Narcissa wartete aufrecht im Bett sitzend auf Lucius. Sie hatte heute keine ihrer Pillen genommen. Ihr war es lieber die ganze Nacht kein Auge zu zu tun, als nicht zu wissen, was in dem Haus alles vor sich hin kreuchte und fleuchte. Hinzu kamen noch die ganzen Wanderungen ihres Mannes. Warum verschwand er jede Nacht für einige Stunden bevor er schlafen ging? Das musste doch einen Grund haben. Kontrolle, ob ihre Hauselfen schliefen, war doch etwas zu übertrieben.

Ihr ausgestrecktes Bein wippte nervös auf und ab. Fest verschränkt hatte sie die Arme vor der Brust und die Augenbrauen wütend zusammen gezogen. Eigentlich war sie ganz schön blöd, sich von ihrem Mann immer so an der Nase herum tanzen zu lassen. Der Türknauf bewegte sich ganz langsam. Das Ächzen der Scharniere ließ sie sofort aufhorchen. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit. Was wäre, wenn es nicht Lucius war? Ihre Hand glitt langsam unter das dicke Kopfkissen. Erleichtert umschloss sie ihren Zauberstab.

Doch es war kein Geist oder ein Golem, der sie da besuchen wollte, sondern der vermisste Ehemann. Als er sah, dass seine Frau überhaupt nicht schlief, sparte er sich die Mühe leise zu sein und ließ die Tür krachend ins Schloss fallen. „Wirken deine Pillen nicht mehr?"knurrte er zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor.

„Ich habe überhaupt keine genommen, weil ich nämlich endlich einmal wissen will, was hier gespielt wird."sagte sie bestimmt. Im nächsten Moment bereute sie ihre Aufmüpfigkeit. Lucius fuhr mit einer Schnelle herum, die sie zurück schrecken ließ. Seine Gesichtszüge entspannten sich jedoch wieder und er nahm seinen Umhang ab.

„Ich habe dafür gesorgt, dass Draco in seinem Zimmer bleibt. Er war draußen unterwegs. Ihm hätte hier einiges passieren können, das wollte ich verhindern."Geschickt öffnete er die edlen Knöpfe seiner Weste und löste den Knoten seines feinen Leinenhemdes unterhalb seiner Kehle.

„Oh."Sie ließ ihren Zauberstab los und schüttelte das Kissen neben sich aus. „Ich dachte, du würdest irgendetwas arbeiten."

„Wir sind im Urlaub hier und nicht, um zu arbeiten!"sagte er bestimmt. Was so wenig stimmte, wie seine Loyalität gegenüber dem Zaubereiministerium oder seiner Liebe zu Muggeln. Allein das Wort löste bei ihm schlimmste Übelkeit aus. Musste schließlich keiner wissen, was er des Nachts allein in gewissen Räumen seiner Besitztümer tat. Erst als er fast ausgezogen war, bemerkte er, wie sehr ihn die Erlebnisse des Tages durcheinander gebracht hatten. Warum zum Teufel zog er sich aus? Normalerweise zauberte er doch! Schon hatte er den Zauberstab in der Hand und nach einem kurzem Spruch trug er seine Nachtwäsche. Ohne weiter auf Narcissa zu achten, legte er sich ins Bett, drehte ihr den Rücken zu und schlief ein.

Draco hatte schon die ganze Zeit interessiert wohin der Geheimgang hinter seinem Bett führte. „Lumos."befahl er seinem Zauberstab und sofort wurde aus dem Dunkel des Ganges ein Abenteuerpfad. Zu seinen Füßen befand sich Schlick. Tiere konnte er nicht erkennen, aber es würde ihn auch nicht wundern, hier auf Insekten der übelsten Art zu treffen. Hatte sein Vater doch tatsächlich gedacht, ihn einfach so einsperren zu können. Aber weit gefehlt. Nicht mit Draco Malfoy!

Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, folgte er dem Gang. Mit einem Mal stoppte er jedoch. Hatte er da etwas gehört? Mit schief gelegtem Kopf horchte er in die Dunkelheit. Da war nichts! Achselzuckend ging er weiter, doch dann war das Geräusch wieder da. Ein Geräusch von nackten Füßen, die auf einen feuchten Boden trafen. Von wo kamen die Schritte? War dieser Gang das Heim einer Gestalt, die ihn zum Frühstück wollte? Den Gedanken verscheuchte er schnell wieder. Die Schritte waren nun schon deutlich näher an ihn heran getreten. Einmal tief durchatmend, drehte er sich blitzschnell um.

