Disclaimer: Alles gehört Tolkien bzw. seinen Erben. Mir gehört nichts und das macht es besonders deprimierend. Achso, Geld verdiene ich zwar, aber nicht mit meinen Geschichten.
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13. Kapitel: Elb à la carte
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Zwei hatten neben der steinernen Feuerstelle auf einfachen Schemeln gehockt, Branntweinkrüge in der Hand. Als die Eingangstür krachend auf den groben Holzplanken auftraf, fiel einer von ihnen hinten rüber und schlug sich den Weinkrug gegen den Schädel. Der Elb, der durch die Dachluke gekommen war, trat den Krug zur Seite, setzte seinen Fuß auf die Kehle des Menschen und ließ seine Schwertspitze einen Fingerbreit über seinem rechten Augen anhalten.
Der zweite Sterbliche hingegen war aufgesprungen und reckte sich nach seinen Waffen, die kaum zwei Schritte von ihm entfernt auf einem Haufen Decken und Proviant lagen. Forlos war sofort bei ihm. Seine linke Hand grub sich in die schulterlangen, verfilzten Haare und riss den Mann nach hinten. Er zog ihn vor sich, trat ihm von hinten in die Kniekehlen und zwang ihn damit zu Boden. In einer schnellen Bewegung legte er seinen Dolch an die Kehle, aus der sich ein irgendwie wütender Schmerzensschrei gelöst hatte.
Der Dritte...Thranduils Blick erfasste den zusammengesunkenen Jungen in der hinteren Ecke des Raumes. Keiner seiner Krieger hatte ihn angerührt, dieses halbe Kind schien noch gar nicht wirklich begriffen zu haben, was da gerade geschah. Was immer sein schmerzliches Stöhnen auslöste, es musste noch vor ihrem Eintritt passiert sein.
Einen Moment umgab Ruhe alle Anwesenden. Die Elbenkrieger bauten sich entlang der Wände auf, ihre Schwerter hatten sie auf eine Geste des Königs wieder zurückgesteckt. Thranduil stand vor den beiden Männern, die am Boden knieten und lagen. Er spürte Elronds und Glorfindels Nähe dicht hinter sich, doch die beiden Elbenfürsten verhielten sich still.
„Wer von euch ist Derk?" Thranduil hasste Westron. Diese Sprache war qualvoll.
Nur kurz huschten die Augen des Mannes am Boden zu dem, der mit zu Fäusten geballten Händen vor Forlos kniete. Es genügte dem König. Langsam schlenderte er zu ihm hinüber. Das war also der Anführer, dieses verkommene Subjekt, dessen Gesichtszüge so grob waren, dass sie nur wie der erste Entwurf eines wenig talentierten Steinmetz erschienen.
„Wo ist sie?"
„Ich weiß nicht, was du meinst, Elb!" knurrte der Mann und die Lüge ließ seine wässrigblauen Augen funkeln.
Mit der ihm eigenen Schnelligkeit und Kraft hatte ihn Thranduil einen Lidschlag später hochgerissen und gegen die Wand gedrückt. Es widerte ihn an, diesem Geschöpf so nahe zu sein, dass er seinen stinkenden Atem riechen und spüren konnte, doch seine Miene blieb kühl. „WO ist sie?"
Eine Bedrohung konnte zu groß werden, um noch länger eine Wirkung zu erzielen. Thranduil erkannte diesen Augenblick in Derks Gesicht. Er verfluchte sich innerlich dafür, seinen unbändigen Zorn nicht besser verborgen zu haben, doch es war zu spät. Derk entspannte sich beinahe und seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem hämischen Grinsen.
„Deine Hure hat einen neuen Herrn", sagte er laut. „Du bist zu spät, Elbenkönig."
Thranduil ließ ihn los, als hätte er sich an ihm verätzt. Der unbändige Wunsch, diesen Abschaum auf der Stelle zu töten, ließ sich kaum noch beherrschen. Er zuckte zusammen, als mit einem leisen Zischen etwas an seiner rechten Schulter vorbeiflog. Im nächsten Moment bohrte sich die Klinge eines goldverzierten Dolchs eine Handbreit unter Derks linkem Schlüsselbein durch das Fleisch und deutlich hörbar dahinter in die Holzwand.
Thranduil fuhr herum. Glorfindel verschränkte gerade wieder die Arme vor der Brust und zuckte leicht die Achseln, weil Elrond ihn mit hochgezogenen Brauen ansah.
„Was willst du? Er hätte ihn sonst umgebracht."
Nach dem ersten Schock begann Derk zu schreien, aber niemand achtete auf ihn.
„Du hast ihn an die Wand genagelt", konstatierte Elrond mit erstaunlich milder Stimme.
„Mit meinem Lieblingsdolch", bestätigte Glorfindel. „Ich werde ihn auskochen müssen, damit dieses Pestblut wieder abgeht."
„Ich schenke dir einen neuen", murmelte Thranduil und wandte sich dem nächsten Menschen zu. Zum Glück war Derk unter Forlos drohenden Blicken endlich etwas leiser geworden. „Dein Name?"
„Onmar", keuchte dieses schmutzige Wiesel.
Thranduil fragte sich, was er den Valar angetan hatte, dass er hier die gleiche Luft wie dieser Abschaum atmen musste. Er blieb neben ihm stehen und sah auf die sich windende Gestalt herunter. „Möchtest du als Wandbehang enden wie dein Freund, Onmar?"
Vielleicht lag es daran, dass ein Waldelbenkönig aus der Perspektive einer Eidechse doppelt so bedrohlich wirkte. Möglicherweise hatte aber auch der Steingutkrug, den er sich gegen den Kopf gehauen hatte, das winzige Gehirn des Mannes einfach zu stark erschüttert. Jedenfalls verdrehte er die Augen und war für Antworten wohl eine längere Zeit nicht mehr zu gebrauchen.
Thranduils Fluch war leise, lang und deftig.
„Wir haben sie zum Celduin gebracht." Die Stimme zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Sie war nicht nur jung und zittrig, sondern die Worte wurden in überraschend flüssigem Sindarin gesprochen. „Zu einer verlassenen Stelle, an der ein Handelsschiff angelegt hatte."
In der Ecke der Hütte versuchte der Dritte im Bunde nun, sich aufzurichten. Auf einen Wink Thranduils stellte einer der Krieger ihn beinahe vorsichtig auf die Füße und stützte ihn dann, als der Sterbliche leicht wankte. Der Junge, denn mehr war er beim besten Willen nicht, musste sich an diesem Abend nicht zum ersten Mal Prügel seines Anführers eingefangen haben. Die Schwellung rund um sein rechtes Auge mochte noch frisch sein, doch in seinem restlichen Gesicht und an seinen nackten Armen waren genug Zeichen älterer Verletzungen, die nur durch Schläge entstanden sein konnten.
