Oh, oh, oh! Taschentuchalarm! Ich habe keine Ahnung, was in mich gefahren ist am heutigen Abend, doch dies war das Ergebnis! Diesmal kein Slash, dafür Romantik und ein wenig Tragik!
Einige Tage waren
ins Land gezogen, während Harry und Draco ihre gemeinsame Zeit in Malfoy Manor
in vollen Zügen genossen. Es war für sie Beide eine wunderbare Erfahrung,
abgeschnitten von jeglicher Verantwortung einfach in den Tag hineinleben zu
können – mit der Person an der Seite, die ihnen am meisten auf der Welt
bedeutete.
Sie schliefen manchmal lange in den Vormittag hinein und aßen gemeinsam im
Bett. An anderen Tagen kam jedoch plötzlich ihr Unternehmensdrang in ihnen
hervor, welcher sie die Manor verlassen ließ, um die Umgebung zu entdecken.
Draco hatte bei der Frage Harrys etwas kleinlaut zugeben müssen, daß er früher
kaum einen Blick für die wunderschöne Umgebung gehabt hatte, in der er
aufgewachsen war.
Das holte er jetzt gemeinsam mit seinem Liebsten nach, dessen unverhohlene,
manchmal fast kindliche Begeisterung für die Schönheit der Natur um Malfoy
Manor ihn einfach mitriß. Harrys Offenheit für alles Schöne berührte Dracos
Herz – wurde ihm doch dadurch nur noch mehr bewußt, wie wenig der
Schwarzhaarige davon in den frühen Jahren seines Lebens erlebt hatte.
Dies war jedoch auch der Grund, daß der Slytherin am heutigen Tag beschlossen
hatte, mit Harry zu einer Stelle zu gehen, welche schon als kleines Kind einer
seiner Lieblingsplätze außerhalb der Manor gewesen war. Draco mochte sich nicht
viel für die Natur interessiert haben, als er noch jünger war, doch inzwischen
war sein Sinn für die Schönheit in den kleinen Dingen durch Harry ebenfalls
geweckt worden.
Und als er sich daher an diese Stelle erinnert hatte, welche er manchmal als
Kind aufgesucht hatte, wenn er Frieden und Stille suchte, war Draco bewußt
geworden, wie er Harry eine besondere Freude machen konnte. Er wollte seinem
Gryffindor diesen Platz heute sozusagen ‚schenken' – der Blonde wußte, Harry würde
begeistert davon sein.
So verließen die beiden jungen Männer schließlich am Nachmittag die Manor und
schlenderten Hand in Hand durch den riesigen Park, um dann weiter querfeldein
zu laufen. Harry, der nichts von den Plänen seines Liebsten wußte, schaute
diesen daher fragend an, als er erkannte, daß sie nicht, wie er angenommen
hatte, erneut das kleine Zaubererdorf in der Nähe besuchen würden.
Doch Draco lächelte nur geheimnisvoll und ließ sich durch keine Bemühungen ihr
heutiges Ziel entlocken. Schließlich gab es Harry auf und geduldete sich, da er
erkannte, sein Freund würde nichts verraten. Daher genoß der Gryffindor nur den
schönen Tag und die Sonne, welche mit wärmender Intensität auf Draco und ihn
herabschien.
Von dem Blonden geführt, wanderte das Paar engumschlungen durch einen kleinen
Wald, bis sie plötzlich an ihrem Ziel angelangt zu sein schienen, denn Draco
stoppte plötzlich. Als Harry ihn daraufhin fragend ansah, lächelte ihn sein
Liebster liebevoll an, bevor er sagte: „Mach die Augen zu, Engel. Ich will
nicht, daß du meine Überraschung zu früh entdeckst."
Nach einer Sekunde schloß Harry willig die smaragdgrünen Augen und wartete, was
Draco nun tun würde. Dieser nahm ihn sanft an der Hand und leitete ihn dann
langsam vorwärts. Mehrere Meter legten die zwei jungen Männer auf diese Weise
zurück, bis Draco Harry anhalten ließ. Indem er ihm einen zärtlichen Kuß auf
den Mund hauchte, hieß der Slytherin seinen Freund die Augen wieder zu öffnen.
