- KAPITEL DREI -
Ruhe
Am nächsten Morgen erfuhr Nala von Albus, was Voldemort von Snape gewollt hatte
und plötzlich war sie irgendwie froh darüber, dass sie das nicht mehr letzte Nacht
zu hören bekommen hatte. Nach einem erholsamen Schlaf war ihre Stimmung jetzt
wesentlich besser und so vertrug sie solche schrecklichen Nachrichten auch
eher.
Dumbledore verlor kein Wort darüber, dass sie Snape angetroffen hatte, als er
zurückgekommen war. Anscheinend hatte Snape ihm nichts davon erzählt.
"Warum wohl?" fragte sie sich. Aber auch sie fühlte sich nicht danach
Albus davon zu erzählen. Schliesslich konnte sie Snape wirklich nichts befehlen
und sie wollte sich vor Albus nicht wichtiger machen, als sie eigentlich war.
Deshalb beschwerte sie sich bei ihm nicht über Snapes Verhalten. Sie hatte das
Gefühl, dass dieser Streit wohl vorerst unter ihnen beiden bleiben würde.
Später korrigierte sie die Aufgaben ihrer Schüler und gegen Mittag machte sie
sich auf nach Hogsmeade. Sie flog mit ihrem Besen dorthin, weil sie schon etwas
knapp dran war.
Sirius wartete im Wirtshaus schon auf sie. Als er sie sah, stand er auf und
trat auf sie zu. Die beiden standen einander gegenüber und keiner von ihnen wusste,
wer zuerst etwas sagen sollte, geschweige denn, was er sagen sollte. Dann
fielen sie sich einfach in die Arme und Nala kullerten ein paar Tränen übers
Gesicht. Sie wischte sie sich weg und flüsterte:
"Es tut mir leid. Ich hatte es nicht gewusst."
"Ist schon gut. Es ist ja jetzt geklärt", versuchte Sirius sie zu
beruhigen.
"Nein, Sirius, ich hätte es nicht glauben dürfen. Du warst mein
Freund."
"Das bin ich hoffentlich auch jetzt noch", lächelte er.
"Natürlich, wenn du mir verzeihen kannst."
"Du hast nur deine Arbeit gemacht. Alle hatten angenommen, ich wäre der
Verräter. Komm, wir setzen uns erst einmal hin."
Sie nickte und die beiden setzten sich an den Tisch. Er begann ihr von Anfang
an zu erzählen, wie es ihm ergangen war und weshalb er nun hier war. Von
Voldemort selbst wusste er auch nicht mehr als Nala, aber er wollte einfach in
Harrys Nähe sein und deswegen war er hier in Hogsmeade.
Später wollte er von ihr hören, wie es ihr so ging und sie erzählte ihm alle
wichtigen Dinge, die ihr passiert waren in den letzten 16 Jahren, in denen sie
ihn nicht mehr gesehen hatte. Sie bedankte sich auch bei ihm, dass er zur
Beerdigung von Sean gekommen war. Es tat gut wieder einmal mit jemandem über
Sean zu reden. Mit jemandem, der Sean auch sehr gemocht hatte. Sirius konnte
sie verstehen. Er hatte den selben Hass auf Voldemort und seine Todesser wie
sie. Er war sogar der Erste, der wirklich verstand, weshalb sie Snape nicht
wirklich eine Chance geben konnte.
"Ich kann deinen Zorn verstehen. Ich habe ihn auch gehasst, glaub mir. Ich
hasste ihn sogar sehr. Doch um Voldemort gemeinsam zu bekämpfen mussten wir
miteinander einigermassen klarkommen und das müssen wir auch jetzt noch",
sagte Sirius.
"Das weiss ich doch, trotzdem will es mir nicht gelingen. Er war dabei
gewesen, als sie Sean töteten. Ich weiss es", flüsterte Nala traurig.
"Na gut, er war dabei, aber glaubst du, es hat ihm Spass gemacht?"
"Das traue ich ihm zu."
Sirius musste lachen. "Ja, das könnte man, er ist wirklich nicht gerade
eine angenehme Person. Weißt du was? Du brauchst ihm noch nicht zu trauen.
