Originaltitel: Contemporary Magical Innovations
Quelle: http: squidge . org / kali / cmi.html
{Doppelslash hinter http nicht vergessen, Leerzeichen entfernen … und von 'kali' kommt eine Tilde (= Schlängellinie), die ffnet leider für ein 'unnötiges Zeichen' hält. Sorry.}
Autor: -kai
E-Mail Autor: kali (at) squidge .org
Kategorie: Action, Humor, Romance
Pairing: Snarry
Altersstufe: ab 16 (R)
Buch: 1-4 (kompatibel mit Bd. 5, nur dass Sirius lebt...)
Inhalt: Wie bringt man langjährige Opponenten dazu, mit einander auszukommen? Man sperrt sie solange in ein Raum, bis sie die Konflikte... ausleben konnten. Das fördert auch gleich die magische Kreativität... und lehrt den gemeinsamen Gegner das Fürchten. (HP/SS Slash mit einer Prise HG/DM)
Anmerkung des Übersetzers: Nicht meins. Harry, Severus und Konsorten gehören JKR und zahlreichen anderen Rechte-Inhabern in Verlagen und Filmstudios. Mir gehört bloß ein kiloschweres Übersetzerlexikon. Und die Erlaubnis des werten Autorengenies, euch dieses Meisterstück einer Nach-Hogwarts-fanfic auch auf deutsch zu präsentieren. Lob und Preis für Inhalt und Stil, sowie Gummipunkte für Kreativität gehen an –kai.
Beta: Tolotos
(-)-(-)-(-)-(-)-(-)
Kapitel 3 – Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn
==================================
Die Unzumutbaren gehören zu einer allgemeinen Klasse magischer Hybriden,
die wir heute als sentiosymbiotische Spruchtränke (siehe Übersicht über die
Nicht-Völlig-Dunklen Künste, S. 497-602). Wie ihr Name schon andeutet,
besitzen diese Hybriden Eigenschaften sowohl von verzauberten Objekten
wie von Zaubertränken. Anders als verzauberte Objekte, die sich mit magischen
Mitteln leicht entdecken lassen, verbinden sich Sentiosymbiotika direkt und
nahtlos mit der inneren magischen Energie einer Hexe oder eines Zauberers.
==================================
Harry konnte diese Idee nicht aus seinem Kopf verbannen.
Drei Tage und Nächte des Unterrichts, der Aufsicht über Strafarbeiten und Quidditch-Training, der Teilnahme an Ordensplanungssitzungen, des Durchhangelns mit gerade mal ein paar mageren Stunden Schlafes und, nicht zu vergessen, des Snape in ihrer nichtexistierenden Freizeit Durchvögelns. Zweiundsiebzig Stunden, und die Idee überfiel ihn noch immer zu den merkwürdigsten Zeiten. Jetzt gerade, zum Beispiel.
Es war später Nachmittag, nicht einmal eine Stunde bis zum Abendessen. Die Korridore waren still, sein Büro ebenso, und er wurde in den nächsten vierzig Minuten nirgendwo erwartet. Es gab keine Schüler zu tutoren oder bestrafen, keine sinnlosen Sitzungen, an denen er teilnehmen musste, keine Ablenkungen; eine perfekte Gelegenheit für Produktivität. Er könnte Prüfungen zensieren, seinen Unterrichtsplan perfektionieren, oder sich sogar um seine längst überfällige Korrespondenz kümmern, die schon lange aus seinem Eingangspostkorb überquoll und jetzt in einem zunehmend unzufriedenen Stapel am Rande seines Schreibtischs herumlungerte.
Stattdessen saß er eingeklemmt in seinem Sessel und hatte einen Steifen, mit dem man Nägel in die Wand schlagen konnte, und in seinem Kopf das Bild von sich selbst, nackt und mit gespreizten Gliedern auf Severus breitem, bequemen Bett angebunden, während ein vollständig bekleideter und höhnisch grinsender Snape einen Krug mit einer dickflüssigen, perlmuttartig schimmernden, schwarzen Essenz über Harrys bebenden Körper goss. Beim Kontakt mit seiner Haut rauchte sie, wand sich wie ein Lebewesen, zog über seine Glieder hin und her, um seinen erigierten Schwanz, schlängelte sich zwischen seinen gespreizten Pobacken hindurch und hinein in seinen...
„Argh!", brüllte Harry, rieb sich dann die Augen, um das Bild auszuradieren, so köstlich das auch war. Um sich selbst abzulenken, richtete er seinen Zauberstab auf den sich drohend auftürmenden Stapel Briefe. Dieser ordnete sich gehorsam selbst nach dem jeweiligen Dringlichkeitsgrad. Neun Heuler grummelten drohend ganz oben auf dem Stapel.
Die ersten drei kamen von Hermione, und Harry entsorgte sie ungeöffnet mit einem gemurmelten "Incendio". Die nächsten beiden waren von Draco und verlangten nicht weniger als vier Hexsprüche und der wiederholten Benutzung eines schweren Marmorbriefgewichts, um sie zum Gehorsam zu prügeln. Der Rest beinhaltete eine Mahnung überfälliger Bibliotheksrückgaben, Säumnisgebühren für seine bald auslaufende Apparitionslizenz und schließlich eine noch immer rauchende Botschaft von Minerva bezüglich des, wie Severus und er es inzwischen nannten, 'Lehrerzimmervorfalls'; so viel zu der Absicht, ihre Beziehung vorerst für sich behalten zu wollen.
Harry fegte den Dreck der Asche beiseite und griff nach dem obersten Brief. Er öffnete die Klappe und hob die Augenbrauen. Das Schreiben war für Hermiones Verhältnisse ein wenig bildhaft, und der hitzigen Prosa und wütenden Handschrift fehlten ihr üblicher Schliff.
Verdammt, Harry,
ich war wirklich geduldig.
Er zuckte zusammen bei der nur zu guten Erinnerung an ihre hastigen Begegnungen in den Gängen, als sie versucht hatte, ihn zwischen den Unterrichtsstunden oder während der geschäftigen Bürozeiten abzufangen, oder ihrer wiederholten Pläne, sich zu treffen, um die Leistung der Charmegranaten zu besprechen. Treffen, die Harry, vor die Wahl gestellt, zwischen von Hermione gegrillt oder von Snape ... gedrillt zu werden, natürlich nicht eingehalten hatte. Also, ja, Hermione war schrecklich geduldig gewesen bei alledem, wenn man das alles in Betracht zog.
Ich habe während deiner Bürostunden auf dich gewartet. Ich habe in Dumbledores Büro auf dich gewartet, während du und Snape an eurem sogenannten Geheimprojekt gearbeitet habt. Und was für eine Art Projekt beinhaltet überhaupt Gebrüll, das Rumschmeißen von Möbeln und zerrissene Kleidung? Nach all diesen Jahren, seid ihr beiden noch immer nicht an einem Punkt angelangt, an dem ihr zumindest höflich zueinander sein könnt?
