Und weiter geht's.

Viel Spaß

Disclaimer: Nichts an dieser Geschichte gehört mir außer einigen der Nebencharaktere. Alle Rechte liegen bei Paramount Pictures und den Erben von Gene Roddenberry (er ruhe in Frieden).

STAR TREK

GIANT

KAPITEL 5

Mit voller Impulskraft schipperte die Enterprise mit ihrem Namenskollegen durchs All. Sie hatten Kurs auf die Koordinaten genommen, die Captain Chakotay ihnen gegeben hatte. Seit einer halben Stunde waren sie jetzt unterwegs und die Sensoren hatten die Signale von mindestens sechs Kollektivschiffen aufgefangen, doch die Tarnvorrichtung arbeitete perfekt. Die neue und die alte Enterprise waren und blieben unsichtbar. Eines der Borgschiffe war direkt durch sie hindurchgeflogen und hatte sie doch nicht registriert. In knapp fünfzehn Minuten würden sie ihr Ziel erreicht haben.

Captain Data saß im Kommandosessel und grübelte. Das Objekt seiner Gedanken saß neben ihm. Commander Data, der erste Offizier des anderen Schiffes mit ihrem Namen. Chakotay war auf sein Schiff zurückgekehrt, doch der Androide hatte gebeten an Bord bleiben zu dürfen. Jetzt saß er auf dem Sessel des Counselors und schaute ebenso nachdenklich drein, wie sein zweites Ich. Admiral Picard hatte sich sofort nach dem Start zurückgezogen. Er wollte studieren, was sein Äquivalent in diesem Universum so alles angestellt hatte.

Die Mundwinkel des Androidencaptain zuckten leicht. Ein Zeichen dafür, dass er seinen Emotionschip wieder aktiviert hatte. Diese Tatsache war auch die Erklärung für seinen, für ihn äußerst ungewöhnlichen Gedankengang. Im Moment war er alles andere als logisch. So sehr er sich auch bemühte, so gingen seine Gedanken doch immer zu der einen Frage zurück, die zum ersten Mal in seinem Gehirn aufgetaucht war, als er erste Offizier der Enterprise- D mit ihm in der Beobachtungslounche gesprochen hatte. Und diese Frage war, ob er ihm einen Emotionschip nachbauen sollte, oder nicht. So trivial, wie die Frage auf den ersten Blick aussah, war sie gar nicht. Einerseits hatte dieser Androide doch genau wie er selbst das Recht auf eigene Gefühle. Er hatte sogar fünfzehn Jahre länger mit der Suche nach dem Menschsein verbracht. Aber Captain Data kannte auch die andere Seite der Medaille. Er hatte erlebt, wie ungeheuer störend Emotionen sein konnten. Bei seiner ersten Mission mit Gefühlen war der Chip bei einer Überlastung fest mit seinem positronischen Gehirn verschmolzen. Mit einem Schlag, hatte er die gesamte Frequenzbreite der menschlichen Gefühle erlebt, und konnte sie nicht abschalten. Dieser andere Data würde sehr damit zu kämpfen haben. Dieses Universum war sehr feindselig. Würde er Emotionen bekommen, würde ihm mit einem Mal bewusst werden, dass alle seine Freunde von früher getötet worden waren. Wie würde sich das auf ihn auswirken. Würde es nicht einen unauslöschlichen Hass gegenüber den Borg und vor allem Locutus auslösen? Vielleicht würde sich seine Feindseligkeit sogar auf Admiral Picard ausweiten, und er würde so reagieren wie Chakotay, als der den Admiral getroffen hatte. Data wusste noch zu gut wie es war, als er zum ersten Mal über Menschen, die er schon verloren hatte nachgedacht hatte. Der Tod von Natascha Yar hatte ihn am härtesten getroffen, auch wenn er mit dem Trauern erst sechs Jahre nach ihrem, einer Hinrichtung gleichenden Todes beginnen konnte, schmerzte es doch unheimlich. Und Commander Data hatte alle Freunde verloren, die er einmal gehabt hatte. Der Captain seufzte. Noch wusste der zweite Data ja gar nicht, dass es so etwas wie einen Emotionschip überhaupt gab, und es würde auch nicht schwer fallen, es vor ihm geheim zuhalten, doch der Captain befürchtete, dass auch das ein schwerwiegender Fehler sein könnte. Vielleicht waren gerade die Gefühle das, was dem Commander fehlte. Er war zwar ein unheimlich schnell arbeitender Computer, doch ihm fehlte die menschliche Intuition, der Instinkt wenn man so wollte. Aus eigener Erfahrung heraus wusste Data, dass nur beides zusammen zu einer möglichst schnellen und effektiven Lösung eines Problems führte. Das alleinige Auswerten der Tatsachen brachte einen manchmal nicht weiter, denn fast nie standen einem alle Tatsachen zur Verfügung. Und diese Lücken mussten mit Erfahrung, und manchmal sogar mit Vermutungen kompensiert werden. Vielleicht würde diese Fähigkeit hier sehr nützlich sein.

Der Captain schaute zur Seite. Sei Ebenbild saß unbeweglich da und studierte aufmerksam die Anzeige auf dem kleinen Computerdisplay, das links von ihm angebracht war. Gerade lief das Ergebnis der letzten Sensorenrunderfassung über den Bildschirm. Im Mienenspiel des Androidencommanders zeigte sich keinerlei Veränderung. Doch Captain Data störte irgendetwas an der Anzeige. Für einen Moment wusste er nicht was es war. An für sich schien die Anzeige vollkommen normal zu sein. Noch immer konnten sie eins der Borgschiffe erfassen, aber ansonsten? Data durchforstete seinen Speicher und da war es.

Die Flugkoordinaten, die sie bekommen hatten, hätten sie eigentlich in die unmittelbare Nähe des Saturns bringen müssen, aber der riesige Gasplanet mit seinen zwei Ringen, war nicht zu entdecken. Statt dessen befand sich, eine knappe Million Kilometer von der Saturnposition entfernt ein Nebel, den Data noch nie zuvor gesehen hatte; so dicht, dass ihn die Sensoren nicht durchdringen konnten.

