- KAPITEL DREIZEHN -

Augenblicke


Die Ruhe und Gelassenheit, die Nala ab und zu an den Tag brachte, konnte Severus manchmal fast in den Wahnsinn treiben. Er hatte das Gefühl, dass sie ihn nie wirklich ernstnahm und das konnte er nicht ertragen.
Dann hatte sie auch noch ganz selbstverständlich das Sofa gewählt, dabei wäre es doch an ihm gelegen, dass er ihr das Bett anbot, während er das Sofa genommen hätte. Es ärgerte ihn, dass Nala ihm nicht einmal diese Art von Anstand und Manieren zutraute. Genau aus diesem Grund dauerte es sehr lange, bis Severus endlich einschlief, obwohl das Bett eigentlich unheimlich bequem war. Er fand, dass Nala es ganz verdient hätte, darauf zu verzichten. Kein bequemes Bett für sture, rechthaberische Frauen, fand er. Zufrieden mit diesem Gedanken drehte er sich auf die andere Seite und versuchte noch etwas über die bevorstehende Aufgabe nachzudenken.

Nala hingegen wurde die ganze Nacht von grässlichen Albträumen geplagt, an die sie sich aber am nächsten Morgen kaum noch erinnern konnte. Dafür bekam sie einen anderen Schock und zwar, weil sie ihre Augen nicht öffnen konnte. Nach einem kurzen Moment der Panik wusste sie auch weshalb. Ihre Augen waren ganz verklebt. Wahrscheinlich war die Luft für ihre empfindlichen Augen hier zu trocken oder sie war Zugluft ausgesetzt gewesen. Es wäre schon möglich, dass sie das Fenster einen Spalt offen gelassen hatte. Ihre Augen fühlten sich an, als hätte ihr der Sandmann zu viel Sand in die Augen getan. Sie konnte sich noch erinnern, wann ihr das letztes Mal passiert war. Damals war sie etwa sieben Jahre alt gewesen und hatte eine Riesen-Angst gehabt, dass sie über Nacht blind geworden sei. Ihre Mutter, geweckt von ihren Schreien, war dann gekommen und hatte ihr die Augen mit irgendeinem Mittel ausgewaschen. Da sie jetzt aber nicht mehr wusste, was ihre Mutter verwendet hatte, wollte sie es jetzt einfach einmal mit normalem Wasser versuchen. In T-Shirt und Pyjama-Hosen machte sie sich, vorsichtig um sich tastend, auf den Weg zum Badezimmer. In der Mitte des Zimmer wollte sie mutig durch den Raum gehen, doch sehr weit kam sie nicht. Sie stolperte über ein Hindernis und fiel der Länge nach hin, wobei sie sich die Lippen aufschlug.

