In doppelten Anführungszeichen sind Originalzitate aus der Carroux-Übersetzung
Teil 3: der Weg
Sie hatten ihre Pferde bis an den Rand der Erschöpfung getrieben, ihnen nur kurze Pausen gegönnt. Die Reiterschar preschte durch den Isen, bald würde sie aufgeholt haben, als sie die Gruppe Rohirrim sahen. Sie hatten die Speere erhoben und einer rief ihnen mit lauter Stimme entgegen:
„„Halt! Halt! Wer reitet in Rohan?""
Die Reiter blieben sofort stehen und warteten das Gespräch ihres Anführers mit dem der Rohirrim ab. Ein kurzer Blickwechsel zwischen den Zwillingen, Elrohir nickte und lenkte sein Pferd neben das ihres Pflegebruders.
„„Ich bringe dir eine Botschaft von meinem Vater: Die Tage sind kurz. Wenn du in Eile bist, gedenke der Pfade der Toten."", sprach er mit kalter Stimme und blickte gerade aus, Richtung Osten, dem Schatten entgegen.
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„Welcher Schatten lastet größer auf euch? Der dunkle Herrscher im Osten, oder euer eigener, selbst gewählter?", erklang die sanfte Frage neben ihnen.
„Diese Frage wagte noch keiner zu stellen, Prinz des Düsterwaldes."
„Nicht einmal ihr selbst?"
Zwei Paar grauer Augen richteten sich auf den blonden Bogenschützen, durchdrangen ihn, bis auf den Grund seiner Seele, doch ließen sie selbst nichts erkennen, verrieten sich nicht durch auch nur einen Blick.
„Unser Pfad ist überschattet von Vielem, doch kennen wir die Antwort."
Blaue, nachdenkliche Augen folgten ihnen, genauso wie ein Paar königlicher grauer.
„Was denkst du mein Freund?"
„Ich sorge mich um meine Brüder, doch weiß ich, dass sie gut kämpfen werden."
„Ja, das werden sie. Doch wird es kein Kampf sein, es wird ein Gemetzel werden."
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„Wir werden über die Pfade der Toten reisen", erklang die Stimme seines älteren Bruders neben ihm. Nachdenklich blickte er auf, versuchte den Schutzmantel um die Seele seines Zwillings zu durchdringen.
„Hast du Angst?", spottete er und sah nur den kühlen, stahlharten Schimmer in den tiefen grauen Augen, der anzeigte wie viel er von der Frage hielt.
„Warum sollte jemand, der innerlich tot ist, die Toten fürchten?"
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Elladans Fackel leuchtete hell in der Schwärze um sie herum viel heller als seine eigene Seele leuchtete. Dennoch schien es seinem Bruder, als würde die Dunkelheit sie umzingeln, ihnen immer näher rücken. Schweigend beobachteten sie die Angst des Zwerges, die Verzweiflung des Menschen und hörten still seinen Ruf.
„Auch wir folgen diesem Ruf", lachte Elladan leise an seinem Ohr, wie ein Hauch nur, und doch schienen die Worte laut in seinem Bewusstsein zu rauschen.
„Wir folgen dem Ruf an die Toten… makaber…"
„Und doch wahr."
„Ja, wir folgen ihm, wenn nötig von einem Tod in den nächsten. Egal, was es uns kostet." Selbst Elrohirs Stimme war so leise wie der Wind, durchbrach das tiefe Schweigen um sie kaum, ließ ihre Seele erzittern ob der Erkenntnis, wie sehr diese Leere auch in ihnen war. Genauso wie die Schwärze, die die erloschenen Fackeln hinterließen.
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„„Die Toten folgen uns", sagte Legolas. „Ich sehe Gestalten von Männern und Pferden, und bleiche Banner wie Wolkenfetzen und Speere wie Winterdickichte in einer nebeligen Nacht. Die Toten folgen uns."
„Ja, die Toten reiten hinterher. Sie wurden gerufen"", sagte Elladan, der letzte der Schar, die wieder unter den Sternen wandelte.
„Wahrlich, wir reiten hinterher", sprach sein Bruder und man konnte glauben, so etwas wie Bitterkeit schwinge in seiner Stimme mit.
Ihre Gesichter bar jeglichen Gefühls und jeglicher Leidenschaft, preschten die Zwillinge hinter dem Erben Gondors und seinen Dunedain her, versetzen die Menschen, die sie sahen, in Angst. Ebenso wie das Heer der Geister, das hinter ihnen ritt, grausig anzuschauen und das Herz vereisend.
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„Wir sind am Stein von Erech", flüsterte sein Bruder, ließ den Blick über den trostlosen Gipfel wandern, erblickte die geisternen Reiter. „Sehnst auch du dich manchmal nach dem Ende? Nach dem völligen Vergessen? Dem Schicksal der Sterblichen?"
„Was hält uns hier? Außer dem kurzen Augenblick der Ekstase, wenn unserer Schwerter das heiße Blut zum fließen bringen? Ich weiß, was du denkst mein Bruder… was dich bewegt, doch lass uns erst eine Entscheidung treffen, wenn diese Schlacht geschlagen ist."
„Sofern wir sie überleben, Elrohir." Die Stimme des Älteren bekam einen beinahe wehmütigen Klang, als hätte sein Herz noch einen Wunsch, tief vergraben.
„Wollen wir es nicht hoffen", antwortete der Jüngere sanft, berührte federleicht die Wange Elladans und drehte sich dann weg, setze sich an den Rand und blickte in die Schatten. Er versuchte, diese zu durchdringen, wie die Schatten, die um sein Herz lagen.
„Gibt es noch so etwas wie Hoffnung für uns?" Eine Berührung, kaum wahrnehmbar, wie der Nebel der sie umgab, auf seiner Schulter. Vertraute Hände, die durch sein Haar fuhren. Graue Augen, die seinen Blick suchten.
„Ich weiß es nicht, Elladan. Ist diese Frage überhaupt wichtig? Wir sind nicht hier wegen uns, sondern um denen Hoffnung zu geben, die lieben, und für unsere Schwester."
„Du hast Recht, lass uns abwarten und der Dunkelheit ins Gesicht lachen. Egal in welcher Form wir ihr begegnen."
Nuepi:
Danke für dein Review, ich hoffe dieses Kapitel hat dir auch so gefallen
