Disclaimer: Alles gehört Tolkien bzw. seinen Erben. Es ist nur geliehen bzw. an sein Werk angelehnt und wird auch wieder zurückgegeben. Meine Rechnungen kann ich jedenfalls nicht davon bezahlen, weil ich kein Geld damit verdiene.
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16. Kapitel: Schnelligkeit ist alles
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Selbst Elrond, der immerhin wusste, dass die Hilfe in unmittelbarer Nähe wartete, war nicht wirklich darauf gefasst, wie diese Hilfe nun zu ihnen kam. Varya fest an sich gedrückt, drehte er sich leicht zur Seite, als das Fenster mit solcher Wucht aufgestoßen wurde, dass die Flügel seitlich an die Mauern stießen und die Scheiben mit lautem Klirren zersprangen.
Schulter an Schulter setzten Thranduil und Forlos in einem Sprung über die Fensterbank, drehten noch in der Luft eine Rolle und kamen mitten im Raum auf den Füßen zum Stehen, die gezogenen Schwerter in der Hand. Zum Glück für Inmer und auch für Evan, der noch vor der Tür wartete, konnte keiner der beiden sehen, was Elrond zuvor durch Mark und Bein gegangen war. Er hatte zwar gewusst, dass die Zeit immer knapper geworden war, endlich in Varyas Nähe zu kommen, doch irgendwie hatte er doch nicht damit gerechnet, dass man sie derartig zurichten würde. Ein Blick Thranduils auf Varyas zerschlagenes Gesicht und keiner der Sterblichen hätte die nächste Minute überlebt.
So hingegen starben zunächst nur die beiden Wachen, die hinter Inmer Position bezogen hatten durch das Schwert des Hauptmannes. Forlos hatte Evan einfach in den Raum hinter sich gerissen und dann die überraschten Wachen mit jeweils einem einzigen Schwertstreich getötet. Die Frau, die auf der Bettkante des Alkoven gesessen hatte, sank auf die Knie und begann, hysterisch zu schreien, verstummte aber abrupt, als Elrond ihr einen scharfen Blick zuwarf.
Thranduil stieß Inmer Richtung Kamin, das Schwert dicht unter der Kehle des Mannes und ließ dabei gleichzeitig Evan nicht aus den Augen, der von Forlos mit einem unfreundlichen Stoß auch dorthin befördert wurde, bevor er die Zimmertür zuschlug und nicht nur den Schlüssel im Schloss drehte, sondern auch noch einen Stuhl unter der Klinke verkeilte.
„Nennt mir einen Grund, Euch am Leben zu lassen!" brüllte Thranduil Inmer an. „Und macht schnell, Inmer von Talbruch."
Er erhielt keine Antwort. Inmer stand einfach da, als befände er sich mitten in einem Traum, einem Albtraum, so kreideweiß war sein Gesicht. Evan hingegen schien fieberhaft zu überlegen, wie er aus dieser Lage entkommen konnte. Er konnte nicht wirklich so dumm sein, sich gegen sie eine Chance auszurechnen.
Auf eine Geste des Königs hin übernahm Forlos die Bewachung. Thranduil, noch immer das Schwert in der Hand, drehte sich zu Elrond um. „Ihr seid unversehrt?"
Elrond nickte nur stumm.
„Varya?" Thranduil runzelte irritiert die Stirn, weil die Ithildrim sich immer noch an Elrond drückte und ihr Gesicht halbwegs erfolgreich zwischen Elronds Schulter und ihren Haaren verbarg. „Sieh mich an."
Noch länger konnte sie es kaum herauszögern. Elrond spürte, dass es sie eigentlich drängte seine Arme mit denen des Königs zu tauschen, sie aber andererseits wusste, dass Thranduil eine ganz andere, tödlichere Beschäftigung wählen würde, wenn er ihr Gesicht zu sehen bekam.
„Es sind nur Prellungen", murmelte sie gegen seine Jacke.
Nein, damit beruhigte sie Thranduils ohnehin gerade nicht sehr ausgeglichenes Gemüt jedenfalls nicht. „SIEH mich jetzt an!"
„Aber reg dich nicht auf", verlangte sie und wandte ihm widerstrebend den Kopf zu.
Elrond kannte bereits, was Thranduils schmale Augen nun erblickten. Egal, wer dafür verantwortlich war, er hatte ganze Arbeit geleistet. Verfärbte Prellungen an ihren Wangenknochen, ein halb zugeschwollenes Auge, die rechte Augenbraue geplatzt und noch nicht behandelt und ein tiefer Riss in ihrer Unterlippe verunstalteten die zarten Ithildrim-Züge fast bis zur Unkenntlichkeit. Hinzu kamen die eingetrockneten Blutspuren an ihrem Hals von einer Verletzung am Ohr, die Ahnungen von weiteren Prellungen wo immer kein Stoff ihre Haut bedeckte und das leichte Zittern in ihrer linken Hand, das nur von einem gebrochenen Handgelenk stammen konnte. Elrond bezweifelte, dass sie es schon bemerkt hatte.
Ausgerechnet diesen Moment meinte Evan nutzen zu müssen, einen der Zinnkrüge vom Kamin nach Forlos zu schleudern. Als der Hauptmann sich duckte, schlug Evan die Schwertklinge beiseite und stürmte auf ihn zu, um ihn mit seinem Gewicht umzureißen. Forlos hätte ihn wohl auch alleine überwältigt, aber Thranduil wollte in diesem Moment Blut sehen und Evans Versuch kam ihm da gerade recht. Thranduil war schnell - selbst für die Maßstäbe eines Erstgeborenen. Evan konnte wohl nur einen silbrigen Schatten gesehen haben, der zwischen ihm und Forlos auftauchte. Der Sterbliche riss die Augen auf, seine Hände umfassten unwillkürlich das Schwert, das nun fast bis zum Heft in seinem Magen steckte und er starrte hoch zu Thranduil, der sich über ihm erhob wie ein Rachegott.
Eine unwirkliche Stille breitete sich aus. Geräuschlos und sehr langsam sank Inmers Schwertmann vor dem Waldelbenkönig in die Knie, noch immer die Klinge in seinen Eingeweiden. Erst als er nach hinten wegsackte, mit dem Oberkörper im Kaminfeuer landete, glitt das Schwert wieder aus seinem Körper hinaus, tiefrot gefärbt von seinem Blut und ohne auch nur die geringste Bewegung, die darauf hindeutete, dass Thranduil etwas für den Toten empfand. Nicht einmal Genugtuung zeigte sich auf seinen Zügen, als er sich wieder zu den anderen umdrehte.
„Bastard!" Der eisige Blick richtete sich als nächstes auf Inmer.
