Kapitel 2: Schmerz der Erinnerung

„Wie wäre es, wenn wir uns erst mal umsehen. Uns einen Überblick über unsere Chancen verschaffen."Yunas Stimme war leise und angespannt.

„Wenn du meinst. Wenn es zu gefährlich wird können wir doch jederzeit wieder raus, oder?" „Kann sein... Ich bin mir aber nicht sicher, ob ein Schatten die Macht dazu hat, unsere Gedanken irgendwie festzuhalten."

„Wenn du so viel Angst davor hast, warum hast du es dann vorgeschlagen?"

„Ich will nicht, dass Yami etwas zustößt..."Sie senkte ihren Blick. Um ihre Aufmerksamkeit wiederzugewinnen, versuchte Yugi weitere Informationen aus ihr heraus zu bekommen. „Warum willst du Yami denn überhaupt helfen? Du hast gesagt ihr wart Freunde...?"

„Naja, vielleicht nicht unbedingt Freunde, aber ich schulde ihm sozusagen noch einen Gefallen..."

„Ach ja? Und was für einen?"

„Das behalte ich lieber für mich."Ihr Blick hellte sich auf und sie sah nun lächelnd zu Yugi, der sie verständnislos ansah.

„Gut... dann lass uns jetzt losgehen. Ich hol nur schnell meine Duel Disk." „Deine was?"

„Weist du denn gar nicht, was Duel Monsters ist?"

„Ein Kartenspiel, oder?"

„Ja schon, aber es ist eigentlich im alten Ägypten entstanden. Damals wurde es mit Steintafeln gespielt,... soweit ich das verstanden habe."

„Es gibt das Schattenspiel immer noch? Und ihr spielt es? Aber es ist doch..."

„Oh, keine Sorge. Es ist nur ein harmloses Spiel. Es ist nur teilweise wie damals."

„Und warum nimmst du jetzt diese... Duel Disk mit?"

„Ich hab mir gedacht, wenn wir auf einen Schatten treffen, wird er sicher ein Duell fordern und da sind die Karten doch ein guter Ersatz für die Steintafeln."

„Und du meinst das funktioniert."

„Eine andere Möglichkeit haben wir nicht. Wenn nicht, müssen wir uns sowieso was anderes ausdenken. Also, bin gleich wieder da."Mit diesen Worten verschwand Yugi aus dem Zimmer. Yuna seufzte.

„Yami, wo bist du nur?"

„Hey, was soll das? Ich kann mich nicht mehr bewegen!"

„Du hast mein Grab betreten, junger Pharao! Du wirst dafür büßen! Haaah!" Eine Druckwelle goldenen Lichtes kam genau auf Yami zu. Sie erfasste ihn und das Licht tauchte den Raum in unerträgliche Helligkeit. Er schloss die Augen, fühlte wie er zu Boden gerissen wurde.

„Und was ist nun? Jetzt bist du nicht mehr so vorlaut nicht wahr?"Sein Gegenüber kam langsam auf Yami zu. Trotz der langsam nachlassenden Beleuchtung des Raumes umgab diese alles überragende Gestalt noch immer ein heller Schimmer. Yami kniff die Augen zusammen. Er konnte keine klaren Umrisse erkennen.

„Nun, wer bist du, dass du es wagst hier einzudringen? Sehr mächtig scheinst du nicht zu sein und du willst es wert sein das Milleniumspuzzle zu bewohnen?"

„Ich bin hier, weil ich nach Antworten suche, Antworten auf Fragen meiner Vergangenheit."

„Deine Vergangenheit? Wozu? Aber bitte! Ich kann dir helfen! Aber glaube nicht, ich tue das für dich! Es ist eine Belustigung, ein Spaß den ich mir nach so langer Zeit mal wieder erlauben kann."Er beugte sich grinsend über den am Boden knienden Yami und packte mit seiner Hand grob nach Yamis Stirn. Ein merkwürdiges Brennen durchzog seinen Körper und er spürte einen Schmerz in seinem Kopf, der ihn aufschreien ließ.

Flashback

Die Sonne ging gerade unter und verschwand langsam am Horizont. Der Herrscher des ägyptischen Reiches genoss ihre letzten wärmenden Strahlen. Es war ein guter Tag gewesen: niemand schien unglücklich, denn auf seinem allmorgendlichen Spaziergang lächelten die Bauern ihrem Pharao zufrieden zu, um dann mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen die Arbeit fortzusetzen. Es war nichts Ungewöhnliches geschehen und die Staatsgeschäfte liefen gut.

„Eure Heiligkeit."

„Du darfst sprechen."Yami betrachtete immer noch gelassen den Sonnenuntergang. „Man hat einen Spion im Palast entdeckt und gefasst. Man erwartet euer Urteil."

Der Herrscher blickte seinen Diener direkt an, was eine große Ehre gewesen wäre, wenn der Ausdruck in seinen Augen nicht so kalt gewesen wäre. Der Bote zuckte leicht zusammen, wich dem Blick aber nicht aus.

„Ein Spion sagst du? Wer hat ihn geschickt?"Die Ruhe war dahin, genau wie die Gelassenheit und Zufriedenheit des Pharao.

„Das wissen wir nicht, mein Gebieter. Sie schweigt seit ihrer Gefangennahme."

