Originaltitel: Contemporary Magical Innovations

Quelle: http: squidge . org / kali / cmi.html

{Doppelslash hinter http nicht vergessen, Leerzeichen entfernen… und vor 'kali' gehört eine Tilde (=Schlängellinie), die ffnet leider für ein 'unnötiges Zeichen' hält. Sorry.}

Autor: -kai

E-Mail Autor: kali (at) squidge .org

Kategorie: Action, Humor, Romance

Pairing: Snarry

Altersstufe: ab 16 (R)

Buch: 1-4 (kompatibel mit Bd. 5, nur dass Sirius lebt...)

Inhalt: Wie bringt man langjährige Opponenten dazu, mit einander auszukommen? Man sperrt sie solange in ein Raum, bis sie die Konflikte... ausleben konnten. Das fördert auch gleich die magische Kreativität... und lehrt den gemeinsamen Gegner das Fürchten. (HP/SS Slash mit einer Prise HG/DM)

Anmerkung des Übersetzers: Nicht meins. Harry, Severus und Konsorten gehören JKR und zahlreichen anderen Rechte-Inhabern in Verlagen und Filmstudios. Mir gehört bloß ein kiloschweres Übersetzerlexikon. Und die Erlaubnis des werten Autorengenies, euch dieses Meisterstück einer Nach-Hogwarts-fanfic auch auf deutsch zu präsentieren. Lob und Preis für Inhalt und Stil, sowie Gummipunkte für Kreativität gehen an –kai.

Beta: Tolotos

(-)-(-)-(-)-(-)-(-)

Kapitel 5 – Malfoys sind schlecht für die Beziehung

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Von den fünf Unz wird Vox der größte Einfluss auf den Ausgang des
Krieges zugeschrieben. Obwohl es ursprünglich für Spionage und zu
Verhören verwendet wurde, haben Zauber doch rasch direktere
Einsatzmöglichkeiten dafür gefunden. Mit Vox konnte ein Zauberer
traditionellere Kampfzaubern mit einem starken Element des Zwangs
unterlegen, und auf diese Weise seine Gegner mit einem Minimum an
Widerstand zur Aufgabe bewegen.

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An manchen Tagen sollte man wirklich im Bett bleiben.

Heute, nach Hunderten von Missionen und mehr als einem Jahrzehnt, war ihnen endgültig das Glück ausgegangen. Verdammt sollten Lucius Malfoy sein, seine Forschungsabteilung für Dunkle Künste und seine modifizierten, ultrasensitiven Spickoskope – bis in den heißesten Winkel der Hölle.

In einem leeren Büro gerade abseits der Lagerhalle saß Harry, geknebelt und von Kopf bis Fuß an einen Metallstuhl mit gerader Rückenlehne gefesselt. Die linke Seite seines Gesichtes pochte, sein Hinterkopf schmerzte, seine Augen tränten von dem grellen Licht der nackten Glühbirne über seinem Kopf, und seine Rippen beklagten sich bei jedem Atemzug; Malfoys Muggel-Schläger waren nicht zimperlich gewesen. Außerdem musste er verzweifelt dringend pinkeln.

Das sollte ihn lehren, sich direkt vor einer Mission vom Schulleiter in dessen Büro zu einem Tee verleiten zu lassen.

Eine kurze Zeit später schleppten zwei seiner Ex-Klassenkameraden, Vin Crabbe und Greg Goyle, Severus' und Rons schlaffe Körper in den Raum und legten sie auf dem Fußboden neben der Wand ab. Es bereitete ihnen großes Vergnügen, Harry eine Weile zu quälen, ihm Schläge an den Hinterkopf zu versetzen, seine Brille zu zerschmettern, und generell zu grinsen wie die manischen Idioten, die sie nun mal waren. Schließlich wurden sie ihr Spiel Leid, und ließen von Harry ab, der kurzsichtig zu seinen Freunden hinüber schielte.

Severus war angeschlagen, drecküberzogen und, wie er selbst, gefesselt und geknebelt. Betrachtete man den schwachen Schimmer um Ron herum, hatte Harry den Verdacht, dass er magisch an seine Katzenform gebunden worden war. Beide schienen zu atmen, trotz ihrer tiefen Bewusstlosigkeit, und Harry wurde bald wahnsinnig vor Sorge. Und von dem Drang, pinkeln zu müssen.

Trotz seiner harmlosen Erscheinung war der Knebel mit genug Magie gespickt, um seine wütenden Schreie völlig zu ersticken... ganz zu schweigen von irgend welchen Effekten, die Vox hätte erzielen können. Noch ärgerlicher war die Tatsache, dass sein Versuch, mittels Froschhüpfens mit seinem Stuhl durch den Raum zu seinen Freunden zu gelangen, einzig die unglückliche Auswirkung hatte, dass sein Stuhl mit einem lauten Knall zur Seite wegkippte – und von dem gefährlichen Zucken in seiner Blase wollen wir gar nicht erst reden.

Verdammte Scheiße!

Wie auf Kommando rasselten die Metalljalousien an dem Fenster in der Tür, und Lucius Malfoy betrat cool, gefasst und unerträglich selbstgefällig in einem teuren Anzug den Raum. Aus seiner Brusttasche ragten zahlreiche Zauberstäbe heraus, und sein langes, weißes Haar und die blasse Haut leuchteten in dem grellen Schein der elektrischen Beleuchtung über ihnen. Zumindest den Teil hatte Trelawney richtig gesehen.

Zwei anonyme, muskelbepackte menschliche Berge trollten sich hinter ihm her, gefolgt von, überraschend genug, einer perfekt frisierten und tadellos gekleideten Narcissa Malfoy. Narcissa war nach Dracos Überlaufen ein bisschen zur Einsiedlerin geworden, obwohl es sicher schien, dass sie die Wunder des Homeshoppings entdeckt hatte.

„Nun denn", sagte Lucius und stütze sich auf seinen schlangenköpfigen Gehstock. „Potter, Snape und Weasley. So gut wie geschenkverpackt direkt an meine Türschwelle geliefert. Wie entgegenkommend."

„Und was soll ich jetzt mit diesem Übermaß an Schätzen tun?", fuhr Malfoy fort, während er Harry umgestürzten Stuhl umkreiste. Harry hatte den absurden Wunsch, Malfoy ins Fußgelenk zu beißen, als der vorbeikam; Pech nur, dass er geknebelt war. „Was meinst du, Narcissa? Sie wurden alle trainiert, Imperius zu widerstehen, aber es gibt ja noch andere amüsante Dinge, die wir ausprobieren könnten. Wie wär's zum Beispiel mit einem netten Max-Cruciatus?"

Harry verschluckte beinahe seine Zunge. Weder seine Blase, noch seine Würde würden einen Cruciatus überstehen.

„Lucius, Liebster", antwortete Narcissa, während sie zu Severus hinüber schlenderte und ihre Finger an den Pulspunkt seiner Kehle legte. Offenbar zufrieden fegte sie die zerzausten Haare aus seinem Gesicht mit einer Geste, die seltsam zärtlich wirkte. „Warum wollen wir sie nicht lieber wiederbeleben? Vielleicht mit einer Dosis Veritaserum. Wie du sagst, sind sie trainiert, Folter zu überstehen, und das Verhexen kann so schrecklich... unappetitlich sein."

Du hast ja keine Ahnung, wie sehr, dachte Harry.

Severus zweiter Zauberstab war konfisziert worden, und er war absolut nicht in einem Zustand, in dem er hätte helfen können, sich den Weg hinaus freizukämpfen. Wenn sie Ron als Katze gebunden hielten, waren dessen Angriffskapazitäten eingeschränkt. Aber, sollten sie Harry entknebeln, um ihm Veritaserum zu verpassen, könnte es vielleicht eine ganz kleine Chance geben, Vox zu aktivieren.

Lucius schien drüber nachzudenken. „Wir haben wirklich gerade erst die Fußböden reinigen lassen", meinte er nach einer Pause. Dann richtete er mit einem Wink seines Zauberstabes Harrys Stuhl auf und ließ Severus erwachen. Snape bemühte sich, sich richtig aufzusetzen. Offensichtlich hatte er Schmerzen.

