Disclaimer: das übliche
Author's Note: Na, wer sagts denn! Das hat ja bestens hingehauen, ich bin stolz auf Euch! Tausend Dank an Maia, Mitleser, sepia, Nessi, Loony und cara!!!
Maia: *winkt zurück*Aber bittesehr. Ich les auch noch was anderes von Dir, das auch ziemlich lang und ziemlich nett ist, aber es kann noch etwas dauern, bis ich durchbin und reviewen kann :)
Mitleser (was für ein origineller Username): so stell ich mir das vor ;) aber ohne Zwang kommt man anscheinend zu nix. Bin auf jeden Fall entzückt, dich kennenzulernen!
Sepia: jepp, der letzte Satz hat was zu bedeuten! Aber immer mit der Ruhe, wir sind erst in der vierten Klasse und kapitelmäßig haben wir noch nicht mal Halbzeit erreicht. Zwischen der Wahrheit über Sevs Eltern und seinem Todesserbeitritt besteht ein Zusammenhang, also Geduld, ich verspreche, es lohnt sich lol (Ok, es dauert noch ca. 9 Kapitel, bis die Katze vollständig aus dem Sack ist. Aber das passiert in Etappen)
Nessi: Schankedön! Und willkommen an Bord :)
Loony: lol das war nicht ironisch gemeint! Wenn ich einen Witz mach merkt man das. Ich weiß, es ist ein Haufen Zeug, was ich miteingebunden hab, deswegen entwickelt sich die story auch relativ langsam, aber ich schaff das noch vor den Sommerferien! Bellatrix wächst mir langsam echt ans Herz – und sie ist noch normal. Ich meine, es ist unwahrscheinlich, dass sie und die Jungs einfach eines Tages mit Todesserkapuzen in die Schule spaziert sind, oder? Das muss sich alles allmählich entwickeln. Und in diesem Chapter findet eine sehr denkwürdige Begegnung statt, das kriegt allerdings nur der Leser mit. Alastor nicht.
Cara: ooooh. Tröste Dich: ich hab die Woche praktisch jeden Tag 2 h Mathe lernen müssen. Ich hass das Fach... Und die review war überhaupt nicht langweilig!
*reibt sich mit einem bösartigen Grinsen die Hände* Jetzt hab ich natürlich Blut geleckt... Wie wärs, wir probierens diesmal mit sieben reviews? Gute Idee, gell? Find ich auch. Und geht nicht auf cara los – auf die dummen Gedanken bin ich ganz allein gekommen! *stolz auf sich ist*
Also weiter im Text...
____________________________________________________________________________ ______________
7. Kapitel: Wetterleuchten
Wie lange würde ich mich noch so durchmogeln können? Das fragte ich mich manchmal.
Ich konnte dem Kind keinen Vorwurf machen: Wissen zu wollen, wo man herstammt, ist das Natürlichste der Welt. Und in Sevs Fall war es nicht nur natürlich, sondern vom heutigen Standpunkt aus betrachtet sogar überlebensnotwendig. Ohne zu wissen, wie er in diese Situation gekommen war, die ihm mit zunehmendem Alter immer absonderlicher vorkommen musste, war er wie ein Schiff ohne Anker. Aber hinterher ist man immer klüger, und ich sehe heute vieles anders. Damals wurde ich nur von der Sorge getrieben, dass Sev so werden könnte wie seine Mutter, und tat mein Möglichstes, um Ada und alles was mit ihr zusammenhing, so gut es ging aus unserem Leben zu verbannen. Und dann war da natürlich noch meine eigene Verstrickung in die Ereignisse von damals.
Doch die Dinge hatten sich geändert seit er klein war. Er nahm meine Anwesenheit nicht mehr als selbstverständlich hin. Er hatte angefangen, sich zu wundern und sich eigene Gedanken zu machen. Einige davon gingen in die richtige Richtung. Er konnte wohl spüren, dass es unter der Oberfläche unseres Lebens Strömungen gab, die nicht guttaten und von denen ich ihn abzuschirmen versuchte, aber die Wahrheit konnte er ohne Hilfe nicht herausfinden. Ich verweigerte ihm diese Hilfe aus Angst, ihn zu verlieren, und daraus erwuchs sein heimlicher Groll gegen mich.
Im Nachhinein ist es natürlich leicht nachzuvollziehen, was ich falsch gemacht habe, zu sagen, wo ich hätte anders reagieren und worauf ich besser hätte vorbereitet sein sollen. Die gefährlichen Momente, mit denen ich ungeschickt umgegangen war, zogen sich durch Sevs Kindheit wie ein roter Faden – das mochte ihm nicht so bewusst sein wie mir, aber er trug ja auch nicht die Verantwortung für uns beide, und letztendlich hatte meine eigene Nervosität wesentlich zu seinem Verdacht beigetragen.
Die durch meinen Beruf bedingte relative Nähe zu den Behörden – Unmengen von Leuten, die uns nicht persönlich zu kennen brauchten, um sich an jenen spektakulären Fall aus dem Jahr 1966 zu erinnern, der es zum Glück nicht bis in die Zeitung geschafft hatte, von den Mitgliedern des magischen Verwaltungsapparates jedoch um so besser erfasst worden war – ließ mich des Nachts auch nicht gerade friedlicher schlafen. Beispielsweise hatte es da den Vorfall mit dem Vampir gegeben im Winter, bevor Sev nach Hogwarts kam. Mir gefriert heute noch das Blut, wenn ich daran denke, obwohl die Gefahr schon so lange gebannt ist. Was sich im Einzelnen zugetragen hatte, konnte ich nur vermuten, aber es war für alle klar, die etwas von Dunklen Kreaturen verstanden, dass das Kind sich niemals allein aus dieser Lage hätte retten können und dass es somit einen anderen Grund für seine Unversehrtheit geben musste. An dieser Stelle hätte nur jemand eine dumme Bemerkung machen müssen und alles, wofür ich in den Jahren zuvor so hart gearbeitet hatte, wäre den Bach runtergegangen. Glücklicherweise wunderte man sich wortlos.
Nach unserem Zusammenstoß während der Sommerferien behandelte ich den Jungen wie ein rohes Ei. Er schien sich seinerseits damit abgefunden zu haben, dass er bei mir auf Granit gebissen hatte, was seine Vergangenheit betraf, aber davon wollte ich mich nicht täuschen lassen. Ich verbrachte die ersten Monate des neuen Schuljahrs damit, seinen nächsten Schritt vorauszuberechnen und kalkulierte alle und alles mit ein, was mir hätte Schwierigkeiten machen können: Hogwarts, die Malfoys, Wicken Fen, die Flamels und die Alchemistengilde im Allgemeinen, Freunde von Freunden, die möglicherweise an alte Akten herankommen konnten. So verging die Zeit. Der Herbst war abscheulich kalt in jenem Jahr. Es war die Zeit, in der man gerne enger zusammenrückt, und man kann sagen, dass wir in der magischen Gemeinschaft so anlehnungsbedürftig waren wie seit den Vampirkriegen nicht mehr.
Weihnachten – nichts hasste ich mehr. Zumindest seit ich im Ministerium arbeitete und als Auror stets in den Sicherheitsdienst der Feier am 24. Dezember eingebunden wurde – und in die Vorbereitungen zu dieser Feier, was die hauptsächliche Katastrophe darstellte. Seit Menschengedenken fand am 24. von morgens um elf bis zum frühen Nachmittag eine Weihnachtsfeier im Ministerium statt, zu der alle eingeladen waren, wobei aber traditionsgemäß nur die erschienen, die sich unbedingt zu Tode langweilen wollten. Heuer war irgendjemand auf die blendende Idee gekommen, ein Schreiben an Dumbledore zu verfassen und die Schülerschaft von Hogwarts, soweit interessiert, dazu einzuladen.
„Willst du da hingehen?"fragte ich Sev interessehalber. „Klar, wir gehen alle."war die hastig zurückgekritzelte Antwort. Bezeichnend, nicht wahr? Willst du? Na klar, alle machen's. Ich hatte damals jedoch keine Zeit, ihm einen Vortrag zum Thema Konformismus zu halten.
Dass die Weihnachtsfeier immer so eine sterbenslangweilige Angelegenheit war, ist unter anderem damit zu erklären, dass zu dem Zeitpunkt, wenn die Feier nach Wochen der Vorbereitung dann endlich abgehalten wurde, alle so erschöpft waren, dass sie sich nur noch hinlegen und sterben wollten. Kurz vor Weihnachten war das Ministerium immer das reinste Irrenhaus, aber dieses Jahr mit der allgemeinen Unruhe aufgrund der politischen Situation, all den zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen und dem erwarteten Besuch aus Hogwarts, der ein Novum darstellte, übertraf meiner Meinung nach alles bisher dagewesene. Schon Wochen vor dem großen Tag wurde bei uns praktisch die Arbeit niedergelegt. Ohne Bosheit kann man sagen, dass bei uns auch im Alltag und in absolut friedlichen Zeiten die Organisation ein Problem darstellte. Mit der Kompetenzverteilung haperte es auch ein bisschen. Aber unter den gegebenen Umständen...
Barty Crouch und Dorcas Meadowes brüllten sich in Sicherheitsfragen hinter verschlossenen Türen an – während wir mit einem Ohr an denselbigen klebten und herauszuhorchen versuchten, was geplant war und wo und wie man uns einzusetzen gedachte.
Bilius Weasley und die Leute von der Transportabteilung wankten mit eingefallenen Wangen und schwarzumrandeten Augen in der Gegend herum, denn wie immer bei solchen Anlässen ruhte auf ihren Schultern die meiste Verantwortung – und Anfang der Weihnachtswoche hing dann eines Morgens über der im Atrium errichteten Rednertribüne plötzlich ein Banner: „STREIK! WIR SIND GEGEN ALLES! Gez. Die Laufburschen".
In einer ähnlichen Lage war die Abteilung für Internationale Beziehungen, da wie jedes Jahr Fluten von ausländischen Gästen erwartet wurden. Emmeline hatte es sich angewöhnt, an ihrem Schreibtisch zu schlafen und in der Mittagspause rasch nach Hause zu apparieren und ein Bad zu nehmen, wie sie anvertraute, als wir die Zeit für ein kameradschaftlich geteiltes Butterbier in der Cafetaria fanden, bevor wir jeder wieder zu seinen unaufschiebbaren Pflichten davonwieselten. Ich hatte wie üblich wenig mit dem ganzen Firlefanz zu tun, was aber nicht bedeutete, dass ich in Ruhe meiner Arbeit nachgehen konnte. Von den Wenigen, die nicht wegen der Feierlichkeiten eingespannt waren, sollte natürlich pro Nase die Arbeit von Fünfen erledigt werden.
Am 24. saß ich in aller Frühe in meinem Büro im Ministerium und putschte mich mit einem Pott extra starkem Kaffee auf, während ich über meinem Schreibtisch hing und versuchte, Mundungus Fletcher so etwas wie Respekt vor den Institutionen der magischen Gemeinschaft einzubleuen. Ein ebenso sinnloses wie nervtötendes Unterfangen.