Bevor Thranduil etwas sagen konnte, trat Elrond an seine Seite.
‚Überlasst das mir', besagte sein Blick und auf Thranduils widerstrebendes Nicken hin nahm der Elbenlord den Jungen am Arm und führte ihn zu einem der Schemel. Finster gesellte sich Thranduil zu Glorfindel und beobachtete ungeduldig, wie Elronds Heilerseele mal wieder die Überhand bekam und er sich zunächst eher für dessen Verletzungen interessierte.
Hatte dieser Noldo-Abkömmling vergessen, dass sie nicht unbedingt die ganze Ewigkeit zur Verfügung hatten, um endlich Varyas Verbleib herauszufinden? Thranduil verdrängte mühsam jeden Gedanken an das, was inzwischen alles geschehen konnte. Sollte irgendein stinkender Sterblicher Hand an sie gelegt haben, würde er...
„Nur die Ruhe", erriet Glorfindel seine Gedanken und legte ihm die Hand auf den Arm. „Elrond weiß, was er da macht."
„Das Auge ist unverletzt", verkündete Elrond gerade die frohe Botschaft, die eigentlich niemanden wirklich interessierte.
„Es ist schon gut", murrte der Junge und wich etwas vor Elronds schlanken Fingern zurück. „Ihr solltet besser erfahren, wohin man die Ithildrim-Heilerin gebracht hat."
Ein kluges Geschöpf, befand Thranduil. So kann man sich irren.
„Du weißt also, wo sie ist." Elrond ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Halt still. Die Schwellung drückt sonst zu sehr auf den Sehnerv."
„Ich bin sowieso bald tot", sagte sein unwilliger Patient. „Hört mir doch endlich zu."
„Das tun wir doch. Du musst Hinner sein, nehme ich an", schmunzelte Elrond. „Kannst du etwa nicht reden und gleichzeitig stillhalten, Hinner?"
Bei näherer Betrachtung verstand Thranduil langsam Elronds sanfte Art. Dieser dritte Räuber war ein Kind, mehr nicht, selbst für menschliche Maßstäbe. Vielleicht dreizehn oder vierzehn Jahre alt, sehr mager und klein. Eru allein wusste, wie er unter diesen Verbrechern hatte landen können.
„Natürlich kann ich das", schnappte er jetzt auch beleidigt. „Also wollt Ihr es jetzt hören?"
„Du hast unsere ungeteilte Aufmerksamkeit", knurrte Thranduil nur noch halb so wütend. „Zu einem Handelsschiff auf dem Celduin also?"
„Das Schiff ist flussabwärts weitergefahren."
„Der Celduin ist lang", sagte Forlos gedehnt. „Und es gibt tausend Möglichkeiten, wohin sie sie bringen."
„Nur eine", behauptete der Junge. „Ich kenne das Schiff."
Ausgerechnet jetzt drückte Elrond an einem halbverheilten Schnitt in der Wange des Jungen herum, der sofort aufschrie. Thranduil konnte sich nicht entscheiden, ob er lieber den Sterblichen oder besser den elbischen Störenfried erwürgen sollte.
„Es gehört Inmer von Talbruch."
„Ich wusste es!" stieß Glorfindel mit zusammen gebissenen Zähnen hervor. „Ich wusste es schon, als er sie auf dem Steg so an der Nase herumgeführt hat. Talrik, kennt Ihr den Weg zum Gut Inmers?"
„Nur ungefähr", war die zögerliche Antwort. „Talbruch gehört nicht zu Esgaroth, Lord Glorfindel, es ist frei. Der Einfluss des Bürgermeisters endet lange vor seinen Grenzen."
„Ich kenne den Weg!" Hinner rappelte sich mit Elronds Hilfe wieder auf. Zitternd, aber offen hielt er Thranduils forschenden Blick aus. „Ich kenne ihn wirklich. Und ich kann Euch führen."
Thranduil bleckte die Zähne. „Und warum solltest du das wohl machen?"
„Weil es nicht richtig war, die Ithildrim zu entführen."
„Tatsächlich? Die Erkenntnis kommt spät."
„Thranduil", sagte Elrond leise. „Er hat wohl seine Gründe."
„Außerdem haben wir kaum eine andere Wahl", meinte Glorfindel. „Ich denke auch nicht, dass er uns gefährlich wird."
Gefährlich? Thranduil musste unwillkürlich lächeln. Diesem erbärmlichen Menschenkind konnte er mit einer Hand das Genick brechen. Sollte es also so sein. Es wunderte ihn eigentlich auch nicht. Er hatte schon immer gewusst, dass Elrond die seltsamsten Gestalten einsammelte.
„Also gut, wir rücken wieder ab. Talrik, Ihr nehmt die beiden anderen in Eure Obhut, wir anderen reiten zum Celduin zurück. Forlos, Ihr begleitet ihn und sorgt dafür, dass meine Barke umgehend ablegt."
Forlos nickte leicht. „Wo werden wir uns treffen?"
„Es gibt einen Umschlagplatz am Ufer, etwa einen Tagesritt stromabwärts", sagte Hinner leise. „Man kann ihn gut erkennen und er wird nur selten benutzt. Es ist auch nicht weit von der Stelle, an der wir uns mit Inmer trafen."
Thranduil nickte nur.
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Misstrauisch betrachtete Aragorn die armdicken Luftwurzeln, die genau über seinem Kopf endeten. Bei jeder Bewegung knisterte es bereits von dem eintrocknenden Schlamm. Außerdem juckte das Zeug fürchterlich auf der Haut.
„Und was soll ich jetzt machen?" erkundigte er sich bei Galen, der sich ganz in seiner Nähe ebenfalls unter diese Wurzeln gestellt hatte, nachdem er Aragorn angewiesen hatte, die Fackeln an einem sicheren Platz zu befestigen.
„Einfach nur die Spitze abschneiden", sagte Galen und machte es mit seinem Dolch gleich vor. Sofort ergoss sich ein breiter Wasserstrahl über ihn.
Wenn Galen es also so wollte…Aragorn folgte achselzuckend seinem Beispiel. Das Wasser war warm, klar und…
„Galen!" prustete Aragorn empört. „Das riecht nach Erdbeeren!"
„Ja?" Galen nahm die nächste Wurzel in Angriff. Er sah sich schon wieder ähnlicher als noch vor einigen Minuten. Allerdings erkannte man jetzt auch den dunklen Bluterguss auf seinem hohen Wangenknochen, der eindeutig von Aragorns Faust verursacht worden war. „Was sind Erdbeeren?"
„Früchte", knirschte Aragorn empört. Er konnte schon die fürchterlichen Bemerkungen seiner Brüder hören, wenn er so ins Lager zurückkam. Ausgerechnet nach Erdbeeren. Als Kind hatte er eine Seife mit diesem Duft gehabt und auch geliebt, wie er sich eingestand. Als Kind! Jetzt war er ein erwachsener Mann und die rochen nicht nach Erdbeeren.
