„Ach die Helden sind gefallen, / die Waffen des Kampfes verloren. Erhalte mein Leben und rette mich, / lass mich nicht scheitern! / Denn ich nehme zu dir meine Zuflucht." (2Sam. 1,27; Ps. 25,20)

5. Und am Ende stirbt die Hoffnung

Snape Manor, etwas später

Der dunkle Lord war zu Besuch. Natürlich standesgemäß in einer Kutsche mit Thestrals davor. Thestrals, das waren Knochenpferde, die eigentlich unsichtbar waren. Früher. Doch sie wurden sichtbar wenn man jemanden sterben gesehen hatte. Und das hatten alle. Kleiner Kinder ihre Eltern, ihre Geschwister. Erwachsene ihre Familien, ihre Freunde und Feinde. Und sie selbst sind dabei oftmals auch gestorben. Wenn nicht physisch, dann innerlich.

Sofort eilten einige Diener herbei um das Gepäck des dunklen Lords in die fertig gemachten Räume zu transportieren. Neidisch beobachtete die Sklavin die Szene hinter Fredas Rücken. Ach, wenn sie es doch nur auch so gut hätte. Die Leute da draußen wurden, wenn auch wenig, bezahlt und das wichtigste war, sie wussten wer sie waren. Und sie? Sie hatte keine Erinnerungen aus den Träumen die manchmal kamen und vielleicht wirklich nur das waren. Träume. Sonst hatte sie nichts. Nur den Namen den ihr der Meister gegeben hatte. Elaine. Ob das wohl ihr echter Name war? Und wenn nicht wie war er dann? Sie seufzte. Das hatte doch alles keinen Zweck. Egal wie lange sie diese Fragen immer und immer wieder wälzen würde, es würde wohl nie etwas dabei heraus kommen.

Wieder konzentrierte sie sich auf die Bilder von draußen. Und dann stieg er aus, der Beherrscher der Zauberwelt, umgeben von einer Aura des puren Bösen und mit feuerroten Augen. Schaudernd wollte die Beobachterin sich gerade abwenden als noch jemand hinter ihm aus der Kutsche stieg. Eine blasse junge Frau, sehr teuer gekleidet. Am Fenster kam die Ahnung auf, dass dies die Königin war. Damals im Stadium hatte man sie nicht sehen können, da die Königin nicht anwesend war. Gerüchte gingen herum, dass sie nur höchst selten an öffentlichen Ereignissen teilnahm, aber keiner wusste warum. Das Erste was ihr auffiel war, dass der Besuchsgrund ziemlich wichtig sein musste, wenn die Gefährtin Voldemorts selbst kam. Das zweite war das Aussehen der Königin. Nicht ihre ungesunde Blässe, nicht ihre traurigen Augen und ihr müder Gang. Ihre feuerroten Haare. Und die Augen des Zauberers, den die junge Sklavin hatte sterben sehen.

Sie musste hörbar schlucken. Dadurch wurde Freda leider aufmerksam auf sie. „DU FAULES STÜCK! Mach endlich deine Arbeit weiter! Das werde ich dem Meister erzählen! Du bist zu überhaupt nichts gut. Ich bedauere den Tag deiner Ankunft! Na warte nur, du bekommst deine Strafe! Stehst hier in der Gegend rum und gaffst Löcher in die Luft als müsstest du nicht arbeiten! Hör zu junge Dame, du bist nichts weiter als die dreckigere, faulere Version eines Hauselfs. Nein, du bist weniger! Setz dich endlich in Bewegung, oder ich mache dir Beine!" Klatsch. Freda hatte ihr eine so kräftige Ohrfeige gegeben, dass ihrer Sklavin Tränen in die Augen traten. „Das wird dich eines besseren lehren!" Die Geschlagene tat ihr bestes um die Tränen zu unterdrücken. Sie wollte Freda keine Genugtuung geben. Freda, die beim Schlag ein süffisantes Grinsen aufgesetzt hatte, machte ein etwas verbissenes Gesicht, als sie die Anstrengung der jungen Frau bemerkte. „Mach nur so weiter" presste sie nur zwischen den Zähnen hervor, während sie sich enttäuscht umdrehte.

