Ich habe jetzt die ganze Geschichte hochgeladen, damit ist sie fertig. Ich habe immer noch auf Reviews gehofft, aber da diese nicht gekommen sind, lade ich jetzt die Geschichte einfach ganz hoch. Für die, die sie lesen, viel Spaß, jetzt wird's endlich spannend... ;-)

Zehntes Kapitel: Ein hoher Preis

Die Männer beobachteten voller Erwartung die Geschehnisse. Lhunroth war sich seiner Sache sehr sicher, der Pfeil würde Aragorn treffen und so würde ihm seine gerechte Strafe wiederfahren. Er war sich sehr wohl bewusst, dass seine Tat im letzten Jahr, Aragorn zu retten, eigentlich sinnlos gewesen war, wenn er ihn jetzt tötete, aber der König verdiente diese Strafe und er wollte ihn lieber tot, als lebendig sehen.
Legolas stand da, schloss für einen Moment die Augen und versuchte sich, so gut wie möglich zu entspannen. Er dachte an Gimli und dachte daran, wie er ihm nicht hatte helfen können, das würde nun bei Aragorn anders sein, wenn er auch einen hohen Preis dafür zahlen würde. Er sah Aragorn fest in die Augen und dieser Blick sagte mehr, als Worte es je getan hätten. Ein letztes Mal schüttelte Aragorn bittend den Kopf und flehte, Legolas möge sein Vorhaben ändern.
Lhunroth spannte den Bogen so stark, dass seine Hände zitterten, er schloss sein blindes Auge und kniff das andere zusammen, um seinen Blick zu schärfen. Möglichst genau versuchte er sein Ziel zu erfassen, und für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Legolas spannte nun alle seine Muskeln an und versuchte so genau wie möglich vorherzusehen, wo der Pfeil treffen würde. Er spürte dieses Prickeln im Nacken, wie immer, wenn irgendwo Gefahr lauerte. Er konzentrierte sich darauf, alle Gedanken zu verdrängen, denn sie lenkten nur ab, stattdessen fixierte er Aragorn an und lauschte den Geräuschen.
Dann ging alles plötzlich blitzschnell. Lhunroth schoss und Legolas machte im selben Augenblick einen Satz nach vorn, auf Aragorn zu. Dabei drehte er sich leicht und schubste Aragorn, so dass dieser zur Seite fiel. Als er seitlich zu Lhunroth stand, traf der Pfeil. Er bohrte sich schräg in seine linke Seite hinein und sorgte dafür, dass der Elb ohne es zu wollen aufschrie, zu Boden fiel und dabei auf Aragorn landete.
Lhunroth stand einfach nur da und konnte nicht fassen, was er da gerade gesehen hatte. Er hatte unrecht gehabt, Aragorn war wieder gerettet worden, und wieder hatte jemand einen hohen Preis für sein Überleben gezahlt. Gedankenversunken ließ er den Bogen fallen und auch die Männer sahen ungläubig auf Aragorn und Legolas, die am Boden lagen. Auch der rothaarige Mann ließ seinen Bogen sinken und blickte mit halbgeöffnetem Mund zu den Beiden.
Lhunroth fluchte leise und spielte mit dem Gedanken einen neuen Pfeil zu verlangen, die Rache hatte in der Tat den falschen getroffen, doch er hatte ein Versprechen gegeben und das wollte er nicht brechen. Er war verwirrt, mit diesem Ausgang hatte er nicht gerechnet und jetzt im Nachhinein ärgerte es ihn, dass er dem Elb die Entscheidung gelassen hatte. Er machte eine Bewegung mit der Hand und einer seiner Brüder holte daraufhin die Pferde, die die ganze Zeit in der Nähe gegrast hatten. Die Männer stiegen alle auf und Lhunroth lenkte sein Pferd zu Legolas und Aragorn. Aragorn hatte den Elb vorsichtig von sich hinuntergeschoben. Legolas lag auf der rechten Seite und presste beide Arme auf die linke, so dass Lhunroth nicht sehen konnte, wo der Pfeil tatsächlich getroffen hatte. Aragorn sah Lhunroth vorwurfsvoll und verzweifelt an. Seine Kleidung war mit Blut befleckt und auch seine rechte Hand auf der Legolas gelegen hatte war blutig. "Warum", flüsterte er.