Narcissa ließ einen Drahtkäfig erscheinen, warf Rons regungslosen Körper hinein und Enervate ihn. „Nettes Kätzchen", meinte sie und lächelte freundlich, als Ron fauchte und durch die Gitterstäbe mit der Tatze nach ihr schlug.

„Wen soll ich nun zuerst verhören?", grübelte Lucius. „Wie wär's mit dir, lieber Severus? Irgendwelche weisen Worte, die du mit der Gruppe teilen möchtest?" Er wedelte mit dem Zauberstab, und der Knebel verschwand mit einem Lichtblitz aus Severus Mund.

„Oh, fahr zur Hölle, Lucius", knirschte Severus hervor. Seine Stimme klang rau und kratzig. Harrys Augen verengten sich und sein Blutdruck stieg an; er erkannte diese Post-Cruciatus-Heiserkeit.

Lucius lächelte. „Was für eine Ausdrucksweise! Wo bleibt denn da diese charmante, kultivierte, seidenzüngige Viper, die ich vor so vielen Jahren kannte?" Er trat über den Katzenkäfig hinweg und stupste Severus mit dem Kopf seines Gehstock unter dem Kinn. „Ich würde sagen, dass Potter hier und seine Schlammblut-Verbündeten wohl einen korrumpierenden Einfluss gehabt haben."

Severus höhnte lediglich. „Du andererseits hast dich kein bisschen verändert. Du bist immer noch ein overdresster, pompöser Idiot, der unter Brauchbarkeitswahn leidet."

Lucius knurrte und hob seinen Stock, aber zu Harrys Überraschung trat Narcissa rasch dazwischen. „Nun, nun, mein Lieber", sagte sie. „Er versucht doch nur, dich zu provozieren. Du weißt doch, wie er ist."

„Ja, ich wei", erwiderte Lucius stirnrunzelnd. „Nur zu gut. Und trotzdem..." Malfoy grübelte kurz, ließ seinen Zauberstab zwischen den Fingern spielen, und was immer Severus' Plan gewesen sein mochte, war gescheitert, als Malfoy den Zauberstab schwang und sich der Knebel wieder in seinem Mund befand. „Genug davon. Wie wär's mit Spezialagent Weasley hier? Unserer unerschrockenen Strafverfolgungs...muschi. Vielleicht erweist er sich als ein bisschen unterhaltsamer." Lucius hob den Käfig und schüttelte ihn ein paar Mal heftig. Harry zuckte bei dem Jaulen und Platschen, das darauf ertönte, zusammen. „In der Tat", stellte der blasse Mann gedehnt fest. „Das war hochgradig amüsant. Findest du nicht auch, Narcissa?"

„Wenn du meinst, Lieber." Narcissa nahm ihrem Ehemann den Käfig ab, und hielt ihn gerade außerhalb von Rons wütender Tatzen- und Krallenreichweite vor sich. „Obwohl ich nicht glaube, dass das hübsche Kätzchen es ganz so sehr genossen hat wie du." Sie reichte den Käfig zu Gorilla Nummer Eins hinüber und wanderte dann hüftschwingend zu Harrys Stuhl hinüber. „Ich persönlich würde lieber mit Harry Potter sprechen", erklärte sie und strich mit einem lackierten Fingernagel über den blauen Fleck auf seiner Wange.

„Mit Potter sprechen?", fragte Lucius ungläubig. „Wozu das denn? Ich dachte, ich erspare uns beiden den Ärger und bringe diese Landplage direkt um."

„Nun ehrlich, Lucius", verkündete Narcissa gelangweilt und mit einem kunstvollen Hauch der Verzweiflung. „Wir schulden dem Jungen Dankbarkeit."

Harry blinzelte schockiert. Lucius sah empört aus. „Dankbarkeit? Wofür?", fuhr er auf.

„Dafür, dass er Old Snakey losgeworden ist, natürlich."

Old Snakey! Harry erstickte beinahe. Narcissa, der das zu gefallen schien, lächelte ihn an, lehnte sich dann vor und küsste ihn auf die Wange. Von nahem schien in ihrem Atem ein seltsamer, süßer Geruch zu liegen, und als sie sich wieder entfernte, konnte er sehen, dass ihre Augen verträumt und unklar waren. Hatte sie sich bei ihren eigenen Zaubertränken bedient?

„Hm. Ich schätze, da hast du nicht Unrecht", stimmte Lucius widerwillig zu. Malfoy stolzierte zu Harrys Stuhl herüber und lehnte sich näher. „Unseren tiefsten Dank, Harry Potter", erklärte er mit einem ironischen Augenbrauen-verziehen, „dafür, dass du uns diesen durchgedrehten, schuppigen Irren vom Hals geholt hast, und damit den Weg freigemacht für weit profitablere Formen der Unterdrückung." Dann grinste er, zog seinen Schlangenkopfstock zurück und piekste Harry kräftig in den Magen.

Harry schluckte, versuchte, trockene Gedanken zu denken und wünschte sich verzweifelt, die Beine überkreuzen zu können.

Lucius piekste ihn sicherheitshalber noch ein paar Mal öfter, während Harry sich auf seinem Stuhl hin und her rutschte. Narcissa machte „Tsk" und strich Harry übers Haar. „Oh, Lucius. Tu dem armen Jungen nicht zu sehr weh. Ich will, dass er uns alles über Draco erzählt."

„Draco." Lucius unterbrach seine Misshandlungen und starrte seine Ehefrau böse an.

„Ja, Liebes, Draco. Dein Sohn."

„Sohn. Unauslöschlicher Schandfleck auf dem ansonsten makellosen Namen Malfoy trifft es wohl besser."

Narcissa war unbeeindruckt. „Aber, aber. Familie ist immer noch Familie. Findest du nicht auch, Harry?"

Hatte die Frau ihren Verstand völlig verloren? Harry war schon lange an dem Punkt vorbei, an dem er sich um Familienwerte der Malfoys geschert hätte. Die Mission war voll in den Arsch gegangen. Er und seine Partner waren verhext und blutig geschlagen worden. Lucius Malfoy war ein nervtötender, selbstgefälliger Schwanz. Narcissa war ein hirnloses Huhn. Und, am allerwichtigsten, Harry musste wirklich pissen!

Malfoy seufzte und trat zurück. „Fein", sagte er, offensichtlich am Ende seiner Geduld. „Nimm ihm den Knebel ab und lass es uns hinter uns bringen."

„Aber gern." Narcissa wandte sich Harry zu, zwinkerte –-zwinkerte?!-- und hob ihren Zauberstab.

Harry hatte keine Zeit, lange über Narcissas seltsames Betragen nachzudenken: Das könnte seine Chance sein! Er sog einen tiefen Atemzug ein und tauchte mit seinen Sinnen in sich, hinunter in die tiefen Quellen seiner Magie. Dort, inmitten der blaugrünen Strudel und Funkeln, suchte er und fasste nach den hellen Fäden des Vox-Zauberspruch-Interfaces, das sich genüsslich um seine Wirbelsäule wand.

Das Interface war überhaupt nicht, was er sich vorgestellt hatte. Er hatte irgendwie auf etwas... Bedienbares gehofft, wie einen Knopf oder einen Schalter. Severus hatte sich gute zehn Minuten schlapp gelacht über seine „abstoßende Muggel-Naivität". Keine Knöpfe, keine Schalter, nicht einmal ein Joystick. Pech gehabt. Stattdessen war er mit einer Handvoll roter und goldener Spaghetti gelandet, von denen es in seinem zentralen Nervensystem nur so wimmelte.

Narcissa flüsterte einen Zauberspruch, und sobald der Knebel verschwand, griff Harry nach einem beliebigen, umherwogenden Strang, und hoffte auf das Beste. „Lass mich frei!", brüllte er heiser, wobei er die Kraft seines Befehls durch sein Nervensystem und den nächstgelegenen rotgoldenen Strang des Interfaces hinaus kanalisierte.

Narcissa blinzelte. Lucius verzog höhnisch das Gesicht. Die beiden Gorillas neben der Tür grinsten. An seinem ganzen Körper kribbelte die Haut, und aus dem Augenwinkel heraus sah Harry Severus gegen seine Fesseln ankämpfen und die Stirn runzeln. Davon abgesehen passierte nichts.

Uh-oh.

„Dich freilassen? Oh, das denke ich eher nicht, Mr. Potter", sagte Malfoy, der näher trat und Harrys Kinn mit seinem Schlangenstockende anhob.