„Nicht!" rief Varya überraschend und deutete auf den Alkoven. „Lass ihn, Thranduil, es ging ihm nur um seine Tochter, sein einziges Kind. Er ist schon genug gestraft."
Es war schwer zu sagen, was Thranduil zurückhielt. Varyas Worte alleine wohl nicht, auch wenn es die einzigen waren, die wenigstens eine Spur Verständnis in ihm wecken konnten. Elrond schätzte vielmehr, dass es die Gewissheit war, wie wenig Zeit ihnen noch blieb, heil dieses Gebäude zu verlassen. Vor dem Fenster war ein heller Schein erkennbar. Das ganze Dach musste bereits lichterloh brennen, im Raum selber machte sich ein Übelkeit erregender Geruch breit, der von Evans ebenfalls in Flammen stehender Leiche kam und vor der Tür waren die eindeutigen Geräusche eines Kampfes zu hören.
Schließlich nickte Thranduil kurz und nahm Evans Schwert vom Boden auf, um es Elrond zuzuwerfen. „Wir müssen durch das Haus. Varya, du bleibst bei Elrond. Rühr dich nicht von seiner Seite, egal, was passiert."
„Thranduil..." Sie hob ihre Arme etwas und die drei Elben starrten einen Augenblick auf die silbernen Bänder, die ihre Hände aneinander ketteten. „Könnten wir vielleicht vorher diese Dinger entfernen?"
Es war jetzt wirklich nur noch ein Hauch, der Inmer von einem schnellen Tod trennte. Thranduil fuhr zu ihm herum, packte ihn am Genick und stieß ihn quer durch den Raum. „Schließ sie auf!" befahl er gefährlich leise. „Sofort und komm mir nicht damit, dass du den Schlüssel nicht hast."
Inmer erwachte endlich aus seiner Erstarrung. Hastig fasste er in eine Tasche seiner Jacke und holte einen überraschend kunstvollen Silberschlüssel hervor. Seine Hände zitterten etwas und seine Augen wanderten die ganze Zeit wachsam zwischen den Elben hin und her, während er ungeschickt an den Handfesseln herumhantierte.
„Ich wollte Euch nicht wehtun", murmelte er dabei in Varyas Richtung.
Die Fesseln schnappten auf, Varya packte sie mit der unverletzten Hand und zog sie ihm einmal heftig durch das Gesicht. Inmer stolperte mit einem Schmerzensschrei zurück und fiel über die alte Frau, die immer noch am Boden kniete. Regungslos blieb er liegen. Mit einem kleinen Schnaufen ließ Varya die Silberreifen dann fallen.
„Ich Euch aber schon", erklärte sie und warf ihren Rettern einen zufriedenen Blick zu. „Das brauchte ich jetzt."
„Sicher", nickte Thranduil und lächelte erstmals, seit er diesen Raum betreten hatte. „Ich leihe dir auch mein Schwert, wenn du ihn lieber doch umbringen möchtest."
Als sie tatsächlich zögerte, schüttelte Elrond nur leicht den Kopf und sie hob entschuldigend die Schultern. „Schon gut, ich will eigentlich nur noch raus hier."
„Wenn du es so wünschst." Thranduil wirkte zwar etwas enttäuscht, beschränkte sich aber darauf, die Fesseln mit dem Fuß einmal durch den Raum zu schießen. „Dann verabschieden wir uns aus diesen gastlichen Hallen. Forlos!"
Die beiden Waldelben bauten sich vor der Tür auf. Forlos stieß den Stuhl weg, den er unter der Klinke verkeilt hatte und riss die Tür auf. Das erste, was sie sahen, war eine Horde wütender Männer, die gerade mit einer Holzbank als Rammbock auf die Tür zurannten.
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Schönheit und Gefahr lagen oftmals unmittelbar nebeneinander. Nicht zum ersten Mal stellte Legolas dies fest und unterdrückte ein Aufseufzen.
Wie ein Winkel schob sich das hier sehr dunkle Wasser zwischen immer steiler ansteigenden, dichtbewachsenen Felsen auf einen schmalen Wasserfall zu, der aus gut dreißig Metern Höhe wie ein weißer Vorhang fiel und den Abschluss der Bucht darstellte. Große, abgeflachte Felsbrocken bildeten ein verwirrendes Muster auf der Oberfläche der Bucht und schienen die Spuren längst vergangener Riesen zu sein, die so einst die Wasserfläche überquert hatten.
Die Valar hatten einen beinahe verzauberten Platz tief am Ende der Fischerbucht entstehen lassen und Morgoths Beitrag war wirklich nicht zu übersehen.
Sie standen zwischen üppigen Grünpflanzen mit hellroten Blüten von der Größe eines Weinpokals und sahen allesamt hinunter auf die Wasserfläche, auf der unzählige Baumstämme zu treiben schienen. Sehr lange, dicke Baumstämme mit gelbleuchtenden Augen am vorderen Drittel, die träge blinzelten. Gerade klappte einer dieser Baumstämme am vorderen Ende auch noch auf und enthüllte dreieckige, wirklich bösartig aussehende Zahnreihen.
„Das sind die Buchtkrokodile", verkündete Galen soeben. Die Bemerkung war nicht nur überflüssig, sondern auch in einem Tonfall vorgetragen, als wäre dies eine harmlose Führung durch die Tierwelt Rhûnars.
„Ach wirklich?" grollte Elrohir. So ganz hatte er dem Rhûna wohl noch nicht verziehen. „Und ich Dummkopf hielt sie für Salamander."
„Nein", strahlte ihn Galen an. „Unsere Bergsalamander sind rot-schwarz."
Alle warteten, dass er auch noch ergänzen würde, dass sie bei weitem kleiner waren, aber nichts dergleichen kam. Baumstammgroße Salamander gab es also auch noch. Warum wunderte sich Legolas eigentlich noch darüber?
„Reine Pflanzenfresser", erklärte Galen nach weiterem Schweigen geistesabwesend und ein Aufatmen ging durch seine Begleiter. „Nur ein bisschen neugierig."
„Sie sehen nicht sehr schnell aus und ziemlich müde", meinte Estel und wedelte etwas mit den Armen.
Gut zwanzig gelbe Augenpaare richteten sich sofort auf die Quelle der Bewegung. Leichter Wellenschlag kam rund um die breiten Körper im Wasser auf und mehr und mehr von ihnen drehten sich den Beobachtern zu.
„Estel!" fauchte Elladan seinen sterblichen Bruder an. „Warum hast du nicht sofort einem davon einen Stein auf den Schädel geworfen? Jetzt wissen sie, dass wir hier sind."