Virginia folgte dem Gepäck, während er dem Verwalter befahl den Hausherrn herbei zu rufen. Sie starrte das Haus an, obwohl Haus fast zu wenig schien als Bezeichnung. Snape Manor. Es erhob sich drohend über ihr. Es wirkte grau, trist, verlassen und überhaupt – einsam. Wie die jetzigen Zeiten. Sie schauderte. Sie wusste, dass dieses Haus früher einmal zu den schönsten der ganzen Umgebung gehört hatte. Damals war es noch von Kinderlachen erfüllt gewesen, von Leben und Liebe. Doch diese Zeiten waren schon vor der Geburt des jetzigen Besitzers vorbei gewesen. Jetzt war das einzige was dieses Haus füllte Ödniss. Endlose Leere. Nicht vom räumlichen her, nein, die Zimmer waren alle teuer eingerichtet wie sie beim durchqueren der Eingangshalle feststellte. Aber alles wirkte kalt, steril. Und sie fühlte, wie das ganze auch auf sie zutraf. Ein kurzer Gedanke an früher kam ihr. Damals als sie noch Ginny genannt wurde. Als das Lachen in ihrem Leben noch existierte. Als ihr Leben noch existierte. Und jetzt? Jetzt war sie in teure Gewänder gehüllt und wurde Virginia genannt. Und in ihr war nur noch Platz für kalte, endlose Leere. Ödniss. Als die Leute um sie herum starben, starb auch sie. Sie war nur noch eine Hülle. Nur manchmal flackerte für einen Augenblick ihr altes selbst wieder auf. Vor einem Viertel Jahr war sie eines Nachts schweißgebadet aufgewacht, weil sie für einen Moment geglaubt hatte Schreie zu hören. Sie konnte die Stimme nicht zuordnen, aber für einen Moment hatte sie gehofft…Aber wozu hoffen? Es war doch sowieso vollkommen unmöglich. Und damit schwor sie sich das sinnlose Hoffen zu beenden. Sie brauchte ein Wunder. Aber Wunder funktionieren nur in albernen romantischen Büchern. Dies war die Realität. Sie wollte sich damals umdrehen und schlafen, doch es war ihr unmöglich. Die innere Trauer drohte sie zu ersticken, doch sie konnte nicht weinen. Sie hatte in all den Jahren nie geweint. Nicht nach dem Krieg, nicht bei oder nach der Hochzeit. Ihre Tränen hatten keine Bedeutung, denn was machen einige Tropfen Wasser schon in einem Strom aus Blut…

Nein, sie hatte die ganze Nacht lang wach gelegen. Einsam und verlassen lag Ginny damals in einem großen Bett, denn sie und ihr Angetrauter hatten von Anfang an getrennte Zimmer. Und am Morgen danach stand Virginia auf, die seitdem jeden Tag die Geschehnisse in der Natur beobachtete, wie sie trotz aller Ereignisse wie zum Hohn immer wieder zum Leben erwachte, um am Ende doch nur zu sterben. Warum liefen Leben und Schicksal so ab? Warum sich all das antun, wenn man am Ende doch einfach wieder zu Staub zerfällt, egal ob arm oder reich, egal welcher Abstammung oder überhaupt egal ob Pflanze, Tier oder Mensch?

Die dunkle Lady folgte dem Diener in ihre opulente Suite, der sie jedoch keinen Blick zu warf. Zielstrebig steuerte sie auf einen Platz am Fenster zum Garten hin und ließ sich anmutig aber distanziert nieder. Leider wurde sie schon wenige Minuten später vom dunklen Lord persönlich aus ihren Überlegungen gerissen. Langsam drehte sie ihren Hals und starrte direkt in ein Paar rotglühende Augen.

„Ich bin sehr zufrieden mit dir, du hast dich keinem meiner Befehle widersetzt und hast sogar das Kleid an das ich wollte. Vorzüglich. Du musst jetzt eine Weile allein zurechtkommen, ich habe wichtige Geschäftsbesprechungen." Er sprach gönnerhaft, doch etwas schien immer in seiner Stimme zu lauern. Ein etwas, das nur darauf wartete zum Vorschein zu kommen und ungefähr zweihundert Flüche sofort griffbereit hatte. Er musterte sie und er konnte ihr eine gewisse Blässe ansehen.