Genau in dem Augenblick kam Severus aus dem Schlafzimmer.
"Siehst du! Ich habe ja gesagt, du sollst deine Tasche wegräumen!"
"Ach, halt die Klappe!" sagte sie zornig, während sie langsam aufstand.
"Wie tollpatschig muss man sein, dass man so hinfallen kann?" fragte er amüsiert weiter.
"Ich weiss nicht. Aber mich würde es nicht wundern, wenn du etwas mit meinen verklebten Augen zu tun hättest!" fauchte sie zurück. Sie wusste sehr wohl, dass er nichts damit zu tun hatte, aber sie wollte ihn ärgern, in dem sie das behauptete.
"Du blutest ja!" Seine Stimme kam näher.
"Wirklich? Das hätte ich fast nicht bemerkt", meinte sie sarkastisch.
Jetzt spürte sie, wie er direkt vor ihr stand.
"Halt deinen Kopf nach oben, sonst tropfst du alles voll", sagte er streng, während er ihr Kinn etwas nach oben drückte.
"Lass mich! Ich will ins Badezimmer!" drohte sie, doch er liess sich nicht davon abschrecken. Seine Hand blieb, wo sie war und die andere legte sich um Nalas Oberarm.
"Komm", sprach er leise und zog sie mit sich, aber sie zögerte noch. "Vertrau mir", ertönte es neben ihrem Ohr in einer dunklen, samtenen Stimme. Unwillkürlich folgte sie ihm mit einem seltsamen Gefühl in der Brust.
Er führte sie ins Badezimmer und setzte sie auf den zugeklappten Toilettendeckel. Danach verschwand er mit den Worten: "Bin gleich zurück."
In der Zwischenzeit kam sich Nala etwas verloren vor, wie sie so dasass auf der Toilette. Sie hätte sich ohrfeigen können, weil sie schon wieder in einer misslichen Lage war und er ihr helfen musste. Aber sie musste nicht lange warten, denn Severus kam bald zurück und tupfte ihr mit einem feuchten, warmen Tuch auf die Augen. Vom Tuch vernahm Nala den Geruch von Kamillentee und musste lächeln. Sie erinnerte sich jetzt, dass ihre Mutter damals auch Kamillentee benutzt hatte. Severus erklärte ihr, dass sie das Tuch noch für einen kurzen Moment auf die Augen halten sollte, bis sich die Verklebung lösen würde. Während Nala tat, wie er ihr geraten hatte, versuchte er ihr das Blut vom Kinn zu wischen, obwohl sie sich anfangs dagegen wehrte.
"Halt still!" knurrte er und platzierte eine Hand auf ihrer Wange, damit sie ihren Kopf nicht mehr wegdrehen konnte. Ihr lief ein Schauer über den Rücken, als sie diese bestimmte, unausweichliche, aber doch irgendwie sanfte Geste spürte. Verwirrt von dem Gefühl, dass sie noch krampfhaft zu unterdrücken versuchte, gab sie ihren Widerstand auf und liess ihn machen. Im Übrigen würde es jetzt es jetzt auch nichts mehr bringen, die Kämpferin zu mimen, nachdem sie ihm jetzt schon wieder schwach und hilflos ausgeliefert war.

Hätte Nala ihre Augen schon öffnen können, hätte sie gesehen, dass Severus still vor sich hin schmunzelte, weil sie sich so widerspenstig gab. Sie bemerkte auch nicht, wie sich sein Gesichtsausdruck änderte, während er ihre Wange berührte und ihre zarte Haut fühlte. Als Nala ihre Augen endlich öffnete, war dieser Gesichtsausdruck schon wieder verschwunden, aber Severus wurde für einen Moment von diesen türkisblauen Augen gebannt. Doch dann räusperte er sich und sprach einen Zauberspruch, der ihre aufgeschlagenen Lippen heilte.

"Danke", hauchte Nala und er ging ohne ein Wort ins Schlafzimmer zurück. Nala räumte ihre Tasche aus und versorgte die Kleider in der obersten Schublade einer Kommode, die sich im Wohnzimmer befand. Danach verkroch sie sich für eine Weile im Badezimmer.
In ihrem Kopf arbeitete es auf Hochtouren, denn sie war sich nicht sicher, was sie von der eben erlebten Szene halten sollte. Irgendwie war sie wütend auf ihn, weil er gleich zu Beginn schon wieder so gemein und schadenfroh zu ihr gewesen war. Aber dann hatte er ihr geholfen und Nala stellte mit Unbehagen fest, dass ein Teil in ihr begann, ihn zu mögen. Deswegen fühlte sich noch mehr von sich selbst befremdet, als sie es getan hatte, während sie so grässlich mit ihm gestritten hatte vor ein paar Wochen.

