Disclaimer: alles gehört Tolkien, New Line Cinema und Tolkiens Familie, mir
gar nichts und ich verdiene kein Geld mit der Story...
A/N: Diesmal möchte ich mich bei JustSarah (schon gemacht) und darklayka (huh, du warst aber fleissig... *rotwerd*) für ihre lieben Reviews bedanken *knuddel* *osterhasen verteilt*
Und nicht vergessen: immer schön brav reviewen! Sonst gibt's keine Kapitel mehr! *evil grins*
~*~*~*~
Kapitel 7
Geheimnisse
Luthanwen dachte noch beim Abstieg an Galadriels letzten Satz: noch ist dein Vater nicht verloren... Was wollte sie damit sagen? Das Wiedersehen war ja noch fast möglich, doch erst in den Reichen der Toten, sollte Luthanwen jemals sterben. Sie seufzte. Sie würde Galadriels Rat folgen, ihre Rachepläne vergessen und Frodo weiterhin folgen. Alleine konnte sie ohnehin nichts ausrichten.
„Lunariel!"
Luthanwen sah sich um. Dieser Name konnte nur aus einem Mund stammen. Ja, da war sie. Eine zierliche Elbe, Thalawen die Schöne. Luthanwen kletterte gemächlich die letzten Meter ab dem Baum und verneigte sich vor ihrer Mutter.
„Schön dich wieder zu sehen, Mutter."
Die schöne Elbe schloss ihre Tochter in die Arme. Die anderen Gefährten staunten nicht schlecht, als sie am Fusse des Baumes das Ebenbild Luthanwens entdeckt hatten, nur dass dieses Ebenbild ganz offensichtlich eine Elbe war. Nach Luthanwens Satz, der nicht sehr erfreut geklungen hatte, war aber allen klar, wer das war. Aragorn betrachtete die beiden Frauen, die sich inzwischen getrennt hatten. Gandalf hatte nicht gelogen, als er ihm von seiner längst vergessenen Liebe erzählt hatte. Thalawen war wunderschön, ein heller Schimmer lag auf ihrer Haut und zeigte, dass sie eine Elbe war. Sie hatte genauso tiefschwarzes Haar wie Luthanwen, nur länger. Die Augen das Ebenbild des Sternenhimmels, und wie Luthanwen sah Thalawen sehr zerbrechlich aus. Aragorn hatte jedoch gelernt, dass nicht jede Frau so schwach war, wie sie aussah. Er hatte Luthanwens Drohung gegen Boromir nicht vergessen und war sich ziemlich sicher, dass Thalawen genauso gefährlich wie ihre Tochter war. Feucht schimmerten jetzt die Augen beider Frauen, doch Aragorn war sich sicher, dass Luthanwen nicht vor Freude die Tränen kamen, denn ihr Lächeln wirkte aufgesetzt. Auch ihre Stimme klang seltsam, als sie sich wieder den Gefährten zuwandte.
„Dies ist meine Mutter. Sie lebt hier seit einigen Jahren. Habt ihr etwas dagegen, wenn sie uns zu unserem Lager begleitet?"
Aragorn sah die anderen an und schüttelte dann den Kopf.
„Es würde uns freuen, dürften wir Euch kennen lernen, edle Frau Thalawen. An unserem Feuer seid Ihr stets willkommen."
Thalawen nickte und folgte ihm dann. Luthanwen wusste nicht, wie sie sich fühlen sollte. Einerseits war sie trotz allem was geschehen war, glücklich darüber, endlich wieder einmal ihre Mutter zu sehen, andererseits waren da einige Dinge, die niemand wusste, und die es Luthanwen schwer machten, sich über das Wiedersehen zu freuen.
Am Lagerfeuer wurde die Elbin nach dem Geschehen in Lothlorien ausgefragt. Sie gab geduldig Antwort und fragte die Gefährten nach der Reise aus. Luthanwen schwieg die ganze Zeit. Ihr war nicht nach reden zumute, und wenn, dann hätte sie lieber mit Gandalf oder den Gefährten unterhalten. Oder per Schwert mit einigen Orks.
‚Ich bin ja schon verrückt', dachte sie sich. ‚Jetzt sitze ich hier, bin ausnahmsweise mal in Sicherheit und weit und breit ist kein Feind zu sehen, aber ich würde jetzt am liebsten in einen hübschen kleinen Kampf verwickelt sein...'
Ein winziges Lächeln huschte über Luthanwens Züge, verschwand aber sofort wieder. Sie konnte die Gesellschaft ihrer Mutter nicht ertragen, nicht jetzt, da sie noch immer trauerte. Und die Erinnerungen waren noch immer nicht verblasst... Luthanwen sah alles vor sich: ihre Mutter, Saruman, die Geister... Sie schüttelte den Kopf. Thalawen konnte nicht gewusst haben, dass Saruman längst nicht mehr auf der Seite der freien Völker Mittelerdes stand. Und dennoch... die Wut war noch nicht abgekühlt. Nein, Luthanwen würde es ihrer Mutter nie verzeihen, dass sie zu Sarumans Schülerin gemacht worden war. Die Zeit in Isengard war die schrecklichste ihres Lebens gewesen, Saruman ausgeliefert, ihre Kräfte an ihn verlierend... Luthanwen wurde in ihren Gedanken unterbrochen, als Thalawen aufstand und sich verabschiedete.
„Lunariel? Besuch mich, wenn du Zeit hast."