Harry knirschte mit den Zähnen und beschloss, gleich als zweiten Punkt auf seiner To-Do-Liste, sobald er erst mal frei wäre, diesen gottverdammten Stock über Malfoys vermaledeitem Schädel kaputt zu schlagen!

„Ich werde keinen von euch freilassen", fuhr Lucius fort. „Nicht nach dem ganzen Ärger, den ihr, insbesondere du, Potter, mir über die Jahre bereitet habt." Malfoys eisgraue Augen verengten sich. „Angefangen mit dem Diebstahl meines Hauselfen."

Da Harry nun einmal immer noch voll in die Quelle seiner intrinsischen Magie vertieft war und noch wilder nach dem Kontrollstrang suchte, dauerte es einen Moment, bis Lucius' Worte bei ihm einsanken. „Bist du deswegen etwa immer noch angepisst?", fragte er ungläubig. „Mach 'ne Therapie, Malfoy, und komm endlich drüber weg."

Was sich als exakt die falschen Worte herausstellte: Lucius verpasste ihm einen ordentlichen Haken, der seinen Kopf zur Seite wegfliegen ließ, seine Wange an dem Juwel des Ringes aufschlitzte und den Stuhl beinahe wieder umwarf. Harry knirschte wieder mit den Zähnen, ließ die Schockwellen abflauen und bettelte seine Blase an, doch bitte geduldig zu bleiben.

„Du musst verstehen, Harry", erklärte Narcissa gelassen, „dass Dobby über mehr als ein Jahrhundert bei der Familie Malfoy war. Lucius... hing ziemlich an ihm."

Drüben an der Wand rumste Severus mit dem Hinterkopf gegen die Schlackensteine und schnaubte. Harry war geneigt, ihm zuzustimmen. Die gesamte Situation grenzte ans Surreale.

„Auch egal", sagte er und fuhr mit seinem innerlichen Wühlen nach der Kontrolle über Vox fort.

„Auch egal, in der Tat, Potter", stimmte Malfoy zu und schritt gemächlich im Kreis um Harrys Stuhl herum. „Egal, egal. Was soll ich nun also mit euch anstellen?"

„Ich hab schon einen Vorschlag gemacht. Schien euch nicht besonders zu gefallen."

Lucius gluckste. „Bedauerlicherweise nicht. Möchtest du's noch mal probieren?"

Mit einem Gefühl von Verärgerung, ganz zu schweigen von Verzweiflung, verfolgt Harry im Geiste einen widerspenstigen weiß-goldenen Strang. Er entglitt seinem Griff. „Wie wär's, wenn du uns allen einen Gefallen tust und dich verpisst."

„Welch eine Ausdrucksweise", tadelte Malfoy, und klatschte mit seinem gottverdammten Stock gegen seinen Handfläche. Harry konnte ein Zusammenzucken nicht verhindern. Bastard.

„Vielleicht sollte ich dich foltern, bis du jede meiner Fragen beantwortest."

Folter klang beinahe nach einer guten Idee. Harrys Backenzähne begannen allmählich zu knirschen, und ein wenig Folter wäre zumindest ein anständiger Grund für einen erwachsenen Mann, sich in die Hosen zu pissen.

„Die Pläne des Ministeriums. Namen und Standorte der Agenten des Orden des Phoenix", fuhr Lucius mit gedankenvoller Miene fort.

Ein karminroter Strang floss an Harrys innerem Auge vorbei, und er griff hinunter... und hinunter... und erwischte ihn. Ja!!

Malfoy schritt immer noch hin und her, dröhnte vor sich hin und zählte Punkte an seinen manikürten Fingernägeln ab. „Undercover-Agenten der MSV. Status der aktuellen Ermittlungen. Alles! Und ich habe eine ziemlich lange Liste."

„Auch egal!" Harrys Frustration ließ ihn nun schließlich doch überkochen. „Fick dich einfach, verstehste?"

Malfoy hielt inne und drehte sich zu ihm zurück. „Wie bitte?" Er zog ein sehr seltsames Gesicht.

Mit trockenem Mund und seltsam vibrierender Zunge, die seine eigene Stimme fremd in seinen Ohren klingen ließ, leckte sich Harry die Lippen und betonte sorgfältigst: „Ich sagte: Fick dich doch einfach!"

„Na endlich, Potter!" Malfoys Miene zeigte jetzt ein furchtbar... lustvolles?... Lächeln. „Endlich machen deine Worte mal Sinn!"

Harry hatte gerade noch einen flüchtigen Moment, in dem er Narcissas weitaufgerissene blauen Augen sah, Rons Aufjaulen hörte, als Gorilla Nummer Eins seinen Käfig fallen ließ, und einen Blick auf Severus erhaschte, der sich gegen seine Fesseln aufbäumte, als Lucius schon seinen Stock beiseite warf - Gott sei Dank!! -, Harry grob am Kinn ergriff, sein Gesicht hochzog und Harrys Mund mit einem Kuss einnahm, der versprach, ihm die Mandeln rauszunehmen, seine Zahnfüllungen auszugraben und ihm die Lippen vom Gesicht zu saugen.

Oh Scheiße. Verdammter falscher Strang!

Und während Harry im trüben Reservoir seiner Magie nach dem richtigen Strang, verflixt noch mal, grabschte, während Narcissa und die beiden Gorillas sich in Bewegung setzten, um Lucius wegzuzerren, unternahm Malfoy seinen eigenen, nicht unbeträchtlichen Teil an unkomfortabler, intimer Grabscherei.

Schließlich, nach viel zu vielen langen, heißen, sabbrigen Momenten, schafften sie es, Malfoy loszureißen. „Nun, nun, nun!", sagte Lucius atemlos; seine Haare waren zerzaust und sein Mund geschwollen. „Jetzt verstehe ich, was Draco vor all diesen Jahren meinte!"

Oh Scheiße.

Harry drehte langsam den Kopf. Drüben an der Wand erstarrte Severus, und seine Augen wurden auf einmal ganz schmal. Scheißescheißescheiße.

Soviel zum Thema Häuslicher Frieden. „Danke vielmals, Malfoy", murmelte Harry, und dann, zur Hölle mit Finesse, sammelte er all diese herumschwebenden Stränge in seiner mentalen Faust und hielt sie krampfhaft fest.

„Ich hab dich nicht ganz verstanden, lieber Junge, was sagtest du eben?" Trotz ihrer besten Bemühungen schaffte es Malfoy, sich von Narcissa und den zwei Sicherheitstypen loszureißen.

War der Mann nicht nur ein rasender Perversling, sondern auch noch taub?! „Ich sagte, fall tot um, Malfoy." Harrys ganzer Körper kribbelte, und seine Stimme schien in seinen Ohren wieder und wieder zu hallen.

Malfoy gluckste. „Fall tot um, hmm? So hab ich das auch noch nicht nennen gehö..."

Ohne weitere Warnung keuchte Lucius, sein Körper wurde steif wie ein Brett, seine Augen rollten in seinen Kopf zurück, und, ohne weiteres Drumherum, krachte er mit einem Plumps zu Boden.

Na, wird auch verdammt noch mal Zeit, dachte Harry mit Befriedigung.

Die beiden Gorillas starrten. Severus schüttelte ungläubig den Kopf. Narcissa keuchte. „Mein Gott, was hast du getan?"

Harry fühlte ein bedrohliches Zucken da unten und nahm sich keine weitere Zeit für Konversation. „Halt's Maul!", befahl er. „Und bind mich los!"

Narcissa schloss abrupt ihren Mund und beugte sich vor, um die Zauberfesseln zu lösen.

„Lass Severus frei!", blaffte Harry, als sie mit ihm fertig war, sprang dann von dem Stuhl hoch, kniete sich neben Lucius' Körper und wühlte in dessen Taschen nach ihren Zauberstäben. Er hielt einen Moment inne, um Malfoys Gehstock böswillig durchzubrechen und die Stücke quer durch den Raum zu schmeißen.

„Nicht so schnell, Potter", sagte Gorilla Nummer Zwo, und beide Männer traten vor.