„Zum allerletzten Mal, Dung", schnorchelte ich, während ich darum kämpfte, die Augen offenzuhalten. Vor zehn Uhr morgens ist mit mir von Natur aus nichts anzufangen, aber ganz besonders dann nicht, wenn ich nur fünf Stunden Schlaf gehabt habe. „Entweder du spuckst jetzt freiwillig aus, was du mit Parkinsons Alarmzauber angestellt hast, als du bei ihm eingestiegen bist, oder ich schlepp dich runter in die Ausnüchterungszelle und lass dich über die Feiertage drin. Wie würde dir das gefallen?"
„Alastor,"säuselte Fletcher und blickte treuherzig zu mir auf. „Kleiner Alastor, ich kenn dich doch seit du ein Baby warst und deine Mum dich zu uns nach Hause gebracht hat, um dich ihren ganzen alten Freunden vorzustellen..."
„Werd jetzt bloß nicht sentimental, Mundungus," schnaubte ich abfällig. „Das kann ich überhaupt nicht vertragen."
„Ich seh dich noch vor mir in deinem roten Strampler, wie ich dich auf dem Schoß sitzen hatte."meinte er träumerisch. „Ganz helle Haare hattest du als Baby."
„Dung, ich warne dich, ich sag's jetzt nur noch einmal: Mach das Maul auf, sag uns, wo die Beute ist und ich lass dich über Weihnachten nach Hause. Bis du vor den Richter kommst, hast du dann Gelegenheit, eine reuige Miene zu üben, also ja oder ja?"Das letzte schrie ich fast.
„Du meine Güte, Alastor,"meinte er mich besorgt musternd. „Dir macht die Sache ja mehr zu schaffen als mir."
„Dann tu, was du kannst, um mir den Tag zu retten und mach eine Aussage." sagte ich unglücklich. Er hatte recht. Ich hatte nur ungern mit den Freunden meiner verstorbenen Eltern zu tun, doch weil die beiden schräge Vögel buchstäblich angezogen hatten, war es öfter der Fall, als mir lieb war. Meine Mutter hatte zu ihrer Zeit im Komitee für Experimentalzauberkunst bei Aberforth Dumbledore angefangen. Kennengelernt hatte ich Albus' Bruder noch nicht, aber die eigenartigen Vorfälle im Kommittee, während er den Vorsitz führte, waren ja weit über Akademikerkreise hinaus Legende und dasselbe galt für viele seiner Mitarbeiter, mit denen ich praktisch großgeworden war.
Szenarien wie dieses waren nicht unüblich, daher tendierte ich dazu, eine bestimmte Altersgruppe mehr oder weniger diskret an meine Kollegen abzuschieben. Heute jedoch war irgendein Verwaltungsmensch auf die glorreiche Idee gekommen, Algie und Amelia zum Ordnungsdienst abzukommandieren und so saß ich den halben Vormittag mit dem trinkfreudigen Meisterdieb Mundungus Fletcher fest, während die beiden die Sicherheitsvorkehrungen für den heutigen Ministeriumsbesuch ein letztes Mal überprüften. Als ich gegen zehn meinen Posten an der Nordpassage einnahm, war ich mit den Nerven so am Ende, dass nichts lieber wollte, als mich zusammenrollen und den Schlaf der Gerechten schlafen.
Amelia tauchte neben mir auf. „Hey", lächelte sie. „Kleine Änderung im Plan, ich wollte es dir nur sagen. Die Kinder kommen gegen elf und werden dann direkt hierhergebracht, damit sie die Rede des Ministers anhören können. Wir bringen sie da unter, siehst du?" Sie zeigte vage in den hinteren Teil des Publikums, wo eine Armee von Angestellten versuchte, mehr Platz zu schaffen, während Etheldred Nott, die die Aufsicht führte, wie ein Hauself herumwuselte und zornig auf der Stelle auf und ab hüpfte, während sie über die allgemeine Nichtsnutzigkeit von Praktikanten fluchte.
Ich schürzte die Lippen. „Müssen die Kids sich das wirklich antun? Die hörn sich doch diesen Mist nicht freiwillig an."
„Ist nicht mein Problem."meinte Amelia achselzuckend. „Um ehrlich zu sein bin ich sogar froh darüber. Wenn sie alle auf einem Haufen sind, haben wir die kleinen Monster besser unter Kontrolle."
Ich dachte daran, was passieren konnte, wenn die Nockturngang auf einem Haufen war. „Du siehst nicht viel von der Welt, was Amy?" Doch sie raste bereits zurück auf ihren Posten. Ich streckte mich und peilte die Lage im Publikum direkt vor der Tribüne. Einlass war wie immer um halb elf gewesen und die ersten nahmen gerade ihre Plätze ein. Ich erspähte zahlreiche bekannte Gesichter in der Menge. Die Diggorys, die Patils, die Blacks natürlich – Cepheus und Olive, dahinter Elladora am Arm ihres Schwagers Alphard, der ganz so dreinsah, als bereute er es, die Salisbury Sternwarte verlassen zu haben, um sich das hier anzutun. Betty Weasley lachte über etwas, das ihr Xue Chang gerade erzählte. Tristan Malfoy stolzierte herum und machte sich wichtig. Bruce und Marlene McKinnon waren mit ihren drei Kindern da – Janet, Gordon und Elizabeth, die Eliza gerufen wurde und als jüngste von den dreien noch Wolkenkuckucksheim besuchte. Algies Bruder und seine Schwägerin winkten zu mir herauf.
Eine hundsgewöhnliche Weihnachtsfeier. Kein Wölkchen am Himmel sozusagen. Ich schwöre, keiner der an die 400 im Atrium Versammelten hatte an diesem Morgen mit etwas anderem gerechnet als mit einem langweiligen, gesellschaftlichen Ereignis, das nun mal eben absolviert werden musste. Locker und verpennt trifft es vermutlich am besten, wenn man versuchen will, die Stimmung zu umschreiben.
Kurz vor elf betrat Albus Dumbledore an der Spitze der Schülerschaft die Halle. Ich beobachtete, wie er Frank Longbottom und Narcissa Black, seinen Schulsprechern, ein paar Anweisungen zumurmelte, bevor die beiden den Zug in den hinteren Teil des Publikums führten. Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass Sev und seine Freunde unmittelbar hinter dem Kollegium hereinkamen, während man ihre Lieblingsfeinde aus Gryffindor ganz am Ende des Zuges plaziert hatte. Auf diese Weise würden sie auch weit voneinander entfernt sitzen. Eine intelligente Maßnahme, dachte ich und dankte im Stillen der- oder demjenigen, der dafür gesorgt hatte, dass das Kind mich heute nicht in Verlegenheit bringen würde, indem es während eines Duells mit Potter unsere schöne Inneneinrichtung zertrümmerte.
Das Kollegium – sie waren fast vollzählig angetreten – nahm seine Plätze verstreut unter den anderen Besuchern ein, wobei Albus den Versuchen diverser Wichtigtuer, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, gekonnt auswich und sich neben seinen Liebling Eliza pflanzte. Belustigt verfolgte ich, wie Gideon Prewett in der Reihe dahinter Alexandra Karkarova den Stuhl zurechtrückte. Die beiden Streithähne hatten also ihren persönlichen Zwist in der Öffentlichkeit etwas hintangestellt. Malfoy grüßte spöttisch zu Karkarova hinüber, die mit einem äußerst liebenswürdigen Lächeln antwortete. Minnie und Flitwick schlugen ein paar Haken um Eltern, die ihnen vermutlich wegen der Noten ihrer Kinder auf die Pelle rücken wollten, und ließen sich nebeneinander in gebührendem Abstand sowohl zur Schülerschar als auch zur Tribüne nieder. Unterdessen wurde es elf Uhr. An Ruhe war noch nicht zu denken, es wurde getuschelt und gelacht im Publikum, als Minister Derwent in seinem feinsten Umhang aus dunkelrotem Samt die Rednertribüne betrat.
Wenngleich ich es eigentlich besser wusste, muss in diesem Moment – die letzten Schritte des Redners zu seinem Pult – auch meine Aufmerksamkeit auf den Minister gerichtet gewesen sein. Ich kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass ich die ersten zwei oder drei der schwarzgewandeten Gestalten, die in unsere Mitte apparierten nicht bemerkte.
Es wurden jedoch schnell mehr. Mit generalstabsmäßiger Planung, wie man neidlos anerkennen musste, hatten sie binnen einer Minute alle, die auf den Gedanken hätten verfallen können, Widerstand zu leisten, ausgeschaltet.
Über das Atrium senkte sich eine gespenstische Ruhe, als eine letzte Gestalt in den Freiraum zwischen Tribüne und Publikum apparierte. Mit einer Lässigkeit, die einschüchternder wirkte als alles andere, richtete sie den Zauberstab auf Minister Derwent. „AVADA KEDAVRA!"
Ich hatte lange keinen Todesfluch mehr mitansehen müssen. Die reine, unverfälschte Gewalt des Fluchs verschlug mir ebenso wie allen anderen Anwesenden den Atem, obwohl ich als Auror an diese Dinge beinahe irgendwie gewöhnt war. Qualvolle Sekunden verstrichen, bis ich mir allmählich der vollen Tragweite dessen bewusst wurde, was soeben geschehen war. Der Zaubereiminister war in seinem eigenen Ministerium, das unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen stand, vor den Augen der magischen Gemeinde ermordet worden.
Kein Laut war zu hören, niemand brachte ein Wort heraus, als der Mörder sich zum Publikum umdrehte und einen Schritt auf uns zumachte.
„Erlauben Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin Lord Voldemort."
~*~
Sollte mich irgendjemand nach meiner Meinung fragen, würde ich sagen, dass die Legende, Voldemort sei unverwundbar, an jenem Tag geboren wurde. Es gibt im Nachhinein keine logische Erklärung, wie es sein konnte, dass der Mörder des Ministers volle vier Minuten untätig in einer Halle voller bewaffneter Hexen und Zauberer verweilen und alsdann unversehrt entkommen konnte. Er hatte einen Bann über uns geworfen, der mit Magie nichts zu tun hatte – es war die schiere Dreistigkeit, die uns in Schach hielt.
Die Stille war ohrenbetäubend. Wir verharrten regungslos und hielten seinen Blick, den er seinerseits unter der Kapuze vor uns verborgen hatte. Wie in tiefer Nachdenklicheit oder in Parodie einer Demutsgeste neigte er schließlich ganz leicht den Kopf und während wir noch wie verhext starrten, kam um uns herum Nebel auf.
Ich werde mich über dieses Phänomen nicht weiter verbreiten, nahezu jeder, der es an jenem Tag nicht selbst erlebt hat, hat genug darüber gehört und gelesen, um ein eigenes Buch zu schreiben, davon bin ich überzeugt. Von meinem erhöhten Blickpunkt aus konnte ich sehen, wie die blaugraue Suppe gleichzeitig zu mehreren Öffnungen in die Halle kroch und sich mit beängstigender Schnelligkeit und Dichte über die Versammlung legte. Dann erreichte sie mich und die anderen auf der Empore und ich sah nichts mehr, nicht einmal die Hand vor Augen.