Luthanwen versuchte zu lächeln, was ihr nicht mal so schlecht gelang.
„Das werde ich tun, Mutter. Gute Nacht!"
„Gute Nacht euch allen."
Damit war sie verschwunden. Luthanwen liess ihr aufgesetztes Lächeln fallen. Sie war so müde, wusste aber, dass sie nicht schlafen können würde. So stand auch sie auf und sagte, dass sie noch ein wenig spazieren gehen wollte. Sie wusste, wonach sie suchte: nach ihrem Baum, den sie als kleines Kind immer so gerne bestiegen hatte. Sie begann zu rennen, sie wollte die Erinnerung an die Zeit bei Saruman vergessen, rannte vor ihr davon. Schwer atmend erreichte sie den Baum. Blitzschnell sass sie in seiner Krone und ein glückliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Hier war sie sicher, hier gab es nur sie und die Sterne...
~*~
Am Feuer schüttelte Gimli den Kopf.
„Spazieren nennt sie das? Ihr Elben seid schon ein komisches Volk..." meinte er mit einem Seitenblick auf Legolas.
„Sie ist keine Elbe. Wenigstens nicht ganz."
„Was ist sie dann?"
„Sie ist weder ganz Elbe noch ganz Mensch. Eine Halbelbe."
Schaltete sich nun Aragorn ein.
„Na ja, soll sie doch rennen, ich jedenfalls werde jetzt schlafen"gähnte Gimli und erntete zustimmendes Murmeln von Seiten Boromirs und der Hobbits. Legolas und Aragorn standen jedoch auf um etwas abseits noch weiter zu reden.
„Aragorn? Sag, weisst du, wovor sie eben davongerannt ist?"
„Nein. Doch da ist etwas in ihrer Vergangenheit, das sie vor uns zu verbergen sucht. Aber was vermag ich dir nicht zu sagen."
„Denkst du es hat was mit Lorien zu tun? Oder mit ihrer Mutter?"
„Eher mit Thalawen als mit Lorien. Hast du nicht bemerkt, wie still Luthanwen war? Und als sie Thalawen gesehen hat, sind ihr die Tränen gekommen..."
„Waren das nicht eher Freudentränen?"
„Wenn Luthanwens Tränen Freudentränen waren, habe ich noch nie welche gesehen. Irgendetwas bedrückt sie, und es ist nicht der schwarze Schatten im Süden."
Aragorn stand auf.
„Wir können ihr nicht helfen, wenn sie uns nichts erzählt. Ich würde es gerne tun, doch letztendlich ist es ihre Entscheidung, ob sie ihre Geheimnisse preisgeben will oder nicht. So, und jetzt geh auch ich schlafen. Gute Nacht, Legolas."
„Gute Nacht."
~*~
Luthanwen lag auf dem kleinen Flett ihres Baumes und beobachtete die Sterne. Sie liebte diesen Anblick, und nichts beruhigte sie mehr. Plötzlich hörte sie eine Stimme, die leise ein Lied sang. Sie rollte sich auf den Bauch und sah nach unten. Legolas. Ausnahmsweise suchte er wohl nicht nach ihr und hatte sie nicht absichtlich gestört. Leise glitt sie von ihrem Baum hinunter und beobachtete ihn hinter dem Stamm hervor. Er schien sie nicht bemerkt zu haben. Luthanwen lauschte seinem Lied. Sie kannte es nicht. Als er geendet hatte kam sie hervor.
„Woher kommt dieses Lied? Ich habe es noch nie gehört."
„Man singt es bei uns im Düsterwald. Wo kommst du eigentlich so plötzlich her?"
„Ich sass auf diesem Baum, als ich deine Stimme gehört habe."
„Und was hast du auf diesem Baum gemacht?"
„Ich versuchte zu vergessen. Dieser Baum ist mein Zuhause. Nie werde ich ihn vergessen, sollte ich auch eines Tages Mittelerde verlassen. Schon als Kind habe ich stundenlang hier gesessen, kein Tag verging, ohne dass ich meinen Baum besucht hätte..."
Legolas schwieg. Sie war also hier aufgewachsen, im goldenen Wald. Deshalb hatte Celeborn sie gekannt. Wie beneidete er sie doch darum, hier gewohnt zu haben! Die Bäume des Düsterwaldes waren nichts gegen die wunderschönen Mellyrn.
„Warum bist du eigentlich nicht bei den anderen?"
„Mir ist nicht nach schlafen. Wenn ich schon die Möglichkeit habe, einige Tage hier zu verbringen, will ich soviel wie möglich des Waldes sehen."
„Verständlich. Doch so sehr ich diesen Wald liebe - ich werde nie wieder hier leben können..."¨
„Warum nicht?"
Luthanwen antwortete lange nicht. Schliesslich entschloss sie sich dazu, ihm ihr Geheimnis anzuvertrauen.
„Bist du sicher, dass du es hören willst?"
Der Elb nickte. Luthanwen seufzte und begann stockend, dann aber immer fliessender zu erzählen.
„Als ich gerade 150 Jahre alt geworden war, schickte meine Mutter mich nach Isengard, mit der Begründung, dass Saruman mich in der Magie unterrichten wolle. Ich bin mir sicher, dass sie nicht gewusst hat, was er wirklich wollte, aber ich kann ihr bis heute nicht verzeihen, dass sie mich nach Isengard geschickt hat. Saruman nahm mich erst ganz freundlich bei ihm auf und lehrte mich einige Dinge, doch nie soviel, dass ich ihm hätte gefährlich werden können. Ich sollte wohl Vertrauen zu ihm fassen.