Aufmerksam sah Draco in den nächsten Minuten dabei zu, wie Harry sich zuerst
neugierig umsah und, als der Gryffindor bemerkte, wo sein Liebster ihn
hingeführt hatte, voller Erstaunen und Bewunderung die Augen aufriß. Doch diese
Reaktion war auch nur zu verständlich, betrachtete man die Umgebung mit
unvoreingenommenen Augen – wie Harry jetzt.
Er stand gemeinsam mit Draco wenige Meter vom Rand einer Klippe entfernt und
blickte auf tiefblaues, glasklares Wasser, welches in stetigem Rhythmus an die
Felsen unter ihnen schlug. In der Ferne sah Harry ein Schiff vorbeifahren, doch
viel mehr interessierte ihn der Kontrast, den der azurblaue Himmel zu dem in
tiefem Kobaltblau schimmernden Wasser ergab.
Harry hatte nicht gewußt, daß so nahe an Dracos Zuhause das Meer lag. Das Spiel
der Farben auf dem Wasser, welches durch die Sonnenstrahlen, die auf die
Wasseroberfläche fielen, entstand, faszinierte den Gryffindor und weckte erneut
den Künstler in ihm. Für einen Moment wünschte er sich sehnlichst eine
Staffelei, um dieses Naturwunder einfangen zu können.
Je länger er auf das Meer schaute, welches sich fast endlos vor seinen
begeisterten Augen erstreckte, desto mehr zog es ihn in seinen Bann, mit seiner
scheinbaren Ruhe, wo es doch eigentlich laufend in Bewegung war.
Draco an Harrys Seite lächelte zärtlich, als er den hingerissenen Ausdruck in
den tiefgrünen Augen seines Liebsten entdeckte. Er hatte gewußt, daß er dem
Schwarzhaarigen mit diesem Platz ein Geschenk machen würde, doch Harrys
Begeisterung war noch größer als er angenommen hatte. Doch es erfreute den
Slytherin, diese Offenheit an Harry zu sehen – diese Darstellung all dessen,
was er empfand.
Auch wenn sie zusammen waren und sich liebten, genoß Draco diese Seite an dem
Älteren am meisten, da sie so im Gegensatz zu allem stand, was Harry noch im
Vorjahr gezeigt hatte. Damals war es kaum jemandem gelungen, zu erkennen, was
den Gryffindor bedrückte oder sorgte, so sehr war es Harry im Laufe der Zeit
gelungen, all seine Emotionen verbergen zu können.
Schon damals hatte Draco dieses Verstecken gehaßt, da er selbst viel zulange so
hatte handeln müssen – und schon ihm war es oftmals nicht leichtgefallen, diese
Maske zu tragen. Doch durch Voldemort hatte auch Harry diese Fähigkeit lernen
müssen und sie zu Draco damaliger Kümmernis fast perfektioniert.
Daher kam es, daß der Blonde, seitdem sie ein Paar waren, Harry stets
ermunterte, die Kontrolle über seine Gefühle – wenn auch nur in seiner
Gegenwart – zu lockern oder sogar ganz aufzugeben. Und wenn es dann zu
Augenblicken wie dem jetzigen kam, wenn Harry sich überhaupt keine Zurückhaltung
auferlegte und offen seine Begeisterung, Verwunderung oder Liebe zeigte, war
das für Draco das schönste Geschenk, das man ihm machen konnte. Ein
wundervoller Preis für seine Bemühungen.
Doch nun wollte er sich bei Harry langsam wieder in Erinnerung rufen, sonst
stand dieser noch in Stunden unbeweglich da und starrte fasziniert auf das im
Sonnenlicht glitzernde Meer.
Daher trat Draco langsam auf Harry zu und umarmte den Größeren dann liebevoll
von hinten. Sein Gesicht an den Rücken seines Liebsten schmiegend, festigte er
seinen Halt unmerklich und seufzte wohlig auf, als ihn Harrys Geruch und die
Wärme von dessen Körper zu umgeben begann.