- - -

Im VIP-Quartier auf Deck fünf saß Admiral Jean-Luc Picard an einem Schreibtisch und starrte auf einen dort stehenden Computer. Picard war schockiert. Er hatte den Computer angewiesen alles mit der Option Locutus von Borg und Locutus von Terra aus dem Logbuch der Enterprise-D herauszufiltern. Und jetzt lief seit fünfundzwanzig Minuten eine Seite nach der anderen über den Bielschirm. Angefangen hatte alles mit der Schlacht bei Wolf 359. Die Logbucheintragungen hier waren noch von Captain Picard, also von ihm selbst, vorgenommen worden. Diese Eintragungen stimmten bis ins Kleinste mit den Daten, die im Computer der Enterprise-E2 gespeichert waren überein. dann kam die Entführung Picards durch die Borg. Jetzt ging das Kommando an den damaligen ersten Offizier, Commander William T. Riker. Auch hier waren die Eintragungen noch identisch. Riker beschloss ein Außenteam auf das Borgschiff zu schicken, um den Captain zurückzuholen. Und Dann geschah das unfassbare. Durch eine Energiefluktuation in den Reaktoren verzögerte sich der Beamvorgang um genau drei Komma eins acht Nanosekunden. Durch diese ungeheuer geringe Zeitspanne, sollte sich die Geschichte entscheidend verändern. Lieutenant Worf wurde bei einem Feuergefecht mit den Borg getötet der Rest des Teams musste flüchten. Die Rettungsoperation war fehlgeschlagen und es blieb keine Zeit für einen zweiten Versuch. Die borg sahen in der Enterprise wohl eine zu große Gefahr, als das sie sich mit einer Enterung und der anschließenden Assimilierung der Besatzung abgeben wollten. Der Angriff der Borg kam völlig überraschend Zwanzig Sekunden nach der Rückkehr des Außenteams durchschlug eine gewaltige Treffersalve die sowieso schon geschwächten Schilde der Enterprise und zerstörten die Lebenserhaltungssysteme. Die Kommandozentrale wurde lahmgelegt. Vom Maschinenraum aus meldete Lieutenant Commander Geordi LaForge, dass eine Wiederinstandsetzung absolut unmöglich sei. Die letzte Logbucheintragung Rikers besagte, dass er versuchen wolle, die Selbstzerstörungssequenz zu aktivieren, damit das Schiff nicht den Borg in die Hände fallen würde. Doch er war sich nicht sicher, ob ihm das gelingen würde, da der Computerkern vollkommen zusammengebrochen war.

Eine Zeitlang gab es keinen Eintrag, dann meldete sich Lieutenant Commander Data. Sein Eintrag war vernichtend. Durch den Ausfall der Lebenserhaltungssysteme waren alle Lebewesen an Bord erfroren. Es war nicht mehr möglich gewesen die Selbstzerstörung zu aktivieren, und so war Data der einzige Überlebende von einer mehr als eintausendköpfigen Besatzung. Die Enterprise trieb brennend im Raum. Das Borgschiff hatte sich nicht weiter darum gekümmert und hatte Kurs auf die Erde genommen. Jetzt folgten Reparaturberichte und eine Auflistung der gefallenen Besatzung. Es war entsetzlich. Auch die Kinder und anderen Zivilisten, sogar Guinan, waren da aufgelistet. Picard kämpfte mit seinem aufflackernden Zorn, als sich Captain Data über das Interkom meldete.

"Hier Brücke. Admiral, wir erreichen unser Ziel in etwa fünf Minuten. Ich habe mir gedacht, dass sie vielleicht anwesend sein möchten."

Picard erhob sich.

"Ich bin schon auf dem Weg, Picard Ende."

Der Admiral unterbrach die Verbindung und wollte gerade zur Tür des Quartiers gehen, als er sich noch einmal umwandte. Er drehte den Computer zu sich herum und ließ die Liste seiner verstorbenen Crew weiterlaufen. Zumindest das glaubte er ihnen schuldig zu sein. Diese Leute, die so oft ihren Mut bewiesen hatten und die oft genug mit ihm ihr Leben riskiert hatten, durften nicht in Vergessenheit geraten.

Die Führungscrew kam zuletzt. Commander Riker, Commander LaForge, Lieutenant Worf, Doktor Crusher, Counselor Troi und auch der junge Fähnrich Wesley Crusher. Data hatte zuletzt aus seinen Namen hinzugefügt. Captain Jean-Luc Picard. Und der Admiral wusste heute genauer als der Androide damals, wie Recht Data hatte ihn auf die Verlustliste zu setzen. Picard war nicht tot; er war mehr als tot; er war ein Borg.

Jetzt stand Picards Entschluss fest. Diesem Universum musste geholfen werden. Er drehte sich um und verließ das Quartier.

- - -

"Sir - wir erreichen den Koordinatenpunkt in zwei Minuten."

"Danke, Mr Pierce."

Data wandte sich an seinen Androidenkollegen.

"So, wir sind gleich da. Ich denke es ist an der Zeit uns zu sagen, wie wir uns zu verhalten haben."

Der zweite Data nickte. Er war nicht so ganz einverstanden damit gewesen, dass Chakotay diesen Leuten den Standort ihren geheimen Basis einfach so verraten hatte. Aber er war der Captain. Wenn er es nicht nötig hatte, die mehr als unwahrscheinliche Geschichte dieses Schiffes zu überprüfen, dann musste das wohl seine Richtigkeit haben. In diesem Moment betrat Picard die Brücke. Commander Data erhob sich, um dem Admiral seinen Sitz zu überlassen.

"Als vor achtzehn Jahren die Borg zur Erde kamen", begann Data seinen Bericht", lag die Enterprise immer noch schwer beschädigt bei Wolf 359. Auch wenn es makaber klingen mag, aber man kann sagen, zum Glück. Die Borg vernichteten die gesamten Sternenflotteneinrichtungen. Mit Locutus an Bord wussten sie, wie man am schnellsten mit den Menschen fertig werden konnte. Der Erstschlag sollte unsere Truppen vollkommen demoralisieren. Und das gelang ihnen auch. sie versenkten einen Fusionsreaktor unter die Oberfläche des Saturns und ließen ihn detonieren. Der Gasplanet verwandelte sich in diesen riesigen Nebel." Er zeigte auf den Hauptschirm. "Dabei kamen Tausende von Sternenflottenkadetten, die auf dem Saturn ihren Pilotenschein machen wollten, und ebensoviel Sternenflottenpersonal uns Leben. Außerdem waren gerade die neuen Flottenwerften humanis futura im Bau. Auch hier starben Hunderte von Technikern und Ingenieuren."

Hier mischte sich Commander Pierce ein.

"Entschuldigung, aber wir sind da."

Der Captain nickte.

"Auf den Schirm."

Der Bildschirm zeigte jetzt den gigantischen Nebel in voller Größe, der wie eine Wand vor der Enterprise lag.

"Analyse, Mr Tem."