„Das wissen sie sowieso", verteidigte Galen seinen Freund. „Man kann sie nicht überraschen. Keine Ahnung warum, aber Ailindal meinte immer, sie bemerken es an den Erschütterungen durch unsere Schritte."
„Erschütterungen?" Legolas tippte sich leicht an die Stirn. „Elben trampeln nicht."
„Hm, das habe ich ihm auch gesagt", nickte Galen und bekam wieder diesen Gesichtsausdruck, mit dem er über alles Rätselhafte nachdachte, das seinen nicht immer begreifbaren Geist zu beschäftigen pflegte. „Vielleicht ist es auch die Bewegung in der Luft, die jeder auslöst."
Elrohir gab es auf, wütend auf Galen zu sein. Der Rhûna bemerkte es ohnehin nicht wirklich. „Wir finden es heute wohl kaum heraus. Galen, wo genau liegt der Eingang?"
Legolas wusste die Antwort bereits, bevor Galen den Mund aufmachte. Es gab hier nur einen Ort, der am gefährlichsten von allen zu erreichen war.
„Hinter dem Wasserfall."
Ah, ich hätte wetten sollen. Legolas lächelte Galen ergeben an. „Wo auch sonst? Gib mir die Schlüssel, Galen, ich werde als erster gehen und aufsperren."
„Sie werden dich annagen", orakelte Binter düster. „Elbische Hoheit, du solltest echt jemand anderen gehen lassen. Irgendwie nagen dich alle an."
Den Eindruck hatte Legolas allerdings auch schon gehabt. Er fragte sich langsam, warum alles und jeder hier in dieser Gegend meinte, ausgerechnet immer Stücke aus seinem Fleisch reißen zu müssen. Er sah mit seiner zerfetzten Kleidung mittlerweile nicht nur so aus, als wäre er unter eine ganze Horde hungriger Warge gefallen, er fühlte sich auch noch dementsprechend.
Legolas hängte sich die Kette mit den Schlüsseln um den Hals, zog einen seiner Langdolche und trat an die Kante des Vorsprungs. Abwägend musterte er die Spur der Steine im Wasser. Der direkte Weg war zwar etwas unbequemer, denn die Steine standen hier weiter auseinander, aber mit Sicherheit schneller. Er stieß sich ab und sprang auf den ersten unmittelbar vor sich im Wasser.
„Sei vorsichtig!" rief ihm Estel nach.
„Sie hören auch gut", erklärte Galen ebenso laut.
Er würde beide später umbringen, beschloss Legolas und nahm aus den Augenwinkeln die Bugwellen wahr, mit denen alle - aber auch wirklich alle – diese Monster Kurs auf ihn nahmen. Vier Steine kam er noch unbehelligt weiter, dann schob sich ein riesiges Buchtkrokodil genau auf den Stein, den er als nächsten nehmen wollte und wandte ihm den Kopf zu. Legolas konnte gar nicht mehr ausweichen, er landete direkt auf dem Schädel des verblüfften Tieres, stieß sich wieder ab und ließ das verwunderte Untier hinter sich zurück.
Die nächsten Steine begleitete ihn aufschäumendes Wasser herannahender Krokodile und das unangenehme Geräusch zuschnappender Kiefer. Nur noch einen Sprung war er schließlich von dem Wasservorhang entfernt, hinter dem die Tür sein sollte. Ein weiter Sprung, den er nicht aus dem Stand bewältigen konnte. Gehetzt trat er an die hintere Kante des Steins zurück, lief los und sprang. Unter ihm stießen zwei Krokodile mit den Schnauzen zusammen und verfielen in einen wütenden Kampf, der aus dem Wasser eine schäumende Hölle machte.
Legolas sah den Vorhang auf sich zukommen, wollte schon fast erleichtert sein, als unter ihm ein Körper mit einer Leichtigkeit aus dem Wasser schoss, die gar nicht zu diesen klobigen Tieren passen wollte. Das Tier erhob sich fast ganz aus dem Wasser, die Spitzen seiner Schnauze erschienen rechts und links von Legolas Fußgelenk. Im letzten Moment zog der Waldelb die Beine an, stellte die Füße auf die Schnauze und zwang sie leicht auseinander, bevor er verzweifelt gegen die harten Kiefer drückte, um sich durch den Wasserfall zu katapultieren.
Er tauchte in das lauwarme Wasser ein, glitt hindurch und landete bäuchlings auf einer nassen Felsplatte. Legolas schlitterte unkontrolliert auf dem glitschigen Untergrund noch ein gutes Stück weiter, bis er sich endlich abfangen konnte. Er sprang auf die Beine, drehte sich um und erwartete mit dem Dolch in der Hand die Invasion der Buchtkrokodile.
Er fluchte leise vor sich hin, dass er nicht eher daran gedacht hatte, dass er hier unter diesem Felsvorsprung in der Falle saß. Angestrengt starrte er durch das Wasser und wunderte sich zunehmend, dass nichts geschah. Die Krokodile schienen diesen Bereich nicht betreten zu wollen. Schließlich trat er etwas zögerlich näher an die Kante und konnte von der linken Seite aus erkennen, dass sich das Interesse der Tiere wieder auf das andere Ufer der Lagune konzentrierte, wo sich nun der Rest der Truppe anschickte, Legolas zu folgen.
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Der Kellergang war schmal und die eingetretene Tür nicht gerade hilfreich, dass sie alle gut vorankamen. Eher nebenbei nahm Glorfindel wahr, dass vor der Tür wohl eine Wache gestanden haben musste. Jetzt lag der Mann darunter, eine Hand mit einem dieser fatalen kurzen Knüppel schaute noch an der Seite heraus. Die Finger zuckten jedes Mal, wenn einer der Elben über die Tür lief und unter dem Holz ertönte ein Stöhnen.
Einer weniger, dachte Glorfindel nur und stürmte hinter den anderen den Gang entlang. Weit mussten sie nicht laufen, dann kamen sie zu dem offenen Aufgang, der an der Seite der Eingangshalle herauskam. Auf diesem Weg hatte man sie hergebracht und hier würde man sicherlich auch erwarten, dass sie wieder auftauchen. Er machte sich auf eine entschlossene Meute Verteidiger gefasst.
Überfüllt, war der einzige Begriff, der Glorfindel einfiel, als sie in einem Pulk die Halle stürmten. Es sah fast so aus, als hätte Inmer das Treffen aller waffenfähigen Männer einberufen. Der recht hohe, dunkelgetäfelte Raum war bis zum Bersten mit Sterblichen gefüllt, die irgendwo zwischen Verwirrung, Ärger und Angst durcheinander liefen und schrieen.