Ich habe mir trotz meines vollen Tagesplans die Zeit genommen, um vor deinem Klassenzimmer auf dich zu warten, oder dir zum Mittag- oder Abendessen Gesellschaft zu leisten, damit wir miteinander reden können. Und trotzdem bist du jedes einzelne Mal entweder zu beschäftigt, zu spät für eine Besprechung (und dabei hätte ich gedacht, mittlerweile seist du ein bisschen besser organisiert als früher, so als Lehrkraft und Vorbild und überhaupt!), oder du bist, mit Dumbledores Worten, 'Nicht verfügbar'.
Harry James Potter, ich muss feststellen, dass mir mittlerweile ganz offiziell die Geduld ausgegangen ist.
Sie hatte seinen zweiten Vornamen benutzt. Harrys Magen plumpste ihm auf die Zehen.
Ich hätte nicht gedacht, dass es ausgerechnet bei dir von allen Leuten notwendig sein würde, auf den Ernst der Situation hinweisen zu müssen. Es ist unverzichtbar, dass unsere Forscher einen vollständigen Bericht über die Leistung der Charmegranaten erhalten. Ja, wir haben bis zum Umfallen getestet, aber Tests sind kein Ersatz für die Anwendung unter unvorhersehbaren Feldbedingungen.
Ich sollte dich daran nicht erst erinnern müssen, Harry.
Der Säuberungstrupp des Ministeriums hat den Explosionsort so gründlich untersucht, wie es die knappe Zeit nur zugelassen hat, und wir haben natürlich Albus' Zusammenfassung der Geschehnisse, aber das reicht nicht, und weder du noch Snape haben einen Feldbericht über den Vorfall eingereicht.
Und, nur fürs Protokoll, ich betrachte deine knappen Ein-Satz-Antworten auf den Fragebogen, den ich dir über Dumbledore zukommen lassen habe, NICHT als anständigen Bericht.
Er kniff sich an die Nasenwurzel und seufzte. Wie immer hatte Hermione Recht. Er fühlte sich marginal besser, dass Professor Ach-So-Gut-Organisiert Snape seinen Bericht auch nicht abgegeben hatte, aber das entschuldigte ihre von Lust getriebene und von Schlafmangel geförderte Nachlässigkeit nicht.
Wir befinden uns in unserer Forschung in einer kritischen Phase, einer absolut kritischen. Die HDD sind im Aufstieg begriffen, illegale Zaubertränke und Mittel für Dunkle Zauber sickern mit alarmierender Geschwindigkeit in die Muggelwelt. Wenn die magische Gemeinschaft nicht etwas tut, um das Problem in den Griff zu bekommen, wird die Muggelregierung zum Einschreiten gezwungen. Trotz ihrer Eleganz sind Duelle zwischen Einzelzauberern veraltet, und inzwischen dank der Malfoy-Innovationen hochgradig ineffektiv. Wir brauchen bessere Hilfsmittel, Waffen, die im größeren Rahmen arbeiten, solche, zu deren Gebrauch man jeden Zauberer trainieren kann, nicht nur die begabten. Draco und ich tun unser Bestes, aber wir können nicht im luftleeren Raum operieren!
Verdammt noch mal, Harry, wir brauchen deinen Bericht!
Schick ihn bald, oder ich sehe mich gezwungen, zu Heulern zu greifen.
Deine
H
Harry lehnte sich in seinem Sessel zurück und presste die Fingerspitzen aneinander. Sie brauchten wirklich bessere Waffen. Er hatte Hermione oft genug darüber predigen hören. Aber wenn es um neuartiges magisches Arsenal ging, waren die Forscher des Ministeriums von der Fred-und-George-Schule des ‚Größer Ist Besser'. Harry mochte einen schönen rasenden Feuerball so gern wie jeder andere Zauberer auch, aber über die Jahre hatte Snapes ständiges Herumhacken auf Heimlichkeit, Gerissenheit und Subtilität seinen Eindruck bei ihm hinterlassen.
Sicher, er hatte das Lagerhaus mit nur drei Charmegranaten dem Erdboden gleich gemacht, aber er hatte gleichzeitig einen Sturm an roher Magie losgelassen, der einen ganzen Häuserblock verwandelt hatte. Und was vielleicht noch wichtiger war, er hatte die Beweise vernichtet, die Narcissa für zwanzig Jahre nach Azkaban hätten bringen können. Richtig, er hatte in einer Notfallsituation improvisiert, und Dumbledore war entgegenkommend gewesen -- Harry waren keine Vorwürfe gemacht worden -- aber er konnte die Konsequenzen seiner übereilten Aktion auch nicht leugnen.
Für all das schuldete er Severus noch immer eine Entschuldigung.
Hermione und Draco hatten Recht: Sie brauchten bessere Waffen. Bessere Methoden, um Gefangene zu verhören, um Vorräte illegaler Magie zu finden und zu eliminieren, bessere Methoden, um HDD-Organisationen zu infiltrieren und zu zerschlagen, bevor es zu spät war. Aber letztens hatte Harry angefangen zu denken, dass, anders als zu Voldemorts Zeiten, bei dieser neuen Art von Bedrohung Weniger vielleicht doch Mehr sein könnte. Anstelle von unverschämten und mutigen Explosionen brauchten sie etwas Hinterlistigeres, etwas Gerissenes und Schlaues. Etwas Subtiles, Stilles, wie Seide auf der Haut, und doch Schmerzhaftes: Einen goldummantelten Ziegelstein auf den Hinterkopf.
Das Problem war, dass Harry trotz seiner Zeit in der Universität einfach Scheiße im Recherchieren war – er hatte keine Ahnung, welche Art von Weniger ihnen helfen könnte. Genauso wenig wusste er, wie man an seine Erschaffung herangehen könnte, geschweige denn, wie man die sogenannten Größeren Geister im Ministerium dahingehend überzeugen könnte, dass die Sache funktioniert.
Harry seufzte wieder und schloss die Augen, um sich vorzustellen, welche Form Etwas Weniger wohl haben könnte. Aber alles, was er sehen konnte, war diese verdammte Kristalldekantiere, die sich über seinen ausgebreiteten Körper neigte und ihre dunkle, von Blitzen durchzuckte Flüssigkeit über seine blanke Haut goss. Komm für mich, Harry, verlangte der Phantomsnape, und ein hilfloser Harry --
-- keuchte und riss die Augen auf.
Er saß eine volle Minute lang wie erstarrt da, mit bewegungslosem Körper, während seine Gedanken von einer Möglichkeit zur nächsten rasten. Als der Gedankensturm ihn endlich losließ, keuchend und sein wilden Augen durch den leeren Klassenraum jagend, dauerte es nur noch einen Moment, um seine Sachen zusammen zu kramen, sich den Umhang umzuwerfen, Nox zu murmeln und auf dem Weg zur Tür raus das Büro mit einem Zauberspruch zu versiegeln.
