Heitzi und Yavanna: vielen lieben Dank für eire reviews ;)

Teil 2: Getötet

„Nicht! Ich möchte nachdenken." Unwirsch schob er den Blonden von sich, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Wieder sah er vor sich Elronds Söhne, wie sie blutüberströmt heimgekehrt waren. Keine einzige Regung in ihren Gesichtern.

„Sie haben sich sehr verändert in den letzten fünfhundert Jahren. Oh wie sehr wünschte ich mir, sie wären wieder die, die sie einmal waren."

Eine zärtliche Hand streifte über seine Haare, an der Wange entlang zu  seinem Kinn.

„Sieh mich an mein Herz." Blaue Augen blickten in die seinen. „Egal wie sehr du dir dies wünschst, sie werden ihren Weg gehen. Schon lange ist die Zeit, in der wie sie hätten leiten können, vorbei. Das Einzige, was wir tun können, ist da sein."

Sanfte Lippen versiegelten jegliche Antwort.

Er wollte schon anklopfen, als er Erestors Stimme vernahm, seine Worte hörte. Eine federleichte Berührung an der Schulter, die Stimme nur ein Flüstern: „Er hat recht, wir wissen es beide."

„Wir wissen es, und ich glaube, Glorfindel hält sein Versprechen. Komm, wir würden nur stören. Gehen wir auf die Jagd?" Ein Nicken, leise Schritte, kaum mehr als das Rascheln des Windes.

„Sie werden immer dreister. Wie lange wird es noch dauern bis sie sich an die Grenzen wagen?" Wieder tropfte schwarzes Blut von seiner Klinge, wieder begegnete er dem Blick seines Zwillings, wieder sah er nur sein eigenes Spiegelbild.

„Selbst wenn sie sich an die Grenzen wagen sollten, was bedeutet dies schon, außer dass wir nicht mehr so lange suchen müssen um sie aufzustöbern?" Ein kühles Lächeln umspielte seine Lippen und er sah, wie Elladan daraufhin kurz erschauerte, zu kurz.

„Kommt es dir manchmal auch so vor, als würden wir mit jedem, den wir töten, auch einen Teil in uns töten?" Wie sinnlos diese Frage, sie wussten die Antwort beide. Doch in dem Moment, in dem Elladan sie aussprach, glaubte sein Bruder einfach wegrennen zu müssen, sich ihr nicht stellen zu können.

„Was gibt es denn noch zu zerstören in uns? Sind wir nicht schon vor fünfhundert Jahren getötet worden?" 

„Ständig drehen sich unsere Gespräche darum, ständig geht es uns durch den Sinn. Warum?"

„Weil die Zeit unserer Entscheidung kurz bevor steht, weil die Welt sich bald wandeln wird, und wir nicht wissen, was mit uns geschehen mag. Komm, lass uns heimkehren. Heute werden wir keine weiteren mehr finden, und ein wenig Ruhe wäre von Vorteil. Bald werden wir mit den anderen Dúnedain aufbrechen."

„Sie waren wieder auf der Jagd."

„Natürlich waren sie das, es ist das einzige, was sie daran erinnert, dass sie leben, warum sie leben und was den Schmerz in ihrem Inneren beruhigt. Auch wenn sie ihn nicht mehr wahrnehmen, so ist er doch allgegenwärtig." Sanfte, aber vom Kämpfen starke Hände fuhren durch sein Haar, als er sich vom Fenster abwandte. Er war schockiert gewesen, als er die Zwillinge gesehen hatte, wie sie zurückkamen. Wieder einmal voller schwarzem Blut. Doch Glorfindels Worte erinnerten ihn daran, was in den Herzen der beiden vorging.

„Der Frühling erwacht, und alles, was um uns herum ist, ist der Tod. Sie werden morgen abreisen, werden dem Erben folgen, hoffen, dass sie entweder sich selbst wieder finden, oder ihr Leben aushauchen, sodass sie nicht länger eine Hülle sind. Wie schafft Elrond dies nur mit anzusehen?" Seufzend lehnte er sich an die Schulter des Blonden und ließ sich festhalten.

„Wie ich das mit ansehen kann? Was soll ich deiner Meinung nach tun, alter Freund?" Sie hatten völlig vergessen, dass sie in der Bibliothek standen, und somit auch vergessen, dass der Herr Bruchtals ihren Gesprächen lauschen könnte.

Erestor hob den Kopf und blickte in verdunkelte Augen, in ein Gesicht, das nur wenig den Kummer verbarg, den Elrond fühlte.

„Verzeih, so war dies nicht gemeint. Ich mache mir einfach Sorgen um die beiden." Eine sanfte Berührung auf seiner Schulter, ein gemurmeltes „Wir machen uns alle Sorgen.", ein zitternder Körper, der sich an die beiden Berater drängte, Trost suchend, Nähe suchend.

Sie konnten es nicht verweigern und seufzend nahm Erestor den Halbelben in die Arme, ihn zärtlich auf die Stirn küssend, während Glorfindel sie beide schützend umarmte.

„Sie sind abgereist, mit den Waldläufern." Die Stimme des Herrn von Imladris zitterte, konnte nicht ganz die Angst verbergen, die er um seine Söhne hatte.

Ein kurzer Blickkontakt zwischen den beiden Liebenden, ein Entschluss, der gefasst wurde, ein kurzes Nicken des Blonden und Erestor zog den Halbelben in eine engere Umarmung, hob sein Kinn und küsste ihn zaghaft.

„Wir werden, sofern du es wünschst, heute Nacht bei dir sein, dir Gesellschaft leisten, für dich da sein, wenn du dies gestattest", erklärte Glorfindel, und Elrond ließ sich gegen ihn sinken, die starken Arme genießend, von denen er wusste, dass sie ihm Kraft geben würden, wann immer er sie brauchte, den Kuss und die Fürsorge genießend die der Noldo ihm zuteil werden ließ. Doch schon allzu bald löste Erestor sich wieder.

„Auch wenn deine Söhne glauben, dass sie innerlich getötet wurden, ich glaube ganz fest daran, dass sie die Kraft haben zum Leben zurückzufinden, so wie wir dir jetzt helfen zu leben."

Sanft zog er den Halbelben mit sich und gemeinsam suchten sie dessen Gemächer auf.