umstrukturiertes St. Mungo, Frühling 2002, einen Tag nach dem Ausbruch
„Schwester Fielding?" erklang eine Stimmer hinter ihr, als sie gerade dabei war ihre Hände in der kleinen Angestelltentoilette zu waschen. Sie drehte sich um und sah direkt in das schöne Gesicht eines ihr fremden Mannes. Er war schön, soweit man das von einem Mann behaupten kann. Langes, blondes Haar, edle Züge. Trotz allem war etwas Distanziertes an ihm.
Vor allem dieser kühle, herablassende Ausdruck in seinen Augen. Sie kam sich vor wie etwas, das kurz davor stand seziert zu werden. Aber er hatte die offizielle Robe eines wichtigen Zauberers an und deswegen war es wohl besser zu antworten.
„Ähm, ja, das bin ich. Wer sind sie und was kann ich für sie tun?" erwiderte sie unsicher und presste ein steifes Lächeln hervor.
Wie eine Katze die gerade einen fetten Vogel gefressen hat verzog er sein Gesicht. Ihr wurde noch unbehaglicher. Er zeigte ihr ein Grinsen, das wahrscheinlich freundlich wirken sollte, aber so nur bewirkte, dass ihr ein Schauer den Rücken herunter rann.
„Wer ich bin tut nichts zur Sache. Aber etwas für mich tun könnten sie schon. Einer ihrer Patienten soll gestern Nacht einen seltsamen Anfall erlitten haben und dabei seltsame Phrasen gestammelt haben. Könnten sie sich vielleicht noch an den genauen Wortlaut erinnern?"
Natürlich konnte sie, so etwas passierte ja nicht jedes Mal wenn sie Schicht hatte. Aber dieser Mann hier war ihr zu unheimlich. Lieber würde sie nichts sagen und sich den ganzen Ärger ersparen.
Als der Fremde sah, dass sie scheinbar nichts zu sagen fähig war wurde er zornig. Sein Lächeln entschwand und verzog sich stattdessen zu einer bösartigen Fratze.
„Es wäre besser für sie, wenn sie etwas kooperativer wären…"
Sie entschloss sich etwas zu sagen. „Ich habe nicht zugehört, denn Leute im Fieberwahn reden öfter sinnlos vor sich hin. Selbst wenn hätte man nicht viel verstehen können, denn er hat ja nur gebrabbelt…"
Der Rattenmann schien noch wütender zu sein. So, sie haben also nicht zugehört und können sich nicht erinnern? Vielleicht hilft ihnen … Das!!!!"
Ein leuchtender Strahl schoss aus seinem Zauberstab und nahm sie gefangen.
Brennende, stechende Folter. Ihr Körper zuckte unwillkürlich, ihre Sinne schwanden. Angst, panische Angst. Lähmender Schmerz. Nicht außer Schmerz und auf einmal seine Stimme in ihrem Kopf.
„Soll ich dich noch ein bisschen quälen oder erinnerst du dich langsam? WAS HAT ER GESAGT, VERRATE ES MIR!" Sie konnte nicht mehr, wollte nicht mehr.
„Elaine – er schrie nach Elaine! Und dann…"
Wieder mehr Schmerzen. Untragbar, grauenhaft, quälend.
Wieder seine Stimme. Lauter. Sie hallte durch ihren Schädel und jagte durch ihre Adern. „WAS DANN? SAG ES, SAG ES!!!!" Tausendfaches Echo. Sie spürte ein Reißen und ziehen. Der Schmerz, die Stimme…
„Hermine. Er nannte sie auf einmal Hermine…" Sie hoffte der Schmerz würde aufhören, aber er hielt an.
„Gut Schlammblut, sehr gut. Aber für dein Zaudern sollte ich dich noch ein bisschen behandeln…"
Der Schmerz war übergroß, doch dann auf einmal schien er nachzulassen.
Das Echo schien langsam dahin zu schwinden.
Und dann: vorbei - nichts mehr. Überhaupt nichts mehr.
Sie fühlte den Schmerz nicht mehr - sie fühlte überhaupt nichts mehr.
Segensreiche, rabenschwarze, endlose Stille umfasste sie und ihre Seele.
Lucius Malfoy stieg über die Leiche der jungen Hilfsschwester. Es waren nicht viele Informationen, aber zumindest etwas. Er rümpfte die Nase als er sah, dass seine Stiefel mit Blut beschmutzt waren. Diese Schlammblüter machten auch nur Ärger.
Slytherinquartier Hogwarts, 25.12.1977
Verwirrt starrte er Elaine nach als sie verschwand. Ungläubig tastete er mit seinem Zeigefinger nach seinen Lippen, obwohl er das leichte Aroma von Kirschen immer noch erschmecken konnte...
Sie war zu ihm gekommen und hatte zögerlich an seine Tür geklopft. Er hatte wie am Abend zuvor wieder die Tür geöffnet und er war wieder überrascht als sie davor stand, obwohl er sich wohl langsam daran gewöhnen könnte.