Später, als Nala gerade zur Wohnungstür hinaus wollte, kam Severus zurück ins Wohnzimmer und fragte launisch: "Wohin gehst du?"
"Ich hole uns Frühstück. Oder willst du schon am Morgen Spaghetti essen? Das ist nämlich so ziemlich das Einzige, was wir hier haben", antwortete sie gereizt.
"Hey, wir sind hier in Italien! Glaubst du, dass hier auch nur irgenein Geschäft offen hat am Sonntagmorgen?" sagte er von oben herab.
"Also, ich werde bestimmt eine Bäckerei finden, die offen hat! Die Florentiner wollen bestimmt auch frische Brötchen und wir sind hier ja auch nicht in der äussersten Provinz!"
"Und du willst so nach draussen gehen?! Ist das nicht ein bisschen zu kalt?" Er musterte den Trainings-Anzug, den sie trug, und sah sie zweifelnd an.
"Ich gehe joggen! Täte dir auch gut, du könntest doch eigentlich mitkommen." Im Grunde hatte Nala das gar nicht sagen wollen. Es war ihr einfach so rausgerutscht. Sie nahm nicht an, dass er mit ihr durch den Schnee joggen würde. Womit sie richtig lag.
"Oh nein! Wenn ich meinen Puls in die Höhe kriegen will, dann trinke ich eine Tasse Kaffee", knurrte er, doch man konnte ein bisschen Verlegenheit heraushören.
"Gut, dann mach Kaffee, während ich weg bin", zischte sie noch, bevor sie zur Tür hinaus ging.


Zu Nalas Erstaunen war der Tisch für zwei Personen gedeckt und es roch nach Kaffee, als sie zurückkehrte.
"Klasse!" strahlte sie. "Ich verhungere gleich!"
Während sie die Brötchen auspackte, sass Severus stumm am Tisch. Ihre Laune schien sich wieder erheblich gebessert zu haben, aber Severus hingegen war noch mehr in sich gekehrt als sonst.

Mitten beim Frühstück klopfte es plötzlich an die Scheibe, worauf Nala ein Fenster öffnete und Morgaine hereinflog. Ein Brief von Dumbledore fiel in ihre Hände und Morgaine setzte sich auf ihre Schulter. Albus wollte nur wissen, ob alles geklappt hatte und ob sie gut angekommen waren. Schnell schrieb Nala eine Antwort, dass alles in Ordnung sei und schickte Morgaine wieder zurück.

Der weitere Sonntag verlief ruhig, ja sogar fast totenstill. Sowohl Severus als auch Nala vergruben sich in irgendeinem Buch in verschiedenen Ecken der Wohnung. Nur einmal war Nala für eine Weile weg, als sie einen Spaziergang durch die Stadt machte. Bei ihrer Rückkehr merkte sie nur zu gut, wie eisig die Atmosphäre in dieser Wohnung war. Severus hob nur kurz den Kopf, während sie das Wohnzimmer betrat, aber er blickte gleich wieder in sein Buch ohne eine Begrüssung. Er reagierte auch nicht, als Nala ein kleines "Hallo" flüsterte.

Also kümmerte sie sich nicht weiter und begann Weihnachtskarten zu schreiben und kleine Geschenke auszudenken. Als es endlich Nacht wurde, war Nala froh darüber, weil sie endlich schlafen konnte. Dann schien es, als wäre wieder Normalität eingekehrt, da er nicht im selben Zimmer wie sie war. Ihre innere Unruhe legte sich wieder und sie freute sich auf den kommenden Tag, denn dann konnte sie endlich die grosse Bibliothek sehen.

Morgens um zehn Uhr des nächsten Tages traten die Beiden durch das schwere Holztor der Bibliothek und kamen in eine kleine Eingangshalle. Severus konnte sich nicht mehr beherrschen vor Entsetzen, als er den Bibliothekar erblickte.
"Man sieht schon von einer Meile Entfernung, dass dies ein Zauberer ist! Selbst Muggel müssen erkennen, dass mit ihm etwas nicht stimmt! Und so einer will die magische Abteilung geheim halten!?!"
"Sei still, das muss niemand hören", sagte Nala streng. "Ausserdem siehst du auch nicht wie ein typischer Muggel aus."
"Das muss ich auch nicht!" knurrte er.
"Oh doch! Wenn du dich in ihrer Welt bewegen willst, solltest auch du nicht als Zauberer auffallen."
Severus wollte noch etwas erwidern, aber in diesem Moment wurden sie vom Bibliothekar gerufen. Er sprach Italienisch, doch man hörte an seinem Akzent, dass er von Russland oder so stammen musste. Sie traten an seinen Schreibtisch und begrüssten ihn.
"Ah, Sie kommen aus England!" sagte er begeistert.
Nala nickte nur, unterdessen bestaunte sie den Schreibtisch und die grosse Theke, die gleich daneben stand. Es lagen unzählige von Büchern wild durcheinander darauf herum. Weiter war da eine kleine Stereoanlage, aus der ein Stück von Verdi tönte. Überall lagen CDs, Kassetten, sogar Schallplatten, Musiknoten, Mäppchen, loses Papier und auch einige Pergamentrollen verstreut. Mit etwas Glück konnte man auch einen Computer unter diesem Chaos erkennen.

