Anm: Herzlichen Dank für die lieben Reviews!!!

Zum Glück war sein Dienst nicht sehr lang gewesen. Er konnte sich die ganze Zeit über nicht richtig konzentrieren. Er musste es jemanden sagen oder noch besser zeigen. Dem Captain konnte er es nicht sagen. Zwischen ihnen bestand kein besonderes Vertrauensverhältnis, wie es zwischen ihm und Bridger bestanden hatte. Hudson schätzte seine wissenschaftlichen Kenntnisse und seine Fähigkeiten im Umgang mit dem Computer, aber mehr auch nicht.

Gedankenverloren schlenderte er durch die Gänge. Verträumt wäre er beinahe mit jemanden von der Sicherheit zusammen gestoßen. Lucas ging zwei Decks tiefer und fand sich vor dem Quartier Hendersons wieder. Irgendwie war diese Entscheidung auch logisch. Sie hatte damals sehr unter seinem Verlust gelitten. Tony stand ihr in der Zeit bei, doch wenn es jemanden hier an Bord gab, dem er sich auf alle Fälle anvertrauen sollte, dann war sie es. Entschlossen klopfte er an.

„Ja?"Lonnie war mit einer grauen Jogginghose und einem weißen T-Shirt bekleidet. Auf dem Rücken prangte das Logo des Bootes. Sie musste heute Dienstfrei haben, so wie sie aussah. Einen Tag in der Woche hatte jeder in der Crew frei. Es war wie ein schiffseigener Sonntag an dem man sich ausruhen konnte und mal den Sachen widmen, die während der ganzen stressigen Arbeitszeit nicht möglich waren. Der Nachteil auf einem U-Boot bestand jedoch darin, dass man hier in einer Notsituation aber ganz schnell von einem Sonntag auf einen Montag wechseln konnte.

„Ich muss mit dir reden."Er drängte sich an ihr vorbei in den kleinen Raum. „Mach die Tür zu."

Völlig verwirrt sah sie ihn an, aber tat, was er von ihr verlangte. „Lucas, was ist los?"fragte sie. Sie sah ihm an, dass etwas nicht stimmte.

Der junge Ensign vermied den Augenkontakt mir ihr. Er blickte an sich herunter und fixierte einen Punkt zwischen seinen Augen und dem Fußboden. Seine rechte Hand griff zu seiner linken Brusttasche. Darin lag den ganzen Tag über schon schwer die Datendisk. „Besser du siehst dir das selbst an." Seine blauen Augen trafen nur kurz ihren Blick. Sie hatten eine dunkle Färbung angenommen, die nicht einfach nur durch das Licht hervorgerufen worden sein konnte. Henderson folgte ihm zu dem Computer und nahm auf dem Stuhl platz. Sobald er die Codes eingegeben hatte, öffnete sich vor ihr eine Akte mit dem Namen Lieutenant Brody, James. Ihre Augen weiteten sich. „Was ist das?"

„Lies es dir durch. Ich denke, das wird einiges erklären."Er fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare, strich sie nach hinten. Lucas drehte dem Monitor den Rücken zu und ging ein paar Schritte weg. Mit etwas Glück würde sich das schwere Gefühl auf seinen Schultern in den nächsten Minuten lösen.

„Das ist nicht möglich."sagte Lonnie ungläubig. „Es kann einfach nicht sein, er ist doch..."weiter fuhr sie nicht. Der Wissenschaftler hörte wie sie im Text herunter scrollte. Jetzt musste sie so langsam das Wesentliche gelesen haben. „Ich konnte es auch nicht glauben, als ich es sah."

Henderson drehte sich abrupt um. „Wo hast du das her?"

Doch bevor Lucas antworten konnte, klopfte jemand an die Tür. Erschrocken sahen die beiden sich an. „Schließ die Datei!"sagte Lucas und ging zu der Schleuse. Durch das kleine Sichtfenster hatte er bereits einen kleinen Umriss vom Kopf seines Zimmergenossen gesehen. Er würde keine Fragen stellen, wenn er ihm hier öffnete. Es hielt ihn jedoch nicht davon ab, ihn mit einem seltsamen Gesichtsausdruck anzusehen. Seine Gedanken mussten gerade alle möglichen Dinge abspulen, die Lucas veranlassen könnten hier zu sein. Der blonde Mann war sich sicher, dass dabei auch Sachen dabei waren, die überhaupt nicht jugendfrei waren.

„Tony."Fröhlich kam Henderson zu ihm. Eines musste man ihr lassen. Wenn es drauf ankam, konnte sie schauspielern. Lucas trat einen Schritt zurück.