Im Korridor lungerte ein mäuschenartiger Ravenclaw aus der zweiten Klasse mit einem Armvoll Bücher herum. „Professor Potter? Ich habe mich gefragt, ob Sie vor dem Abendessen wohl noch Zeit hätten, mir mal zu erklären, wie..."
Mit einem geistesabwesenden „Später, Mr. French" schob sich Harry an dem enttäuschten Schüler vorbei und rannte beinahe den Korridor in Richtung Bibliothek davon. Die Bibliothek! Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Hermione wäre sooo stolz.
==================================
In ihrer Struktur bestehen Sentiosymbiotika aus vier Komponenten:
1) einer Zaubertrankmatrix,
2) einer unfassbaren Essenz,
3) einem Zauberspruch, der eine Pseudo-Empfindung auf
die Synthese von 1 und 2 überträgt, und
4) einem Zauberspruch, der den Empfindungszauber aktiviert.
Wird die vorbereitete Lösung auf den Körper aufgetragen
(üblicherweise in Form einer Lotion), zieht sie augenblicklich
in die Poren ein, sucht und verbindet sich direkt mit den
inneren magischen Zentren des Anwenders und wird Eins
mit seiner oder ihrer intrinsischen Magie.
Hat der Zubereiter der Hybride ein magisches Interface bereitgestellt, kann
der Zauberer oder die Hexe Aspekte der Verzauberung wie Stärke, Reichweite
und Anzahl der beeinflussten Personen bewusst kontrollieren. Andernfalls arbeitet
die Hybride unabhängig im Grundzustand.
==================================
Unmittelbar nach Beginn der Ausgangssperre kam Snape heim, nachdem er hinter den Rosenbüschen eine Horde miteinander rummachender Hufflepuffs aufgescheucht hatte. Er blieb vor dem Kamin stehen, um seine Hände zu wärmen, und lächelte. Ihr entsetztes Quietschen und das nachfolgende Grabbeln, um diverse Socken, Schuhe und Unterwäscheteile zu sortieren, waren besonders befriedigend gewesen.
Er warf seinen Umhang über die Stuhllehne und einen Blick auf die Uhr. Noch immer drei Stunden Zeit bis zu seiner und Potters offiziellem... Auftrag. Dann ließ er sich an seinem Schreibtisch nieder, um sich mittels roter Tinte einen Weg durch einen Stapel stumpfsinniger Erstklässler-Aufsätze über magische Maßsysteme zu bahnen. Völlig egal, wie oft und gründlich er es erklärte, diese Idioten würden die Theorie signifikanter Messanzeiger nie begreifen.
Die Minuten tickten mit quälender Langsamkeit dahin. Snape hatte schon eine halbe Flasche Tinte verbraucht und acht übermäßig aufgeblasene Ravenclaw-Egos zerschmettert -- um Merlins Willen, glaubten diese Idioten ernsthaft, dass sie mit einer Schülerwaage die Masse akkurat bis auf zehn Nachkommastellen berechnen könnten?! -- als er das Geräusch von Laufschritten in seinem Flur hörte. Nur Sekunden später kribbelten die Schutzzauber ihre Warnung auf seinem Nasenrücken. Snape sah hoch, als Potter ein Blatt Papier schwingenderweise durch seine Tür brach.
„Severus!", keuchte er atemlos.
Snape kehrte zu seinen Zensuren zurück. „Du hast das Abendessen verpasst."
„Ich weiß." Potter zog einen Stuhl zum Schreibtisch heran und ließ sich darauf fallen. „Ich war in der Bibliothek."
Das ließ ihn innehalten. „Mir war gar nicht bekannt, dass du wusstest, wo sich hier in Hogwarts die Bibliothek befindet, Mr. Potter."
„Ha, ha. Jetzt mal ernsthaft. Lass das, und hör mir zu." Potter nahm ihm die Feder aus der Hand und schob die Aufsätze beiseite.
Snape starrte ihn ärgerlich an, aber Potters Wangen waren gerötet, seine Augen leuchteten, seine Lippen waren aufgebissen und feucht, und sein Haar stand in unordentlichen Zacken ab. Snapes Herz stockte in seiner Brust.
„Schau mal", sagte Potter, breitete seinen Stop Papiere über dem Schreibtisch aus, und legte auf die sich einrollenden Enden der Schriftrollen Bücher, Schreibfedern und andere zufällig greifbare Objekte zur Beschwerung. Er klopfte nachdrücklich auf eine der Seiten. „Ich habe eine Idee."
Der böse Blick wich aus Snapes Gesicht. Bei Feldeinsätzen bedeutete diese Phrase in Pottersprache: Scheiß Auf Den Plan, Lass Uns Mal Was Hochjagen. Zugegeben, Harrys Ich habe eine Ideen hatten sie in der Vergangenheit schon ein oder zwei Mal aus der Tinte geholt, aber trotzdem.
„Sieh mich nicht so an. Hör einfach zu, okay?"
Snape seufzte und stützte sein Kinn auf die Faust. „Sehr schön. Erzähl mir von dieser brillanten Idee."
„Also", meinte Potter und rieb sich die Hände. „Du weißt, dass wir unsere Missionsberichte irgendwie noch nicht abgegeben haben, nicht wahr?"
Und wessen Schuld war das? Wenn dieser pestartige Bengel bloß nicht so... lecker wäre, könnte Snape tatsächlich dann und wann mal ein bisschen echte Arbeit in seinen Tagesablauf hineinquetschen. Das Schlafen hatte er nun gewiss schon eingestellt.
„Und dass wir beide Hermione und Draco noch Berichte über den Feldeinsatz der Charmegranaten schulden?"
Das wusste er nur zu gut, wie die Nach-Heuler-Brandflecken an seiner Zimmerdecke bezeugen konnten. Verdammt sollte der Malfoy-Sprössling sein in ein Fegefeuer wiederkehrender Impotenz; das würde gleichermaßen seinen Patensohn und die ewig nervende Hermione Granger mit einem einzigen metaphorischen Stein entsorgen.
Bei näherer Überlegung könnte Abstinenz Granger andererseits noch unerträglicher werden lassen.
„Und wie du immer darüber redest und redest und redest", Snape zischte, und Potter beeilte sich weiter zu sprechen, „dass dieser Krieg anders ist, und wir nicht größere Explosionen brauchen, sondern uns besser konzentrieren sollten auf Aufklärung, und Verdeckte Ermittlung, und Verhöre, und was nicht alles?"
Gab der Junge etwa tatsächlich zu, dass Snape Recht hatte mit der absurden Richtung, in die das Ministerium seine Forschung betrieb? Da war doch bestimmt der Himmel eingestürzt.
„Nun, ich hab darüber nachgedacht, und mir vorgestellt, wie ein Etwas aussehen könnte, das subtil und hinterlistig und heimlichtuerisch ist."