"Sir - der Nebel besteht zum größten Teil aus Stickstoff und Sauerstoff, durchsetzt mit einer ungewöhnlich hohen Konzentration von Tachionpartickeln. Da ich vermute, dass wir in den Nebel hineinfliegen wollen, möchte ich bemerken, dass uns im Inneren unsere Tarnvorrichtung wegen der Tachyonen nicht schützen wird. Wir können also gleich Energie sparen und ihn ganz abschalten."

"Ich habe ihren Einwand zur Kenntnis genommen. Commander Data", Der Captain betonte dies sehr seltsam, "Vielleicht sagen sie uns nun, was wir zu tun haben."

"Wie ich meinen Captain kenne, werden sie das sogleich wissen."

Als ob das ein Stichwort gewesen wäre, meldete sich jetzt Lieutenant Solur.

"Sir - Die Enterprise-D ruft uns."

"Öffnen sie einen Kanal."

Die Darstellung des Saturnnebels wich und stattdessen erschien Captain Chakotay auf dem Bildschirm.

"Hallo Captain - Admiral. Mein erster Offizier wird ihnen inzwischen zweifelsohne erklärt haben, was es mit dem Nebel auf sich hat und sie werden sich fragen, warum wir sie hierher geführt haben. Die Antwort auf diese Frage werden sie in Kürze erfahren. Bitte gehen sie auf Kurs drei acht eins Komma null und fliegen sie mit ein viertel Impuls in den Nebel. Machen sie ununterbrochen eine Sensorenabtastung des Gebietes direkt vor ihnen. Wenn sie ein Transpondersignal empfangen, stoppen sie augenblicklich die Maschinen. Sie befinden sich dann noch genau zwölfhundert Kilometer von unserer Basis entfernt. Dann muß ich uns zunächst identifizieren, sonst wird sofort das Feuer eröffnet. Chakotay Ende."

Data schaute seinen ersten Offizier an, der schaute nur zurück und zuckte mit den Schultern.

"Mr Pierce folgen sie genau den Anweisungen von Captain Chakotay. Lieutenant Tem, sie Können jetzt die Tarnvorrichtung deaktivieren und achten sie immer gut auf die Sensoren."

"Aye Sir."

Der Trill machte sich an die arbeit, und während die beiden Schiffe langsam wieder Fahrt aufnahmen, erschienen sie wieder für alle sichtbar im Normalraum. Aber sichtbar blieben sie nur für einen kurzen Augenblick, denn dann tauchten sie in den Nebel ein. Es war als würde sich ein riesiges, grün-rotes Leichentuch über alles ausbreiten. Die Langstreckensensoren vielen aus und die Naherfassungssenioren waren nur noch in der Lage einen Umkreis von eintausend fünfhundert Kilometern zu scannen. Immer tiefer drangen sie in den Nebel vor. Sie waren vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten.

Pierce musste sich auf den Computer verlassen, wenn es darum ging ob noch der richtige Kurs anlag, denn es gab keinerlei Anhaltspunkte für eine sichere manuelle Kurskontrolle. Sie waren der Technik ausgeliefert. Lieutenant Tem hielt das Auge starr auf die Anzeige der Sensorenabtastung gerichtet. Doch bis jetzt gab es das draußen nur Gas und dahinter immer noch mehr Gas. Jetzt hatten sie ungefähr die Hälfte bis zur Mitte des Nebels zurückgelegt. In diesem Moment gaben die Sensoren Alarm. Einen Augenblick später empfingen sie das Transpondersignal. Pierce Stoppte. Die beiden Schiffe verharrten in ihrer Position. Kruton Tem richtete sich auf.

"Captain - die Sensoren haben ein Objekt zwölfhundert Kilometer Voraus gemeldet."

"Bekommen wir eine visuelle Darstellung?"

"Die Qualität wird durch die hohe Tachyonenkonzentration zwar beeinträchtigt, aber es müsste klappen."

Tem justierte an seinen Geräten herum und einen Augenblick später erschien das Objekt auf dem Schirm. Es war ein großer Habitatring von etwa einem Kilometer Durchmesser. Direkt um die Achse herum waren die Lebensbereiche angebracht. Im äußersten Ring waren sechs Dockpylonen angebracht. Je drei die nach oben und drei die nach unten ragten. Commander Data zeigte auf die Darstellung.

"Willkommen auf Terok Nor."

Vor den Augen der überraschten Offiziere schwebte die Raumstation Deep Space nine. Die Station war von den Cardassianern erbaut worden, und nachdem die sich von Bajor, in dessen Orbit die Station postiert worden war, zurückgezogen hatten, war sie an die Bajoraner gegangen, die sie zusammen mit der Föderation einige Jahre geführt hatten. Data verstand die seltsame Begrüßung durch seinen Namenskollegen. Der Wechsel der Station an die Bajoraner hatte nach dem Kampf gegen die Borg stattgefunden. Vorher hatte sie bei den Cardassianern Terok Nor geheißen. Da in diesem Universum der Kampf nicht gewonnen worden war, hatte logischerweise auch nicht die Namensänderung der Station stattgefunden. Aber Data kam noch ein ganz anderer Gedanke. Wenn man nämlich weiterdachte, dann wussten diese Leute noch nicht einmal etwas über das Wurmloch, das den Alpha mit dem Gammaquadranten verband. Diesen Vorteil mussten sie doch irgendwie gegen die Borg nutzen können. Doch dazu später.

Jetzt war es erst einmal am wichtigsten, dass das Schiff wieder auf Vordermann gebracht wurde. Der Warpantrieb funktionierte immer noch nicht wieder und sie hatten auch noch nicht herausgefunden, wie sie hierher in dieses Universum geraten waren und ob und wie sie zurückkehren konnten.

"Sir, Captain Chakotay meldet, dass wir Andockerlaubnis haben. wir sollen zum oberen Pylon eins fliegen und die Enterprise-D mit dem Traktorstrahl zu Pylon drei bringen."

"Danke Lieutenant Solur. Mr Pierce tun sie es so. Sie werden zusammen mit Lieutenant DeFinio an Bord bleiben. die andern Offiziere gehen auf die Station."

Auf dem Bildschirm kam unterdessen die Station immer näher. Wie eine unheimliche Spinne lauerte sie in ihrem Netz, dem Nebel. Es war ein wunderschönes Farbenspiel. Die Station, die reagierenden Gaswolken. das alles war irgendwie unwirklich wenn man bedachte, wie nahe sie sich noch der Erde befanden. Mit einem leichten Rumpeln dockte die Enterprise-E2 an der Station Terok Nor an. Mit Hilfe des Traktorstrahls bugsierten sie die andere Enterprise zum Nebenpylon.