"Warum, das frage ich mich manchmal auch. Warum bin ich damals nur gesprungen?" Er machte eine Pause und sah auf Legolas, der sich unter den heftigen Schmerzen, die ihn durchfluteten auf der Erde wand.
"Ich lasse euch jetzt alleine, so wie du mich damals auch alleine gelassen hast. Ich werde meine Versprechen halten, du bleibst verschont aber vielleicht erinnerst du dich ja jetzt an mich."
"Lasst uns wenigstens ein Pferd", sagte Aragorn leise, doch Lhunroth schüttelte den Kopf. "Wir haben keines mehr übrig, es ist schon gnädig genug, dass ich euch nicht erschieße."
Wieder machte er eine Pause, bevor er sagte: "Nur ein Wort von dir, Aragorn hätte alles verhindern können, was geschehen ist. Ich wollte nur ein einziges Wort von dir, mehr nicht."
Mit diesen Worten gab er seinem Pferd die Sporen und, gefolgt von seinen Männern, machte er sich auf den Weg über den Hügel, wo er verschwand.

Kaum waren sie weg, erhob sich Aragorn. Er war mehr als verzweifelt und schreckliche Vorwürfe plagten ihn. Er kniete sich vor Legolas, der heftig stöhnte und immer noch die Arme auf seine linke Seite drückte. Auch Aragorn hatte noch nicht genau gesehen wo der Pfeil getroffen hatte. Vorsichtig zog er mit seinem unverletzten Arm den Arm des Elben zur Seite. "Lass mich das sehen, mellon nin", sagte er in bemüht ruhigem Ton und schob Legolas auch den anderen Arm zur Seite. Aragorn atmete geräuschvoll aus und sein Herz hämmerte so stark, dass er es sogar im Hals spüren konnte. "Bei den Valar", flüsterte er und versuchte den Kloß im Hals runterzuschlucken. Der Pfeil war schief eingedrungen und steckte so weit in Legolas´ Seite, dass Aragorn sich sicher war, dass der Elb innere Verletzungen hatte. Der Pfeil war ein Stück unterhalb der Rippen eingedrungen und hatte sich dann schräg nach oben durchgebohrt. Alles, was von ihm zu sehen war, war weniger als die Hälfte. Die Eintrittswunde war groß und klaffte regelrecht auseinander. An einer Stelle glaubte Aragorn sogar etwas weißes von einem freiliegenden Knochen zu erkennen. Aragorn fühlte sich so machtlos, dass er für einen Moment nur hilflos dasaß. Der Stoff von Legolas´ Tunika hing zerfetz über der Wunde und Aragorn machte sich daran ihn vorsichtig zur Seite zu schieben, doch schon bei einer kleinen unbeabsichtigten Berührung in der Nähe der Wunde fuhr der Elb schmerzerfüllt zusammen. "Gimli" keuchte er, "ich muss wissen, was mit Gimli ist!"
Aragorn sah ihn mitfühlend an. "Lass mich zu erst..."
"Nein, bitte. Geh zu erst nach Gimli schauen", unterbrach ihn Legolas leise und rang nach Luft. Er fühlte sich genauso, wie damals, als ihm die Männer das Tuch auf Mund und Nase gedrückt hatten. Er konnte nicht durchatmen, etwas schien ihn daran zu hindern und er kämpfte darum die Angst vor dem Ersticken zu verdrängen und möglichst ruhig zu atmen. Es fühlte sich an, als wäre eine Flüssigkeit in seiner Lunge und die aufsteigende Panik ließ sich nur schwer zurückhalten.