Irgendwann wird er sich auch dein Vertrauen verdienen und bis dahin hast du
Albus, Minerva, mich und alle anderen, denen du vertrauen kannst. Lass dich von
ihm nicht so stressen."
"Das ist nicht gerade einfach, wenn er immer in meiner unmittelbaren Nähe
ist. Er lässt keine Gelegenheit aus um mich spüren zu lassen, dass er mich
hasst. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er extra Dinge sagt, die mich an Sean
erinnern."
"Ach komm, lass dich von ihm nicht unterkriegen. Er kann dir doch nichts
sagen. Snape ist ein Ekel und Punkt."
Nala lachte jetzt herzhaft. "Ja, das weiss ich doch, Sirius."
Eine Weile plauderten die Beiden noch, bis Nala wieder aufbrechen musste. Nach
ihrem trüben Freitagabend, war dieser Samstag ein richtiger Höhenflug gewesen.
Es tat so gut zu wissen, dass sie einen alten Freund wieder zurückgewonnen
hatte und es hatte ihr gut getan, dass sie sich wieder einmal richtig
aussprechen konnte. Sie hatten sich so gut verstanden, dass sie sich für den
nächsten Samstag wieder verabredet hatten zu einer "Lagebesprechung".
So gingen die Tage voran und es war trotz allem etwas Ruhe in Nalas Leben
eingekehrt. Mit Sirius hatte sie nun schon einige Samstage verbracht, aber ohne
irgendwelche hilfreichen Neuigkeiten über Voldemort zu erfahren. Sie redeten
nur oder gingen spazieren. Einmal war sogar Harry dabei.
Nala kümmerte sich nicht um Snape und wenn er ihr doch einmal blöd kam, dann
wusste sie sich gut zu wehren. Es war bereits Ende Oktober, als ihre Ruhe
massiv gestört wurde.
Schon öfters hatte sie gehört, dass Snape seine Slytherins die ganze Zeit
bevorzuge im Unterricht und dass er vor allem den Gryffindors besonders viele
Punkte abzog, doch sie hatte diesem ganzen Punktesystem sowieso noch nicht so viel
Beachtung geschenkt, seit sie hier war. Aber weil sie ja selbst auch immer zur
Punktetafel ging um den Häusern Punkte zu geben oder wegzunehmen, fiel auch ihr
irgendwann deutlich auf, dass den Gryffindors immer sehr viele Punkte fehlten,
nachdem sie Zaubertränkeunterricht hatten. Wie konnte das sein? Die Gryffindors
holten bei ihr doch immer so viele Punkte.
Sie wusste nicht genau, weshalb sie das tat, aber sie begann nun ihre eigene
Punkteverteilung viel genauer zu machen. Man konnte bei ihr nun viel schneller
Punkte gewinnen, aber man konnte sie auch genauso schnell verlieren. Wer sie
auch nur ein bisschen reizte, dem wurden Punkte abgezogen. Das ging für eine
kurze Zeit sogar ganz gut. Die Ravenclaws gingen in Führung, dicht gefolgt von
den Gryffindors und die Slytherins fielen auf den dritten Platz ab, aber auch
sie lagen nicht viele Punkte von der Spitze zurück. Nur Hufflepuff hing etwas
träge hinterher. Das Fass kam erst zum Überlaufen, als Draco Malfoy sich in
einer Stunde einfach absolut daneben benahm. Er hatte Hermione Granger ein
Schlammblut genannt.
"Malfoy!" sprach Nala gefährlich. "Das sind 30 Punkte Abzug für
Slytherin und ich will weder von Ihnen noch von sonst irgendjemandem hier
dieses oder ähnliche Worte jemals wieder hören."
"Was denn?" säuselte Draco. "Ich habe ihr nur gesagt, was sie
ist. Ein Schlammblut. Das kann niemand bestreiten. Granger ist ein schmutziges
Schlammblut."
Nala kramte nun ihre härteste und kälteste Stimme hervor. "Ich habe Sie
gewarnt. Das waren zwei weitere 'Schlammblut'. Das gibt je 50 Punkte Abzug noch
einmal dazu und noch einmal 20 Punkte Abzug, weil Sie meine Verwarnung nicht
wahrgenommen haben." Dann wandte sie sich an die ganze Klasse.