Harry verschwendete keine Zeit. „Fahrt zur Hölle", sagte er, und die beiden Männer stoppten in ihrem Schritt, kämpften mächtig dagegen an, schafften es aber nicht, ihre Zauberstäbe nicht zu heben, richteten sie sich gegenseitig auf die Stirn und ... verschwanden. Dem Lichtblitz folgte ein lautes PLOPP!, und ein anschließendes WUSCH!, mit dem die Luft in die plötzlich entstandene Lücke schoss.

Nach zahlreichen Stunden des Elends sah die Nacht jetzt definitiv besser aus!

Als er sich umdrehte, war Severus befreit und stand mit einem Ausdruck sprachlosen Erstaunens neben Narcissa. „Potter, was zur Hölle verdammt tust du...?"

„Keine Zeit für Erklärungen", erwiderte er und wand sich unter einem erneuten Zucken seiner Blase.

Er warf Snape einen Zauberstab zu, hielt die beiden anderen fest, gellte „Sitz! Platz!" in Narcissas Richtung, die sich auf der Stelle an der Wand entlang niederfallen ließ, und rannte davon durch die Tür, wo er lauthals jeden, der ihm entgegenkam: „Fall tot um!" oder „Erstarre!" oder „Fahr zur Hölle!" zubrüllte.

Harry hatte den Verdacht, dass er viel später, wenn sie erst die Körper- und den Sachschaden aufsummiert hatten, schockiert sein würde über das Gemetzel, dass er in seinem wildgewordener Amoklauf gerade anrichtete. Aber in exakt diesem Moment kannte er nur ein einziges Ziel: Den Altar des Porzellangottes ausfindig machen und diesem von Herzen ein großzügig Opfer anbieten.

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Mit dem zunehmenden Gebrauch von Vox schoss die Rate der vom Ministerium
gefangen genommenen HDD-Angehörigen und beschlagnahmten Schwarzmagie-
Schmuggelware in astronomische Höhen. Um 2010 hatten Vox-verbundene
Initiativen die Entrepreneurs in Europa und den Vereinigten Staaten kampfunfähig
gemacht, und waren im Begriff, bedeutsame Einschnitte in den urbaneren Teilen
Asiens und Afrikas zu erreichen.

Das Ministerium startete außerdem zwei Vox-verstärkte, kontroverse und
hochgradig erfolgreiche Public-Relations-Kampagnen: Eine, mit denen frühere
HDD-Sympathisanten in seinen metaphorischen Schoß zurückgelockt werden
sollten, und eine gegen den Missbrauchs illegaler magischer Substanzen (siehe
Sag Einfach Nein zu O!: Anatomie einer Unterschwellig Verstärkten
Anti-Drogen-Kampagne
).

Auch wenn die Entrepreneurs aus einer rein ökonomischen Sichtweise heraus
erfolgreich waren, war ihre Organisation global ziemlich dünn gesät, und
die Produktion magischer Schmuggelware war in den meisten lokalen
Ökonomien nicht sonderlich gut integriert. Daher erwiesen sie sich als recht
verletzlich durch diese und andere Taktiken des Ministeriums.

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Der Morgen dämmerte schon beinahe, als Harry, Ron und Severus endlich durch die Medizauberer zusammengeflickt und durch ein Kader stocksaurer Ministeriumsbeamter verhört –- ähm, vielmehr ihre Berichte angehört –- worden waren und sich mit einem Portschlüssel nach Hogwarts zurück bringen lassen konnten. Minister Arthur Weasley begleitete sie.

Bei ihrer Ankunft wurden sie auf der Stelle zu einer weiteren, geringfügig weniger nervigen Berichtabgabe in Dumbledores Büro geschleppt: Albus hatte ihnen zumindest Tee und Schokolade angeboten.

Dreißig Minuten später stand die Sonne am Himmel, das Meeting näherte sich seinem Ende, und Harry war heiser von all dem Reden. Er war erschöpft, wund, hatte Kopfschmerzen, die sich wie ein weißglühender Spieß in seinen Schädel bohrten, und er sehnte sich nach einem netten, großzügigen Glas Feuerwhisky, gefolgt von einer gesunden Dosis Schlaf.

Mit der gesamten Unauffälligkeit, die er nur aufbringen konnte, glitt er die Wand entlang und näherte sich zentimeterweise der halboffenen Tür und damit der Freiheit.

Er hätte es tatsächlich schaffen können, hätte Ron nicht inmitten eines plötzlichen Abflauens der Konversation diesen schlecht getimten Ausruf von: „... konnte es gar nicht glauben, als Malfoy plötzlich losschoss und Harry einen dicken nassen Schmatzer verpasste. Komplett mit Zunge!" von sich gegeben.

Dumbledore zwinkerte ihm zu, Snape grollte, Draco zeigte einen Ausdruck absoluten Horrors, und Hermione und Sirius schien deutlich übel zu werden. Die anderen Anwesenden im Raum versagten völlig bei dem Versuch, ihr Kichern zu unterdrücken.

Selbst da war noch nicht alles verloren gewesen. Freiheit –- und Schlaf –- hätten immer noch in greifbarer Nähe liegen können, bis Severus alle Hoffnung mit seinem Hohn verbannte. „Ach ja", meinte er gedehnt und mit seiner üblichen, seidenweichen Bosheit. „Es scheint, als habe Potter die heimliche Neigung, verschiedenste Malfoys zu knutschen."

Der Raum verfiel in nur einem Herzschlag in absolute Stille, während das Verständnis einsank. Jegliches Schuldgefühl, dass er bei dem Gedanken verspürt haben mochte, Severus hier allein seinem Schicksal zu überlassen, verdunstete wie Schnee im Juli.

Dann sagte Hermione, die schon immer schnell von Begriff gewesen war: „Harry James Potter. Als du sagtest, Draco habe einen ‚hübschen Hintern', habe ich nicht begriffen, dass du aus Erfahrung gesprochen hast!!"

Harry stöhnte, rieb sich die Schläfen, und wünschte, die Dosis Vox hätte nicht schon ihre Wirkung verloren. Dem Volk hier zu sagen, sie sollten sich mal ins Knie ficken, hätte einem durchgängig unangenehmen Abend einen krönenden Abschluss beschert.

„Und du, Draco. Was genau hast du dazu zu sagen?"

„Nun. Ich habe doch wirklich einen hübschen Hintern, findest du nicht?"

„Ich hätte wissen müssen, dass da was faul ist, als ich deine Sammlung von farb-kodierten Zwanzig-Zentimeter-Ar..."

„Iiieeh! Das wollte ich jetzt wirklich nicht wissen, Hermione!"

„Geschenke! Ich hab dir gesagt, das sind Geschenke! Witzgeschenke. Du weißt schon, Scherzartikel."

„Scherzartikel, mein Ar---"

„Welche Ausdrucksweise, Miss Granger."

„Oh, hey. Wo wir gerade davon sprechen. Hast du diesen scharfen, pinkfarbenen noch? Du weißt schon, den mit dem--"

„Harry! Sag, dass das nicht wahr ist, Kumpel. Du betrügst doch wohl nicht Snape mit Malfoy, oder?!"

„Ja, Mr. Potter. Erleuchten Sie uns doch."

„Ich betrüge gar niemanden!"

„Pink... pink. Oh! Ja, klar. Der mit den Noppen und dem Zauberspruch, der ihn--"

„Malfoy!" Plumps.

„Oh je. Ron? Ronald? Severus, was hast du getan? Du hast mir versprochen, du würdest auf ihn Acht geben! Remus, Arthur, helft mir, ihn in einen Sessel zu setzen."

„Ich? Ich habe gar nichts getan. Man kann mich doch wohl nicht verantwortlich machen für deine prüde und theatralische Wahl an Partnern. Wenn du einen Moment warten könntest, bin ich sicher, dass ich hier noch irgendwo Riechsalz in meiner Robe habe, damit wir Mr. Weasley aus seiner Ohnmacht erretten können."

„Du widerlicher kleiner Großkotz! Ich hätte dich übers Knie legen sollen, als ich die Chance dazu hatte."

„Was war das hier mit betrügen? Snape, hintergehst du Harry? Na warte, ich sollte--"

„Bei Fuß, du grässlicher Köter. Ich 'hintergehe' Potter nicht."

„Ach ja? Und was war dann das alles mit Narcissa heute Nacht? Ihr Zwei saht wirklich schrecklich kuschelig aus. Gibt's da vielleicht was, was Sie 'mit der Gruppe teilen' möchten, Professor Snape?"