„Ich wette, sie schmecken gut", sagte Galen völlig ahnungslos. „Vielleicht könnten wir in Ilegond fragen, ob die Händler welche besorgen können. Ich mag Früchte."
„Zum Essen, mein Freund, zum Essen."
Galen, der gerade die dritte Wurzel in Angriff hatte nehmen wollen, verharrte mitten in der Bewegung. Mit großen, seltsam schimmernden Augen sah er Aragorn eine Weile an. „Das waren sehr dunkle Tage für mich, Estel. Ich bitte dich um Verzeihung. Es muss dir seltsam erschienen sein, was Gilnín und ich dort mit der Phiole vorhatten."
„Und ich hätte dir vertrauen sollen", erwiderte Aragorn. Langsam strich er die letzten Reste des Gelblings von seinen Armen. „Ich war so zornig, dass Eldarion dies zugestoßen war und mein Zorn richtete sich gegen den Falschen. Wir hätten uns beide helfen sollen anstatt uns zu beschuldigen und beschimpfen."
„Ich trauere ebenfalls um ihn", sagte Galen leise. „Doch meine Art ist eine andere, Estel. Dies ist so und ich kann es nicht ändern. Dennoch werde ich mich bemühen, denn ein Streit mit dir ist nichts, das ich zu wiederholen wünsche."
Aragorn lächelte etwas schief und fasst sich bedeutsam an sein schmerzendes Kinn. „Schon gut, Galen. Ich schätze, es wird nicht wieder vorkommen. Außerdem ist es etwas zu schmerzhaft."
„Es ist nur eine Prellung", lautete die gutgelaunte Rhûna-Diagnose für unwichtige Blessuren. „Die vergeht in ein paar Tagen."
„Was du nicht sagst", murmelte Aragorn. Elrond hatte zumindest ein Einreibemittel dagegen. Wahrscheinlich lagerte er es sogar in mannshohen Amphoren in einem der Keller. Prellungen begleiteten alle seine Söhne sozusagen auf Schritt und Tritt. „Reicht das jetzt oder muss ich noch eine Wurzel aufschneiden? Ich rieche schon wie ein Fruchtpudding."
„Ja, ganz angenehm zur Abwechslung, nicht wahr?" Galen runzelte leicht die Stirn. „Ich meine, es gibt auch welche, die nach Rosen duften."
„Schon gut", winkte Aragorn hastig ab. „Wir brauchen sie gar nicht erst zu suchen. Erdbeeren reichen, ganz ehrlich. Lass uns zurückgehen, Galen."
Und den Spott meiner Brüder ertragen, ergänzte er im Stillen, während er sich die Fackel schnappte und hinter dem Rhûna her durch den dichten Dschungel stapfte. Sie kamen nur wenige Meter weit, als sie die geänderten Geräusche weiter vor sich bemerkten. Wahrscheinlich waren sie ihnen auch vorher nur entgangen, weil das Wasser aus den Luftwurzeln sie mit seinem Plätschern übertönt hatte. Doch nun waren sie mehr als deutlich. Beide blieben sie wie angewurzelt stehen und lauschten beinahe ungläubig auf das seltsamen Heulen und die eindeutigen Geräusche eines Kampfes.
„Nârandir!" stieß Galen hervor und wollte sofort losstürzen.
Aragorn bekam ihn im letzten Moment am triefnassen Ärmel zu fassen. „Galen, nicht! Wir müssen vorsichtig sein. Unsere Waffen sind am Lager und wir wissen nicht, wie viele es sind."
Galen schien zu einer wütenden Antwort ansetzen zu wollen, doch dann machte sich Verstehen auf seinen leichenblassen Zügen breit. „Aber wir müssen ihnen helfen."
Das mussten sie und Aragorn zermarterte sich das Hirn, wie sie das am besten vollbringen konnten. Mitten in seine Überlegungen hinein hörte er einen lauten Schrei. Die Stimme würde er jederzeit erkennen. Legolas kämpfte um sein Leben.
„Estel!" flehte Galen nervös. „Beeil dich mit deinem Plan."
„Elladan ist für Pläne zuständig und die funktionieren meist nicht", überlegte Aragorn und warf alle Vorsicht über Bord. „Wir fallen ihnen in den Rücken und zwar jetzt gleich."
„Guter Plan!" nickte Galen und zog gleich ihm seinen Dolch aus dem Gürtel.
Die Details hatten sie zwar in dieser Eile nicht abgesprochen, aber da ihr Angriff diese Nârandir schließlich von den anderen im Lager ablenken sollte, rasten sie in völliger Übereinstimmung los, die Dolche erhoben, Aragorn noch die Fackel in der Hand. Und sie schrieen, brüllten eigentlich mehr. Verständlich war es nicht, aber es übertönte sogar die Heulerei der Nârandir.
Der Plan funktionierte, er war sozusagen perfekt. Aragorn schluckte erbleichend, als sie mitten in einem Alptraum aus Rauch, fellbehangenen stinkenden Kreaturen mit schwarzbemalten spitzen Gesichtern und von unübersehbarer Fresslust glühenden Augen landeten.
„Was bei Eru ist das?" schrie er und deutete auf eine Art Rauchwolke, die sich eindeutig auf ihn zu bewegte.
„Egal", schrie Galen zurück. „Bring es einfach um!"
Umbringen war gut, sehr gut. Mit einem Dolch und einer Fackel in der Hand würde das ein Kinderspiel werden. Andererseits konnte man es wenigstens versuchen. Aragorn schrie Imladris! - warum wusste er auch nicht so genau, es ließ sich aber gut herausschreien – und stürzte sich mitten in den Rauch hinein. Anstatt auf der anderen Seite wieder herauszukommen prallte er nicht ganz unerwartet gegen ein Hindernis. Ein kreischendes Hindernis, das ihm mit den Krallen ins Gesicht fuhr und glühende Spuren von Schmerz hinterließ. Wütend stieß er seinen Dolch immer wieder in das eindeutig weiche Zentrum der Wolke, bis es einfach wegsackte und der Rauch sich verflüchtigte.
Er erhaschte einen Blick auf ihr Lager, in dem sich die Zwillinge gerade mit vereinten Kräften bemühten, einen Haufen qualmender Nârandir auseinander zu reißen, unter dem Legolas verborgen sein musste. Amonir humpelte auch noch herum, in einer Hand sein Schwert, in der anderen Galens Stab und im Bein einen Dolch.
Ein Klammergriff an seinem Fußgelenk brachte Aragorn fast zum Straucheln, er sah hinunter in ein wirklich sehr rattenähnliches Gesicht, das sich grotesk verformte, als Galens Stiefel es voller Wucht von der Seite erwischte. Aragorn nickte nur kurz, dann stürzte er sich auf die nächste Rauchwolke.
