Disclaimer: -schnarch-
Author's Note: Tut mir Leid, dass es so lang gedauert hat, aber da war der Umzug und jede Menge Stress. Ich schreibe noch mit Jet-lag :) Aber jetzt ist alles fertig, die ganze Story bis einschließlich Epilog und wird alldonnerstäglich ins Netz gestellt (also 2mal noch).
Heißen Dank wiedermal an Cara, Maia, Bele, Sepia, Loony und Amelie!!
Cara: bin beeindruckt -grins- Klar, aber lass mich erst mal ein bisschen Material für Sirius zusammentragen. Ich mach wenn ich mit dem hier fertig bin, ein bisschen Urlaub :) Den „weißen Schimmel" würd ich gern noch auf die Liste setzen – so was sagt mein Vater. Was wollt ich jetzt noch sagen? Ach ja: RICHTIG GERATEN!!! Und da Du bescheidenerweise schon fragst, was Du kriegst: Ich widme Dir das erste Kapitel von „Fixsterne". Wär das was? ;)
Maia: Sirius wird disqualifiziert, weil er einen nicht genehmigten (weil schwarzmagisch verstärkten) Fluch angewandt hat. Und Bellatrix sieht im Spiegel so was ähnliches wie Sirius wenn er reinguckt (was in einem Kapitel von „Fixsterne"der Fall sein wird).
Loony: cennet ist türkisch und bedeutet Paradies. Es klingt ein bisschen wie mein bürgerlicher Name, also... :)
Weiter geht's: die beiden Kapitel, die jetzt noch kommen sind saukurz – bitte nicht enttäuscht sein :) Es passiert trotzdem ziemlich viel. In diesem Kapitel wird die Nebenhandlung um Bellatrix, ihre Mutter und Voldemort aufgelöst.
14. Kapitel: In sicheren Gefilden
Sevs letztes Schuljahr in Hogwarts zeichnete sich durch eine ganze Reihe noch nie dagewesener Vorkommnisse aus und damit meine ich vor allem die Dinge, die mit unserer politischen Lage nur bedingt etwas zu tun hatten. Zwei davon (die beiden erfreulichen) bahnten sich bereits in den Sommerferien 1975 an.
Sev redete vollkommen entgegen seiner Gewohnheit wie ein Wasserfall, als es ihn von Devonshire wieder zurück in die Nockturngasse verschlug – die meiste Zeit über Dinge, die mein Begriffsvermögen leider überstiegen. Zu sagen, er war begeistert von seinem Praktikum bei Nicholas Flamel, würde dem Kern der Sache kaum gerecht – er war völlig aus dem Häuschen. Und er war nicht der einzige. Für den Rest der Ferien flatterten die Eulen mehrmals am Tag zwischen Surrey, wo die Evansfamilie lebte und der Nockturngasse hin und her. Von Schlammblütern, die sich für auserwählt hielten, als erste ihrer Art die Alchemistengemeinde zu beglücken, war nicht mehr die Rede.
Bereits in der Schulzeit mit Nicholas Flamel zusammenzuarbeiten, musste so etwas wie ein Freibrief für die Alchemistengilde sein. Die Wellen hatten hochgeschlagen, nachdem die Aufnahme von Lily Evans bekanntgegeben wurde. Ich persönlich vermutete, dass Dumbledore da die Hand im Spiel hatte – und dass unsere lieben Slytherins Gift und Galle deswegen spuckten. Ich konnte nur hoffen, das Flamel die Kinder beide nach ihrem Schulabschluss als Scholasten annehmen würde. Wenn er nur Lily aufnahm, würde es einen Volksaufstand seitens der Reinblüter geben, da war ich mir sicher.
