Seit drei Tagen waren Legolas und Gimli nun schon auf dem Weg nach Düsterwald. Sie kamen aus Minas Tirith, wo sie Aragorn besucht hatten und ein par wohltuende Tage verbracht hatten. Der Weg mit Gimli war aber keinesfalls so einfach für den Elb, denn der Zwerg maulte ständig, dass er zu wenig Schlaf bekam und wollte immerzu Pausen machen. Legolas nahm auf ihn auch Rücksicht und räumte viele Pausen ein, denn sie hatten keine Eile nach Düsterwald zu kommen, aber dennoch nörgelte Gimli stetig herum und heute kam es sogar so weit, dass Legolas ihm drohen musste, ihm seine Axt wegzunehmen, falls er nicht endlich auf das Pferd steigen würde. Heute Vormittag dann hatte sich Gimli bei Legolas beschwert, dass es immer nur Lembas zu essen gab, er würde doch viel lieber einen Braten essen und dazu Malzbier trinken. Trotz Nörgeln musste sich der Zwerg dann aber doch mit dem Elbenbrot zufrieden geben und war auch gezwungen ein par Stunden am Tag zu reiten, schließlich wollte Legolas wenigstens ein Stück vorankommen.

Jetzt saßen sie an einem Waldrand, denn Gimli hatte schon wieder um eine Pause gebeten. Der Zwerg döste vor sich hin, während Legolas sich die Gegend betrachtete.

Lange verweilten sie so, bis Legolas den Zwerg antrieb endlich wieder auf das Pferd zu steigen. Es war Zeit, so könnten sie wenigstens noch ein gutes Stück voran kommen, bis die Dunkelheit hereinbrechen würde.

Gimli sagte nichts zu Legolas´ Vorschlag, endlich einmal weiterzureiten. Obwohl er nicht begeistert war, stieg er dennoch auf das Pferd, der Gedanken, Legolas würde ihm tatsächlich seine Axt wegnehmen, behagte ihm gar nicht, obwohl er sich kaum vorstellen konnte, dass der Elb es in der Tat tun würde. Gute zwei Stunden kamen sie auch in einem zügigen Tempo voran, dann war es so dunkel, dass Legolas es nicht mehr riskieren wollte weiterzureiten, denn Unebenheiten und Löcher im Boden konnte das Pferd nun schwer erkennen, und die Gefahr, dass es stürzte, wurde immer größer. Legolas wollte das weder sich und Gimli, noch dem Pferd selbst antun und so wurde erneut ein Lager aufgeschlagen, was Gimli mit heller Begeisterung sah. Die letzten Sonnenstrahlen waren noch nicht ganz verschwunden und so konnte Legolas seinen Blick noch mal über die Umgebung schweifen lassen. Es war eigentlich ein recht guter Platz für ein Lager. Hinter ihnen lag ein kleiner Hügel, über dem sie gekommen waren und an der Seite befand sich wieder ein Wald. Legolas glaubte in der Ferne auch irgendwo ein Wasserrauschen zu hören. Mit Sicherheit gab es hier in der Nähe einen Bach, der sich irgendwo im Wald befand. Um sie herum erstreckte sich eine Wiese, auf der hier und da Büsche, kleine Bäume und Findlinge zu finden waren. Es war ein idyllischer Platz und jetzt, wo die Abendröte ihn in ein zartes Rot tauchte, hatte er fast etwas magisches, wie Legolas fand. Der Elb saß so lange einfach nur da und genoss den milden Abend, bis es stockdunkel war. Gimli schnarchte schon eine lange Zeit vor sich hin und auch Legolas beschloss, nun langsam etwas zu schlafen. Das Pferd stand etwas abseits und war an einem Baum festgebunden. Der Elb suchte sich ein weiches und bequemes Fleckchen auf dem Rasen und legte sich dort hin. Er nahm sich vor auch ein wenig zu schlafen, er würde trotzdem mit einem Ohr immer wachsam sein und so schloss er die Augen und hörte noch einen Moment das Zirpen der Grillen, bis er einschlief.

Legolas erwachte ganz früh am Morgen und lauschte aufmerksam den Geräuschen. Der Morgen graute zwar bereits, aber es war trotzdem nicht sonderlich hell. Die Sicht wurde zudem noch von Nebelschwaden erschwert, die wie Rauch über den Boden hinwegzogen. Legolas spürte die Kälte des Morgens und sah hinüber zum Pferd, dass an der Schnur zog, an der es festgebunden war. Überall waren die ersten Vogelrufe zu hören und Legolas lauschte nahezu jedem Ton, der zu seinem Ohr vordrang. Obwohl alles friedlich wirkte, hatte er das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Gimli schlief immer noch friedlich, nur das Pferd begann immer unruhiger an der Schnur zu ziehen und schlug mit den Hinterläufen aus. Legolas richtete sich auf und blickte sitzend in alle Richtungen. Der Nebel sorgte dafür, dass der Elb nicht sehr weit sehen konnte, aber er glaubte Schritte zu hören. Er stand auf und lief in geduckter Haltung zu Gimli hinüber. Er hatte den Zwerg noch nicht erreicht, als er plötzlich aus den Augenwinkeln eine Gestalt erblickte. Schnell drehte er sich zu der Seite und zog sein Messer, denn sein Bogen lag bei Gimli in der Nähe. Während er noch in die Richtung blickte, in der er die Gestalt gesehen hatte, stieß ihn jemand von hinten mit voller Wucht an. Der Elb schaffte es, sich noch zu drehen, aber der Angreifer packte seinen Arm, in dem er das Messer hielt und versuchte angestrengt Legolas davon abzuhalten, die Waffe zu gebrauchen. Der Elb machte Anstalten sich loszureißen und merkte auf einmal, wie ihm jemand von hinten auf den Rücken sprang und seine Arme um seinen Hals schloss. Der Elb ging unter dem Gewicht zu Boden und eine weitere Gestalt sorgte dafür, dass er bald gänzlich auf dem Rücken lag. Drei Männer knieten nun neben ihm und hielten ihn eisern auf die Erde gedrückt. Legolas versuchte verzweifelt sich den Griffen zu entwinden, und funkelte die Männer zornig an. Doch plötzlich drückte einer der Männer ihm ein Stück Stoff auf Nase und Mund und der Elb versuchte durch tiefe Atemzüge zu verhindern, dass er erstickte. Das Stoffstück, welches der Mann energisch auf Legolas' Mund und Nase drückte, während zwei weitere Männer seine Arme und Beine runterdrückten, war etwas feucht und hatte einen süßlichen Geruch, wie der Elb feststellte. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen und Legolas merkte langsam, wie ihm durch den Luftmangel die Sinne schwanden. Trotzdem versuchte er immer noch sich energisch zur Wehr zu setzten und die Panik vor dem Ersticken verlieh ihm eine ungeheure Kraft.

"Wieso wirkt das Zeug nicht", zischte eine Stimme und Legolas fühlte das der Druck auf seine Arme verstärkt wurde.

"Vielleicht ist es zu wenig", flüsterte ein anderer. "Tu mehr drauf."

Legolas merkte, wie seine Beine losgelassen wurden, weil der Mann, der sie festgehalten hatte scheinbar etwas suchte. Blitzschnell trat er einen der Männer, so dass dieser zur Seite fiel und einen seiner Arme frei gab. Mit dem Arm drückte er nun die Hand weg, die ihm das Stoffstück auf Mund und Nase presste und atmete einmal tief durch, bevor er sich weiter zu befreien versuchte. Doch damit hatte er zu lange gezögert. Der Mann, der ihn immer noch mit einer Hand gepackt hielt griff mit der anderen in Legolas´ Haare und riss seinen Kopf in den Nacken. Wieder spürte Legolas plötzlich das Stück Stoff auf Mund und Nase, doch diesmal war es wesentlich feuchter, als vorher. Der Elb wurde plötzlich von einer Müdigkeit ergriffen, der er nicht mehr standhalten konnte. Er sog immer weiter den süßlichen Geruch des Stoffes ein und war nicht einmal mehr fähig den Arm zu heben, der von niemandem mehr festgehalten wurde. Er sank mit geschlossenen Augen zurück und wurde von einem Mann festgehalten, bevor er gänzlich auf die Erde fiel.

Als Legolas die Augen aufschlug war es bereits heller Tag und die Vögel zogen zwitschernd ihre Kreise am Himmel. Der Elb jedoch vernahm jedes Geräusch wie, als wenn es aus weiter Ferne käme und kniff die Augen zusammen um besser sehen zu können, denn sein Blick war ungewöhnlich unscharf. Er war unglaublich müde und glaubte noch jetzt nicht ganz wach zu sein. Er bemerkte, dass er auf der Erde saß und dass er an etwas hartem lehnte. Seine Arme waren mit Fesseln nach hinten gebunden worden. Erst langsam wurde ihm klar, dass er an einen Baum gebunden war und dass neben ihm Gimli saß, an einem Baum, der genauso festgebunden schien, wie er selbst.

Legolas konnte nicht weit entfernt fünf Männer erkennen, von denen einer eine seltsame Maske trug. Einer der Männer kam nun zu Legolas und Gimli hinüber. "Geht es euch gut", fragte er die beiden.