Im nächsten Augenblick legten sich starke Hände über die seinen, welche auf
Harrys Bauch verschränkt waren und streichelten sie sanft. Dann erklang die
dunkle Stimme des Gryffindors, welcher leise sagte: „Es ist wirklich
wunderschön hier, Draco. Ich... ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben
soll... das Meer ist noch schöner, als ich es mir immer vorgestellt habe."
Am Anfang von Harrys Worten hatte Draco ihm den Kopf auf die Schulter gelegt,
um ihm besser zuhören zu können, doch bei dem letzten Satz horchte er auf.
Seine Umarmung etwas lockernd, damit er um Harry herumgehen und diesem ins
Gesicht sehen konnte, fragte der Slytherin etwas ungläubig nach: „Du hast das
Meer noch nie zuvor gesehen, Harry?"
Der Angesprochene sah Draco für einen Moment an, bevor er sich rasch wieder dem
Anblick des Meeres zuwandte und es mit sehnsuchtsvollem Blick betrachtete. Doch
sein Gefährte hatte auch in dem kurzen Moment, in dem Harry ihn angeschaut
hatte, die Trauer in den smaragdgrünen Augen nicht übersehen und es schmerzte
ihn, daß sein Gryffindor so schaute.
Dann hörte er Harry antworten. „Niemals zuvor, Dray. Es ist das erste Mal, daß
ich am Meer bin."
Ein Lachen entwich der Kehle des Schwarzhaarigen, doch es lag kein Humor darin.
„Bedenkt man, daß ich in der Nähe der Küste aufgewachsen bin, ist das doch ein
Witz, oder? Sussex liegt nicht weit entfernt vom Meer, doch bis heute kannte
ich die Schönheit, die es besitzt, nur von Erzählungen oder aus Büchern und
Filmen. Die Dursleys nahmen mich nie mit, wenn sie in den Ferien ans Meer
fuhren..."
Harrys Stimme verklang und seine Augen verdunkelten sich traurig, als er an
seine freudlose Kindheit zurückdachte. Doch schon im nächsten Augenblick spürte
er Dracos Arme um ihn herum, die ihn in sanfte Wärme einhüllten, Trost
versprachen. Und als er den Kopf wandte, sah er in silberblaue Augen, die ihn
nun ebenfalls ein wenig traurig, bestürzt, aber trotzdem voller Liebe,
anschauten.
"Das tut mir leid, mein Engel", hörte der Gryffindor seinen Liebsten dann
sagen, bevor dieser ihn noch näher an sich zog und küßte. Und dieser Kuß
enthielt eine Vielzahl von Emotionen, die Harry erschauern ließen unter ihrer
Intensität. Er fühlte Dracos Trauer und die Wut, welche der Slytherin auf die
Dursleys verspürte, gemischt mit Unverständnis wegen des Verhaltens von Harrys
sogenannter ‚Familie'.
Doch vorherrschend waren Trost, Zärtlichkeit und vor allem eine umfassende
Liebe, welche Harry wärmend umhüllte und seine Traurigkeit angesichts der
unschönen Erinnerungen langsam wieder verfliegen ließ.
Eine Weile ließ sich Harry von Draco schützend umarmen, doch dann lächelte er
seinen Freund an und signalisierte ihm damit, daß es ihm wieder besser ging.
Der Slytherin strahlte ihn daraufhin an und zog ihn dann mit sich zu einer
Decke bei einem der alten Bäume nahe des Waldes, aus dem sie gekommen waren.
Neben der Decke stand ein Picknickkorb und Harry mußte schmunzeln angesichts
des Planes, den sein Liebster ausgeheckt hatte. Anscheinend hatte der Blonde
ihm eine Freude machen wollen und dafür auch einen wirklich wunderschönen Platz
ausgesucht.
Gemeinsam ließen sich die beiden jungen Männer auf der Decke nieder und nahmen
den Inhalt des Picknickkorbes hungrig in Augenschein. Die Haushelfen hatten wie
immer ganze Arbeit geleistet und wenig später herrschte angenehmes Schweigen
zwischen Harry und Draco, während sie den Kuchen verzehrten, welcher neben
vielen anderen Köstlichkeiten in dem Korb gewesen war.