Jetzt erschien erneut Captain Chakotay auf dem Schirm.

"Das ist nun also unser trautes Heim. Die Cardassianer waren so freundlich es uns zu schenken. Wir treffen uns an Bord. Ach ja, sie müssen eine Schleuse benutzen. Wir haben überall Barion-Schilde installiert, um das Beamen unmöglich zu machen. Sollten die Borg unser kleines Versteck einmal finden, müssen sie wie wir selbst auch wohl oder übel zu Fuß gehen. Schon sind wir im Vorteil, weil wir die Station natürlich besser kennen. Aber reden können wir später immer noch."

Captain Data nickte.

"Ich schlage vor, wir unterhalten uns ein wenig mit dem Kommandanten der Station, wenn sie nichts dagegen haben."

- - -

Langsam wanderte Commander Nog hinter den anderen Offizieren her. Der Ferengi schaute in alle Richtungen. Für ihn war es, als sei er nach Hause zurückgekehrt. Bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr hatte er auf dieser Station gelebt. Zusammen mit seinem Vater Rom und dessen Bruder, seinem Onkel Quark. Doch das alles schien eine Ewigkeit zurückzuliegen. Hier war es auch beschlossen zur Sternenflotte zu gehen. Er war kein typischer Ferengi. Er hatte die Menschen bewundert, die, nachdem die Cardassianer Terok Nor verlassen hatten, die Station innerhalb kürzester Zeit wieder flottgemacht hatten. So wollte er auch werden.

Die Gruppe trat erneut durch eine der runden Luftschleusen, die die Pylonen und Habitatsektionen, von den Lebens- und Aufenthaltsbereichen trennten. Jetzt waren sie auf dem Promenadendeck. Wenn die OPS das Gehirn der Station war, so war dies hier das Herz. Doch das Aussehen des gesellschaftlichen Zentrums erstaunte Nog, ja es erschreckte ihn sogar. Auf seinem DSnine waren hier immer eine Menge Leute gewesen. Menschen und Bajoraner, aber auch andere Lebewesen, die sich durch die Passagen drängten. Sie befanden sich in der oberen Ebene. Im Stockwerk darunter hätten eigentlich Geschäfte sein müssen. Hier war die Bar seines Onkels gewesen. Und das Bekleidungsgeschäft von Garak, dem einzigen Cardassianer an Bord der Station, der nach Beendigung der Belagerung Bajors noch geblieben war, wenn auch nicht ganz freiwillig. Doch nichts davon war zu sehen. Niemand war anwesend. Doch; in eine der Ecken überprüfte ein Techniker eine Energie- Plasma Leitung. Aber ansonsten sah der Ferengi niemanden. Er trat an die Brüstung. Plötzlich bemerkte er, dass Admiral Picard neben ihm stand.

"Geister der Vergangenheit, Commander?"

Nog schaute den Admiral einen Moment schweigend an.

"Ja- Sir. Dies alles wirkt so unwirklich. Genau an dieser Stelle habe ich Stunden damit verbracht mit meinem Freund, Jake Sisko, einfach nur dazusitzen und die Leute zu beobachten. Der Sicherheitschef hat das immer gar nicht gern gesehen."

Nog schaute wieder nach unten. Er musste bei dem Gedanken an den guten alten Odo lächeln. Mehr als einmal hatte er plötzlich hinter ihnen gestanden und mit seiner Brummstimme geknurrt: Mr Sisko, Nog - Sie wissen genau, dass das Herumlungern auf dem Promenadendeck nicht gestattet ist. ´ Sie hatten sich immer ganz schnell verzogen und waren fünf Minuten wieder hier. Nog riss sich zusammen. Sie waren nicht hier, um in alten Erinnerungen zu schwelgen. Schnell folgte er dem Admiral, der schon wieder zu den anderen getreten war. Der fremde Data erzählte gerade die Geschichte der Station. Eine Form der Geschichte, die der Ferengi noch nicht kannte.

"Nachdem die Borg Cardassia Prime besiegt hatten, konnten sie ohne großartigen Wiederstand auch Bajor einnehmen. Natürlich griffen sie auch die Station an. Aber sie hielten sie wohl nicht für eine große Bedrohung. Als dann die Borg den bajoranischen Raumsektor wieder verlassen hatten schafften es cardassianische und bajoranische Splittergruppen, die die schrecklichen Massaker überlebt hatten und nicht assimiliert worden waren, Terok Nor hierher, nach Sektor null null eins zu befördern. Der Transport dauerte beinahe acht Monate, und während des langen Fluges haben sich die vereinten Kampfverbände bebildet. Bei uns arbeiten alle zusammen. Die Menschen, Klingonen, Ferengi, Vulkanier, Romulaner, Cardassianer, Bajoraner und viele viele andere. Wir haben nur einen gemeinsamen Feind und das sind die Borg."

Zwar waren die Worte des Androiden höchst dramatisch, doch zeigte sich nicht die geringste Spur von Emotion in seiner Stimme. Lieutenant Tem konnte das nicht verstehen. Die Trill waren ein sehr lebensfrohes Volk. Schon ein Vulkanier, der es verstand, seine Gefühle perfekt abzuschirmen, faszinierte sie, aber dieses künstliche Wesen war noch ganz anders. Die Vulkanier hatten Gefühle, sie unterdrückten sie nur. Aber dieser Mann wusste nicht einmal, was Emotionen waren. Er erlebte sie einfach nicht. Kruton Tem fragte sich, wie das wohl sei, nicht lachen zu können oder weinen. Er beschloss bei Gelegenheit einmal den Captain zu fragen. Der kannte beides; Emotionen und emotionslos.

Die Gruppe war jetzt am anderen Ende des Promenadendecks angekommen. Hier betraten sie einen der Turbolifte.

"OPS !"

Chakotey gab den Startbefehl und die Kapsel fuhr an. Der Lift brachte sie durch die Achse der Station bis an das oberste Ende der Lebensbereiche. Hier befand sich die OPS, die Kommandozentrale.