Was Albus sich mit der Wahl der Schulsprecher geleistet hatte, war übel genug. Es war nichts dagegen zu sagen, dass Lily Evans Schulsprecherin wurde, dachte ich. Sie war ganz sicher qualifiziert und gleichzeitig wurde damit ein Zeichen gesetzt. Aber dass der Schulsprecher ebenfalls aus Gryffindor kam, war nicht so clever gewesen. Und James Potter zehnmal bei den Abschlussprüfungen der Sechstklässler die höchste Punktzahl erzielt hatte – es war eine Schnapsidee gewesen. Zumindest einer der beiden hätte aus einem anderen Haus stammen müssen, schon um des lieben Friedens willen.
Severus und Bellatrix – ich hielt mir eine Menge darauf zugute, dass mir nicht die Kinnlade herunterfiel, als sie eines schönen Sonntagmorgens Ende August im Nachthemd hinter ihm aus der Dachkammer herunterkam – ließen jedenfalls kein gutes Haar an der Entscheidung. Severus hatte es von Lily erfahren und Bellatrix hatte es von James auf dem Umweg über Sirius gehört.
„Ich hab kein Problem damit, wenn ich nicht Schulsprecherin werde." erklärte Bellatrix beim Frühstück. „Evans war bei der Prüfung wirklich ein bisschen besser als ich. Na, und? Die kann mir doch den Buckel runterrutschen. Aber ich find's mal wieder so typisch – wenn wir zwei Schulsprecher vom gleichen Haus kriegen, sind's natürlich zwei Gryffindors."
„Die Hogwartsstatuten verbieten es nun mal nicht. Es wär albern wenn wir zu Dumbledore rennen und uns beschweren würden. Zumal der doch wahrscheinlich selbst dahintersteckt. Gib mir mal die Butter."
„Als Slytherin kannst du in dieser Schule einfach auf keinen grünen Zweig kommen."
„Danke."
„Meine Mutter hat mir erzählt, dass als sie in der Schule war, zwei Slytherins die besten Noten hatten. Aber Dumbledore hat damals interveniert mit dem Argument, es sei unfair gegenüber den anderen Häusern. Das Mädchen, das dann Schulsprecherin wurde, war natürlich rein zufällig in Gryffindor."
Das Mädchen war Minnie gewesen. Ich erinnerte mich noch gut an die spöttisch hochgezogenen Augenbrauen der Slytherins.
„Als ob Slytherin nicht sowieso schon chronisch unterrepräsentiert wäre, was Schulsprecher betrifft."
„Ja, also. Und das erklär mir bitte mal einer."
„Wir sind laut dem Intelligenztest, den sie '74 durchgeführt haben das intelligenteste Haus. Wir haben die besseren Noten und wir verstoßen viel seltener gegen die Regeln. Also, ich meine, wir vermeiden es, uns dabei erwischen zu lassen."
„Wie kann es unter diesen Umständen sein, dass die Gryffindors Jahr für Jahr den Hauspokal gewinnen, hm?"
„Das fragst du am besten deine Mutter." murmelte ich geistesabwesend.
Sie schnaubte. „Darauf kann ich verzichten. Bei uns hängt momentan der Haussegen schiefer als je zuvor."
„Was ist denn los?" Erfreut über den Themenwechsel wollte ich sie ein bisschen aushorchen.
„Es ist Sirius, dieser Penner." meinte sie knapp. „Er ist vor zwei Wochen von zuhause weg und zu den Potters gezogen. Er sagt, er will nicht mehr zurückkommen."
Mein Neffe lachte. Ich guckte verdattert in die Runde.
„Das ist nicht witzig, Severus." wies Bellatrix ihn zurecht. „Tante Olive ist so was von fuchsteufelswild, das ist nicht mehr schön. Sie hat ihn sogar vom Familienstammbaum gepustet und erklärt, dass der Name ihres älteren Sohnes in diesem Haus von jetzt ab nicht mehr genannt werden soll!"
Wäre sie nicht so bissig gewesen, ich hätte mit Sev mitgelacht. Da hatten sich die Blacks aber wirklich was geleistet. Der Junge machte sie zum Gespött der Leute und Olive musste sich dessen bewusst sein. Um ehrlich zu sein, ich hatte so etwas kommen sehen. Ich mochte Sirius zwar nicht besonders, aber Olive Hornby-Black als Mutter hätte ich meinem schlimmsten Feind nicht gewünscht.