„Virginia, dir scheint die Reise nicht bekommen zu sein. Am besten lässt du dich von einer Dienerin frisch machen. Du möchtest doch deiner Stellung gerecht werden oder?" Unter seiner Stimme schwang ein bedrohlicher Ton mit. Sie hatte ihn schon so oft gehört, dass sie begann ihn zu ignorieren. Aber natürlich widersprach sie ihm nicht. Es hätte sowieso keinen Sinn gemacht. Widerspruch war sinnlos. Genau wie die Tatsache, dass sie als einzige überlebt hatte, während jene, die kluger, mutiger, begabter und überhaupt nützlicher gewesen wären sterben mussten.

Sie schaute wieder aus dem Fenster. Vielleicht würde das Zurechtmachen von den trüben Gedanken die sie plagten ablenken.

Severus Snape entstieg hoheitsvoll dem großen Reisekamin in der Eingangshalle. Er ließ sich mit keinem Wimpernzucken anmerken wie verärgert er war. Gerade war er dabei gewesen einem uralten Zaubertrank nachzuspüren, als er aufgrund einer dringenden Eule seine Untersuchungen hatte abbrechen müssen. Wie gesagt, man konnte ihm den Unmut kaum ansehen. Doch der Hauself, der seinen Meister erwartete, hatte schon mehrmals gesehen, dass wenn sein Herr seine Lippen so zusammenkniff Ärger drohte. Und mit dieser Vermutung traf der kleine Elf voll ins Schwarze.

Wieso stört ihr mich?" Man könnte förmlich hören, wie er in fettgedruckten Buchstaben sprach. Der Elf zitterte. „Weil Herr…ich meinen…"

Ja?!" Der Elf brachte keinen vollständigen Satz über die Lippen. Der Meister war wütend. Oh ja, sehr wütend. Und das Stottern des Elfen sorgte nicht eben dafür, dass er sich abregte.

Dieser Elf war der Nutzloseste, der Severus in all seinen Jahren untergekommen war. Und in den letzten Jahren hatte er schmerzhaft erfahren müssen, wie man mit nutzlosen Dingen… und auch Leuten umgehen muss. Es gab nur eine Lösung für dieses Problem. Severus hob seinen Zauberstab. „AVADA…"

Doch eine Stimme fiel ihm ins Wort. Eine Stimme, die er kannte. Obwohl er sie lieber nicht gekannt hätte.

„Severus, so gerne ich auch dieser kleinen Vorführung beiwohnen würde, muss ich dir leider mitteilen, das dass bis später Zeit hat. Ich habe einige interessante Informationen und du bist der einzige, der vertrauenswürdig genug erscheint diesen speziellen Auftrag auszuführen."

Selbst nach all den Jahren war der dunkle Lord ihm noch unheimlich. Vielleicht gerade wegen all der Jahre. Er hatte gesehen wozu der dunkle Lord fähig war.

„Vor einigen Monaten war es einigen unserer Verbindung gelungen ein Paar dieser aufsässigen Rebellen zu fangen, obwohl sie wenige Stunden darauf wieder entkommen konnten. Aufgrund unterschiedlicher Beschreibungen war es zuerst ziemlich schwierig diese Personen zu fassen. Doch vor einem Monat etwa konnte eine der Personen als Charlie Weasley identifiziert werden." Severus horchte auf. Charlie Weasley? Er kannte den Jungen gut. Aber warum war er nicht mit den anderen gestorben, damals?

Der dunkle Lord sprach weiter. „Unseren Spezialisten ist es gelungen den Ort des Zauberstabes auszumachen und nach einigen Beobachtungen des Aufenthaltsortes wissen wir, wo das Lager der Rebellen ist."