„Hör auf, von der ursprünglichen Frage abzulenken, Potter. Hattest du, oder hattest du nicht eine Beziehung mit Malfoy hier?"

„Narcissa? Hey, Severus, warst du nicht mal mit ihr zusammen?"

„Ich wusste es!"

„Lupin, du Vollidiot. Das ist beinahe dreißig Jahre her."

„Wahre Liebe kennt kein Verfallsdatum. Ich scheine mich da an so etwas wie ein geplatztes gemeinsames Ausreißen erinnern zu können, Severus, und an einen wahrhaftigen Blizzard an Heulern von ihren Eltern an deine – oder irre ich mich da?"

„Du bist mit ihr ausgerissen?"

„Wir. Sind. Nicht. Ausgerissen. Und--"

„Nicht, weil ihr's nicht versucht hättet, wenn ich mich richtig erinnere. Severus ist der Geschichte zufolge sogar eine Rosenranke zu ihrem Balkon hochgeklettert."

„-- Kümmere du dich um deine eigenen Angelegenheiten, Minerva, oder ich werde dem jungen Mister Weasley hier mal ein paar alte Fotos präsentieren, die ich so besitze – von einer lederbekleideten 'Madcat McGonagall und den Höllischen Hooligans'."

„Wag es!"

„Madcat? Fotos? Was? Wo?"

„Gar nicht wichtig, Ronald, Liebes. Ruh dich einfach aus. Du hast einen schlimmen Schock erlitten. Nicht zuletzt dank Severus hier."

„Ach ja, Minerva. Du warst, äh, schon etwas während deiner Schultage."

„Halt du dich da raus, Albus. Und wisch dir dieses Grinsen vom Gesicht, Arthur, das ist ja würdelos. Und Potter, Granger – ihr seht beide wie Idioten aus, wenn ihr eure Münder so offen runterhängen lasst."

„Jetzt wart mal eine Minute, hier. Du. Und meine Mama?"

„Denk bloß mal, Draco. Du hättest diese grässliche Snape-Nase erben können anstatt der weißblonden Markenzeichen-Malfoy-Frisur."

Du. Und meine Mama."

„Du begreifst schon, Madame Madcat, dass das hier Krieg bedeutet."

„Und du begreifst, Severus 'Stinkpott' Snape, dass du mir nicht die geringste Angst machst."

„Stinkpott! Oh Gott, Remus, erinnerst du dich noch?"

„Halt's Maul, Black. Oder soll ich dich 'Pipi' nennen?"

„Hey, das war Kürbissaft!"

„Harriet Bulstrode zufolge nicht."

„Bulstrode? Die hat gelogen, die war nicht einmal dabei. Und es war Kürbissaft."

„Oh ja, wahrscheinlich."

„Du. Und meine Mama?!"

So faszinierend, wie Harry jede neue Enthüllung auch fand – Jahre des Kampfes, Quidditchtrainings und enger Verbundenheit mit Fred und George Weasley warnten ihn, sich abzusetzen, und das schleunigst, solange er noch konnte. Nach dieser Nacht konnte Snape für sich selbst sorgen!

Drei Schritte bis zur Tür. Zwei Schnitte, und wann genau hatte eigentlich irgendwer Blei in seine Schuhsohlen geschmuggelt und seinen Umhang mit Ziegelsteinen umsäumt? Ein Schritt, er war durch die Türöffnung und hatte seine Flucht beinahe vollendet, als sich Albus und Arthur aus dem streitbaren Haufen lösten und ihn im Flur abfingen.

„Einen Moment noch bitte, Harry", meinte Dumbledore und legte eine Hand auf Harrys Arm. „Nur zur Klarstellung, du hast wirklich keine Ahnung, wann oder ob Lucius wieder aufwachen könnte?"

Harry seufzte und schüttelte nervös den Kopf. Severus und er hatten hierüber endlos mit den Drohnen vom Ministerium und den Medizinern von St. Mungo diskutiert, von denen auch keiner sonderlich begeistert darüber zu sein schien.

„Und du hast auch nicht zufällig die leiseste Ahnung, wo diese Zauberer hin sein könnten, die du, äh, zur Hölle gevoxt hast?", fragte Arthur. Seine Miene schwankte zwischen Furcht und Hoffnung.

„Ähm. In die Hölle vielleicht?", schlug Harry hoffnungsvoll vor.

Die beiden älteren Männer tauschen einen undeutbaren Blick. Dann grinste Albus plötzlich Harry an. „Nun dann", sagte er knapp und mit einem gefährlichen Zwinkern im Auge. „Ich schätze, sie werden wohl irgendwann wieder auftauchen, hm?"

Harry zuckte mit den Schultern: Oder auch nicht.

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Als sich die Kenntnis über den Gebrauch der Unzumutbaren verbreitete, waren
magische Ethiker und Kritiker Schwarzer Magie empört. Ernsthafte Fragen
wurde aufgeworfen:

Waren die Unz tatsächlich nur unzumutbar, oder waren sie eigentlich in
Wahrheit bereits Unverzeihliche? Welche Stellen sollten ihre Anwendung
überwachen und regulieren? Wer sollte die Regulierung durchsetzen, wenn doch
das Ministerium nur zu gerne die Rechte von Gefangenen und Steuerbürgern
gleichermaßen einschränken wollte in ihrem Kampf gegen die Dunkelheit?
Was in Merlins Namen hatten sich Potter und Snape eigentlich dabei gedacht,
und war das nicht typisch für einen früheren Todesser, etwas so diabolisch
Cleveres und ethisch Zweifelhaftes zu erfinden?

Es gab zahlreiche Beschwerden, und die beiden Erfinder wurden wiederholt
vor Ethikkommissionen gerufen, um ihre Arbeit zu verteidigen, was Snape
zu seinen heute berühmten Worten veranlasste: "Welcher Teil von unzumutbar
genau ist Ihrem mangelnden kollektiven Verständnis entgangen?"

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In den zwei Wochen, die dem ersten Feldtest von Vox folgten, wurde Narcissa auf Kaution entlassen, Lucius blieb im Koma, trotz zahlreichen Rufzaubern gelang es nicht, auch nur einen von Malfoys Höllen-voxten Lakaien wieder zurück zu holen, und die Abteilung für Öffentliche Information blockte alle Presseanfragen mit den Worten: „Können wir weder bestätigen noch dementieren", ab. Inoffiziell rieben sich opportunistische Bürokraten voller Schadenfreude die Hände und verlangen –- in zunehmend schrillem Ton -- weitere unautorisierte Proben von Vox.

Snape ging das alles am Arsch vorbei. Seiner Meinung nach war die einzige relevante Konsequenz dieser schicksalsschweren Nacht, dass die Kerker zusätzlich zu ihrer üblichen Feuchte auch noch eine gerade arktische Kälte entwickelt hatten.

Es war schon zu einer extrem späten Stunde, als Snape und Harry Seite an Seite im Bett lagen und grimmig an die Decke starrten. Wenn sich zwei angepisste und gewohnheitsmäßig schlaflose Personen ein Bett teilten, war wirklich eine Menge von weder Schlaf, Sex noch guten Gespräch zu bekommen.

Snape wand sich ruhelos und zerrte die Bettdecke bis zum Kinn hoch. Er wusste, dass er unvernünftig war. Wegen einer Menge Sachen. Aber das schien einfach der Normalfall zu sein, wann immer ein Potter (oder ein Black, Lupin oder Dumbledore, wenn man so wollte) mit beteiligt war.

Potter, dieses vorhersagbare, trotzige kleine Ungeziefer, zerrte die Decke zurück. „Hör auf, mir die Decke wegzuziehen, Snape", sagte er mürrisch.

„Da es sich hier um mein Schlafzimmer handelt, Potter, und tatsächlich um meine Decke, und da sich dieser ganz spezielle antike, handgearbeitete Quilt seit über 150 Jahren im Besitz meiner Familie befindet, habe ich absolut jedes Recht, sie dir soviel wegzuziehen, wie ich will!"

„Ist das so."

Das Spiel konnten zwei spielen. „Das ist es."

„Nun, denn", blaffte Harry, warf die Decke zurück und setzte sich gerade hin. Seine Augen glitzerten in dem gedämpften Licht, und sein chronischer Fall einer Bettfrisur war schlimmer als sonst. „Vielleicht sollte ich sie dir dann einfach ganz überlassen."