Unter diesen Umständen also kehrten die Kinder am ersten September in die Schule zurück. Ich wahr froh, Severus wieder los zu sein, um es ganz direkt zu sagen. Nachdem die Auroren mich wieder aufgenommen hatten, fühlte ich mich endlich nicht mehr wie ein Fisch auf dem Trockenen. Ich war unternehmungslustig und voller Tatendrang. Es zeigte sich auch, dass wir solche Leute gut gebrauchen konnten. Der Terror wütete schlimmer als je zuvor. Inzwischen war es auch ganz normal, dass Ministeriumsangestellte bedroht, überfallen, gefoltert und umgebracht wurden.
Um die Weihnachtszeit jedoch passierte etwas, das seit Jahren nicht mehr vorgekommen war (zu meinen Lebzeiten überhaupt noch nicht) und beide Seiten des Konflikts erst mal in Schach halten sollte.
Die Seuche suchte uns heim.
Die Muggel sagen „Grippe"dazu. Es ist eine der Krankheiten, die bei ihnen sehr häufig sind, bei uns aber so gut wie gar nicht vorkommen (alle fünfzig bis hundert Jahre einmal). Deshalb sind Hexen und Zauberer, die reinblütigen insbesondere, zum größten Teil nicht immun dagegen, und wenn die Seuche ausbricht, sind wir massenweise binnen kürzester Zeit erst mal weg vom Fenster.
Von der Panik, die jedesmal ausbricht, gar nicht erst zu reden. St. Mungo's war innerhalb weniger Tage überbelegt und musste expandieren. Das Ministerium unterbrach die Flohnetzwerkverbindung zu den Häusern betroffener Familien. Jeder Mitarbeiter war gezwungen, tägliche Gesundheitschecks über sich ergehen zu lassen. Aber natürlich erwischte es uns irgendwann doch. Und wie an allen Orten, wo viele Menschen versammelt sind, verbreitete sich die Seuche gut.
Ich selbst verbrachte die Weihnachtstage mit Schüttelfrost und 40 Grad Fieber in St. Mungo's und als ich mich allmählich besser fühlte, kam die nächste Schreckensnachricht.
Anfang Januar wurde Hogwarts als Ganzes zur Quarantänezone erklärt. In den Weihnachtsferien hatten viele Schüler sich zuhause angesteckt und die Seuche mit in die Schule gebracht, als sie zurückkehrten. Das Ministerium war eisenhart: das Flohnetzwerk wurde sofort gesperrt, niemand durfte in die Schule hinein oder hinaus, sogar der Briefverkehr mit Eulen wurde verboten.
Wir Eltern und Anverwandten saßen draußen auf glühenden Kohlen und wussten nicht was mit unseren Kindern war – ob sie sich angesteckt hatten, ob sie schwer krank waren oder vielleicht schon wieder auf dem Weg der Besserung. Was in meinen Augen den Vogel abschoss: es war nicht einmal gestattet, Heiltränke und anderes, was benötigt wurde, in die Schule zu schicken. Auf der anderen Seite gab es kein magisches Heilmittel für Grippe, man konnte sie damals nur auskurieren. Und an der Stelle kamen mein Neffe, der Zaubertränkefreak, und Elladoras Tochter, die angehende Heilerin, ins Spiel.
Ende Februar, als die Quarantäne endlich aufgehoben wurde (mittlerweile hatte sich auch die Lage draußen bei uns wieder etwas beruhigt), bekam ich einen Brief von Sev, der mir ziemlich stolz erklärte, er sei unter den ersten gewesen, die erkrankt seien. Es galt dies offenbar als ein Beleg für besonders reines Blut. Er habe sich schnell erholt, schrieb er, und gleich angefangen, nach einem Heilmittel zu forschen. Das hätten sie dann auch entwickelt und erfolgreich angewandt – er, Bellatrix Black und Lily Evans – und man hätte ihnen dafür auch eine Auszeichnung für besondere Verdienste um die Schule verliehen.