Schreiend trat er zwei Meter zurück. Erschrocken über die ebenfalls verschreckte Gestalt, die ihm gefolgt war. Die Hauselfe war dabei hintüber gefallen und zappelte im Moment noch wie ein kleiner Käfer, der auf den Rücken gefallen war.

„Minka!"sagte Draco wütend.

„Verzeiht, Master."wimmerte sie. Noch immer versuchte sie aufzustehen. Einige ihrer provisorisch zusammen genähten Stoffteile lösten sich.

„Was willst du?"zischte er. Überrascht stellte er fest, dass er sich fast schon wie sein Vater anhörte.

„Eurer Vater hat mir befohlen auf euch acht zu geben. Ihr sollt schlafen, sagt er. Minka soll dafür sorgen, dass der junge Master in seinem Bett bleibt, bis der Master ihn am nächsten Morgen wieder holen wird."

Augenrollend drehte der Slytherin der Hauselfe den Rücken zu. „Verschwinde und lass mich in Ruhe. Ich gehe ins Bett, wenn ich es will."Entschlossenen Schrittes marschierte er den Gang entlang. Schneller, als er es zuvor getan hatte.

Das gefiel der Elfe überhaupt nicht. Mit einem Mal war die ganz schnell wieder auf den Beinen und machte dem blonden Jungen hinterher. Sie krallte sich in den Umhang des jungen Zauberers und brachte ihn somit zu fall. Draco haute es voll auf die Schnauze. Ausgerechnet an dieser Stelle, war eine besonders stinkige und schlammige Grube. Er schmeckte den Geschmack von Dreck in seinem Mund. Mit kräftigen Tritten schlug er nach der Elfe. „Was fällt dir ein? Ich habe dir befohlen, mich in Ruhe zu lassen. Niemanden geht es etwas an, was ich tue oder nicht. Weder dich noch meinen Vater."

„Aber ich muss dem Master gehorchen und seinen Sohn in sein Bett bringen."

„Und mir noch eine Gute Nacht Geschichte vorlesen?"

„Wenn der junge Master das wünscht."Den sarkastischen Ton in Dracos Stimme schien die Elfe nicht gehört zu haben.

Der Slytherin nahm seinen Zauberstab und richtete ihn auf die Dienerin. „Keine Bewegung. Ich werde jetzt wieder aufstehen und weiter den Gang entlang gehen."Er erhob sich bereits. Das Ende des Zauberstabes blendete die Elfe. Schützend hob sie eine Hand vor die Augen. Draco drehte sich herum, machte zwei Schritte, und trat kurze Zeit in die Luft. Da wo der Boden hätte sein müssen, war keiner mehr. Er fiel, aber nicht sehr tief, nur einen halben Meter, doch es reichte, von der Hauselfe einen vorwurfsvollen Blick zu bekommen. „Genau darum sollt ihr im Bett bleiben."

Knurrend sah er nach oben. Doch weiter beachtete er sie nicht. Er richtete sich auf und sah sich hier unten genauer um. Rechts von ihm stand eine kleine Klappe ungefähr in Augenhöhe einen Spalt breit auf. Bedächtig trat der Junge näher. Den Zauberstab hielt er höher, um das Symbol auf der Klappe genauer erkennen zu können.

Minka kletterte zu ihm herunter und zupfte an seinem Ärmel. „Gehen sie jetzt wieder in ihr Bett?"