Diese Zentrale war ein großer runder Raum auf zwei Ebenen. Gemessen am Sternenflottenstandart, war das Design eher ungemütlich und plump. Doch die Cardassianer, die die Station erbaut hatten, waren ein kriegerisches Volk. Luxus zählte für sie nicht. Hauptsache war, dass alles möglichst praktisch und leicht zu bedienen war. Auf der einen Seite war eine große zweiflüglige Tür angebracht. Dort war das private Büro des jeweilig kommandierenden Offiziers. Nog schaute sich um. Hier hatte sich kaum etwas verändert. Wenn man davon absah, dass die Personen, die geschäftig an ihren Konsolen arbeiteten, weder bajoranische Uniformen, noch solche der Sternenflotte trugen, schien die OPS unangetastet zu sein. In der oberen Ebene stand ein Klingone an der Sensorstation und beobachtete die Umgebung der Station. Die Wissenschaftsstation war von einer Frau besetzt. Über ihrer Uniform trug sie das Gewand eines bajoranischen Wedek. Sie war also eine Priesterin. Der Mann an der Technikstation schien ein Mensch zu sein. Auf dem Hauptschirm war die Enterprise E2 zu sehen. Die Ergebnisse eines ausführlichen Scannings liefen gerade über die Darstellung. Chakotay wandte sich an einen Mann, der in der Mitte der OPS stand und zweifelsfrei einen hohen Offizier in der Rangfolge der Station darstellte.

"Commander, wir möchten den Kommandanten sprechen. Und ich glaube nicht, dass Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind."

Der Captain hatte den äußerst finsteren Blick gesehen, mit dem der Commander Admiral Picard bedachte. Langsam gewöhnte sich Picard daran von allen auf der Station im ersten Moment für Locutus gehalten zu werden. Wichtig war nur, dass keiner dieser Leute fanatisch genug war, um auf ihn loszugehen.

Die Züge des Commanders lockerten sich ein wenig, dann wies er mit der rechten Hand auf das hinter ihm liegende Büro. Chakotay nickte und stieg die wenigen Stufen, die zur oberen Ebene führten hinauf. Er winkte den anderen ihm zu folgen, drehte sich um und marschierte energisch los. Die massiven Türflügel öffneten sich schwerfällig und gaben den Blick auf das dahinterliegende Büro frei. Hier gab es nur wenig zu sehen. Wie die ganze Station, war auch dieses Büro ganz auf Rationalität bedacht. Luxus gab es überhaupt nicht. Ins Auge stach eigentlich nur der riesige Schreibtisch, der den gesamten Raum beherrschte. Die kleine Gesellschaft versammelte sich vor diesem Schreibtisch, hinter dem der Kommandant der Station Terok Nor saß. Dieser Kommandant war auch der Grund, warum die kalte cardassianische Einrichtung beibehalten worden war. Er war Vulkanier und legte somit auch keinen Wert auf Luxus. Der Mann saß vorn übergebeugt und studierte einige Unterlagen. Selbst aus dieser Position heraus kam er Picard bekannt vor. Als er die Offiziere eintreten hörte, hob er den Kopf. Die Besucher aus dem anderen Universum mussten sich krampfhaft zusammenreißen, um sich nicht aus lauter Überraschung lautstark Luft zu verschaffen.

Dort hinter dem Schreibtisch saß niemand anderes, als der wohlbekannte Botschafter Spock. Der Vulkanier zog eine Augenbraue in die Höhe und schaute langsam von einem zum anderen. Besonders lange haftete sein Blick auf Admiral Picard. Zwar zeigte sich in seinem Gesicht nicht die geringste Regung, aber Picard war sich sicher, dass selbst Spock einen winzigen Moment an Locutus denken musste.

"Willkommen im Basislager der vereinten Kampfverbände. Bitte nehmen sie meinen Dank an, für ihre Hilfe beim Kampf gegen die Borg."

Spocks Stimme klang ruhig und wohlklingend nach der Hektik der vergangenen Stunden. Picard übernahm das Wort.

"Wir hielten ihr Schiff für ein Schiff der Sternenflotte, und waren somit verpflichtet zu helfen."

"Das bringt mich zum nächsten Punkt. Zweifellos wissen sie, dass die Föderation und somit auch die Sternenflotte nicht mehr existiert. Captain Chakotay hat mich informiert, dass sie die Theorie geäußert haben von einem parallelen Universum hierher geraten zu sein. Ich denke, es wird ihnen schwer fallen, diese Theorie glaubhaft zu belegen."

"Wir können sie nicht belegen. Noch nicht. Mein Chefingenieur ist dabei, das Schiff von oben bis unten durchzuchecken. wir werden eine Erklärung finden, und wenn es Tage dauern sollte. Auch in unserem Universum hat die Menschheit ein paar Probleme. Zu diesem Zeitpunkt sind die Klingonen gerade dabei die Erde einzunehmen. Sie werden also verstehen, dass wir nicht vorhaben ewig hier zubleiben. Es ist unsere Pflicht, in unser Universum zurückzukehren und der Erde beizustehen."

Spock schaute Captain Data an. Dieser hatte sich ein wenig in Rage gesprochen. Er kannte Data nun schon seit so vielen Jahren; also den Data aus seinem Universum. Nie hatte er irgendeine Spur von Emotionen gezeigt. Zwar war er ständig auf der Suche nach ihnen, aber bis heute hatte er sein Ziel nicht erreichen können. Bei diesem fremden Data schien das anders zu sein. Er als Vulkanier erkannte ein fühlendes Wesen sofort. Und dieser Androide war ganz eindeutig eines. Wer konnte schon wissen was in jenen fremden Universum, wenn es das überhaupt gab, mit Data in den letzten achtzehn Jahren geschehen war.

"Captain, ich verstehe sie nur zu gut. Sollte sich herausstellen, dass sie die Wahrheit über sich gesagt haben, können sie von uns jede Hilfe, zu der wir in der Lage sind, erwarten. Andernfalls haben sie sich selbst in eine Falle gelockt, aus der herauszukommen ihnen mehr als schwer fallen dürfte."

Jetzt wandte sich der Kommandant an Chakotay

"Wie ist der Zustand der Enterprise-D?"

Der Captain holte tief Luft.

"Sir, das Schiff ist nicht mehr einsatzfäfig. Es gab einen Bruch in der Antimaterieversiegelung. Wir mussten den Kern und die gelagerte Antimaterie abstoßen, um einer Vernichtung der Enterprise rechtzeitig vorzubeugen."

Der Kommandant nickte. Das war sehr unangenehm.

"Sie wissen, dass wir damit eines der letzten beiden Schiffe, die noch über Warpantrieb verfügten, gewissermaßen verloren haben."

Er schaute Picard an.

"Sie alle müssen wissen, dass es nicht gut um uns steht. Die Borg gewinnen langsam aber sicher die Oberhand und wir können sie nicht stoppen. Ich habe den Gestaltenwandler Odo mit dem zweiten voll einsatzfähigen Schiff außer der Enterprise, einem klingonischen Bird of Prey losgeschickt, um irgendwo Hilfe zu finden. Jetzt wo die Enterprise lahm liegt, stehen unsere Chancen noch schlechter, als sowieso schon. Und bis Odo zurückgekehrt ist, wenn wir seine Mission jetzt abbrechen, werden immer noch über vier Monate vergehen und in dieser Zeit sind wir geradezu wehrlos."