"Verehrte Slytherins, ihr dürft euch bei eurem Kameraden bedanken, er hat
gerade 150 Punkte in weniger als zwei Minuten verloren. Herzliche Gratulation,
Mister Malfoy!"
Während des ganzen Unterrichtes hatte es keiner mehr gewagt Nala irgendwie zu
reizen. Sie hatte sich zwar schnell wieder erholt von dieser Auseinandersetzung
und machte normal weiter, aber alle fürchteten, dass sie sehr schnell wieder
wütend werden konnte. Sogar Malfoy hielt für einmal seine grosse Klappe ohne
auch nur das leiseste Tönchen von sich zu geben. Als der Unterricht zu Ende
war, verschwanden alle sehr schnell aus dem Klassenzimmer. Nur Hermione blieb
zurück.
"Ähm, Miss Silver, haben sie noch kurz eine Minute?"
"Ja, ich habe sogar noch einige Minuten mehr für dich", lächelte
Nala.
"Ich wollte nur sagen, dass ich es sehr nett fand, wie Sie heute für mich
eingestanden sind und ich bin Ihnen eigentlich auch dankbar, aber bitte
ignorieren Sie es in Zukunft einfach. Ich tue das schon, seit ich ihn
kenne."
"Weshalb sollte ich es ignorieren, Hermione?" fragte Nala verwundert.
Hermione überlegte eine Weile, bis sie sich entschied ihr doch die Wahrheit zu
sagen. "Malfoy wird mir das Leben noch mehr zur Hölle machen, wenn Sie ihm
wegen mir so viele Punkte abziehen."
"Das ist doch wirklich nicht zu fassen, wie der sich benimmt. Bestimmt
sind nicht alle Slytherins schlecht, aber dieser Junge hat einfach überhaupt
keinen Anstand und keine Manieren." Nala hätte noch weitere schlechte
Dinge über Malfoy sagen können, aber sie hielt es für besser jetzt aufzuhören,
denn sie sollte nicht vor einer Schülerin so schlecht über andere Schüler
reden, auch wenn es Malfoy war. "Hör zu, ich frage mich, ob dieser Junge
überhaupt in irgend ein Haus von Hogwarts gehört. Mach du dir keine Sorgen,
wenn er dich irgendwie bedroht, dann kommst du sobald wie möglich zu mir und
ich werde das regeln. In Ordnung?"
"In Ordnung." Hermione gab ihr die Hand und drückte kurz zu.
"Danke" flüsterte sie und war dann auch schon hinausgehuscht.
Schon zwei Stunden später stand Hermione wieder in der Tür. Malfoy hatte ihr
tatsächlich schon gedroht und er hatte Hermiones Haare auch schon verschwinden
lassen mit einem Zauber. Das Mädchen stand ganz aufgelöst mit ihrem Umhang über
dem Kopf da. Nala nahm sie kurz in den Arm und liess ihre Haare dann wieder
wachsen. Dann begleitete sie Hermione bis zum Portrait der fetten Dame, aber
als sie sah, dass Hermione immer noch zitterte, brachte sie das Mädchen bis
hoch in ihr Bett und versuchte sie noch etwas zu beruhigen.
Dann machte sie sich auf zu der Punktetafel, wo sie nun endlich den Punktestand
erneuern musste. Für die Sache mit den Haaren konnte sie Malfoy aber nicht
bestrafen, es war nicht in ihrem Unterricht passiert und sie war nicht dabei
gewesen. Auch wegen seinem ganzen Benehmen musste jemand informiert werden und
ihr war klar, wer das sein musste. Sein Hauslehrer, Snape. Nala gruselte es bei
dem Gedanken, aber sie kam gar nicht mehr zu weiteren Gedanken, denn da stand
Snape schon neben ihr an der Tafel.
"Wie bitte? Gryffindor ist in Führung? Und wie kann Slytherin über 150
Punkte weniger haben, als vor ein paar Stunden?! Sie wollen wohl, dass ihr
Lieblingshaus Gryffindor gewinnt, was? So geht das aber nicht, Missy."