Gimli murmelte verbissen: "Mir ging es noch nie besser", setzte noch einen zwergischen Fluch hinterher und zog demonstrierend an den Fesseln. Legolas sagte gar nichts, erstens konnte er nicht und zweitens wollte er nicht, am liebsten hätte er einfach nur geschlafen. Der Mann kniete sich vor ihn, als er sah, dass der Elb müde den Kopf auf die Brust sinken ließ. Dann legte er Legolas die Hand unters Kinn und sorgte dafür, dass der Elb den Kopf wieder hob. Legolas schloss die Augen, doch der Mann zog ihm die Lider auseinander und betrachtete sich aufmerksam seine Augen; erst das eine, dann das andere. Legolas blinzelte, es war ein unangenehmes Gefühl die Augen nicht schließen zu können, wenn es auch nur für kurze Zeit war.

"Was macht ihr da", fragte Gimli mit grimmigem Ton und beobachtete kritisch die Situation.

"Nichts was euch beunruhigen müsste", entgegnete der Mann, stand daraufhin auf und ging zurück zu den anderen Männern. Er wechselte ein par Worte mit ihnen und deutete dabei mit den Händen auf Legolas, der schon wieder in einen Halbschlaf gefallen war.

Als er das nächste Mal erwachte, fühlte er sich wesentlich munterer. Gimli musterte ihn von der Seite und murmelte etwas, das wie "na endlich" klang.

"Weißt du vielleicht was passiert ist", fragte Legolas, nachdem er sich umgeschaut hatte und feststellte, dass sich die Situation nicht viel verändert hatte, nur das sich jetzt zwei Männer weniger miteinander unterhielten.

"Ich habe nicht den blassesten Schimmer. Ich bin aufgewacht und fand mich an den Baum gebunden vor. Die komischen Männer dort reden die ganze Zeit miteinander und sonst passiert gar nichts", antwortete Gimli. Legolas blickte an sich herunter und runzelte die Stirn. "Wo ist meine Brosche?"

"Ach ja, vor einer ganzen Zeit sind zwei Kerle weggeritten, aber vorher sind sie hier her gekommen und haben dir die Brosche und mir ein Stück von meinem Hemd weggenommen."

Noch ehe Legolas wieder etwas fragen konnte, konnte er den Mann mit der Maske sehen, der nun auf die Beiden zu kam und dann in einer Entfernung von zwei Metern stehen blieb. Er war groß und kräftig, hatte ein schwarzes Gewand an und die Maske, die er über dem Gesicht trug war eisern. Sie hatte einen kleinen Schlitz, wo eigentlich der Mund war und wirkte grimmig, weil auch die Schlitze für die Augen nur sehr klein waren. Gimli fragte sich, wie der Mann eigentlich überhaupt dadurch sehen konnte. Der Mann trug Handschuhe über den Händen und hatte schwarze Stiefel an. Er kniete sich etwas schwerfällig hin, so dass er in Augenhöhe von Legolas und Gimli war.

"Eigentlich müsstet ihr mich ja kennen, oder", fragte der Mann und seine Stimme klang durch die Maske seltsam verzerrt, so dass Legolas nicht sagen konnte, ob er nun zornig war, oder nicht.

"Sollten wir", donnerte Gimli mürrisch zurück. "Wir kennen eigentlich nicht viele Verrückte, tut uns leid."

Legolas verzog das Gesicht und schüttelte nur an Gimli gewandt den Kopf. Es war nicht gut gleich jemanden derartig zu provozieren, obwohl man seine Absichten noch nicht kannte.

"Du nennst mich einen Verrückten", fragte der Mann ungläubig.

Gimli antwortete nicht, obwohl er es gerne gewollt hätte, aber er sah das Legolas das nicht für gut hielt.

"Wollt ihr mir wirklich weiß machen, dass ihr nicht die leiseste Vermutung habt, wer ich bin", wollte der Mann nach einer kleinen Pause wissen, in der niemand etwas gesagt hatte.

"Nein wir haben keine Ahnung", gab Legolas ruhig zurück und versuchte die Augen des Mannes unter der Maske zu erblicken.

Der Mann atmete geräuschvoll aus und ein lautes Zischen war zu hören, weil der Ton durch die Maske noch verstärkt wurde.

"Sagt mir, hat der König von Gondor nie ein Wort über mich verloren? Ihr seid doch zwei seiner besten Freunde, oder nicht?"

"Es stimmt zwar, dass wir seine Freunde sind, doch kann ich mich nicht erinnern, dass er dich je erwähnte", antwortete Legolas schnell, denn auch Gimli hatte schon den Mund geöffnet und war im Begriff zu sagen: "Auch der König kennt keine Verrückten." Doch dank Legolas´ schneller Antwort kam er nicht mehr dazu.

Der Mann jedoch ballte scheinbar wütend die Hände zu Fäusten, stand ruckartig auf und lief hektisch hin und her.

"Wisst ihr, eigentlich schade, dass der König nie etwas von mir erzählt hat, er hätte eigentlich einen guten Grund dafür gehabt. Und wisst ihr, was ich glaube...", er machte eine Pause, blieb stehen und drehte seinen Kopf in Legolas´ und Gimlis Richtung. "... ich glaube, man sollte diesem scheinbar so edlen König einen Pfeil durch sein angeblich so gerechtes Herz schießen."

Legolas und Gimli blickten sich fragend an und bekamen ein ungutes Gefühl. Wieso sollte Aragorn ihnen von dem Mann erzählt haben?

"Möchtet ihr uns denn nicht endlich mal euren Namen verraten und vielleicht eure Maske abnehmen, vielleicht erkennen wir euch ja dann", fragte Gimli ungeduldig und zog wieder an seinen Fesseln.

Der Mann sah die beiden für einen Moment an und versuchte zu erkennen, ob die beiden die Wahrheit sagten. Er konnte nämlich überhaupt nicht glauben, dass Legolas und Gimli noch nie etwas von ihm gehört hatten. Dann erklang ein Geräusch, dass sich wie ein Lachen unter der Maske anhörte. "Ich halte es nicht für gut, die Maske abzunehmen, ihr würdet mich nicht erkennen, glaubt mir. Mein Name ist Lhunroth", sagte der Mann und klang etwas ungehalten.

Weder Legolas, noch Gimli konnten etwas mit dem Namen anfangen und wussten beide nicht so recht, was sie nun sagen sollten, denn der Mann schien sehr erbost zu sein, dass sie seinen Namen überhaupt nicht kannten.

"Na schön, euch trifft ja eigentlich keine Schuld. Die Schuld liegt bei diesem Elessar und ich werde ihn mir schon holen und dann werde ich ihn selbst fragen, was es mit dieser Undankbarkeit auf sich hat, die er mir entgegenbringt! Dass seine besten Freunde nicht mal wissen, wer ich bin, fasse ich als eine der größten Beleidigungen auf, die mir je widerfahren sind!"

Durch Legolas´ Kopf schossen die verschiedensten Gedanken. Er überlegte immer wieder, ob ihm der Name Lhunroth nicht doch etwas sagte, oder ob er nicht vielleicht einfach behaupten sollte, dass er ihm doch bekannt vor kam. Doch das wäre ein Lüge, denn er kannte ihn absolut nicht und er war sich sicher, dass Aragorn ihn noch nie erwähnt hatte. Welchen Grund hätte er auch gehabt diesen Namen oder einen Mann mit einer Maske zu erwähnen?

"Wieso sollte Aragorn uns denn von dir erzählt haben", fragte Gimli, dessen Neugierde nun doch allmählich geweckt wurde.

"Wisst ihr was, ich denke, dass wird euch Aragorn selbst sagen können, denn ich denke er wird mit Sicherheit hier vorbeischauen, wenn ich ihm erzähle, dass ihr hier seid. Und dann wird er euch und hoffentlich auch mir erklären, warum er mich nie erwähnt hat und es nicht mal für nötig gehalten hat mir seinen Dank entgegen zu bringen. Denn das wäre das Mindeste gewesen, was ich von ihm erwartet hätte." Lhunroth machte eine Pause und sah sie beide aufmerksam an. "Ich bin kein Unmensch, ich will nur den König und das zu Recht, denn was ich für ihn getan habe ist unbezahlbar und er würdigt mir nicht mal einen Dank dafür. Das ich euch da mit reinziehen muss tut mir leid, aber sonst komme ich nicht an ihn ran. Wenn ihr euch ruhig verhaltet, dann passiert euch auch nichts. Der König ist alles was ich will."

Damit ging Lhunroth wieder zu den anderen Männern. Legolas konnte erkennen, dass er ein paar wilde Gesten machte und anscheinend ungläubig den Kopf schüttelte. Der Elb überlegte, was das nun sollte, denn er wurde aus Lhunroths Aussagen nicht schlau. Und er ärgerte sich, denn Dank ihm und Gimli würden Lhunroth und seine Männer es mit Sicherheit schaffen, Aragorn aus Minas Tirith zu locken. Die Männer schienen nicht sonderlich auf Gewalt aus zu sein, denn Lhunroth hatte Gimlis Provokationen praktisch überhört, aber dennoch hatte er ein ungutes Gefühl. Irgendwas schien diesen Lhunroth bezüglich Aragorn sehr zu schaffen zu machen und Legolas fürchtete, dass Lhunroth wenn er den König sah, vielleicht nicht mehr so friedlich sein würde. Wütend zerrte der Elb an seinen Fesseln, Aragorn durfte nicht herkommen, Legolas hätte es am liebsten verhindert.