„Gondolin!" brüllte er dabei, und wusste noch weniger, warum er ausgerechnet Glorfindels untergegangenes Heimatreich bemühte. Vielleicht wünschte er sich einfach nur, der Vanya wäre jetzt bei ihnen. Nicht nur Glorfindel, auch noch ein Trupp Bruchtal-Krieger, am besten unterstützt von Hauptmann Caeril, den Legolas in seiner unendlichen Weisheit diesmal dazu verdonnert hatte, in der Quellstadt zu bleiben und die Waldelben natürlich auch.
„Duckt Euch!"
Instinktiv gehorchte Aragorn dem scharfen Befehl und schon im nächsten Moment schlug in der Stirn des Nârandir vor ihm ein Pfeil mit braun-goldener Befiederung ein. Überall schwirrten nun die Pfeile durch die Luft und trafen mit großer Genauigkeit die Rattengesichter, ob sie nun qualmten oder nicht.
Aragorn blinzelte etwas verwirrt und fing einen nicht minder verwunderten Blick Galens auf, der bei dem Befehl neben ihm zu Boden gesunken war. Wenn das ängstliche Kreischen der Nârandir nicht gewesen wäre, hätte Aragorn eindeutig an eine Halluzination geglaubt. Er blickte über seine Schulter und seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Über den Pfad vom Hauptweg strömten die Krieger von Thranduils Leibwache auf das Schlachtfeld, angeführt von Hauptmann Caeril, dessen Grimmigkeit ihn beinahe selbst wie eine Rauchwolke umgab.
Nicht wirklich aufrecht, aber auch nicht ganz wie Tiere auf allen Vieren zogen sich die Rattenmenschen nun mit der gleiche Schnelligkeit zurück, mit der sie wohl auch über die Elben hier im Lager gekommen waren. Nur noch wenige kämpften, die meisten davon allerdings noch immer rund um das Lagerfeuer und dort wiederum über Legolas. Die Zwillinge wüteten zwischen seinen Angreifern. Amonir war keine Hilfe mehr. Der Stab war ihm längst entglitten und er unter dem Blutverlust der Stichwunde in die Knie gegangen. Ein von Fressgier überwältigter Nârandir sprang von der Seite auf ihn zu.
„Vorsicht!" hörte man Galen schreien. „Amonir"
Der Nârandir kam nie an seinem Ziel an. Noch in der Luft kollidierte seine Kehle mit Galens Stab und schleuderte ihn tot gegen die hohen Wurzeln an den Lagerseiten. Binter, denn niemand anders hatte den Stab geschwungen, drehte sich gerade einmal um die eigene Achse und fiel dann der Länge nach auf den Boden.
Zwischen den letzten flüchtenden Nârandir hindurch hasteten Aragorn und Galen in das Lager zurück.
„Erus Licht!" stieß Aragorn hilflos hervor und sank neben Legolas auf die Knie.
Er schlang einen Arm um dessen Schultern und richtete ihn etwas auf. Legolas quittierte alleine die Berührung bereits mit einem schmerzvollen Stöhnen. Seine sonst so robuste Wildlederkleidung war an den Armen, den Beinen und den Schultern an zahllosen Stellen aufgerissen, Blut bedeckte die nackte Haut darunter und wo er nicht blutete, bildeten sich bereits tiefrote Flecken, in denen deutlich die Abdrücke von Zähnen zu erkennen waren. Am schlimmsten jedoch war der von Grauen verdunkelte Blick aus seinen weitgeöffneten Augen. Aragorn mochte sich gar nicht vorstellen, wie sich der Waldelb gefühlt hatte, als diese Kannibalen über ihn hergefallen waren.
Galen tauchte kurz bei ihnen auf, fieberhaft glitten seine schlanken Finger über die Verletzungen, dann sprang er wieder auf.
„Nicht so schlimm", stieß er hervor. „Ich bin sofort wieder da. Elladan, nimm etwas von der Paste aus dem Tiegel und fang schon bei ihm an."
Damit war er auch schon wieder weg und stürzte sich regelrecht auf Amonir, um dessen Bein der Waldboden bereits vom Blut getränkt war. Aragorn wollte protestieren, aber Legolas schüttelte kurz den Kopf.
„Ich bin nicht so schwer verletzt", stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor und beobachtete misstrauisch, wie sich ihm Elladan mit einer Hand voller Mordor-Paste näherte. „Das wirst du nicht tun, Elronds Erbe."
„Halt die Klappe, Thranduilion!" knurrte Elladan finster. „Deinetwegen habe ich eben graue Haare bekommen. Das bezahlst du mir jetzt."
Aragorn hatte Legolas schon immer für einen äußerst beherrschten Elben gehalten und diesmal erfüllte ihn sogar tiefste Bewunderung, denn der Waldelb knirschte zwar mit den Zähnen und Tränen liefen seine Wangen herunter, aber nicht ein Laut kam über seine Lippen, als Elladan die blutigen Bisswunden mit der Paste bestrich.
„Solltet Ihr nicht in der Quellstadt bleiben?" erkundigte sich der Waldelb stattdessen mit flacher Stimme bei Hauptmann Caeril, kaum hatte Elladan sein Werk vollendet und sie ihn wieder auf die Beine gestellt.
Caeril, der die Verarztung wortlos beobachtet hatte, lächelte sehr unschuldig. Aragorn hätte schwören können, dass so etwas wie Schadenfreude in den Tiefen seiner Augen glitzerte. „Wir sind zufällig hier, Hoheit. Eigentlich wollten wir uns nur ein bisschen die Gegend ansehen. Wälder sind immer sehr interessant."
„Zum Glück ward Ihr in der Nähe", freute sich Galen und klopfte dem Hauptmann dankbar mit einer blutigen Hand auf die Schulter. Amonir wurde gerade von Elrohir gegen eine der Wurzeln gelehnt. Es schien ihm wieder besser zu gehen. „Wir hätten Euch wohl besser von Anfang an mitnehmen sollen."
„Ja, das hättet Ihr wohl", nickte Caeril und ließ seinen Prinzen nicht aus den Augen, während er gleichzeitig Galens blutigen Fingern auswich.
„Mein Fehler", brummte Legolas widerstrebend.
„Mann, das war was", ertönte eine fröhliche Stimme hinter ihnen. Binter rappelte sich ebenfalls wieder auf und sah mit glänzenden Augen in die Runde. „Und ich dachte erst, Faronars Spezialtropfen ist daran Schuld."
Elladan verneigte sich leicht vor dem Sterblichen. „Du hast dich tapfer geschlagen, Binter."
„Ja?" wunderte sich der so Gelobte, bevor er Legolas einmal von oben bis unten musterte und dann grinste. „Haben sie dich angenagt, elbische Hoheit?"