Potter grinste triumphierend. Snape runzelte die Stirn und wartete. „Und?", fragte er, während er mit den Fingern auf der Tischoberfläche trommelte.
„Und." Potter klatschte mit der Handfläche auf die oberste Seite. „Und das da!"
Snape zwang seinen Blick von Potter weg -- dessen glasiger Blick einer koitalen Verzückung zu ähnlich war, als dass man dabei rationale Gedanken verfolgen könnte -- und starrte konzentriert auf ‚das da' vor ihm; Potters Handschrift hatte sich seit seinen Schülertagen bestimmt nicht verbessert. Nach einem bisschen Schielens und Herumdrehens der ersten Seite verdaute Snape die These. Er entzifferte die zweite -- mit einer Reihe von Diagrammen -- ein bisschen leichter. Dann überflog er mit zunehmender Geschwindigkeit die nächste Seite. Dann die nächste, dann die nächste, bis, „Verdammt, Harry, wo ist der Rest?", und irgendwo in der Mitte eines genialen und nahezu teuflisch guten Vorschlags auf Seite fünf war Snape zu der Schlussfolgerung gezwungen, dass jeder Zauberer, sogar ein akademisch so... gleichgültiger wie Potter, dann und wann einmal über eine gute Idee stolpern konnte.
Und was für eine Idee!
Oh, sie bedurfte noch eines ordentlichen Stücks Nachbesserung, versteht sich. In den Thesen befanden sich noch klaffende Lücken, in den Details ein Übermaß an Oberflächlichkeit, und eine gewisse Wackligkeit in dem theoretischen Unterbau -- alles wohlbekannte Markenzeichen Potters. Aber auch so fand sich hier wahre Schönheit.
Neben ihm rutschte Potter in seinem Stuhl hin und her, und begann, mit großen Schritten durch die Kammer zu wandern. Snape schloss die Augen, blockte sämtliche Ablenkungen ab und hmpfte, während die Idee hoffnungsvoll in seinem Gehirn blubberte.
Man füge ein bisschen mehr Theorie hinzu, und schon würde das Konzept stabilisiert; man rühre zu gleichen Anteilen Recherche, kontrollierte Testreihen und Dunkle Absichten hinzu, um ihm Tiefe, Körper und Vielseitigkeit zu verleihen; man sprenkle eine Prise Vielleicht und ein bisschen Glück hinein, und was? – Einen Zauberspruch? Zaubertrank? was zur Hölle war ‚das da' eigentlich?! – das all das ohne magische Nähte verbinden könnte, das die reinste Essenz einer Suggestion entfalten oder verstecken könnte.
Faszinierend.
Snapes Berufsmeinung zufolge lag Potters größte Stärke in seinem Improvisationstalent. Der Mann konnte einen Zauberspruch hier und da verbiegen, und ihn auf eine Weise gebrauchen, für den dieser nie vorgesehen war. Er war Zeuge gewesen, als Potter einen sanften Spruch, mit dem man Weinreben wachsen ließ, durch Zugabe eines einzigen Vokals in einen furchtbaren, tödlichen Fluch verwandelte, der Venen absterben ließ – und das auch noch im fliegenden Einsatz inmitten eines Duells! Während Snape über die Möglichkeiten von Potter ‚das da' nachdachte, war er wieder einmal beeindruckt von dem Talent des anderen Zauberer zur Transmogrifikation.
Aber egal. Diese, diese Essenz, auf die sich Potter bezog, wie gewann man diese, wie konnte man sie aufbewahren? Snape runzelte die Stirn und grübelte hart. Was, wenn man in einem Zaubertrank auflöste? Eingenommen, oder... nein, zu empfindlich. Vielleicht lokal angewandt. Ja. So würde es zu einer natürlichen, nicht nachweisbaren Erweiterung der eigenen Macht eines Zauberers. Natürlich!
Solch ein Zaubertrank würde höllisch schwer zu brauen sein, aber nicht unmöglich – zumindest nicht für jemanden von Snapes Talenten. Aber er musste mehr wissen -- was genau war seine Natur? Wie war sein spezifisches Gewicht, seine Viskosität, würde es zerfallen, welche Charakteristika müsste die Zaubertrankmatrix haben, um...
„Nun?", fragte Potter, und Snape blinzelte. Nun wirklich.
„Diese Essenz, die du erwähnst. Auf den Seiten vier, sieben und dreizehn." Snape gestikulierte in Richtung der genannten Seiten. „Was genau ist das?"
Es herrschte ein langes Schweigen, und Snape starrte verwundert Potter an, der bis zu den Haarwurzen errötete.
„Ähm, na ja", murmelte Potter und blickte starr auf seine Hände herunter. „Ich dachte vielleicht..."
„Red schon, Junge!"
„Es ist, äh, deine Stimme", sagte Potter in einem Rausch.
Seine Stimme? Snape klopfte mit den Fingern gegen sein Kinn und dachte nach. „Setz dich, Potter", sagte er schließlich. „Ich glaube, wir haben Arbeit vor uns."
==================================
Unfassbare Essenzen sind hochgradig konzentrierte Eigenschaften des
physikalischen Raums, die emotionale Informationen übertragen. Jede der
Unzumutbaren hat einen der fünf Sinne als physikalische Basis und manipuliert
den emotionalen Zustand der angegriffenen Partei über diesen Sinn. Wird
dieser in die Zaubertrankmatrix eingeschleust, auf den Verzaubernden aufgetragen
und dann aktiviert, so manipulieren die verstärkten Essenzen unmerklich die
Emotionen der sich in der Einflusssphäre der Verzauberung befindlichen Personen.
Dies kann zu Freude, Schmerz oder gelegentlich auch anderen, exotischeren
Gefühlszuständen führen.
Große Sorgfalt muss gewahrt werden bei der Destillierung der unfassbaren
Essenz (von Snape produzierte Essenzen sind besonders potent und explosiv)
wie auch bei deren Auftragung, da es schon zu unerwarteten Nebenwirkungen
gekommen ist. Das Gewinnen dieser Essenzen ist ein komplizierter und
ziemlich intimer Prozess; Näheres entnehmen Sie bitte Theorie, Analyse
und Struktur der Unzumutbaren.
==================================
Nach beinahe zweieinhalb Stunden furiosen Kritzelns und Skizzierens, Herbeizauberns von Referenzbüchern von ihren Regalen, Zerfetzens zahlreicher Blätter Pergament und Verschüttens von Tinte und dem Verfolgen von Potters grober These bis zu deren logischer Konkludenz -- ganz zu schweigen sich gegenseitig aus voller Kehle Anbrüllens -- lehnte sich Snape zurück und starrte mit einem Gefühl von Ehrfurcht und Befürchtung auf ihre Arbeit.