Captain Data übernahm jetzt das Wort.

"Dann ist es jetzt am wichtigsten, dass ihre Enterprise wieder flottgemacht wird. Denn wir können ihnen auch nicht helfen. Bei dem Dimensionssprung, oder was immer es auch gewesen sein mag, hat unser Warpantrieb einen Knacks abbekommen. Wir wissen noch nicht, wie viel Zeit die Reparatur in Anspruch nehmen wird."

"Dann ist es nur logisch, wenn sie schnellst möglich auf ihr Schiff zurückkehren und die Arbeit wieder aufnehmen. Wenn sie irgendwelche Hilfe benötigen, dann melden sie sich. Ach ja Admiral. Ich würde gern mehr über den verlauf der Geschichte in ihren Universum erfahren. Vielleicht könnten sie noch auf der Station bleiben."

"Ihr Interesse beruht auf Gegenseitigkeit. Hier bei ihnen scheint in den letzten Jahren ebenso eine Menge geschehen zu sein. Ich bin gerne bereit, mich mit ihnen ausführlichst auszutauschen. Auf der Enterprise werde ich nicht gebraucht. Ich bin nur ein alternder Admiral. Die wichtigen Arbeiten muß man heutzutage den jüngeren Leuten überlassen."

Captain Data öffnete den Mund, als wolle er wiedersprechen, aber überlegte es sich dann doch anders. Er gab seinen Offizieren einen Wink, und sie verließen, gefolgt von Captain Chakotay, das Büro. Zurück blieben nur Admiral Picard und der Kommandant.

- - -

Währenddessen nahm Ronald Santer im Maschinenraum der Enterprise-E2 den Warpkern geradezu auseinander. Das Selbstdiagnoseprogramm des Maschinendecks schien ausgefallen zu sein, und so blieb ihm nicht anderes übrig, als den Fehler im Antrieb manuell zu finden. Im Klartext hieß das, jede Schraube einzeln überprüfen. Um den Lieutenant Commander lagen allerlei Einzelteile und Werkzeuge herum. Sein Vater hatte einmal zu ihm gesagt, solange alles seinen gewohnten Gang nimmt, kann jeder Ingenieur sein. Die Kunst beginnt da, wenn man lernt das Chaos zu beherrschen. Also dann wurde er bestimmt ein Künstler, den das Chaos, das er um sich herum geschaffen hatte, war kaum noch zu überbieten.

Gerade befand sich Santer etwa zwei Meter über der Reaktionskammer und überprüfte den Zustand des vor ihm liegenden magnetischen Querschnittverengersegments. Der Druck war vollkommen normal. Das hieß, dass die Materie in exakter Menge, Bündelung und Geschwindigkeit in die Reaktantkammer geleitet wurde. Hier lag kein Fehler vor. also dann; auf zum unteren Querschnittverengersegment. Santer packte sine Werkzeuge zusammen und überließ die Versiegelung der Materiezuleitung einem seiner Ingenieure. Er kroch durch eine Ansammlung von Stabilisatoren, die den Kontakt der Antriebssäule mit dem Raumrahmen des Schiffes bildeten. Sie verhinderten, dass das Warpsystem Stöße abbekam. Die dadurch auftretenden Fluktuationen im magnetischen Antimaterieeindämmungsfeld währen für das Schiff absolut verheerend.

Ronald erreichte die Leiter und stieg in die Hauptebene des Maschinendecks hinunter. Er trat an eine Konsole und setzte den durchgecheckten Teil des Antriebs wieder unter Energie. Nichts geschah. Der Warpantrieb blieb nach wie vor außer Betrieb. Er hatte gehofft, den Fehler im oberen Bereich zu finden, denn im unteren waren die Möglichkeiten manuell zu checken äußerst begrenzt. Hier waren die Zuleitungen für die Antimaterie. Und da ein Kontakt mit diesem Stoff absolut tödlich war, waren die Sicherheitsbestimmungen in diesem Bereich der Warpantriebssysteme natürlich besonders scharf. Also hatte der Chefingenieur zunächst die Problemloseren Bereiche überprüft. Er hatte mit dem Materiereaktantinjektor begonnen und war dann ein Deck nach dem anderen hinabgestiegen und war jedes Querschnittverengersegment einzeln durchgegangen. Und er hatte nichts entdecken können. Santer war sich nicht bewusst, jemals in seiner Laufbahn als Ingenieur einen Warpkern gesehen zu haben, der intakter gewesen war. Warum zum Himmel musste das Selbstdiagnoseprogramm auch ausgerechnet jetzt ausfallen.

"Brücke an Maschinenraum. Lagebericht!"

"Hier Commander Santer. Keine Veränderung der Lage, Captain."

"Das heißt also, sie haben den Defekt noch nicht gefunden?"

Das war mehr eine Feststellung, als eine Frage. Santer beantwortete sie dennoch.

"Sir, ich kann ihnen dutzendweise Geräte nennen, die einwandfrei funktionieren, aber nicht die geringste Abweichung."

Es gab eine kurze Pause, dann fragt Data:

"Wie lange werden sie schätzungsweise noch brauchen, um den Fehler zu finden?"

"Das ist schwer zu beantworten. Vielleicht habe ich bei meinem nächsten Handgriff Glück und wir haben in fünf Minuten wieder Warpenergie. Andernfalls, wenn ich den gesamten Antrieb manuell durchsuchen muß, dann bin ich noch tagelang beschäftigt."

"In Ordnung. Machen sie weiter. Data Ende."

Die Verbindung brach ab.

Der Captain war also von der Station zurückgekehrt. Also weiter.

"Computer, ermögliche manuellen Zugriff auf untere magnetische Querschnittsverenger und Antimateriereaktantinjektor, Berechtigungscode Santer Alpha drei."

"Dieses Verfahren wird nicht empfohlen. Es befindet sich Antimaterie im System."

"Sicherheitsbeschränkung umgehen"

"Zugriff auf die gewünschten Systemsektoren wird gestattet."

"Na also. Danke Computer. Fähnrich Frisch, folgen sie mir."