„Haben die eine Versammlung?" fragte Himithren und sah prüfend umher.
„Nicht mehr lange", erwiderte Glorfindel grimmig.
Die Valar mussten ihn gehört haben, denn im nächsten Augenblick erschien schon wieder jemand in der weit offen stehenden Eingangstür.
„Das Dach brennt!" schrie der Mann, wurde plötzlich nach vorne geworfen und blieb zwischen den zurückspringenden Anwesenden auf dem Boden liegen. Aus seinem Rücken ragte ein Elbenpfeil.
„Wir werden angegriffen!" brüllten mehrere und sahen sich alarmiert um.
„Unser Stichwort", befand Glorfindel. „Tötet sie nicht sofort, es sind nur Bauerntölpel."
„Mit Knüppeln", erinnerte ihn Himithren, bevor er sich auf die Brüstung des Kellereingangs schwang, von dort aus einen der schmiedeeisernen Leuchter über ihnen anvisierte und mit einem einzigen Sprung auch erreichte. Der Tawarwaith hatte eindeutig keine Bedenken gegen schwankende Untergründe. Beinahe gemütlich nahm er seinen Bogen und zielte mit dem ersten Pfeil in die Menge.
Glorfindel wartete gar nicht mehr erst, bis auch seine drei anderen Begleiter sich in Bewegung setzten. Die Tawarwaith wussten auch ohne seine Anweisungen, was zu tun war. Jetzt ging es darum, möglichst viele dieser Schläger auszuschalten. Ein Massaker wollte er sicher nicht anrichten, seine Mildtätigkeit hielt sich dennoch in Grenzen. Glorfindel war zu gut im Kampf geübt, um nicht die besten Methoden zu beherrschen, einen Mann effektiv aus dem Kampfgeschehen zu befördern.
Er fiel über die Männer vor ihm her, verletzte sie an den Beinen, sodass sie schreiend umfielen. Das Schwert bohrte sich in Schultergelenke, trennte Sehnen und Adern. Gelegentlich drehte er es auch einfach nur in der Hand und schlug den herrlich verzierten Griff in das ein oder andere Gesicht. Sie fielen wie die bunten Spielsteine in einem von Elladans Lieblings-Brettspielen.
Glorfindel war nicht der einzige, der diese Versammlung nach und nach auflöste. Auch seine Begleiter wühlten sich mit großer Effektivität und deutlich weniger Nachsicht durch die Menge in Richtung der breiten Holztreppe auf der anderen Seite des Raumes. Außerdem war inzwischen Verstärkung angekommen. Zwei weitere Tawarwaith, die von draußen hereingestürmt waren, balancierten auf den breiten Balken, die sich über den Kämpfenden erstreckten. Sie arbeiteten sich von einem der schweren runden Eisenleuchter zum nächsten vor. Kaum waren die Halterungen gelöst, krachten die Eisenräder lautstark auf die Kämpfenden herunter und sorgte nicht nur für weitere Ausfälle unter ihnen sondern auch für erhebliche Verwirrung.
Im Eingang hatten sich ebenfalls zwei Tawarwaith postiert, um ein Nachrücken in die Halle zu verhindern. Sie hatten seinen Befehl augenscheinlich nicht vernommen, denn vor ihnen sammelte sich langsam eine steigende Zahl lebloser, blutüberströmter Körper an.
„Vorsicht!" erklang es warnend von oben, gefolgt von einem rasselnden Geräusch.
Glorfindel sprang zu Seite und eine Armlänge neben ihm bohrte sich ein Eisenleuchter in den Holzboden, um zwei von Inmers Männern unter sich zu begraben. Sofort danach landete sicher und elegant Himithren neben ihm. Die beiden Elben stellten sich Rücken an Rücken auf und fixierten die Kämpfer, die einen nicht mehr unbedingt engen Ring um sie gezogen hatten.
„Habt ihr immer noch nicht genug?" schrie Glorfindel die Sterblichen in ihrer Sprache an.
Nein, hatten sie noch nicht. Alle gleichzeitig stürzten sich auf die beiden Elben. Glorfindel sprang dem vordersten davon mit gestrecktem Bein ins Gesicht. Dem Knacken nach zu urteilen, war das einfach zuviel für sein Genick. Noch bevor er wieder auf dem Boden aufkam, zog der Vanya einem zweiten das Schwert einmal quer über die Brust. Ein weiterer rannte an ihm vorbei, weil er sich einfach an ihm wegdrehte und musste Bekanntschaft mit dem Dolch machen.
Himithren war kaum weniger effektiv und außerdem ein exzellenter Faustkämpfer, wie Glorfindel bei einem schnellen Blick in die Runde feststellte.
Dennoch war Glorfindel aus gleich mehreren Gründen nicht unbedingt zufrieden mit ihrer Lage. Zum einen waren mittlerweile deutlich Flammen hoch oben im Dachstuhl zu sehen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann das Feuer sich an den Wandbehängen und der Vertäfelung entlang zu ihnen nach unten fressen würde. Zum anderen strebten immer mehr der Männer die breite Holztreppe auf der anderen Seite der Halle hinauf. Sie kamen zwar nur bis zu ihrem oberen Ende, auf dem inzwischen Forlos und Thranduil immer mal wieder zu erkennen waren, aber ewig konnten die beiden dort auch nicht bleiben. Außerdem – wo war Elrond?
Glorfindel stieß Himithren kurz an und deutete in diese Richtung. Der Waldelb sah hinüber und nickte ihm zu.
„Tawarwaith!" brüllte er dann so laut über die Menge der Kämpfenden, dass ihn auch wirklich jeder seiner Krieger verstehen musste. „Steht unserem König bei!"
Ein Zauberspruch hätte nicht effektiver sein können. Den letzten Rest Zurückhaltung aufgebend machten sich die Waldelben daran, diese gewalttätige Versammlung schnell und nun in aller Rücksichtslosigkeit aufzulösen. Jeweils zu zweit drangen sie von drei Seiten auf die Männer ein und hinterließen auf dem Weg zur Treppe eine Schneise des Todes.
Glorfindel und Himithren waren der Treppe am nächsten gewesen und kamen nun auch als erste dort an. Bereits von unten war zu erkennen, dass Thranduil, Forlos und jetzt auch Elrond Schulter an Schulter auf dem Absatz standen und jeden niedermähten, der die letzten Treppen bewältigte. Nicht, dass ihre Angreifer noch ganz freiwillig in ihre Klingen rannten, aber von unten wurde so nachgedrängt, dass sie kaum noch eine andere Wahl hatten.