„Er sieht zumindest so aus", kicherte Aragorn unbeherrscht und fing sich einen empörten Blick seines Freundes ein. „Entschuldige, Legolas, das ist die pure Erleichterung."
Legolas machte sich von ihm los, kratzte an königlicher Haltung zusammen, was er in seinem Zustand finden konnte und atmete dann einmal tief durch. Aragorn ahnte bereits, was nun kommen würde und verschränkte düster die Arme vor der Brust.
„DU solltest hier am vorsichtigsten sein", verkündete sein Freund langsam und deutlich. „Ich rieche schließlich nicht nach Babyseife."
„Erdbeere", rief Galen vom Rand des Lagers aus, wo er sich interessiert über die noch qualmende Leiche eines Nârandir gebeugt hatte.
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Die Dämmerung setzte ein. In diesem unentschlossenen Licht zwischen Tag und Nacht war langsam zu erkennen, dass Inmer von Talbruch nicht nur ein einfacher Gutsherr, ein größerer Bauer war, sondern Talbruch eher ein Ansiedlung, die sich rund um ein mächtiges graues Steinhaus mit zahllosen Nebengebäuden gruppierte.
In Varyas Zimmer lösten sich die wenigen Möbel und Einrichtungsgegenstände nun aus dem nächtlichen Schatten. Man hatte sie nicht schlecht untergebracht, seit sie mitten in der Nacht hier angekommen waren. Es hätte das Zimmer für einen Gast sein können, wenn nicht die dicken Eisenstäbe vor dem Fenster wären und das große Schloss an der stabilen, schmucklosen Zimmertür.
Varya öffnete das Fenster und prüfte mit nur wenig Hoffnung die Verankerung der Gitterstäbe. Sie versuchte, dabei nicht auf ihre Handfesseln zu blicken, die zwar recht leicht waren, aber dennoch tonnenschwer auf ihr Gemüt drückten.
Als der Riegel im Schloss der Tür zurückschnappte, machte sie sich nicht einmal die Mühe, das Fenster wieder zu schließen, sondern drehte sich nur langsam um. Inmer betrat den Raum, gefolgt von einem wahrhaften Riesen, der den grauhaarigen Kopf einziehen musste, um nicht gegen den Türsturz zu stoßen.
„Ihr werdet diese Gitter auch mit Euren Kräften nicht lockern können", meinte Inmer sofort.
„Ein Versuch war es Wert", antwortete sie kalt. „Es ist jeden Versuch Wert."
„Warum könnt Ihr Euch nicht in dieses Schicksal fügen?" seufzte er kopfschüttelnd. „Wenn Eure Aufgabe hier vollendet ist, werde ich Euch freilassen."
Varya sparte sich eine Antwort. Vielleicht glaubte Inmer sogar selbst an seine Worte, aber dieser Mann hinter ihm hatte einen so harten Ausdruck in den Augen, dass ihr jede Illusion genommen war. Inmer hatte ihn als Evan, seinen Schwertmann, vorgestellt, als sie tief in der Nacht am Ufer des Celduin mit Pferden von ihm erwartet worden waren. Egal, was Evan von der Entführung einer Elbin hielt, er würde alles tun, um die Rache der Erstgeborenen an seinem Herrn zu verhindern und dazu gehörte, dass niemals bekannt wurde, wo Varya abgeblieben war.
„Habt Ihr gar nicht geschlafen?" wollte Inmer regelrecht bekümmert wissen, da das Bett unberührt war.
„Wir brauchen nicht sehr viel Schlaf", antwortete sie und ließ alle Arroganz ihrer Art in diese Antwort einfließen. „Wie geht es nun weiter, Inmer?"
„Folgt mir", meinte er nur und verließ wieder den Raum.
Evan packte Varya am Arm und zog sie neben sich her durch den ersten Stock des Gutshauses, in dem die Bewohner erst langsam erwachten. Es war schlicht in seiner Ausstattung, bäuerlich und irgendwie sehr menschlich. Die Leichtigkeit fehlte, die alle elbischen Wohnstätten auszeichnete, selbst die bescheideneren Wohnorte der Rhûna.
Weit führte der Weg sie nicht, nur auf die andere Seite des Hauses, zu einer Doppeltür, die sich ohne jedes Geräusch öffnen ließ. Varya wurde in einen großen, trotz der sommerlichen Wärme von einem Kaminfeuer erhellten Raum geführt. In einem Lehnstuhl saß dort eine ältere Frau, die sich bei ihrem Eintritt erhob.
„Es ist gut, Karen", sagte Inmer sofort beschwichtigend. „Ich habe endlich eine Heilerin gefunden. Wie geht es ihr?"
Ein verunsicherter Blick glitt zu Varya, die in gespannter Aufmerksamkeit diese kurze Unterhaltung verfolgte. „Nicht sehr gut, Herr. Sie leidet."
Inmer schien in sich zusammenzufallen. „Ich weiß, aber jetzt wird sich das ändern."
Auf einen Wink von ihm schob Evan sie tiefer in den Raum hinein, auf einen großen Alkoven zu, dessen Vorhänge geschlossen waren. Inmer nahm eine Öllampe vom Kamin, zündete sie an und folgte ihnen dann. Wortlos blieb er vor dem Alkoven stehen und zog dann beinahe widerstrebend den Vorhang zurück.
Varya hatte sich unter Kontrolle. Sonst war dies nicht ihre Stärke, aber hier ging es um ihre Fähigkeiten als Heiler und gegenüber Kranken war sie noch nie ungeduldig oder unbeherrscht gewesen. Doch es fiel ihr schwer, sehr schwer. Sie hatte nicht mit dem Anblick gerechnet, der sich ihr bot.
„Das ist Lianna", sagte Inmer leise. „Meine Tochter."
Ausdruckslos betrachtete Varya den zierlichen Körper, der unter einem fast durchscheinenden, hauchzarten Baumwolllaken in seinen Umrissen zu erkennen war. Sie war eine gute Heilerin, eine sehr gute und voller Kraft. Ihre Begabung erreichte die Galens und würde sie wahrscheinlich mit den Jahren übertreffen.
Aber hier würde sie scheitern, sie hatte nicht den Hauch einer Chance.
„Es geschah im letzten Herbst", drang Inmers Stimme wie aus weiter Ferne zu ihr. „Eines der großen Gewitter kam über das Tal."
Die Narben bedeckten die linke Gesichtshälfte. Rötlich-weiß war die Haut dort zu einer Grimasse verschmolzen, die den Kontrast zu den weichen, kindlichen Zügen der anderen Hälfte noch größer erscheinen ließen. Nur die Mulde der Augenhöhle war zu erkennen, jetzt überspannt mit einer zerklüfteten Schicht verbrannter Haut, ein Teil der Nase war ebenfalls betroffen, der Mund links ohne Lippe, zu einem unfreiwillig schiefen Grinsen hochgezogen. Die Vernarbung zog sich am Hals herunter über den Körper, der unter dem Laken verschwand.