Das tat ich dann auch, bis ich in seiner Bibliothek ein Buch fand, wo beschrieben wurde, wie man einem anderen Magier die Macht nehmen kann, ohne dass er es bemerkt. Ich sah mir die Seiten sehr genau an und bemerkte darum nicht, dass Saruman in die Bibliothek gekommen war. Er wusste, jetzt, nachdem ich dieses Buch gesehen hatte, würde er mir nichts mehr vormachen können, denn ich würde fliehen wollen. So sperrte er mich kurzerhand in seinen Turm und liess mich von Geistern bewachen. Er entzog mir nun ungehindert meine Magie, und ich konnte nichts dagegen tun.
Er führte damals schon Experimente an Orks durch, ich bin mir jedoch sicher, dass er noch nicht unter Saurons Einfluss stand. Nein, er war bei vollem Verstand und wusste, was er tat. Meine Macht kam ihm für diese Experimente gerade recht, und er bediente sich daran. Haufenweise ungebrauchte Magie, die er in seine Sprüche einwob und sie damit stärkte.
Er glaubte, ich sei von den Geistern gut genug bewacht, war ich doch dem Wahnsinn nahe. Kein Magier kann auf Dauer ohne seine Magie überleben. Wenn er Glück, hat stirbt er und wenn er Pech hat, verliert er den Verstand. Keiner überlebt diese Leere unbeschädigt, von der man erfüllt wird, wenn einem die Magie genommen wird. Es ist, als würde man Stück für Stück seines Lebens wegfliessen sehen. Ja, auch ich war schon beinahe wahnsinnig geworden, als ich eine Kraft in mir entdeckte, die Saruman nicht benutzen konnte. Das Erbe der Elben. Mit seiner Hilfe konnte ich die Geister kontrollieren und mich fortschleichen. Ich war lange auf der Flucht, ich bin bis nach Gondor gelaufen, stets in der Dunkelheit, aus Angst, entdeckt zu werden. In Gondor wurde ich von einer Bauernfamilie aufgenommen und gepflegt.
Inzwischen hatte Saruman meiner Mutter erzählt, ich sei abgehauen, wohl um meine Magie in der Welt auszuprobieren. Die Herrscher der Galadhrim halfen meiner Mutter beim Suchen, und so kam es, dass eines Tages Elben ins Haus meiner Retter kamen und mich zurück nach Lorien brachten. Alle hielten sie mich dort für verrückt, als ich die Wahrheit erzählen wollte. Saruman hat sie alle geblendet. Ich werde nie vergessen, wie sie mich behandelt haben... als hätte ich Lügen erzählt und meine Geschichte nur erfunden."
Ein bitterer Unterton war aus ihrer Stimme herauszuhören. Legolas trat zu ihr und nahm sie in den Arm. Die Tränen, die Luthanwen schon seit der Begegnung mit ihrer Mutter verdrängte, begannen zu fliessen.
„Warum erzählst du nicht jetzt die Wahrheit, wo Saruman in Verruf geraten ist?"
„Ach Legolas. Es ist doch schon so lange her. Keiner kann es mehr rückgängig machen. Saruman ist nun enttarnt worden. Meine Geschichte wäre nur ein Beweis mehr, nichts sonst. Ich könnte damit höchstens erreichen, dass alle Welt mich bemitleidet und meine Mutter vor Schuldgefühlen wahnsinnig wird. Das will ich nicht."
Er nickte und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Ich kann dich verstehen. Und ich weiss ja, dass du kein Mitleid magst..."
Luthanwen musste lachen. Legolas sah sie so ernst an, als sei er einer der Ausbilder an ihrer alten Schule.
„Was mach ich bloss falsch, dass du immer über mich lachst?"grummelte er nun, was Luthanwen dazu brachte, noch mehr zu lachen.
„Nichts, nichts machst du falsch. Ich find's schön, wenn mir jemand Grund zum Lachen gibt. Den hab ich ja sonst nicht allzu oft!"
Legolas sah immer noch griesgrämig aus, und so stellte Luthanwen sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
„So. Wieder gut, mein mürrischer Elb?"
„Warum bin ich jetzt plötzlich mürrisch? Sonst hiess es doch immer ,blöder Elb', oder hab ich mich da verhört?"
„Nein, hast du nicht. Aber ausnahmsweise heisst es mal mürrisch."
„Das passt mir aber noch weniger als blöd!"
„Na dann eben unzufrieden. Zufrieden?"
„Nein!"
„Wie könnte es auch anders sein! Also wirklich, und du willst erwachsen sein? Du kommst mir vor wie ein etwas zu gross geratenes Kind..."
„Du bist einfallslos, Luthanwen. Das mit dem Kind war meine Idee."
„Na ja, dann bin ich eben einfallslos. Jedenfalls werde ich jetzt schlafen gehen, wenn du nichts dagegen hast."
Sie hauchte ihm nochmals einen Kuss auf den Mund, drehte sich um und verschwand. Legolas seufzte. Warum lief sie bloss immer davon? Leise schickte er ihr einen Satz hinterher, obwohl er sich sicher war, dass sie ihn nicht hören würde.
„Was ist, wenn ich was dagegen habe? Aber das wird dich ja kaum interessieren..."