In den Schilderungen, mit denen man später die jüngeren Generationen erfreute (oder auch nicht), sollte der Nebel stets ein Synonym für das schleichende Grauen sein, das in unser wohlgehütetes Ministerium und somit in unser aller Leben Einzug gehalten hatte. Die Wahrheit ist, ich habe nichts von alldem gefühlt. Ich war eigentlich nur ärgerlich, weil ich nichts sehen konnte. Und weil ich nichts hören konnte. Ich war überzeugt, dass gemeinsam mit meiner eigenen unzählige andere Stimmen in Wut oder Angst oder Frustration aufschrien, als der Nebel uns einhüllte. Doch außer meiner eigenen war nichts zu vernehmen.
Man muss sich das vor Augen führen: In dieser Halle waren die erfahrensten und fähigsten Auroren des magischen Großbritanniens versammelt und nicht nur hatten wir nichts zum Schutz des Ministers unternehmen können, wir waren auch noch so gründlich mattgesetzt worden, dass wir nicht einmal den kleinen Finger gegen Ihn, Dessen Name Von Heute An Nicht Mehr Genannt Werden Sollte, oder einen seiner Schergen heben konnten.
So tappte ich durch den Nebel, tausend Flüche vor mich hinmurmelnd und mich vorsichtig an den Wänden entlang und um die Ecken herum tastend. Ich hätte nicht sagen können, wie lange das so ging Ich fragte mich –
„Ist das noch der erste Stock?" Hatte ich laut gesprochen? So fängt's bekanntlich an, Alastor, beglückwünschte ich mich innerlich. Man führt Selbstgespräche und bildet sich ein, Stimmen im Nebel zu hören. Prompt, wie um meinen bereits feststehenden Wahnsinn zu bestätigen, ertönte die gedämpfte Antwort: „Sind wir irgendwann die Treppe runtergegangen?"
Nein, musste ich zugeben. Es war eine dumme Frage gewesen.
„Nein."räumte der erste Sprecher ein, meinem Gedankengang folgend.
Nun gut, vielleicht verlor ich den Verstand, ich war auf jeden Fall glücklich, nicht mehr allein in dieser Supper herumzustiefeln. Ich holte Luft, um die Kinder um ein weiteres Lebenszeichen zu bitten, als sich eine weibliche Stimme dazugesellte: „Hört ihr das?"Eine kurze Stille trat ein, in der auch ich die Ohren spitzte, aber nichts rührte sich. „Sogar Sirius hält die Klappe. Echt unheimlich."
Zwei Jungenstimmen stöhnten gequält auf. „Bitte lachen Sie... *jetzt*." ließ sich einer von ihnen – wahrscheinlich Sirius – vernehmen, und die kleine Lady nahm es als Anlass, ein Machtwort zu sprechen. „Jetzt tut gefälligst was. Ihr seid zu überhaupt nichts zu gebrauchen."
„Wieso denn wir? Wer protzt denn immer rum mit seinen guten Noten in Verteidigung?"
„Potter, ich bin ein *Mädchen*. Ich darf doch wohl erwarten, dass ihr mich beschützt."
„Ha!"ließ sich ihr Cousin vernehmen. „Wer beschützt uns denn vor dir, Bellatrix?"
Ich lachte leise. Denen ging es den Umständen entsprechend gut. Und Grund zum Lachen hatten wir alle, oder etwa nicht? Unter unserer Nase hatte sich der schlimmste Anschlag auf die Sicherheit der magischen Gemeinschaft seit Grindelwalds Tagen zugetragen, und wir tappten im Nebel, im wahrsten Sinn des Wortes. Das heißt, nicht ganz. Ich starrte mehr oder weniger blind ins graublaue Gewölk und merkte plötzlich, dass ich schon die ganze Zeit auf ein Stück von der Goldborte glotzte, mit der sämtliche Flure des ersten Stocks verziert waren. Der Nebel tat uns endlich den Gefallen, sich ein klein wenig zu lichten.
Und im selben Moment, als mir klar wurde, dass ich die Kinder verloren hatte – eben waren sie noch bei mir gewesen, jetzt waren sie schon wieder weitergezogen – begriff ich auch, dass ich wieder hören konnte, was in der Halle los war. Nichts Gutes. Leute rannten herum und schrien sich die Seele aus dem Leib, und der rote Widerschein, der sich in den Resten des magischen Nebels verfing, erzählte mir, dass all dies nicht ausschließlich auf die Panik zurückzuführen war, die sich einstellt, wenn 400 unbescholtene Bürger in Festtagsstimmung den Mord an ihrem Hauptredner mitansehen haben müssen. Es roch verbrannt und nach chemischen Reaktionen und ganz allgemein gefährlich.
Ich konnte mir nur einen Reim darauf machen: Jemand hatte versucht, des magischen Nebels Herr zu werden, und hatte ihn oder was von ihm übrig war, aus Versehen in Brand gesteckt. Fehlanzeige, dachte ich mürrisch, trat in den Fenstergang, von dem aus ich das Atrium während jener fatalen Morgenstunde überwacht hatte – und erstarrte ungeachtet der steigenden Temperaturen im Atrium buchstäblich zu Eis.
Hinter ihm tobte ein Inferno aus Feuer und vielfarbigem Rauch, der nichts Gutes für diezu verheißen schien, die zuviel von ihm einatmeten, doch Voldemort stand davon unberührt in einem der Bogenfenster zum Atrium. Er sah mir entgegen, als hätte er mich erwartet, die Kapuze jetzt zurückgezogen und die Hände in seinem schwarzen Umhang verborgen.
„Wir sind letztes Mal unterbrochen worden, Alastor." nahm er nicht unfreundlich die Unterhaltung auf. „Der Zeitpunkt scheint mir geeignet, unser Gespräch fortzusetzen."
„Was willst du?"fragte ich wie schon einmal. Er hatte mir wirklich noch gefehlt. „Wir sind noch nicht weitergekommen mit deinem Rätsel, bevor du wieder damit anfängst."
Die Andeutung eines Lächelns kräuselte seine Lippen. „Ich wäre überrascht, wenn der Alte Narr schon einen Ansatz hätte. Wo steckt er übrigens? Man sollte meinen, er würde herbeieilen und seinen ehemaligen Schüler zu Hause willkommen heißen."
„Er war wohl etwas peinlich berührt von deinem Auftritt."gab ich zurück.
„Ohja, ich glaube, er wäre nur allzu glücklich, wenn aus allen seinen Schülern gehorsame kleine Rädchen im Getriebe werden würden, die tagsüber brav und anständig ihrem Beruf nachgehen und des nachts ihre ungefährlichen, dummen Träume träumen."Er ließ den Kopf in den Nacken sinken und intonierte in einer verblüffend gelungenen Imitation von Albus' Stimme: „Brilliant, wie sich Alastor und Minerva entwickelt haben." Betrübt schüttelte er den Kopf. „Was hab ich bloß bei Tom falschgemacht?"
Nun, das war etwas, was ich selbst mich auch wieder und wieder gefragt hatte, seit unserem letzten Zusammentreffen. Gab es tatsächlich so etwas wie den Keim des Verderbens, der sich wie ein roter Faden durch das Leben mancher Leute zog, so dass sie selbst unter günstigsten Voraussetzungen tief fallen mussten, weil es sie nun einmal nicht davor davonlaufen konnten, was sie im Innersten waren? Und wenn es so war, was sagte das dann über meine eigene Familie aus und über meine Chancen, Severus vor seinem Paten zu beschützen?
„Aber ich bin eigentlich nicht hier, um die frommen Wünsche meiner ehemaligen Lehrer zu diskutieren."holte Voldemort mich ins Hier und Jetzt zurück.
„Ich hatte auch ganz den Eindruck." erwiderte ich kalt und dachte an Derwent und die Verwüstung unten.
„Du hast etwas in deiner Obhut, das mir gehört, Alastor."
Ich spürte jeden Tropfen Blut in meinem Körper gerinnen. Natürlich hatten wir uns die ganze Zeit (seit über einem Jahr eigentlich schon) auf diesen Punkt zubewegt, aber es aus seinem Mund zu hören, war erschreckend. „Darüber kann man geteilter Ansicht sein."
„Oder auch nicht. In Adas Testament war eindeutig vermerkt, dass die Vormundschaft über Severus seinem Paten übertragen werden sollte. Der ich bin."
„Wann hättest du es gelesen?"
„Spielt das eine Rolle?"
„Eigentlich nicht."gab ich mit mehr Selbstbewusstsein zurück, als ich Tom gegenüber seit unserer Hogwartszeit aufgebracht hatte. „Es zählt ohnehin nur, dass ich sein letzter lebender Blutsverwandter bin und dass mir nach sieben Jahren das Sorgerecht nicht entzogen werden kann, nur weil es einem schwarzen Magier in den Sinn kommt, einen Heimatbesuch zu machen."
„Tapfere Worte, Alastor."lächelte Lord Voldemort auf mich herunter. „Aber wie kommst du darauf, dass ich deine Erlaubnis oder die des Wizengamot einholen werde, wenn ich Adas Sohn kennenlernen will? Man hat mir erzählt, dass er seiner Mutter und ihrer Weltsicht alle Ehre macht, vielleicht wünscht er sich nichts mehr als einen Lehrer, der sein Interesse an den Dunklen Künsten teilt."
„Du kennst mich, Thomas,"donnerte ich, „ich würde nicht sieben Jahre lang auf der faulen Haut liegen und zusehen, wie aus dem Jungen ein schwarzer Magier wird, wenn ich nun einmal die Verantwortung für ihn habe. Merlin allein weiß, was noch auf mich zukommt, aber eins steht fest: Severus wird nicht enden wie Ada, und wenn du die Hand nach ihm ausstreckst, schlage ich sie dir ab!"
„Das ist alles eine Frage des längeren Atems." konstatierte Voldemort mit großer Ruhe.
In einem Aufwallen von Zorn und Panik riss ich die Stabhand nach oben. „Wir können eine lange Sache auch abkürzen und uns hier und jetzt einigen."
Zwei flügelgleiche, rabenschwarze Brauen hoben sich in einer unerträglichen Mischung aus Spott und Geringschätzung, abgesehen davon rührte er sich nicht. Die darunterliegenden blauen Augen erwiderten meinen Blick ohne ein Anzeichen von Anspannung oder Besorgtheit. Während ich noch dumpf realisierte, dass eine vollkommen unmögliche Situation eingetreten war – dass unser Feind praktisch unbewaffnet meinen Zauberstab hinunterblickte – und ich aus ihr Kapital schlagen sollte, sah ich aus den Augenwinkeln plötzlich so etwas wie einen Blitz über Voldemorts linke Schulter auf mich herunterzucken.
Und der Blitz war schwarz.
~*~
„Verdammt, ich hasse es. Das sind die schlimmsten Aufgaben."
„Kann ich mir vorstellen."