Es sei recht dramatisch gewesen, erzählte er ungerührt. Sirius Black sei fast „abgekratzt" und Dumbledore habe Bellatrix erlauben müssen, eine besonders finstere und geschmähte Form der Blutmagie anzuwenden, damit ihr Cousin ihnen nicht unter den Händen wegstarb. Schade eigentlich, so Sevs Kommentar. Bellatrix selber habe übrigens während der ganzen Zeit nicht einmal gehustet, was mir persönlich reichlich merkwürdig vorkam. Sie bildete sich doch so viel ein auf ihr „reines" Blut. Wie konnte sie immun sein gegen die Seuche, den Schrecken aller Reinblüter?
In Sevs Gekrakel versunken, ließ ich mich von den anderen Ministeriumsangestellten mitschwemmen, die wie ich auf die wieder funktionierenden Feuerstellen zuströmten, da wir glücklicherweise endlich Feierabend hatten. Direkt vor mir schwatzten zwei junge Hexen aus der Abteilung für den Missbrauch von Muggleartefakten über irgendetwas arbeitsbezogenes. Während ich beim Lesen vergebens versucht hatte, ihr Geschnatter auszublenden, fing ich jetzt einen ganzen Satz in aller Klarheit auf.
„Ach nein, lass uns dass doch lieber hier und jetzt besprechen."
Hier und jetzt hallte in meinen Ohren wider, während mir gleichzeitig bewusst wurde, wo ich mich befand. Ich stand in dem Alkoven, in dem ich damals mit Voldemort Konversation gepflegt hatte, kurz bevor jemand hinter ihm den Fluch auf mich abgeschossen hatte, der mein Bein abgetrennt hatte. Wir können eine lange Sache auch abkürzen und uns hier und jetzt einigen. Das hatte ich gesagt, mein Zauberstab praktisch an seiner Kehle.
Sehen wir doch mal, dachte ich jetzt. Wie war es damals abgelaufen? Ich hatte niemanden gehört seit ich die Kinder im Nebel verloren hatte. Frank hatte James und Sirius unten in Empfang genommen.
Ich hab im Atrium deinen Cousin getroffen, war total von der Rolle. Hat gedacht, du wärst lebendig verbrannt oder so was.
Bellatrix allerdings war noch hier oben gewesen, als das Feuer ausgebrochen war. Ich blieb wie angewurzelt stehen, mir kaum des Geschimpfes der hinter mir Herandrängenden bewusst. Nein.
Nein, sagte ich mir noch einmal fest. Das ist unmöglich. Sie ist ein kleines Mädchen, sie war 14 als es passiert ist. Sie hat meine Hand gehalten und mir zutraulich erzählt, dass sie schon immer Heilerin werden wollte.
Du hast mich hergebracht?
Und doch gab es keine andere Möglichkeit. Ich fühlte mich wie betäubt, als würde ich von außen beobachten, wie die Erkenntnis langsam in jemand anderes Gehirn einsickerte. Aber einmal festgestellt, konnte ich nicht begreifen, wie ich es solange hatte übersehen können.
Sie haben großes Glück gehabt, dass Miss Black da war und wusste, was zu tun ist.
Ja, wirbelte es in meinem Kopf herum. Nicht auszudenken, was ich ohne sie hätte anfangen sollen. Gesund weiterleben?
„Alastor!"Amelia tauchte aus dem Nichts neben mir auf. „Es ist Hogsmeade!"
Ich starrte sie an. Ihre stechenden dunklen Augen starrten zurück: „Ein Todesserangriff! Wir müssen sofort aufbrechen!"
