_.~*~.__.~*~.__.~*~._ Harry Potter und der Herr der Ringe_.~*~.__.~*~.__.~*~._

Das Donnern und Blitzen hatte die ganze Nacht angehalten. Harry versuchte, sich
vorzustellen, was für ein Zauberer-Kampf in der Festung stattfand, aber es fiel ihm schwer.
Immer wieder hatten trampelnde Horden vor ihrer Tür darauf aufmerksam gemacht, dass die
Orcs in heller Aufregung waren. Doch nicht einmal hatte jemand versucht, in den kleinen
Raum einzudringen.
Hermione war gerade aufgestanden, um sich zu strecken und hatte dann nach einem kurzen
Blick nach draußen verkündet, dass es jetzt dämmerte, als ein ohrenbetäubend lautes Krachen
die gesamte Festung erschütterte. Noch lauterer Donner grollte und dann folgte Stille.
Eine seltsame Stille, die nach dem anhaltenden Donnern der vergangenen Nacht extrem
ungewohnt war.
Auch die drei Jungen standen nun auf und reckten die steifen Glieder. Die Stille konnte nur
eins bedeuten: Entweder, die drei Zauberer hatten den bösen Hexer besiegt - dann würden sie
gleich kommen, um die vier Schüler aus dem Raum zu hohlen, oder aber der böse Hexer hatte
gewonnen. Dann würden die Gänge gleich von johlenden Orc-Schreien widerhallen und es
würde nicht lange dauern, biss das hiesige Voldemort-Äquivalent die Tür sprengte, um sie zu
töten.
Es blieb still.
Bis plötzlich mit einem Schlag die Tür aufflog, so dass die vier vor Schreck
zusammenzuckten.
Gandalf stand in der Tür. Er sah extrem erschöpft aus - ein kleines Rinnsal Blut lief ihm aus
der Nase. Er verzog das Gesicht - es sollte wohl ein Lächeln werden, doch es gelang ihm nicht
recht.

"Kommt. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns!"

Schweigend folgten sie ihm aus dem Raum und den Gang entlang.

"Einen weiten Weg?" Draco warf Harry einen ungläubigen und fragenden Blick zu. "Was
meint er denn damit?"

"Wahrscheinlich, dass wir eine ganze Weile laufen werden, Draco!"

"Aber wir müssen doch hier bleiben, ich meine - der Eingang zum Gang ist hier, wie sollen
wir sonst je wieder nach hause kommen?"

Ron drehte sich mit einem hämischen Grinsen zu Draco um. "Angst, Malfoy? Möchtest Du zu
Deiner Mami?"

"Klappe, Weasley!" Draco stieß Ron zwischen die Schultern, doch gerade als dieser sich
umwandte und seinen Zauberstab hoch, trafen sie auf Snape und Saruman.

Harry schluckte. Auch die anderen beiden Zauberer sahen ziemlich mitgenommen aus. Wenn
Snape normalerweise schon eine ungesunde Gesichtsfarbe hatte - das nächtelange Zauberer-
Duell hatte seinem Teint eindeutig nicht gut getan. Harry bemerkte außerdem, dass Snape
humpelte. Und seinen linken Arm möglichst wenig bewegte.
Doch für lange Reden blieb keine Zeit und alle folgten Gandalf und Saruman, die offenbar
sehr genau wussten, wo sie hinwollten.
Momente später war auch den anderen klar, warum die beiden alten Männer sich so beeilten -
die Festung begann zu beben. Erst nur ein wenig, doch dann hörte man deutlich Grollen und
fallende Steine. Die Wände begannen zu vibrieren. Als sie in eine große Halle kamen, fielen
die ersten Steine von der Decke.

"Schnell!" Gandalf winkte ihnen zu, sich zu beeilen.