„Hi."sagte der trocken. Noch immer hing sein Blick misstrauisch auf Lucas. Er musterte die beiden.

„Brauchst du etwas?"fragte Lonnie ihn noch immer gut gelaunt. Doch ihre Hand, die sie an die Tür gelehnt hatte, war verkrampft und zitterte. Das war Lucas vorher noch nicht aufgefallen. Also hatte es sie genauso getroffen wie ihn.

Tony hatte die Augen zu Schlitzen zusammen gezogen. „Weiß der Commander was ihr hier macht?"

Nun verschwand mit einem Mal die Fröhlichkeit aus dem Gesicht des Lieutenant. Mit einem Knall warf sie die Schleuse zu. „Sieh dir das an!" sagte sie. „Lucas hat mir das gerade gezeigt, ich möchte wissen, was du davon hälst."

Neugierig tapste Piccolo hinter ihr her. Er trug ein Buch in der Hand, was wahrscheinlich der Grund für sein unverhofftes Auftauchen hier war. Henderson tippte auf der Tastatur herum, bekam aber die Datei nicht mehr auf. „Wieso geht das jetzt nicht?"

„Weil du es ganz geschlossen hast. Ich habe es gesichert, um zu verhindern, dass es jemand liest, sollte ich die Disc verlieren."Der Ensign kam zu ihnen und öffnete das Dokument.

Interessiert las Tony ebenfalls die Datei. „Hey, kommt schon, das ist alles nur ein dummer Scherz."sagte er, sobald er zu Ende gelesen hatte.

„Wieso meinst du das?"fragte Henderson.

„Wir haben alle gesehen, wie er gestorben ist. Du warst dabei, Lonnie. Das ist einfach unmöglich. Wolenczak, ich habe dich wirklich gern und bis jetzt auch immer gedacht, du würdest es sofort merken, wenn dir einer was gefälschtes schickt. Ich nehme jedoch alles zurück."Er hatte sich zu dem Wissenschaftler herumgedreht, der mit verschränkten Armen, auf seiner Unterlippe kauend, hinter ihnen gestanden hatte.

„Das habe ich nicht zugeschickt bekommen."war alles, was er antwortete.

„Wie? Aber woher kommt dann die Akte?"Lonnie schlug ein Bein über das andere und sah nun genauso wie Piccolo den jungen Mann erwartend an.

„Ich habe das gestern abend bei einem Hack in den Unterdateien der UEO entdeckt."Er löste seine Arme, holte tief Luft und fuhr dann fort: „Außerdem halte ich es für authentisch. Ich habe heute morgen Dr Perry's Station genauer überprüft und die Berichte über Brody durchgelesen. Das er sobald, sie seinen Tod festgestellt haben, ihn auf Eis gelegt haben, war uns allen bekannt. Wir haben es nur nicht besonders beachtet, weil wir dachten es ist, damit man seiner Familie den Leichnam übergeben konnte. Aber das stimmt nicht. Ich bin bereits vor Wochen darauf gestoßen, dass man versucht Tote wieder ins Leben zurück zu holen. Es sind Medikamente entwickelt worden. Methoden, mit denen man jemanden auch mehrere Stunden nach seinem Tod wieder zurückholen kann."Er machte eine kleine Pause. Seine beiden Zuhörer hingen gespannt an seinen Lippen.

Er bließ sich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Bisher liegt der Rekord bei drei Stunden nach Eintritt des Todes ohne die Person vorher auf Eis gelegt zu haben. Ihr wisst doch, wer auf Eis liegt, zerfällt nicht. Die Zellen können sich nicht zersetzen. Gehirnschäden sind praktisch ausgeschlossen. Vorausgesetzt es ist vorher ein Mittel in den Organismus zugefügt worden, damit die Kälte die Zellen nicht abtötet."Lucas befeuchtete sich die Lippen. „Viele konnten zwar ins Leben zurück geholt werden, aber je länger die Zeitspanne zwischen Rettung und Tod ist, umso stärker die bleibenden Schäden. Bei Brody jedoch, dürfte dies besonders gering sein. Ihr seht es an dem Bericht selbst. Da drinnen steht kaum etwas von Schäden. Einzig ein Erinnerungsdefizit. Dr Perry hat ihn sofort eingefroren und ihn zu diesen Leuten schicken lassen."

„Moment mal."unterbrach Lonnie ihn. „Tony und ich sind bei seiner Beerdigung gewesen. Wer ist da in dem Sarg gewesen?"

Der Wissenschaftler zuckte mit den Achseln. „Nichts oder eine namenlose Leiche. Ich weiß es nicht, doch Brody ist es auf gar keinen Fall!"

