,,Gute Arbeit Severus. Du hast sie mir ausgeliefert. Auch wenn es nicht ganz freiwillig war. Wir dulden weder Liebe noch Mitgefühl! Merk dir das!"
Schweißgebadet schreckte Severus auf. Er sah sich um. Er lag in seinem Bett. Um ihn herum war alles dunkel. Er atmete nur stoßweise und fasste sich mit einer Hand an die verschwitzte Stirn. Er hasste jede Art von Träumen, die er hatte. Denn seitdem er zu den Todessern gehörte, träumte er immer nur von Aufträgen, von Voldemort und den Menschen, die durch seine Hand umgekommen sind. Wie jedes Mal stand er auf und ging zu seinem Tränkeschrank, nahm sich eine Phiole mit einer lilablauen Flüssigkeit und leerte den Inhalt in einem Zug.
Sofort setzte die Wirkung ein und er taumelte zum Bett, wo er sofort traumlos einschlief.
Genau das Gleiche hatte Elyana gerade hinter sich. Ihr Traum war für sie gerade zu erschreckend. Snape hatte sie an Voldemort ausgeliefert! Hatte sie mit dem Imperiusfluch unter dem auch er stand, gefügig gemacht.
Elyana schüttelte den Kopf. Nein, das war nur ein Traum. Keine Realität. Auch sie nahm einen Phiole zur Hand und leerte den Inhalt. Sofort sank sie in die Kissen ihres Bettes und die Phiole glitt geräuschvoll zu Boden. Doch das hörte sie schon nicht mehr.
Am nächsten Morgen wurde Elyana von den Sonnenstrahlen geweckt, die sich ihren Weg durch die schweren Samtvorhänge ihres Bettes bahnten. Sie drehte sich auf den Rücken und streckte sich, wobei sie herzhaft gähnte. Dann schwang sie die Beine über die Bettkante und schlurfte ins Badezimmer. Dort riskierte sie einen Blick in den Spiegel, drehte sich jedoch sofort wieder weg.
,,Oh man. Das kann ich ja nicht mal mir selbst zumuten.", stellte sie fest und versuchte ihre Haare zu bändigen. Da die Bürste jedoch ihre Wirkung verfehlte, schmiss sie sie resigniert in eine Ecke und griff nach ihrem Zauberstab. ,,Ich sollte das immer so machen.", sagte sie schließlich als ihre Haare in kleinen Wellen über ihre Schultern fielen und ging dann zu dem großen eichenen Kleiderschrank, der in ihrem Schlafzimmer stand. Ihre Wahl fiel auf ein dunkelrotes, enganliegendes Kleid und sie besah sich lächelnd im Spiegel, als sie es angezogen hatte.
Ihren Zauberstab steckte sie in eine Innentasche ihrer schwarzen Robe und zog diese auch über. Dann verlies sie ihre Räume, um frühstücken zu gehen. Es dauerte nicht lange, bis sie sich an alles aus ihrer Schulzeit erinnert hatte und den Eingang zur großen Halle gefunden hatte. Vor der großen Tür hielt sie jedoch einen Moment inne und atmete tief durch, bis sie die Halle betrat.
Sie fühlte sich fast wieder wie an ihrem ersten Tag in Hogwarts und betrachtete genau wie damals erstaunt die verzauberte Decke, die heute dasselbe Wetter wiederspiegelte, wie Elyana es auch schon durch das Fenster in ihren Gemächern gesehen hatte. Sonne und ein strahlend blauer Himmel.
Lächelnd ging sie auf den Lehrertisch zu, wo Dumbledore sie ebenfalls lächelnd erwartete und sie den anderen Professoren vorstellte. Wie immer jedoch hatte der Lehrer oder, in diesem Fall, die Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste das Pech, neben Snape zu sitzen.
Der bärtige Halbriese, der Elyana als Hagrid vorgestellt worden war, warf ihr einen mitleidigen Blick zu, den Elyana jedoch ganz und gar nicht verstehen konnte. Professor Snape hatte sie schließlich gerettet und teilte das gleiche Schicksal, wie sie. Sie fühlte sich ihm also irgendwie verbunden.
,,Guten Morgen Professor Snape!", sagte sie freundlich und setzte sich neben ihn. Severus nickte nur. Elyana achtete nicht großartig darauf, da sie in diesem Moment mit großer Freude feststellte, dass der Tisch mit allerlei Leckerein gefüllt war, von denen sie nur zu gerne probieren wollte. Sie hatte schließlich großen Hunger.
,,Oh Professor Sie müssen einfach etwas davon probieren!", schwärmte sie schließlich und hielte ihm schließlich etwas unter die Nase, was Severus erst gar nicht zu identifizieren versuchte, sondern stattdessen grummelte: ,,Ich muss gar nichts, außer meinen Kaffee zu trinken."Wie zur Bestätigung seiner Worte nahm er daraufhin noch einen großen Schluck aus seiner Tasse und massierte sich schließlich die Schläfen mit einer Hand.
,,Geht es ihnen nicht gut? Kopfschmerzen? Schlecht geschlafen?", fragte Elyana leicht besorgt und schaute ihn erwartungsvoll an.
,,Wenn sie es genau wissen wollen, kann ich alles bejahen.", antwortete er schlecht gelaunt und stützte sich auf seine Hand.