Wenn man den Mann so ansah, wusste man irgendwie sofort, dass dieser Mensch zu so einer Unordnung fähig sein könnte. Er war um die 60 Jahre alt und sein weiss-graues Haar war ein wilder Wuschel auf seinem Kopf. Er trug eine Brille aus kleinen rechteckigen Gläsern und einem dunkelblauen Rahmen, ganz vorne auf seiner Nasenspitze. Die Haut an den Wangenknochen hing ihm etwas herunter und hinter seiner Brille sah man die deutlichen Augenringe. Über den Brillenrand blickend, musterte er mit seinen klaren, dunkelbraunen Augen die beiden Zauberer.

"Sie sind die beiden Kollegen, die Professor Dumbledore geschickt hat, nicht wahr? Seine Eule hat mich schon letzten Freitag erreicht", sagte der Mann mit der wirren Haarpracht.
"Das ist korrekt. Wie kommen wir denn in die magisch Abteilung?" fragte Severus forsch.
"Ganz einfach. Sie gehen durch die Halle zum letzten Büchergestell hinten links und stimmen den Refrain von "Yesterday" an." Der alte Mann lächelte entzückt.
"Yesterday? Von den Beatles?" fragte ihn nun Nala.
"Ja, genau!" gab er zur Antwort.
"Wir müssen singen?! Ich kenne diesen dummen Refrain nicht einmal!" kam es aus Severus voller Bestürzung.
"Keine Sorge", grinste Nala. "Ich kann auch für uns beide singen." Während sie schon losgehen wollte, hielt sie der alte Mann noch einmal zurück.
"So wartet doch! Ich muss euch noch sagen, dass ihr beide zu allen Büchern Zugang bekommen habt, auch zu den verbotenen Büchern"
"Verbotene Bücher?" hakte Nala nach.
"Ja, ja. Ihr habt eine spezielle Erlaubnis, indiziert von Professor Dumbledore. Es sind die Bücher hinter dem Gittertor." Dann murmelte der Mann ein paar unverständliche Worte und meinte: "Es ist nun offen für euch."
"Danke", lächelte Nala, während Severus schon zum nächsten Eichentor eilte, das zur eigentlichen Bibliothek führte. Gerade als Nala hinterher wollte, entdeckte sie das kleine Bürotisch-Schild unter den vielen Notenblättern, auf dem Stand: Amadeus Schiwow

"Passt zu ihm", dacht Nala und betrat die Bibliothek, wo sie direkt überwältigt wurde. Die Halle war einfach riesig. Es war ein runder Saal, der fünf Stockwerke hoch war. Rechts und links vom Eingang gingen Marmortreppen nach oben in den ersten Stock, doch die oberen Stockwerke waren eigentlich nur schmale Balkone an den Wänden der Halle im Vergleich zu ihrer Grösse. Wenn man hinaufblickte, konnte man das runde Deckengewölbe sehen mit seinen Engelsverziehrungen. Der Boden war mit glänzend polierten Marmorplatten besetzt und die einzelnen Stockwerke wurden von vielen Säulen getragen. Auf der anderen Seite des Saales, nahe an seiner Mitte, stand ein schwarzer Flügel und es war offensichtlich, dass er von Amadeus Schiwow genutzt wurde, denn der Notenhalter war überfüllt mit Notenblättern und auch den Flügeldeckel konnte man kaum erkennen vor lauter Papier.