Eine bitterkalte Klinge stach Snape gerade unterhalb des Brustbeines. „Nun, denn, vielleicht solltest du das", erwiderte er, erfreut, dass seine Stimme nicht zitterte.

Harry schnappte sich seine Robe vom Fußende des Bettes und höhnte: „Ich bin sicher, du und deine... modrige alte Decke werden sehr glücklich miteinander." Er stand auf und schwang seine Arme ruckhaft durch die Ärmel der Robe.

„Ich bin bisher ganz gut zurecht gekommen." Lügner.

„Oh ja. Wahre Liebe: Du und deine rechte Hand. Du antisozialer Arsch."

„Einige von uns ziehen es vor, unsere Zuneigung nicht jede einzelne Nacht an einen anderen Partner zu verschleudern."

Potter saugte einen scharfen Atemzug ein. „Und einige von uns sind nicht so verdammt ahnungslos, dass wir die... die Gelegenheiten ignorieren, die sich direkt unter unserer übergroßen Nase befinden!"

Sie starrte sich einen langen Augenblick gegenseitig in der Beinahe-Finsternis an. Dann verengten sich Snapes Augen. Wie konnte Potter es wagen! Nachdem er jahrelang aus der Ferne nach ihm gierte, seine Zuneigung unter absurd heroischen Taten versteckte, die alle nur dem Zweck dienten, diesen Bengel, der einen die Wände hochtrieb, am Leben zu erhalten, und zusehen musste, wie der Kerl jeden Zauberer und jede Hexe mit ins Bett nahm, der/die auch nur in Knutschreichweite wanderte. Jahre! Und doch hätte Snape irgendwie einfach wissen sollen, dass der Lieblingsheld der Zaubererwelt, der Mann, den die Hexenwoche seit vier Jahren in Folge zum Poppbarsten Junggesellen wählte, ausgerechnet darauf wartete, dass Snape zu ihm kam?!

Trotz seiner sprachlosen Wut schaffte Snape es immer noch, mit Reife und Zurückhaltung zu reagieren.

Er hielt sein Kissen sorgfältig fest, schwang es in einem Bogen und klatschte den scheinheiligen Ausdruck geradewegs von Potters Gesicht.

„Du widerliches, eingebildetes Blag!"

„Schmieriger Arsch!"

Potter schnappte sich ein anderes Kissen und stürzte sich in die Schlacht.

„Das ist fünf Jahre her! Ich war gelangweilt, Draco war einsam – er hatte gerade die Scheidung durch. Wir waren betrunken. Wir waren geil. Was soll ich deiner Meinung nach sagen?"

„Ach, aber ihr wart beide irgendwie auf wundersame Weise nüchtern genug, die heißen pinkfarbenen, genoppten Sexspielzeuge zu finden und zu aktivieren, ja?"

Eines der Kissen platzte und ein Schneesturm von Federn wehte durch die Luft, was zu dem brodelnden, mit Schimpfworten gewürzten Wirbelwind noch beitrug, der sich über Snapes Bett konzentrierte.

„Dann waren wir eben ein paar Mal betrunken, na und? Dafür war ich nie mit der Mutter meines Patensohns verlobt!"

„Du hast gar keinen Patensohn. Und, wie ich wohl erst ein paar Tausend Mal erklärt habe, wir waren nie verlobt!"

„Richtig. Es war ein Vorverlobungsring. Das macht ja so einen verdammten Unterschied."

„Natürlich macht es einen Unterschied, du Idiot!"

Mittlerweile hatten sie die Kopfkissen rettungslos demoliert, also fing Snape mit den Sofakissen der Sessel neben dem Bett an. Das, das er sich aussuchte, war befriedigend schwer.

Unglücklicherweise war Potter nervtötend flink. Das Sofakissen klatschte gegen einen der Bettpfosten und riss in der Mitte durch. Dem Pfosten erging es nicht viel besser: Er splitterte und der Betthimmel brach zusammen. Snape duckte sich und rollte gerade noch rechtzeitig vom Bett herunter. Er quietschte, als er auf eine von Harrys Quartzkristall-Audiofallen trat.

„Ihre Eltern hätten meinen Antrag nie akzeptiert. Wir wussten das beide. Es hätte nie etwas werden können, ganz egal, was wir wollten."

„Ha!" Von der anderen Seite des demolierten Bettes stieß Harry mit einem Finger nach Snape. Eine entfederte Kissenhülle baumelte von seiner anderen Hand herunter. „Also gibst du zu, dass du wolltest, dass es was wird!"

„Natürlich wollte ich das – ich hab sie geliebt!"

Mit getroffenem Blick klammerte Potter plötzlich die Kissenhülle an seine Brust und sah beiseite. „Und liebst du sie immer noch?"

„Was?!"

„Liebst du sie immer noch?"

Snape rollte mit den Augen. „Das ist dreißig Jahre her, Potter. Du warst noch nicht einmal geboren." Mit plötzlicher heftiger Müdigkeit stieß er das Sofakissen von sich und rieb sich die Augen. Dreißig Jahre – und genau da lag das Problem.

Wie lange würde es dauern, bis die Neuigkeit sich abgenutzt hatte und Potter ihn verließ? Wie lange, bis jemand anderes daher kommen würde, vielleicht nicht Draco, aber jemand wie er? Attraktiv, ansprechend. Jung. Wie um alles in der Welt fand Minerva bloß die emotionale Stärke, jüngere Liebhaber zu unterhalten?

„Beantworte einfach die Frage, Severus. Liebst du sie immer noch?"

Bevor Snape antworten konnte, seufzte Harry und ging zum Kamin hinüber, um in der glühenden Asche herumzustochern. „Ich habe dich nie mit irgend jemandem gesehen. Oder auch nur irgend jemanden ansehen, wenn du so willst", sagte er ganz leise. „Ich habe herumgefragt -– ich habe sogar Dumbledore in die Ecke gedrängt deswegen, wenn man das glauben kann -- aber es gab nie auch nur einen Hauch von einem Gerücht. Nie irgendwelche Verabredungen, Dinner-zu-zweit, Ferien an exotischen Orten mit einer namenlosen ganz speziellen Person." Potter lachte auf. „Eine Zeitlang dachte ich sogar, dass vielleicht du und Remus... aber dann, als er und Hermione... na, was sollte ich denn denken?"

Langsam dämmerte die Erkenntnis, und Snape fühlte sich plötzlich ganz warm innen drin. Und wie ein ganz schöner Idiot. Er ging hinüber zu Harry vor dem Kaminofen. „Ich bin nicht in sie verliebt, Harry", erklärte er. „Ich bin schon seit sehr langer Zeit nicht mehr in Narcissa verliebt."

„Wirklich?" Harry klang hoffnungsvoll. Sein Haar und seine Schultern waren mit Gänsefedern und knubbeligen Kugeln Baumwollwatte überzogen; er sah einfach zum Anbeißen aus.

„Wirklich", bestätigte Snape. „Und es hat auch nie irgendwelche Sexspielzeuge gegeben", fügte er streng hinzu.

Harry sah ein bisschen beschämt aus. „Es ist nicht, als sei es irgendwas Ernstes gewesen, weißt du. Zwischen mir und Draco, meine ich."

Snapes Lächeln verschwand, und eine vertraute bittere, schneidende Kälte durchzog ihn wieder. Er sah weg. „Ich weiß."

Er versuchte, nicht zu zittern, als Harry näher herantrat. Er versuchte, nicht zu seufzen, als Harry seine Hand unter Snapes Haare gleiten ließ, um seinen Nacken zu streicheln. Beides misslang ihm.

„Es war nie irgendwas Ernstes mit irgendeinem der anderen, Severus", meinte Harry sanft beinahe in sein Ohr. „Nicht wie es zwischen dir und mir ist."

Snapes Herz pochte schmerzhaft. Wie kannst du dir da so sicher sein?, wollte er fragen. Er konnte es nicht ertragen, Potter anzusehen, und doch konnte er es auch nicht ertragen wegzuschauen.

Als er endlich den Mut gefasst hatte, sich umzudrehen, sah Harry ihn mit leuchtenden Augen an. Seine Miene zeigte einen vertrauten, starrsinnigen Ausdruck, der klar besagte: Weil ich es kann.