,,Soll ich ihnen was für ihre Kopfschmerzen besorgen?", fragte sie daraufhin hilfsbereit und strich ihm über den Rücken.
Erschrocken über die plötzliche Berührung zuckte Severus zusammen und starrte sie ungläubig an. ,,Ich habe schon etwas dagegen genommen.", erklärte er schließlich kurz und widmete sich wieder seinem Kaffee.
,,Ah ok. Aber sagen Sie ruhig bescheid, wenn Sie mal etwas brauchen. Ich helfe ihnen gerne."
,,Miss Deacon, ich unterrichte an dieser Schule Zaubertränke. Ich kann mir durchaus selbst etwas für meine Kopfschmerzen herstellen.", antwortete Severus nun leicht genervt und stellte seine nun leere Tasse etwas zu laut auf den Tisch, sodass Dumbledore zu ihm herüber schaute.
,,Oh, das tut mir leid. Das wusste ich nicht. Aber ich helfe ihnen auch gerne anderweitig, wenn Sie möchten. Ich bin Ihnen schließlich was schuldig, nachdem Sie mich gerettet haben."
Severus seufzte. Daher wehte also der Wind. Sie wollte ihre vermeindliche Schuld wieder gut machen. Sie wusste schließlich nicht, dass es ein Befehl gewesen war, sie mitzunehmen und er sie nicht zufällig gefunden und gerettet hatte.
Resigniert ließ er die Schultern hängen und nahm sich noch etwas Kaffee. Das hatte ihm noch gefehlt. Eine Frau, die meinte sich revanchieren zu müssen. Dieser Tag begann schlechter, als der letzte aufgehört hatte. Severus´ Stimmung näherte sich dem Nullpunkt und Elyana hatte anscheinend immer noch nicht vor, ihr Frühstück still zu genießen.
,,Wissen Sie", begann sie wieder, ,,ich wollte als Mädchen immer Lehrerin für Verwandlungen werden. Am Anfang waren meine Noten auch sehr gut. Nur dann irgendwann, habe ich mich immer mehr verschlechtert.", sagte sie betreten und nippte an ihrem Kaffee.
,,Naja, aber dafür war es in Verteidigung gegen die dunklen Künste genau anders herum. Erst war ich grottenschlecht. Nur dann bekamen wir so einen niedlichen neuen Lehrer und da habe ich mich dann natürlich besonders angestrengt, damit er..."
,,Miss Deacon! Haben Sie denn niemand Anderen, dem Sie das erzählen können? Das ist ja grauenhaft. Ich möchte mir nun wirklich nicht mein spärliches Frühstück von irgendeiner Schwärmerei für einen ,ach so niedlichen Lehrer´ verderben lassen.", zischte er und Elyana seufzte.
,,Professor Snape, wissen Sie was ich glaube?", begann sie in einem barschen Ton und Snape hob eine Augenbraue. Er hatte es anscheinend geschafft sie sauer zu machen. ,Sehr schön.´, dachte er und wartete auf den Knall. Doch, er kam nicht.
Stattdessen begann sie wieder ihn ,anzutatschen´, wie es Snape durch den Kopf schoss. Sie legte eine Hand auf seinen Arm und flüsterte: ,,Ich glaube, dass ihre Schulzeit nicht so erträglich war, wie meine. Sie haben doch bestimmt auch für jemanden geschwärmt. Doch Sie haben sie schließlich nicht bekommen, nehme ich an. Und nun gehören Sie zu den vielen einsamen Männern, die sich gegen die Frauenwelt verschworen haben, da Sie nach der Abfuhr ihrer Angebeteten zutiefst verletzt und entmutigt waren und nun meinen Sie, dass keine Frau der Welt Sie haben will, weil diese eine Frau Sie nicht wollte.", schloss sie und streichelte weiterhin seinen Arm.
Snape hob seine rechte Augenbraue nun so hoch, dass sie fast nicht mehr zusehen war. Doch plötzlich verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. ,,Wie können Sie es wagen? Sind sie so etwas wie ein Seelenklempner? Wenn ja, dann lassen Sie sich gesagt sein, dass ich so etwas nicht brauche.", zischte er leise und bedrohlich und Elyana hob nun ihrerseits eine Augenbraue.
Ihre Hand ruhte immer noch auf seinem Arm, als sie ihm nach ein paar Sekunden antwortete: ,,Nun regen Sie sich nicht auf. Ich bin kein Seelenklempner. Ich habe mir eben nur Gedanken darüber gemacht, warum Sie so verbittert sind. Oder sind Sie es nicht gewöhnt, dass sich jemand für Sie interessiert?"
Das war zuviel! Mit einem bösen Blick drehte er sich zu ihr und fixierte ihre Hand auf seinem Arm. Mit einem Ruck löste er sich von ihr, erhob sich ohne sie dabei noch eines Blickes zu würdigen und verließ dann mit wehendem Umhang die große Halle.
Elyana sah ihm nach und schüttelte den Kopf. Snape konnte sich gar nicht vorstellen, wie sehr er ihre Vermutung bestätigt hatte. Er war ein totaler Einzelgänger und war es anscheinend tatsächlich nicht gewöhnt, dass sich jemand, um ihn sorgte. Elyana grinste leicht, als sie sich wieder ihrem Frühstück zuwandte. Sie würde schon noch rausbekommen, was der Grund für sein Verhalten war.