Nun wurde es ihm aber wirklich zu bunt. „Nun habe ich aber genug."sagte er. Mit einer einzigen Bewegung drehte er sich herum und richtete einen Fluch auf die arme Kreatur. Kurz darauf wurde sie blau und aus ihrem Körper begannen kleine Gewächse zu sprießen. Auf dem ersten Anblick sah es aus, als hätte sie einen starken Haarwachstumsschub bekommen, doch das war weit gefehlt. Es war eine Pflanze. Nicht besonders angenehm. Um diesen Fluch wieder los zu werden, bedarf es drei verschiedener Zaubertränke, die alle recht kompliziert waren. Falsch gebraut, konnte man die Symptome des Fluchs noch verschlimmern. Als die ersten Blätter, die lang und schmal waren, eine gewisse Länge erreicht hatten, begannen sie die Elfe zu kitzeln. Kichernd kugelte sie sich auf dem Boden hin und her. Je mehr Halme ausgewachsen waren, umso schlimmer wurde das Kitzeln. Die war erstmal versorgt. Nun konnte sich der Slytherin in aller Ruhe seiner Entdeckung widmen. Er nahm den Zauberstab in den Mund, so konnte er die Klappe ganz lösen und in das Fach dahinter sehen. Hoffentlich kamen ihm keine Krabbeltiere entgegen. Solange er keinen Behälter dabei hatte, um sie für seinen speziellen Freund Ronald Weasly einzufangen, wäre es eine Verschwendung, wenn sie hier frei herum krabbeln würden.

Es kostete ihn einige Mühe, denn die Klappe löste sich nicht sofort. Mittlerweile war Draco auch eingefallen, woher er das Symbol kannte. Es war ein altes Symbol, das ihm bereits häufiger hier aufgefallen war. Es war praktisch überall. Ob es das Wappen von Alaster war? Nun ja, diese Frage würde sich vielleicht schon bald klären. Mit einem Knarren löste sich die Klappe und ein rechteckiger Hohlraum wurde frei gegeben. Darin befand sich ein kleines Buch, in blaues Leder gebunden. Es war fleckig und sah aus, als hätte es eine speckige Schicht auf sich. Nichtsdestotrotz nahm er es sofort an sich. Von wegen Gift auf Büchern. Er sah sich nach der Elfe um. Hier lassen, konnte er sie ja schlecht. Genau, er würde später eine der anderen her schicken und sie holen lassen. Bis morgen früh sollte das möglich sein.

Draco ließ den Zauberstab kreisen. Hinter der sich am Boden vor lachen kugelnden Elfe, die in einem Ball aus Ranken verschwunden war, befand sich ein weiterer Gang.

Lange Zeit gab es nichts mehr. Mal ging es rauf, dann wieder runter und dann wieder rauf. Quer durch die verschiedensten Abzweigungen. Aufmerksam musterte er die Wände, doch ein weiteres Geheimfach fand er nicht.

„Mist!"fluchte er. Der blonde Junge musste irgendwo auf dem Rückweg falsch abgebogen sein. Er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, so lange unterwegs gewesen zu sein. Der Boden unter seinen Füßen hörte sich auch ganz anders an. Es war nicht mehr der kalte, feuchte Steinboden. Es hörte sich viel mehr nach Dielenbrettern an. Jeder Schritt knarzte und ächzte. Langsamer ging er weiter. Nein, das war nicht die richtige Richtung. Er hätte sich doch etwas zum markieren mit nehmen sollen. Kurz entschlossen drehte er sich wieder herum, der ganze Weg also zurück. Doch soweit kam er nicht. Sobald er den rechten Fuß aufsetzte kam nicht dieses mühselige Ächzen, sondern er brach durch. Die Holzbretter trugen ihn nicht mehr und er fiel nach unten.

Zu seinem Glück landete er weich. Direkt unter dem Geheimgang hatte sich eines der zahlreichen Schlafzimmer befunden, doch sobald sich Draco umsah, wünschte er in einem anderen gelandet zu sein. Seine Mutter sah verschreckt nach oben zu dem Loch, durch das er gekommen war und sein Vater, mit völlig zerzaustem Haar, funkelte ihn böse an.

„Äh... Ha... hallo Vater."stotterte er verlegen.

Wutschnaubend schlug Lucius die Decke zur Seite und packte seinen schmutzigen Sohn am Kragen seines Umhanges. Der Slytherin hinterließ auf der weißen Bettdecke schmierige Flecken. Narcissa hatte sofort einen Zauberstab bei der Hand und entfernte diese, gegen ihren wütenden Mann, konnte sie jedoch nicht so einfach vorgehen. Eilig huschte sie hinter den beiden her. Sie bog herum, um ihren beiden Männern die Treppe hinunter zu folgen, doch die beiden standen noch immer oben, denn unten am Treppenabsatz blickte ihnen jemand mit einem Zähne bleckenden Grinsen entgegen. Sofort versteifte sie sich und ging hinter ihrem Mann in Deckung.

To be continued...