Kapitel Nr 4 ;) Viel Spa

Ich gehe auf und ab; ich kann nicht ruhig stehen, nicht wo sie da so ruhig liegt, zu ruhig, als dass ich ruhig sein könnte.
Ich möchte schreien, möchte sie wecken, doch sie würde nicht erwachen; zu tief ist der Schlaf, in den die Ärzte sie trugen.
Seit einer und noch einer Stunde bin ich nun bei ihr, und noch viele werden folgen, denn ich würde nicht schlafen.
Gott, sei mir gnädig, sei ihr gnädig, sie muss leben, sonst würde ich auch sterben;
ich würde nicht mehr leben wollen, beenden würd ichs, das meine Leben, so elend von Anfang an.
Was habe ich zu verlieren ausser mein Leben? Nur die Blume, und die schläft,
nicht ersticken kann sie nun die Flammen in meinem Herzen, und es lodert noch.
„Sterben wird sie nicht, wenn Du da Wache hälst; bei ihr bist, ihrer behütest!"
„Herr, einfach sein, bei ihr sein? All nur, um ihr Leben zu retten, und so das meine?"
„So einfach, ja – Du musst nur wachen; schützen auch, denn ihr Lebenslicht erlischt, bist Du nicht mehr an ihrer Seite."
Wache ... wache ...
Sonnenlicht fällt in meine Augen, wo kommts her? Ah, durchs Fenster, durch Glas!
Morgen muss es sein, doch kanns das noch nicht – ich muss geschlafen haben; ich wollte nicht schlafen.
Ha! Müd war ich, die Beine, alles, erschöpft, ausgelaugt; ich wollte wachen, doch ich schlief ein.
Schläft sie noch? Ich beuge mich vor... Ha! Ihre Augen sind offen, braun, sie sind klar, warm – sie lächelt.
Wunderschön, wie ihr Haar auf ihr Kissen fällt, buschig - braun ists, wie ihre Augen, ihr Gesicht, lächelnd!
Ihr Körper atmet sanft, ihre Brust hebt sich in des Herzens Takt, auf und ab;
ich sitze neben ihr, nehme ihre Hand, wir sehen uns an, gebannt, nicht loslassen können sich unsere Blicke, grün auf braun.
Eine Flut durchströmt mich, von der Hand, die ihre hält, sie streichelt über sie;
Glück strömt in mein Herzen, flutet die Ruine; ich spüre die Glut erlischen;
Dampf steigt auf, endlos sind die Minuten. Was mag sie denken?
Obwohl ihre Augen klar sind wie Kristalle, wie Meerwasser, durch das man auf den Grund sehen kann,
kann ich nicht ihre Gedanken sehen; nur Wärme. Die Wasser ergießen sich über das Ödland,
es wird wieder grün in der Wüste meines Herzens, auf einem Hügel, da die Ruine steht, brennts noch,
Flammen züngeln leise und knisternd, doch die Wasser schwellen an;
Sintflut kommt über sie, löscht sie, nicht Glut, nicht Asche bleibt zurück,
wieder rein ist mein Herz. Reiner noch ist ihres, ich sehe es, denn sie liebt mich; ich liebe sie.
Zeit steht still, als wir küssen, unsere Lippen einander berühren; ich sie küsse, sie mich küsst,
wie im siebenten Himmel fühl ich mich, kein Gefühl kann schöner sein, doch kann –
ich denke, ich weiß es nicht, erfahren werde ich es; nicht hier.
Zunge um Zunge, Atemzug um Atemzug, verschmolzen, küssen, ich lebe; bin lebendiger denn je,
und doch so fern, in andrer Welt, wie im Traume. Da sind sie, als wir uns trennen, die Ärzte, gerührt sind sie;
Szene, die sich ihnen bot, hier selten wohl ist – so jung sind wir, doch lieben wir uns sehr.
Verlassen muss ich sie kurz, denn Fragen wollen sie nun stellen. Viel der Lügen erzähle ich.
Glauben tun sie mir nicht, doch ihre Gedächtnisse, die sind klar;
nichts mehr wissen sie, ausser ihre Namen, aber alles, weniger denn zwei Tage her,
wissen sie nicht mehr, bis zum heutigen Tage. Ich laufe jetzt, ich will sie holen, befreien von hier, mit ihr fliehen,
wir sind nicht sicher.