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Es war niedrig, dachte ich, dermaßen unter die Gürtellinie, dass es mich selbst bei Voldemort noch überraschte. Die Schule hatte gerade eine Epidemie überstanden. Es war das erste Hogsmeade-Wochenende seit Dezember. Ich war mir fast sicher, dass der Angriff Holly Hopkirk von der Katastrophenabteilung galt, die im Dorf wohnte. Sie war bei einem der letzten Todesserübergriffe ganz knapp davongekommen, und jetzt wollte man vermutlich einen Schlussstrich unter das Ganze setzen. Der Umstand, dass man dabei gleich noch den Schülern von Hogwarts den Schreck ihres Lebens einjagen konnte, tat ein Übriges.
Das Dorf war in Aufruhr. Die Leute versuchten, sich in ihren Häusern zu verbarrikadieren, doch wie ich es mir gedacht hatte, war Hopkirks Haus der Anlaufpunkt. Wir kamen zu spät. Holly war das einzige Todesopfer an diesem Tag, doch das ersparte vielen anderen, die in Hogsmeade lebten oder sich gerade dort aufhielten, weder Schrecken noch Folter.
Vor den Drei Besen hatte sich eine große Menge von Hogwartsschülern unterschiedlichen Alters angesammelt. Die Kinder waren offensichtlich gelähmt vor Angst. Da hatten sie nun gerade so eine schlimme Zeit hinter sich und der Krieg hatte nichts Besseres zu tun, als sie während eines friedlichen Ausflugs heimzusuchen. Erschreckte, aber auch hoffnungsfrohe Augen richteten sich auf mich, als ich mit Amelia näherkam.
„Professor Moody!"
„Was geschieht?"
„Jetzt ist es aus mit uns."
„Was sollen wir machen?"
„Was ist denn überhaupt passiert?"
„Sie werden uns alle umbringen!"
„HALTET DIE KLAPPE!"
Ich brauchte ein paar Sekunden, um die Stimme zu erkennen, weil ich ihn noch nie in diesem Ton hatte sprechen hören. Die Jüngeren blickten zu Stein erstarrt auf Sev, der sich mit funkelnden Augen vor ihnen aufgebaut hatte. „Hört mir zu. Wir gehen jetzt geordnet und in angemessenem Tempo zurück in die Schule. Es gibt keinen Grund, hier durcheinanderzurennen wie die Gestörten. Lupin, du gehst vor. Ich gehe zuletzt. Also los."
Ich wusste nicht, was mich mehr erstaunte, dass Sev mit so einer Autorität befahl, was zu tun war – oder dass die andern tatsächlich machten, was er sagte.
„Alastor?"
Ich wandte mich zu meinem Neffen um, der bleich und gefasst neben mir stand. Zum ersten Mal registrierte ich, dass er inzwischen größer war als ich. Wenn auch nur ein bisschen.
„Black und Pettigrew sind vorhin nach da hinten gegangen. In Richtung der Hütte, du weißt schon. Ich weiß nicht, ob die überhaupt schon gemerkt haben, was los ist. Vielleicht solltet ihr mal nach ihnen sehen?"
Ich nickte, ohne mir anmerken zu lassen, wie verblüfft ich war. Sev war außergewöhlich, es wurde mir gerade wieder einmal klar. Er hatte mehr als einen Grund, sowohl Black als auch Pettigrew das Schlimmste an den Hals zu wünschen – trotzdem war er so umsichtig gewesen und hatte daran gedacht, dass jemand sich um die beiden kümmern musste.
Ich enteilte, um nach wenigen Metern bereits einem alten Bekannten in die Arme zu laufen. Ich weiß nicht, wieso – aber in dem Moment als ich ihn sah, wusste ich, dass er es war, obwohl er ebenso von einem schwarzen Umhang und einer Maske verhüllt war wie alle andren hier. Und natürlich erkannte ich seine Stimme, als er – von zweien meiner Kollegen bedrängt – mich erblickte und mir entgegenrief:
„Ah, der Mann mit den treffsicheren Flüchen!" Mir war klar, dass dies nur auf Tristans Tod gemünzt sein konnte.
„Ich wäre vorsichtig an deiner Stelle, Lucius." meinte ich trocken. „Ich könnte mich von dir provozieren lassen wie schon einmal – und dir womöglich weh tun."
