Wir diskutieren nun schon seit einiger Zeit, oder vielleicht kommt es mir auch nur so vor, doch ich bin nur halbherzig bei der Sache. Kann ich mich normalerweise bei derartigen Gesprächen kaum bremsen, bist im Moment du es, der die meiste Zeit redet. Es erscheint mir, als würde dein qualifizierter Vortrag ewig währen, und wärest du nicht wer du bist und ich nicht mit meinen Gedanken ganz woanders, dann wäre ich dir schon längst ins Wort gefallen.

„Hier zum Beispiel," sagt Éomer eindringlich und deutet mit einem Finger auf eine Stelle der großen Karte. Seine Hände faszinieren mich, so wie die überzeugte Tonlage mich fasziniert, in der er seine Ansichten äußert. So wie die Art, auf die seine blonden Strähnen ihm wild ins Gesicht hängen, wenn er den Kopf neigt um auf die Karte zu sehen. So wie eigentlich alles an ihm mich irgendwie fasziniert.

„Oder auch dort," reißt seine feste Stimme mich aus meinen sehnsüchtigen Abschweifungen. Um mir die zweite Stelle zu zeigen, muss er sich etwas nach vorne über den Tisch beugen, und ich ertappe mich dabei, wie mein Blick diesmal nicht seinem Finger folgt, sondern über die Wölbung seines Hinterns gleitet, der durch seine gegenwärtige Position sehr nett betont wird. Ich hebe unwillkürlich eine Augenbraue. Oh ja, sehr nett, in der Tat.

Boromir," sagt er bissig und tadelnd, als er merkt, dass ich ihm gar nicht zuhöre, und ich reiße meinen Blick so schnell wie möglich von seinem Hinterteil, um ihn wieder auf die Karte zu lenken. Doch Éomer richtet sich rasch auf und stellt sich zwischen mich und den Tisch, mir die Sicht auf die riesige Landkarte versperrend.

„Was soll das?" frage ich, und noch bin ich dazu in der Lage, eine ruhige und gefasste Stimme zu entwickeln. Noch kann ich so tun, als wäre nichts gewesen.

„Das frage ich dich," entgegnet er scharf, aber auch mit einem leicht anrüchigen Unterton in der Stimme, der vorher noch nicht dagewesen ist. Vom gelegentlichen Knistern des Feuers im Kamin ist es totenstill, und ich nutze den Moment in dem wir uns so nah direkt gegenüberstehen, um mich zu bemühen in deinen Augen zu lesen. Und ich sehe, dass du das gleiche mit bei mir versuchst. Vielleicht kann ich nun doch nicht mehr so tun, als wäre nichts. Vielleicht will ich es auch gar nicht mehr.

Er erwidert meinen tiefen, forschenden Blick, und sein Gesicht ist zwar nicht mehr annähernd so naiv und jungenhaft wie damals, aber genauso erwartungsvoll. Ich erwäge, doch noch etwas abzuwarten, doch noch etwas schlauer aus ihm zu werden, bis ich mir ganz sicher sein kann, dass dies alles nicht fatalerweise nach hinten losgehen wird. Aber auf der anderen Seite habe ich jetzt schon so lange gewartet… Soviel kostbare Zeit ist bereits ungenutzt vergangen. Es wäre eine Sünde, auch nur eine weitere Sekunde zu verschwenden.

Ohne großartig über mögliche Folgen und Konsequenzen nachzudenken, umfasse ich ihn stürmisch und von ihm völlig unerwartet und hebe ihn hoch. Er schnauft ein bisschen erstaunt, als er so abrupt den Kontakt zum Boden verliert, sträubt sich aber nicht wirklich. Er ist ziemlich schwer, doch ich kann ihn ohne erwähnenswerte Probleme auf den Kartentisch wuchten. Sein begehrenswerter Hintern fegt die sorgfältig zwischen Mordor und Gondor platzierten Figürchen davon – wenn mein Vater dies sehen würde! denkt ein entlegener Teil in mir, und mit „dies" meine ich viel mehr meine Respektlosigkeit gegenüber der Kriegsplanung als die Tatsache, dass ich soeben damit begonnen habe, den jungen Neffen meines Vaters Verbündeten zu verführen  – und noch bevor sie über den Tischrand kullern und ich höre, wie sie dumpf und leise auf den Boden aufschlagen, lehne ich mich zielstrebig vor und bringe unsere Münder zusammen.