Santer berührte die Konsole und mit einem Zischen öffnete sich ein Schott im Boden des Decks. In der Öffnung wurden die Sprossen einer in der Wand verankerten Leiter sichtbar, die der Chefingenieur gefolgt von einem jungen Mann, hinunter zu steigen begann. Wieder versperrte ein Gewirr von Stabilisatoren den Weg des Commanders. Auf einem schmalen Steg kamen sie zur Antriebssäule. Santer blickte nach unten. von hier aus ging es acht Decks senkrecht hinunter. Der junge Fähnrich musste schlucken, wenn er daran dachte, was mit ihm geschah, wenn er hier hinabfallen würde. Doch ihm blieb keine Zeit für weitere Gedanken, denn sein Chef stand schon auf der nächsten Leiter und stieg weiter. Fähnrich Frisch wartete, bis der Kopf des Commanders verschwunden war, dann stieg er ihm hinterher. Es ging immer an der Warpsäule entlang. Sie passierten zwei Decks. Etwa sieben Meter unterhalb der Reaktantkammer kamen sie an eine Wartungskonsole.

Santer stoppte, trat auf die Arbeitsplattform und half dann seinem Assistenten aus dem engen Schacht heraus. Frisch holte tief Luft. Er beobachtete, wie Santer an den Wandbehälter trat, in dem die Wartungsinstrumente untergebracht waren. Er drückte ihm einen Phasenscanner in die Hand und machte sich daran die Ummantelung des Kerns zu entfernen. Vor ihnen lag die Toroiddruckkammer. Wie das obere Verengersegment, sorgte diese Kammer hier unten für den korrekten Transport der Antimaterie vom Injektor bis hinauf zur Reaktionskammer.

Mit einem Flussregulator tastete der Chefingenieur sorgfältig das Innere des Kerns ab. Frisch untersuchte inzwischen die magnetischen Eindämmungsfelder. Er fand nichts Ungewöhnliches Die Energieschutzbarrieren, die den Kontakt der Antimaterie zur Materie des Schiffes verhindern sollten, arbeiteten innerhalb der festgelegten Grenzwerte. Es gab nur minimale Abweichungen im unteren Frequenzbereich, aber das war vollkommen normal. Er legte den Phasenscanner zur Seite und nahm einen Toroidinjektormeter. Mit diesem Gerät wurde der komprimierte Antimateriestrom gemessen. Frisch richtete ihn auf den Kern und las die Werte ab. Das war höchst ungewöhnlich. Der Antimaterieinnendruck war um beinahe fünfunddreißig Prozent abgefallen. Das Ergebnis war, das nur etwa zwei drittel der Erforderlichen Menge Antimaterie in die Reaktantkammer gelangte. Das Mischungsverhältnis wurde damit beeinträchtigt, so dass die Reaktion gar nicht mehr Stattfinden konnte.

Fähnrich Frisch wandte sich an den Chefingenieur.

"Sir, ich glaube ich habe etwas gefunden."

Er reichte Santer den Injektormeter. Dieser nahm ihn und führte einen zweiten Scan durch. Er justierte leicht die Feineinstellung des Gerätes und wiederholte erneut die Untersuchung. Dann pfiff er langsam durch die Zähne.

"Ein Druckabfall von exakt dreiunddreißig Komma sechs Prozent Das dürfte es sein."

Er klopfte dem Fähnrich anerkennend auf die Schulter.

"Kommen sie mit, Fähnrich."

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In der Beobachtungslounge war unterdessen eine heftige Diskussion ausgebrochen. Die meisten Offiziere stimmten dafür, dem fremden Universum zu helfen. Nur Commander Nog und Lieutenant DeFinio waren, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, dagegen. Der Sicherheitschef war der Meinung, dass eine Einmischung ein direkter Verstoß gegen die oberste Direktive der Sternenflotte sei. Gewissermaßen waren diese Leute, die sogenannten vereinigten Kampfverbände, eine fremde Macht und die internen Probleme dieser Macht mit dem Kollektiv der Borg läge eindeutig außerhalb ihres Handlungsbereiches. Die Argumente des ersten Offiziers waren einleuchtender. Er war für die Sicherheit des Schiffes und der Besatzung verantwortlich. Sie hatten Hunderte Zivilisten an Bord darunter eine Unmenge Kinder und Jugendliche. Ein Kampf mit einer derartig starken Flotte der Borg würde unter keinem guten Stern stehen. Das hieß die Möglichkeit, dass die Enterprise vollkommen zerstört werden würde war nicht zu verachten. Selbst bei einem Sieg würde es mit Sicherheit Verluste geben und das war einfach unverantwortlich.

Data saß ruhig am Kopfende des Konferenztisches und hörte sich die Argumente seiner Offiziere an. Gerade hatte DeFinio seine Position verstärkt, als Pierce das Wort ergriff:

"Sie haben doch gehört, was der Captain berichtet hat. Der Kommandant dieser Station ist Botschafter Spock. Wie können sie da von einer fremden Macht sprechen. Der Botschafter war bereits in der Sternenflotte aktiv, als sie und ich noch nicht einmal geboren waren."

"Dies ist ein ganz anderes Universum. Die beiden Spocks haben gar nichts miteinander zu tun."

"Aber wir haben auch herausgefunden",

Diesmal war es Lieutenant Solur, die sprach.

"Dass die beiden Universen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eines waren. Sie haben sich erst vor achtzehn Jahren voneinander getrennt und bis dahin waren die beiden Spocks und auch die ganzen anderen Leute auf der Station mit ihren Äquivalenten in unserem Universum jeweils ein und dieselbe Person. Und genau deshalb müssen wir hier helfen. Diese Leute hier gehören zu uns."

"Und wie wollen sie das den Kindern an Bord erklären? Selbst wenn wir die Zivilisten auf der Station zurücklassen, erwartet sie ein ungewisses Schicksal. Solange wir die Enterprise haben besteht noch die Hoffnung, dass wir herausfinden, was eigentlich geschehen ist. Dann können wir vielleicht in unser eigenes Universum zurückkehren. Wenn dieses Schiff von den Borg zerstört wird, dann verschwindet damit unsere letzte Chance heimzukommen."

Wieder ergriff Pierce das Wort:

"Wieso gehen eigentlich alle immer davon aus, dass wir verlieren müssen? In unserem Universum haben wir die Borg besiegt und das war vor allem der Verdienst eines einzigen Schiffes, nämlich der Enterprise-E, dem direktem Vorgängermodel unseres Schiffes hier. Wieso sollten wir das Gleiche nicht ebenso schaffen können."

Der Commander schaute fragend in die Runde.

"Ich denke wir haben eine faire Chance."

Jetzt mischte sich Captain Data das erste Mal in das Gespräch ein.