„Und ob mich das interessiert!"kam es von Luthanwen, die wieder aufgetaucht war. Sie grinste den überraschten Elben an.
„Ich höre sehr gut, mein Lieber... wenn du willst, dass ich dich nicht höre, solltest du lieber bloss denken. Obwohl ich bezweifle, dass du das kannst."
Diese Worte waren nicht ernst gemeint gewesen, was Legolas auch bemerkt hatte, aber er machte sich einen Spass daraus, sie als Rache zu kitzeln. Er bemerkte schnell, dass Luthanwen äusserst kitzlig war. Sie quietschte und hatte jede Gegenwehr aufgegeben. Sie flehte ihn nur noch an, er solle doch bitte aufhören oder sie würde mit ihrem Lachen ganz Lorien wecken. Legolas hörte nicht auf und schliesslich sank Luthanwen zu Boden.
„Oh bitte, du blöder Elb, hör auf! Ich kann nicht mehr!"
„Erst will ich etwas ganz bestimmtes hören."
„Was denn? Nein, bitte nicht wieder kitzeln, ich entschuldige mich ja schon! Also, ich bezweifle nicht, dass du denken kannst, in Ordnung?"
Legolas nickte zufrieden und streckte ihr eine Hand hin. Luthanwen packte seine Hand und zog daran. Legolas, der nicht darauf gefasst war, landete äusserst unsanft neben Luthanwen auf dem Boden. Sie kicherte.
„Ach, und du willst ein Elb sein? Ich hab gehört, die wären besonders standhaft?"
Aber anstatt sie wieder zu attackieren setzte Legolas sich auf und flüsterte Luthanwen ins Ohr:
„Vielleicht sind Elben standhafter als Menschen oder Zwerge, aber nicht bei einer Frau wie dir..."
Luthanwen wurde rot und stand sofort auf. Ihre Gesichtsfarbe wurde noch dunkler, als Legolas mit einem fiesen Grinsen meinte:
„Aber zu bist auch nicht sehr viel standfester. Wegen so ein paar Kitzelattacken landet man doch nicht gleich auf dem Boden... oder wirst du etwa in der Gegenwart von Elben schwach?"
„Du bist kein Elb, du bist ein Ork! Kein halbwegs anständiges Wesen hätte meine Hilflosigkeit so ausgenutzt wie du gerade eben! Und kein Elb ist so von sich überzogen, dass er behaupten würde, ich bekäme wegen ihm weiche Knie!"
„Was ist, wenn ich eine Ausnahme bin? Und ich bezweifle doch sehr, dass ich ein Ork bin. Wenn das der Fall wäre hätte ich längst keinen Kopf mehr."
„Stimmt. Und das wäre doch sehr schade."
„Ach ja? Ausgerechnet du sagst das, wo du doch die erste wärest, die ihr Schwert gezogen hätte?"
„Ja, genau ich sage das. Ich mag dich nämlich leider, so dumm das auch ist." Legolas stand auf und sah ihr direkt in die Augen.
„Bloss mögen?"
Luthanwen musste sich fast zu einer Antwort zwingen, so sehr hatten sie die blauen Augen des Elben in ihren Bann gezogen.
„Nein. Nicht bloss mögen."
Legolas beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie. Selig schloss Luthanwen ihre Augen. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn.
‚Was hat dieser Elb bloss mit dir angestellt, Luna?' meldete sich eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. ‚So überwältigend ist er ja nun wirklich nicht! Und wie er dich behandelt... einem anderen hättest du längst dein Schwert an die Kehle gesetzt! Aber nein, von ihm lässt du dich auskitzeln und er bringt dich soweit, dass du um Gnade flehst. Das ist doch nicht normal.'
Genervt antwortete Luthanwen der Stimme: ‚Es kann dir doch egal sein, was er mit mir anstellt!'
‚Nein, kann es nicht. Ich bin dein Gewissen und ich weiss genau, dass du anschliessend mir die Schuld zuschiebst, wenn etwas schief läuft!' kam es zurück.
‚Meine Güte, bin ich wirklich schon so durchgeknallt, dass ich mich mit meinem Gewissen unterhalte, wo ich doch gerade von Legolas geküsst werde? Ich glaube, ich bin ein Fall für die Geistheiler!'
‚Bist du nicht, und das weißt du genau. Du bist bloss verliebt, mehr nicht. Aber ich kann dir sagen: Krieger sollten sich nicht verlieben, wenn sie eine Mission zu erfüllen haben, das kann nicht gut enden!'
Luthanwen schüttelte den Kopf, was Legolas dazu brachte, sich ein wenig von ihr zu lösen und sie verwundert anzusehen.
„Was ist? Hab ich was falsch gemacht?"
Sie lächelte.
„Nein, hast du nicht. Ich hab bloss gerade eine Unterhaltung mit meinem Gewissen geführt." Legolas sah sie verblüfft an. In seinen Augen stand riesengross die Frage ,wie bitte?'. Luthanwen grinste breit.
„Ja, ich weiss, ich bin wirklich ein Fall für die Geistheiler. Sobald ich einen treffe werde ich mich mit ihm unterhalten, einverstanden?"
Nun grinste auch Legolas.
„Ich glaub eher, dass du ein Fall für das Land der Träume bist. Wir sollten zurückgehen und uns etwas hinlegen."
Er nahm ihre Hand und zog sie in Richtung Lager, wobei er etwas von wegen: ‚Also wirklich, sich mit seinem Gewissen zu unterhalten...' murmelte.