„Weißt du, im ersten Moment, wenn man es ihnen sagt, wünschen sich die meisten Leute, sie wären gestorben. Lieber tot sein, als blind oder mit einem Körperteil weniger leben zu müssen."
„Soll ich es vielleicht übernehmen?"
„Nein, Miss Black. Das steht außer Diskussion – dafür sind wir Heiler schließlich da. Aber scheußlich ist es trotzdem. Zumal ein aktiver Mensch wie Mr. Moody... aber was schwätze ich da wieder. Es ist natürlich für jeden eine Katastrophe.""
„Oh! Dr. Prewett, er kommt schon wieder zu sich."
Mir selbst schien das etwas übertrieben. Mein Gehirn fühlte sich an, wie in Watte gepackt, doch mein Kopf hämmerte. Die Schädelknochen schienen regelrecht zu vibrieren. Und mir war kotzübel. Ein gutes Zeichen – ich lebte also wider Erwarten noch. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wo ich war und wie ich hierhergekommen war. Allerdings wusste ich, dass die süße Stimme von mir sprach und ich kannte das Gesicht, das sich über mich beugte: hohe Wangenknochen, feingeschnittener Mund und große, schwerlidrige Augen. Elladora... Nein, Bellatrix.
„Schön liegenbleiben." murmelte sie und legte die Hände auf meine Brust, und da wurde mir erst klar, dass ich den Versuch unternommen haben musste, mich aufzusetzen. Zwecklos. Ich schaffte es kaum, den Kopf zu heben, und ich hatte die dumpfe Ahnung, wenn es mir doch gelang, würde alles anfangen, sich zu drehen. Bellatrix lächelte betrübt auf mich herunter. Dann schob sich ein zweites Gesicht in mein Blickfeld, das eines Zauberers in den Dreißigern einem roten Spitzbart und stechenden grauen Augen.
„Mr. Moody? Ich bin Dr. Prewett. Ganz ruhig, wir müssen die Sinneswahrnehmungen testen." Und das tat er, während ich noch immer benommen dalag und mir keinen Reim darauf machen konnte, was passiert war. Ich lag auf einer Pritsche in irgendeinem Flur des Ministeriums. Hatte Voldemort mich hierhergeführt? Ich hatte nicht viel erkennen können von meiner Umgebung während unserer Unterredung. Menschen rannten herum, irgendwo weinte ein Kind. Mein Kopf pochte. Was war mir passiert? Was war *uns* passiert?
„Fabian?"schrie jemand den Gang hinunter. „Ich brauch dich mal kurz!"
Prewett richtete sich mit einem traurigen Lächeln auf. „Soweit alles im grünen Bereich. Sie haben großes Glück gehabt, dass Miss Black da war und wusste, was zu tun ist. Besser hätte ich ihnen auch nicht helfen können."
Bellatrix lächelte scheu. „Ich wollte schon immer Heilerin werden. Schon als Kind."
„Wirklich."murmelte ich und blinzelte zu ihr auf, während ich verschwommen wahrnahm, dass Prewett aufstand und sich aus meinem Blickfeld entfernte. „Was sagt Elladora denn dazu?"
Verschwörerisch legte sie den Zeigefinger an die Lippen. Ich bemerkte, dass sie mit der anderen Hand immer noch meine hielt.
„Hast du auch die richtigen Noten in den richtigen Fächern?"fragte ich und wünschte verzweifelt, diese Benommenheit würde verschwinden. Ich wusste nicht, worüber wir da eigentlich redeten.
„Oh ja, ich denke doch. Zauberkunst und Arithmantik sind meine Lieblingsfächer, aber in Kräuterkunde und Zaubertränken läuft's auch ganz gut."
„Gab es viele Verletzte? Mein... Severus, Bellatrix – hast du ihn gesehen? Wart ihr zusammen? Es geht ihm doch gut?"
„Ich weiß nicht."flüsterte sie. „Wir wurden getrennt. Ich war mit..."
In diesem Moment tauchte jemand neben uns auf und ließ sich an Bellatrix' Seite nieder. „Black", unterbrach sie ein atemloser Frank Longbottom und fasste sie bei den Schultern. „Bist du in Ordnung?"
„Mir geht's gut."versicherte Bellatrix ihrem Schulsprecher.
„Ich hab im Atrium deinen Cousin getroffen, war total von der Rolle. Hat gedacht, du wärst lebendig verbrannt oder so was."
„Der wird schön enttäuscht sein."murmelte Bellatrix, doch Frank hörte es nicht. Er glich Algie sehr mit seinem braunen Haar und den hellen Augen, dachte ich und kämpfte weiter gegen die eigentümliche Trägheit meines Gehirns, die mich solche Dinge bemerken ließ, während ich mich nicht mit dem beschäftigen konnte, was wirklich zählte.
Ich erinnerte mich dunkel, dass ich Bellatrix, Sirius und James Potter hatte reden hören, während ich durch den Zaubernebel ging. Da war etwas gesagt worden, etwas wichtiges. Bellatrix hatte – ihre Stimme – sie war –
„Das lässt gleich nach."Ich hob den Blick und begegnete dem von Elladoras Tochter, die mich weiter beobachtete. „Dr. Prewett hat Ihnen ein Schmerzmittel gegeben, als ich Sie hergebracht habe. Das macht Sie etwas benommen, aber es geht vorbei."
Nein, dachte ich. Sinnlos, ich wusste es nicht mehr. Ich wusste noch, wie ich in der Tür gestanden hatte, wie ich meinen Zauberstab gehoben und in Toms furchtlose Augen geblickt hatte. Dann waren die Lichter ausgegangen.
„Du hast mich hergebracht?"wiederholte ich. Sie nickte, ihre Augen riesig und dunkel in ihrem bleichen Gesicht. Das arme Kind, sie musste zu Tode verängstigt sein. Obwohl sie zugegebenermaßen nicht den Eindruck machte, wie sie hier neben mir hockte in ihrer perfekt sitzenden Schuluniform mit dem aufgestickten Slytherinemblem. Sie wirkte völlig gefasst, einzig die hektischen roten Flecken unterhalb der Wangenknochen verrieten ihre Erregung.
Während ich sie noch betrachtete, weiteten sich ihre Augen plötzlich bei einem Anblick, der sich ihr hinter mir bot. Ich stützte mich auf einen Ellbogen und wandte leicht den Kopf. Eine Gruppe von Schülern kam den Gang entlang: ein zierliches, rothaariges Mädchen, ein kleinwüchsiger Junge mit braunem Haar und ein blasser, schlaksiger Schwarzhaariger, der mich schneller ausmachte als ich ihn und sich bei meinem Anblick in Trab setzte.
„Sev."flüsterte ich, schwindlig vor Erleichterung. Zerschrammt und mit einem Aschefleck im Gesicht sah er kaum besser aus als ich mich fühlte. Ich wollte fragen, wie sein Tag gewesen war, und jedes Detail hören, ganz besonders natürlich, ob ein dunkelhaariger Fremder im Kapuzenmantel an ihn herangetreten war und ihn auf seine Mutter angesprochen hatte. Sein Blick glitt von meinem Gesicht weg an mir hinunter und heftete sich an etwas fest, das ich nicht sehen konnte. Seine Augen weiteten sich entsetzt. „Alastor..." begann er mit eigenartig dünner Stimme, doch bevor er weitersprechen konnte, kehrte Fabian Prewett zurück und schubste ihn fast beiseite, als er sich neben mir niederließ. „Mr. Moody, wir müssen ihnen da etwas sagen..."
Aber ich hatte nur Augen für meinen Jungen, der – das Gefühl hatte ich zumindest – von den Toten zu mir zurückgekehrt war. Oder vielleicht nicht von den Toten, aber doch aus einer ganz persönlichen Gefahr, von deren Existenz er bislang keine Ahnung hatte. Bevor er zurückschrecken konnte, warf ich einen Arm um ihn und hielt ihn fest an mich gepresst.
~ Du hast etwas in deiner Obhut, was mir gehört, Alastor ~
Du bekommst ihn nicht, schwor ich wild. Und wenn es zehn Jahre meines Lebens kostet. Die opfere ich mit Freuden, wenn nur das Kind von der Finsternis verschont bleibt.
Severus verhielt sich, seltsam genug, absolut still in meinem Arm. Auch als ich ihn schließlich losließ, regte er sich nicht und gab keinen Mucks von sich. Ich suchte in seinem Gesicht nach dem Wunsch nach einer Erklärung für mein eigenartiges gefühlvolles Benehmen, fand jedoch etwas anderes: einen gefassten, wortlosen Horror, der mich veranlasste, seinem Blick an meinem Lager hinab zu folgen.
Und dann sah ich es. Die behelfsmäßige Decke, die Prewett oder Bellatrix über meine Pritsche gebreitet hatten, bedeckte mich von der Hüfte abwärts. Genauer gesagt, sie bedeckte meinen Unterleib und etwas, das wie mein rechtes Bein aussah. Mehr nicht.
Ich spürte Prewetts Hand auf meiner Schulter, während seine Stimme wie durch dichten Nebel zu mir durchdrang. „Ihr linkes Bein ist bei dem Angriff abgetrennt worden, Mr. Moody. Wir konnten nichts mehr tun."
____________________________________________________________________________ ______________
Ich weiß nicht, ist das unwahrscheinlich, dass Alastor so früh im Krieg gegen Voldemort sein Bein verliert? Egal. Und, wer ist Eurer Meinung nach dafür verantwortlich? Ist ja nicht schwer. Tja, Alastor hätte Klein-Bella mal besser nicht auf dumme Gedanken gebracht mit der Bemerkung, Voldemorts Hand abzuschlagen, wenn er sie nach Sev ausstrecken sollte. Ich hab mir ne Menge Gedanken gemacht, wie Voldemort und seine treuste Dienerin sich wohl kennenglernt haben, es muss ja irgendwas außergewöhnliches sein. Ich hoffe so ein Szenario findet Zustimmung?
Wenn ich an der Stelle die Aufmerksamkeit meines treuen Publikums auf meine neuste Schandtat lenken dürfte *Werbung macht*: Ich hab gleichzeitig mit dem hier eine andere Fic veröffentlich, einen ONE-SHOT, der „Kind des Kriegersterns"heißt (ich sags ja, Bellatrix wächst mir ans Herz) und in dem gegen Ende in einem kleinen Monolog die Geschehnisse des Angriffs auf Alastor genauer durchleuchtet werden – aus der Perspektive von Lord Tom. (Enthält auch jede Menge Anspielungen auf mein neues Machwerk, das ich anfange zu posten, sowie ich mit dem Erlkönig durch bin.)
Ansonsten: Dr. Fabian Prewett, der im letzten Absatz vorkommt ist, ist der Bruder von Professor Gideon Prewett (das steht so bei Mrs. Rowling, allerdings nichts über ihre Berufe) – nur um keine Verwirrung zu stiften.
Bis auf weiteres, meine Lieben! Reviewt fleißig, ich nehm auch mehr als 7! (Ja, *Ihr* seid auch gemeint! Die unter meiner treuen Leserschaft, die nie was von sich hören lassen.) C U
Author's Note: Na, wer sagts denn! Das hat ja bestens hingehauen, ich bin stolz auf Euch! Tausend Dank an Maia, Mitleser, sepia, Nessi, Loony und cara!!!