Die Theorie war ein bisschen unterfüttert worden, die Annahmen bestätigt. Sie hatten den gröbsten Entwurf eines Experimentalplans, und auch wenn Potters Arithmantik ganz offen gesagt abgrundtief schlecht war, war Snapes doch exzellent -- er hatte immerhin in dem Fach ein zweites Diplom abgeschlossen.
Eine Variable stach wiederholt heraus: Thurisaz, die Rune der Zerstörung und Abwehr, die projektierbare Form angewandter Macht.
Und an ihrer Stelle schlug Harry den Einsatz seiner Stimme vor.
Snape war kein eitler Mann. Seine Nase war stolz, aber hakenartig gekrümmt, seine Haare hingen gewöhnlich formlos herunter von all den Zaubertrankdämpfen, seine Kleider rochen oft nach Schwefel und noch viel weniger appetitlichen Dingen, Bleichzauber ließen seine Zähne schmerzen; er war verdammt, sie in ihrer natürlichen gelblichen Farbe zu lassen. Er war zu viele Jahre lang ein kleiner, dünner Knirps gewesen, bevor ihn ein Wachstumsschub mit sechzehn linkisch werden ließ, und er dann ungeschickt und gehemmt über den anderen türmte. In sein Aussehen war er mit den Jahren hineingewachsen, mehr oder weniger, aber er war Jahre lang wirklich nichts Besonderes gewesen.
Es war ihm immer noch irgendwie ein Rätsel, was Harry heute in ihm sah.
Verdammt dazu, sein Leben lang bestenfalls beeindruckend und imposant, aber niemals attraktiv, gutaussehend oder sogar (Merlin verbiete das!) niedlich zu sein, hatte Snape sein Aussehen insgesamt ignoriert, und sich stattdessen darauf konzentriert, seinen herausragenden Intellekt weiter zu fördern und eine Dreifaltigkeit von Künsten zu meistern: Die Stimme, Den Hohn und Das Bissige, Sarkastische Niedermachen. Und wie er die gemeistert hatte. Über Jahre hinweg hatten diese Fähigkeiten, ergänzt um sein enzyklopädisches Wissen über Hexsprüche und sein wohlbekannter Ruf hinsichtlich seiner Rachsucht ihn bei seinen Klassenkameraden regelrecht gefürchtet gemacht, und später, als Erwachsener, ebenso von seinen Schülern und Kollegen.
Nein, Snape war nicht eitel, aber mit seiner Stimme hatte er Kinder, alte Frauen und kleinliche Bürokraten in heulendes Elend verwandelt. Er hatte Egos zerfetzt, Doktoranden sich vor Angst in die Hose machen lassen, und bei mehr als einer Gelegenheit Krawall angezettelt. Verdammt, er hatte sogar Harry Potter nicht weniger als fünf Mal zum Orgasmus gebracht, nur indem er seine blanke, magisch unverzierte Stimme eingesetzt hatte.
Und jetzt schlug ihm sein... Lover, ein Mann der angeblich einer der Guten Jungs war, tatsächlich vor, sie zu benutzen. In einem Zauberspruch, Zaubertrank, Dings. Als Waffe.
„Du begreifst aber, Harry", sagte er nach einem langen Schweigen, „dass, wenn das funktioniert... wenn wir es tatsächlich schaffen sollten, diesen Vorschlag in die Tat umzusetzen..."
„Ich wei", erwiderte Harry ruhig und schob seine Brille auf der Nase hoch. Die jungenhafte Geste stand in seltsamen Kontrast zu dem alten, wissenden Blick in seinen Augen. „Es ist unterschwellig, es ist heimtückisch. Es ist...", seine Stimme brach, während er wohl nach einem besseren Ausdruck suchte.
Snape hatte Mitleid mit ihm. „Unzumutbar", erklärte er ohne jede Spur von Überheblichkeit. „Es ist äußerst unzumutbar."
==================================
Sentiosymbiotische Spruchtränke wirken subtil und sind quasi unentdeckbar
durch magische Mittel. Ihre Wirkung hält lange an (da sie ihre Macht zum Teil
durch die innere Magie des Individuums entwickeln) und perfekt angepasst
auf Situationen, die Heimlichkeit und/oder List erfordern. Bis zur Entwicklung
der sentiosymbiotischen Spruchtränke haben Zauberer und Hexen vergleichbare
Erfolge mit Hilfe verzauberter oder verwandelter Objekte, oder mit aktiven
Zaubersprüchen und –tränken (wie Imperius, Cruciatus und Vielsafttrank)
erreicht, die sich mittlerweile alle entdecken oder abwehren lassen.
Hybride arbeiten unterbewusst. Ahnungslose Individuen, die unter ihren
Einfluss geraten, bleiben sich des Zaubers unbewusst. Dadurch werden
ein nachfolgend ausgesprochener Confundus-Zauber oder Gedächtniszauber,
die den Vorfall aus ihren Erinnerungen löschen, gar nicht erst notwendig, da
es dort gar keinen bemerkenswerten „Vorfall" gibt, den man verschwinden
lassen müsste.
Diese unterbewusste Wirkung ist eine der Hauptcharakteristika, die die
Unz so besonders unzumutbar machen. Aus diesem Grund ist ihre Herstellung
mittlerweile strikt durch die Abteilung für Magische Strafverfolgung
kontrolliert (siehe MSV: Richtlinien Zur Kontrolle Magischer Substanzen,
Sprüche und Anderer Magischer Was Weiß Ich Was, Abschnitt 198.5.2:6:957).
==================================
Um 23:58 Uhr klopfte Snape einmal fest an Dumbledores Bürotür.
„Halt den Mund, und überlass das Reden mir", murmelte er Harry zu, dann öffneten sie beide, die Arme voll mit Büchern, Schreibfedern und Schriftrollen, die Tür und traten ein. Drinnen warteten zwei Leute: Albus natürlich und wenig überraschend, die aufreizende Miss Granger.
„Severus, Harry", begrüßte Dumbledore sie mit strahlendem Lächeln. „Pünktlich wie immer."
Snape wandte sich zunächst an ihre vormalige Verfolgerin. „Miss Granger", sagte er knapp und drückte ihr zwei Schriftrollen in die Hände. „Hier sind unsere Berichte über die Leistung Ihrer hochgradig kontraproduktiven Charmegranaten. Meiner wohlüberlegten Meinung nach eine absolute Zeitverschwendung. Für echte Feldarbeit in der heutigen Zeit sind sie völlig wertlos, und schon jetzt auf dem besten Wege, von genialeren Erfindungen überrollt zu werden."
Granger stand kurz mit offenem Mund da, und als ihre Unterlippe ungewollt, aber durchaus befriedigend zu beben begann, verzog Snape höhnisch das Gesicht und wandte sich Dumbledore zu.
„Albus. Hier sind die Aufträge für den heutigen Abend." Er warf dem Schulleiter zwei Schriftrollen zu. „Ab sofort ist Schluss mit dieser absurden Beschäftigungstherapie, und wir behalten unsere Zauberstäbe. Potter und ich haben zu arbeiten."