"Was denkst du, Legolas? Glaubst du er ist gefährlich", fragte Gimli und guckte etwas verwirrt drein.

"Immerhin hat er es geschafft uns beide zu erwischen. Ich glaube nicht, dass er gefährlich ist, aber Wut und Hass können einen verändern, und ich glaube er ist wütend. Ich mache mir Sorgen, wenn Aragorn herkommt. Ich würde gerne wissen, was er von ihm will."

"Hast du doch gehört, er will einen Dank, oder so was."

"Ja, aber wofür? Wenn er so erzürnt ist, war es gewiss keine Kleinigkeit, die er für Aragorn getan hat."

"Aber wieso hat Aragorn dann nie etwas davon gesagt?"

Legolas zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht, ich..."

Sie wurden in ihrer Unterhaltung unterbrochen, als wieder ein Mann auf sie zu kam. Es war der Mann, der schon einmal vor Lhunroth da gewesen war.

"Immer noch müde", fragte er Legolas und kniete sich vor ihn. Ohne auf eine Antwort zu warten hielt der Mann ihm wieder die Hand unters Kinn und zog ihm die Lider hoch um Legolas´ Augen zu betrachten. Diesmal jedoch tat er es nicht so vorsichtig, wie beim letzten Mal.

"Eigentlich nicht", antwortete der Elb ruhig und ließ es zu, dass der Mann ihm so lange das linke Auge offen hielt, bis es fast schon zu tränen anfing.

"Na das sieht doch schon ganz gut aus, die Wirkung ist fast weg", stellte der Mann fest, doch Legolas glaubte einen merkwürdigen Unterton in seiner Stimme zu hören. Erst jetzt erinnerte sich Legolas auch langsam daran, dass das der Mann gewesen war, der ihm das Tuch mit der süßlich riechenden Flüssigkeit auf Mund und Nase gepresst hatte. Auch er war recht groß, hatte kurze rote Haare, einen roten Bart und wirkte sehr schlank. Obwohl Legolas gerne gefragt hätte, was er da eigentlich eingeatmet hatte, hielt er sich zurück, aber der Mann schien schon zu wissen, was er fragen wollte. "Das war Schlafkraut, wie ich es gerne nenne, den richtigen Namen weiß ich eigentlich nicht. Es ist eine ganz lustige Sache, der Saft, der sich aus den Blättern gewinnen lässt hat eine betäubende Wirkung und haut selbst den stärksten Mann um, wenn er die richtige Dosis davon bekommt. Sie darf nicht zu niedrig sein, so wie es wohl bei dir am Anfang war, aber sie darf auch nicht zu hoch sein, sonst fällt das arme Opfer in einen ewigen Schlaf", sagte der Mann zu Legolas und grinste etwas hämisch. Der Mann zog eine kleine Flasche aus einer Tasche und schüttelte sie demonstrierend. "Aber nur keine Sorge, du hast es ja, obwohl ich bei deiner Dosis schon leichte Befürchtungen hatte, verkraftet, genauso wie der Kleine da", fuhr der Mann fort und deutete auf den Zwerg.

"Ich muss doch sehr bitten", gab Gimli erbost zurück. "Die Größe ist genau richtig, wenn ich so lang wäre wie du, dann würde ich wahrscheinlich Angst haben, dass mir die Luft um die Nase zu dünn wird."

"Na, na, wer wird denn hier gleich frech werden?" Der Mann sah Gimli herausfordernd an und sagte dann: "Soll ich euch mal etwas sagen? Ich bin etwas enttäuscht von euch. Ich glaube ihr spielt ein Spielchen mit meinem Bruder. Er erkennt das nicht, aber ich glaube, ihr wisst ganz genau, wer er ist, nur war es euch egal, was er für den König getan hat, genauso wie es dem König selbst auch egal ist. Ich glaube dieser Elessar sitzt da oben auf seinem Thron und macht sich auf Kosten anderer ein nettes Leben. Er hat euch gewiss von meinem Bruder erzählt, nur habt ihr nie geglaubt, dass er eines Tages vielleicht mal vor euch stehen würde und deshalb war es euch und dem König gleichgültig. Mein Bruder hat eine Rechnung mit diesem Aragorn zu begleichen und ich finde es schändlich, dass ihr verleumdet meinen Bruder zu kennen. Mein Bruder gibt nur Aragorn die Schuld, aber ich sage, ihr seid genauso schuldig, weil ihr ihm den Rücken deckt und nicht zugeben wollt meinen Bruder zu kennen. Seid froh, dass ich nicht an der Stelle meines Bruders bin, ich hätte euch so lange leben gelassen, bis dieser Elessar hier eingetroffen wäre und dann wärt ihr beide einen Kopf kürzer.

Mein Bruder ist schon immer gutgläubig gewesen und versucht selbst jetzt noch eine friedliche Lösung zu finden. Er will sogar, dass man euch gut behandelt und ist in der Tat gewillt euch frei zu lassen, wenn er diesen Elessar hier hat, denn nur ihn macht er für sein Unglück verantwortlich."

Legolas wurde langsam etwas nervös und verstand nicht so recht, was das alles zu bedeuten hatte.

"Als wir dir vorhin eine etwas zu hohe Dosis von dem Schlafkraut gegeben haben, da habe ich mir schon fast Sorgen um dich gemacht, denn auch wollte nicht, dass es unnötige Opfer gibt. Aber jetzt sehe ich das etwas anders, da du und dein kleiner Freund hier zwei große Lügner zu sein scheint", zischte der Mann und sah Legolas an.

"Wir lügen nicht, warum sollten wir es nicht sagen, wenn wir deinen Bruder kennen würden?"

"Weil ihr euch fürchtet und weil ihr diesem Elessar damit die Haut retten wollt."

Legolas sah den Mann erstaunt an. Die Haut retten? Was hatten die nur vor? Immer mehr wünschte er sich, dass er irgendwie die Fesseln abbekam, denn er fürchtete, dass Aragorn etwas passieren könnte, wenn er hier erschien. Vorsichtig drehte er seine Handgelenke, um die Fesseln etwas zu lockern und vielleicht so einen Freiraum zu bekommen. Der Mann sah das und blickte ihn lächelnd an. "Ach ja, Lhunroth möchte, dass ich euch, wenn ihr es wollt, die Fesseln etwas lockerer machen soll, damit sie euch nicht zu sehr in die Handgelenke schneiden. Aber ich höre nicht immer auf meinen Bruder... Er wollte auch, dass ich euch frage, ob ihr Hunger oder Durst habt, aber ich glaube ihr habt keinen. Also frag ich euch auch erst gar nicht." Er grinste und verließ die Beiden wieder. Die drei Männer, die noch da waren saßen nun in einiger Entfernung auf dem Boden und unterhielten sich immer noch. Außer Lhunroth und seinem Bruder saß noch ein kleiner, etwas stämmiger Mann dort, der aber am wenigsten von den dreien sagte.

Legolas seufzte. Zu gerne hätte er gewusst, was Lhunroth für Aragorn getan hatte und warum er und auch sein Bruder so erzürnt waren. Sein Bruder fast noch schlimmer, als Lhunroth selbst, denn dieser suchte scheinbar wirklich nach einer friedlichen Lösung.

"Wie steht es mit deinen Fesseln? Kannst du sie irgendwie abbekommen", fragte Legolas Gimli.

"Ich fürchte nein, die sitzen so fest, dass in meine Finger kaum noch Blut kommt."

Auch bei Legolas ließ sich nichts machen, und so blieb ihnen nichts anderes übrig als zu warten. Legolas war sich sicher, dass die zwei Männer, die verschwunden waren, bereits auf dem Weg nach Minas Tirith waren, um Aragorn zu holen und er verfluchte es, dass er keine Möglichkeit hatte sich zu befreien. Er versuchte im Kopf zu überschlagen, wie lange es wohl dauern würde, bis die Männer in Minas Tirith waren. Dadurch, dass er und Gimli so viele Pausen gemacht hatten, waren sie höchstens zwei Tage von der Stadt entfernt. Also würde es etwa vier Tage dauern, bis sie mit Aragorn wieder hier waren.

Es war etwa eine Woche her, dass Legolas und Gimli aus Minas Tirith abgereist waren. Aragorn hatte seine Arbeit, die er während Legolas´ und Gimlis Besuch liegen gelassen hatte, weitgehendst nachgeholt und blickte nun aus dem Fenster seines Arbeitszimmers. Er hatte gerade zusammen mit Arwen gefrühstückt und war nun wieder in sein Arbeitszimmer zurückgekehrt, um ein par Briefe zu beantworten. Auf dem Tisch, wo sich eine ganze Zahl Briefe türmten, lag auch ein Schreiben von Gandalf, das Aragorn gestern erhalten hatte, in dem er sein Kommen ankündigte. Wenn er den genannten Termin tatsächlich einhielt, würde er morgen oder spätestens Übermorgen hier eintreffen und Aragorn erwartete Gandalfs Besuch schon voller Vorfreude. Endlich konnte er mal wieder mit dem Zauberer über Neuigkeiten in Mittelerde sprechen.

Aragorn setzte sich an den Tisch, nahm Papier und Feder zur Hand und begann ein Schreiben aufzusetzen.