Maia: *winkt zurück*Aber bittesehr. Ich les auch noch was anderes von Dir, das auch ziemlich lang und ziemlich nett ist, aber es kann noch etwas dauern, bis ich durchbin und reviewen kann :)
Mitleser (was für ein origineller Username): so stell ich mir das vor ;) aber ohne Zwang kommt man anscheinend zu nix. Bin auf jeden Fall entzückt, dich kennenzulernen!
Sepia: jepp, der letzte Satz hat was zu bedeuten! Aber immer mit der Ruhe, wir sind erst in der vierten Klasse und kapitelmäßig haben wir noch nicht mal Halbzeit erreicht. Zwischen der Wahrheit über Sevs Eltern und seinem Todesserbeitritt besteht ein Zusammenhang, also Geduld, ich verspreche, es lohnt sich lol (Ok, es dauert noch ca. 9 Kapitel, bis die Katze vollständig aus dem Sack ist. Aber das passiert in Etappen)
Nessi: Schankedön! Und willkommen an Bord :)
Loony: lol das war nicht ironisch gemeint! Wenn ich einen Witz mach merkt man das. Ich weiß, es ist ein Haufen Zeug, was ich miteingebunden hab, deswegen entwickelt sich die story auch relativ langsam, aber ich schaff das noch vor den Sommerferien! Bellatrix wächst mir langsam echt ans Herz – und sie ist noch normal. Ich meine, es ist unwahrscheinlich, dass sie und die Jungs einfach eines Tages mit Todesserkapuzen in die Schule spaziert sind, oder? Das muss sich alles allmählich entwickeln. Und in diesem Chapter findet eine sehr denkwürdige Begegnung statt, das kriegt allerdings nur der Leser mit. Alastor nicht.
Cara: ooooh. Tröste Dich: ich hab die Woche praktisch jeden Tag 2 h Mathe lernen müssen. Ich hass das Fach... Und die review war überhaupt nicht langweilig!
*reibt sich mit einem bösartigen Grinsen die Hände* Jetzt hab ich natürlich Blut geleckt... Wie wärs, wir probierens diesmal mit sieben reviews? Gute Idee, gell? Find ich auch. Und geht nicht auf cara los – auf die dummen Gedanken bin ich ganz allein gekommen! *stolz auf sich ist*
Also weiter im Text...
____________________________________________________________________________ ______________
7. Kapitel: Wetterleuchten
Wie lange würde ich mich noch so durchmogeln können? Das fragte ich mich manchmal.
Ich konnte dem Kind keinen Vorwurf machen: Wissen zu wollen, wo man herstammt, ist das Natürlichste der Welt. Und in Sevs Fall war es nicht nur natürlich, sondern vom heutigen Standpunkt aus betrachtet sogar überlebensnotwendig. Ohne zu wissen, wie er in diese Situation gekommen war, die ihm mit zunehmendem Alter immer absonderlicher vorkommen musste, war er wie ein Schiff ohne Anker. Aber hinterher ist man immer klüger, und ich sehe heute vieles anders. Damals wurde ich nur von der Sorge getrieben, dass Sev so werden könnte wie seine Mutter, und tat mein Möglichstes, um Ada und alles was mit ihr zusammenhing, so gut es ging aus unserem Leben zu verbannen. Und dann war da natürlich noch meine eigene Verstrickung in die Ereignisse von damals.
Doch die Dinge hatten sich geändert seit er klein war. Er nahm meine Anwesenheit nicht mehr als selbstverständlich hin. Er hatte angefangen, sich zu wundern und sich eigene Gedanken zu machen. Einige davon gingen in die richtige Richtung. Er konnte wohl spüren, dass es unter der Oberfläche unseres Lebens Strömungen gab, die nicht guttaten und von denen ich ihn abzuschirmen versuchte, aber die Wahrheit konnte er ohne Hilfe nicht herausfinden. Ich verweigerte ihm diese Hilfe aus Angst, ihn zu verlieren, und daraus erwuchs sein heimlicher Groll gegen mich.
Im Nachhinein ist es natürlich leicht nachzuvollziehen, was ich falsch gemacht habe, zu sagen, wo ich hätte anders reagieren und worauf ich besser hätte vorbereitet sein sollen. Die gefährlichen Momente, mit denen ich ungeschickt umgegangen war, zogen sich durch Sevs Kindheit wie ein roter Faden – das mochte ihm nicht so bewusst sein wie mir, aber er trug ja auch nicht die Verantwortung für uns beide, und letztendlich hatte meine eigene Nervosität wesentlich zu seinem Verdacht beigetragen.
Die durch meinen Beruf bedingte relative Nähe zu den Behörden – Unmengen von Leuten, die uns nicht persönlich zu kennen brauchten, um sich an jenen spektakulären Fall aus dem Jahr 1966 zu erinnern, der es zum Glück nicht bis in die Zeitung geschafft hatte, von den Mitgliedern des magischen Verwaltungsapparates jedoch um so besser erfasst worden war – ließ mich des Nachts auch nicht gerade friedlicher schlafen. Beispielsweise hatte es da den Vorfall mit dem Vampir gegeben im Winter, bevor Sev nach Hogwarts kam. Mir gefriert heute noch das Blut, wenn ich daran denke, obwohl die Gefahr schon so lange gebannt ist. Was sich im Einzelnen zugetragen hatte, konnte ich nur vermuten, aber es war für alle klar, die etwas von Dunklen Kreaturen verstanden, dass das Kind sich niemals allein aus dieser Lage hätte retten können und dass es somit einen anderen Grund für seine Unversehrtheit geben musste. An dieser Stelle hätte nur jemand eine dumme Bemerkung machen müssen und alles, wofür ich in den Jahren zuvor so hart gearbeitet hatte, wäre den Bach runtergegangen. Glücklicherweise wunderte man sich wortlos.
Nach unserem Zusammenstoß während der Sommerferien behandelte ich den Jungen wie ein rohes Ei. Er schien sich seinerseits damit abgefunden zu haben, dass er bei mir auf Granit gebissen hatte, was seine Vergangenheit betraf, aber davon wollte ich mich nicht täuschen lassen. Ich verbrachte die ersten Monate des neuen Schuljahrs damit, seinen nächsten Schritt vorauszuberechnen und kalkulierte alle und alles mit ein, was mir hätte Schwierigkeiten machen können: Hogwarts, die Malfoys, Wicken Fen, die Flamels und die Alchemistengilde im Allgemeinen, Freunde von Freunden, die möglicherweise an alte Akten herankommen konnten. So verging die Zeit. Der Herbst war abscheulich kalt in jenem Jahr. Es war die Zeit, in der man gerne enger zusammenrückt, und man kann sagen, dass wir in der magischen Gemeinschaft so anlehnungsbedürftig waren wie seit den Vampirkriegen nicht mehr.
Weihnachten – nichts hasste ich mehr. Zumindest seit ich im Ministerium arbeitete und als Auror stets in den Sicherheitsdienst der Feier am 24. Dezember eingebunden wurde – und in die Vorbereitungen zu dieser Feier, was die hauptsächliche Katastrophe darstellte. Seit Menschengedenken fand am 24. von morgens um elf bis zum frühen Nachmittag eine Weihnachtsfeier im Ministerium statt, zu der alle eingeladen waren, wobei aber traditionsgemäß nur die erschienen, die sich unbedingt zu Tode langweilen wollten. Heuer war irgendjemand auf die blendende Idee gekommen, ein Schreiben an Dumbledore zu verfassen und die Schülerschaft von Hogwarts, soweit interessiert, dazu einzuladen.
„Willst du da hingehen?"fragte ich Sev interessehalber. „Klar, wir gehen alle."war die hastig zurückgekritzelte Antwort. Bezeichnend, nicht wahr? Willst du? Na klar, alle machen's. Ich hatte damals jedoch keine Zeit, ihm einen Vortrag zum Thema Konformismus zu halten.
Dass die Weihnachtsfeier immer so eine sterbenslangweilige Angelegenheit war, ist unter anderem damit zu erklären, dass zu dem Zeitpunkt, wenn die Feier nach Wochen der Vorbereitung dann endlich abgehalten wurde, alle so erschöpft waren, dass sie sich nur noch hinlegen und sterben wollten. Kurz vor Weihnachten war das Ministerium immer das reinste Irrenhaus, aber dieses Jahr mit der allgemeinen Unruhe aufgrund der politischen Situation, all den zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen und dem erwarteten Besuch aus Hogwarts, der ein Novum darstellte, übertraf meiner Meinung nach alles bisher dagewesene. Schon Wochen vor dem großen Tag wurde bei uns praktisch die Arbeit niedergelegt. Ohne Bosheit kann man sagen, dass bei uns auch im Alltag und in absolut friedlichen Zeiten die Organisation ein Problem darstellte. Mit der Kompetenzverteilung haperte es auch ein bisschen. Aber unter den gegebenen Umständen...
Barty Crouch und Dorcas Meadowes brüllten sich in Sicherheitsfragen hinter verschlossenen Türen an – während wir mit einem Ohr an denselbigen klebten und herauszuhorchen versuchten, was geplant war und wo und wie man uns einzusetzen gedachte.
Bilius Weasley und die Leute von der Transportabteilung wankten mit eingefallenen Wangen und schwarzumrandeten Augen in der Gegend herum, denn wie immer bei solchen Anlässen ruhte auf ihren Schultern die meiste Verantwortung – und Anfang der Weihnachtswoche hing dann eines Morgens über der im Atrium errichteten Rednertribüne plötzlich ein Banner: „STREIK! WIR SIND GEGEN ALLES! Gez. Die Laufburschen".
In einer ähnlichen Lage war die Abteilung für Internationale Beziehungen, da wie jedes Jahr Fluten von ausländischen Gästen erwartet wurden. Emmeline hatte es sich angewöhnt, an ihrem Schreibtisch zu schlafen und in der Mittagspause rasch nach Hause zu apparieren und ein Bad zu nehmen, wie sie anvertraute, als wir die Zeit für ein kameradschaftlich geteiltes Butterbier in der Cafetaria fanden, bevor wir jeder wieder zu seinen unaufschiebbaren Pflichten davonwieselten. Ich hatte wie üblich wenig mit dem ganzen Firlefanz zu tun, was aber nicht bedeutete, dass ich in Ruhe meiner Arbeit nachgehen konnte. Von den Wenigen, die nicht wegen der Feierlichkeiten eingespannt waren, sollte natürlich pro Nase die Arbeit von Fünfen erledigt werden.
Am 24. saß ich in aller Frühe in meinem Büro im Ministerium und putschte mich mit einem Pott extra starkem Kaffee auf, während ich über meinem Schreibtisch hing und versuchte, Mundungus Fletcher so etwas wie Respekt vor den Institutionen der magischen Gemeinschaft einzubleuen. Ein ebenso sinnloses wie nervtötendes Unterfangen.