Harry hätte nicht für möglich gehalten, dass ein so alter Mann so schnell laufen konnte. Sie
durchquerten die Halle so schnell sie konnten, kamen in einen Vorhof, hasteten vorbei an
mehreren erschlagenen Orcs und standen dann vor einem Tor. Gandalf warf einen Blick durch
eine kleine Luke.
Er sah resigniert aus, als er sich wieder zu ihnen umwandte.

"Sie haben die Zugbrücke wieder hochgezogen. und den Mechanismus zerstört. Wir werden
sie gewaltsam öffnen müssen." Er sah unglaublich müde aus, als er leise hinzufügte. "Und ich
bin jetzt schon zu Tode erschöpft!"

Saruman sah ebenfalls nicht glücklich aus.

"Vielleicht," Snapes Stimme klang mindestens so müde, wie die anderen beiden Zauberer
aussahen, "können unsere vier ausgeschlafenen Begleiter das erledigen!"

"Kinder?" Gandalf sah die vier zweifelnd an. Saruman enthielt sich eines Kommentars, doch
auch sein Gesichtsausdruck sprach Bände.

"Sie sind fünfzehn Jahre alt und in ihrem fünften Ausbildungsjahr. Vielleicht schafft es keiner
von ihnen allein - aber zu viert sollte das kein Problem sein. Treten Sie zur Seite, Gandalf!"

Snape drehte sich zu seinen Schülern um. "Stellt euch nebeneinander auf. Ein einfaches
'Alohomora' sollte ausreichen. Aber strengen Sie sich gefälligst an! Auf drei!"

Snape zählte. Vier Blitze schossen aus vier Zauberstäben und trafen gleichzeitig auf das Tor -
welches aufbrach. Ein lautes Rasseln und ein gewaltiger Rumps sagten ihnen, was sie durch
den aufwallenden Staub noch nicht sehen konnten - die Zugbrücke hatte sich den Gesetzen
der Schwerkraft gebeugt.

Und wieder setzten Gandalf und Saruman zu einem Laufschritt-Tempo an. Nach kurzer Zeit
hatte Harry Seitenstechen. Neben ihm keuchte Ron und hinter ihm schien es Draco und
Hermione auch nicht besser zu gehen.
Ein Seitenblick auf Snapes Gesicht sagte Harry, dass es seinem Lehrer noch weitaus
schlechter ging, als ihm und seinen Freunden. Und Draco.
Mittlerweile war es richtig hell geworden und Harry versuchte sich von seinen Seitenstechen
abzulenken, indem er sich die Landschaft ansah.

Hinter ihnen lag die Festung. Zunächst waren sie bergab gelaufen - was nicht weiter
anstrengend gewesen war, doch mittlerweile liefen sie zu ebener Erde. Links und rechts von
ihnen war Wald - jedoch schien es sich um eine Art Trichter zu handeln, denn je weiter sie
kamen, desto weiter wichen die Bäume zurück. Zumindest erschien es Harry so, denn da sie
sich am linken Waldrand gehalten hatten, war er sich über die Perspektive nicht ganz sicher.

Endlich wurden die beiden alten Zauberer etwas langsamer und sie konnten gehen, statt zu
laufen. Obwohl das Schritt-Tempo immer noch mehr von einem strammen Marsch als von
einem Spaziergang hatte, beruhigte sich Harrys Atem langsam.

Sie gingen und gingen. Nicht einmal in der größten Mittagshitze wurde haltgemacht. Harry
und Ron hatten Hermione, die zwischenzeitlich angefangen hatte, zu schluchzen, in die Mitte
genommen und hielten sich an den Händen fest.
Harry hätte nie für möglich gehalten, dass man solange so schnell gehen konnte. Und er und
die anderen drei Kinder hatten die ganze Nacht geruht. Aber Snape und die beiden Männer
waren die ganze Zeit wach gewesen und hatten gekämpft! Wie konnten sie nur dieses Tempo
beibehalten? Er wünschte sich nichts sehnlicher, als seinen Firebolt dabeizuhaben. Noch nie
zuvor hatte er eine so weite Strecke zu Fuß zurückgelegt.