Er war noch nicht lange dabei, als es plötzlich an der Tür klopfte und Aragorn dem Klopfenden Einlass gewehrte. Es war ein Wachmann, der sich einmal vor dem König verneigte und um Erlaubnis bat, sprechen zu dürfen.

"Mein Herr, da sind zwei Männer vor dem Tor, die dringend zu euch wollen und sagten, es wäre sehr wichtig."

"Wie sind ihre Namen?"

"Sie wollten uns ihre Namen nicht nennen, sie sagten, sie würden keine Rolle spielen." Aragorn stutzte kurz und überlegte. Fremde ließ er normalerweise nie ohne triftigen Grund hinein. Er spielte mit dem Gedanken, ihnen den Einlass zu verwähren, doch wenn sie wirklich etwas wichtiges hatten... Schließlich gab er dann die Erlaubnis, dass die Männer unbewaffnet hereingelassen werden sollten. Irgendwie hatte er bereits ein ungutes Gefühl, als er auf die Männer wartete und die wenige Zeit, die verging, kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Schließlich hörte er Schritte den Gang entlang kommen und stellte sich aufrecht hin, um sie würdevoll zu empfangen.

Der Wachmann betrat den Raum, dicht gefolgt von zwei Männern. Der erste war groß und schlank, hatte strohblonde Haare und blaue Augen. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos und Aragorn konnte sofort erkennen, dass dieser Mann keinen Unterschied machte, ob er nun vor dem König oder vor irgend jemandem stand. Aragorn wollte nicht, dass die Leute vor Respekt vor ihm im Boden versinken, oft wollte er einfach nur, wie ein normaler Bürger behandelt werden, denn er liebte es einfach und unkompliziert und er schätzte eine freundschaftliche Verbindung zu den Leuten. Bei Fremden jedoch gab es ihm immer ein bedenkliches Gefühl, wenn sie so ganz ohne Erfurcht zu ihm kamen.

Der andere Mann war ebenfalls schlank, doch wirkte er muskulöser und kräftiger, als der andere. Seine Haare waren halblang und nicht ganz so blond, wie die des anderen Mannes. Beide standen stillschweigend hinter dem Wachmann und machten keine Anstalten sich vor Aragorn zu verneigen, stattdessen blickten sie ihn musternd und mit finsteren Minen an.

"Mein König, hier sind die Männer", sagte der Wachmann und wollte sich schon im Raum hinter die Tür stellen, doch einer der Männer sagte mit einer rauen und unangenehmen Stimme: "Wir möchten allein mit ihm reden". Dabei nickte er in Aragorns Richtung und dieser und auch der Wachmann blickten sich nun unentschlossen an. Aragorn behagte das nicht recht, nicht weil er sich alleine mit den Männern in einem Raum fürchtete, sondern viel mehr, weil die Männer äußerst selbstbewusst waren und mit einer gewissen Dreistigkeit zu ihm kamen. Sie mussten sich ihrer Sache sehr sicher sein, was immer sie auch von ihm wollten.

Aragorn nickte schließlich und befahl dem Wachmann aber, in der Nähe der Tür zu bleiben. Der Wachmann tat, wie ihm geheißen und verließ den Raum.

Nach einem kurzen Schweigen begann Aragorn das Gespräch mit den beiden Männern. "Darf ich fragen, weshalb ihr gekommen seid?"

"Aber natürlich darfst du das", antwortete einer der Männer etwas spöttisch und Aragorn merkte, wie er langsam zornig wurde.

"Ihr wisst hoffentlich, wen ihr hier vor euch habt", gab er streng von sich und versuchte die Männer zu beeindrucken.

"Wissen wir, aber du weißt anscheinend nicht, wen du vor dir hast."

Aragorn hatte Mühe nicht verwirrt zu erscheinen, so eine Art von Dreistigkeit hatte er selten gesehen. Diese Männer kümmerte es überhaupt nicht, dass sie vor so einem Mächtigen Mann, wie Aragorn standen.

"Und wen habe ich vor mir", fragte er barsch und sah die Männer herausfordernd an.

Einer der Männer setzte ein Lächeln auf, dass hinterlistig und hämisch war, wie Aragorn fand.

"Sagen wir es mal so, wir sind die Leute, die zwei deiner Freunde bei sich haben."

Damit warf der Mann Aragorn ein kleines ledernes Säckchen vor die Füße. Aragorn sah den Mann an und versuchte zu erkennen, was dieser beabsichtigte.

"Willst du es nicht aufheben und sehen was drin ist, mein Lieber?" Der Mann funkelte Aragorn herausfordernd an und dieser bekam nun ein sehr ungutes Gefühl in der Magengegend. Er bückte sich und hob das Säckchen auf, dann zog er die Bänder am Rand auseinander und ließ den Inhalt auf seine flache Hand fallen. Aragorn betrachtete sich die Gegenstände in seiner Hand und schluckte. Er erkannte sofort, dass das eine Legolas´ Brosche war und das andere ein Stück Stoff von Gimlis Bekleidung. Aragorn sah die Männer fragend an. "Was habt ihr getan?" Er war jetzt nicht mehr so ruhig und er wollte auch nicht mehr den Respekt, der ihm eigentlich gebührte, er wollte lediglich die Frage beantwortet haben, die ihn nun sehr beunruhigte.

"Scht", zischte der eine Mann. "Wir wollen doch nicht, dass die halbe Portion von einem Wachmann etwas mitbekommt." Bei diesen Worten legte er seinen Zeigefinger auf den Mund und deutete in Richtung Tür.

"Sagen, wir es mal so, deine Freunde leisten uns gerade unfreiwillig etwas Gesellschaft und würden es glaube ich, sehr zu schätzen wissen, wenn du uns begleiten würdest. Unser Bruder würde dich nämlich gerne etwas fragen und lauert schon seit Monaten auf solch ein Treffen mit dir", flüsterte der eine Mann.

"Und was haben dann Legolas und Gimli damit zu tun?"

"Sie sind nur Mittel zum Zweck, damit du mitkommst. Falls du das nämlich nicht tust, dann können sie jetzt schon mal anfangen ihre letzten Stunden zu zählen."

Aragorn stand da und konnte es nicht glauben. Die Brosche und das Stück Stoff waren Beweis genug, dass die Männer wirklich die Wahrheit sagten, aber dennoch begriff er es nur schwerlich. Tausend Gedanken schossen ihm gleichzeitig durch den Kopf, und die kalte, herzlose Art und Weise der Männer jagten Aragorn unfreiwillig einen Schauer über den Rücken.

"Euer Bruder", fragte Aragorn und blickte gedankenversunken auf die Gegenstände von Legolas und Gimli.

"Ja, unser Bruder, er ist nicht ganz zufrieden mit dir."

"Wie soll ich das verstehen?"

"Frag ihn das selber."

Aragorn überlegte, er wusste, es war gefährlich mit ihnen mitzugehen, aber dennoch konnte er nichts anderes tun, wenn sie es von ihm verlangten. Dennoch versuchte Aragorn vorerst einen anderen Ausweg zu finden.

"Wieso sollte ich das tun? Ich lasse euch einfach in den Kerker werfen und schicke meine Männer auf die Suche, ich bin sicher, sie werden meine Gefährten schon finden."

Die Männer lachten, und sahen Aragorn spöttisch an. "Du denkst du bist so schlau? Wir sind nicht alleine hier. Ein par unserer Männer warten ganz in der Nähe von Minas Thirith und beobachten die Gegend. Wenn sie auch nur einen kleinen Hinweis darauf entdecken, dass du einen Suchtrupp losschickst, oder wir nicht wiederkommen, dann ergeht es deinen Freunden schlecht! Bis du oder deine Männer sie in der Wildnis gefunden haben, sind unsere Männer längst dort und sorgen dafür, dass du die Leichen deiner Freunde nicht einmal mehr erkennen wirst."

Dass die Männer logen, konnte Aragorn nicht wissen, denn sie waren die einzigen, die zu ihm geritten waren, um ihn zu holen. Aragorn versuchte seine Nervosität nicht zu zeigen, die Männer ließen sich keines Wegs einschüchtern und waren sich ihrer Sache sehr sicher. Ihm blieb keine Wahl, er musste mit ihnen mit, sonst fürchtete er, würde Legolas und Gimli etwas passieren. "Na schön, ich komme mit. Aber, ich möchte erst noch mit meiner Frau sprechen."

"Nichts wirst du tun! Du hast wohl vor alleine zu ihr zu gehen und auf dem Weg zu ihr wirst du dann wohl noch jemandem von uns erzählen, damit sie uns folgen. Kommt nicht in Frage, du kommst sofort mit uns mit und wirst nirgends anders mehr hingehen. Den Wachen am Tor werden wir irgendein Märchen erzählen damit sie keinen Verdacht schöpfen und du wirst schön bei uns bleiben."

Aragorn verfluchte es, dass sie seinen Plan durchkreuzt hatten. In der Nähe von Arwens Zimmer gab es mindestens immer eine Wache. Wenn er die Möglichkeit hätte, irgendjemandem von den Männern zu erzählen und was sie vorhatten, dann war die Chance größer für Legolas und Gimli, aber auch für Aragorn selbst heil aus der Sache herauszukommen. So würde aber niemand wissen, was geschehen war, niemand würde wissen wo sie hinreiten würden und bis jemand bemerken würde, dass Aragorns Verschwinden nicht normal war, würden vielleicht Tage ins Land gehen. Selbst Arwen würde wahrscheinlich nichts merken, denn wenn ihr Mann weg war, würde sie zu erst die Wachen am Tor fragen, ob sie wüssten, wo Aragorn war. Da die Männer den Wachen aber etwas falsches erzählen würden, würde Arwen sich zwar ärgern, dass Aragorn einfach so verschwunden war, ohne ihr vorher etwas zu sagen, aber im ersten Moment würde sie keinen bösen Verdacht haben.