"Ich denke sie haben mir nun ihre Standpunkte deutlich genug vorgetragen. Aber ich mochte zu diesem Zeitpunkt noch keinen festen Entschluss fassen. Meiner Meinung nach sollten wir den Admiral in die Entscheidung mit einbeziehen. Sein Dienstgrad würde ihm bei einem normalen Schiff der Sternenflotte sogar erlauben, diese Entscheidung selbst und allein zu treffen, aber wir unterstehen nicht dem Oberbefehl. Und trotzdem bin ich für ein Mitspracherecht."

An der Reaktion seiner Offiziere erkannte der Androide, dass alle seiner Meinung waren. Bestätigendes Murmeln lief durch die Beobachtungslounche.

"So - nachdem das geklärt wäre, können wir auf unsere Stationen zurückkehren. Es gibt noch eine Menge zu tun, bevor die Enterprise wieder vollkommen einsatzbereit und fertig zum abdocken von der Station ist."

Data erhob sich. Er freute sich auf die weiter Zusammenarbeit mit dieser Crew. Es ließ sich etwas daraus machen. Noch waren sie zwar ein uneiniger Haufen sehr guter Offiziere, aber bald schon würden sie eine eingeschworene Gemeinschaft sein. Es würde sein, wie damals auf der Enterprise-D. Seit er auf Omikron Theta vier von Offizieren der Sternenflotte gefunden worden war, hatte er auf diesem Schiff erstmals gute Freunde gehabte. Hier würde es hoffentlich ähnlich gehen. Sie würden wie eine große Familie durch das All reisen. Mit diesem und ähnlichen Gedanken verließen die Offiziere die Lounge.

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Ronald Santer war inzwischen am untersten Ende der Antriebssäule angekommen. Hier befand sich der Antimateriereaktantinjektor. Dieser Injektor bereitete den Rohbrennstoff, also die Antimaterie, auf und schickte sie in die Toroidkammer. Der innere Aufbau war so einfach wie möglich gestaltet, denn bei der nötigen Vorsicht, die beim Umgang mit Antimaterie Vorraussetzung war, würde eine komplizierte Bauweise im Notfall zu einer unter Umständen vernichtenden Verzögerung führen. Jedes einzelne Segment des Injektors, das in Unmittelbarer Nähe zum Brennstoff lag, war durch ein magnetisches Eindämmungsfeld gesichert. Das machte eine Wartung des Gerätes natürlich nicht gerade leicht. Santer hatte die Verdeckung abmontiert und die äußeren Kraftfelder deaktiviert. Fähnrich Frisch stand hinter ihm an einer Wartungskonsole und überwachte sämtliche Daten, die der Chefingenieur erfasste. Besonders achtete er auf Spannungs- und Druckschwankungen innerhalb des Kerns. Denn wenn die auftauchen sollten, dann war es unbedingt erforderlich, dass die Versiegelung des Antriebs unverzüglich wieder aktiviert wurde. Doch bisher waren keinerlei Schwankungen, die außerhalb des Toleranzrahmens lagen aufgetreten.

"Fähnrich, reichen sie mir den Sublimatorkoridographen."

Santer steckte bis zur Hüfte im Injektor. Frisch drückte ihm ein handliches Gerät mit Scanemitter am vorderen Ende in die Hand. Die Hand des Chefingenieurs verschwand wieder. Mit dem neuen Gerät untersuchte er jetzt den Antimateriesublimator. Nichts; die ungefährlichen Teile des Injektors hatte er jetzt durch. Nun ging es gewissermaßen ans Eingemachte. Zuerst untersuchte er die magnetfeldgesicherten Brennstoffleitungen, die zum Injektor hinführten und die, die sich im Inneren befanden. Es war unwahrscheinlich, dass eine dieser Leitungen für den Druckabfall in der Toroidkammer verantwortlich war. Aber es war immerhin möglich und so musste es überprüft werden. Wie er schon erwartet hatte, fand er auch hier nichts. Als nächstes kamen die Brennstoffaufbereiter an die Reihe. Wie schon der Name aussagte, war dieses Gerät dafür zuständig, dass die Antimaterie aus ihren Rohzustand in eine Form umgewandelt wurde, in der sie schließlich von Düsenkopf ausgestoßen und mit der Materie reagieren konnte. Das hier der Fehler vorlag, war schon wahrscheinlicher. Wenn eine Fehlfunktion im Aufbereiter auftauchte, wurde ein Teil der Antimaterie nicht reaktionsbereit gemacht. Die Folge wäre solch ein Druckabfall in der Toroidkammer, wie er auch jetzt aufgetreten war. Jedoch Fehlanzeige. Santer seufzte. So konnte das noch ewig weitergehen. Ein Warpantrieb war so komplex. Zwar konnten sie die Suche auf den Kern einschränken, aber selbst da gab es noch unzählige Möglichkeiten. Und wenn sie die Hardware durchgearbeitet hatten, kam noch die Software. Ein winziger Programmfehler in einem der vielen Systeme konnte diese Folgen bewirkt haben. Und wenn es daran lag, dann konnte er nur hoffen, dass seine Kollegen, die das Selbstdiagnoseprogramm des Hauptcomputers wieder in Gang zu bringen versuchten, schneller waren als er, denn die Programmierung des Maschinendecks ohne Computerunterstützung durchzugehen würde Jahre in Anspruch nehmen.

Doch wohin war sein Optimismus verschwunden. Er musste sich jetzt zusammenreißen. Er würde diesen verdammten Fehler finden und wenn es das letzte war, was er tat.

Santer ergriff wieder sein Instrument. Die nächste zu untersuchende Etappe waren die Antimaterieimpulsgasflusstrennelemente diese Elemente teilten die Antimaterie in kleine Portionen auf, die dann an den Düsenkopf am oberen Ende des Injektors weitergeleitet wurden. durch die Existenz von sechs Düsen wurde ein permanenter Antimateriefluss im richtigen Druckverhältnis gewährleistet. Der Chefingenieur scannte nur eine Sekunde lang, dann pfiff er erneut durch die Zähne. Er justierte das Gerät neu und nahm noch eine Sicherheitsüberprüfung vor, dann tippte er sich an den Kommunikator.

"Santer an Brücke."

"Sprechen sie Commander."

"Sir, wir haben den Fehler gefunden. Zwei der Gasflusstrennelemente sind ausgefallen. Die Folge ist, dass nur vier der sechs Einspritzdüsen mit Antimaterie versorgt werden."

"Können sie den Schaden beheben?"

"Das Problem ist schwerwiegender, als es zunächst aussieht, Sir."

Einen Moment lang war es still, dann:

"In Ordnung Commander. Kommen sie auf die Brücke. Data Ende."

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.Das viele Technogebabbel in diesem Kapitel tut mir echt leid, musste nach guter alter Star Trek Tradition aber echt sein :-)