Luthanwen lief ihm lachend hinterher.
A/N: Diesmal möchte ich mich bei JustSarah (schon gemacht) und darklayka (huh, du warst aber fleissig... *rotwerd*) für ihre lieben Reviews bedanken *knuddel* *osterhasen verteilt*
Und nicht vergessen: immer schön brav reviewen! Sonst gibt's keine Kapitel mehr! *evil grins*
~*~*~*~
Kapitel 7
Geheimnisse
Luthanwen dachte noch beim Abstieg an Galadriels letzten Satz: noch ist dein Vater nicht verloren... Was wollte sie damit sagen? Das Wiedersehen war ja noch fast möglich, doch erst in den Reichen der Toten, sollte Luthanwen jemals sterben. Sie seufzte. Sie würde Galadriels Rat folgen, ihre Rachepläne vergessen und Frodo weiterhin folgen. Alleine konnte sie ohnehin nichts ausrichten.
„Lunariel!"
Luthanwen sah sich um. Dieser Name konnte nur aus einem Mund stammen. Ja, da war sie. Eine zierliche Elbe, Thalawen die Schöne. Luthanwen kletterte gemächlich die letzten Meter ab dem Baum und verneigte sich vor ihrer Mutter.
„Schön dich wieder zu sehen, Mutter."
Die schöne Elbe schloss ihre Tochter in die Arme. Die anderen Gefährten staunten nicht schlecht, als sie am Fusse des Baumes das Ebenbild Luthanwens entdeckt hatten, nur dass dieses Ebenbild ganz offensichtlich eine Elbe war. Nach Luthanwens Satz, der nicht sehr erfreut geklungen hatte, war aber allen klar, wer das war. Aragorn betrachtete die beiden Frauen, die sich inzwischen getrennt hatten. Gandalf hatte nicht gelogen, als er ihm von seiner längst vergessenen Liebe erzählt hatte. Thalawen war wunderschön, ein heller Schimmer lag auf ihrer Haut und zeigte, dass sie eine Elbe war. Sie hatte genauso tiefschwarzes Haar wie Luthanwen, nur länger. Die Augen das Ebenbild des Sternenhimmels, und wie Luthanwen sah Thalawen sehr zerbrechlich aus. Aragorn hatte jedoch gelernt, dass nicht jede Frau so schwach war, wie sie aussah. Er hatte Luthanwens Drohung gegen Boromir nicht vergessen und war sich ziemlich sicher, dass Thalawen genauso gefährlich wie ihre Tochter war. Feucht schimmerten jetzt die Augen beider Frauen, doch Aragorn war sich sicher, dass Luthanwen nicht vor Freude die Tränen kamen, denn ihr Lächeln wirkte aufgesetzt. Auch ihre Stimme klang seltsam, als sie sich wieder den Gefährten zuwandte.
„Dies ist meine Mutter. Sie lebt hier seit einigen Jahren. Habt ihr etwas dagegen, wenn sie uns zu unserem Lager begleitet?"
Aragorn sah die anderen an und schüttelte dann den Kopf.
„Es würde uns freuen, dürften wir Euch kennen lernen, edle Frau Thalawen. An unserem Feuer seid Ihr stets willkommen."
Thalawen nickte und folgte ihm dann. Luthanwen wusste nicht, wie sie sich fühlen sollte. Einerseits war sie trotz allem was geschehen war, glücklich darüber, endlich wieder einmal ihre Mutter zu sehen, andererseits waren da einige Dinge, die niemand wusste, und die es Luthanwen schwer machten, sich über das Wiedersehen zu freuen.
Am Lagerfeuer wurde die Elbin nach dem Geschehen in Lothlorien ausgefragt. Sie gab geduldig Antwort und fragte die Gefährten nach der Reise aus. Luthanwen schwieg die ganze Zeit. Ihr war nicht nach reden zumute, und wenn, dann hätte sie lieber mit Gandalf oder den Gefährten unterhalten. Oder per Schwert mit einigen Orks.
‚Ich bin ja schon verrückt', dachte sie sich. ‚Jetzt sitze ich hier, bin ausnahmsweise mal in Sicherheit und weit und breit ist kein Feind zu sehen, aber ich würde jetzt am liebsten in einen hübschen kleinen Kampf verwickelt sein...'
Ein winziges Lächeln huschte über Luthanwens Züge, verschwand aber sofort wieder. Sie konnte die Gesellschaft ihrer Mutter nicht ertragen, nicht jetzt, da sie noch immer trauerte. Und die Erinnerungen waren noch immer nicht verblasst... Luthanwen sah alles vor sich: ihre Mutter, Saruman, die Geister... Sie schüttelte den Kopf. Thalawen konnte nicht gewusst haben, dass Saruman längst nicht mehr auf der Seite der freien Völker Mittelerdes stand. Und dennoch... die Wut war noch nicht abgekühlt. Nein, Luthanwen würde es ihrer Mutter nie verzeihen, dass sie zu Sarumans Schülerin gemacht worden war. Die Zeit in Isengard war die schrecklichste ihres Lebens gewesen, Saruman ausgeliefert, ihre Kräfte an ihn verlierend... Luthanwen wurde in ihren Gedanken unterbrochen, als Thalawen aufstand und sich verabschiedete.
„Lunariel? Besuch mich, wenn du Zeit hast."
Luthanwen versuchte zu lächeln, was ihr nicht mal so schlecht gelang.