„Ist das so?" Dumbledore strahlte, als habe man ihm gerade eine Kiste feinster Zigarren überreicht. Oder Schokoladenfrösche.
Anstelle einer Erwiderung rückte Snape seinen Armvoll Forschungsunterlagen zurecht und fegte an ihnen beiden vorbei auf seinem Weg in das Hinterzimmer. Hinter ihm hörte er Potter sagen: „Hey Hermione, tschüß Hermione. Tut mir Leid, dass ich keine Zeit hab zu bleiben und mit dir zu reden. Müssen hiermit sofort anfangen."
Dann schloss sich die Tür hinter ihnen und sie hatten ihre Ruhe.
Snape legte seine Bücher auf dem Tisch ab und drehte sich um. Potter beobachtete ihn.
„Glaubst du wirklich, dass wir das hier schaffen?", fragte Potter, der seine Bücher so eng umklammerte, dass seine Fingerknöchel weiß waren. Seine grünen Augen leuchteten intensiv, eine beinahe spürbare Streicheleinheit auf Snapes Haut: Da gab es noch einen anderen strittigen Punkt, etwas viel Wichtigeres als einen unbekannter Zauberspruch oder -trank.
Konnten sie es schaffen?
Er spürte ein komisches Flattern im Bauch, und seine Handflächen waren feucht. Beziehungen waren ebenso unvorhersagbar und gefährlich wie Forschung – eine Reise ins Unbekannte. Aber, so erinnerte er sich selbst, Forschung war auch aufregend und befriedigend, unabhängig vom Ausgang des Experiments.
Konnten Harry und er es wirklich schaffen?
„Du tust deinen Teil, Harry", sagte Snape schließlich in einem viel selbstsichereren Tonfall, als er sich selbst fühlte. „Ich tue meinen." Und dann, fügte er in Gedanken hinzu, werden wir sehen.
==================================
Es gibt fünf Subkategorien der Unz, von denen sich jeder auf einen der
Sinne bezieht: Gehör, Sicht, Berührung, Geschmack und Geruch.
Vox wurde als erster entwickelt.
Historiker sind unterschiedlicher Meinung über den Grund, warum als erster
der Unzumutbaren der des Gehörs erfunden worden ist, und Potter und
Snape waren seltsam zurückhaltend, wenn es darum ging, die Haupttheorien
zu bestätigen oder zu bestreiten. Vielmehr haben sie Fragen regelmäßig mit
Hinweisen auf ihre derzeit noch unveröffentlichten Forschungsnotizen abgewendet.
Aber die Wahl ist wahrscheinlich auf die Tatsache zurückführen, dass
Severus Snape in Ergänzung zu seiner unvergleichlichen Geschicklichkeit
in Bezug auf Zaubertränke ebenso über eine außergewöhnliche Sprechstimme
verfügte, und vertraut damit war, diese einzusetzen, um ungezogene Schüler
während seines Unterrichtes zum Gehorsam zu rufen und anderweitig
einzuschüchtern. Es ist gut möglich, dass Potter und Snape sich in der
anfänglichen Experimentalphase entschieden, Kapital aus einer Essenz zu
ziehen, die leicht zur Hand zu haben war.
==================================
Albus, Severus und Harry. Waren die drei jetzt völlig verrückt geworden?
Hermione ergriff das Paar langersehnter Berichte und teilte ihre Aufmerksamkeit zwischen dem Schulleiter und der Tür, hinter der Snape und Harry gerade verschwunden waren.
Trotz seiner charakteristischen Schnippischkeit hatte Snape geradezu begeistert ausgesehen bei der Aussicht, mit Harry in einem Zimmer eingesperrt zu werden. Harry wiederum, mit seinen geröteten Wangen, glänzenden Augen und seltsam unordentlichen Kleidung, hatte ausgesehen, na ja, ‚geistesgestört' war noch das freundlichste Adjektiv, das ihr einfiel. ‚Verrückt geworden' würde es zur Not auch tun. Und schließlich hatte Albus seine gewohnheitsmäßige freundliche Reserviertheit beiseite geschoben, und kicherte jetzt über das Blatt Papier, das ihm Snape in den Arm gedrückt hatte.
Als nach einer Weile feststand, dass es keine weiteren Ausführungen über das kleine Drama, das sich soeben abgespielte hatte, geben würde, stopfte Hermione die Berichte in ihren Ärmel, machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Zimmer. Dafür war sie nun also aus einem warmen Bett gekrabbelt, in dem ein williger (und teuflisch erfinderischer) Partner lag?
Wie Ron sagen würde: Total bekloppt, der ganze Haufen!
==================================
Es ist gleichermaßen Thema der Debatten, wie das Paar zu der radikalen
Vorstellung gelangt ist, die unfassbare Essenz von Snapes Stimme als
Waffe einzusetzen. Vom Terrorisieren der Zaubertränkeschüler der
Unterstufe mal abgesehen, ist die Verbindung von Stimme zu Waffe eine
eher unorthodoxe, und die zeitgenössische magische Verteidigungsforschung
verlief ansonsten in weit konservativeren Bahnen (siehe Verteidigungs-
forschung Des Ministeriums: Die Feine Kunst, Dinge Knallen Zu Lassen).
==================================
Viel später in dieser Nacht, als sie befriedigt im Bett lag und zwischen Wachen und Schlafen schwankte -- lange nachdem sie nach Hause gekommen war, nachdem Draco (vorhersehbar geiler junger Mann, der er war) sich schon auf der Türschwelle auf sie gestürzt und dabei Umhang, Zauberstab und Berichte in alle Richtungen verstreut hatte, ihr den Rock hoch und das Höschen runter gezogen hatte, sich auf die Knie fallen lassen und ihr eine ausgedehnte Kostprobe seiner wirklich beeindruckenden oralen Talente gegeben hatte -- lief die Szene in Dumbledores Büro noch einmal träge vor Hermiones geschlossenen Augenlidern ab und zeigte ihr Einzelheiten, die sie vorher bewusst nicht wahrgenommen hatte.
Selbst als Snape seine schneidende Abkanzelung der Charmegranaten von sich gegeben hatte, war seine Aufmerksamkeit woanders hin gerichtet. Auf Harry nämlich. Dumbledore hatte im Hintergrund gestanden, lächelnd, mit einem raffinierten, wissenden Funkeln in den Augen, und Harry -- Hermione schoss mit einem Keuchen hoch.
Sie sah auf ihren ausgepumpten Lover herunter, erinnerte sich an seine hitzige Begrüßung an der Eingangstür und erkannte: Kein Wunder, dass ihr Harrys Gesichtsausdruck so bekannt vorgekommen war!