Glorfindel fragte sich, wo Varya war. Es hätte ihn stark erleichtert, wenn er auch nur den kleinsten Schimmer ihrer Silberhaare dort oben hätte ausmachen können. Elrond musste seine Besorgnis gespürt haben, denn er suchte Glorfindels Blick und gestattete sich ein knappes Lächeln, kurz bevor er einem Angreifer die Schwertklinge flach auf den Kopf schlug, ihn dann mit einer Hand am Kragen packte und zur Seite räumte, indem er ihn schlichtweg über das Geländer warf.
Über die Treppe waren sie so leider nicht zu erreichen. Irgendwie ging es weder vor noch zurück. Glorfindel sprang auf das breite Geländer. In Bruchtal hätte wohl selbst er Schwierigkeiten gehabt, den steilen Handlauf heraufzulaufen. Alle Holzgeländer waren dort so gut poliert, dass sie nicht nur wie Seide glänzten sondern auch dementsprechend glatt waren. Hier jedoch fanden seine Stiefel ohne Probleme Halt auf dem rauen, kaum geglätteten Holz.
Er bedeutete Himithren, ihm auf diesem Wege zu folgen, doch der Tawarwaith schüttelte mit einem boshaften Grinsen den Kopf. Dann schlug er einen Mann vor sich nieder, sprang hoch und landete auf den Schultern des nächststehenden Kämpfers, der überrascht aufschrie. Himithren nahm den direkten Weg über die Köpfe der Männer hinweg und zwar wörtlich. Langsamer als Glorfindel, der mit wachsender Begeisterung auf Hände trat, die sich am Geländer festhielten, war er dadurch auch nicht.
Beinahe gleichzeitig erreichten sie das obere Stockwerk, das sich zwar nicht mit Kämpfenden aber langsam mit Rauch füllte.
Thranduil warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Du kommst spät, Vanya."
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„Am besten machen wir es so..."
Aragorn wünschte sich bei Elladans Worten sofort sehr weit weg. Warum konnten sie nicht einfach Legolas folgen, der es immerhin geschafft hatte, bis zu diesem Wasserfall zu kommen, ohne mal wieder als Hauptspeise zu enden?
Sein Freund war jetzt hinter dem Wasserfall verschwunden und schloss wahrscheinlich schon das Tor auf. Die Krokodile hielten sich jedenfalls zurück. Galen hatte etwas von ‚das ist eben so' gemurmelt und nur die Achseln gezuckt. Aragorn hatte nicht vor, dieses Rätsel zu hinterfragen. Wenn die Buchtkrokodile eben abdrehten, sobald sie vor dem Wasserfall waren, dann war das pures Glück und er wusste es durchaus zu schätzen.
„...gleichzeitig."
Aragorn schrak aus seinen Überlegungen hoch und starrte fragend seinen Bruder an. „Was?"
„Jetzt ist wirklich nicht der Zeitpunkt, um herumzuträumen, Estel."
Aber angenehmer als die Wirklichkeit ist es allemal, befand Aragorn im Stillen. „Was meinst du mit ‚gleichzeitig', Elladan?"
Sein Bruder machte eine ausufernde Handbewegung. „Wir werden alle zusammen losrennen, aber auf unterschiedlichen Wegen."
Amonir und Galen starrten angestrengt in den schon mit Abendrot übergossenen Himmel.
„Und was bringt das?" fragte Aragorn misstrauisch.
„Damit irritieren wir diese Viecher und zerstreuen sie auch noch." Elladan schien sehr zufrieden mit sich selbst. „Die Chancen für jeden einzelnen steigen."
„Also, ich finde nicht..." begann Aragorn langsam.
„Wir sind hier nicht im Weißen Rat", wurde er von Elladan sofort unterbrochen. „Keine weiteren Diskussionen. Los geht's."
Elladan schulterte den Nârandir, der die ganze Debatte etwas verwirrt verfolgt hatte, die Buchtkrokodile aber mit leichter Panik betrachtete und drehte sich um, bereit zum Aufbruch.
Elrohir verdrehte nur etwas die Augen. ‚Wir werden auch diesen Plan überleben' besagte sein Gesichtsausdruck. Er packte Binter an der Hand, um den Sterblichen mit sich zu ziehen, wenn es begann. Binter wäre alleine wahrscheinlich nicht einen einzigen Stein weit gekommen.
Vielleicht hätte Elladan sich trotz der Eile wenigstens die Zeit nehmen sollen, die einzelnen Routen vorher festzulegen. Als sie nun alle gleichzeitig lossprangen, landeten sie aus unerfindlichen Gründen auch alle gleichzeitig auf dem gleichen Stein. Es war nicht nur eng, die Buchtkrokodile schossen auch sofort sternförmig auf sie zu. Sie standen dort alle sozusagen servierfähig vereint.
„Das war zu einfach zu erwarten", murmelte Galen nur, ergriff Aragorns Arm und floh mit ihm durch einen schnellen Sprung nach links aus dem ganzen Pulk heraus.
Eines musste man Elladans Plan aber diesmal lassen – er war wirklich verwirrend. Nicht nur für die zweibeinigen Beteiligten sondern auch für die Buchtkrokodile. Innerhalb kürzester Zeit schwammen sie durcheinander und schnappten nach allem, was sich bewegte. Aragorn hatte genug damit zu tun, Galen von Stein zu Stein zu folgen, aber er erhaschte immerhin einen Blick auf eine aufgewühlte Wasseroberfläche, herumspringende Elben und mächtig große Kiefer, die mehr als einmal nur haarscharf an kunstvoll gearbeiteten Stiefeln vorbeischnappten.
„Nicht diesen!" schrie Galen in Elrohirs Richtung, als der Elb genau dort landete, wo Galen und Aragorn eigentlich hinwollten.
„Ich bin sofort wieder weg", wehrte Elronds Sohn ab und zerrte Binter hoch, der an der Kante ausgerutscht war. Eine Krokodilschnauze prallte mit einem unangenehmen Geräusch gegen den Fels.
Sie erreichten den Stein unmittelbar nachdem Elrohir wieder abgesprungen war. Galen stach ein paar Mal mit seinem Stab auf das Buchtkrokodil ein, das sie nun mit blutiger Schnauze erwartete. Sie konnten nur warten, bis Elrohir auch vom nächsten Stein verschwunden war, da ihre Routen nun zusammen gelaufen waren. Weiter am Rand zog Amonir recht unbeeindruckt seiner Wege und Elladan machte gerade Pause mitten in der Bucht, um den Nârandir mit einem Schlag gegen die Schläfe endlich davon zu überzeugen, dass Herumzappeln nicht unbedingt die Überlebenschancen erhöhen würde.