Draco genoß die Stille, welche um ihn herum herrschte und ihm das Gefühl gab,
er wäre ganz allein mit Harry auf der Welt. Es war wundervoll, die Sonne auf
seiner Haut zu spüren, wie sie ihn wärmte und mit ihren Strahlen verwöhnte.
Eine sanfte Brise streichelte seine Haut und der Slytherin seufzte wohlig auf.
Dies entsprach seiner Vorstellung vom Paradies, vor allem, da Harry bei ihm
war.
Bei dem Gedanken an seinen Liebsten lächelte Draco weich und wandte sich diesem
zu. Doch kurz darauf wich das Lächeln aus seinem Gesicht und der Blonde
runzelte besorgt die Stirn, als er die Schatten in den geliebten grünen Augen
sah. Harry hatte wie er aufgehört zu essen, doch anstatt wie Draco den Frieden
dieses Nachmittags zu genießen, sah er blicklos auf das Meer hinaus,
offensichtlich tief in seinen traurigen Erinnerungen versunken.
Draco verfluchte innerlich die Dursleys, als er erkannte, daß sein Gryffindor
seine Kindheitserinnerungen nicht lange hatte abschütteln können. Zu sehr erinnerte
ihn wohl das Meer an all die Dinge, die ihm in seiner ungeliebten Kindheit
vorenthalten worden waren. Am liebsten hätte der Blonde in diesem Moment den
Muggeln, die Harry dies angetan hatten, einen Fluch auf den Hals gehetzt.
Doch dies war nicht die Lösung, erkannte er innerlich aufseufzend. Es würde die
Schatten aus Harrys wunderschönen Augen nicht vertreiben und seine Erinnerung
an seine Kindheit nicht besser erscheinen lassen.
Dann hatte er jedoch eine Idee, wie er Harry helfen konnte. Wenn er schon nicht
die Vergangenheit zu ändern vermochte, so hatte er doch die Möglichkeit, die
Gegenwart für seinen Gryffindor schön und voller Liebe zu gestalten. Und dies
wollte er auch nicht lange hinausschieben, daher erhob er sich lautlos und trat
die wenigen Schritte auf Harry zu, der so sehr in seinen Gedanken versunken
war, daß er Draco nicht kommen hörte. Dieser kniete sich hinter den
Schwarzhaarigen und umarmte ihn dann erneut voller Zärtlichkeit.
Für einen Sekundenbruchteil verspannte sich Harrys muskulöse Gestalt, doch als
der Gryffindor erkannte, was geschah, lehnte er sich leise seufzend tiefer in
Dracos liebevolle Umarmung. Der Blonde spürte Harrys Unterwerfung in diesem
Moment – es war, als hätte sein Liebster durch seine traurigen Erinnerungen keine
Kraft mehr.
Es schnitt tief in Dracos Herz, Harry so zu sehen. Sonst war der Gryffindor
stets so voller Kraft, Leben und Licht – doch jetzt wirkte er gebeugt unter der
Last all seiner Erinnerungen. Aber genau dieses stille Leid ließ in Draco immer
mehr den Entschluß reifen, diesen traurigen, schlechten Erinnerungen
wunderschöne gegenüberzustellen.
Daher setzte er sich, lehnte sich an den hinter ihm stehenden Baum und zog
Harry dann eng an seine Brust, bis der Kopf des Älteren an seiner Schulter lag.
Für mehrere lange Momente hielt der Slytherin seinen Freund einfach nur fest,
umgab ihn mit wortloser Liebe.
Doch er fühlte, daß dies noch nicht reichte, um Harry aus seiner
melancholischen Stimmung zu reißen und den ihm innewohnenden Optimismus
wiederzuerwecken. Daher lockerte er seine Umarmung so weit, daß er den
Gryffindor mit sanftem Griff dazu bewegen konnte, sich zu ihm umzudrehen.
Als dies geschehen war, blickte Draco in umschattete Augen, die ihn
entschuldigend ansahen.
"Es tut mir leid, Dray. Ich...", weiter kam Harry nicht in seiner
Entschuldigung, denn Draco hielt ihm einen Finger an die Lippen, um ihn zum
Schweigen zu veranlassen. „Shhh", flüsterte der Slytherin, bevor er Harry
erneut in seine Arme zog. „Du mußt dich nicht entschuldigen, Engel. Ich verstehe
dich. Doch es tut mir weh, wenn du so traurig bist, Harry."