„Zum allerletzten Mal, Dung", schnorchelte ich, während ich darum kämpfte, die Augen offenzuhalten. Vor zehn Uhr morgens ist mit mir von Natur aus nichts anzufangen, aber ganz besonders dann nicht, wenn ich nur fünf Stunden Schlaf gehabt habe. „Entweder du spuckst jetzt freiwillig aus, was du mit Parkinsons Alarmzauber angestellt hast, als du bei ihm eingestiegen bist, oder ich schlepp dich runter in die Ausnüchterungszelle und lass dich über die Feiertage drin. Wie würde dir das gefallen?"
„Alastor,"säuselte Fletcher und blickte treuherzig zu mir auf. „Kleiner Alastor, ich kenn dich doch seit du ein Baby warst und deine Mum dich zu uns nach Hause gebracht hat, um dich ihren ganzen alten Freunden vorzustellen..."
„Werd jetzt bloß nicht sentimental, Mundungus," schnaubte ich abfällig. „Das kann ich überhaupt nicht vertragen."
„Ich seh dich noch vor mir in deinem roten Strampler, wie ich dich auf dem Schoß sitzen hatte."meinte er träumerisch. „Ganz helle Haare hattest du als Baby."
„Dung, ich warne dich, ich sag's jetzt nur noch einmal: Mach das Maul auf, sag uns, wo die Beute ist und ich lass dich über Weihnachten nach Hause. Bis du vor den Richter kommst, hast du dann Gelegenheit, eine reuige Miene zu üben, also ja oder ja?"Das letzte schrie ich fast.
„Du meine Güte, Alastor,"meinte er mich besorgt musternd. „Dir macht die Sache ja mehr zu schaffen als mir."
„Dann tu, was du kannst, um mir den Tag zu retten und mach eine Aussage." sagte ich unglücklich. Er hatte recht. Ich hatte nur ungern mit den Freunden meiner verstorbenen Eltern zu tun, doch weil die beiden schräge Vögel buchstäblich angezogen hatten, war es öfter der Fall, als mir lieb war. Meine Mutter hatte zu ihrer Zeit im Komitee für Experimentalzauberkunst bei Aberforth Dumbledore angefangen. Kennengelernt hatte ich Albus' Bruder noch nicht, aber die eigenartigen Vorfälle im Kommittee, während er den Vorsitz führte, waren ja weit über Akademikerkreise hinaus Legende und dasselbe galt für viele seiner Mitarbeiter, mit denen ich praktisch großgeworden war.
Szenarien wie dieses waren nicht unüblich, daher tendierte ich dazu, eine bestimmte Altersgruppe mehr oder weniger diskret an meine Kollegen abzuschieben. Heute jedoch war irgendein Verwaltungsmensch auf die glorreiche Idee gekommen, Algie und Amelia zum Ordnungsdienst abzukommandieren und so saß ich den halben Vormittag mit dem trinkfreudigen Meisterdieb Mundungus Fletcher fest, während die beiden die Sicherheitsvorkehrungen für den heutigen Ministeriumsbesuch ein letztes Mal überprüften. Als ich gegen zehn meinen Posten an der Nordpassage einnahm, war ich mit den Nerven so am Ende, dass nichts lieber wollte, als mich zusammenrollen und den Schlaf der Gerechten schlafen.
Amelia tauchte neben mir auf. „Hey", lächelte sie. „Kleine Änderung im Plan, ich wollte es dir nur sagen. Die Kinder kommen gegen elf und werden dann direkt hierhergebracht, damit sie die Rede des Ministers anhören können. Wir bringen sie da unter, siehst du?" Sie zeigte vage in den hinteren Teil des Publikums, wo eine Armee von Angestellten versuchte, mehr Platz zu schaffen, während Etheldred Nott, die die Aufsicht führte, wie ein Hauself herumwuselte und zornig auf der Stelle auf und ab hüpfte, während sie über die allgemeine Nichtsnutzigkeit von Praktikanten fluchte.
Ich schürzte die Lippen. „Müssen die Kids sich das wirklich antun? Die hörn sich doch diesen Mist nicht freiwillig an."
„Ist nicht mein Problem."meinte Amelia achselzuckend. „Um ehrlich zu sein bin ich sogar froh darüber. Wenn sie alle auf einem Haufen sind, haben wir die kleinen Monster besser unter Kontrolle."
Ich dachte daran, was passieren konnte, wenn die Nockturngang auf einem Haufen war. „Du siehst nicht viel von der Welt, was Amy?" Doch sie raste bereits zurück auf ihren Posten. Ich streckte mich und peilte die Lage im Publikum direkt vor der Tribüne. Einlass war wie immer um halb elf gewesen und die ersten nahmen gerade ihre Plätze ein. Ich erspähte zahlreiche bekannte Gesichter in der Menge. Die Diggorys, die Patils, die Blacks natürlich – Cepheus und Olive, dahinter Elladora am Arm ihres Schwagers Alphard, der ganz so dreinsah, als bereute er es, die Salisbury Sternwarte verlassen zu haben, um sich das hier anzutun. Betty Weasley lachte über etwas, das ihr Xue Chang gerade erzählte. Tristan Malfoy stolzierte herum und machte sich wichtig. Bruce und Marlene McKinnon waren mit ihren drei Kindern da – Janet, Gordon und Elizabeth, die Eliza gerufen wurde und als jüngste von den dreien noch Wolkenkuckucksheim besuchte. Algies Bruder und seine Schwägerin winkten zu mir herauf.
Eine hundsgewöhnliche Weihnachtsfeier. Kein Wölkchen am Himmel sozusagen. Ich schwöre, keiner der an die 400 im Atrium Versammelten hatte an diesem Morgen mit etwas anderem gerechnet als mit einem langweiligen, gesellschaftlichen Ereignis, das nun mal eben absolviert werden musste. Locker und verpennt trifft es vermutlich am besten, wenn man versuchen will, die Stimmung zu umschreiben.
Kurz vor elf betrat Albus Dumbledore an der Spitze der Schülerschaft die Halle. Ich beobachtete, wie er Frank Longbottom und Narcissa Black, seinen Schulsprechern, ein paar Anweisungen zumurmelte, bevor die beiden den Zug in den hinteren Teil des Publikums führten. Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass Sev und seine Freunde unmittelbar hinter dem Kollegium hereinkamen, während man ihre Lieblingsfeinde aus Gryffindor ganz am Ende des Zuges plaziert hatte. Auf diese Weise würden sie auch weit voneinander entfernt sitzen. Eine intelligente Maßnahme, dachte ich und dankte im Stillen der- oder demjenigen, der dafür gesorgt hatte, dass das Kind mich heute nicht in Verlegenheit bringen würde, indem es während eines Duells mit Potter unsere schöne Inneneinrichtung zertrümmerte.
Das Kollegium – sie waren fast vollzählig angetreten – nahm seine Plätze verstreut unter den anderen Besuchern ein, wobei Albus den Versuchen diverser Wichtigtuer, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, gekonnt auswich und sich neben seinen Liebling Eliza pflanzte. Belustigt verfolgte ich, wie Gideon Prewett in der Reihe dahinter Alexandra Karkarova den Stuhl zurechtrückte. Die beiden Streithähne hatten also ihren persönlichen Zwist in der Öffentlichkeit etwas hintangestellt. Malfoy grüßte spöttisch zu Karkarova hinüber, die mit einem äußerst liebenswürdigen Lächeln antwortete. Minnie und Flitwick schlugen ein paar Haken um Eltern, die ihnen vermutlich wegen der Noten ihrer Kinder auf die Pelle rücken wollten, und ließen sich nebeneinander in gebührendem Abstand sowohl zur Schülerschar als auch zur Tribüne nieder. Unterdessen wurde es elf Uhr. An Ruhe war noch nicht zu denken, es wurde getuschelt und gelacht im Publikum, als Minister Derwent in seinem feinsten Umhang aus dunkelrotem Samt die Rednertribüne betrat.
Wenngleich ich es eigentlich besser wusste, muss in diesem Moment – die letzten Schritte des Redners zu seinem Pult – auch meine Aufmerksamkeit auf den Minister gerichtet gewesen sein. Ich kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass ich die ersten zwei oder drei der schwarzgewandeten Gestalten, die in unsere Mitte apparierten nicht bemerkte.
Es wurden jedoch schnell mehr. Mit generalstabsmäßiger Planung, wie man neidlos anerkennen musste, hatten sie binnen einer Minute alle, die auf den Gedanken hätten verfallen können, Widerstand zu leisten, ausgeschaltet.
Über das Atrium senkte sich eine gespenstische Ruhe, als eine letzte Gestalt in den Freiraum zwischen Tribüne und Publikum apparierte. Mit einer Lässigkeit, die einschüchternder wirkte als alles andere, richtete sie den Zauberstab auf Minister Derwent. „AVADA KEDAVRA!"
Ich hatte lange keinen Todesfluch mehr mitansehen müssen. Die reine, unverfälschte Gewalt des Fluchs verschlug mir ebenso wie allen anderen Anwesenden den Atem, obwohl ich als Auror an diese Dinge beinahe irgendwie gewöhnt war. Qualvolle Sekunden verstrichen, bis ich mir allmählich der vollen Tragweite dessen bewusst wurde, was soeben geschehen war. Der Zaubereiminister war in seinem eigenen Ministerium, das unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen stand, vor den Augen der magischen Gemeinde ermordet worden.
Kein Laut war zu hören, niemand brachte ein Wort heraus, als der Mörder sich zum Publikum umdrehte und einen Schritt auf uns zumachte.
„Erlauben Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin Lord Voldemort."
~*~
Sollte mich irgendjemand nach meiner Meinung fragen, würde ich sagen, dass die Legende, Voldemort sei unverwundbar, an jenem Tag geboren wurde. Es gibt im Nachhinein keine logische Erklärung, wie es sein konnte, dass der Mörder des Ministers volle vier Minuten untätig in einer Halle voller bewaffneter Hexen und Zauberer verweilen und alsdann unversehrt entkommen konnte. Er hatte einen Bann über uns geworfen, der mit Magie nichts zu tun hatte – es war die schiere Dreistigkeit, die uns in Schach hielt.
Die Stille war ohrenbetäubend. Wir verharrten regungslos und hielten seinen Blick, den er seinerseits unter der Kapuze vor uns verborgen hatte. Wie in tiefer Nachdenklicheit oder in Parodie einer Demutsgeste neigte er schließlich ganz leicht den Kopf und während wir noch wie verhext starrten, kam um uns herum Nebel auf.
Ich werde mich über dieses Phänomen nicht weiter verbreiten, nahezu jeder, der es an jenem Tag nicht selbst erlebt hat, hat genug darüber gehört und gelesen, um ein eigenes Buch zu schreiben, davon bin ich überzeugt. Von meinem erhöhten Blickpunkt aus konnte ich sehen, wie die blaugraue Suppe gleichzeitig zu mehreren Öffnungen in die Halle kroch und sich mit beängstigender Schnelligkeit und Dichte über die Versammlung legte. Dann erreichte sie mich und die anderen auf der Empore und ich sah nichts mehr, nicht einmal die Hand vor Augen.
