier bleiben. Nur lange genug, dass sie irgendjemand vermisste. Lange genug, dass sie sich Sorgen machten und dass die olle McGonagall bereute, dass sie so gemein zu Viviane gewesen war. Immer weiter voranstapfend, die Augen fest auf den Grund gerichtet und ein Liedchen vor sich her summend, ging sie stetig tiefer in den Wald.

Wie merkwürdig dunkel es hier war. Die Bäume standen dichter zusammen und sie hörte es hier und dort Rascheln. Angst hatte sie keine. Eichhörnchen huschten über ihren Kopf hinweg und sie hörte sie laut schimpfen, bevor sie wieder in den Wipfeln verschwanden.

Eine kleine Ewigkeit schien es ihr, wandere sie bereits ziellos umher. Nicht wirklich darauf achtend wohin sie ihre Füße trugen. Es musste früher Nachmittag sein, schloss sie, obwohl es hier im Wald so dunkel war, als wäre es Abend. Sie hörte einen Schwarm Vögel vom Baum über ihr aufsteigen. Neugierig blickte sie hoch, doch die Äste waren zwar blattlos, aber mit den umherstehenden Bäumen zu so einem dichten Gestrüpp verwebt, dass sie kaum etwas, außer flüchtige Bewegungen erkennen konnte.

Sie ging weiter und immer tiefer hinein in den fremden, kalten Wald. Weiße Nebel stiegen vor ihrem Gesicht auf. Es war so bitter kalt hier. Ihre Beine überzog eine andauernde Schicht Gänsehaut. Aber, dachte sich das Mädchen. Je schlimmer sie aussah, wen sie zurückkam, desto groöer Würde das Mitleid sein, dass man ihr entgegenbrachte.

In der Ferne hörte sie Geräusche. Ein andauerndes, aber unstetiges Murmeln. Vielleicht ein kleiner Bach, der vor sich hin plätscherte. Oder merkwürdige Vogellaute oder was sonst in diesem Wald noch hausen mochte. Sie beachtete es nicht weiter und bemerkte nicht, wie sie sich immer weiter der Quelle der merkwürdig hallenden Geräusche näherte.

Je näher sie kam, desto deutlicher wurden es: Worte. Denn es war nichts weiter, als der Fluss einer Unterhaltung, den sie da hörte. Als Viviane sich endlich dessen gewahr wurde, konnte sie bereits die Umrisse zweier schwarzer Umhänge erkennen, die zwischen den Bäumen sichtbar wurden.

Zauberer! Erkannte sie an den dunkeln Männerstimmen. Und sie würden bestimmt nicht froh sein ein Mädchen hier allein im Wald zu finden! Am Ende würde ihre Mutter ihr noch doppelt so viele Strafarbeiten geben wie McGonagall.

Plötzlich blieben die beiden stehen. Keine fünf Meter von ihr entfernt. Wie zu Stein geworden blieb sie am Fleck und hielt den Atem an.

"Schülern ist das Betreten des Waldes strengstens untersagt! Was fällt Ihnen ein hier herumzulungern? Hey! Stehen geblieben!"

Rief eine nur allzu bekannte Viviane hinterer, die sich nach den ersten Worten zur abrupten Flucht entschieden hatte. Sie hielt ihre Tasche sicher vor sich. Stumm verfluchte sie das schwere Teil und hastete weiter durch das Unterholz. Herabgefallene Äste ratschten ihre Knie auf. Hinter sich hörte sie ihren Hauslehrer fluchen.

"Petrificus Totalis!"

Neben ihr traf der Zauber einen unschuldigen Baum. Trotzdem er sich nicht in eine Ratte verwandelte, wuchsen Vivis Ängste, was passierte, wenn der nächste Fluch sein Ziel nicht verfehlte, ins Unermessliche und das Mädchen rannte schneller.