„Und dafür werd ich dir ewig dankbar sein, Alastor. Es war der glücklichste Tag meines Lebens als ich meinen Vater verenden sah." Mit diesen Worten disapparierte er vor meinen Augen.
Er hatte es praktisch mir gegenüber zugegeben. Die Dreitigkeit! Etwas in der Richtung hatte ich natürlich vermutet, aber es war trotzdem ein Schock, es aus seinem eigenen Mund zu hören. Was war der Grund gewesen? Wollte er ungehindert in Voldemorts innnerem Kreis aufsteigen ohne seinen alten Herrn im Nacken sitzen zu haben? Irgendwie konnte ich das nicht glauben.
Ich musste sehen, wo die anderen abgeblieben waren. Black und Pettigrew waren ebenfalls nirgends zu sehen. Es war unglaublich still in diesem Teil von Hogsmeade. Bis auf ein leises schmerzhaftes Stöhnen, das hinter einem der Häuser ganz am Rand hervordrang. Jemand war verletzt. Die Jungen vielleicht? Ich trat um die Ecke, alle Sinne in Alarmbereitschaft – jedoch nicht genug, wie sich herausstellte.
„STUPOR!"
Ich kannte die Stimme. Noch im Fallen wunderte ich mich, warum wir ihn nicht früher zu Gesicht bekommen hatten. Er überließ die Drecksarbeit anscheinend seinen Untergebenen und amüsierte sich dabei von ferne. Ich fiel hart und blieb in einem Winkel liegen, von dem aus ich gute Sicht auf die Szenerie vor mir hatte.
James Potter lag mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden, Lily Evans kauerte dicht neben ihm und hatte schützend die Arme um ihn gelegt. Ich sah die wilde Entschlossenheit in ihrem Gesicht, als sie ihren Zauberstab zur Hand nahm und sich vor James aufrichtete, so dass ihr Körper ihn von Voldemort abschirmte. Der erwiderte ihren festen Blick aus unendlich gleichmütigen Augen. Als ob er ein Theaterstück besuchte, dessen Ausgang er schon tausendmal gesehen hatte.
Ich wurde von einer Panik ergriffen, wie ich sie schon lange nicht mehr empfunden hatte. Er würde die beiden Kinder umbringen und es gab nichts, was ich tun konnte, gar nicht überhaupt nichts, ich...
„Lass meine Schüler zufrieden!"
Albus. Den Zauberstab in der ausgestreckten Hand kam er auf uns zu. Hätte der Fluch mich nicht festgehalten, ich wäre vor Erleichterung in mich zusammengesackt, so wie es das Mädchen tat, als sie ihre Augen voller Hoffnung auf ihren Schulleiter richtete. Sie beugte sich wieder über James, murmelte ihm etwas Beruhigendes zu und half ihm vom Boden hoch. Er stand auf zitternden Beinen.
Dumbledore trat näher auf Voldemort zu. Der blieb stehen, wie er war, hatte lediglich leicht den Kopf in Richtung seines alten Lehrers gewandt. Ich konnte nicht hören, was zuerst gesprochen wurde, denn nun kamen die Kinder zu mir. Lily wollte sich an meinem Fluch zuschaffen machen, der bereits ein wenig am Bröckeln war, doch ich scheuchte sie weg. Sie sollte James in Sicherheit bringen. Ich würde zurecht kommen. Engumschlungen schleppten sich die Kinder aus der Schusslinie.
„Ich hatte eigentlich gehofft, du könntest mir das sagen, Tom." Meine Aufmerksamkeit kehrte zurück zu Albus, der seinen ehemaligen Schüler mit einem müden Kopfschütteln ansah. „Ich weiß, dass du weißt, dass ich weiß, was vorgeht. Und es gefällt mir nicht. Überhaupt nicht. Ich will, dass du sie in Frieden lässt."
„Ich kann Bella nicht in Ruhe lassen."
Ich schnappte nach Luft. Also in der Tat Bellatrix –
„Was soll das bedeuten? Warum kannst du es nicht?"