„Das werde ich tun, Mutter. Gute Nacht!"
„Gute Nacht euch allen."
Damit war sie verschwunden. Luthanwen liess ihr aufgesetztes Lächeln fallen. Sie war so müde, wusste aber, dass sie nicht schlafen können würde. So stand auch sie auf und sagte, dass sie noch ein wenig spazieren gehen wollte. Sie wusste, wonach sie suchte: nach ihrem Baum, den sie als kleines Kind immer so gerne bestiegen hatte. Sie begann zu rennen, sie wollte die Erinnerung an die Zeit bei Saruman vergessen, rannte vor ihr davon. Schwer atmend erreichte sie den Baum. Blitzschnell sass sie in seiner Krone und ein glückliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Hier war sie sicher, hier gab es nur sie und die Sterne...
~*~
Am Feuer schüttelte Gimli den Kopf.
„Spazieren nennt sie das? Ihr Elben seid schon ein komisches Volk..." meinte er mit einem Seitenblick auf Legolas.
„Sie ist keine Elbe. Wenigstens nicht ganz."
„Was ist sie dann?"
„Sie ist weder ganz Elbe noch ganz Mensch. Eine Halbelbe."
Schaltete sich nun Aragorn ein.
„Na ja, soll sie doch rennen, ich jedenfalls werde jetzt schlafen"gähnte Gimli und erntete zustimmendes Murmeln von Seiten Boromirs und der Hobbits. Legolas und Aragorn standen jedoch auf um etwas abseits noch weiter zu reden.
„Aragorn? Sag, weisst du, wovor sie eben davongerannt ist?"
„Nein. Doch da ist etwas in ihrer Vergangenheit, das sie vor uns zu verbergen sucht. Aber was vermag ich dir nicht zu sagen."
„Denkst du es hat was mit Lorien zu tun? Oder mit ihrer Mutter?"
„Eher mit Thalawen als mit Lorien. Hast du nicht bemerkt, wie still Luthanwen war? Und als sie Thalawen gesehen hat, sind ihr die Tränen gekommen..."
„Waren das nicht eher Freudentränen?"
„Wenn Luthanwens Tränen Freudentränen waren, habe ich noch nie welche gesehen. Irgendetwas bedrückt sie, und es ist nicht der schwarze Schatten im Süden."
Aragorn stand auf.
„Wir können ihr nicht helfen, wenn sie uns nichts erzählt. Ich würde es gerne tun, doch letztendlich ist es ihre Entscheidung, ob sie ihre Geheimnisse preisgeben will oder nicht. So, und jetzt geh auch ich schlafen. Gute Nacht, Legolas."
„Gute Nacht."
~*~
Luthanwen lag auf dem kleinen Flett ihres Baumes und beobachtete die Sterne. Sie liebte diesen Anblick, und nichts beruhigte sie mehr. Plötzlich hörte sie eine Stimme, die leise ein Lied sang. Sie rollte sich auf den Bauch und sah nach unten. Legolas. Ausnahmsweise suchte er wohl nicht nach ihr und hatte sie nicht absichtlich gestört. Leise glitt sie von ihrem Baum hinunter und beobachtete ihn hinter dem Stamm hervor. Er schien sie nicht bemerkt zu haben. Luthanwen lauschte seinem Lied. Sie kannte es nicht. Als er geendet hatte kam sie hervor.
„Woher kommt dieses Lied? Ich habe es noch nie gehört."
„Man singt es bei uns im Düsterwald. Wo kommst du eigentlich so plötzlich her?"
„Ich sass auf diesem Baum, als ich deine Stimme gehört habe."
„Und was hast du auf diesem Baum gemacht?"
„Ich versuchte zu vergessen. Dieser Baum ist mein Zuhause. Nie werde ich ihn vergessen, sollte ich auch eines Tages Mittelerde verlassen. Schon als Kind habe ich stundenlang hier gesessen, kein Tag verging, ohne dass ich meinen Baum besucht hätte..."
Legolas schwieg. Sie war also hier aufgewachsen, im goldenen Wald. Deshalb hatte Celeborn sie gekannt. Wie beneidete er sie doch darum, hier gewohnt zu haben! Die Bäume des Düsterwaldes waren nichts gegen die wunderschönen Mellyrn.
„Warum bist du eigentlich nicht bei den anderen?"
„Mir ist nicht nach schlafen. Wenn ich schon die Möglichkeit habe, einige Tage hier zu verbringen, will ich soviel wie möglich des Waldes sehen."
„Verständlich. Doch so sehr ich diesen Wald liebe - ich werde nie wieder hier leben können..."¨
„Warum nicht?"
Luthanwen antwortete lange nicht. Schliesslich entschloss sie sich dazu, ihm ihr Geheimnis anzuvertrauen.
„Bist du sicher, dass du es hören willst?"
Der Elb nickte. Luthanwen seufzte und begann stockend, dann aber immer fliessender zu erzählen.
„Als ich gerade 150 Jahre alt geworden war, schickte meine Mutter mich nach Isengard, mit der Begründung, dass Saruman mich in der Magie unterrichten wolle. Ich bin mir sicher, dass sie nicht gewusst hat, was er wirklich wollte, aber ich kann ihr bis heute nicht verzeihen, dass sie mich nach Isengard geschickt hat. Saruman nahm mich erst ganz freundlich bei ihm auf und lehrte mich einige Dinge, doch nie soviel, dass ich ihm hätte gefährlich werden können. Ich sollte wohl Vertrauen zu ihm fassen.