Zu schnell um die Wurzel vorher zu erkenne, in der sich ihr Fuß verhakte und sie mit der Nase voran nach vorne fiel. Mit einem lauten, erstickten Geräusch, gedämpft nur durch das braune Laub kam sie schmerzhaft auf. Ihre Hände, statt zu versuchen das Mädchen vor dem Aufprall zu schützen, krallten sich an den Riemen ihrer Tasche und den Griff ihres Zauberstabes fest. Was hatten die Götter nur gegen sie, überlegte Viviane. Ihr tat der Kopf weh und jetzt wo sie darüber nachdachte eigentlich auch alles andere, an ihrem Körper.

Was ihre widerspenstigen Extremitäten eben verpasst hatten, schienen sie nun gut machen zu wollen und das Mädchen rappelte sich auf. Hinter ihr hörte Viviane die Schritte ihres Lehrers und seiner Begleitperson.

Eine Weile überlegt die Slytherin, ob sie aufstehen sollte und einen weiteren Fluchtversuch startete. Aber nach der Entfernung der lehrerlichen Bedrohung zu urteilen, würde sie dazu keine Zeit mehr haben. Also entschied sie sich schließlich, mit dem Gesicht nach unten liegen zubleiben. Vielleicht würden sie denken, sie habe sich ernsthaft verletzt und über den Schock vergessen sie zu bestrafen?

"Miss Granger, ich habe genau gesehen, dass Sie nicht weiter verletzt sind!"

Seufzte Professor Snape in missbilligenden Tonfall. Sie konnte seine schwarzen Stiefel, die über und über mit feuchter Erde und Blättern bedeckt waren aus den Augenwinkeln erkennen.

"Würden sie jetzt bitte aufstehen und sich erklären?"

"Sei nicht zu hart, Severus! Ich denke jeder Schüler, der so dumm ist auf eigene Faust in den verbotenen Wald zu gehen, ist allein schon durch die Tatsache seines mangelnden Verstandes bestraft genug!"

"Wahre Worte, Draco!"

Oh nein! Dachte Viviane. Nicht auch noch Professor Malfoy. Warum war sie nur auf diese blöde Idee gekommen überhaupt erst hierher zu kommen. Mühsam rappelte sie sich auf ihre Ellenbogen und staunte nicht schlecht, als sie direkt vor sich auf ein Schlüsselloch im Baum sah. Schlüsselloch? Eine gewaltige Esche ragte vor ihr auf und mitten auf Augenhöhe mit dem Mädchen befand sich... ein perfektes kleines Schlüsselloch.

"Wollen Sie da unten etwa wurzeln schlagen, Miss Granger?"

Völlig verwirrt raffte sich das junge Mädchen auf und wandte sich köpfschüttelnd den Professoren zu. Dies war schließlich ein magischer Wald. Warum nicht auch Bäume mit Schlüssellöchern, wenn schon im ganzen Schloss sprechende Gemälde herumliefen?

"Und? Ihre Entschuldigung?"

Viviane sah ihre beiden Lehrer abwechselnd an. Ja, was sollte sie ihm darauf antworten? Eines war sicher: Nicht die Wahrheit sagen!

Endlich hatte sie ein wenig Zeit sich die beiden Herren genauer anzusehen. Schließlich musste ja auch sie einen Grund gehabt haben in den Wald gegangen zu sein. Allerdings war ihrer weitaus offensichtlicher und weniger verboten. Professor Malfoy hielt in jeder Hand einen verdeckten Käfig, aus denen beiden merkwürdige gurgelnde Geräusche hervordrangen und Professor Snape trug eine Tasche mit sich, aus denen einige Kräuter und die blauen Beine eines toten Vogels ragten.

Sie sah an sich selbst hinunter. Ihre Beine waren voller Blut, die Strumpfhose verdreckt und zerrissen. Auch der Rock hatte Löcher. Ihre Bluse hatte eine herbstlich braune Farbe angenommen und sie konnte sich eine ungefähre Vorstellung machen, wie der Rest von ihr aussah.

