Kapitel 7 ‚Gwyn'

Amalzia hielt Lir fest an sich und hatte einen festen Griff in der Mähne des Pferdes. Doch so langsam ließ ihre sowieso schon geschwächte Kraft nach. ‚Lir? Lir... wach auf.' Sagte sie schwach. Doch er hörte sie nicht. Sie war zu schwach zum reden und plötzlich lockerte sich ihr griff und beide rutschten herunter. Amalzia war sofort bewusstlos.

Sie bekam nichts mit, auch nicht das Lir wach geworden war und sich schlimme Vorwürfe machte. Er beschloss sie alleine zu lassen da er ihr nur Kummer machen würde. Als Amalzia auf wachte, sah sie in zwei Mädchen Augen.

‚Hallo. Du warst ohnmächtig. Ich habe dich gefunden und her gebracht.' Sagte eine schöne sanfte Stimme. Amalzia sah sich um. Sie lag auf einem Bett in einem kleinen aber gemütlichen Raum. Aber es war kein zweites Bett. Wo war Lir? Sie sah das Mädchen sofort an. ‚Wo ist Lir?' fragte sie sofort. Doch als das Mädchen sie nur verwirrt ansah wusste sie, dass er nicht da war. ‚Ich war mit einem Jungen Mann zusammen. Wir sind zusammen von einem Pferd gefallen und ich bin dann wohl ohnmächtig geworden. Hast du ihn gesehen?' fragte Amalzia aufgelöst. ‚Nein, tut mir leid. Nur das Pferd ist da. Ich habe es draußen angebunden.' Sagte das Mädchen. Amalzia senkte traurig den Kopf. Warum ist er nur weg? dachte sie niedergeschlagen. ‚Endschuldige wenn ich es frage, aber ist es ihr geliebter?' fragte sie vorsichtig. Amalzia nickte. ‚Ich werde ihn wieder finden, hoffe ich. Aber sage mir. Wie heißt du eigentlich?' fragte Amalzia. ‚Ich? Ach das ist nicht so wichtig.' Sagte sie. ‚Für mich schon.' ‚Okay, also ich heiße Gwyn.' Sagte das Mädchen. ‚Schön dich kennen zu lernen. Ich heiße Amalzia.' Plötzlich bemerkte sie, dass sie kaum etwas anhatte. ‚Warte. Ich gebe dir etwas zum anziehen.' Sagte Gwyn. Als sie wiederkam hatte sie eine art Bauernkleid mit. Es war Braun und war eigentlich recht hübsch. Amber Amalzia kannte keine solchen Kleider. Nur aus Seide. 'Danke.' bedankte sie sich aber und zog sich schnell an, denn sie mochte nicht gerne mit ihrer weißen Haut gesehen werden. Als sie das Kleid anhatte wandte sich Gwyn noch mal an sie. ‚Hast du Hunger?' Amalzia nickte nur. ‚Dann komm. Setzt dich an den Tisch hier.' Sagte sie und wies Amalzia einen Stuhl an. ‚Danke.' Sagte Amalzia. Während Gwyn eine Brühe aufkochte, sah sie aus den Augenwinkeln immer wieder zu Amalzia. Diese saß schüchtern da und fühlte sich einfach nur eingeengt. ‚Möchtest du raus?' fragte Gwyn. Amalzia sah sie fragend an. ‚Ja, die Frage war ernst gemeint. Möchtest du raus?' fragte sie noch mal. Amalzia wusste nicht was sie sagen sollte. Gwyn wendete sich von Herd ab und sah ihr offen in die Augen. ‚Ich möchte dir helfen und dich nicht einsperren.' Amalzia sah Gwyn an. Beinah wäre sie aufgestanden. Aber der Blick von Gwyn fesselte sie. Nicht böse, sondern irgendwie anders.... Etwas was sie noch nicht kannte. Etwas Geheimnisvolles. ‚Ich kann kein Menschliches Einhorn einsperren.' Sagte Gwyn immer noch ruhig und mit gleichmäßiger Stimme. Doch nun stand Amalzia erschrocken auf.