„Eine Frau? Seid ihr sicher, dass eine Frau spionieren kann?"Er klang schon fast belustigt. „Sie bewegte sich unerlaubt in den heiligen Hallen des Palastes. Selbst, wenn sie nicht spioniert hat, war es ein schweres Vergehen."

„Wer hat sie gefunden und wo ist sie jetzt?"

„Der Priester Unas fand sie, wie sie schleichend die Halle durchschritt. Er erwartet euch mit der Gefangenen im Thronsaal."

Yami sagte nichts weiter, sondern schritt an seinem Diener vorbei aus seinem Gemach. Er warf im Hinausgehen noch einen letzten Blick auf den rot gefärbten Horizont. Mit einem leisen Seufzen wendete er sich ab und verließ den Raum.

Flashback Ende

Der Schmerz ließ augenblicklich nach als sich die Hand von ihm löste. Yami atmete schwer. „Ja ich weiß. Erinnerungen können schwer zu ertragen sein. Aber vielleicht tut's auch nur so weh, weil ich so tief in deine Gedanken eindringen musste. Deine Vergangenheit ist aber auch gut versteckt, in einem kleinen Teil deines Kopfes. Willst du, dass ich weiter mache?"Er sah amüsiert zu, wie Yami versuchte aufzustehen. Er hatte einige Verletzungen von seinem Sturz davon getragen und ihm war leicht schwindelig.

Ein erneuter reißender Schmerz breitete sich von seiner Stirn aus und durchfuhr seine Glieder.

Flashback

„Führt die Gefangene her!"Yami hatte auf seinem Thron Platz genommen.

Zwei Soldaten, nur leicht bewaffnet, führten ein junges Mädchen, das fürchterlich zitterte, vor den Pharao. Sie war in weiße Gewänder gehüllt und relativ schlicht gekleidet.

„Eure Heiligkeit, das ist die Frau, die sich unerlaubt in den heiligen Gemächern aufhielt. Dies ist nur Priestern und den Göttern selbst gestattet. Sie ist daher hart zu bestrafen."Ein älterer Priester mit kahl geschorenem Haupt trat mit einer tiefen Verbeugung vor.

„Wir sollten sie sich verteidigen lassen. Also warum bist du dort gewesen?" Seine Augen wanderten von Unas zu dem am Boden kauernden Mädchen. Sie zitterte am ganzen Körper und hielt den Kopf gesenkt. Sie antwortete nicht.

„Eure Heiligkeit hat dir erlaubt zu sprechen."Einer der Soldaten wurde aufgrund des langen Schweigens langsam ungeduldig.

„Versteht sie unsere Sprache?"Der Pharao blickte Unas fragend an.

„Ich glaube nicht, dass sie fremdländisch ist."

„Warum antwortest du mir nicht?"Sie zuckte erschrocken zusammen, sah nun allerdings langsam auf. Ihr Blick traf sich mit dem des Pharao und da er weder Zorn noch Strenge zeigte, schöpfte sie Mut und beruhigte sich.

„Ich... ich wollte nicht dorthin gelangen. Ich habe mich verlaufen und suchte einen Ausweg."Ihre Stimme wurde mit jedem Wort leiser, denn die Blicke der umstehenden waren plötzlich alle auf sie gerichtet.

„Was hattest du im Palast zu suchen. Er ist für das gemeine Volk nicht zugänglich."

„Es tut mir Leid. Ich wollte nicht, dass..."Ihre letzten Worte waren nur noch ein Flüstern. Sie brach in Tränen aus und versuchte den Saal fluchtartig zu verlassen. Doch sie wurde von den Soldaten aufgehalten.

„Warum versuchst du zu fliehen. Es ist allein in der Macht des Herrschers dich zu entlassen." Sie sah flehend zum Thron auf. Ihre Augen waren gerötet und eine letzte Träne lief ihre Wange entlang.

„Du bleibst hier!"Der Saal war erschütternd ruhig nach dem Urteil des Pharao. Das Mädchen brach unter tiefem Schluchzen auf dem Boden zusammen.

„Sollen wir sie in den Kerker werfen oder sofort bestrafen, Eure Heiligkeit?"

„Wer hat gesagt, dass ich sie bestrafen will? Sie soll hier verweilen, bis sie sich im Stande fühlt, den Grund ihres Eindringens in den Palast zu offenbaren. Ich will sie schließlich nicht grundlos verurteilen. Gebt ihr eines der Dienstbotenzimmer."

„Aber was ist, wenn sie nicht redet?"Unas war sichtlich bestürzt über die Entscheidung Yamis.

„Sollte sie weiter schweigen..."Und mit diesen Worten drehte er sich wieder zu der schluchzenden Gestalt am Boden. „...wird sie in einer Woche verurteilt. Sie ist der Spionage und Gotteslästerung angeklagt. Sie wird sich dafür verantworten müssen."Damit stand er auf und wendete sich zum gehen.

Das Schluchzen wurde lauter. Sollte sie verurteilt werden, würde das ihren Tod bedeuten. Im Gehen wandte sich der Pharao noch einmal um.

„Sie soll jeden Abend um diese Zeit, sollte ich nicht beschäftigt sein, vor mir erscheinen. Sie hat die Chance ihr Schicksal selbst zu bestimmen."

Flashback Ende

„Und, weiter in Erinnerungen schwelgen? Ich finde es zu amüsant... Ach, weist du, das hebe ich mir für später auf. Das wird ein lustiger kleiner Zeitvertreib. Die Ewigkeit bietet ja sonst nicht so viel."