Draco rollte sich auf die Seite und blinzelte schläfrig. Der größte Teil seines Gesichts war immer noch ins Kissen gequetscht, und seine Worte waren fast nicht zu verstehen. „Was'n los, Schatz? Schl'cht g'tr'mt?"
„Harry und Snape", verkündete sie laut und fragend. Und Albus. Wie passte Dumbledore in dieses Bild? Und da war immer noch die Frage des 'Geheimprojektes'. Was hatten die drei bloß vor?
„H'rry 'n' Sn'pe, was's m't 'nn?"
„Ich glaub, die sind vielleicht... zusammen", äußerte sie vorsichtig.
„Huh." Dracos Lider glitten wieder zu. „War auch Zeit, dass die's kapieren", murmelte er in sein Kissen, und kuschelte sich wieder unter die Decke. Ein paar Sekunden später begann er zu schnarchen.
War auch Zeit, dass die's kapieren?!
Mit einem ziemlich grimmigen Gefühl, dass ihr niemand irgendwas erzählte, saß Hermione noch eine Weile da, starrte in die Dunkelheit, und tastete die Vorstellung von Harry und Snape zusammen in Gedanken ab, so seltsam dies auch schien. Sie hatten sich jahrelang gehasst. Ihre Antipathie war der Stoff, aus dem Legenden sind. Und jetzt – Lover? Das war vollständig und absolut unerklärlich. Ron würde einen Anfall kriegen! Aber dann wiederum, dachte Hermione und strich mit den Fingern sanft über Dracos stoppelige Wange, wenn man bedachte, dass sie mit einem magischen Suprematisten und Ex-Todesser im Bett lag, schätzte sie, hatte es in der Tat wohl schon seltsamere Paare gegeben.
==================================
Einige Historiker -- insbesondere Kritiker von Potters intellektuellen
Fähigkeiten und Snapes ziemlich zweifelhafte Vergangenheit --
behaupten, dass die Erfindung der Unz nur ein glücklicher Zufall war;
höchstwahrscheinlich ein schiefgegangenes Zaubertrankexperiment.
Andere weisen auf den Einfluss von Albus Dumbledore hin und
spekulieren, dass er die beiden jüngeren Zauberer bei ihrer Forschung
angeleitet haben könnte.
Widersacher (und Insider) erkennen allerdings durchaus Dumbledores
berüchtigten Laissez-faire Managementansatz an, und weisen auf Snapes
und Potters eindrucksvolle magische Fähigkeiten hin, ihr Bewusstsein für
die Dringlichkeit des Kampfes gegen die Dunkelheit, und die Kombination
ihrer anderen einzigartigen Talente: Slytherins Gerissenheit und Gryffindors
Tapferkeit und Kreativität.
==================================
Das Problem bei der Forschung, dachte Harry sauer, war, dass es einem kostbare Zeit für alles andere raubte. Schlaf im Allgemeinen, und Sex im Besonderen.
Seit Harry Die Idee gehabt hatte, war Snape nur noch an Nachforschungen und Experimenten und nicht mehr das geringste bisschen an Sex interessiert. Um fair zu sein, lag das in erster Linie an ihren anstrengenden Unterrichtsplänen, zusammen mit ihren Verantwortlichkeiten für das Kollegium und den Orden, und Dumbledores zunehmend unsubtilen Andeutungen, Mal Ein Wenig Fortschritt zu sehen, wo er jetzt von Der Idee erfahren hatte. Aber trotzdem. Es war extrem frustrierend, jetzt, wo er den Mann nach Jahren fruchtlosen Hinterherlüstens endlich ins Bett gekriegt hatte, miterleben zu müssen, wie sie beide ständig erschöpft einschliefen, bevor die Festivitäten überhaupt beginnen konnten.
Erschöpfung in Diensten der guten Sache -- sagen wir, das Böse bekämpfen, oder einander dumm und dusslig vögeln -- war ja schön und gut. Aber beim Einschlafen in eine Schüssel Suppe reinzufallen, inmitten des Unterrichtsvortrags einzudösen oder mit auf Links gedrehter Robe infolge seiner Recherchemüdigkeit -- was Harry alles in den letzten paar Wochen passiert war, zum Amüsement seiner Kollegen und Schüler -- war doch wohl absolut Scheiße.
Es half auch nichts, dass Severus ganz in seinem Element war. Snape stolzierte mit theatralischen Schwingen seines Umhangs durch sein Kerkerbüro (Harrys zugemülltes Kabuff war als „zur Unterhaltung der einer Recherche angemessenen Geisteshaltung bedauernswert abträglich" deklariert worden, ganz zu schweigen von „armselig ausgerüstet in Bezug auf Referenzmaterialien, und, mal ehrlich, Potter, liest du eigentlich überhaupt etwas außer Quidditch-Magazinen?") und verbreitete eine verschlungene Logik, die Harry abwechselnd lüstern werden ließ und verwirrte.
„Hörst du mir eigentlich zu, Potter?"
„Äh."
„Das dachte ich mir." Snape blieb mitten im Schritt stehen und starrte ihn böse an. „Muss ich dich daran erinnern, dass dies hier deine Idee war?"
„Uhm."
„Dass, dank deines schlecht überlegten Gebabbels, Dumbledore jetzt ‚Große Dinge' von diesem kleinen Ausflug in den Wahnsinn erwartet?"
Als ob sich Snape in irgendeiner Weise besser gehalten hätte während Albus' Verhör vor zwei Wochen. Als ob auch nur einer von ihnen beiden bekennen wollte, dass sie sich lieber das Gehirn rausknutschten, statt pflichtgemäß ihre Strafarbeit abzusitzen. Harry grummelte leise vor sich hin.
„Du könntest wenigstens so tun, als seist du an diesem Gedankengang interessiert. Es nützt uns nichts, meine süßen Töne erfolgreich in Flaschen abzufüllen", predigte er weiter, während er eine Phiole dunkler, glitzernder Flüssigkeit hochhielt, „wenn wir aber immer noch keinen Weg gefunden haben, sie wieder loszulassen." Snape machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte durch den Raum.
Harry seufzte und sackte noch weiter in seinem Sessel zusammen; genau da lag das Problem.
Nach unzähligen Stunden in der Bibliothek hatte er schließlich eine Methode zusammengebastelt, mit der man Snapes Stimme... ernten konnte, um es mal so auszudrücken. Er hatte einen Eingrenzungszauber verkehrt, ihn innerlich mit Runen umzogen, ihn verzaubert, um auf sowohl hörbare wie unhörbare Frequenzen und magischen Kraftvektoren in Snapes Stimme zu reagieren, und dann alles in ein Stück reinen Rosenquarz gebunden. Der Vorgang beinhaltete viel zu viel Arithmantik für seinen Geschmack, aber schließlich und endlich, hatte Harry es geschafft, eine ziemlich geniale Audiofalle zu konstruieren. Eine Handvoll getunter Kristalle unter dem Bett und unter den Kissen verstreut, während sie sich liebten, und -- bei Snapes vokaler Kunstfertigkeit während des Sex – voilà! Auf diese Weise hatte er mehr als genug Rohessenz zum Experimentieren gesammelt.