Aragorn kam zögernd dem Wunsch seines Freundes nach und erhob sich schwerfällig. Mühevoll schleppte er sein verletztes Bein hinter sich her, auf den regungslosen Zwerg zu. Er fürchtete sich etwas vor dem, was er erblicken würde, aber trotzdem ging er weiter. Bald stand er vor ihm, betrachtete ihn sich und senkte bedrückte den Kopf. "Das gibt es doch nicht", flüsterte er und seine Stimme hatte einen kläglichen Unterton. Gimli lag ausgestreckt am Boden und ein Pfeil ragte aus seiner Stirn heraus. Blut rann an der Öffnung der Wunde hinunter, bis in sein Gesicht hinein. Seine Augen waren weit geöffnet und bereits matt, ohne jeglichen Glanz, den sie einst besaßen. Aragorn schloss sie ihm vorsichtig und flüsterte elbische Worte, die seine Trauer zeigten.
Dann eilte er schnellstmöglich zu Legolas zurück. Er schwieg und kniete sich wieder vor ihn. Der Elb öffnete die Augen und sah ihn erwartungsvoll an, doch Aragorn schüttelte nur den Kopf. Zum aller ersten mal, sah Aragorn nun, wie sich eine einzelne Träne aus Legolas Auge ihren Weg nach draußen suchte, über seine blasse Haut hinunterglitt und eine feuchte Spur auf seiner Wange hinterließ.

Aragorn riss ein Stück Stoff von seinem Umhang und wischte damit vorsichtig das Blut um die Wunde weg. Der Elb keuchte, schloss die Augen und versuchte sich unfreiwillig der schmerzhaften Berührung zu entziehen.
"Du musst ruhig bleiben", sagte Aragorn mit zitternder Stimme und versuchte ihn sachte festzuhalten, was sich mit einem Arm als sehr schwierig herausstellte.
"Gimli- ich hätte ihm helfen müssen", flüsterte Legolas gequält. Es machte ihm so viel Mühe zu sprechen.
"Nicht reden, mein Freund, schone deine Kräfte", sagte Aragorn und legte ihm beruhigend die Hand auf die Stirn.
"Ich war nicht schnell genug, dieses eine Mal war ich zu langsam", fuhr der Elb fort, ohne auf Aragorn zu hören.
Aragorn betrachtete sich den Pfeil, der aus der Wunde ragte. Es war unmöglich ihn hinauszuziehen, dadurch würde es nur noch schlimmer werden. Wer weiß, was er alles durchbohrt hatte, ihn jetzt herauszuziehen würde zu großen Schaden anrichten. Außerdem würde selbst Legolas das nicht aushalten, zu schmerzhaft wäre diese Prozedur für ihn. Der Elb rang plötzlich wieder nach Luft, diesmal war es jedoch heftiger als davor und Aragorn sah sich hektisch um. "Was ist, Legolas? Was hast du?"
Ein Röcheln drang aus der Kehle des Elben, und er versuchte angestrengt die Luft in seine verletzte Lunge zu bekommen, was ihm jedoch nur teilweise gelang. In seiner Panik krallte er mit seiner Hand in Aragorns Hemd und bäumte sich auf. Schweiß trat auf seine Stirn und so sehr er auch kämpfte Luft zu holen, es wollte ihm nicht gelingen. Während er nach Luft rang, drang ein kläglicher Laut aus seiner Kehle, es war ihm, als würde ihm jemand den Brustkorb zuschnüren. Seine Lunge brannte und ein Stechen durchzuckte seinen Körper.
Angst ergriff Besitz von Aragorn, wie gerne hätte er Legolas jetzt geholfen, doch er wusste nicht wie. Aus einem Reflex heraus schob er seinen Arm unter Legolas´ Rücken und richtete ihn auf. Der Elb legte den Kopf in den Nacken und konnte auf einmal wieder durchatmen. Mit weit geöffnetem Mund sog er die kühle Luft ein und hustete angestrengt. Aragorn bemerkte, dass Legolas am ganzen Leib durch die Anstrengung zitterte und ihm fiel ein Stein vom Herzen, dass der Erstickungsanfall vorüber war. Dennoch war er beunruhigt und es zerriss ihm beinahe das Herz seinen Freund so zu sehen. Aragorn wusste, dass der Elb es nie sagen würde, aber er hatte Angst. Er glaubte fast die Angst zu spüren, die Legolas empfand. "Du hättest es nicht tun dürfen, Legolas! Warum bist du nur dazwischengegangen", fragte er mit trauriger Stimme.