Snapes Stimme war nicht unbedingt laut, aber sehr eindringlich und man konnte
hören wie wütend er war.
Aber Nala war auch wütend und schrie: "Es geht hier überhaupt nicht um
mein Lieblingshaus! Sie sind derjenige, der die Slytherins verwöhnt, bevorzugt
und somit verweichlicht und verdirbt!"
"Wie kommen sie dazu! Die Slytherins sind nun mal gute Schüler! Sie geben
sich Mühe bei ihrem Hauslehrer!" schrie er zurück.
"Oh ja, und Malfoy ist ein besonders guter Schüler, nicht wahr?! Ich werde
Ihnen sagen, weshalb er heute so viele Punkte verloren hat! Er hat Miss Granger
ein Schlammblut genannt, da habe ich ihn gewarnt und 30 Punkte abgezogen. Doch
der junge Mann kennt kein Benehmen und so hat er dieses schreckliche Wort
weiter benutzt und meine Verwarnung missachtet!"
"Sie können ihm doch nicht 150 Punkte wegen so etwas abziehen!" Er
war ausser sich vor Zorn.
"Natürlich kann ich das! Und Ihnen würde ich am liebsten eine Million
Punkte abziehen, wenn ich könnte. Schämen Sie sich denn gar nicht?! Malfoy ist
ihr Schützling, ist in der siebten Klasse und weiss sich immer noch nicht zu
benehmen?! Oh nein, ganz im Gegenteil! Er kann nicht einmal Kritik vertragen.
Nachdem ich ihm die Punkte abgezogen habe, ist er wie ein kleines, dummes Kind
zu Miss Granger gelaufen und hat ihr gedroht und ihr die Haare weggezaubert.
Ich glaube ich muss Ihnen nicht sagen, gegen wie viele Schulregeln dieser Junge
heute verstossen hat! Er ist ungehobelt und frech und er besitzt null
Charakter! Und noch etwas muss ich Ihnen sagen. Sie wissen ganz genau, dass
Malfoy Miss Granger schon seit Jahren so nennt! Aber anstatt dagegen etwas zu
unternehmen, haben sie sich bestimmt noch darüber amüsiert! Das finde ich von
allem das Schlimmste! Es ist Ihnen völlig egal, wie sich das arme Mädchen dabei
fühlt! Ihr Herz ist aus Stein, wenn sie überhaupt eines haben!" Jetzt
musste Nala einmal Luft holen. Sie hatte schon Halsweh vom vielen Schreien.
"Sie übertreiben masslos! Und wie können Sie es wagen so mit mir zu
reden!?!" Snapes Stimme bebte.
"Sie haben es nicht anders verdient! Aber ich diskutiere jetzt nicht mehr
mit Ihnen. Ich werde das Ganze jetzt Dumbledore melden und wir werden sehen,
wie lange Mister Malfoy noch irgendjemandem drohen kann."
"Oh nein, Sie gehen nicht zu Dumbledore! Ich werde zu ihm gehen! Das ist
doch wirklich die Höhe!"
Nala war aber schon losgestürmt und Snape stürzte hinterher. Völlig ausser sich
und wild gestikulierend kamen die Beiden in Dumbledores Büro an. Dieser schaute
den beiden zuerst nur verwundert und dann amüsiert zu. Von dem, was sie sagten,
verstand er kein Wort. Aber bald wurde es ihm genug und er schallte in den
Raum: "Ruhe!" Sowohl Snape als auch Nala verstummten augenblicklich.
"Ich glaube, so kommen wir nicht weit", schmunzelte Albus.
"Einer nach dem anderen und ich würde sagen 'Ladies first'. Professor
Snape, darf ich Sie bitten, mein Büro kurz zu verlassen? Kommen Sie in einer
Viertelstunde wieder."
Murrend trottete dieser von dannen und Nala erzählte Albus, was vorgefallen
war.