"Ähm.. ich wusste gar nicht, dass der Wald ver - verboten ist und wollte hier nur herumspazieren!"

Snape hob eine Augenbraue und sah definitiv nicht so aus, als könnte sie ihn überzeugen. Sie hörte Malfoy leise lachen.

"Haben Sie also bei Dumbledores Rede vor "drei Tagen" auf ihren Ohren geschlafen oder nur ein wirklich miserables Gedächtnis?"

Viviane senkte den Blick. Sie wahr sich ehrlich ihrer Schuld bewusst. Denn dass sie hier war hieß: noch mehr Strafarbeiten, noch mehr Punktabzug! Das war ein Grund sich miserabel zu fühlen.

"Waren sie hier, um den Unterricht zu schwänzen?"

Das Mädchen sah ernst wieder hoch.

"Nein! Und das können Sie auch überprüfen, Sir!"

Snape nickte, noch immer mit hocherhobener Augenbraue.

"Nun gut Miss Granger! 20 Puntkte Abzug für Gry... Slytherin. Und sie erscheinen zu ihrer ersten Strafarbeit heute nach dem Abendessen!"

Viviane zog die Nase hoch und wischte sie sich darauf mit ihrem rechten Ärmel ab.

"Geht nicht!"

Snape, der gerade dabei gewesen war weiter zurück zum Schloss zu gehen, blieb in der Bewegung verharren und starrte mit einem Glühen in den Augen, ob ihres Widerspruches auf das kleine Mädchen hinab.

"Da hab ich schon Strafarbeiten bei Professor McGonagall!"

Gab sie kleinlaut zu.

*

Wollte dieser Tag denn gar nicht zu Ende gehen?

Nach einem kurzen Besuch bei Madame Pomfrey, die nicht wenig überrascht aussah Viviane so früh schon wieder zu sehen und einem Aufenthalt in ihrem Zimmer, um die Kleidung zu wechseln und sich zu waschen, fand sich Viviane gerade rechtzeitig zu ihrer ersten Flugstunde auf den Wiesen vor dem Schloss wieder. Und es gab gleich zwei Dinge, die das hier sein noch schlimmer machten, als es so wieso schon war!

Einmal hatte sich das Gerücht, dass Viviane für die 25 Punkte Punktverlust verantwortlich war, wie ein Lauffeuer unter den anderen Slytherin verbreitet und sogar Nathan sah sie dafür böse an. Und dann hatten sie auch noch den Unterricht zusammen mit den Ravenclaw und Demian Torfnase (wie sie ihn still bei sich nannte) sah nicht so aus, als würde "er" eine fürchterliche Höhenangst haben.

Madame Hooch, eine weißhaarige, kräftige Frau mit merkwürdigen gelben Vogelaugen, verteilte gerade die Besen an diejenigen Schüler, die keine eigenen mitgebracht hatten. Viviane reicht sie einen etwas zu großen, dessen Reisigzweige hier und da schief abstanden, aber ansonsten recht passabel aussah. Alle anderen Slytherin, außer Yoshi hatten ihre eigenen Besen von zu Hause hier und das galt auch etwa für die Hälfte der Ravenclaw.

"Stellt euch bitte alle in drei Reihen auf, so dass ihr zwei Armlänge nach allen Seiten Abstand zu eurem Nächsten habt!"

Aufgeregt tuschelnd und umher wuselnd taten die Schüler, wie ihnen geheißen. Das heißt: nicht alle Schüler. Viviane würde ganz bestimmt nicht mitfliegen! Mutig, tippte sie Madame Hooch gegen die Schulter, während diese Anweisungen verteilte. Groß ragte die Gestalt der Professorin vor dem Mädchen auf, als sie sich die Hände in die Hüften stemmte und fragte:

"Gibt es irgendein Problem?"

"Ich will nicht fliegen!"

Antwortete Miss Granger wahrheitsgemäß und nicht ganz ohne eine gewisse Verzweifelung.