„Gütiger Eru!" hauchte Galen, als sich beinahe gemächlich hinter Elladan ein wahrhaft riesiges Exemplar der Tiere aus dem Wasser schob. „Elladan!"
Elronds Ältester reagierte instinktiv. Er sprang hoch, das Buchtkrokodil fasste ins Leere und blieb einen Moment verwirrt auf dem Stein liegen. Es war noch verwirrter, als Elladan auf seinem Rücken landete. Offenbar war das einfach zuviel für das mit Sicherheit winzige Gehirn des Tieres und es beschloss, sich erst einmal wieder zurückzuziehen – mit Elladan im Kreuz.
„Spring ab!" brüllte Elrohir, der den Wasserfall inzwischen erreicht hatte. „Spring doch endlich ab."
„Und wohin?" schrie sein Bruder zurück, während er um sein Gleichgewicht kämpfte und das Krokodil wie ein Boot das Wasser durchpflügte, immer schön entfernt von irgendwelchen Steinen.
Aragorn konnte nicht länger hinsehen. Nicht, dass er den Anblick nicht mehr aushielt, aber er musste selber weiterkommen. Nur noch zwei Steine und sie waren endlich in Sicherheit. Galen zog ihn mit sich, bis sie in einem letzten, weiten Sprung durch den Wasserfall schossen und erst einmal Binter umrissen, der etwas desorientiert herumstolperte.
„Ich hoffe nur, Adar erfährt nie davon", murmelte Elrohir.
Er stand zusammen mit Legolas an einer Seite des Wasserfalls und beobachtete stirnrunzelnd seinen Bruder. Elladans Krokodil zog gleichmäßig Kreise im Wasser. Eine gewisse Harmonie zwischen Tier und Elb stellte sich auch langsam ein. Elladan federte recht elegant in den Knien, balancierte sich noch zusätzlich mit seinem Speer aus und das Krokodil wich ebenso elegant anderen Buchtbewohnern aus, die auf der Suche nach den Elben ebenfalls das Wasser teilten.
„Ich schließ schon mal auf", meinte Legolas kopfschüttelnd und zückte die Kette mit den Schlüsseln.
Elladans Krokodil musste wohl gehört haben, dass die Geduld seiner Zuschauer langsam am Ende angekommen war, denn es drehte einen kleinen Schlenker, rauschte nah am Wasserfall vorbei und Elladan landete mit dem noch immer bewusstlosen Nârandir zwischen den Wartenden.
„Sag jetzt nichts", meinte Elrohir sofort warnend. „Ich will bestimmt nicht hören, dass es Spaß gemacht hat."
„Was ist das?"
„Hat es aber", widersprach Elladan und warf seinem Bruder den Nârandir zu. „Du bist dran."
„Galen, was ist das?"
Endlich durchdrang Legolas angespannte Stimme die Streiterei zwischen den Zwillingen. Langsam drehten sich alle zu ihm um. Legolas stand mit der geöffneten Gittertür in der Hand vor dem Zugang in den Tunnel und dicht vor ihm war etwas zu erkennen, etwas sehr Großes und eindeutig Lebendiges.
„Ach das...", murmelte Galen mit flackerndem Blick. „Beweg dich jetzt einfach nicht, Legolas."
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Im Morgengrauen erreichten sie die Quellstadt. Sie hatten keine Rast gemacht, um möglichst schnell Hilfe holen zu können. Schon von weitem war zu erkennen, dass man sie bereits erwartete. Es hätte ihn auch gewundert, wenn die Rhûna die Gruppe Waldelben nicht bemerkt und die Nachricht über ihre Rückkehr weitergegeben hätten.
Caeril hatte zwar bei seinem Aufbruch nicht ausdrücklich zu Cimerion gesagt, dass er seinem Kronprinzen zu folgen gedachte, aber der Hauptmann der Quellstadt war kein Dummkopf. Ihr gelegentlich eher kühler Umgang rührte mehr daher, dass Cimerion schließlich auf Faronars Geheiß seine Arbeit tat und dies wohl nicht immer mit seiner eigenen Meinung in Einklang stand.
Auch jetzt war es Cimerion, der vor dem Haupttor der Stadt Stellung bezogen hatte und das Zeichen zum Ablassen der Zugbrücke gab, kaum waren Caeril und seine Männer auf dem breiten Streifen Ödland auszumachen. Auf der Brücke trafen sie aufeinander und musterten sich einen Moment schweigend. Cimerion musste die Kampfspuren auf der Kleidung der Neuankömmlinge sehen, ihre Erschöpfung nach dem schnellen Rückweg und die Sorge, die ihre Mienen umschattete.
„Meister Galen und die anderen?" fragte er schließlich angespannt.
„Wir wurden getrennt", antwortete Caeril und gab seinen Männern ein Zeichen, schon vor zu gehen und sich zu stärken. Ihre Ruhepause würde nur kurz sein. „Sie flohen auf das Meer zu."
„Dann sind sie bei Ailindal und seinen Fischern in der Bucht", nickte Cimerion.
„Das denke ich nicht", widersprach Caeril. Er wartete. Im Grunde schätzte er den Rhûnar-Hauptmann und er verstand auch, welchen Zwängen sich dieser zu beugen hatte. Ihm erging es schließlich nicht anders.
Cimerion schien jedenfalls die richtigen Schlüsse zu ziehen. „Wir sollten Faronar und Indaris wecken. Begleitet mich, Caeril, und berichtet mir unterwegs von dem, was Ihr gesehen habt."
Er bekam seinen Bericht. Mit immer düsterer Miene hörte Cimerion zu, was Caeril ihm von dem ersten Angriff am Rastplatz und von dem Lager der Nârandir zu erzählen hatte. Es dauerte eine Weile, bis die beiden Rhûnar-Ältesten in dem Caeril bereits vertrauten Beratungsraum eintrafen und so hatte er Gelegenheit, seine Beobachtungen auch bis zum Ende zu erzählen.
„Als sich die Nârandir teilten, blieb auch uns nichts anderes übrig, als den Weg wieder hierher zurück einzuschlagen", schloss er und vernahm bereits das Nahen der beiden Rhûnar anhand ihrer leisen Stimmen. „Ich denke, der Kronprinz und die anderen haben die Flucht unbeschadet überstanden. Der Sonnenaufgang wird ihnen zu Hilfe gekommen sein."
„Und der Sonnenuntergang brachte dann die Nârandir in die Bucht", ergänzte Cimerion freudlos.
Beide Elben erhoben sich, als Indaris und Faronar den Raum betraten.