Wenn noch ein Weasley lebte, wer waren dann die anderen? Kannte er sie vielleicht auch? Waren sie genug um eine Gefahr darzustellen und das Gute siegen zu lassen? Einen Moment hatte er eine Vision von einer Welt des Friedens, in der alle Menschen das gleiche recht zu leben hatten, in der jedem vergeben wurde.

„Severus, dieser Auftrag ist so wichtig, dass ich selbst zum Einsatz schreite."

Severus, aus seinen Gedanken gerissen, fragte was dann seine Aufgabe wäre.

„Du wirst mir als einziger helfen, denn du bist der einzige von dem ich weiß, dass er hundertprozentig loyal ist."

Einen Moment überlegte sich Snape wirklich Widerworte zu leisten. Er hatte die Visionen noch so frisch vor den Augen. Doch dann schüttelte er den Gedanken ab. Es war zu spät um die Seiten zu wechseln. Er hatte sich entschieden. Er gehörte zur dunklen Seite. Diese Visionen waren unerreichbar.

Er nickte stumm den dunklen Lord zu. Gemeinsam apparierten sie, um die einzige Chance der Zaubererwelt auf Erlösung zu zerstören.

Die Sklavin war vor wenigen Sekunden in ihr Zimmer eingetreten und stand jetzt etwas ratlos im Raum. Virginia wandte den Blick auch weiterhin nicht vom Fenster ab. Sie ignorierte die Arbeitskraft, bis diese sich zurückhaltend aber doch deutlich räusperte.

„Ähm, Herrin, Freda schickt mich, auf dass ich ihnen zur Hand gehe. Aber wenn sie meine Hilfe nicht wollen..." Es klang ziemlich schüchtern und zurückhaltend.

Virginia drehte sich immer noch nicht, aber sie begann zu sprechen. „Bleib hier, du kannst mir die Haare kämmen. Aber störe mich nicht indem du zu stark an ihnen ziehst, sonst wird es dir schlecht bekommen."

„Ja Herrin!" Schritte erklangen und Virginia bemerkte wie sich jemand hinter sie hockte. Nur Momente später spürte sie schon zarte, bedächtige Bürstenstriche. Das Mädchen war extrem vorsichtig anscheinend hatte sie ziemlich große Angst vor einer Strafe. Virginia versuchte sich weiter auf die Aussicht zu konzentrieren, aber irgendetwas war an der Präsenz dieses Mädchens seltsam. Virginia beschloss der Sache auf den Grund zu gehen und versuchte im Fensterglas einen Blick auf sie zu erhaschen, denn sie wollte nicht mit ihrer Neugier erkannt werden. Leider erhaschte sie nur einen Blick auf einen gebeugten Kopf mit einem ziemlich wilden Haarschopf.

„Sag, wie heißt du?" begann sie scheinbar aus purer Langeweile zu fragen.

Scheu antwortete die Dienerin. „Ich werde Elaine genannt Herrin."

Natürlich, wie konnte Virginia das nur vergessen. Allen Sklavinnen und Sklaven löschte man vorsichtshalber das Gedächtnis an früher, damit sie auch keine starken Zauber als auch keine Rechte mehr kannten.

Die nächsten Worte sprach Ginny mehr zu sich selbst.

„Manchmal wünschte ich mir ich hätte auch kein Gedächtnis mehr. Dann könnte ich alle diese Gräueltaten und Schrecken vergessen und könnte in Frieden leben."

Die Bürstenstriche hielten inne. Und auf einmal erklang wieder die Stimme der Dienerin. Doch diesmal klang sie fester und zutiefst bitter.

„Als ob das so einfach wäre. Ich weiß nicht einmal meinen Namen! Alles was ich weiß wurde mir gesagt. Und wie kann ich Schrecken und Grauen vergessen, wo sie doch meine einzigen Erinnerungen sind? Alles was ich von dieser Welt kenne sind Blut, Gewalt und Sklavenarbeit. Und jetzt kommen sie hier herein, wedeln mit ihrer weasley-roten Mähne und erklären mir ich könnte mich glücklich schätzen? Es ist mir egal wie sie mich für meine Meinung bestrafen, es kann für mich sowieso nicht schlimmer werden!" Stille herrschte im Raum. Wie konnte diese Sklavin es wagen…

Und auf einmal ertönte wieder die Stimme dieser anmaßenden Bediensteten. Doch auf einmal klang es eher fragend und verwirrt. „Was ist Weasley?"