Das tat ich dann auch, bis ich in seiner Bibliothek ein Buch fand, wo beschrieben wurde, wie man einem anderen Magier die Macht nehmen kann, ohne dass er es bemerkt. Ich sah mir die Seiten sehr genau an und bemerkte darum nicht, dass Saruman in die Bibliothek gekommen war. Er wusste, jetzt, nachdem ich dieses Buch gesehen hatte, würde er mir nichts mehr vormachen können, denn ich würde fliehen wollen. So sperrte er mich kurzerhand in seinen Turm und liess mich von Geistern bewachen. Er entzog mir nun ungehindert meine Magie, und ich konnte nichts dagegen tun.
Er führte damals schon Experimente an Orks durch, ich bin mir jedoch sicher, dass er noch nicht unter Saurons Einfluss stand. Nein, er war bei vollem Verstand und wusste, was er tat. Meine Macht kam ihm für diese Experimente gerade recht, und er bediente sich daran. Haufenweise ungebrauchte Magie, die er in seine Sprüche einwob und sie damit stärkte.
Er glaubte, ich sei von den Geistern gut genug bewacht, war ich doch dem Wahnsinn nahe. Kein Magier kann auf Dauer ohne seine Magie überleben. Wenn er Glück, hat stirbt er und wenn er Pech hat, verliert er den Verstand. Keiner überlebt diese Leere unbeschädigt, von der man erfüllt wird, wenn einem die Magie genommen wird. Es ist, als würde man Stück für Stück seines Lebens wegfliessen sehen. Ja, auch ich war schon beinahe wahnsinnig geworden, als ich eine Kraft in mir entdeckte, die Saruman nicht benutzen konnte. Das Erbe der Elben. Mit seiner Hilfe konnte ich die Geister kontrollieren und mich fortschleichen. Ich war lange auf der Flucht, ich bin bis nach Gondor gelaufen, stets in der Dunkelheit, aus Angst, entdeckt zu werden. In Gondor wurde ich von einer Bauernfamilie aufgenommen und gepflegt.
Inzwischen hatte Saruman meiner Mutter erzählt, ich sei abgehauen, wohl um meine Magie in der Welt auszuprobieren. Die Herrscher der Galadhrim halfen meiner Mutter beim Suchen, und so kam es, dass eines Tages Elben ins Haus meiner Retter kamen und mich zurück nach Lorien brachten. Alle hielten sie mich dort für verrückt, als ich die Wahrheit erzählen wollte. Saruman hat sie alle geblendet. Ich werde nie vergessen, wie sie mich behandelt haben... als hätte ich Lügen erzählt und meine Geschichte nur erfunden."
Ein bitterer Unterton war aus ihrer Stimme herauszuhören. Legolas trat zu ihr und nahm sie in den Arm. Die Tränen, die Luthanwen schon seit der Begegnung mit ihrer Mutter verdrängte, begannen zu fliessen.
„Warum erzählst du nicht jetzt die Wahrheit, wo Saruman in Verruf geraten ist?"
„Ach Legolas. Es ist doch schon so lange her. Keiner kann es mehr rückgängig machen. Saruman ist nun enttarnt worden. Meine Geschichte wäre nur ein Beweis mehr, nichts sonst. Ich könnte damit höchstens erreichen, dass alle Welt mich bemitleidet und meine Mutter vor Schuldgefühlen wahnsinnig wird. Das will ich nicht."
Er nickte und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Ich kann dich verstehen. Und ich weiss ja, dass du kein Mitleid magst..."
Luthanwen musste lachen. Legolas sah sie so ernst an, als sei er einer der Ausbilder an ihrer alten Schule.
„Was mach ich bloss falsch, dass du immer über mich lachst?"grummelte er nun, was Luthanwen dazu brachte, noch mehr zu lachen.
„Nichts, nichts machst du falsch. Ich find's schön, wenn mir jemand Grund zum Lachen gibt. Den hab ich ja sonst nicht allzu oft!"
Legolas sah immer noch griesgrämig aus, und so stellte Luthanwen sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
„So. Wieder gut, mein mürrischer Elb?"
„Warum bin ich jetzt plötzlich mürrisch? Sonst hiess es doch immer ,blöder Elb', oder hab ich mich da verhört?"
„Nein, hast du nicht. Aber ausnahmsweise heisst es mal mürrisch."
„Das passt mir aber noch weniger als blöd!"
„Na dann eben unzufrieden. Zufrieden?"
„Nein!"
„Wie könnte es auch anders sein! Also wirklich, und du willst erwachsen sein? Du kommst mir vor wie ein etwas zu gross geratenes Kind..."
„Du bist einfallslos, Luthanwen. Das mit dem Kind war meine Idee."
„Na ja, dann bin ich eben einfallslos. Jedenfalls werde ich jetzt schlafen gehen, wenn du nichts dagegen hast."
Sie hauchte ihm nochmals einen Kuss auf den Mund, drehte sich um und verschwand. Legolas seufzte. Warum lief sie bloss immer davon? Leise schickte er ihr einen Satz hinterher, obwohl er sich sicher war, dass sie ihn nicht hören würde.
„Was ist, wenn ich was dagegen habe? Aber das wird dich ja kaum interessieren..."
„Und ob mich das interessiert!"kam es von Luthanwen, die wieder aufgetaucht war. Sie grinste den überraschten Elben an.