"Willst du den ganzen Tag hier stehen?" riss Severus sie aus ihrem Staunen. Er sah sie tadelnd an und sie schenkte ihm einen vernichtenden Blick. Sie marschierte durch die sonst menschenleere Bibliothek und stellte sich hinter das letzte Regal. Severus war ihr gefolgt und schaute sie fordernd und mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie holte Luft und begann den verlangten Refrain anzustimmen: "Yesterday, all my troubles seem so far away, now I need a place to hide away..."

Da schob sich das hinterste Regal auf einmal zur Seite und eine Treppe, die in den Boden hineinführte, kam zum Vorschein. Nala ging, ohne sich noch einmal nach Severus umzusehen, die Treppe hinunter und fand sich in der sogenannten magischen Abteilung wieder, wobei Abteilung wohl die Untertreibung des Jahres war. Die Fläche dieses Untergeschosses entsprach derjenigen der Halle über ihnen, doch war sie lange nicht so locker eingerichtet wie die oberen Stockwerke. Hier gab es ein richtiges Labyrinth aus Bücherregalen. Als Nala sich in die Mitte des Raumes gekämpft hatte, entdeckte sie ein paar Lesesessel und einige Arbeitstische. Sie ging zurück zur Treppe und sah nun, dass dort noch eine weitere Treppe hinunterführte. Sofort stieg sie diese hinab, wo sie auch gleich auf Severus traf, der schon vor dem Gittertor zu den verbotenen Büchern stand. Mit Ausnahme dieses eingehegten Abteils war dieses Stockwerk das Ebenbild dessen, welches sie gerade verlassen hatte. Nala war sehr froh darüber, dass auf den Wänden beider Untergeschosse ein Zauber lag, der sie glauben liess, das dort richtige Fenster in die Aussenwelt wären. Es liess die Bibliothek für Zauberer so hell erscheinen wie ein Maleratelier.
"Fangen wir hier mit diesen Büchern an?" fragte sie ihn, während sie durch die Gittertür traten.
"Natürlich. Es wird doch einen Grund habe, dass Albus uns auch zu diesen Büchern Zugang verschafft hat", antwortete Severus und gab ihr das Gefühl, als wäre das die dümmste Frage der Welt gewesen.
"Na gut. Ich kann nur nicht sehen, was an diesem Felsen, den wir suchen, so verboten sein soll, dass wir einen Hinweis in dieser Abteilung finden würden", meinte sie ruhig und fing an die Buchrücken zu lesen.
"Du kannst viele Dinge nicht sehen", gab er mit dem selben ruhigen Ton zurück.
"Sicher, und du siehst und verstehst alles..." Nala schüttelte leicht ihren Kopf. "Ich wünschte, es wäre so, dann müsste ich jetzt nicht hier sein."
"Uns wurde dieser Auftrag erteilt und wir werden den jetzt ausführen, auch wenn er wahrscheinlich sinnlos ist. Du solltest endlich lernen, dich damit abzufinden", sagte Severus mit leicht erhobener Stimme.
"Und du solltest endlich lernen, deine gehässige, unausstehlich eisige Art zu zügeln!" Nachdem sie nach Luft geschnappt hatte, griff sie nach dem erstbesten Buch und setzte sich an einen der Tische in der Mitte des Raumes. Sie wollte gar nicht mehr hinhören, was Severus antwortete.

Sie hätte sich auch nichts anhören müssen, denn ihm fehlten die Worte. Woher nahm sie das Recht, ihm so etwas zu sagen? Er wollte gar nichts zügeln und schon gar nicht, wenn sie es ihm sagte. Wenn sie ein Problem damit hatte, war das ihr Pech. Diese Hexe wusste wirklich nicht, wo ihre Grenzen waren. Er durfte so viel gehässig und eisig sein, wie er wollte. Wer war sie denn, dass sie seine Art tadeln konnte? Er war so und er sah auch keinen Grund sich zu ändern. Wie wollte er denn sonst sein? Etwa so wie sie?
"Nur über meine Leiche", dachte er.