„Die führen Experimente mit ihm durch, weil er tot war?"fragte Tony misstrauisch.

„Ja,"nickte Lucas. „danach sieht es aus. Da sie offiziell als bereits tot gelten, würde es auch im Falle einer Entdeckung keine Probleme mit dem Menschenrecht geben. Theoretisch natürlich."

„Wer nicht existiert, hat auch keine Rechte."flüsterte Henderson.

Der junge Mann ging zu dem Computer, um die Disc wieder an sich zu nehmen.

„Wir müssen was unternehmen. Als seine Freunde sind wir dazu verpflichtet etwas dagegen zu unternehmen."sagte Tony entschlossen. „Du hast doch gesagt, er sei vollkommen in Ordnung. Das ist kein Leben mehr, eingesperrt in einem Labor, wie eine von den Mäusen bei dir."

„Ich habe keine Mäuse in meinem Labor."sagte Lucas ermahnend.

„Ja, aber im Prinzip ist es genau das. Er ist eingesperrt und tagtäglich führen die irgendwelche Experiment mit ihm durch."

„Wir sollten es dem Captain sagen."schlug Henderson vor.

„Auf gar keinen Fall!"widersprach Lucas ihr. Auch Tony schüttelte den Kopf. „Er würde zu viele Fragen stellen. Wir müssen das allein machen."

„Und was ist, wenn er einen Arzt braucht. Wir wissen nicht in was für einem Zustand er ist. Dieser Bericht muss ja nicht aktuell sein."meinte Lonnie sorgenvoll.

„Solange wir keinen Plan haben, brauchen wir uns über solche Sachen keine Gedanken machen."verwarf Lucas diese ganze Befreiungsaktion wieder. „Ich bin zwar auch dafür, ihn da raus zu holen, darum bin ich ja her gekommen, aber denkt doch mal nach. Wir drei können unmöglich in eine rundum bewachte Station eindringen und einen der Patienten mitnehmen. Als UEO Personal bekommen wir da sogar mehr Ärger, als wenn es sich um eine makronesische Station handelt."

„Dann brauchen wir noch ein paar Leute."sagte Henderson bestimmt. Sie gab nicht auf. Brody hatte ihr Leben gerettet und war dabei selbst tödlich verwundet worden. Nun erfuhr sie, dass es doch gelungen ist, ihn zu retten, da würde sie nicht einfach so daneben sitzen und zusehen, wie er hilflos einigen Wissenschaftlern ausgesetzt war, die keine Ethik kannten.

„Hört zu, folgender Vorschlag. Ich setze mich hin und versuche herauszufinden, wo er genau ist und was diese Einrichtung für Finessen hat. Es hat absolut keinen Sinn jetzt großartig eine Rettungsmannschaft zusammen zu stellen, wenn wir anschließend diese überhaupt nicht brauchen oder es sogar nur mit einem Großaufgebot möglich ist. Vielleicht kann ich auch über das System bereits was erreichen."schlug das Computergenie vor.

Lonnie nickte. „Genau, das halte ich auch für richtig. Ich bin aber dafür, dass wir zumindest einigen von der Crew Bescheid sagen sollten. Wenigstens denen, die mit ihm mehr zu tun hatten, die seine Freunde waren. Sie müssen wissen, dass er noch lebt."Ihre Stimme hatte einen flehenden Unterton angenommen.

„Wenn auch nicht besonders würdevoll."fügte Tony dem noch hinzu.

„Seid aber vorsichtig, wem ihr es erzählt, ich habe keine Lust ab morgen im Bau zu sitzen, weil ich mich wild durch die Computer hacke und sich ein paar Leute verplappert haben."sagte Lucas und ging aus dem Quartier. Bevor er loslegen wollte, würde ihm eine Dusche gut tun. Er musste sich die ganze Restlast von den Schultern waschen und nach einer Dusche fühlte er sich meistens viel frischer und erholter, als zuvor. Danach würde es sich viel einfacher arbeiten lassen.

Mit einem kurzen Klopfen kündigte sich Commander Ford an. „Darf ich rein kommen?"fragte er, als Lucas von seinem Laptop aufsah. Er saß im Schneidersitz auf seiner Koje und den Computer auf seinen Beinen. „Natürlich."

Jonathan schloss die Schleuse hinter sich. „Wie kommst du voran?"

Der Ensign sah kurz auf. „Ich weiß wo er ist."

„Weit von unserer Postition entfernt?"

Anstatt zu antworten, schob Lucas jedoch nur den Computer herum, als Ford auf den Monitor sehen konnte, pfiff er erstaunt auf. „Das ist keine halbe Stunde weg."