Er nickte verstehend und meinte: "Das hast du schon recht, so ein
Verhalten können wir in Hogwarts nicht dulden. Schon gar nicht bei einem
Siebtklässler. Ich werde Mister Malfoy persönlich darauf hinweisen, dass er von
der Schule fliegt, sollte er noch einmal solchen Ärger machen. Doch zuerst soll
Severus sich mit ihm abgeben." Dumbledore zwinkerte ihr seltsam zu.
"Darf ich dich etwas fragen, Nala?"
"Sicher. Was denn?"
"Warum streitest du dich mit Severus so heftig? Du bist doch sonst
überhaupt kein Streithahn."
Nala zuckte mit den Schultern. "Ich weiss nicht. Es ist nicht nur, dass
ich ihm nicht recht vertraue. Er kann auch mit mir kein normales Wort reden. Er
ist immer voller Ironie und Sarkasmus und beleidigt mich, wo er nur kann. Ich
glaube, dann ist es verständlich, dass sogar ich wütend werde. Ausserdem sehe
ich nicht ein, wieso ich mich nicht auch einmal streiten und wütend sein darf.
Ich lasse meine Wut wenigstens nur an denen aus, die sie auch verursacht
haben."
"Na schön, da hast du recht. Aber trotzdem möchte ich dich bitten, dass du
aufhörst mit ihm zu streiten. Du musst ihn nicht gern haben, denk von ihm, was
du willst, aber vertragt euch wenigstens so, dass ihr miteinander arbeiten
könnt. Egal woran ihr gerade arbeitet. Sei das nun hier in der Schule oder wenn
es um den Kampf gegen Voldemort geht. Glaub mir, ich weiss, wie viel
Überwindung es dich kostet einem Todesser überhaupt in die Augen zu schauen,
auch wenn er auf unserer Seite ist. Trotzdem bitte ich dich, es wenigstens zu
versuchen. Ich weiss, du kannst das."
"Ich werde mein Bestes versuchen. Versprochen", seufzte Nala.
"Es tut mir leid, dass du wegen mir so viele Unannehmlichkeiten
hast."
"Oh, nein, nein, für mich sind das eigentlich keine Unannehmlichkeiten,
sondern wohl eher allein für dich." Der Zauberer zwinkerte ihr wieder zu.
Nala lächelte ihn an. "Also gut. Ich gehe dann besser mal. Vielen Dank für
alles. Wir sehen uns beim Abendessen."
Nala vergrub sich in ihrem Büro in Arbeit und es dauerte keine zwei Minuten, da
kam Snape in Dumbledores Büro.
"Setz dich bitte, mein alter Freund", kicherte Dumbledore.
Mürrisch setzte er sich und man konnte ihm gut ansehen, dass er immer noch sehr
wütend war.
"Sie hat mich angeschrieen und getobt wie eine Furie, Albus! Sie gibt mir
auch noch die Schuld für Malfoys Verhalten!" tobte Snape wieder los.
"Jetzt beruhige dich erst mal! Du musst zugeben, dass Mister Malfoys
Verhalten wirklich nicht toleriert werden kann. Ich denke auch, dass er jetzt
langsam wissen müsste, wie er sich zu benehmen hat."
"Hmm, wahrscheinlich", knurrte Snape. "Aber da kann ich doch
nichts dafür."
"Bist du dir da ganz sicher, Severus? Sei einmal ganz ehrlich, du hast
gewusst, dass Malfoy Miss Granger schon jahrelang so nennt, oder?"
"Ich habe es ein paar Mal gehört", murmelte er nun. "Du weißt
genau, weshalb ich diesen Malfoy bei Laune halten muss."
"Ja, das ist mir klar. Aber wenn du ihn bei Laune halten musst, muss ich
das noch lange nicht. Sein Vater hat nicht mehr so viel Macht im Ministerium
wie auch schon. Er kann mir nichts anhaben. Also richte Mister Malfoy aus, dass
ich so etwas nie mehr hören will und wenn er noch einmal solchen Ärger macht,
kann er seine Sachen packen. Und er soll am Freitagabend um acht Uhr zu mir
kommen. Er muss Nachsitzen."
"Natürlich, Professor", nickte Snape. Snape wollte gerade aufstehen
und gehen, doch Dumbledore bat ihn zurück.