Dies veranlaßte den Älteren dazu, aufzusehen. Er versuchte ein Lächeln, doch
dies war nicht von Dauer und erreichte seine Augen nicht, wie Draco unschwer
erkennen konnte. Doch er wollte alles dafür tun, damit in den smaragdgrünen
Augen wieder das alte Feuer loderte.
Und er hatte auch schon einen Plan, wie er Harry wieder auf andere Gedanken
bringen konnte. Er würde kämpfen gegen die Erinnerungen, die seinen Liebsten
plagten und ihren wunderschönen Tag ruinieren wollten.
Daher löste er einen Arm von Harrys Rücken und hob damit dessen Gesicht zu sich
empor, damit er ihn ansehen konnte. Seinen Gryffindor sanft und mit all seiner
Liebe anlächelnd, senkte er im nächsten Moment seine Lippen zärtlich auf die
des Älteren.
Harry gab sofort nach, als er den Kontakt spürte; wie die weichen Lippen
behutsam über die seinen glitten. Er gab sich ganz in Dracos Gewalt, denn er
hatte im Augenblick wirklich keine Kraft mehr. Zu sehr hatten beim Anblick des
Meeres auf einmal alte Erinnerungen überrollt, waren Geschehnisse wieder in ihm
hochgekommen, deren Tragik er erst jetzt richtig verstand.
Harry mußte zugeben, daß er selbst vollkommen überrascht davon war, wie sehr
ihn diese Erinnerungen mitnahmen, doch wußte er im Moment nicht, was er gegen
sie unternehmen sollte. Daher schien es ihm das Beste, es Draco zu überlassen –
es schien, als wäre sein Liebster dabei, diesen Kampf für ihn zu bestreiten.
Und es machte Harry nichts aus – er war ganz im Gegenteil glücklich, daß er
Draco so viel bedeutete, daß dieser selbst gegen Harrys unglückliche
Vergangenheit antreten wollte.
All diese Gedanken führten dazu, daß sich Harry wortlos Dracos Kuß ergab,
welcher jedoch nicht etwa leidenschaftlicher oder erobernd wurde wie sonst,
wenn der Blonde spürte, daß Harry ihm die Führung überließ. Nein, der Kontakt
ihrer Lippen war und blieb überaus zärtlich, warm und transpirierte Liebe.
Für mehrere Minuten ließ Draco seinen Mund weich auf Harrys Lippen liegen und
gab ihm seine Gefühle preis, versuchte ihn zu einer Reaktion zu bewegen. Doch
der Schwarzhaarige blieb passiv, schien nur alle Gefühle in sich aufzusaugen
wie ein trockener Schwamm.
Oder wie jemand, dachte Draco traurig, dem als Kind viel zu wenig Gefühl
entgegengebracht worden war. Etwas, wofür er Harry jetzt gern entschädigen
würde.
Daher machte sich Draco jetzt daran, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Er beendete den Kuß und schaute seinen Liebsten für einen Moment schweigend an,
der ihn ebenfalls wortlos anblickte. Dann hob Draco seine rechte Hand und
strich mit ihr sanft über Harrys Wange. Daraufhin flatterten Harrys Augenlider
mit einem kaum hörbaren Seufzer zu und der Slytherin spürte genau, wie sehr
sein Liebster diese Zärtlichkeit seiner Berührungen genoß.
Daher beschloß er, genau so fortzufahren, denn er erkannte, daß Harry genau
dies jetzt dringend benötigte, um die Geister seiner Vergangenheit besiegen zu
können. Sanft tupfte er hauchzarte Küsse auf Harrys geschlossene Augenlider,
während seine Hände den Gryffindor wieder in einer beschützenden Umarmung
einschlossen. Mit den seidigen Strähnen mitternachtsfarbenen Haares spielend,
bedeckte Draco in den folgenden Minuten Harrys Antlitz mit warmen,
federleichten Küssen.
Der Ältere entspannte sich unter diesen gefühlvollen Liebkosungen und schien
sie aus vollem Herzen zu genießen, nahm man sein leises, wohlwollendes Seufzen
als Maßstab. Doch Draco war noch lange nicht fertig.