„Ein Blitz schlug in das Stalldach ein und entfachte ein Feuer. Lianna ließ sich nicht aufhalten, sie wollte unbedingt ihr Pferd herausholen." Inmer sank auf die Bettkante und griff nach der unversehrten rechten Hand. „Evan rettete sie."
Er hätte es lieber bleiben lassen sollen, ging es Varya durch den Kopf. Sie zuckte beinahe zusammen, als sich das unversehrte rechte Auge öffnete. Samtiges Braun schimmerte im Licht der Öllampe. Samtig und beinahe leer, bis auf eine Erinnerung von Leben tief auf seinem Grund. Da war nicht nur dieses Feuer gewesen.
„Was geschah noch?" fragte Varya leise.
„Ein Teil des Dachstuhls brach zusammen und einer der Balken traf sie." Bei diesen Worten strich Inmer die lockigen, dunklen Haare zurück, die jemand sehr geschickt auf der rechten Kopfseite drapiert hatte. Eine tiefe Mulde an der Schläfe wurde nun enthüllt. „Seitdem spricht sie nicht mehr viel, ist wieder wie ein Kind."
Varya beugte sich etwas vor und legte die Fingerspitzen auf diese Deformation. Schäden, Verlust und ein Verstand, der im endgültigen Dämmer lag enthüllte sich ihren feinen Sinnen. Sie hatte es geahnt, befürchtet.
„Nun?" fragte Inmer ängstlich, als sie die Hand wieder zurückzog.
„Wo immer Eure Tochter ist", sagte Varya langsam, „hier ist es jedenfalls nicht."
„Dann holt sie zurück", forderte er heftig. „Ihr könnt heilen, vollbringt wahre Wunder. Holt sie zurück und bringt diese Narben zum Verschwinden!"
Unwillkürlich wich sie vor ihm zurück, nur um mit dem Rücken gegen die Spitze eines Dolchs zu stoßen, der offenkundig nun in Evans Hand lag. So kam sie nicht weiter und wenn sie die Wahrheit aussprach, war sie so gut wie tot.
„Ich kann es versuchen", log sie. „Aber diese Narben...Inmer, Ihr kennt mein Volk. Habt Ihr jemals bei einem von uns eine Narbe entdecken können?"
„Worauf wollt Ihr hinaus?"
„Ich habe keine Erfahrung damit", sagte sie mit leichter Ungeduld. „Warum auch? Wir behalten von keiner Verletzung etwas derartiges zurück. Ich weiß nicht, was ich anstellen soll, um sie zu beseitigen. Ihr solltet einen Eurer menschlichen Heiler um Rat bitten."
Sie las in seinem Gesicht, dass diese Heiler ihm die Antworten gegeben hatten, die sie nicht wagte auszusprechen. Nun, womöglich hatte er den Menschen nicht gerade einen Dolch in den Rücken gehalten.
„Versucht es!" verlangte er mit krankhaftem Starrsinn. „Eher geht Ihr nicht."
„Ich muss erst nachdenken", seufzte sie ergeben. „Vielleicht geht es über Umwege. Drängt mich nicht."
Nach kurzem Zögern nickte er und auf einen Wink von ihm packte Evan sie wieder und zerrte sie zurück zu ihrer komfortablen Gefängniszelle.
„Ich kenne Eure Art, Eure Kälte und Verachtung für uns Sterbliche", knurrte der Hüne, kaum waren sie dort angekommen. „Ihr werdet meinen Herrn nicht betrügen."
„Er betrügt sich selbst", murmelte sie unwillkürlich.
Varya flog fast durch den ganzen Raum, als sie der Handrücken des Mannes im Gesicht traf. Entsetzt sah sie zu ihm auf.
„Wagt es nicht, ein Wort dieser Art zu ihm zu sagen", warnte er sie, bevor er sich umdrehte und hinausstürmte.
Mühsam rappelte sie sich auf und stolperte zu ihrem Bett hinüber. Ihr ganzes Gesicht schmerzte. Dies Ganze war ein Tanz auf einem halbzerrissenen Seil weit über dem sicheren Grund. Sie konnte nur hoffen, dass sie bald gefunden wurde. In der Zwischenzeit...Varya griff zur letzten ihr verbliebenen Möglichkeit – sie brach schlicht und ergreifend in Tränen aus.
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Der Ithildrim kniete neben der enthaupteten Leiche eines Nârandir auf dem Boden, Estel befand sich auf der anderen Seite. Beide hatten sich über den Kadaver gebeugt und untersuchten interessiert dessen Kleidung. Elronds Söhne und der Prinz standen zwei Schritte von ihnen entfernt, Legolas auf Galens Stab gestützt. Er schien Schmerzen zu haben, auch wenn er sich nur wenig anmerken ließ. Weinerlichkeit war noch nie eine Schwäche gewesen, die man ihm vorhalten konnte. Das hatte er von seinem Vater geerbt. Das und eine übergroße Unabhängigkeit, dazu war es ihm völlig gleichgültig, was andere von ihm hielten. Außerdem bürdete er anderen niemals Gefahren auf, denen er sich nicht selber stellte. Ebenfalls eine Eigenschaft, die Thranduil auszeichnete und die seine Leibwache regelmäßig an den Rand der Trunksucht trieb.
Er war ein großartiger Prinz und würde vielleicht irgendwann ein noch großartigerer König werden. Vorausgesetzt, er erlebte diesen Tag. Seine Aussichten sanken rapide mit jedem neuen Abenteuer, in das er sich so bereitwillig hereinziehen ließ.
Ich hätte ihn damals nicht auffangen sollen, als er mit fünf Jahren vom Balkon gefallen ist', ging es Caeril durch den Kopf, während er die Gruppe weiter schweigend beobachtete. Vielleicht wäre es ihm sonst eine Lehre gewesen und er würde jetzt vorsichtiger sein.
„Eindeutig Menschen", stellte Galen fest. „Ich schätze, sie leben sonst irgendwie unterirdisch oder in Höhlen."
„Wie du", stichelte Lord Elladan in Richtung des Kronprinzen. „Erkennst du vielleicht einen von ihnen?"
In Legolas Augen trat ein bedrohliches Funkeln, auch wenn er Elronds Sohn keines Wortes würdigte.
„Primitiver", erklärte Galen, völlig unbeleckt von der Ironie des Bruchtal-Erben. „Ihre Haut ist unter dem ganzen Dreck und den Bemalungen sehr hell und ich schätze, dass ihre Augen überaus lichtempfindlich sind. Das erklärt auch, warum sie immer nur nachts angreifen."