"Papperlapapp. Bis jetzt habe ich noch alle meine Schüler in die Luft bekommen. Also Marsch, marsch in die Reihe!"

Viviane blieb wie angewurzelt stehen und sah böse zu ihrer Lehrerein hoch. War die Alte denn taub?

"Ich will aber nicht fliegen!"

Madame Hooch hob eine Augenbraue und seufzte.

"Versuchen sie es doch erst einmal!"

Und mit diesen Worten schob sie dass mittlerweile bleich gewordene Mädchen zu ihren Mitschülern, die alle neugierig der Unterhaltung gelauscht hatten.

"Hast du Angst vorm Fliegen?"

Viviane blickte auf und sah in das ernste Gesicht von Annabelle. Das war der erste richtige Satz, den das Mädchen an sie gerichtet hatte. Unter normalen Umständen wäre das Miss Granger auch aufgefallen. Aber ihre Gedankenwelt befand sich in einem absoluten Ausnahmezustand. Roter Alarm flutete ihr Bewusstsein. Mit großen Augen starrte sie ihre Mitschülerin an, jedoch ohne zu antworten.

"Legen sie alle bitte ihre Besen eine Hand breit neben ihren linken Fuß!"

Lauter Besen wanderten von schweißigen Kinderhänden auf den feuchten Rasen.

"Strecken sie ihre rechet Hand aus!"

Die ältere Fluglehrerin tat es ihnen vor. Alle Schüler folgten ihrem Beispiel.

"Konzentrieren sie sich auf ihren Besen und dann rufen sie: HOCH!"

Ohne zögern sprang Madame Hoochs eigener Besen in ihre ausgestreckte Hand.

"Los! Sie sind an der Reihe!"

Überall auf der Wiese hörte man die HOCH Rufe der Schüler, auch wenn nicht alle Besen bereitwillig dem Befehl gehorchte. Viviane sah, wie Melissa grinsend in einem Moment, als die Madame nicht auf sie achtete den Besen einfach vom Boden aufhob. Annabelle hätte so einen Trick auch gut gebrauchen können, denn ihr Flugvehikel bewegte sich keinen Zentimenter, egal wie oft sie mit dünner Stimme ihr " Hoch!" erklingen ließ. Zu Vivis unendlichen Entsetzen lag ihr eigener Besen nach wenigen Versuchen bereits in ihrer Hand. Der Rest ihrer Slytherin Mitschüler musste sich ebenso wenig abmühen. Bei den Ravenclaw hingegen gab es einige, die noch Übung bitter nötig hatten. So dauerte es eine Weile, bis ihre Lehrerin allen mit Probleme geholfen hatte.

"Jetzt kommt erst der schwierige Teil! Bitte besteigt eure Besen!"

Sie zeigte ihnen sehr genau, was sie bei dieser Übung zu beachten hatten und nachdem alle eine einigermaßen zufriedenstellende Stellung eingenommen hatten, erklärte Madame Hooch weiter!"

"Wir werden jetzt alle zusammen etwa zehn Meter hoch fliegen. Alle bleiben bitte so gut es eben geht in der Reihe! Und passen sie auf sich und ihre Mitschüler auf! Ich möchte es vermeiden einen oder gar mehrere von ihnen in den Krankenflügel zu bringen! Auf mein Kommando lehnen sie sich etwas vor und stoßen sich einmal kräftig vom Boden ab!"

Einmal sah sie durch die Reihen, bevor sie laut:

"Und los!"

Rief.

Ein ganzer Schwall von Schülern erhob sich in die Lüfte. Weitere schafften es beim zweiten Mal. Und nach mehreren Versuchen schwebten alle mehr oder weniger elegant zehn Meter über die Boden. Alle außer eine. Viviane stand zornig aufblickend und mit zitternden Knien noch am Boden und bei Merlins Stinkefüßen sie würde ganz sicher nicht Mal einen Zentimeter von der Erde weg fliegen.

"Miss Granger!"

Rief Madame Hooch von oben.