Seine Hände, die sanft durch Harrys langes Haar strichen, fanden das Band, mit
dem der Gryffindor die glänzende Fülle zusammenhielt und befreite sie mit
geschickten Fingern davon. In weichen Wellen fiel daraufhin die schwarze Pracht
offen über Harrys Rücken und Draco nahm dies zum Anlaß, zärtlich damit zu
spielen. Insgeheim liebte er es, wenn Harrys Haar so wie jetzt in sanften
Kaskaden aus schwarzer Seide sein Gesicht umschmeichelte und ihn damit in
Dracos Augen noch attraktiver machte als sonst schon.
Harrys Augen waren noch immer geschlossen, wie als ein Zeichen absoluter
Hingabe an Draco in diesem Augenblick. Dessen Herz schlug nach dieser
Erkenntnis ein wenig schneller, berührt vom Vertrauen seines Gryffindors.
Seine Liebe ließ den Slytherin voller Zärtlichkeit erneut mit der Hand an
Harrys Gesicht entlangfahren, es behutsam nachzeichnend. Vom Kinn hinauf zum
Mund, den er behutsam mit den Fingerkuppen umkreiste, dann aufwärts zu den
hohen Wangenknochen, an denen er entlangstrich, bis er schließlich auf Harrys
Stirn mit seiner sanften Berührung eine imaginäre Falte glättete.
Dann ließ Draco seine Lippen den eben vorgezeichneten Weg nachfahren, woraufhin
er Harry leicht erzittern spürte, bevor sich der Gryffindor näher an ihn
lehnte. Diese instinktive Handlung erschütterte Draco mehr als zuvor die Trauer
in Harrys Augen, zeigte es ihm doch, wie sehr sich sein Engel nach Nähe sehnte.
Unwillkürlich festigte Draco seinen Halt um Harry, ließ ihn spüren, daß er für
ihn da war und ihn niemals wieder verlassen würde. Dabei überlegte er, wie es
sein konnte, daß jemand ein solch wundervolles Geschöpf wie Harry nicht lieben
konnte. Wie es möglich war, daß man ihm die Liebe verweigert hatte, welche
Draco immer in sich aufsteigen spürte, sobald er Harry nur ansah.
Für einen Moment dachte Draco dankbar an seine eigenen Eltern. Dem äußeren
Anschein zum Trotz hatten Lucius und Narzissa ihrem einzigen Sohn niemals ihre
Liebe vorenthalten. Wenn sie allein in Malfoy Manor gewesen waren, hatte Draco
stets ihre elterliche Liebe gezeigt bekommen. Nur in der Öffentlichkeit hatten
sie – solange Voldemort am Leben war – als Schutz stets so tun müssen, als wäre
ihnen allen jegliche Emotion außer Stolz und Arroganz fremd.
Doch dies war Draco unendlich schwergefallen, vor allem, seit er Harry kannte.
Mitzuerleben, wie sich jedes Schuljahr ein neues Problem in den Weg des Gryffindors
stellte und nichts tun zu können, um diesem zu helfen, war sehr hart gewesen.
Und noch härter, Harrys ärgsten Feind spielen zu müssen.
Oft hatte er dann in den Ferien mit seiner Mutter darüber gesprochen, welche
ihm immer Mut machte, daß irgendwann die Zeit der Verstellung vorbei sein
würde. Es waren Dinge wie diese Aufmunterung – Zeichen elterlicher Zuneigung
und Unterstützung – die Harry von seinen Eltern nie hatte erleben dürfen.
Daher war es besonders grausam, fand Draco, daß Harrys Muggel-Verwandten den
Gryffindor zusätzlich noch so schlecht und abwertend behandelt hatten. Dabei
hatte der Schwarzhaarige nichts davon verdient; hätte vielmehr mit ganz
besonderer Liebe aufgezogen werden sollen, da seine leiblichen Eltern dies
nicht mehr tun konnten.
An dieser Stelle schreckte Draco aus seinen Gedanken auf, als er spürte, wie
sich Harry in seinen Armen bewegte. Sofort festigte der Slytherin seinen Halt
um die schlanke Gestalt und hauchte einen Kuß auf seidiges schwarzes Haar.