Sie hatte ihm gedankt, wie von Arrete aufgetragen und natürlich hatte auch er bescheiden abgewunken, wie sie erst kurz vorher.
Aber beiden war klar, dass seine Tat genauso wie ihre, vielleicht sogar noch mehr etwas Besonderes war. Seit sie, zu allem Übel auch noch Gryffindor und mit den Rumtreibern befreundet, auf diese Schule gekommen war hatte sie ihm keine ruhige Minute gelassen, ihn versucht zu ermorden oder ihn zumindest zu demütigen.
Trotz all dessen was zwischen ihnen war und trotz aller Differenzen hatte er nur kurz gezögert bevor er zu Hilfe eilte.
Er wusste das. Sie wusste das. Und beide wussten, dass es auch der andere wusste. Doch keiner von beiden sagte etwas. Nahezu alles, was sie hätten sagen können wäre fehl am Platz. Stattdessen starrten sie sich einfach verlegen und stumm an.
Und auf einmal, sie wusste selbst nicht was sie tat, was sie dazu trieb, umarmte sie ihn. Sie konnte nicht sagen, ob es einfach die Erleichterung war, dass alles gut gegangen war, die überschwängliche Dankbarkeit oder vielleicht sogar etwas ganz anderes. Es fühlte sich einfach richtig an.
Er war überrascht, als sie auf einmal seine Arme um ihn legte. Er wusste nicht wie er reagieren sollte, das logische Denken schien nicht mehr intakt.
Er legte einfach die Arme um sie.
Und in genau diesem Moment flog ein magischer Mistelzweig über den Flur. Der magische Mistelzweig. Der magische Mistelzweig, der annahm er hätte ein junges Paar vor sich und deswegen ihre beiden Köpfe zusammen presste. Der magische Mistelzweig, der sie nicht aus seinem Griff entließ bevor sie sich küssten. Der magische Mistelzweig, durch den Severus feststellte, dass diese Elaine Stranger Lippenpomade mit Kirscharoma trug.
Verlegen lösten sie sich von einander. Er konnte verstehen, als Elaine sich dann schnell verabschiedete.
Aber der Hauch von Kirsche war noch zu schmecken.
Sie hatte den Atem angehalten bis sie um die Ecke war. Dieser verdammte Mistelzweig! Er hatte sie gezwungen diesen hinterhältigen, bösartigen…
Dieser Gedanke weckte sie auf. Er war nichts davon. Im Moment war er ein intelligenter schüchterner junger Mann, der vielleicht in der Schule von den anderen nicht gemocht und ausgestoßen wurde und deswegen mit den falschen Leuten herum hing, aber war kein Bösewicht. Er hatte ihr geholfen, ohne Fragen, ohne Vorbehalte. Der Mann der für sich beanspruchte ihr Meister zu sein hätte so etwas nie getan. Endlich begriff sie was Dumbledore ihr die ganze Zeit hatte sagen wollen. Egal wie dieser Junge sich einmal entwickeln würde, er war im Moment nicht die Person die sie hasste. Erst sein Lebensweg und sein Schicksal würden ihn zu dem machen, der das Böse unterstützte.
Und da kam ihr der Gedanke. Nicht er oder die Tatsache seiner Existenz musste geändert werden, nur die Wege die sein Leben gehen würde.
Und sie beschloss genau das zu ihren Vorsätzen für das bald einsetzende neue Jahr zu machen. Ihm zu helfen den richtigen Weg, wenn nicht zu finden, dann zumindest sichtbar zu machen. Und das würde ihn, die Zukunft und ihre Bewohner retten.
Ihre Augen erfasste ein Leuchten und so gut gestimmt fing sie an fröhlich summend davon zu wandeln.
Voldemorts Residenz, 2002
„So, die vor unseren Augen als Hermine Granger identifizierte Person ist auch als eine gewisse Elaine bekannt. Und er hat nach ihr gerufen? Somit ist er ihr schon einmal unter dem anderen Namen begegnet. Natürlich, Zeitreisen! Das würde auch das plötzliche Verschwinden erklären!
Lucius, ruf einige Gehilfen zusammen, die die Hogwartsakten nach einer gewissen Elaine durchsuchen sollen. Ich schätze mal die Jahre ab 1991 können sie auslassen, da ab da Miss Granger unter diesem Namen bekannt war."
Lucius graute beim Andenken an die viele Arbeit.
„Sollen wir sowohl Severus Schuljahre, als auch alle Schülerinnen, die er jemals unterrichtet hat überprüfen?"
Voldemort dachte nach. „Ein guter Einwand. Ich würde aber sagen nur seine späteren Schuljahre, denn Miss Granger sah doch zu alt aus um mit ihm im 1. bis 5. Schuljahr die Schulbank gedrückt zu haben. Genau das gleiche gilt für seine Lehrerjahre. Severus war immer zu ehrenhaft um sich mit einer minderjährigen Schülerin einzulassen. Also auch hier nur 6. und 7. Jahrgang. Ach und Lucius…"
„Ja Meister?"
„CRUCIATUS! Man sollte meine Pläne nicht zu sehr hinterfragen."