"Ich habe genau gesehen, dass sie es keine einziges Mal versucht haben! Wie wollen sie diesen Kurs denn erfolgreich absolvieren, wenn sie es nicht einmal probieren! Niemand wird sie auslachen, wenn sie es nicht gleich auf Anhieb schaffen!"

Dessen war sich Viviane gar nicht so sicher, aber das war nebensächlich.

"Ich will nicht fliegen!"

Und damit schmiss sie den Besen auf den Boden, der mit einem gedämpften "Tock" im Gras landete, kehrte der fliegenden Gruppe den Rücken zu und wollte sich auf den Weg zurück zum Schloss machen. Über sich hörte sie das aufgeregte Getuschel der anderen Schüler.

"Miss Granger! Jetzt reicht es! Kommen sie zurück oder ich sehe mich genötigt ihrem Haus Punkte abzuziehen!"

Viviane ließ den Kopf hängen und seufzte, aber sie blieb stehen. Irgendwo entfernt hörte sie Melissas Stimme.

"Überlassen Sie das uns, Madame!"

Sie erwartete, dass ihr Mitschüler in wenigen Momenten neben ihr landeten und sie anmaulten, was ihr denn einfiele noch mehr Unsinn zu machen und die Slytherin noch schlechter da stehen zu lassen. Seufzend drehte sie sich um. Und sah drei Besen samt Anhang auf sie zurasen, die keine Anstalten machten langsamer zu werden oder gar zu landen.

Ein erstickter Schrei drang aus ihrer Kehle, als sie merkte, wie Nathan (er musste es sein, sie hatte ihn an den schwarzen Haaren erkannt) sie um die Taille packte und ihren Hintern über seinen Besen hievte. Währenddessen spürte sie, wie Melissa ihr die Schultasche von der Schulter zog und ein dritter (es hätte Karl sein können) nebenher flog.

Dann war es so weit. Sie stiegen hoch. Miss Granger glaubte nicht, dass ihre Freunde so grausam sein konnten. Voller Panik krallet sie sich an Nathan fest, der irgendetwas zu ihr sagte. Sie verstand in ihrer Angst kein Wort. Alles was sie denken konnte, war dass der Boden viel zu weit für ihren Geschmack weg war. Sie schrie. Schrie so laut und schrill, fast wie ein Vogel, nur lauter. Sie wusste, dass alle später über sie lachen würden, aber das war ihr egal. In ihrem Kopf zogen schreckliche Bilder vorbei: Wie sie fiel. Immer tiefer. Fiel! Und sie schrie und weinte weiter.

Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie bereits wieder gelandet waren. Doch als sie sich dem Gras, auf dem sie lag bewusst wurde, verstummte sie abrupt. Ihr Herz raste noch immer und ihr Kopf war völlig wirr, als hätte sie gerade einen ganz schrecklichen Alptraum gehabt.

*

Viviane zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub, als sie aufwachte. Wann war sie überhaupt eingeschlafen. Das Mädchen fand sich im Krankenflügel wieder. Über ihr das besorgte Gesicht von Madame Pomfrey.

"Sie ziehen das Unglück an, wie ein Magnet, Miss Granger. Ich hoffe wirklich, dass sie die Frequenz ihrer Krankenzimmerbesuche demnächst herunterschrauben werden.

"Warum bin ich hier?"

Fragte Viviane verwirrt, denn das letzte woran sie sich erinnerte war der Rasen auf dem sie erschöpft gelegen hatte.

"Oh sie hatten einen heftigen Fieberschub und sind ohnmächtig geworden. Das war wohl die Anstrengung und die Aufregung. Sie hätten Madame Hooch doch sagen können, dass sie Höhenangst haben!"

Viviane knabberte auf ihrer Unterlippe herum.

"Das habe ich doch!"

Die Krankenschwester lächelte darauf und Viviane wusste, dass sie ihr nicht glaubte.

"Hauptsache es geht ihnen wieder etwas besser. Bleiben sie noch ein paar Minuten länger liegen und gehen dann zum Abendbrot, ja?"