"Na, schön, wie ihr es wollt", sagte er schließlich und sah dann an sich herunter. Er hatte das königliche Gewand an. "Soll ich so mitkommen?"

"Den Fummel kannst du ablegen und dir etwas einfacheres anziehen. Aber einer von uns wird mitkommen."

Aragorn ballte unmerklich die Hände zu Fäusten. Sie durchschauten wirklich jeden Trick, den er versuchte.

Nach wenigen Minuten hatte Aragorn seine Waldläufer Kleidung an und kam, gefolgt von einem der Männer, wieder in sein Arbeitszimmer.

"Na, können wir los? Oder muss der König jetzt erst noch speisen oder irgendetwas anderes tun?"

Aragorn versuchte die Wut runterzuschlucken, die drohte aus ihm rauszubrechen.

Die Männer nahmen Aragorn in ihre Mitte und machten sich auf den Weg zum Ausgang. Aragorn dachte an Legolas und Gimli und hoffte, dass sie einigermaßen gut behandelt wurden. Als sie zu den Wachen kamen, standen die Männer ebenso wie Aragorn schweigend da, denn jeder wartete, dass der andere etwas sagte. Erst als Aragorn einen schmerzhaften Stoß in die Rippen erhielt, begann er etwas zu sagen: "Das sind alte Freunde von mir, ich werde sie begleiten."

"Für ein par Tage", ergänzte der Mann mit den strohblonden Haaren.

Die Wachen runzelten die Stirn und musterten die Männer skeptisch. "Verzeiht, mein König, aber ist alles in Ordnung", fragte einer der Wachmänner, während er immer noch die Männer anblickte. Aragorn zögerte einen Augenblick mit der Antwort, doch als einer der Männer ihm bedrohlich die Hand auf die Schulter legte, gab er dem Wachmann eine Antwort. "Ja, es gibt keinen Grund zur Sorge, lasst uns durch."

Die Wachmänner nickten und gaben den Weg frei.

Die Männer folgten Aragorn auch, als er sein Pferd holte. Dann setzten auch sie sich auf ihre Pferde und ritten langsam aus Minas Thirith hinaus.

Aragorn stellte nach nur kurzer Zeit fest, dass sie sich auf dem Weg nach Düsterwald befanden. Er hatte sich schon so etwas gedacht, mit Sicherheit hatten die Männer Legolas und Gimli auf dem Weg dorthin überfallen. Aragorn überhörte die vielen Beleidigungen, die er von den Männern über sich ergehen lassen musste und versuchte sich einen Reim darauf zu machen, weshalb das alles geschah. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, und erst recht ins Überlegen kam er, als die Männer ihm sagten, dass es eine Lüge war, dass noch mehr Männer hier waren. Aragorn war daraufhin mehr als wütend, dass er auf so eine Lüge hereingefallen war, aber er sagte nichts. Er konnte sich jedoch keinen Reim auf die Geschehnisse machen, denn er hörte aus den Gesprächen der beiden Männer heraus, dass sie wohl insgesamt zu fünft waren. Wie hatten es fünf Männer geschafft Legolas und Gimli zu überwältigen? Und nun hatten sie es sogar geschafft Aragorn selbst aus Minas Thirith zu holen, und er wusste nicht einmal, was sie von ihm wollten...

Sie waren ungefähr zwei Tage geritten, als die Männer ihm sagten, dass sie jetzt in der Nähe waren und einer der Männer ritt daraufhin voraus und ließ Aragorn mit dem anderen allein. Auch das wunderte Aragorn sehr, denn Legolas und Gimli hätten nach seinen Berechnungen viel weiter weg sein müssen, wenn sie zügig geritten wären, so wie Legolas es eigentlich immer tat. Vor sich sah Aragorn einen kleinen Hügel, über den auch der Mann geritten war, und einen Wald an der Seite. Aragorn gestand sich selbst ein, dass er ziemlich nervös war. Die Männer hatten gelogen, als sie sagten, sie seien nicht die einzigen, die nach Minas Thirith kamen, wieso sollten sie nicht auch gelogen haben, als sie sagten, dass Legolas und Gimli noch am Leben waren? Vielleicht hatten sie die Beiden längst getötet...

Legolas war die ganze Zeit damit beschäftigt an den Fesseln zu zerren. Gimli hatte es schon lange aufgegeben, und beobachtete seinen Freund nur noch mitleidig, denn es geschah nichts, außer dass Legolas immer verbitterter wurde, weil er es nicht schaffte sich zu befreien. In der Ferne stand Lhunroth, der schon den ganzen Tag irgendwie aufgeregt wirkte. Legolas hatte festgestellt, dass er der einzige war, der zumindest halbwegs mitfühlend war. Er hatte den Befehl gegeben, dass erst Legolas und danach Gimli kurzfristig von ihren Fesseln befreit wurden. Sie durften sogar aufstehen und sich etwas die Beine vertreten. Zwar wurden sie ständig bewacht und als Legolas von seinen Fesseln befreit wurde, zielten der rothaarige Mann auf Gimli mit Pfeil und Bogen und als Gimli befreit wurde, wurde auf Legolas gezielt, so dass es keine Möglichkeit gab, die Flucht zu ergreifen, aber dennoch war es sehr erleichternd mal nicht den harten Baum im Rücken zu haben und die Fesseln um die Handgelenke. Sie wurden sogar sehr gut mit Wasser und Essen versorgt, wenn Lhunroth in der Nähe war. Waren Legolas und Gimli mit dem Rothaarigen alleine, stellte er ihnen das Wasser nur so hin, dass sie es zwar sehen konnten, mehr aber auch nicht. So war es immer, sobald Lhunroth nicht mehr in der Nähe war, missachtete der rothaarige Mann die Befehle von ihm, die Gefangenen gut zu behandeln.

Während Legolas immer noch an den Fesseln zerrte, flüsterte Gimli plötzlich: "Was ist das denn?"

Der Elb blickte auf und sah, wie ein Mann auf einem Pferd über den Hügel geritten kam und winkte. Lhunroth sprang daraufhin sofort hektisch auf und schien alle anderen Männer mit irgendetwas zu beauftragen. Der Rothaarige und die beiden anderen kamen daraufhin sofort auf Legolas und Gimli zugerannt. Ihnen wurden die Fesseln gelöst und sie wurden beide recht ruppig von zwei Männern festgehalten, während der Rothaarige mit Pfeil und Bogen bewaffnet da stand. "Er ist tatsächlich gekommen, wer hätte das gedacht", sagte er und lachte.

Legolas wusste sofort, wer gemeint war und blickte sich um.

"Und was werdet ihr jetzt machen", fragte Gimli wütend, der von dem kleinen, stämmigen Mann festgehalten wurde.

"Kommt darauf an, was mein Bruder will und was ihr macht. Eines kann ich euch sagen, wer von euch irgendetwas versucht, den erschieße ich auf der Stelle. Ihr werdet jetzt mitkommen, wenn dieser Aragorn hier eintrifft, dann könnt ihr selbst hören, was mein Bruder von ihm will, aber ich denke, dass wisst ihr eigentlich eh schon, nur verleugnet ihr es bestimmt immer noch. Außerdem, kann dieser Aragorn dann gleich sehen, dass wir es ernst meinen."

Gimli und Legolas wurden bis kurz vor den Hügel geführt, wo Lhunroth schon stand und erwartungsvoll aufblickte. Legolas versuchte die ganze Zeit die Situation zu überblicken und warf ein par hektische Blicke in die Umgebung. Der Mann, der ihn festhielt jedoch nahm plötzlich einen Finger des Elben in die Hand und drückte ihn fast bis auf die Handoberfläche zurück, so dass er fast aus dem Gelenk sprang. "Wenn du dich weiterhin so schnell bewegst, dass ich nicht weiß, was du vorhast, dann breche ich ihn dir", zischte ihm der Mann ins Ohr und Legolas verhielt sich daraufhin sofort ruhig und bedachte jede seiner Bewegungen. Mit Schrecken sah er plötzlich, wie der Mann, der anscheinend Aragorn geholt hatte hinter dem Hügel vom Pferd absprang, sich ein Seil griff und dann wieder bis fast auf den höchsten Punkt des Hügels zurückkehrte. Legolas sah sich hilflos um und auch Gimli blickte leicht verzweifelt drein. Irgendwas würde geschehen, da waren sie sich sicher...