„Ganz einfach, weil sie mein Kind ist."
Dumbledore griff sich wie tödlich getroffen ans Herz. Ich hatte nicht gegelaubt, dass es noch etwas gab, das ihn überraschen konnte, doch was immer er erwartete hatte, das war es eindeutig nicht.
Ich selber war nicht so entsetzt, wie ich hätte sein müssen. Ich hörte Elladoras Stimme in meiner Erinnerung: Er hat meine Tochter gesehen? Was hat er zu ihr gesagt? Und ich hörte Bellatrix: So nennt mich niemand außer meinen Eltern.
Elladora Black war also tatsächlich stur genug gewesen in ihrer unerwiderten Liebe zu Tom Riddle, um das Kind eines Halbbluts zur Welt zu bringen. Und Bellatrix, die sich so viel einbildete auf ihre Abstammung – was würde sie wohl sagen zu einem Muggelgroßvater? Nein, sie konnte nichts davon wissen. Es hätte ihre Welt aus den Angeln gehoben.
Das Ganze erklärte aber zumindest, was mir im Jahr zuvor aufgefallen war: warum Elladora so besonders an ihrer jüngsten Tochter hing. Und warum Bellatrix nicht im geringsten wie Orion Black aussah. Elladora und Orion waren Cousin und Cousine ersten Grades, fiel mir ein – das erklärte, warum Bellatrix bei Sirius Blutmagie hatte anwenden können, um ihn zu retten.
Was musste in Voldemort vorgegangen sein, an jenem Tag im Ministerium. Er drehte sich um, um zu sehen, wer mich ihm da vom Halse geschafft hatte – und da stand seine Tochter. Hatte er es sofort gewusst? Wann hatte er erfahren, dass sie von ihm war? Ich hörte der Unterhaltung kaum noch zu.
„Dezember 1958 , das sind genau neun Monate... und dreihundert Jahre kein Parselmund in der Familie... muss dir doch etwas durch den Kopf gegangen sein..." Ich hatte auch gewusst, dass Bellatrix ein Parselmund war – und doch nicht den richtigen Schluss daraus gezogen.
„Ich hätte es besser wissen müssen. Ich hätte sie ihr wegnehmen sollen, solange noch Zeit war." hörte ich Dumbledore mit heiserer Stimme sagen.
„Ja, das hättest du, nicht wahr? Aber hinterher ist man immer klüger." Voldemort zuckte graziös mit den Achseln. „Es war nett, wiedermal mit Ihnen zu plaudern, Schulleiter. Das nächste Mal, wenn wir uns sehen, wird das letzte Mal sein." Es bestand kein Zweifel, was er meinte. Und dann war er verschwunden.
Dumbledore blieb, wo er war. Es war in der Tat die letzte Unterredung dieser Artt, die sie führen sollten. Das letzte Mal, dass Voldemort das Feld räumte, ohne einen Anschlag auf Dumbledores Leben unternommen zu haben. Und das letzte Mal, dass Dumbledore keinen Versuch machte ihn aufzuhalten. Nur eine Plauderei eben – zwischen Meister und Schüler.
Aber damals sah ich es anders. Alles in Ordnung, sagte ich mir. Wir sind hier sicher. Es ist wie zu Grindelwalds Zeiten. Solange wir nur Dumbledore haben –
Er drehte sich um und löschte die Gedankenkette in meinem Kopf aus. Nichts war in Ordnung. Wir waren die Geschädigten des heutigen Tages und würden immer die Geschädigten sein, weil die, die es sich in den Kopf gesetzt haben, eine bestehende Ordnung zu zerstören, immer im Vorteil sind gegenüber denen, die sie erhalten wollen.
„Komm nach, wenn du hier fertig bist, ja?"
Ich versprach es.
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Es war fast Mitternacht, als ich im Schloss eintrudelte. Zu meiner Überraschung schlurfte Dumbledore in der leeren Eingangshalle herum und kraulte geistesabwesend das Gefieder seines Phönix, der auf seiner Schulter hockte und kurz vor dem Einnicken schien. Sein Besitzer hingegen wirkte von einer Mischung aus tiefer Schwermut und nervöser Unruhe ergriffen. Er hatte also beschlossen, hier auf mich zu warten.