‚Woher weißt du was ich bin?' fragte Amalzia und wirkte eher fest als locker. ‚Woher? Das ist nicht schwer zu erraten. Ich lebe seid ich 14 bin alleine. Nun bin ich 17 und warte so lange auf ein Wunder, ein Einhorn. Jemand der mit einem Pferd klar kommt ohne Sattel und Trense zu benutzen, Schnee weiße Haut hat und eine Art Sonne auf der Stirn. Amalzia, du brauchst wirklich keine Angst um dich zu haben. Sieh mich an, was habe ich denn schon?' sagte Gwyn. Amalzia stand unschlüssig da. Plötzlich kam ihr... wie hießt sie noch gleich, Molly in Gedanken. Molly, ja die gute Molly. Sie hatte auch so lange auf ein Einhorn gewartet und Amalzia so schnell erkannt. Dann sah Amalzia wieder zu Gwyn. ‚Ich... ja ich bin ein Einhorn. Aber ich weiß nicht wie ich zum Menschen geworden bin.' Erklärte Amalzia. ‚Nur durch Liebe und Trauer.' Sagte Gwyn. ‚Woher meinst du das zu wissen?' ‚Ich weiß es nicht, aber ich glaube.' Entgegnete Gwyn. Amalzia sah dem Mädchen tief in die Augen. Es spiegelte sich große Trauer darin. Plötzlich empfand Amalzia großes Interesse sie näher kennen zu lernen. ‚Warum ziehen wir nicht zusammen weiter?' Fragte Amalzia. Gwyn sah sie an. ‚Ich würde dir gerne auf deinem Weg Gesellschaft leisten.' Stimmte Gwyn dann zu.

Amalzia wusste nicht warum sie das getan hatte, aber sie hatte das Gefühl gehabt sie einfach zu fragen. Dann bemerkten sie aber dass keiner von beiden großen Hunger hatte. Amalzia entschied sich raus zu gehen um mal frische Luft einatmen zu können. Der Hengst war am grasen und plötzlich vermisste Amalzia ihre Familie. Sie setzte sich an einen Baum. Dann sah sie hoch in den Himmel... Ihre Gedanken sprangen in die Vergangenheit. Erst vor kurzem war sie bei den Trümmern des Schlosses gewesen. Sie hatte Lir wieder getroffen und nun war sie ohne ihn. Soll das etwa Schicksal sein? Dachte sie. Aber sie fand keinen Rat. Wie den auch, wenn man alleine ist. Sie wünschte sich ihre alten Freunde wieder. Schmendrik und Molly. Ja... sie wollte lieber beim Roten Stier sein als so alleine. Dann erinnerte sie sich wie sie auf Schmendrik traf. Sie war in diesem Zoo der alten Hexe. Ihr wurde ein falsches Horn aufgesetzt. Sie hatte sich so falsch gefühlt. Schmendrik hatte alles daran gesetzt sie zu befreien. Womit hatte sie ihm gedankt? Sie hatte die Harpyie befreit. Dann war das mit den Dieben, er hatte sie gewarnt... Dann hatte sie ihn befreit und dann kam Molly dazu. Zusammen gingen sie zu Hagarts Schloss gegangen und so hatte sie Lir kennen gelernt. Nun waren alle auseinander. Was aus Schmendrik und Molly geworden war, dass wusste sie nicht. Ob der Rote Stier im Meer geblieben war? Auch das war unklar. Sie wusste nur dass sie jetzt ein Einhorn in einem Menschlichen Körper war. Sie war so gesagt gefangen und wusste nicht ob sie jemals wieder zu ihrer Familie zurückkommen könnte. Wieder überkam sie die tiefe Trauer der Ungewissheit. Dann hörte sie Gwyn und merkte, dass sie nicht alleine war.

Nein, natürlich nicht. Sowie es alt Freunde gibt, so gibt es auch neue. Sie stand auf, strich dem Pferd über die Blesse und ging zu Gwyn. ‚Amalzia, es ist noch hell. Ich möchte jetzt los wenn du nichts dagegen hast.' Sagte das junge Mädchen. ‚Nein, natürlich nicht. Ich würde mich freuen jetzt los zu kommen.' Sagte Amalzia und merkte wie ähnlich sie einem Menschen doch schon war. Gwyn schloss ihr Zimmer ab und sie gingen los. Amalzia und Gwyn gingen in Richtung Schloss. Der Hengst von Lir folgte Amalzia, die nun eher wie eine Bäuerin als ein Einhorn aussah. Gwyn war schön, sie hatte blondes langes Haar und schöne stahlblaue Augen. Sie war so groß wie Amalzia, nur viel schöner wie Amalzia es fand. Sie selber fand sich zu einfarbig. Sie war weiß... weiße Haare, weiße Hautfarbe und braune Augen wo drin sich nichts spiegelt. Aber etwas hatte sie, sie hatte Gefühle... und noch etwas anderes...

..... eine neue Freundin.....