Viviane nickte und rappelte sich etwas auf. Hatte sie eben nicht ein Krächzen gehört? Neugierig sah sie danach um. An der Tür standen ihre Mitschüler. Ausnahmslos alle Slytherin und drei von ihnen sahen sehr schuldbewusst aus. Das Mädchen winkte sie heran und acht kleine Slytherin kamen näher an ihr Bett.

"Tut mir wirklich Leid, Vivi! Ich wusste nicht, dass..."

Begann Nathan und konnte sie dabei gar nicht anschauen.

"Dass du so ne schreckliche Angst davor hast. Wir dachten, dass du... keine Lust hättest, oder so!"

Beendete Melissa seinen Satz.

"Auch mir tut unser Verhalten äußerst Leid, liebe Viviane!"

Erklärte Karl und sah sie dabei ernst an. Eigentlich hatte sie keine Lust den dreien zu verzeihen. Schließlich war das echt gemein von ihnen gewesen. Aber nach einen Augenblick, war sie sich plötzlich sehr sicher, dass es den drei Kindern ehrlich Leid tat und sie nickte.

"Schon ok! Macht nur so einen Mist nie wieder!"

Die schrecklichen Täter nickten.

"Mein Cousin dritten Grades hatte auch Flugangst!"

Erklärte John mit geheimnisvollem Unterton in der Stimme.

"Drei Jahre lang träumte er jede Nacht, dass er vom Besen stürzen würde. Jedes Mal wachte er schweißgebadet eine Sekunde vor dem endgültigen Aufprall auf. Bevor sein Kopf gegen die dumpfe Erde prallen würde und sich seine Hirnmasse überall hin verteilte!"

Viviane wurde grün bei der Vorstellung.

"Und? Ist er dann wirklich vom Besen gefallen?"

Fragte Melissa gelassen

John grinste.

"Oh nein! Er ist von einer Muggel- U- bahn überfahren worden. Man hat seine Einzellteile über den gesamten Bahnhof verstreut zusammensuchen müssen! Aber seinen Kopf hat man erst Jahre später in einer Schlucht in der Nähe seines Hauses gefunden!"

Alle verzogen das Gesicht und Viviane hörte erneut das komische "Krah" Geräusch. Es kam aus der Richtung in der die Schüler standen und mit einem Mal trat Boah vor an ihr Bett und rief zurück.

"Kar! Komm her!"

Und durch die offene Tür des Krankenflügels flog ein großer Pechschwarzer Rabe direkt auf Boahs Schulter. Die Slytherin betrachteten respektvoll das edlen Tier. Viviane staunte nicht schlecht.

"Du wolltest doch wissen, wer Kar ist!"

Der große Vogel legte den Kopf schief und wanderte den Arm des dunklen Jungen hinab auf die weiße Bettdecke und hüpfte vorsichtig auf Vivis Schoß. Ein unheimlicher Schauder lief dem Mädchen den Rücken herunter, während sie der Rabe stur anstarrte und sie musste den eigenen Blick schnell abwenden.

"Ein schönes Tier! Und du kannst wirklich mit ihm reden?"

Boah zeigte seine weißen Zähne, als er lächelte.

"Ja, auf gewisse Weise!"

"Kann ich auch mit ihm sprechen?"

Fragte die Patientin neugierig. Doch Boah schüttelte den Kopf.

"Nein! Das Mädchen, das lebt hat andere Gaben!"

Viviane ahnte, dass es keinen Sinn haben würde ihn zu fragen, was er damit meinte.

"Was ist den hier los!"

Meldete sich Madame Pomfreys laute Stimme. Und als sie den Raben erblickte.

"Was macht so ein dreckiges Federvieh in "meinem" Krankenzimmer? Raus damit und mit euch auch! Los raus hier! Ihr ungezogenen Gören!"

Energisch verscheuchte sie die Kinder und auch für Vivi war es an der Zeit zu gehen.