Endlich, als sich die Sonne schon im Westen neigte und hinter dem Gebirge zu verschwinden
drohte, blieben Gandalf und Saruman stehen.

Erschöpft fielen die Kinder auf den Boden. Snape sah aus, als hätte er am liebsten dasselbe
getan, doch er blieb stehen. Harry hatte den Eindruck, dass Snape ein wenig schwankte - und
zitterte.

Gandalf sah mit zusammengekniffenen Augen zurück in die Richtung, aus der sie gekommen
waren.

"Ich sehe keine Orcs. Sie scheinen uns noch nicht zu folgen, aber das hat nichts zu sagen. Ich
habe ab und zu einen Wolf im Wald gesehen - wenn sie heute nacht auf Wargen hinter uns
herreiten, haben sie uns im Nu eingeholt. Wir können nicht lange rasten!"

Draco stöhnte leise. Doch als Gandalf ihm einen ernsten Blick zuwarf, schwieg er.

"Wir werden uns ein oder zwei Stunden ausruhen und dann weitergehen. Spätestens, wenn es
dunkel wird müssen wir den Wald-Trichter verlassen haben. Wir werden uns von jetzt an
mehr in der Mitte halten, denn Warge und Orcs scheuen die offenen Ebenen. Heute Nacht
jedoch wird sie das nicht abhalten, uns zu verfolgen. Sicher sind wir erst, wenn wir den
Anduin überquert haben."

"Den Anduin?" Snape sah Gandalf fragend an.

"Den großen Fluss. Dahinter können wir uns etwas mehr Zeit lassen - jedoch nicht zuviel.
Wenn die Botschafter der Orcs ihre Verwandten im Nebelgebirge informiert haben, werden
sie auch dort nach uns suchen. Wir werden uns nach Lothlorien durchschlagen, bei den
Galadrim sind wir sicher!"

Harry fragte sich, wie weit das noch war - denn er konnte keinen Fluss sehen. Auch nicht, in
weiter Ferne. Doch er traute sich nicht, zu fragen. Fast wünschte er, dass Draco fragen würde,
doch dieser hatte offenbar keine Lust, sich wieder einen scharfen Blick von Gandalf
einzufangen.

Endlich setzten sich auch die drei Männer hin und ließen sich auf den Rücken fallen. Harry
merkte mit einem Mal, dass er furchtbaren Durst hatte. Sein Mund schmerzte, so
ausgetrocknet war er. Doch er dachte sich, dass - hätte jemand Wasser dabei gehabt - er es
schon herausgeholt hätte.

Ein leises Schluchzen ließ ihn den Kopf wenden. Hermione hatte einen Schuh ausgezogen
und als Harry ihren Fuß sah wusste er auch, warum ihr Tränen über die Wangen liefen.
Hacken und Zehen waren blutig von aufgescheuerten Blasen. Sie konnte auf keinen Fall heute
noch weitergehen. Harry sah, dass auch Draco seine Schuhe ausgezogen hatte. Er schluchzte
zwar nicht, aber er schien sich auffällig oft über das Gesicht zu wischen.
Harry war froh, dass seine Füße einfach nur vom Laufen weh taten - Blasen schien er jedoch
nicht zu haben. Ein Blick zu Ron sagte ihm, dass es diesem auch den Umständen
entsprechend gut ging.

Harry wusste nicht, was er tun sollte. Konnte er überhaupt etwas tun? Einen Heilzauber
kannte er jedenfalls nicht. Ob Snape etwas für Hermione und Draco tun konnte? Aber er
wollte den völlig erschöpften Mann jetzt lieber nicht stören. Die drei älteren Zauberer hatten
ganz offensichtlich weit schwerwiegendere Probleme als ein paar offene Blasen


_.~*~.__.~*~.__.~*~.__.~*~._Fortsetzung folgt _.~*~.__.~*~.__.~*~.__.~*~._