Müßig spielte er mit den glatten Strähnen, wickelte sie um seine Finger, bevor
er sie wieder losließ. Dieses sanfte Spiel entlockte Harry ein leises
zufriedenen Seufzen und seine Gestalt schmiegte sich an Dracos Körper.
Dieser legte seine Wange auf Harrys Haar und umarmte diesen wiederum, bevor er
den Älteren behutsam zu streicheln begann. Zu Beginn ließ der Blonde seine
Finger weiterhin durch die langen Strähnen gleiten, bevor er seine Hände darin
vergrub.
Daraufhin kam für einen Moment Leben in Harrys Gestalt und er legte seinerseits
die Arme um Dracos Gestalt, als könne er so wenig Distanz wie möglich zwischen
ihnen ertragen. Dieser stumme Aufschrei nach Nähe ließ Draco schlucken und
seine Hände bewegten sich, um in beruhigenden Kreisen über Harrys Rücken zu
streichen, damit dieser sich wieder entspannte.
Keiner von ihnen beiden sprach ein Wort, doch dies war auch gar nicht nötig,
denn ihre emotionale Verbindung erlaubte es Draco, Harrys momentane Bedürfnisse
auch ohne Worte genau zu erkennen – oder besser, zu erfühlen.
Harry dagegen genoß die Fürsorge, die sein Slytherin ihm schenkte. Es war diese
stumme Liebe, die er jetzt am dringendsten benötigte und die ihm Draco so
willig schenkte.
Abstrakte Muster auf Harrys Rücken zeichnend fuhren Dracos Hände langsam auf
und ab, schenkten nicht nur physische Wärme durch ihre Streicheleinheiten,
sondern auch emotionale, linderten den Schmerz der Vergangenheit. Liebevoll
strich er hin und wieder über Harrys Arme, die noch immer eng um ihn lagen, als
wolle der Gryffindor verhindern, daß Draco ihn allein ließ.
Als würde dies jemals geschehen!
Doch der Blonde fühlte Harrys Bedürfnis, festgehalten zu werden – zu spüren,
daß jemand da war, dem er etwas bedeutete. Eine Person zu haben, die bei ihm
blieb, auch wenn er mal nicht stark oder fröhlich war – jemand, der zu ihm
stand in guten wie in schlechten Tagen. Jemand, der ihn aus tiefstem Herzen
liebte.
Und diese Gewißheit würde Draco Harry geben, daher führte er seine sanften,
ruhigen Streicheleinheiten fort, bis er bemerkte, daß der Gryffindor durch
seine Liebkosungen eingeschlafen war.
Doch auch dann hörte nicht auf, zärtlich die muskulöse Gestalt in seinen Armen
zu berühren, denn auch wenn Harry schlief, würde er trotzdem spüren, daß Draco
weiter bei ihm war. So verging die Zeit, während Harry in Dracos Armen
friedlich schlief, während dieser in Gedanken versunken auf das Meer sah.
Einerseits war Dracos Plan, Harry mit diesem Platz ein schönes Geschenk zu
machen, gescheitert, denn es hatte für den Älteren traurige Erinnerungen zurück
an die Oberfläche gebracht.
Andererseits, sinnierte Draco, während er Harry weiterhin behutsam streichelte,
hatte es sie beide aber auch nähergebracht. Der Gryffindor hatte sich ihm –
wenn auch auf wortlose Weise – anvertraut und sich von ihm trösten lassen.
Draco nahm sich vor, später noch ausführlich darüber mit Harry zu reden, doch
fürs Erste machte es ihn sehr stolz, daß sein Liebster ihm seine Schwäche
gezeigt hatte und seinen Schmerz nicht vor ihm verbarg.
Bei diesem Gedanken angelangt, blickte Draco zärtlich auf den jungen Mann in
seinen Armen nieder und flüsterte: „Ich liebe dich, Harry. Und ich verspreche,
ich lasse dich nie wieder allein, mein Engel." Dann hauchte er ihm einen
weiteren Kuß auf das Haar und umarmte den Schlafenden etwas fester, als wolle er
damit sein eben geleistetes Versprechen bekräftigen.