Aragorn ritt langsam weiter und versuchte so gut es ging über den Hügel hinwegzuspähen, was ihm jedoch nicht gelang. Der eine Mann war darüber hinweggeritten und kam nicht mehr zurück und Aragorn fragte sich, was das wohl heißen mochte. Sie hatten den höchsten Punkt fast erreicht und Aragorn hätte beinahe den Hügel hinuntersehen können, als plötzlich das Pferd unter ihm erschreckt hochfuhr. Im selben Moment peitschte ein Seil über den Boden hinweg, schlang sich um die Hinterläufe des Tieres und sorgte dafür, dass sich das Pferd in dem Seil verwickelte. Das Tier versuchte sich auf den Beinen zu halten und wirbelte eine Staubwolke auf, die auf dem trockenen Boden entstand. Unter einem lauten Wiehern viel das Pferd auf die Seite, begrub Aragorn unter sich, und zertrümmerte ihm die rechte Schulter. Das Tier wollte aufstehen und erhob sich mühevoll, doch es war so hoffnungslos in dem Seil verstrickt, dass es ein weiteres Mal zurückfiel. Durch die Absenkung des Hügels begann es sich zu überschlagen und riss Aragorn mit sich.

Aragorn fiel zusammen mit dem Pferd den Hügel hinunter, überschlug sich dabei, und versuchte verzweifelt seinen Sturz irgendwie abzufangen. Ein dumpfer Knall war jedes mal zu hören, wenn das Pferd auf die Erde aufschlug, um danach gleich wieder stetig weiter hinunterstürzte, dabei immer schneller wurde und seinen Reiter mit sich riss. Aragorn konnte sich aus der Zügel, die sein rechtes Bein umschlungen hatte, nicht befreien und setzte nun alle seine Kräfte daran nicht ein weiteres Mal unter dem schweren Körper des Pferde begraben zu werden, denn er war sich sehr wohl bewusst das dies durchaus tödliche Folgen für ihn haben könnte. Staub, Grasbüschel, kleine Steine und Stöcke wurden ebenfalls mit hinuntergerissen und stellten teilweise gefährliche Geschosse dar. Ein Stein traf Aragorns Schläfe und der raue Boden mit dem trockenen Gras riss ihm die Knie und Handflächen auf, mit denen er versuchte sich abzustützen. Weiter unten ragte ein dicker Ast aus dem Boden auf, der wohl schon ziemlich lange dort lag und der mit der Zeit von der Erde bedeckt wurde und schließlich mit Gras bewachsen wurde. Er war fest verankert im Boden und ein spitzer, kleinerer Ast, der von ihm abzweigte, ragte gen Himmel und bot eine tückische Gefahr. Aragorn konnte den Ast durch Zufall erblicken und drehte sich im Fall etwas, damit er ihm nicht in den Rücken stach, doch sein linkes Bein konnte er der Gefahr nicht entziehen. Ein stechender Schmerz ließ ihn wissen, dass sich der Ast mitten durch seinen Oberschenkel gebohrt hatte und für einen kurzen Moment wurde dadurch Aragorns Sturz abgefangen, denn der Ast, der sein Bein aufgespießt hatte hielt sein Gewicht für einen Augenblick. Aragorn schrie einmal gequält auf und wurde dann sofort wieder weiter hinuntergerissen, denn das Gewicht des Pferdes, das ihn weiter hinunterzog, war zu groß und so brach der Ast ab und gab Aragorn wieder frei.

Bald verlangsamte sich die Geschwindigkeit seines Falles jedoch, denn der Hügel näherte sich seinem Ende und wurde dort flacher. Die Zügel lösten sich und gaben sein Bein frei, während das Pferd immer noch weiter hinunterrollte, doch war es bereits leblos und das erschreckte Wiehern war verstummt. Aragorn rollte, nachdem sich die Zügel gelöst hatte, noch ein Stück weiter und blieb dann schmutzig vom Fall und schmerzverzerrt auf der Seite liegen. Seine Schulter konnte er gar nicht mehr bewegen und bereits jetzt ließ sich unter seinem Hemd erkennen, dass sie unnatürlich verformt war. Aus seinem Oberschenkel ragte ein kleines Stück des Astes, der abgebrochen war und von dem das obere Stück mit der Spitze nun in Aragorns Bein steckte.

Währenddessen, geriet unten am Hügel die Situation völlig außer Kontrolle. Gimli und Legolas sahen, wie Aragorn oben auf dem Hügel erschien und wie einer der Männer, der sich mit dem Seil auf die Lauer gelegt hatte, Aragorn und sein Pferd zu Fall brachten. Aus der Überraschung heraus und vor Schreck, vergaß Gimli plötzlich den Mann mit dem Bogen vor sich und riss sich von dem anderen hinter ihm los. Er lief nach vorne auf den Hügel hinauf, und rief dabei immer wieder Aragorns Namen. Auch Legolas wurde von dem plötzlichen Chaos so überrascht, dass er sich ebenfalls aus einem Reflex heraus aus dem Griff des Mannes hinter sich befreien wollte. Dieser jedoch machte blitzschnell seine Drohung war und zog ihm den Finger so lange nach hinten, bis ein Knacken zu vernehmen war. Der Schmerz schoss ihm sofort quer durch die Hand und er schrie einmal auf. Verwirrt von dem plötzlichen Schrei seines Freundes drehte sich Gimli jedoch nun um, und sah wie der Mann mit dem Bogen auf ihn zielte und schließlich schoss. Der Zwerg sank getroffen zu Boden und Legolas wollte seinen Augen nicht trauen. "Nein", schrie er so laut, dass ein dröhnendes Echo ertönte. Er vergas seinen schmerzenden Finger und den Mann hinter sich. Blitzschnell riss sich der Elb los, drehte sich um und schlug dem Mann mitten ins Gesicht. Dieser taumelte, fasste sich an die Nase und sank dann auf die Knie. Ohne einen klaren Gedanken gefasst zu haben, lief Legolas auf Gimli zu, der regungslos auf der Erde lag. Im selben Moment spannte der Mann erneut seinen Bogen und zielte auf den Elb.

"Wenn du nicht sofort stehen bleibst, trifft dich dieser Pfeil", brüllte der Mann hinüber zu Legolas und dieser verlangsamte nun sein Tempo, blieb schließlich auf halbem Wege stehen und blickte verzweifelt in die Richtung seines regungslosen Freundes. Er konnte nichts genaues erkennen und doch wusste er bereits was geschehen war, auch wenn er es auch nicht wahr haben wollte.

"Nimm die Hände hinter den Kopf", brüllte der Mann mit dem Bogen zu Legolas hinüber. Der Elb stand nur da, mit lauter wirren Gedanken und war sich der Gefahr, die von dem Mann mit dem Bogen hinter ihm ausging gar nicht bewusst oder wollte es nicht sein. Legolas stand einfach nur geistesabwesend da und starrte in die Ferne.

"Ich sage das nicht noch ein zweites Mal", war wieder die brüllende Stimme des Mannes zu hören.

Langsam und ohne seinen Blick abzuwenden tat Legolas, was ihm gesagt wurde. Der Mann, dem der Elb ins Gesicht geschlagen hatte, war nun wieder auf den Beinen und redete mit dem anderen. Dann kam er hinter Legolas her gelaufen und stellte sich hinter ihm. "Runter auf die Knie", befahl er, doch der Elb reagierte überhaupt nicht auf die Anweisung. Wütend funkelte der Mann ihn an. "Hast du mich nicht gehört, du sollst auf die Knie gehen."

Immer noch tat Legolas nichts dergleichen, sondern ließ stattdessen die Hände wieder sinken und tat in Gedanken ein Schritt nach vorn.

"Du wirst auf mich hören, du verfluchter Elb", schrie der Mann, packte Legolas´ Hand mit dem gebrochenem Finger und drückte sie zusammen, so dass der Elb unter einem Stöhnen in die Knie sank.

Lhunroth stand regungslos am Rand des Hügels und schien die ungeplanten Geschehnisse zu beobachten. Das hatte er sich so nicht gedacht. Er fuchtelte unbeholfen mit den Händen in der Gegend umher und schrie etwas unverständliches.

Der Mann, der das Seil ausgeworfen hatte kam nun grinsend den Hügel hinuntergelaufen und als er fast unten war eilte Lhunroth auf ihn zu, packte ihn am Kragen, schüttelte ihn und schrie ihn durch seine Maske wütend an. "Du solltest ihn nicht umbringen, du Narr!"

"Du hast gesagt, ich soll ihn vom Pferd holen, habe ich das nicht getan", gab der Mann gespielt unschuldig zurück. Dann ging er auf Aragorn zu und stieß ihn einmal mit dem Fuß an. Dieser blinzelte ihn daraufhin an und versuchte sich in eine weniger schmerzhafte Lage zu bringen.

"Was willst du eigentlich, der lebt doch noch. Sieht zwar etwas angeschlagen aus, aber das kann man schon mal als kleine Rache für seine Undankbarkeit dir gegenüber zählen", sagte der Mann an Lhunroth gewannt.

Lhunroth sagte nun nichts mehr, sondern ging ebenfalls zu Aragorn rüber und blickte auf ihn. "Eigentlich hast du recht."

Mit diesen Worten zog er Aragorn auf die Beine, der danach mühevoll auf einem Bein stand und sich nicht gerade halten konnte und alles verschwommen wahrnahm.

Währendessen wurde Legolas an seiner verletzten Hand ebenfalls hinüber zu Lhunroth und Aragorn gezogen. Der Mann mit dem Bogen folgte ihnen und auch die anderen Männer bildeten nun einen Kreis um Aragorn und Lhunroth. Der Elb drehte sich immer noch ständig nach Gimli um und ließ sich nur wiederwillig weiter von ihm weg führen. Als er Aragorns Zustand sah, blickte er ihn mitleidig an und hätte sich fast wieder dazu hinreißen lassen zu ihm zu eilen, doch der Mann drückte schon mal vorsorglich seine Hand mit dem gebrochenen Finger zusammen, so dass Legolas die Zähne zusammenbiss und sich sehr beherrschen musste, vor Schmerzen nicht etwas unüberlegtes zu tun.