Und Ginny siegte über Virginia. Langsam drehte sich die dunkle Lady um. Auf ihrem Gesicht malte sich grenzenloses Erstaunen als sie auf einmal in zwei zimtfarbene Augen blickte. Zwei Jahre war es her seit Ginny solche Augen zum letzten Mal gesehen hatte. Damals war Ginny noch ein 17-jähriges Mädchen voller Träume und Hoffnungen. Doch mit den Träumen und Hoffnungen war es aus.

„HERMINE?!" Gut, vielleicht doch noch nicht ganz.

Harry landete auf weicher Erde direkt neben einem kleinen See. Er stand sofort auf und klopfte sich Blätter von der Kleidung, während er sich nach eventuellen Wachen umschaute. Tatsache war aber, dass alles wie ausgestorben dalag. Nach einem kurzen Zögern lief er schnell hinter einigen Büschen in Deckung und orientierte sich dort neu. Er konnte Snape Manor kaum verfehlen, so drohend und befremdlich wirkte es inmitten der friedlich-ländlichen Umgebung. Immer auf seine Deckung bedacht steuerte er zielstrebig auf einen kleinen Turm an der Seite zusah, der nicht nur vor fremden blicken schützen könnte, sondern eventuell auch eine Nebentür in das Gebäude enthielt.

„Hermine, kannst du dich an gar nichts erinnern? Ich bin es, Ginny Weasley. Weißt du noch wir gingen damals beide auf das Zauberer-Internat Hogwarts!"

Hermine starrte sie an. „Schlammblüter dürfen nicht auf öffentliche Schulen!"

Für sie schien es als wäre die dunkle Königin verrückt geworden. Kein Wunder bei dem Mann. Ginny verzweifelte fast. Was konnte sie nur für ihre Freundin tun?

„Doch damals schon. Das kam erst als wir den Krieg verloren hatten. Weißt du noch wie wir im Krieg Seite an Seite gekämpft haben?" Hermine schüttelte den Kopf.

„Geht es ihnen gut Herrin? Soll ich ihnen irgendwas bringen?"

„Hermine, warum glaubst du mir nicht? Wie soll ich es dir nur beweisen? Warte. Du heißt Hermine Granger, deine Eltern waren Muggel und Zahnärzte. Du warst in der Schule immer eine der besten und du warst mit Harry Potter und Ron Weasley befreundet. Klingelt bei dir da irgendetwas?"

Hermine starrte sie immer noch an. Ginny wagte noch einen letzten Versuch.

„Erinnerst du dich noch an dem Tag am See? Ihr hattet gerade eure ZAG-Prüfungen abgelegt und habt draußen am See gesessen. Wir Jüngeren mussten Unterricht machen und haben euch so beneidet, weil ihr den ganzen Nachmittag frei hattet. Es waren die letzten ZAG's die in Hogwarts abgelegt wurden, weil danach die Vorbereitungen für den Krieg begannen. Bitte Hermine, du musst dich doch erinnern. Es waren die letzten Tage in denen wir Frieden hatten. Einige Tage später begannen dann die Morde der Todesesser. Die letzten Tage bevor…" Ginny war total verzweifelt. Was sollte sie nur tun?

Und dann setzte Hermine zum reden an. „Ja." Jetzt war es an Ginny zu starren. „Ich weiß noch wie die Sonne schien. Alle waren fröhlich und dann hat irgendjemand über einen …Schatz…nein…Schrat…das auch nicht…"

„Schnatz?" warf Ginny ein.

„Ja, genau. Schnatz, darüber wurde geredet." Auf Hermines Gesicht spiegelte sich ein abwesendes Lächeln.

„Oh Hermine, du erinnerst dich wieder!" Ginny war außer sich vor Freude.

Hermine wurde wieder betrübt. „Nein, ich erinnere mich nur an den Tag. Aber langsam glaube ich ihnen, Herrin."

„Das ist immerhin ein Ansatz. Nenn mich ruhig Ginny."