„Das könnte Vorteil und Nachteil zugleich sein. Aber ich habe bereits einen Plan der Station herunterladen können. Da rein zu kommen, wird nicht einfach."Der Ensign tippte kurz etwas ein und eine Zeichnung von einer Unterwasserkolonie erschien.

Der Commander hievte sich in die Koje hinauf. „Lonnie hat mir schon erzählt, dass ihr ihn unbedingt da raus holen wollt. Ich könnte versuchen einige von der Sicherheit unter einem Vorwand dazu zu holen."

„Nein,"schüttelte das Computergenie den Kopf. „das können wir nicht machen. Hudson würde Verdacht schöpfen und Brody wohl erst auf dem offiziellen Weg zurück holen wollen. So viel Zeit haben wir aber nicht. Es gab vor zwei Jahren einen Fall, da hat sich einer der Patienten Zugriff zu einer Funkeinheit verschafft und seine Familie kontaktiert. Innerhalb weniger Stunden war er nicht mehr aufzufinden und sämtliche Unterlagen vernichtet."

„Was ist mit ihm geschehen?"

„Keine Ahnung. Ich habe mich nicht weiter damit beschäftigt, weil ich auf Brody gestoßen bin."

„Was schlägst du also vor?"

Nun endlich ließ er den Computer beiseite und sah seinen Vorgesetzten an. „Ich weiß nicht. Die Anlage selbst hat keine große Bewaffnung und ihre Wachen sind auch sehr dünn. Ein kleines Team hätte bestimmt mehr Erfolg als ein Großaufgebot."

„Dieser Meinung bin ich nicht. Kannst du mir alles geben, das du hast? Ich werde mir das in Ruhe ansehen und überlegen, was wir machen können."Mit Schwung verließ er die Koje des Wissenschaftsoffiziers, doch kurz vor der Schleuse, drehte er sich noch einmal herum. „Hast du eine Idee, wen wir mitnehmen könnten, falls Jim einen Arzt braucht?"

„Auf gar keinen Fall Perry!"sagte Lucas sofort. Er mochte die Ärztin nicht und sie hatten auch schon einige Wortgefechte miteinander gefochten. Lange würde es nicht dauern, bis sie sich nur noch über ihre vorgesetzten Offiziere unterhielten.

„Genau darum frage ich dich ja. Du kennst dich unter den Ärzten besser aus als ich. Ich bin schließlich nicht derjenige, der hier ständig von einer Universität zur anderen unterwegs ist und ständig neue Einladungen zu Vorlesungen und Banketten erhält."

„Bei denen er nie teilgenommen hat."

„Das spielt keine Rolle, fakt ist doch, dass wir nicht wissen, ob Perry nicht uns verraten könnte. Sie war doch diejenige, die ihn sofort auf Eis gelegt hat, nachdem man den Tod feststellte. Ich will jemanden dabei wissen, dem wir vertrauen können. Einen der loyal uns gegenüber ist."Im nächsten Moment fiel die Schleuse ins Schloss.

Er schaltete den Computer ab. Nun, da auch der Commander informiert war und anscheinend ganz auf ihrer Seite stand, war ihm wesentlich wohler. Die Last war von ihm gefallen. Er wusste nicht genau, warum ausgerechnet ihn das alles so mitgenommen hatte. Warum war es ihm nur so nahe gegangen? Brody und er hatten nie wirklich eine tiefe Freundschaft gehabt. Sie waren Freunde gewesen, das stimmte, doch nicht so, wie er es mit Ben oder Tony war. Irgendetwas stimmte nicht, doch nun spielte es keine Rolle mehr. Lucas war nicht mehr derjenige, der die Verantwortung für das weitere Schicksal des ehemaligen Crewman trug.

Neben ihm in der Röhre näherte sich ein Schatten, der kurz darauf Form annahm. „Na Darwin, wo hast du dich wieder rum getrieben?"

„War Fisch essen."

„Draußen?"

„Ja, ganz leckerer Schwarm. Lucas auch probieren."

„Nein, danke. Ich glaube nicht, dass ich noch Hunger habe."

„Darwin kann auch fangen gehen."

Der junge Mann lächelte. Das war sein Delphin. Er würde ihm auch ein Fass voller Fische bringen, wenn er es wünschte. Nachdenklich ließ er seinen Kopf gegen die Glasscheibe sinken. Sollte er sie wirklich anrufen? Der Commander wollte jemanden, der dieser Crew loyal war und seinen eigenen Kopf durchsetzte, wenn es drauf ankommen sollte. Er sah kurz zu dem Delphin und als sich ihre Augen trafen, wusste er die Antwort.