Aragorn sagte nichts, er versuchte erst mal nachzuvollziehen, was überhaupt passiert war. Um die Balance auf dem unverletzten Bein zu halten versuchte er sein Gewicht günstig zu verlagern, doch auf einmal knickte er ein und einer der stützte ihn, damit er nicht fiel. "Na na, nur nicht die Haltung verlieren, König", sagte der Mann spöttisch und ließ ihn dann wieder los.

Lhunroth stellte sich jetzt vor ihn und schien ihn anzusehen, doch durch die Maske konnte man das nicht genau sehen. "Bist du überrascht mich wiederzusehen", fragte er ruhig.

Aragorn konnte anfangs nicht antworten, er sammelte immer noch seine Gedanken und stand etwas unter Schock durch den Sturz. Erst als eine ganze Weile verging und Lhunroth erneut fragte schien er wieder zu sich zu kommen.

"Ich habe keine Ahnung, wer du bist oder wer die anderen hier sind", gab Aragorn leise zurück und hielt sich die Schulter.

"Spielst du das selbe Spiel, wie deine Freunde", fragte Lhunroth nach einer Weile weiter und wirkte schon ungehaltener.

"Was für ein Spiel? Ich bin hierher gekommen, um meinen Freunden zu helfen, die ihr entführt habt. Ich habe keine Ahnung, wer ihr seid, oder was ihr wollt. Ich weiß nicht mal worauf du hinaus willst, alles was ich möchte ist, dass du meine Freunde frei lässt, dann können wir uns weiterunterhalten."

Lhunroth drehte seinen Kopf und sah die Männer rundherum an, die nur mit dem Kopf nickten, als würden sie etwas bestätigen, was sie schon länger gewusst hatten.

"Also, ich habe ja keine Ahnung, wie es deinem Freund dahinten geht, und ob er überhaupt noch gehen kann, aber eines kann ich dir sagen, deine Freunde bleiben so lange hier, wie wir unser Problem geklärt haben", sagte Lhunroth, deutete auf den regungslosen Gimli und wurde anscheinend immer zorniger.

Erst jetzt merkte Aragorn, dass mit Gimli etwas nicht in Ordnung war und er sah fragend zu Legolas, der nur bedrückt den Kopf senkte.

"Was habt ihr mit ihm gemacht", fragte Aragorn und wurde nun auch etwas unwirsch. Er konnte sich kaum konzentrieren oder überlegen, immer wieder lenkten ihn die Schmerzen ab und am liebsten hätte er sich hingelegt, denn er merkte bald, dass er nicht mehr stehen konnte.

"Ich habe ihm gesagt, dass ich schießen würde, wenn sie irgendetwas falsches machen. Du kannst froh sein, dass der andere hier noch steht, eigentlich hätte der auch schon einen Pfeil abkriegen müssen", schaltete sich nun der Mann mit dem Bogen in die Unterhaltung ein, während er immer noch auf Legolas zielte.

Aragorn sah sich hilflos um und wünschte sich, dass der enorme stechende Schmerz in seiner Schulter und seinem Bein nur für einen Moment verschwinden würde. Er sah Lhunroth fragend. "Wer bist du?"

"Ich heiße Lhunroth."

Aragorn sah ihn immer noch fragend an und wirkte verwirrt.

"Willst du wirklich behaupten, dass du mich nicht kennst", fragte Lhunroth.

Aragorn wünschte sich, dass diese Unterhaltung endlich zu Ende gehen würde, er war mit seinen Kräften fast am Ende.

"Nein, warum sollte ich denn", presset er hervor und versuchte die Welle des Schmerzes zu unterdrücken, die mit enormer Kraft in ihm hochstieg.

Lhunroth stand da und die Männer Drumherum sahen ihn erwartungsvoll an und einer schüttelte nur den Kopf und drehte sich weg. Unter Lhunroths Maske war sein Atem zu hören, der nun heftig und schnell ging, er ballte die Hände zusammen und ohne eine Vorwarnung schlug er Aragorn in den Magen, der sofort keuchend zu Boden ging. Legolas sah das mit Schrecken, senkte den Kopf und murmelte dann ein par elbische Worte.

"Wieso du mich kennen solltest? Weil ich wegen dir alles verloren habe! Ich habe alles verloren...", brüllte er so laut, dass alle erschreckt zusammenfuhren. Wütend lief er hin und her und sein Hass wollte ins Unermessliche wachsen. Er verlor vollkommen die Kontrolle über sich, schlug Aragorn ins Gesicht, fiel dann auf die Knie, hob die Hände und ließ dann einen wutentbrannten Schrei zum Himmel hinauf schallen. Dann sank er in sich zusammen und packte Aragorn am Kragen. "Du verfluchter Dreckskerl, ich wünsche dir alles Leid der Welt, und selbst dann würdest du nicht so leiden, wie ich es getan habe!"

Er ließ Aragorn los der nach Luft rang und sich mühsam von den Schlägen hoch zu rappeln versuchte. Dann legte er seine Hand hinter seinen Kopf und ein leises Klacken war zu hören. Aragorn und Legolas sahen, wie er die Maske lockerte und schließlich abnahm.

Legolas wich erschreckt einen Schritt zurück, und auch Aragorn blinzelte Lhunroth an und musste einen Würgreiz bei dem Anblick, der sich ihm bot unterdrücken. Die umstehenden Männer schlossen teilweise die Augen oder drehten sich weg.

Lhunroths Gesicht war grausam entstellt. Die Farbe war seltsam braun mit weißen roten Strichen durchzogen. Er hatte keine Augenbrauen und seine Nase, Ohren und Lippen waren verkrüppelt und sahen aus, als wären es Überreste von dem, was sie eigentlich mal waren. Ein Auge war verkleinert, hatte kaum ein Lid und besaß eine milchig weiße Farbe mit blutunterlaufenden Adern. Flüssigkeit lief daraus hervor, und Legolas war sich sicher, dass er auf diesem Auge gewiss nichts mehr sah. Das andere war noch einigermaßen normal, wenn auch hier das Lid anscheinend viel zu tief hing. Haare hatte er kaum, nur an einer Stelle wuchs noch ein kleines lichtes Büschel. Lhunroths Hals war verschrumpelt, besaß an einer Stelle eine seltsame Vertiefung und hatte ungefähr die gleiche Farbe wie sein Gesicht. Erst ein Stück weiter unter dem Hals konnte Aragorn eine gewöhnliche, gesunde Hautfarbe erkennen.

Lhunroth ließ sie ihn ruhig betrachten und zog dann seine Handschuhe aus. An beiden Händen fehlte ihm jeweils ein Finger und seine Hände waren feuerrot.

Aragorn konnte nichts sagen, am liebsten hätte er sich weggedreht bei dem Anblick.

"Der hätte dich treffen sollen", sagte Lhunroth und deutete auf die Vertiefung in seinem Hals. Immer noch war Aragorn unfähig zu sprechen und sah ihn fragend an.

"Ein Pfeil, dessen Spitze in Feuer stand. Das Feuer hat mir das ganze Gesicht verbrannt und als ich versucht habe ihn herauszuziehen auch die Hände."

Immer noch sah Aragorn ihn fragend an und war wie versteinert. Lhunroth verzog die Überreste seines Mundes und hob nun wieder seine Stimme.

"Ich habe bei den Aufständen im letzten Jahr an deiner Seite gekämpft... Wie habe ich dich bewundert. Du als König warst mein großes Vorbild. Du kamst mir so ehrenvoll, klug und gerecht vor", sagte er zu Aragorn und schüttelte den Kopf.

"Als ich dann gesehen habe, wie dieser Mann auf einmal seinen Bogen spannte, habe ich nicht viel nachgedacht. Ich bin einfach gesprungen..."

Lhunroth hob seinen Kopf und sah Aragorn wieder mit seinem einen Auge an. Dann packte er ihn wieder am Kragen und schüttelte ihn. "Ich habe dir das Leben gerettet, deinetwegen sehe ich jetzt so aus, und du behauptest mich nicht zu kennen?" Er machte eine Pause und Aragorn griff sich wieder an die Schulter.

"Ich stand lichterloh vor deinen Augen in Flammen und du sagst mir, du hättest es nicht gesehen? Ich sage dir, du bist falsch, du wusstest es, aber vielleicht hattest du zu viel Angst zu mir zu kommen oder es hat dich überhaupt nicht gekümmert. Vielleicht denkst du nur an dich, warst froh, dass dir so einer wie ich das Leben gerettet hat und hast gehofft das ich sterbe, damit du nicht dankbar sein musst. Vielleicht hattest du ja Angst, ich könnte als Dank etwas von deinen Reichtümern verlangen..."

Langsam begriff Aragorn, was geschehen sein musste. Im letzten Jahr hatte es in der Stadt Aufstände gegeben, die Aragorn versucht hatte mit einigen Truppen niederzuschlagen. Dabei war es auch zu Gewalttätigkeiten gekommen und es wurde sogar so schlimm, dass man zu Pfeil und Bogen griff. Die Aufrührer steckten einige Häuser in Brand und benutzten dafür brennende Pfeile. Doch Aragorn konnte sich nicht an Lhunroth erinnern, es hatte überall um ihn herum gebrannt, überall rannten und schrieen Menschen, Aragorn hatte damals kaum etwas richtig wahrgenommen.