„Wie du wünschst Her…Ginny." Verlegen lächelten sich die beiden jungen Frauen an. Und plötzlich huschte ein Leuchten über Ginnys Gesicht. Schnell rannte sie zum Gepäck und zog achtlos Sachen heraus.

Doch je mehr Sachen sie auf den Boden warf, desto schlecht gelaunter wurde ihr Gesichtsausdruck. „Wo ist denn dieses verfluchte Ding?! Oh, verdammt, hab ich das etwas vergessen?"

Hermine schaute etwas verwirrt. „Was suchst du überhaupt?"

„Mein Denkarium. Das ist so eine Schale, die mit Figuren verziert ist. Innen ist so eine silberne Flüssigkeit. Ich hab darin immer einen großen Teil meiner Erinnerungen an früher."

„Und wie soll das mir helfen?" Hermine verstand zwar das Prinzip des Denkariums, aber nicht so recht seinen Sinn.

„Wenn Profis Gedächtniszauber ausführen verschwinden deine Erinnerungen unwiederbringlich. Aber wenn jemand nicht so oft Gedächtniszauber anwendet ist er dazu nicht trainiert genug. Dann werden Erinnerungen nur blockiert. Und wahrscheinlich ist das auch bei dir passiert, wenn bei dir immer wieder Erinnerungen durchkommen." Erklärte Ginny.

Hermine wusste immer noch nicht ganz genau was das sollte. „Was hat das jetzt mit mir zu tun?"

„Die silberne Flüssigkeit überträgt nicht nur Erinnerungen wieder zurück sondern aktiviert auch die blockierten Erinnerungen, wenn genug über dich in der Flüssigkeit gespeichert ist. Du bist ziemlich oft in meinen Erinnerungen gespeichert, aber ich habe mein Denkarium vergessen. Was machen wir jetzt? Wenn Snape und mein Angetrauter zurückkommen werden sie keine Sekunde zögern dich umzubringen, weil du dich an zuviel erinnerst. Aber ohne Erinnerungen kannst du nicht fliehen." Ginny war total nervös.

Und dann fiel Hermine etwas ein. „Du hast gesagt das ist so verzierter Behälter mit einer silbernen Flüssigkeit. Ungefähr so groß und so hoch?" Sie zeigte es mit den Fingern.

Ginny war erstaunt. „Ja, genau. Woher weißt du das? Wieder ein Erinnerungsfetzen?"

„Nein, aber ich habe in einem der Privaträume des Meisters so etwas gesehen. Vielleicht kannst du deine Erinnerung darin speichern und dann…"

Ginny schüttelte den Kopf. „Das wird nicht funktionieren. Jeder Mensch kann nur ein Denkarium haben."

Hermine war bedrückt. „Heißt das wir können nichts tun?"

Doch Ginny schien es nicht zu stören. „Ach was, du bist doch sicher auch in den Erinnerungen von Snape vielfach vertreten."

„Nein, der Meister hat mich doch erst seit wenigen Monaten. Und selbst so habe ich ihn nur sehr selten gesehen."

Ginny schaute sie etwas seltsam an. „Nein Hermine. Du hattest beinahe sieben Jahre mehrere Stunden Unterricht bei ihm pro Woche. Deine Extra-Projekte, die zeit im Orden und die Zeit im Krieg nicht mitgerechnet."

Hermine konnte das nicht glauben. „Du musst dich irren. Er hat mich immer wie eine normale Sklavin behandelt und überhaupt, auch wenn er gut mit Zaubertränken ist würde er es nie unterrichten, er hasst Kinder. Man merkt es jedes Mal wenn Gäste mit Kindern kommen. Niemals würde er freiwillig unterrichten."

„Lass es uns einfach ausprobieren. Du holst das Denkarium und ich passe auf das uns keiner erwischt."

Hermine hatte ein etwas mulmiges Gefühl bei der Sache aber sie nickte. Sie war bereit alles zu tun, um endlich zu wissen wer sie war.

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A/N: Ich musste das Kapitel in zwei teile teilen, weil es so groß war. Ich hoffe, das stört euch nicht!