„Ich höre sehr gut, mein Lieber... wenn du willst, dass ich dich nicht höre, solltest du lieber bloss denken. Obwohl ich bezweifle, dass du das kannst."
Diese Worte waren nicht ernst gemeint gewesen, was Legolas auch bemerkt hatte, aber er machte sich einen Spass daraus, sie als Rache zu kitzeln. Er bemerkte schnell, dass Luthanwen äusserst kitzlig war. Sie quietschte und hatte jede Gegenwehr aufgegeben. Sie flehte ihn nur noch an, er solle doch bitte aufhören oder sie würde mit ihrem Lachen ganz Lorien wecken. Legolas hörte nicht auf und schliesslich sank Luthanwen zu Boden.
„Oh bitte, du blöder Elb, hör auf! Ich kann nicht mehr!"
„Erst will ich etwas ganz bestimmtes hören."
„Was denn? Nein, bitte nicht wieder kitzeln, ich entschuldige mich ja schon! Also, ich bezweifle nicht, dass du denken kannst, in Ordnung?"
Legolas nickte zufrieden und streckte ihr eine Hand hin. Luthanwen packte seine Hand und zog daran. Legolas, der nicht darauf gefasst war, landete äusserst unsanft neben Luthanwen auf dem Boden. Sie kicherte.
„Ach, und du willst ein Elb sein? Ich hab gehört, die wären besonders standhaft?"
Aber anstatt sie wieder zu attackieren setzte Legolas sich auf und flüsterte Luthanwen ins Ohr:
„Vielleicht sind Elben standhafter als Menschen oder Zwerge, aber nicht bei einer Frau wie dir..."
Luthanwen wurde rot und stand sofort auf. Ihre Gesichtsfarbe wurde noch dunkler, als Legolas mit einem fiesen Grinsen meinte:
„Aber zu bist auch nicht sehr viel standfester. Wegen so ein paar Kitzelattacken landet man doch nicht gleich auf dem Boden... oder wirst du etwa in der Gegenwart von Elben schwach?"
„Du bist kein Elb, du bist ein Ork! Kein halbwegs anständiges Wesen hätte meine Hilflosigkeit so ausgenutzt wie du gerade eben! Und kein Elb ist so von sich überzogen, dass er behaupten würde, ich bekäme wegen ihm weiche Knie!"
„Was ist, wenn ich eine Ausnahme bin? Und ich bezweifle doch sehr, dass ich ein Ork bin. Wenn das der Fall wäre hätte ich längst keinen Kopf mehr."
„Stimmt. Und das wäre doch sehr schade."
„Ach ja? Ausgerechnet du sagst das, wo du doch die erste wärest, die ihr Schwert gezogen hätte?"
„Ja, genau ich sage das. Ich mag dich nämlich leider, so dumm das auch ist." Legolas stand auf und sah ihr direkt in die Augen.
„Bloss mögen?"
Luthanwen musste sich fast zu einer Antwort zwingen, so sehr hatten sie die blauen Augen des Elben in ihren Bann gezogen.
„Nein. Nicht bloss mögen."
Legolas beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie. Selig schloss Luthanwen ihre Augen. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn.
‚Was hat dieser Elb bloss mit dir angestellt, Luna?' meldete sich eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. ‚So überwältigend ist er ja nun wirklich nicht! Und wie er dich behandelt... einem anderen hättest du längst dein Schwert an die Kehle gesetzt! Aber nein, von ihm lässt du dich auskitzeln und er bringt dich soweit, dass du um Gnade flehst. Das ist doch nicht normal.'
Genervt antwortete Luthanwen der Stimme: ‚Es kann dir doch egal sein, was er mit mir anstellt!'
‚Nein, kann es nicht. Ich bin dein Gewissen und ich weiss genau, dass du anschliessend mir die Schuld zuschiebst, wenn etwas schief läuft!' kam es zurück.
‚Meine Güte, bin ich wirklich schon so durchgeknallt, dass ich mich mit meinem Gewissen unterhalte, wo ich doch gerade von Legolas geküsst werde? Ich glaube, ich bin ein Fall für die Geistheiler!'
‚Bist du nicht, und das weißt du genau. Du bist bloss verliebt, mehr nicht. Aber ich kann dir sagen: Krieger sollten sich nicht verlieben, wenn sie eine Mission zu erfüllen haben, das kann nicht gut enden!'
Luthanwen schüttelte den Kopf, was Legolas dazu brachte, sich ein wenig von ihr zu lösen und sie verwundert anzusehen.
„Was ist? Hab ich was falsch gemacht?"
Sie lächelte.
„Nein, hast du nicht. Ich hab bloss gerade eine Unterhaltung mit meinem Gewissen geführt." Legolas sah sie verblüfft an. In seinen Augen stand riesengross die Frage ,wie bitte?'. Luthanwen grinste breit.
„Ja, ich weiss, ich bin wirklich ein Fall für die Geistheiler. Sobald ich einen treffe werde ich mich mit ihm unterhalten, einverstanden?"
Nun grinste auch Legolas.
„Ich glaub eher, dass du ein Fall für das Land der Träume bist. Wir sollten zurückgehen und uns etwas hinlegen."
Er nahm ihre Hand und zog sie in Richtung Lager, wobei er etwas von wegen: ‚Also wirklich, sich mit seinem Gewissen zu unterhalten...' murmelte.
Luthanwen lief ihm lachend hinterher.