"Ich habe es wirklich nicht gewusst", flüsterte Aragorn und sah Lhunroth eindringlich an.

"Lügner! Warum lügst du? Ich will doch gar nichts von deinen Reichtümern, alles was ich wollte war ein kleiner Dank von dir. Nur ein Wort von dir, das hätte schon genügt...

Ich habe dich so bewundert, dass ich alles für dich gegeben habe, wieso enttäuscht du mich so? Warum bringst du mich dazu so weit zu gehen, wie ich jetzt gegangen bin? Ich war ein friedlicher Mensch, und jetzt bin ich eine grausame Kreatur, ich habe deine Freunde entführt und dich erpresst und ich habe meine Brüder zu solchen Taten angestiftet, damit sie mir helfen."

Aragorn konnte das alles kaum fassen und überlegte kurz, ob er nicht vielleicht doch behaupten sollte, dass er Lhunroth kannte, auch wenn dem nicht so war. Aber es würde nichts bringen, er würde ihn dann für undankbar halten. Es hatte keinen Sinn das jetzt zu behaupten, es war zu spät.

"Weißt du was das Schlimmste war, das mir wiederfahren ist", fragte Lhunroth und blickte Aragorn wieder an.

"Ich habe fast drei Monate mit dem Tod gerungen und als ich einigermaßen auf dem Weg der Besserung war, war es ein schwerer Schlag für mich zu wissen, dass ich ewig entstellt sein werde. Die Schmerzen die ich damals, wie auch noch heute habe, sind nichts im Vergleich zu dem Schmerz, der in meinem Herz ist. Das Schlimmste, was mir passiert ist, ist, dass sich meine Frau und mein Kind von mir abgewendet haben. Mein kleiner Sohn war gerade drei Jahre, als es passiert ist. Die Augen, als er mich so gesehen hat, wie ich jetzt bin, werde ich nie vergessen. Er hat geweint und hatte Angst vor mir, ich konnte ihn nicht mehr anfassen oder in den Arm nehmen, so erschreckt war er. Er hat mich nicht einmal mehr als seinen Vater erkannt.

Und meine Frau... Meine Frau ist eines Tages zu mir gekommen und hat gesagt, ich solle nicht böse auf sie sein, aber sie könne mit so einem Monster wie mir nicht zusammenleben. –Na ja, Monster hat sie nicht gesagt, aber sie hat es gedacht, das weiß ich."

Lhunroth senkte den Kopf und schluchzte. "Wegen dir habe ich alles verloren und du verleugnest es, mich zu erkennen, ich hasse dich!"

Aragorn sah hilflos zu Legolas, der mit großen Augen zurückblickte.

Lhunroth verzog wütend sein verbranntes Gesicht. "Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Was siehst du dann ihn an, mich solltest du ansehen", brüllte er und deutete auf Legolas.

"Er hat so etwas für dich nicht getan, nur ich habe das. Und ich glaube niemand anderes wird das je für dich tun! Ich habe dir die größte Ehre erwiesen, die man einem anderen Menschen nur erweisen kann und du bist es gar nicht wert, dass ich das getan habe! Viel zu spät erkenne ich das jetzt."

Aragorn blickte ohne ein Wort auf die Erde und versuchte wieder den Schmerz zu unterdrücken, der von seiner Schulter und seinem Bein aus, in ihm hochstieg. Er fühlte sich so hilflos, er wusste nicht, was er tun sollte. Lhunroth hatte recht, für seine Tat würde kein Dank, dem Aragorn ihm entgegenbringen konnte, angemessen sein. Er verstand seinen Hass gegen ihn, doch konnte er nichts tun. Kein Wort, und das wusste Aragorn, konnten Lhunroths Hass schmälern.

In Gedanken blickte Aragorn wieder zu Legolas und Lhunroths Zorn wuchs, als er das sah.

"Wieso siehst du immer zu ihm? Du hast keinen Grund dazu, mich solltest du ansehen! Oder soll ich dir einen Grund geben, dass du zu ihm sehen kannst", brüllte Lhunroth und funkelte Legolas zornig an.

Aragorn sah ihn verunsichert an.

"Ich bin sicher keiner würde so etwas tun, wie ich es getan habe. Oder wollen wir es testen?"

"Nein", sagte Aragorn bestimmend.

"Hast du etwa Angst, dass ich recht habe damit, dass kein anderer so etwas für dich tun würde? Denkst du er würde dazwischen gehen, wenn ich auf dich schießen würde?" Lhunroth sah herausfordernd zu Legolas, der einfach nur dastand und keine Miene verzog.

"Du würdest ihm unrecht tun", flüsterte Aragorn, der plötzlich sehr nervös wurde.

"Du hast mir auch unrecht getan, was spielt das jetzt noch für eine Rolle", fragte Lhunroth und sah Aragorn eine ganze Weile an, der leicht verzweifelt zurückblickte.

"Gebt mir Pfeil und Bogen", sagte Lhunroth zu einem seiner Männer, wich aber mit keinem Moment mit seinem Blick von Aragorn ab.

"Nein", zischte Aragorn und sah Legolas an, der Aragorn fest in die Augen sah und in seinen Augen lag dabei ein merkwürdiger Ausdruck.

"Wieso nicht? Ich habe nichts mehr zu verlieren. Du hast dafür gesorgt das ich all diese Taten mache, nun werde ich auch dazu fähig sein", sagte Lhunroth bestimmend.

Die umstehenden Männer lachten teilweise und teilweise blickten sie auch zweifelnd drein. Einer gab Lhunroth Pfeil und Bogen und Legolas verfolgte ihn mit jedem Blick.

"Er darf sich jetzt genauso entscheiden, wie ich mich entschieden habe. Er wird zu nichts gezwungen. Ich werde dir beweisen, dass ich recht habe, du wirst den Pfeil in dein ungerechtes Herz schon bekommen."

Lhunroth nahm den Pfeil und den Bogen, den man ihm gab und stellte sich dann aufrecht hin. "Ich bin sogar barmherzig zu euch beiden, ich werde den Pfeil nicht in Brand stecken."

Aragorn sah wieder zu Legolas und fühlte, wie die Angst in ihm hochstieg. Er nahm es kaum wahr, wie er von einem Mann hochgezogen wurde und einigermaßen aufrecht hingestellt wurde. Lhunroth sagte dem Mann der Legolas fest hielt, wo genau er ihn hinbringen sollte. Der Mann führte den Elb etwa drei Meter von Aragorn entfernt an eine Stelle und der rothaarige Mann, der immer noch mit Pfeil und Bogen auf Legolas zielte wich, langsam zurück. Lhunroth befahl ihm auch weiter den Bogen gespannt zu halten, falls Aragorn oder Legolas etwas Unvorhergesehenes tun würden. Lhunroth ging währenddessen mit seiner Waffe einige Meter weiter weg, so dass er vor ihnen stand und gut zielen konnte.

Aragorn sah Legolas mit einem bittenden Blick fest in die Augen. "Baw, mellon nin! Car han ma!" (Nein, mein Freund, tu es nicht)

Der Elb senkte den Blick und Aragorn konnte nicht erraten, was sein Freund gerade dachte.

"Redet nicht in einer Sprache, die wir nicht verstehen", schrie plötzlich der rothaarige Mann und sah sie wütend an.

"Bitte, du darfst das nicht tun", fuhr Aragorn an Legolas gewand fort und sah ihn eindringlich an. Mit Sorge stellte er fest, dass Legolas nichts antwortete, sondern stattdessen Lhunroth beobachtete, der nun anfing, langsam seinen Bogen zu spannen. "Was werdet ihr mit dem tun, den der Pfeil nicht trifft", rief er plötzlich zu ihm hinüber.

"Der wird meinetwegen verschont", antwortete er barsch und Legolas Gesicht bekam daraufhin einen erleichterten Ausdruck. "Habe ich dein Wort darauf?"

Lhunroth überlegte kurz und ließ den Bogen wieder sinken. "Hast du!"

Legolas wusste, dass er es ernst meinte, Lhunroth hatte noch kein mal gelogen und da die anderen Männer an Gimlis Unglück schuld waren zweifelte er nicht daran, dass Lhunroth sein Versprechen halten würde.

"Hört, ich möchte nicht, dass das so geht. Ich bin der, den du willst und der deine Rache verdient hat. Erschieß mich, aber lass ihn gehen", rief Aragorn plötzlich und sein Knie, auf dem er stand begann zu zittern.

"Er kann gehen, ich hindere ihn an nichts", schrei Lhunroth zurück.

"Geh, Legolas, ich bitte dich, bei den Valar geh!"

Der Elb blieb stehen und beobachtete wieder Lhunroth, der seinen Bogen wieder spannte.

Aragorn schnappte hilflos nach Luft. "Legolas, ich will nicht, dass du das tust, geh endlich, ich bitte dich."

Legolas blieb immer noch stehen und sah seinen Freund mit einem Blick voller Entschlossenheit an und in dem Moment wurde Aragorn sich bewusst, dass es sinnlos war, Legolas hatte seine Entscheidung längst getroffen.