„Hab ich dir je erzählt, wie Fawkes zu mir gekommen ist, Alastor?" fragte Albus, bevor ich sicher war, dass er mein Eintreffen überhaupt bemerkt hatte.
„Nein, Albus." sagte ich freundlich, obwohl ich da so einen Verdacht hatte.
„Du solltest es wissen." meinte er langsam. „Und auch Severus werd ich es irgendwann mal erzählen. Wenn das alles hier vorbei ist am besten." Er wandte sich der Treppe zu und machte eine Geste, dass ich ihm folgen solle, was ich tat. „Es war Dragan Snape, Severus' Großvater, dem Jesta Marvolo das Versprechen abnahm, dafür zu sorgen, dass Fawkes einem vertrauenswürdigen Mitgleid der Alchemistengilde übergeben würde. In der Muggelwelt konnte sie sich schlecht um ihn kümmern, oder?"
Das war es in der Tat, was ich vermutet hatte. Wie hatte Dragan gesagt, als mit Tom durch die Blume darüber gesprochen hatte: Diese Freundin, von der ich Ihnen erzählte, bat mich um einen Gefallen, den ich ihr nur zu gern erfüllte. Damals glaubte ich, es sei umsonst gewesen. Aber nun weiß ich, dass es das nicht war.
„Die Phönixfeder in Toms Zauberstab ist von ihm, nicht wahr?" fragte ich. „Er hat mir einmal davon erzählt."
„Hat er das?" Albus nickte. „Weißt du, ich hab bereits zwei Generationen von Riddlefrauen vir Gericht sehen müssen. Ich will nicht, dass dem Mädchen auch so etwas passiert. Wie sie lachen würde, wenn sie mich jetzt hören könnte. Tom findet es auch komisch, hab ich den Eindruck."
„Oder er tut so." berichtigte ich ihn. „Er hat keine Angst vor nichts und niemandem – hat er noch nie gehabt, wenn ich's recht bedenke. Aber er fürchtet dich, Albus. Das war heute nur allzu offensichtlich."
„Tut er das?" Ich staunte über den verlorenen Ausdruck in seinen Augen. „Ja, ich glaube, er tut es." Er blinzelte mich nachdenklich an. „Ich glaube, ich möchte mich jetzt betrinken, Alastor. Würdest du mir dabei Gesellschaft leisten?"
„Mit dem größten Vergnügen." erwiderte ich derart formvollendet, als ob es jeden Tag vorkäme, dass mein alter Lehrer zur Flasche griff. Es war auch das einzige Mal, dass ich so etwas aus seinem Mund hörte. Was er sich dabei dachte, konnte ich nur raten, doch ich war auch nicht in der Stimmung, mir noch viele Gedanken darüber zu machen, wovon meine Mitmenschen getrieben wurden.
Vermutlich war Albus' Wohnzimmer mit seinen gemütlichen Sesseln und eine Flasche Feuerwhiskey jetzt genau das richtige, dachte ich, nicht ahnend, dass ich die zweitlängste Nacht meines Lebens vor mir hatte.
Author's Note: Wir sind am Ende der Geschichte. Nächsten Donnerstag wird das 15. und letzte Kapitel gepostet. Darin unternehmen wir sozusagen eine kleine Reise in die Vergangenheit und es wird endlich aufgeklärt, warum Alastor Severus nicht reinen Wein einschenken wollte über Ada und Sander. Und jemand gibt ein Verprechen ab, das noch wichtig wird für ein paar weitere Stories von mir. C U
PS: Lucius' Motiv für das Komplott gegen seinen Vater wollte ich noch nicht enthüllen (ist nämlich ziemlich schlimm und kompliziert - also ein Fall für "Die Kinder der Finsternis", was von Lucius' POV geschrieben ist).