Nach kurzem Schweigen seufzte Faronar schwer. „Ihr werdet mir nichts berichten können, das mich erfreut, Hauptmann Caeril. So sei es denn. Sprecht von dem Übel, dem wir uns wohl dieses Mal nicht länger entziehen können."
Cimerion bedeutete Caeril, dass er das übernehmen würde und dafür war der Waldelb wirklich dankbar. Er war müde und wenn er genauer darüber nachdachte, auch etwas verzagt. Den Prinzen dort draußen zu wissen, mindestens zweihundert Kannibalen ausgeliefert, die offenbar speziell an ihm besonderen Gefallen gefunden hatten, lastete wie ein böser Fluch über ihm. Es drängte ihn, mit so vielen Kriegern, wie man ihm geben würde, erneut auszurücken und seinen sicher in der Bucht schwer belagerten Schützlingen endlich zu Hilfe kommen zu können.
„Hauptmann Caeril?"
Er schrak aus seinen Gedanken und fand sich im Mittelpunkt fragender Blicke.
„Ich denke mir, Euch drängt es wieder hinaus", erklärte Indaris mit einem feinen Lächeln. „Krieger dabei, um jeden Nârandir zwischen hier und der Bucht niederzumachen."
„Ähnliches schwebte mir allerdings vor", nickte er etwas irritiert über ihre Belustigung.
„Nun, Lord Elladan hat sich offenbar entschlossen, die Verständigung mit diesen Geschöpfen zu suchen und ich kann seine Beweggründe nachvollziehen", sagte Faronar langsam. „Es ist immer besser, einen Kampf zu vermeiden, auch wenn mir nach Euren Worten unser Sieg beinahe gewiss erscheint. Sie sind wohl recht primitiv und auch nicht sehr zahlreich."
„Habt Ihr nicht zugehört?" Caeril fühlte eisigen Zorn in sich aufsteigen. Er würde nicht zulassen, dass man Legolas oder einen der anderen im Stich ließ. „Diese Wesen sind jetzt aber gerade in der Übermacht und es liegt nun bereits eine Nacht hinter ihnen, in der sie sicherlich versucht haben, ihren Häuptling zu befreien."
„Sie werden nichts gefunden haben", behauptete Faronar und tauschte mit den beiden anderen Rhûna einen kurzen Blick. „Ailindal, der Anführer der Fischer, ist ein kluger Mann. Ich schätze, er hat die Ansiedlung aufgegeben. Was nun Eure Begleiter angeht…" Ein seltsam verschmitzter Schimmer trat in Faronars dunkle Augen. „Sie werden bereits auf dem Rückweg sein und kein Nârandir wird sie dabei behelligen. Ich müsste mich sehr irren, wenn Meister Galen sie nicht über einen Weg zurück in die Quellstadt führt, der nur in Ausnahmefällen genutzt wird und diesen Nârandir keinesfalls zugänglich ist."
„Allerdings ist gerade keine sehr gute Jahreszeit, um ihn zu benutzen", meinte Indaris mit plötzlicher Beunruhigung. „Cimerion, es ist vielleicht besser, Ihr geht ihnen entgegen. Sie dürften nicht mehr weit von hier entfernt sein."
„Gütiger Eru!" murmelte Cimerion und sprang auf. „Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht."
Mit einem Winken bedeutete er Caeril, ihm zu folgen. Selbst der Abschied von den beiden Ältesten verkümmerte zu einem knappen Murmeln. Caeril unterdrückte einen Seufzer. Er hatte es sowieso schon geahnt. Als ob es eine einfache Lösung gab, ha!
Nicht weit den Gang hinunter drückten sich Elwaloth und die anderen Tawarwaith herum. Sie warteten wohl nur noch auf das Startzeichen, um zusammen mit einer ganzen Truppe Rhûna auszurücken, den Kronprinzen und seine Begleiter zu retten.
Cimerion zerstörte ihre Hoffnungen. „Das sind zu viele. Wir würden uns nur gegenseitig im Weg stehen. Wenn wir zu dritt sind, reicht es auch."
Unaufgefordert setzte sich Elwaloth in Bewegung. Auf seinen fragenden Blick hin hob Caeril nur ratlos die Schultern. Ihm blieb wenig übrig, als Cimerion wieder zurück in den Eingangsdom zu folgen. Dort steuerte der Rhûna einen schmalen Durchgang an, hinter dem sofort eine Treppe nach unten führte.
„Wir gehen durch den Tunnel!" rief er dabei seinen Wachen zu. „Sorgt dafür, dass die Schleusen geöffnet bleiben. Ich habe keine Lust, in der Quelle zu ertrinken."
Die Treppe wand sich in gleichmäßigen Kreisen einige Meter nach herab und führte in einen langen Gang, der nach seiner Ausrichtung direkt auf das Zentrum des Doms zulief. Caeril stoppte vor einer massiven Eisentür, zog den sehr festsitzenden Riegel zurück und dann standen sie alle in einem nicht sehr hohen, kreisrunden Raum, in dessen Boden ein Felsenbecken eingelassen war, gefüllt mit kristallklarem Wasser. Es schien von innen heraus zu leuchten, obwohl nirgendwo eine Lichtquelle zu erkennen war außer einigen verschlungenen Ritzen in der Decke über ihnen. Das Wasser lief über viele breite Rinnen zu den Seiten hin ab und verschwand in bogenförmigen, nur kniehohen Öffnungen in den Wänden.
„Wir sind genau unter dem Runenkreis", rief Elwaloth überrascht.
„Gut erkannt", murmelte Cimerion und ergriff einen Kampfstab, der an der Wand in einem Gestell aufbewahrt wurde. „Ihr kennt Galens Waffe?"
Caeril nickte zögernd. „Werden wir sie brauchen?"
„Ich befürchte", sagte der Rhûna und reichte zwei weitere an die Waldelben weiter. „Meister Galen hat sich wirklich die schlechteste Zeit des Jahres ausgesucht, um durch diesen Tunnel zu gehen."
„Ich bezweifle, dass ihm eine Wahl blieb", meinte Caeril und wog abschätzend den Stab in seiner Hand. Diese Waffe war lange nicht so kunstvoll gefertigt wie die, die der Ithildrim-Heiler ständig bei sich trug, aber ihren Zweck würde sie wohl ebenso erfüllen. „Vielleicht erklärt Ihr uns nun endlich, was es mit der Jahreszeit so Schreckliches auf sich hat."
Cimerion schob sie auf eine weitere, schmale Tür aus massivem Eisen zu. „Die Ârlyg haben Nachwuchs und die Berg-Salamander auch."
„Lasst mich raten – wir müssen an ihren Nestern vorbei."
„Nein", machte Cimerion grimmig und öffnete die Tür. „Wir müssen mitten durch."