"Nicht so schnell, Severus. Da wäre noch etwas. Ich muss sagen, dass dein
und Nalas Verhalten auch nicht gerade das Beste ist. Was sagst du dazu?"
"Was soll ich dazu sagen? Sie traut mir nicht und ist rechthaberisch.
Ausserdem bevorzugt sie die Gryffindors und benachteiligt die Slytherins."
"Ich glaube nicht, dass das stimmt. Malfoy hat den Punkteabzug verdient.
Sie hat mir ihr Punktesystem erklärt und ich finde es zwar auf einer Seite
streng, aber auf der anderen Seite auch sehr gut. Und sag mir, weshalb sollte
sie die Gryffindors bevorzugen?"
"Weil es ihr Haus war natürlich,", grollte Snape.
Da wurde Dumbledore plötzlich etwas betrübt. "Da sieht man mal wieder, wie
zurückgezogen du schon seit langem lebst. Bei Merlins Bart! Sie war eine
Slytherin! Sie war zwar ein paar Klassen unter dir und damals noch nicht so
populär, aber du könntest wenigstens die Leute deines Hauses kennen."
Severus starrte ihn schockiert an. Dann wurde seine Miene sehr ernst. "Das
hätte ich wirklich nicht gedacht. Ich... Wie viele Jahre war sie denn unter
mir?"
"Oh, sie kam nach Hogwarts als du in der sechsten Klasse warst", kicherte
Albus fröhlich. "Und wenn du noch etwas wissen willst: Sie war in ihren
beiden letzten Jahren Vertrauensschülerin. In ihrem Abschluss hat sie in
Kräuterkunde, Verwandlungen, Verteidigung gegen die Dunklen Künste und in
Zaubertränke Höchstnoten erreicht. Du kannst mir glauben, sie weiss schon, was
sie tut."
"Hmm", brummte Snape.
"Jetzt möchte ich dich noch um etwas bitten. Reiss dich etwas zusammen und
vertrag dich mit ihr. Ich will, dass ihr zusammen arbeitet und nicht
gegeneinander", meinte Albus bestimmt.
"Wie denn? Wenn sie mir nicht traut und mich die ganze Zeit in Frage
stellt..."
"Also, erstens, gibst du dir nicht gerade Mühe, damit sie dir vertraut und
zweitens, ist es auch kein Wunder, dass sie dir nicht traut! Du hast ihren
Verlobten getötet!"
"Das weiss sie doch nicht!" sagte er wütend.
"Sie weiss nicht, dass du es warst, aber sie weiss, dass du dabei warst
und das genügt."
"Woher will sie das denn wissen!?! Sie war ja nicht da!"
Dumbledore amüsierte sich köstlich über den aufgebrachten Snape. "Oh, am
Anfang hat sie es nicht gewusst, sie war aber so oder so nicht begeistert, dass
sie mit einem Todesser arbeiten würde. Nein, gewusst hat sie es erst, als sie
dich zum ersten Mal gesehen hat. Oder vielleicht sollte ich besser sagen 'gerochen'."
"Gerochen?"
"Ja! Nala hat ausgesprochen gut ausgeprägte Sinne. Anders als du, hat sie
ihre Animagus-Gestalt etwas besser genutzt und hat von ihr gelernt."
"Sie ist ein Animagus? Was ist sie denn?" fragte Snape plötzlich sehr
interessiert.
"Hihi, du wirst dich wundern", kicherte Albus. "Sie ist ein Wolf
wie du. Das ist doch wirklich sehr interessant, nicht wahr?"
"In der Tat", stimmte Snape nachdenklich zu.
"Das wäre eigentlich alles. Du kannst gehen. Aber bitte, versuche ein
bisschen netter zu ihr zu sein. Sie hat es auch nicht leicht. Ihr müsst euch
nicht auch noch gegenseitig Steine in den Weg legen. Und sie ist nicht so, wie
du denkst."
"Ich werde dann Mister Malfoy informieren", sagte Snape bitter und
ging.
Dumbledore sass immer noch hinter seinem Schreibtisch und schmunzelte vor sich
hin.