In den Schilderungen, mit denen man später die jüngeren Generationen erfreute (oder auch nicht), sollte der Nebel stets ein Synonym für das schleichende Grauen sein, das in unser wohlgehütetes Ministerium und somit in unser aller Leben Einzug gehalten hatte. Die Wahrheit ist, ich habe nichts von alldem gefühlt. Ich war eigentlich nur ärgerlich, weil ich nichts sehen konnte. Und weil ich nichts hören konnte. Ich war überzeugt, dass gemeinsam mit meiner eigenen unzählige andere Stimmen in Wut oder Angst oder Frustration aufschrien, als der Nebel uns einhüllte. Doch außer meiner eigenen war nichts zu vernehmen.
Man muss sich das vor Augen führen: In dieser Halle waren die erfahrensten und fähigsten Auroren des magischen Großbritanniens versammelt und nicht nur hatten wir nichts zum Schutz des Ministers unternehmen können, wir waren auch noch so gründlich mattgesetzt worden, dass wir nicht einmal den kleinen Finger gegen Ihn, Dessen Name Von Heute An Nicht Mehr Genannt Werden Sollte, oder einen seiner Schergen heben konnten.
So tappte ich durch den Nebel, tausend Flüche vor mich hinmurmelnd und mich vorsichtig an den Wänden entlang und um die Ecken herum tastend. Ich hätte nicht sagen können, wie lange das so ging Ich fragte mich –
„Ist das noch der erste Stock?" Hatte ich laut gesprochen? So fängt's bekanntlich an, Alastor, beglückwünschte ich mich innerlich. Man führt Selbstgespräche und bildet sich ein, Stimmen im Nebel zu hören. Prompt, wie um meinen bereits feststehenden Wahnsinn zu bestätigen, ertönte die gedämpfte Antwort: „Sind wir irgendwann die Treppe runtergegangen?"
Nein, musste ich zugeben. Es war eine dumme Frage gewesen.
„Nein."räumte der erste Sprecher ein, meinem Gedankengang folgend.
Nun gut, vielleicht verlor ich den Verstand, ich war auf jeden Fall glücklich, nicht mehr allein in dieser Supper herumzustiefeln. Ich holte Luft, um die Kinder um ein weiteres Lebenszeichen zu bitten, als sich eine weibliche Stimme dazugesellte: „Hört ihr das?"Eine kurze Stille trat ein, in der auch ich die Ohren spitzte, aber nichts rührte sich. „Sogar Sirius hält die Klappe. Echt unheimlich."
Zwei Jungenstimmen stöhnten gequält auf. „Bitte lachen Sie... *jetzt*." ließ sich einer von ihnen – wahrscheinlich Sirius – vernehmen, und die kleine Lady nahm es als Anlass, ein Machtwort zu sprechen. „Jetzt tut gefälligst was. Ihr seid zu überhaupt nichts zu gebrauchen."
„Wieso denn wir? Wer protzt denn immer rum mit seinen guten Noten in Verteidigung?"
„Potter, ich bin ein *Mädchen*. Ich darf doch wohl erwarten, dass ihr mich beschützt."
„Ha!"ließ sich ihr Cousin vernehmen. „Wer beschützt uns denn vor dir, Bellatrix?"
Ich lachte leise. Denen ging es den Umständen entsprechend gut. Und Grund zum Lachen hatten wir alle, oder etwa nicht? Unter unserer Nase hatte sich der schlimmste Anschlag auf die Sicherheit der magischen Gemeinschaft seit Grindelwalds Tagen zugetragen, und wir tappten im Nebel, im wahrsten Sinn des Wortes. Das heißt, nicht ganz. Ich starrte mehr oder weniger blind ins graublaue Gewölk und merkte plötzlich, dass ich schon die ganze Zeit auf ein Stück von der Goldborte glotzte, mit der sämtliche Flure des ersten Stocks verziert waren. Der Nebel tat uns endlich den Gefallen, sich ein klein wenig zu lichten.
Und im selben Moment, als mir klar wurde, dass ich die Kinder verloren hatte – eben waren sie noch bei mir gewesen, jetzt waren sie schon wieder weitergezogen – begriff ich auch, dass ich wieder hören konnte, was in der Halle los war. Nichts Gutes. Leute rannten herum und schrien sich die Seele aus dem Leib, und der rote Widerschein, der sich in den Resten des magischen Nebels verfing, erzählte mir, dass all dies nicht ausschließlich auf die Panik zurückzuführen war, die sich einstellt, wenn 400 unbescholtene Bürger in Festtagsstimmung den Mord an ihrem Hauptredner mitansehen haben müssen. Es roch verbrannt und nach chemischen Reaktionen und ganz allgemein gefährlich.
Ich konnte mir nur einen Reim darauf machen: Jemand hatte versucht, des magischen Nebels Herr zu werden, und hatte ihn oder was von ihm übrig war, aus Versehen in Brand gesteckt. Fehlanzeige, dachte ich mürrisch, trat in den Fenstergang, von dem aus ich das Atrium während jener fatalen Morgenstunde überwacht hatte – und erstarrte ungeachtet der steigenden Temperaturen im Atrium buchstäblich zu Eis.
Hinter ihm tobte ein Inferno aus Feuer und vielfarbigem Rauch, der nichts Gutes für diezu verheißen schien, die zuviel von ihm einatmeten, doch Voldemort stand davon unberührt in einem der Bogenfenster zum Atrium. Er sah mir entgegen, als hätte er mich erwartet, die Kapuze jetzt zurückgezogen und die Hände in seinem schwarzen Umhang verborgen.
„Wir sind letztes Mal unterbrochen worden, Alastor." nahm er nicht unfreundlich die Unterhaltung auf. „Der Zeitpunkt scheint mir geeignet, unser Gespräch fortzusetzen."
„Was willst du?"fragte ich wie schon einmal. Er hatte mir wirklich noch gefehlt. „Wir sind noch nicht weitergekommen mit deinem Rätsel, bevor du wieder damit anfängst."
Die Andeutung eines Lächelns kräuselte seine Lippen. „Ich wäre überrascht, wenn der Alte Narr schon einen Ansatz hätte. Wo steckt er übrigens? Man sollte meinen, er würde herbeieilen und seinen ehemaligen Schüler zu Hause willkommen heißen."
„Er war wohl etwas peinlich berührt von deinem Auftritt."gab ich zurück.
„Ohja, ich glaube, er wäre nur allzu glücklich, wenn aus allen seinen Schülern gehorsame kleine Rädchen im Getriebe werden würden, die tagsüber brav und anständig ihrem Beruf nachgehen und des nachts ihre ungefährlichen, dummen Träume träumen."Er ließ den Kopf in den Nacken sinken und intonierte in einer verblüffend gelungenen Imitation von Albus' Stimme: „Brilliant, wie sich Alastor und Minerva entwickelt haben." Betrübt schüttelte er den Kopf. „Was hab ich bloß bei Tom falschgemacht?"
Nun, das war etwas, was ich selbst mich auch wieder und wieder gefragt hatte, seit unserem letzten Zusammentreffen. Gab es tatsächlich so etwas wie den Keim des Verderbens, der sich wie ein roter Faden durch das Leben mancher Leute zog, so dass sie selbst unter günstigsten Voraussetzungen tief fallen mussten, weil es sie nun einmal nicht davor davonlaufen konnten, was sie im Innersten waren? Und wenn es so war, was sagte das dann über meine eigene Familie aus und über meine Chancen, Severus vor seinem Paten zu beschützen?
„Aber ich bin eigentlich nicht hier, um die frommen Wünsche meiner ehemaligen Lehrer zu diskutieren."holte Voldemort mich ins Hier und Jetzt zurück.
„Ich hatte auch ganz den Eindruck." erwiderte ich kalt und dachte an Derwent und die Verwüstung unten.
„Du hast etwas in deiner Obhut, das mir gehört, Alastor."
Ich spürte jeden Tropfen Blut in meinem Körper gerinnen. Natürlich hatten wir uns die ganze Zeit (seit über einem Jahr eigentlich schon) auf diesen Punkt zubewegt, aber es aus seinem Mund zu hören, war erschreckend. „Darüber kann man geteilter Ansicht sein."
„Oder auch nicht. In Adas Testament war eindeutig vermerkt, dass die Vormundschaft über Severus seinem Paten übertragen werden sollte. Der ich bin."
„Wann hättest du es gelesen?"
„Spielt das eine Rolle?"
„Eigentlich nicht."gab ich mit mehr Selbstbewusstsein zurück, als ich Tom gegenüber seit unserer Hogwartszeit aufgebracht hatte. „Es zählt ohnehin nur, dass ich sein letzter lebender Blutsverwandter bin und dass mir nach sieben Jahren das Sorgerecht nicht entzogen werden kann, nur weil es einem schwarzen Magier in den Sinn kommt, einen Heimatbesuch zu machen."
„Tapfere Worte, Alastor."lächelte Lord Voldemort auf mich herunter. „Aber wie kommst du darauf, dass ich deine Erlaubnis oder die des Wizengamot einholen werde, wenn ich Adas Sohn kennenlernen will? Man hat mir erzählt, dass er seiner Mutter und ihrer Weltsicht alle Ehre macht, vielleicht wünscht er sich nichts mehr als einen Lehrer, der sein Interesse an den Dunklen Künsten teilt."
„Du kennst mich, Thomas,"donnerte ich, „ich würde nicht sieben Jahre lang auf der faulen Haut liegen und zusehen, wie aus dem Jungen ein schwarzer Magier wird, wenn ich nun einmal die Verantwortung für ihn habe. Merlin allein weiß, was noch auf mich zukommt, aber eins steht fest: Severus wird nicht enden wie Ada, und wenn du die Hand nach ihm ausstreckst, schlage ich sie dir ab!"
„Das ist alles eine Frage des längeren Atems." konstatierte Voldemort mit großer Ruhe.
In einem Aufwallen von Zorn und Panik riss ich die Stabhand nach oben. „Wir können eine lange Sache auch abkürzen und uns hier und jetzt einigen."
Zwei flügelgleiche, rabenschwarze Brauen hoben sich in einer unerträglichen Mischung aus Spott und Geringschätzung, abgesehen davon rührte er sich nicht. Die darunterliegenden blauen Augen erwiderten meinen Blick ohne ein Anzeichen von Anspannung oder Besorgtheit. Während ich noch dumpf realisierte, dass eine vollkommen unmögliche Situation eingetreten war – dass unser Feind praktisch unbewaffnet meinen Zauberstab hinunterblickte – und ich aus ihr Kapital schlagen sollte, sah ich aus den Augenwinkeln plötzlich so etwas wie einen Blitz über Voldemorts linke Schulter auf mich herunterzucken.
Und der Blitz war schwarz.
~*~
„Verdammt, ich hasse es. Das sind die schlimmsten Aufgaben."
„Kann ich mir vorstellen."