Und wie als Antwort darauf, schlich sich ein Lächeln auf Harrys entspannte Züge
und er kuschelte sich im Schlaf vertrauensvoll enger an Draco. Dessen Blick
wurde noch ein wenig sanfter, als er diese instinktive Geste wahrnahm.
Dann flüsterte er: „Zeit, nach Hause zu gehen, Liebster." Mit diesen Worten
schloß er die Augen, faßte mit sicherem Griff um Harrys Gestalt und apparierte
sie beide zurück nach Malfoy Manor. Wenige Augenblicke später erschienen sie in
Dracos Schlafzimmer und der Blonde hob Harry auf die Arme, um den weiterhin
Schlafenden auf das Bett zu legen.
Als er sich kurz zurückzog, um seine Schuhe und Kleidung abzulegen, regte sich
Harry und seine Hand fuhr unruhig über das Bettlaken. "Dray", murmelte der
schwarzhaarige Gryffindor im Schlaf, woraufhin sich der Angesprochene rasch zu
Harry hinüberbeugte und ihm zuflüsterte: „Ich bin hier, Harry. Keine Angst, ich
bin bei dir, mein Engel."
Während er diese Worte sprach, kroch Draco zu Harry in das große Bett und zog
den Älteren erneut in seine Arme. Als Harry sich daraufhin an ihn schmiegte und
dann wieder ruhig und friedlich schlafend dalag, lächelte Draco liebevoll auf
ihn herab und hauchte: „Schlaf gut, mein Engel. Ich werde deinen Schlaf bewachen,
Liebster."
Yeah, wieder
ein Kapitel geschafft! Wie gesagt, dieses Mal etwas traurig, aber so war eben
meine Stimmung. Da muß man schreiben, damit man nicht irre wird! J
Ich hoffe auf eure Kommis!
CU, Dragon's Angel
Blue2706: Hi mal wieder! (anstrahl) Merlin, was für ein schönes Kompliment! Immer zu Diensten, um deinen Tag zu retten! (smile) Ich hoffe, dir gefiel auch dieses Kapi, wie gesagt, war etwas melancholisch heute, der Himmel war grau und ich allein... (sniff)
Shenendoah: Hallihallo! Noch eine meiner
Lieblingsleserinnen! Immer so nette, laaange Kommis – da steh' ich drauf! Tja,
ich glaube, Rettungstrupp wäre vielleicht gar nicht so falsch, immerhin habe
ich mal wieder ein ganze Weile gebraucht, bis ich das neue Kapitel fertig
hatte. Doch ich schiebe die Schuld auf Ernie. Das ist das böse, böse Plotbunny,
welches neuerdings bei mir zur Untermiete wohnt – ungefragt natürlich. Ernie
kam, sah – und ging nicht wieder. Dafür vergraulte er meine Muse der
Inspiration, welche für den Fortgang meiner Stories verantwortlich ist. Jetzt
suche ich händeringend nach ihr, doch sie kommt immer nur dann, wenn ich Ernie
kurz loswerde. Hmpfh...vielleicht hilfst du mir bei meinem Hasenproblem? Ideen?
Wo bleibt übrigens der versprochene Prolog??? (dich die Hände in die Hüften
gestützt und mit dem Fuß tappend anschaut) Ich bin schon ganz neugierig!
Danke für den Tip mit den Wiederholungen, das muß mir total entgangen sein.
Wenn man das Kapitel schreibt und dann nochmal drüberliest, übersieht man das
manchmal, da man ja schon weiß, was da stehen müßte...so geht es mir
jedenfalls. Wenn ich dann Wochen später mein Geschreibsel nochmal lese, kriege
ich manchmal den Horror, was ich da fabriziert habe!
Danke für das liebe Kompliment!
Koryu: Danke!
Moin: Ja, wahre Liebe muß schön sein! (träum) Oh, und eine neue Idee für ein Kapitelchen – Mitternachts-snack...hmmm...langsam glaube ich, die Beiden kriegen bei mir nicht genug zu essen... (smile) Mal sehen, die Idee kommt auf jeden Fall irgendwie in die Bearbeitung.
CU, Dragon's Angel