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Noch bis zum heutigen Tag wird die Debatte heftigst geführt. Glücklicherweise
ist die Produktion der Unzumutbaren ebenso extrem schwierig wie die von
Veritaserum. Gleiches gilt für die unfassbaren Essenzen; auch wenn bisher
keine Essenzen die nachgewiesene Potenz derer von Snape oder Potter
erreichen konnten. Individuen, die ein tiefergehendes Verständnis der Unz
suchen, müssen sich beim Ministerium registrieren lassen und den Abschluss
vorgeschriebener Kurse in Ethik und Produktion nachweisen können.

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In den nachfolgenden Monaten tauten die Kerker auf und zeigten gelegentlich ein geradezu tropisches Klima.

Und auch wenn Snape sich bei jedem in Ohrreichweite lautstark beklagte, wie unmöglich es sei, Grundlagenforschung zu betreiben, wenn man nebenbei einen Vollzeit-Lehrplan unterhalten, das Haus Slytherin leiten und außerdem noch eine Geheimagenten-Organisation führen müsse (wobei er gelegentlich noch ergänzende Andeutungen machte –- die allen außer Potter völlig unerklärlich blieben –- wie generell unangenehm es doch sei, ständig im Dunkeln auf scharfkantige Quartzkristalle zu treten, wenn man nur mal zum Klo müsse), so hatten die Beamten des Ministeriums doch nie einen Grund, sich über einen Mangel an Vox-Proben, die ihnen zum Testen zur Verfügung standen, zu beklagen.

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Die Zaubererwelt schuldet Potter und Snape gleich dreifach Dank. Erstens,
für ihre Rolle im Sturz von Voldemort, zweitens, dafür dass sie ihre früheren
Differenzen beiseite gelegt und in der Entwicklung der Unz zusammengearbeitet
haben, ohne die der Kalte Zauberkrieg sich weitaus mehr in die Länge gezogen
hätte, und einen viel herberen Verlust an Menschenleben und Material zu Folge
gehabt hätte.

Und schließlich, mal abgesehen von den ethischen Fragen, schulden wir ihnen
auch noch Dank für diesen unbestreitbar großartigen Schritt vorwärts in der
Anpassung ungewöhnlicher Substanzen zum Zwecke magischer Verteidigung
und Angriffs. Wenn ein Zauberer einen Gegner mit einem Vox-verstärkten
Flüstern verkrüppeln kann, oder sein Herz buchstäblich mit einem Visium-
erweiterten Todesblick zum Stillstand bringen, dann wird die Konfrontation
mit einem Schwarzen Magier mit einem gebrochenen Zauberstab in der
eigenen Hand in der Tat zu einer weit weniger furchterregenden Aussicht.

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Hermione nahm sich eine Tagesordnung von dem Stapel neben der Tür. Dann, vorsichtig, um nicht ihre Notizen fallen zu lassen oder ihren Kaffee zu verschütten, bahnte sie sich mit den Ellbogen einen Weg durch die herumwuselnden Massen von Reportern und Sicherheitspersonals des Ministeriums. Obwohl sie die ersten zwanzig Minuten der Pressekonferenz verpasst hatte -- der Flohverkehr war grässlich heute -- machte sie sich keine Sorgen; Harry und Snape hatten ihr schon eine Kopie ihrer Notizen zugesandt. Außerdem konnte Draco auch Fragen aus dem Publikum abdecken, wenn das nötig sein sollte.

Nicht ohne Anstrengung erzwang sie sich den Weg durch den dichtgedrängte Gang nach vorne in die Große Halle. Dort saßen Harry, Dumbledore und Minister Weasley an einem langen Tisch, der mit Büchern, Schriftrollen und anderem Referenzmaterial überladen war. Ein bisschen abseits an einer Seite schritt Snape vor einer Kreidetafel, die mit Diagrammen übersät war, vor und zurück, höhnte und spuckte Gift und Galle, während er der versammelten Zuhörerschaft eine Lektion über Vox vermittelte. Seine seidig weiche Stimme war deutlich über das Gemurmel der Menge zu hören.

Mit Ausnahme ein paar verschrumpelter eingefleischter Magie-Theoretiker in der vordersten Reihe wirkte der Großteil des Publikums wie betäubt. Harry übrigens auch, auch wenn Hermione den Verdacht hatte, dass das mehr an der Lektion lag als an der eindrucksvollen Weise, in der Snape seine Businessrobe ausfüllte.

Sie zuckte zusammen und strebte die Sitzplatzreihen entlang zu den Plätzen, die für das Ministerium und Vertreter des Ordens reserviert worden waren. Ganz offensichtlich hatte sie wohl die Phase des Schlafentzugs hinter sich gelassen und war nun geradewegs im Delirium gelandet, wenn Snape in ihren Augen gut auszusehen begann.

Remus zwinkerte ihr von seinem Sitz am Ende der Reihe aus zu, als sie an ihm vorbeischlich. Hermione schniefte; bigott oder nicht, wenigstens war Draco in der Lage, S-E-R-I-E-L-L-E--M-O-N-O-G-A-M-I-E zu buchstabieren. Sie trat über Sirius' ausgestreckte Beine hinweg (war der Mann etwa allen Ernstes am Schnarchen?) und begab sich zu dem einsamen leeren Sitzplatz zwischen Draco und Minerva. Neben McGonagall saß Ron sehr aufrecht in seinem Sitz – mit dem ein wenig glotzäugigen, übermäßig interessierten Blick eines Mannes, der viel zu viel Aufpäppeltrank intus hatte.

Als sie sich hinsetzte, sah Draco sie bettelnd an. Nachdem sie sich einen Moment des Triumphierens gegönnt hatte, zeigte Hermione Mitleid mit ihm und reichte ihm den Kaffee. Er klappte den Deckel auf, sog einen tiefen Schluck ein, dann noch einen, und sank dann mit seligem Seufzer tiefer in seinen Sitz hinab.

McGonagall lehnte sich vor und stupste sie an. „Männer", wisperte sie durch die Zähne. „Kein Durchhaltevermögen. Es geht einfach nur bergab, wenn sie erst mal die 25 hinter sich haben."

Hermione bedeckte ihr Lächeln mit einer Hand und breitete mit der anderen ihre Notizen in ihrem Schoß aus. „Ich glaube, da ist noch ein bisschen Leben in Malfoy übrig", vertraute sie ihr ebenfalls wispernd an.

„Trödele nicht", riet Minerva mit einem Seitenblick auf Ron. „Die Uhr tickt."

Sie hätte gedacht, dass sie ihr Auflachen noch rechtzeitig abgewürgt hatte, aber Snape hielt trotzdem in seiner Rezitation inne und warf ihr und McGonagall ein Stirnrunzeln zu. Hermione erwartete halb, dass er Punkte abzog.

„Also", fragte Hermione leise, während sie ihre Notizen neu sortierte, die Agenda obenauf, und versuchte, aufmerksam zu erscheinen. „Was habe ich verpasst?"

„In jeder Hinsicht nicht allzu viel", meinte Minerva schnaubend. „Nur Severus, der wie eine übergroße Fledermaus umherflattert. Da, er tut's schon wieder. Flapp, flapp, flapp. Glaubst du, dass er zur Gattung Vampir- oder Fruchtfledermäuse gehört? Bevor Potter daherkam, hätte ich meine Galleonen auf das Erstere gewettet."

Dieses Mal war es Dumbledore, der ihnen beiden einen scharfen Blick zuwarf.

McGonagall blieb unbeeindruckt; sie hatte es offenbar immer noch auf Snape abgesehen, weil vor ein paar Tagen eines dieser Bilder seinen Weg in den Tagespropheten gefunden hatte. „Auch wenn ich zugeben muss", sagte Minerva mit einem mehrdeutigen Zwinkern, „dass es durchaus etwas für sich haben könnte, einen Mann um sich zu haben, der gewohnheitsmäßig von Decken und Beleuchtungskörpern herabhängt."

Bei diesen Worten verlor Hermione endgültig die Kontrolle über sowohl ihre Notizen als auch ihr schon zitterndes Diaphragma.