Severus hatte die Sammelmethode nicht sonderlich gut gefallen, aber was soll's.
Der Destillationsprozess war viel kniffliger gewesen. Zusammen hatten Severus und er Stunden an der Kreidetafel verbracht, im Labor, auf der Jagd durch die Verbotene Abteilung, hatten Flitwick belästigt, Papierseiten erst bekritzelt, dann wieder zusammengeknüllt und einander angebrüllt, während sie versuchten, des Rätsels Lösung rauszubekommen.
Nachdem ihnen das erst einmal gelungen war, hatte Snape einen Zaubertrank entwickelt, in den die destillierte Essenz mittels Infusion eingebunden werden konnte. Das war nun ganz bestimmt ein Geniestreich gewesen, musste Harry zugeben. Aber jetzt, wo drei Viertel des Wegs zum Erfolg schon hinter ihnen lagen, steckten sie fest. Von sich aus schien die Essenz nichts zu tun, sie brodelte lediglich, dunkel und lieblich, in ihrer Phiole. Goss man sie aus, lag sie kurz auf der Haut, schillerte ein wenig und sickerte dann ohne jeden erkennbaren Effekt in die Poren.
„Es ist klar, dass sich der Zaubertrank erfolgreich mit den magischen Zentren des Körpers verbindet." Snape stach im Vorbeischreiten mit anklagendem Zeigefinger in eine Pergamentrolle voller Experimentalergebnisse. „Aber er verhält sich völlig inaktiv, wo er doch theoretisch vor Effekten überschäumen sollte!"
Er klatschte mit dem Handrücken auf das unverschämte Blatt Papier, warf dann mit einem letzten verächtlichem Schnauben das Papier beiseite, und schritt wieder zur Kreidetafel zurück, um dort die alchemischen Notizen zu examinieren, die die Zaubertrankmatrix beschrieben. „Wir brauchen einen Zugang zu dieser Gleichung." Snape zog Kreise um fünf Runenkombinationen auf der Tafel. „Ich nehme nicht an, dass du irgendwelche Vorschläge hast, Potter?"
Harry blinzelte. „Waa--?"
„Dachte ich mir."
„Hey!", protestierte er. „Es ist ja wohl nicht so, als ob ich je behauptet hätte, dass ich gut in so was sei. Du bist hier der Forschungsexperte. Was genau erwartest du eigentlich von mir?"
Snape stand still und starrte giftig auf ihn nieder. „Erfinde was! Das tust du doch sonst wohl immer, nicht wahr?" Er wandte sich ab und fegte wieder quer durch den Raum.
Hin und her. Sechs lange Schritte nach links, eine knappe Kehrtwende auf dem Absatz, und sechs Schritte zurück nach rechts. Snape durchquerte den Raum ein Halbdutzend Mal, hielt dann und wann an, um der Kreidetafel ein böses Gesicht zu zeigen, hastig durch ihre Notizen zu blättern, oder kryptische Anmerkungen in sein Laborbuch zu kritzeln. In der Zwischenzeit massierte Harry sich die Schläfen, unterdrückte diverse Male ein Gähnen und kämpfte -- erfolglos -- darum, nicht an Sex zu denken.
Diese Wirkung hatte Snape schon seit Jahren auf ihn.
Mädchen hatte Harry schon immer recht gern gehabt. Und nachdem er erst einmal ein peinliches und erschreckend zölibatäres fünftes Schuljahr überstanden hatte, hatten die Mädchen schließlich auch angefangen, das zu erwidern. Groß, klein, dünn, dicklich – Harry hatte wirklich keine besonderen Vorlieben, solange sie ihn einfach nur echt als Person mochten, und sie ihn zum Lachen bringen konnten; Lachen war die meiste Zeit seines Lebens ein knappes Gut gewesen.
Er hatte eine Weile länger gebraucht, um die Sache mit den Kerlen rauszukriegen. Das war nichts, was er erwartet hätte, und außerdem schien es eine ganze Zeit lang ohnehin, als seien Mädchen überall!
Aber dann, eines Frühlingsmorgens, kam Severus -- gekleidet wie üblich in eine schwarze Robe mit hohem Stehkragen, unter deren langen Ärmeln weiße Hemdmanschetten hervorblitzten -- in ihren Siebtklässler-Kurs für fortgeschrittene Zaubertränke hereingefegt und strahlte Bedrohung und Dunkle Macht aus. In dem staubigen Licht aus dem Fenster hoch oben in der Wand hatte Snapes normalerweise fahle Haut einen durchscheinenden Schimmer und seine Haare waren glänzend, nicht fettig. Alles, was Harry tun konnte, war hilflos hinzustarren und sich zu fragen, wie sich diese breiten Schultern wohl unter seinen Händen anfühlen würden, wie sich diese langen, geschmeidigen Glieder wohl um seinen Körper geklammert anfühlen würden, wie sich Snapes Samtstimme wohl rau vor Leidenschaft anhören würde.
In diesem Augenblick hatte Harry das Licht gesehen: Seine Wertschätzung für männliche Schönheit hatte die Waagschale vom Abstrakten zum unbestreitbar Sexuellen gekippt.
Von da an, bis zum Ende des Schuljahrs und darüber hinaus hatten schlanke, gut ausgeprägte Muskeln und leicht stoppelige Kinne ihren erotischen Platz neben weichen, kurvigen Hüften und Brüsten eingenommen. Plötzlich waren überall gutaussehende Männer zu sehen!
Und, um es konkret zu sagen, ein Mann ganz im Besonderen, Severus Snape, der nur seinen Zauberstab zu schwingen oder über die Seiten seines Buches zu streichen oder Harrys Namen einfach so verfluchen brauchte, und schon würde Harry wieder ein stilles Dankgebet sprechen für die Existenz lose fallender Zaubererroben oder übergroßer Pullover.
Er war die reinste Marionette gewesen – und die Fäden lagen in Snapes Hand.
Marionette. Fäden.
Wie betäubte richtete sich Harry auf und warf dabei einen Stapel Notizen auf den Boden.
Snape wirbelte zu ihm herum. „Harry? Was ist los?"
Harrys Mund war plötzlich trocken. „Ich weiß nicht", sagte er langsam, während er noch versuchte, die Bilder, die durch seine Gedanken wirbelten, in eine Art Ordnung zu bringen. Ganz im Vordergrund war ein Blitz von Dudley, der Games auf seinem Computer spielte, den Joystick in einer Hand. „Ich glaub, ich hab grad wieder eine Idee."
„Merlin bewahre uns", murmelte Snape, ging dann und holte seinen Notizblock und eine Schreibfeder.
(-)-(-)-(-)-(-)-(-)
{Fortsetzung folgt..}