„Weißt du, im ersten Moment, wenn man es ihnen sagt, wünschen sich die meisten Leute, sie wären gestorben. Lieber tot sein, als blind oder mit einem Körperteil weniger leben zu müssen."
„Soll ich es vielleicht übernehmen?"
„Nein, Miss Black. Das steht außer Diskussion – dafür sind wir Heiler schließlich da. Aber scheußlich ist es trotzdem. Zumal ein aktiver Mensch wie Mr. Moody... aber was schwätze ich da wieder. Es ist natürlich für jeden eine Katastrophe.""
„Oh! Dr. Prewett, er kommt schon wieder zu sich."
Mir selbst schien das etwas übertrieben. Mein Gehirn fühlte sich an, wie in Watte gepackt, doch mein Kopf hämmerte. Die Schädelknochen schienen regelrecht zu vibrieren. Und mir war kotzübel. Ein gutes Zeichen – ich lebte also wider Erwarten noch. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wo ich war und wie ich hierhergekommen war. Allerdings wusste ich, dass die süße Stimme von mir sprach und ich kannte das Gesicht, das sich über mich beugte: hohe Wangenknochen, feingeschnittener Mund und große, schwerlidrige Augen. Elladora... Nein, Bellatrix.
„Schön liegenbleiben." murmelte sie und legte die Hände auf meine Brust, und da wurde mir erst klar, dass ich den Versuch unternommen haben musste, mich aufzusetzen. Zwecklos. Ich schaffte es kaum, den Kopf zu heben, und ich hatte die dumpfe Ahnung, wenn es mir doch gelang, würde alles anfangen, sich zu drehen. Bellatrix lächelte betrübt auf mich herunter. Dann schob sich ein zweites Gesicht in mein Blickfeld, das eines Zauberers in den Dreißigern einem roten Spitzbart und stechenden grauen Augen.
„Mr. Moody? Ich bin Dr. Prewett. Ganz ruhig, wir müssen die Sinneswahrnehmungen testen." Und das tat er, während ich noch immer benommen dalag und mir keinen Reim darauf machen konnte, was passiert war. Ich lag auf einer Pritsche in irgendeinem Flur des Ministeriums. Hatte Voldemort mich hierhergeführt? Ich hatte nicht viel erkennen können von meiner Umgebung während unserer Unterredung. Menschen rannten herum, irgendwo weinte ein Kind. Mein Kopf pochte. Was war mir passiert? Was war *uns* passiert?
„Fabian?"schrie jemand den Gang hinunter. „Ich brauch dich mal kurz!"
Prewett richtete sich mit einem traurigen Lächeln auf. „Soweit alles im grünen Bereich. Sie haben großes Glück gehabt, dass Miss Black da war und wusste, was zu tun ist. Besser hätte ich ihnen auch nicht helfen können."
Bellatrix lächelte scheu. „Ich wollte schon immer Heilerin werden. Schon als Kind."
„Wirklich."murmelte ich und blinzelte zu ihr auf, während ich verschwommen wahrnahm, dass Prewett aufstand und sich aus meinem Blickfeld entfernte. „Was sagt Elladora denn dazu?"
Verschwörerisch legte sie den Zeigefinger an die Lippen. Ich bemerkte, dass sie mit der anderen Hand immer noch meine hielt.
„Hast du auch die richtigen Noten in den richtigen Fächern?"fragte ich und wünschte verzweifelt, diese Benommenheit würde verschwinden. Ich wusste nicht, worüber wir da eigentlich redeten.
„Oh ja, ich denke doch. Zauberkunst und Arithmantik sind meine Lieblingsfächer, aber in Kräuterkunde und Zaubertränken läuft's auch ganz gut."
„Gab es viele Verletzte? Mein... Severus, Bellatrix – hast du ihn gesehen? Wart ihr zusammen? Es geht ihm doch gut?"
„Ich weiß nicht."flüsterte sie. „Wir wurden getrennt. Ich war mit..."
In diesem Moment tauchte jemand neben uns auf und ließ sich an Bellatrix' Seite nieder. „Black", unterbrach sie ein atemloser Frank Longbottom und fasste sie bei den Schultern. „Bist du in Ordnung?"
„Mir geht's gut."versicherte Bellatrix ihrem Schulsprecher.
„Ich hab im Atrium deinen Cousin getroffen, war total von der Rolle. Hat gedacht, du wärst lebendig verbrannt oder so was."
„Der wird schön enttäuscht sein."murmelte Bellatrix, doch Frank hörte es nicht. Er glich Algie sehr mit seinem braunen Haar und den hellen Augen, dachte ich und kämpfte weiter gegen die eigentümliche Trägheit meines Gehirns, die mich solche Dinge bemerken ließ, während ich mich nicht mit dem beschäftigen konnte, was wirklich zählte.
Ich erinnerte mich dunkel, dass ich Bellatrix, Sirius und James Potter hatte reden hören, während ich durch den Zaubernebel ging. Da war etwas gesagt worden, etwas wichtiges. Bellatrix hatte – ihre Stimme – sie war –
„Das lässt gleich nach."Ich hob den Blick und begegnete dem von Elladoras Tochter, die mich weiter beobachtete. „Dr. Prewett hat Ihnen ein Schmerzmittel gegeben, als ich Sie hergebracht habe. Das macht Sie etwas benommen, aber es geht vorbei."
Nein, dachte ich. Sinnlos, ich wusste es nicht mehr. Ich wusste noch, wie ich in der Tür gestanden hatte, wie ich meinen Zauberstab gehoben und in Toms furchtlose Augen geblickt hatte. Dann waren die Lichter ausgegangen.
„Du hast mich hergebracht?"wiederholte ich. Sie nickte, ihre Augen riesig und dunkel in ihrem bleichen Gesicht. Das arme Kind, sie musste zu Tode verängstigt sein. Obwohl sie zugegebenermaßen nicht den Eindruck machte, wie sie hier neben mir hockte in ihrer perfekt sitzenden Schuluniform mit dem aufgestickten Slytherinemblem. Sie wirkte völlig gefasst, einzig die hektischen roten Flecken unterhalb der Wangenknochen verrieten ihre Erregung.
Während ich sie noch betrachtete, weiteten sich ihre Augen plötzlich bei einem Anblick, der sich ihr hinter mir bot. Ich stützte mich auf einen Ellbogen und wandte leicht den Kopf. Eine Gruppe von Schülern kam den Gang entlang: ein zierliches, rothaariges Mädchen, ein kleinwüchsiger Junge mit braunem Haar und ein blasser, schlaksiger Schwarzhaariger, der mich schneller ausmachte als ich ihn und sich bei meinem Anblick in Trab setzte.
„Sev."flüsterte ich, schwindlig vor Erleichterung. Zerschrammt und mit einem Aschefleck im Gesicht sah er kaum besser aus als ich mich fühlte. Ich wollte fragen, wie sein Tag gewesen war, und jedes Detail hören, ganz besonders natürlich, ob ein dunkelhaariger Fremder im Kapuzenmantel an ihn herangetreten war und ihn auf seine Mutter angesprochen hatte. Sein Blick glitt von meinem Gesicht weg an mir hinunter und heftete sich an etwas fest, das ich nicht sehen konnte. Seine Augen weiteten sich entsetzt. „Alastor..." begann er mit eigenartig dünner Stimme, doch bevor er weitersprechen konnte, kehrte Fabian Prewett zurück und schubste ihn fast beiseite, als er sich neben mir niederließ. „Mr. Moody, wir müssen ihnen da etwas sagen..."
Aber ich hatte nur Augen für meinen Jungen, der – das Gefühl hatte ich zumindest – von den Toten zu mir zurückgekehrt war. Oder vielleicht nicht von den Toten, aber doch aus einer ganz persönlichen Gefahr, von deren Existenz er bislang keine Ahnung hatte. Bevor er zurückschrecken konnte, warf ich einen Arm um ihn und hielt ihn fest an mich gepresst.
~ Du hast etwas in deiner Obhut, was mir gehört, Alastor ~
Du bekommst ihn nicht, schwor ich wild. Und wenn es zehn Jahre meines Lebens kostet. Die opfere ich mit Freuden, wenn nur das Kind von der Finsternis verschont bleibt.
Severus verhielt sich, seltsam genug, absolut still in meinem Arm. Auch als ich ihn schließlich losließ, regte er sich nicht und gab keinen Mucks von sich. Ich suchte in seinem Gesicht nach dem Wunsch nach einer Erklärung für mein eigenartiges gefühlvolles Benehmen, fand jedoch etwas anderes: einen gefassten, wortlosen Horror, der mich veranlasste, seinem Blick an meinem Lager hinab zu folgen.
Und dann sah ich es. Die behelfsmäßige Decke, die Prewett oder Bellatrix über meine Pritsche gebreitet hatten, bedeckte mich von der Hüfte abwärts. Genauer gesagt, sie bedeckte meinen Unterleib und etwas, das wie mein rechtes Bein aussah. Mehr nicht.
Ich spürte Prewetts Hand auf meiner Schulter, während seine Stimme wie durch dichten Nebel zu mir durchdrang. „Ihr linkes Bein ist bei dem Angriff abgetrennt worden, Mr. Moody. Wir konnten nichts mehr tun."
____________________________________________________________________________ ______________
Ich weiß nicht, ist das unwahrscheinlich, dass Alastor so früh im Krieg gegen Voldemort sein Bein verliert? Egal. Und, wer ist Eurer Meinung nach dafür verantwortlich? Ist ja nicht schwer. Tja, Alastor hätte Klein-Bella mal besser nicht auf dumme Gedanken gebracht mit der Bemerkung, Voldemorts Hand abzuschlagen, wenn er sie nach Sev ausstrecken sollte. Ich hab mir ne Menge Gedanken gemacht, wie Voldemort und seine treuste Dienerin sich wohl kennenglernt haben, es muss ja irgendwas außergewöhnliches sein. Ich hoffe so ein Szenario findet Zustimmung?
Wenn ich an der Stelle die Aufmerksamkeit meines treuen Publikums auf meine neuste Schandtat lenken dürfte *Werbung macht*: Ich hab gleichzeitig mit dem hier eine andere Fic veröffentlich, einen ONE-SHOT, der „Kind des Kriegersterns"heißt (ich sags ja, Bellatrix wächst mir ans Herz) und in dem gegen Ende in einem kleinen Monolog die Geschehnisse des Angriffs auf Alastor genauer durchleuchtet werden – aus der Perspektive von Lord Tom. (Enthält auch jede Menge Anspielungen auf mein neues Machwerk, das ich anfange zu posten, sowie ich mit dem Erlkönig durch bin.)
Ansonsten: Dr. Fabian Prewett, der im letzten Absatz vorkommt ist, ist der Bruder von Professor Gideon Prewett (das steht so bei Mrs. Rowling, allerdings nichts über ihre Berufe) – nur um keine Verwirrung zu stiften.
Bis auf weiteres, meine Lieben! Reviewt fleißig, ich nehm auch mehr als 7! (Ja, *Ihr* seid auch gemeint! Die unter meiner treuen Leserschaft, die nie was von sich hören lassen.) C U