„Und was hatte das mit dem Rauch auf sich?" wollte Lord Elrohir wissen.
Auf die Antwort war Caeril allerdings gespannt. Ihm war fast das Herz stehen geblieben, als er den Kampfplatz erreicht hatte und er diese herumwirbelnden Rauchsäulen erblickt hatte. Allerdings war nichts so erschreckend gewesen, wie die ganze Wolke von Rauch über den kaum zu identifizierenden Bestandteilen seines Kronprinzen.
Nein, ich hätte ihn wirklich nicht auffangen sollen. Eru verfluche meine Reflexe.
Galen beugte sich noch tiefer über den Nârandir und schnüffelte an dem Fellumhang herum. Estel tat es ihm natürlich sofort gleich.
„Wie junge Hunde", murmelte Elwaloth, der gleich ihm die Leibwache vor langen Jahrhunderten verlassen hatte, um lieber in aller Ruhe Düsterwalds Grenzen zu bewachen. „Warum packen wir den Kadaver nicht einfach ein und untersuchen ihn in der Quellstadt?"
Der Rhûna tastete auf dem Fell herum, hielt seine Finger an die Nase und rieb dann etwas heftiger auf dem Toten herum. Sofort stieg wieder Rauch auf.
„Hah, dachte ich es mir doch!" erklärte er triumphierend. „Es ist eine Mischung aus Mineralien und Pflanzen. Genau kann ich sie nicht bestimmen, aber Gilnín wird es sicher gelingen. Man löst mit der Reibung eine Reaktion aus. Seht ihr?"
„Gilnín wird noch warten müssen", erklärte Lord Elladan. „Erst müssen wir rausfinden, wohin diese Biester verschwunden sind. Ich denke, sie werden diesmal eine nette Spur hinterlassen haben."
Caeril wandte sich Elwaloth mit einem boshaften Lächeln zu. „Reicht dir das als Antwort?"
„Er lernt es nie", murmelte sein Freund und gab den anderen Wächtern ein Zeichen, sich für den Aufbruch bereit zu machen. „Thranduil wird uns umbringen."
„Und zwar sehr langsam", bestätigte Caeril. Egal, was der Kronprinz zur Beruhigung immer sagte, er kannte den König besser. Es würde sein Herz brechen, den Jungen zu verlieren und mit Sicherheit auch seinen Verstand verdunkeln. Zorn war nur eine andere Art des Wahnsinns und Thranduil konnte sehr zornig werden, wenn es um das Wohlergehen seines einzigen Kindes ging.
„Du kannst solange meinen Stab als Stütze haben", bot Galen gerade dem Prinzen an, weil dieser ihm die Waffe zurückgab.
„Es geht schon", wehrte Legolas ab und straffte sich etwas. Auch wenn er mit seiner fast zerfetzten, blutverschmierten Kleidung ein Bild des Jammers war, würde er Schwäche nie zugeben.
Ich hätte mich einfach nur umdrehen müssen und er wäre in dieser Eibenhecke gelandet. Caeril seufzte. Sollte Legolas jemals ein Kind haben, werde ich den gleichen Fehler nicht nochmals machen.
Das Leben war wie immer eine Abfolge verpasster Gelegenheiten. Caeril stellte das nicht zum erstenmal fest, während er sich anschickte, nun tiefer in diesen unsäglich dichten Wald einzumarschieren. Eines musste man Lord Elladan allerdings lassen – seine Einschätzung, dass sie eine Spur finden würden, traf genau ins Schwarze.
Caeril hielt eigentlich sehr viel von Lord Elrond Söhnen, auch wenn er in den letzten Wochen manchmal den Eindruck gehabt hatte, dass diese beiden leider keiner bei einem lange zurückliegenden Balkonsturz aufgefangen hatte und sie sich verheerende Kopfverletzungen zugezogen haben mussten, die selbst Elrond nicht völlig hatte heilen können. Eine ähnliche Vermutung hegte er allerdings auch bezüglich Estel und nicht zuletzt Galen. Der Rhûnar-Elb war teilweise wirklich bizarr, aber das schien hier zum guten Ton zu gehören. Nach allem, was man von Varya in Düsterwald erlebt hatte, gehörte Galen sogar noch zu den ruhigeren Vertretern. Zumindest machte er keine Experimente, bei denen ganze Paläste zu wackeln begannen.
Eru meinte es einfach nicht gut mit ihm, sonst hätte er vielleicht darauf verzichtet, dass die Nârandir eine derart deutliche Spur hinterließen, mit der es sich gar nicht verhindern ließ, dass sie ihnen folgen konnten. Amonir führte sie leicht humpelnd weg von dem Lagerplatz und immer tiefer in den Wald hinein. Anfangs konnten sie einfach der Schneise folgen, die diese Rattenmenschen in die Pflanzen gebrochen hatten. Je weiter sie allerdings kamen, desto mehr mussten sich die Flüchtenden wieder gefasst haben. Die Zeichen wurden schwächer und zuletzt war es eigentlich beinahe unmöglich, die Spur weiter zu verfolgen. Amonir gelang es trotzdem. Er sah, was allen anderen verborgen blieb.
„Ich hoffe, er verirrt sich nicht", überlegte Estel in seiner wirklich herzerwärmenden Art.
„Amonir verirrt sich niemals!" erklärte Galen etwas verschnupft.
‚Nicht noch eine Streiterei!' Caeril unterdrückte ein gequältes Aufstöhnen. Er warf einen beschwörenden Blick zu seinem Prinzen.
„Estel", begann Legolas dann auch prompt und atmete tief ein. „Wenn er die Spur verliert, dann höchstens, weil deine Babyseife seine Sinne verwirrt."
„Warum hackt eigentlich jeder nur auf mir rum?" empörte sich der Sterbliche. „Galen riecht genauso."
Lord Elrohir beugte sich zu dem Ithildrim und sog prüfend die Luft ein. „Nein, eindeutig nicht. Galen riecht so wie immer – eine Kräuterkammer auf zwei Beinen. Aber du riechst wirklich wie damals, als du noch sehr niedlich und klein warst."
Ungefähr so groß wie eine Fußbank, nach der Geste des Noldo zu schließen.
„Eine Kräuterkammer?" echote der Ithildrim, während Estel seinen Bruder mit Blicken durchbohrte. Interessiert drehte er den Kopf zu seiner eigenen Schulter und roch. „Hm, stimmt. Ich frage mich,..."
Sie erfuhren nie, welche rätselhaften Phänomene das allzeit aktive Gehirn des Ithildrim wieder beschäftigten, denn Amonir bedeutete ihnen mit einem leisen Zischen, dass sie ihrem Ziel nahe waren.