Arthur Weasley haute mit seinem Hammer auf den Tisch und war einen unparteiisch bösen Blick durch den Raum. „Ruhe allerseits, bitte sehr! Auch wenn mir klar ist, dass Sie alle aufgeregt sind über Snapes und Potters Forschungen, sparen Sie sich die Fragen doch bitte für die Frage-und-Antwortzeit, die der Präsentation folgt."

„Aufgeregt, hah! Als ob sie nicht alle in Wirklichkeit hier wären, um rauszufinden, ob Potter und Snape sich nun gegenseitig vögeln oder nicht."

Kein Wunder, dass Draco diesen Sitz frei gelassen hatte. Minerva war von genau der allerschlimmsten Sorte Sitzplatznachbar: Intelligent, mit raschem, rasiermesserscharfem Witz – und ein Tunichtgut mit extra großem 'T'.

Auch nicht anders als Ron oder Draco, was das anging.

Glücklicherweise war Draco viel zu müde -- und zu wundgerieben -- als dass er heute großartig Theater gemacht hätte. Ein ganzer Abend, an dem Hermione die Kontrolle über seine Kiste an 'Scherzartikeln' übernommen hatte, hatte dafür garantiert. Außerdem war er allergisch auf eine der Hauptingredienzien des Aufpäppeltranks; Dank sei Gott für kleine Gnaden. Wenn sie ihm noch einmal hätte zuhören müssen, wie er über 'Der-Einem-Auf-Die-Eier-Geht Potter' dies oder 'Snape und Narcissa' das jammerte, könnte sie ernsthaft in Versuchung geraten, schlimme Taten zu begehen.

Vorne an der Kreidetafel stieß Snape seinen Finger auf ein verschlungenes Diagramm und zischte etwas Faszinierendes über: „unidirektionale Westentaschendimensionen". Na, das hatte nicht in den Notizen gestanden.

Hermione beschloss, es sei das Beste, McGonagall nicht noch zu ermutigen, und wandte sich statt dessen Draco zu. „Dann nehme ich mal an, sie wissen endlich, wo Malfoys Höllen-voxte Speichellecker allesamt hingeraten sind", flüsterte sie.

Nachdem er zwei Drittel des Kaffees in sich hinein geschüttet hatte, tauchte Draco endlich wieder für einen Atemzug aus dem Becher auf. Er verzog missmutig das Gesicht. „Ja. Und wieder mal typisch Potter, blind über etwas zu stolpern, dass ernsthafte Theoretiker schon seit Jahrhunderten rauszufinden versuchen."

Hermione tätschelte seine Hand. „Na, wenigstens hat Snape rausgekriegt, wie man deinen Dad aus diesem Koma bekommt", sagte sie. Dracos Gesicht wurde noch gewittriger.

Als Snape ein Stück Kreide in die Hand nahm und eine Ergänzung zu dem Diagramm machen wollte, zuckte die Tafel plötzlich zurück und huschte auf ihrem Ständer davon, um sich an die Wand zu kauern. Das Publikum platzte in schallendes Gelächter, und Harry sprang auf und rannte der flüchtigen Tafel in einem Wirbelsturm an Anti-Animationssprüchen nach.

Neben ihr steckte Minerva den Zauberstab zufrieden in ihren Ärmel zurück, gänzlich unbetroffen von den bösen Blicken, die ihr Harry, Arthur und Dumbledore zuwarfen.

Hermione rutschte in ihrem Sitz hinunter und versteckte ihr Gesicht hinter der Agenda. Bei näherer Betrachtung waren Ron und 'Madcat' vielleicht doch wirklich gut für einander.

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Im Frühjahr 2015 zogen sich Potter und Snape aus dem aktiven Lehrbetrieb
in Hogwarts zurück. Sie fuhren allerdings mit ihren Präsentationen fort,
unternahmen Verbesserungen an den Unzumutbaren, schrieben ihre Memoiren
und arbeiteten an anderen öffentlich wie auch privat finanzierten Forschungsprojekten
(siehe Abwehrforschung des Ministeriums: Öffentlich-Private Joint Ventures
und Unabhängige Auftragnehmer
und Forschungsannalen der Phoenix-
Foundation: 2015 bis heute)
.

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Snape öffnete das Schlafzimmerfenster und ließ es sperrangelweit aufschwingen. Eine freundliche Spätsommerbrise strich hinein und brachte Vogelzwitschern und den Duft frisch gemähten Rasens mit sich. Es schien ein ganzes Leben her zu sein, dass er so tief und lange geschlafen hatte.

Nur zu bald würde der Hofgarten unten wieder brummen vor hormongesteuerten Irrwichten, die wild entschlossen waren, alle Regeln im Buch zu brechen, ihre erzieherischen Chancen zu verschleudern, und ihm das Leben generell zur Qual zu machen. Aber jetzt, wo der Schuljahrsanfang noch ein paar Tage vor ihnen lag, konnte er noch Frieden und Freiheit genießen.

Trotz der bevorstehenden Rückkehr der kleinen Monster war das neue akademische Jahr vielversprechend. Die Verfeinerungen an Vox kamen gut voran, und das Rückgrat der Händler schien zunehmend geschwächt, wenn nicht schon gebrochen; Gringotts war interessiert, die kommerziellen Rechte an ihrer Seitenlinienforschung der Westentaschendimensionen zu erwerben; Potter und er hatten jetzt ein geräumiges gemeinsames Quartier im Ravenclaw-Turm (neutrales Territorium); und Snape war als Hausleiter Slytherins zurückgetreten. Angeblich, um mehr Zeit mit Forschung verbringen zu können, aber mit dem zusätzlichen Bonus, mehr Zeit freimachen zu können, die er mit – und was für ein Wunder war das? – seinem Lover zu verbringen.

Hinter ihm, ausgespreizt über die gesamte Breite ihres Bettes, schlief besagter Lover den Schlaf der, na, vielleicht nicht Gerechten, aber zumindest regelrecht Durchgevögelten. Potters Haar stand in alle Richtungen ab, und er hatte wegen der Wärme im Zimmer die Decke meistenteils abgeworfen, so dass sein nackter Körper ganz köstlich freigelegt war; Snape spürte, wie sich die Hitze wieder in seinem Unterkörper aufbaute.

Er hatte Berichte zu schreiben, ein halbes Dutzend Experimente wartete in seinem Labor auf ihn, und er hatte lange genug geschlafen; er sollte wirklich den Tag beginnen.

Dann regte sich Potter –- lange Muskelstränge wogten unter seiner gebräunten, schimmernden, ein wenig verschwitzten Haut -- und sah zu ihm hinüber. „Sev'rus?", sagte er schlaftrunken. „W'spät iss's?"

Snape machte sich nicht die Mühe, sein breites, selbstzufriedenes Grinsen voller Besitzerstolz zu unterdrücken. Alle früheren Gedanken an Forschung verdunsteten in einer Wolke der Lust.

Potters Augen weiteten sich.

Er trat zwei Schritte vom Fenster weg, kickte ein paar verstreute Rosenquarz-Audiofallen beiseite und hüpfte auf das Bett.

Potter quietschte. Dann seufzte er, als Snapes Zunge ihren Weg durch seine Lippen fanden.

Als sich Snape nach einer guten, langen, sabbrigen, nervenkribbelnden Weile wieder zurückzog, schaute Harry zu ihm auf. Der vorherige schwerlidrige, willfährige, „mhm, sicher mag ich einen Fick, wenn du die ganze Arbeit machst" -Gesichtsausdruck seines Gefährten war verschwunden, um ersetzt zu werden durch...

Snape hatte das drohende Gefühl unmittelbar bevorstehenden Verderbens. Er kannte diesen Blick.

„Severus?" Harry blinzelte ihn an, wie durch eine postkoitalen Nebel.

Wagte er es zu fragen? „Ja, Harry?" Offensichtlich ja.

„Ich glaube..."

Snape zuckte innerlich zusammen und erwartete das Unausweichliche.

„... ich glaube, ich habe gerade noch eine Idee."

Snape stöhnte tief und rollte von seinem Lover herunter. Er haute ein paar Mal mit dem Schädel gegen das Betthaupt, und stand dann auf, um ein bisschen Pergament und eine Schreibfeder zu suchen.

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Beide Zauberer teilen gegenwärtig ein Haus in Hogsmeade und haben,
allem Anschein nach, ihre zwischenmenschlichen Konflikte gelöst.

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Finis

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