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Seniwallenstein: So viele reviews auf einmal. Das war schön !smile! Legolas hat sich auf seine eigene Art entwickelt. Als ich mit Heiler angefangen habe, wusste ich gar nicht so recht, wie ich ihn beschreiben sollte. Aber in Kombination mit seinem Vater, der sich auch ganz besonders entwickelt hat !ggg!, kam es dann so, dass unter diesen Irren wenigstens einer etwas Ruhe und Verstand haben musste.
Dieses Gen haben sie wohl alle, deswegen verstehen sie sich auch so gut. Der einzige, der aus der Rolle fällt ist Elrond. Wenn der auch noch Nachwirkungen seiner Sturm und Drang-Jahre hätte, wäre der ganze Trupp einschließlich Königs und Glorfindels vollends verloren. Andererseits, ohne Gen wäre es ja auch langweilig. Tröste dich, dein Sohn wird Großes erreichen in seinem Leben !orakel! Schon mal die Form seiner Ohren kontrolliert?
Was auch immer Evan noch für eine Rolle hätte spielen können, ich hab so angefangen, den Kerl zu hassen (selbsterfunden, seltsam), dass die Rolle jetzt abrupt abgesetzt wurde.
Eowyn: ff.net ist manchmal etwas seltsam. Von mir gibt es auch reviews, die herumschwirren, aber nie ankommen. Aber freut mich, dass es dir immer noch gefällt.
Serena: Die armen Jungs !bösgrins!. Die Krokodile liegen ja nun hinter ihnen...vor ihnen liegt jetzt nur noch ein Tunnel, ein bewohnter Tunnel !teuflischgrins! Och, angenagt wird eigentlich immer nur Legolas.
Estel ist eben noch sehr jung. Bis er König wird, hat er sich wahrscheinlich von den Jungs erholt. Hoffentlich.
Ithiliell: Es macht mir wirklich eine Menge Spaß über Thranduil zu schreiben. In Kombination mit Glorfindel macht es noch mehr Spaß. Das Mädchen ist wirklich nicht mehr zu retten. Da hast du Recht. Selbst Elrond hat seine Grenzen. Wenn er hier überhaupt einen Gedanken daran verschwendet.
Amlugwen: Wo ist eigentlich der Ork geblieben? Hetzt er gerade deinen Bruder ums Haus? Ich freu mich doch schon, dass du nach wie vor die Story liest. Binter ist schon eine besondere Nummer. Ich muss immer noch an Marty Feldmann denken, wenn ich ihn schreibe.
Thranduils Love: Huhu! Wink ! Viel Thranduil ist immer gut, gelle? Wer ihn einmal genossen hat, kann auch schlecht wieder darauf verzichten. Jetzt weiß ich auch endlich, wie viele Kapitel die Story hat: jetzt noch vier.
Feanen: bei uns hießen die Riesenflasche Rotwein immer Pennerglück. Viel drin, wenig teuer und macht schön strubbelig im Kopf. Da kann man auch das mit der Marmelade verschmerzen. Ich mach mir mal eine Notfall-Notiz, falls ich jemals in die Toskana komme: Marmelade mitnehmen.
Shelley: Ist die Stelle echt so fies? !unschuldigguck! So schlimm ist es in Rhûn doch gar nicht, alles ein bisschen groß und gefräßig. Aber man gewöhnt sich daran. Frag Galen. Und ausgerottet werden darf auch nichts. Frag Galen. !kicher!
Donnfindel: Tja, gerade zuhause angekommen und schon muss man wieder los, die Chefs retten. Tut mir leid, so ist das in dem Job.
Jetzt hetz doch nicht so mit der Befreiung. Immerhin haben sie sie schon so halb aus dem Zimmer raus. Nun müssen sie nur noch durchs Haus, von diesem Gut runter, zurück zum Schiff...eh...ja...wir werden sehen.
Sarah: Dann wäre Binter ohne Alk wohl ein Genie. Ja, es hat nicht sollen sein. Hinner kennt die Leute in Talbruch, er hat eben ein gutes Herz, auch wenn Thranny immer das Gegenteil von Menschen annimmt.
Inmer? Er lebt noch. Seine Tochter? Sie lebt auch noch. Evan? Ist eindeutig tot, man riecht es.
Und Forlos? Er hat bestimmt eine weiche Ader. Aber noch nicht jetzt und bestimmt auch nicht im nächsten Kapitel. Wir suchen danach, versprochen.
Eigentlich müssten die Fragezeichen jetzt weg sein. Oder?
Atropos: Nein, mir tut Inmer auch nicht mehr leid. Wie man bald feststellen wird !fg! Ich halte es echt für eine Legende, dass Elben immer würdevoll einherschreiten. Immerhin haben diese Typen genug Kriege geführt und verstehen auch sonst, ihr langes, langes Leben nicht ganz so langweilig zu gestalten. Übrigens, jemandem beim P..... zu überfallen könnte auch von deiner Fledermaus stammen. Der hat auch vor nichts Respekt.
Also, es kommen noch vier Kapitel. Eine Fortsetzung wird es wohl geben !flöt!. Die Sache mit Erestor geht mir nämlich nicht aus dem Kopf. Und eine Fortsetzung von Arenor auch. Bin fleißig zugange. Ist aber schwer, zwischen den Stories umzuschalten. Haldir albert schließlich nicht rum und Ayla schon gar nicht.
Kai: Danke für das Review. !freu,hüpf! Ach, sooo schlecht war die Idee mit dem Rattengesicht gar nicht, nur an der Ausführung haperte es mal wieder. Elladan-Plan eben. Galen ist wirklich nicht der Auskunftsfreudigste. Dabei liegen doch noch so nette Überraschungen vor ihnen !kicher!. Harmlos ist aber relativ.
Elrond fragt sich wahrscheinlich, welchen Valar er verärgert hat, dass er Glorfindel und Thranduil zusammen ertragen muss. Armer Elrond !grins!. Er sollte sich bei Thranduils Tawarwaith Rat holen. Pfirsiche helfen offenbar fürs Nervenkostüm.
Amelie: Ja, Erestor nimmt tatsächlich Gestalt an. Elrond hat nicht nur Glorfindel und seine Weibergeschichten, jetzt bekommt er noch einen Seneschall auf Abwegen. Warte nur ab.
Das Lied...vier Strophen fehlen jetzt noch. Aber ich bin kein guter Liederschreiber. Das von den Zwillingen hat mich mehr Zeit gekostet, als damals das ganze Kapitel zu schreiben. !Augenroll! Wobei...überleg...wenn Glorfindel wirklich jemals davon erfährt, ist das bestimmt nett. Hm...