Ich bin überrascht aber nicht abgeneigt, als seine wundervoll weichen Lippen sich fast sofort unter den meinen öffnen, und eine tastende Zungenspitze sich neugierig ihren Weg in meine Mundhöhle bahnt. Während er recht hemmungslos herumprobiert – denn sein Kuss erscheint mir mehr wie ein begieriges Forschen als eine gekonnte Liebkosung – schiebe ich seine Beine auseinander und dränge mich dazwischen, um ihm noch näher sein zu können. Zufrieden stelle ich fest, dass er nicht zurückweicht, sondern seine Hände auf meine Schultern legt, fest jedoch nicht abwehrend. Dieser Kuss… unser erster… er ist noch viel überwältigender, als ich zu träumen gewagt hätte. Etwas scheint in ihm entfesselt worden zu sein, und die Heftigkeit, mit der er die ungezügelte Liebkosung meiner Lippen und Zunge erwidert, bringt mich fast um den Verstand. Wenn mich dies alles nicht so sehr erregen würde, dann würde ich meine Energien jetzt darauf verwenden, mich ordentlich darüber ärgern, nicht schon viel früher einen Annäherungsversuch gemacht zu haben.

~ ~ ~

Oh, was geschieht mit mir? Alles dreht sich, als er anfängt mich zu küssen, und ehe ich mich versehe, erwidere ich seine Leidenschaft. Ich erkenne mich selbst kaum wieder, als ich ihn zwischen meine Schenkel treten lasse, wo der Beweis meines Verlangens so heftig und rasch anzuschwellen scheint wie noch nie zuvor in meinem Leben. Er schmeckt ein wenig nach etwas bitterem Alkohol, und seine Fingerspitzen sind rau auf meiner Haut als er die linke Hand von meiner Taille nimmt und stattdessen in meinen Nacken legt, so als hätte er Angst, dass ich jeden Moment zur Besinnung kommen und von ihm zurückweichen könnte. Dabei ist das so ziemlich das Letzte, was ich gerade tun möchte.

Ich fahre erst ein wenig zusammen und löse mich abrupt von seinen fordernden Lippen, als ich seine rechte Hand in meinem Schritt spüre. Unsere Blicke treffen sich in diesem Moment, in dem wir beide unsere Lider wieder öffnen, und ich sehe Begierde in seinen Augen aufflackern, als er mich mit einer konsequenten, einwandfreien Streicheleinheit durch meine Kleidung hindurch zum Aufstöhnen bringt.

„Nicht," bringe ich irgendwie hervor. Meine Stimme ist roh und mein Atem geht heftig, und ich bin vor lauter Aufregung und sich rapide steigernder Lust so zittrig, dass es ein Leichtes für ihn wäre meine Bitte zu ignorieren und mich stattdessen innerhalb kürzester Zeit zum Höhepunkt zu bringen. So wie er es damals schon getan hat. Aber seine Hand zieht sich zurück und ich atme erleichtert durch. Ich hätte es ihm niemals verzeihen können, wenn er mir mehr als einmal in meinem Leben zu so einer Demütigung verholfen hätte. Aber nur, weil ich nicht darauf erpicht bin, meinen eigenen Rekord im frühzeitigen Kommen von damals zu brechen, heißt das noch lange nicht, dass ich ihn nicht intensiver spüren will.

„Nicht hier," füge ich hinzu, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich nicht bereue, was eben geschehen ist, und durchaus eine Fortsetzung wünsche. Ein leichtes Schmunzeln umspielt seine Lippen.

„Deine Gemächer oder meine?"