Mich meiner Gefahr durch Nemesis werde ich bewusst, er will mich töten, mich hinab in den Hades schicken,
mich noch im Styx ertränken, wenn ich schon tot bin – ich will ihn töten und ins Fegefeuer, auf die Bösen brennen,
werfen, denn er ist böse, fast böser als der Herr der Toten selbst; doch der will mich nicht töten.
Jetzt will ich nicht töten, nicht leiden, lieben will ich.
Sie kann selbst stehen und gehen, ha, wäre ja gelacht, müsste ich sie tragen, würds mir nichts machen; ich trug sie gern.
Hand in Hand, Arm in Arm, gehen wir die Straße hinab; scherzend, liebend strahlen wir uns an;
Funken springen Auge in Auge, hell glänzt ihr Haar im Sonnenschein, der hinabstrahlt auf Erden, gesandt von Helios;
Herrscher des Lichts. Leute sind um uns, wir kümmern uns nicht um die, die da herhasten, ihren Tätigkeiten nachgehen;
jeder hat ein Ziel. Nein – ah- nicht jeder, denn manche, die da sitzen – die sind arm;
sie wurden verstoßen, verstoßen von der Gesellschaft, in dieser üblen Stadt, deren Moral tief hängt wie der Smog der Autos,
deren Fahrt im Stadtzentrum verboten ist; nur gegen Geld ists erlaubt, denn Geld regiert; herrscht, und es ist bös –
ich wünscht mir Alkohol herbei. Ach nein, nicht vor ihr, Blume; sie geht an meiner Seite, ihr geht es gut ...
noch, denn sie weiß nicht, was ich weiß, ich möchte nicht, dass sie weiß, und doch wird sie es wissen müssen,
was die Bösen ihr raubten. Die Häuser gehen an uns vorbei; wir kommen im Hotel an, ich grüße den Angestellten.
Wir gehen hinauf, Treppenstufe um Treppenstufe, denn einen Aufzug gibt es nicht; noch gibt es einen Fahrstuhl.
Meine Tür ist abgeschlossen, so schließ ich sie auf, denn wir wollen hinein, hinein wollen wir;
aufs Bett legen wir uns ... weich ists, wie ihre Beine, die ich streichle, sie ihrer Kleider befreie;
sie macht mich frei, wir küssen, lieben; wir sind glücklich. Sanft ist die Haut ihres Körpers,
während ich hinüberfahre mit liebender Hand, küsse, liebkose, weich wie Samt und feinste Gewänder,
die getragen werden von Königen in ihren großen Hallen und den Göttern hoch oben im Olymp.
Wie im siebenten Himmel fühle ich mich; ein Gott. Verschmelzen, verschmolzen sind unsere Münder,
die einander Lippen küssen, Zungen wandeln und tanzen, Walzer; des Kaisers Walzer,
zur zarten Melodien unserer atmenden Körper; hebend und bebend senkt sich ihre Brust, sanft;
weich; ich küsse sie. Wir liegen nackt da, ich über ihr, einen Höhenflug der Gefühle, fliegen ist nicht schöner;
Fliegen ist kein fliegen im Vergleich. Ich fliege, meine, ich wäre ein Gott; denn ich fliege hoch,
hinüber über siebenten Himmel, weit hinüber, während sie reitet der heilig Stadt, Jerusalem entgegen.
Wir sinken erschöpft zusammen, wir sind fröhlich und erschöpft nach den Liebesäkten.
Nebeneinander im Bett liegen wir, nachdem wir uns liebten; und ich bin froh. Geheilt,
endlich ganz geheilt, mir geht es gut, wie es mir besser nicht gehen könnt.
Es ist nicht der gestrige Tag, da wir erwachen; wir liegen umschlungen im Bette.
Ich erwachte eher als sie und betrachte sie, sie atmete ruhig; ein Lächeln lag auf ihren Lippen.
Nun lächelt sie ebenso, denn sie ist wach. Wir gehn essen, denn wir sind hungrig.
Wie ein glückliches Paar, das wir nun sind, verlassen wir das Haus, gehn hinaus auf die Straße,
die darliegt in der Sonne. Noch verdunkeln die schwarzen Wolken, die da kommen aus Norden,
noch verdunkeln sie nicht den blauen Himmel,
an dem freundlich das Sonnengestirn lächelt und der Mond noch blass durchscheint,
während die Sterne schon längst verblasst sind.
An Menschen gehen wir vorbei; an vielen. Wir wissen nicht, wohin wir gehen, wir wollen es nicht wissen,
denn wir werden es sehen.