Schliesslich setzte er sich ihr gegenüber mit seiner Lektüre, doch es wurde für längere Zeit kein einziges Wort mehr zwischen den Beiden gesprochen. Severus merkte nicht, wie Nala hinter ihrem Buch immer bleicher wurde und sie immer wieder schwer schluckte. Ein Buch über Todesserrituale war ihr in die Hände gekommen und sie konnte es einfach nicht mehr weglegen, obwohl es ganz schrecklich war, was sie da lesen musste. Von den Anfängen von Voldemorts Aufstieg bis zu seinem ersten Fall vor siebzehn Jahren wurde alles bis ins letzte Detail beschrieben aus der Sicht eines Todessers. Aber sie musste weiterlesen, denn vielleicht würde sich gerade hier einen Hinweis auf den Felsen finden.

Erst nach einer Stunde, als sie schon das ganze Buch überflogen und an den wichtigen Stellen gelesen hatte, legte sie es nieder und starrte Severus ungläubig an. Er spürte wie ihr Blick auf ihm lastete und sah auf.
"Was?" fragte er mit leicht genervtem Ton.
"War es wirklich so, wie es hier drin steht?" Sie schob ihm das Buch entgegen.
Er schaute sich nur kurz den Umschlag des Buches an, dann blickte er ihr direkt in die Augen. Es war dieser Blick, den Nala schon kannte. Jener, von dem sie sich nicht mehr lösen konnte, dem sie nicht mehr ausweichen konnte, auch wenn sie es gewollt hätte.
"Es war manchmal noch viel schlimmer", sagte er ernst und Nala konnte Schmerz in seiner Stimme erkennen. Sie musste wieder Tränen schlucken, denn sie wollte nicht schon wieder weinen.
"Wie kann man das aushalten?" fragte sie entsetzt.
Severus runzelte die Stirn. "Ich weiss es nicht." Er senkte seinen Blick und murmelte: "Vielleicht muss man ein eisiges Gemüt haben."
"Vielleicht", meinte Nala betrübt, während sie aufstand, um sich ein neues Buch zu holen.

An diesem Tag waren beide wirklich fleissig gewesen. Den ganzen Tag hatten sie in der Bibliothek verbracht, aber wieder einmal ohne Erfolg. Sie liehen sich eine Unmenge an Büchern aus, damit sie diese während den Festtagen durchsehen konnte. Bis Amadeus Schiwow jedoch sein Buch gefunden hatte, in dem er aufschrieb, welche Bücher bei wem ausgeliehen waren, dauerte es eine Ewigkeit. Als ihn Nala fragte, für was er denn den Computer habe, meinte er, dass dieser nur für die Muggel-Bücher wäre. Während der ganzen Zeit stand Severus nur ungeduldig daneben und rollte mit seinen Augen.

Nachdem sie die Bibliothek endlich verlassen hatten, stellten sie fest, dass es ein ziemlich warmer Tag gewesen sein musste, weil die dünne Schneedecke, die am Morgen noch überall gelegen hatte, jetzt weggeschmolzen war. Nur noch auf einzelnen Dächern konnte man noch etwas von dem weissen Winter erkennen.
Zum Glück war es nicht sehr weit bis zu ihrer Wohnung, denn Nala hatte einen Bärenhunger. Mit einem Schmunzeln spürte sie, dass es auch Severus recht eilig hatte nach Hause zu kommen.



A/N: So... Endlich! Tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet. Aber ich hab doch nur an den Wochenenden Zeit um alles in den PC einzuschreiben und hoch zu laden und die letzten beiden Wochenenden war ich nicht einmal zu Hause. Verzeiht!

Für alle, die es interessiert: Schiwow (sprich: Schiwof) hat sehr grosse Ähnlichkeit mit einem Musik-Lehrer, der bei uns im Schulhaus herumgeistert. Ich hatte früher bei ihm selbst Schule... Das war manchmal ganz schön witzig, aber ich könnte mir vorstellen, dass Severus überhaupt keine Freude an ihm hätte... *g*

Also dann... diese Kapitel endet am Abend des 23. Dezembers und jetzt ratet mal, was jetzt ist? Genau! Abend des 23. Dezembers!
Wenn ihr mir was schenken wollt, dann schreibt Reviews! ;-) Ich wünsche euch schöne Weihnachten!
Eure Nala