Es waren nur noch wenige Minuten durch den dichten Wald, dann bemerkten es auch alle anderen. Wieder war es der Geruch, der die Nârandir verriet. Ein anderer diesmal, vertraut in seiner Widerwärtigkeit. Wer ihn einmal in seinem Leben erfahren hatte, vergaß ihn niemals wieder.
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feanen: Er fängt eben langsam mit dem Falten an und Umbringen kommt auch noch. Versprochen
Eirien: Hüstel, also die Chancen standen zumindest heute gut. Sonst kann ich meinen Schreibvorsprung doch nicht halten !treuerBlick!. Tja, der gute Erestor, er verdient vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit.
Ithiliell: Immer noch angemessen? Hm, mal sehen, was du zu seinen späteren Reaktionen sagst. Varya ist jetzt ein bisschen hilflos, so ganz alleine, ohne ihren König, mitten unter Menschen. Wenn sie Glück hat, werden ihr die Zähne nicht ausgeschlagen.
Airihnaa: Ich fand die Vorstellung einfach nur sonnig, wie sie durch jede Ritze kommen. Außerdem ist der König eben vorsichtig. !klugerThranduil!
Aragorn kommt mit Nagetieren wohl nicht so gut klar, wie mit den grünen Viechern aus der Elben-Ghostbuster-Sequenz. Aber man lernt ja noch. Varya lernt auch noch. Wie es ist, wenn man gar nichts machen kann.
Deine Geschäftsidee hat doch was. Kriegen die Zwillinge denn auch so nette, knappe Outfits an wie die Zigarettenmädchen aus den Clubs !sabber! und Thranduil wird unser bester Kunde.
Eowyn: Jetzt hab ich ihn wieder ausgegraben, abgeklopft und gekämmt. Sieht wieder ganz okay aus. Die paar Bisswunden stören bei ihm nicht. Gibt ihm doch was Verwegenes. Ich würde ihm doch nicht ernstlich wehtun.
Serena: Schön, dass du noch da bist. Die Sterbeszene war auch gar nicht so einfach. Ich hatte den kleinen Engel immer so deutlich vor Augen. Wenn er nicht diesen Namen gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich doch noch umgedreht.
Thranduil macht mir so am meisten Spaß. Nicht böse, aber auch nicht zu glatt. Er liebt seinen Sohn, er liebt sein Königreich und seine persönliche Hexe eben auch.
Die bekommen ihren Rattenfänger auch noch, nur nicht mit einer Flöte. Elladan kennt da andere Mittel. !mehrwirdnichtverraten!
Shelley: So viele Cliffies hab ich gar nicht. 13.Krieger, mag ich sehr den Film. Aber ich hol hier keine komische Urmutter vor, nee, lieber nicht.
Atropos: Habe ich je angenommen, du wärst zimperlich? Und das dünne Rinnsal Romantik sei dir doch auch vergönnt. Ich stelle mir gerade vor, wie du so am Puzzeln bist. Das Teil gehört zu Haldir, das zu Elrond, ach nein, vielleicht eher zu Legolas. Puzzeln soll sehr entspannend sein !ggg!. Dann müssten dir die Rattengesichter eigentlich gefallen, die haben auch so ihr persönliches Puzzle dabei, im nächsten Chap.
Dieses Angenagt-Wort kommt schätzungsweise bei Legolas eine Weile nicht mehr so gut an. Einmal Futter, gezeichnet fürs Leben. Ich weiß, er soll sich nicht so anstellen, aber sein Zweitjob als Baumbehang bei dir ist doch auch anstrengend. Vielleicht solltest du wirklich die Altherren-Riege etwas mehr stressen. So ein Trainingsparcours nach lara croft Art für Elrond. Den müsste er eigentlich mit einem müden Lächeln schaffen !bätsch,Glorfindel!
Und Varya ist zwar etwas fertig mit der Welt – Elben sind Gefängnis sicher nicht gewöhnt – aber sie wird mit Inmer wohl besser keine Ansicht ihres Gefühlslebens austausche. Außerdem ist Thranduil besessen von Juwelen. Ein Sammlerstück ersetzen, Thranny?, nie im Leben.
Sarah: Sag bloß, ihr habt die Telekom endlich besiegt? !staun!. Hast mich mächtig überrascht und gefreut. Ist ja gut, ich hab schon genug Schelte wegen dem Kleinen bekommen. Es passiert nicht mehr. Und seine Mama? Er hatte nur noch seinen Adar und der ist ja nun leider auch tot.
Die Rhûna sind schon recht hart, aber es bekommt wohl keinem von ihnen, gefangen zu sein. Varya ist ja auch noch sehr jung. Wen sie da heilen soll, hat sich wohl gerade beantwortet und was Derk zustößt auch !ggg!. Hinner ist noch dabei, hm, nur den Wunsch mit Erestor kann ich nicht erfüllen. Erestor sollte eine eigene Story haben, verdient hätte er sie. Vielleicht Heiler 3 oder so.
Seniwallenstein: Wieder da? Klasse, sofort mal nach der Nanny schauen geh. Nein, Thranduil hat keine gute Laune mehr und noch mehr Nein was die Gnade angeht. Da kann Elrond noch so sehr vermitteln. Wirst schon sehen. Erestor erfreut sich offenbar wachsender Beliebtheit. Also gut, ich werde ihn zu großer Form auflaufen lassen, aber nicht bei den Geistern. Der Schattenelb passt da nicht mehr in mein Konzept, an dem ich mich angestrengt entlang hangele, um nicht die Orientierung zu verlieren. Sturm-und-Drang-Brigade gefällt mir. Das klingt viel besser als Chaotentrupp.
Donnfindel: Auf dem Weg nach Bruchtal? Pass gut auf dich auf. Beim letzten Mal war da ein Speer im Weg und es brauchte einen sehr guten Freund, der zu Hilfe eilte und bereit war, bis zum letzten zu gehen. Andererseits ist eine wundervolle Erzählung daraus geworden, es hatte also durchaus seinen Sinn. Jaja, die Valar sind weise.
Nârandir ist eigentlich sehr frei zusammen gesetzt aus den Worten für Ratte und Wanderer. Sehr frei, denn mein Sindarin ist unterirdisch, moriamäßig tief unten. Ich bewundere immer diejenigen, die ganze Sätze in Sindarin in ihren Storys haben !neidischbin!
Varya ist eben noch sehr jung. Ich schätze, Thranduil dürfte das 30fache an Lebenserfahrung haben, Glorfindel noch ein bisschen mehr und sehr viel reifer sind die beiden Herren ja nun auch nicht. Außerdem ist alles deine Schuld. Man/elb ist eben nicht so lange von Bruchtal weg, wenn man/elb weiß, was die Chaoten ansonsten anstellen. Auch noch den Erzieherhut an Glorfindel weitergeben, wie kann man nur? So, jetzt wissen wir es, Donnfindel ist an allem Schuld. !erleichtertaufatme!