Der Elb lächelte schwach und hustete wieder. "Weil ich nicht wollte das du stirbst."
"Es wäre vielleicht besser gewesen". Aragorns Stimme klang verzweifelt und er gab sich Mühe ruhig zu klingen.
Legolas erwiderte nichts, sondern schloss vor lauter Schwäche die Augen. Seine Seite brannte so schrecklich und er schluckte den metallischen Geschmack im Mund herunter.
Aragorn sah seinen Freund an und legte ihn sanft wieder hin. Er beobachtete dabei jeden Atemzug seines Freundes, doch sein Atem schien im Moment einigermaßen ruhig zu sein. "Ich danke dir Legolas, für das, was du getan hast. Auch wenn du einen anderen Dank verdienst, als ein par Worte."
"Diese Worte bedeuten mir viel", hauchte Legolas und legte Aragorn seine Hand auf den Arm.
Aragorn begann nun wieder sich der Wunde zu widmen, denn er musste versuchen irgendwie die Blutung zu stillen. Der Elb hatte bereits einiges verloren und die von Aragorn gesäuberten Stellen waren schon wieder rot gefärbt. Legolas blinzelte und richtete seinen Blick auf Aragorn. "Es sieht nicht gut aus, oder?"
Aragorn setzte ein wehmütiges Gesicht auf. "Ich will ehrlich mit dir sein. Du verlierst viel Blut und ich kann den Pfeil nicht rausziehen. Das einzige, was ich tun kann ist, die Wunde notdürftig zu verbinden."
Legolas nickte, er wusste was das hieß. Wenn nicht bald Hilfe kam, würde sich die Wunde entzünden, denn der Pfeil stellte einen Fremdkörper dar, der sich nicht entfernen ließ.
Aragorn riss von sämtlichen Kleidungsstücken Stücke ab um sie als Verband zu verwenden. Der Elb schloss die Augen und verzog das Gesicht, er wusste es würde schmerzhaft werden.
"Tief durchatmen, ich werde mich beeilen", sagte Aragorn und erhielt als Antwort ein schwerfälliges Nicken.
Geschwind drückte Aragorn Stoffstücke auf die Wunde. Er legte sie um den Pfeil herum, und versuchte ihn dabei möglichst nicht zu berühren. Legolas wurde schwindelig vor Schmerzen und er schloss krampfhaft die Augen. Er stöhnte gequält und drehte sich wieder ungewollt zur Seite weg. Auch für Aragorn war es eine Qual eine wenig schmerzhafte Lage mit dem verletzten Bein zu finden und mit nur einem Arm war es sehr schwierig den sich wehrenden Elben zu verbinden. Ungewollt kam Aragorn plötzlich etwas heftig an den Pfeil und ein markerschütternder Schrei drang aus Legolas´ Kehle. Dann erschlafften plötzlich seine Glieder und um ihn herum wurde alles schwarz. Regungslos blieb der Elb liegen und Aragorn sog einmal erleichtert die Luft ein, als er erkannte, dass er noch atmete.

Nachdem Aragorn Legolas´ Wunde einigermaßen versorgt hatte, machte er sich daran seine eigenen zu betrachten. Zuerst betrachtete er sich seine Schulter, denn sie machte ihm fast mehr zu schaffen, als sein Bein, weil die Schmerzen sich auch über den Nacken bis in seinen Kopf hinein zogen. Vorsichtig schob er sein Hemd zur Seite und drehte seinen Kopf, um sich die Verletzung zu betrachten. Doch er konnte den Kopf gar nicht recht drehen, weil dadurch schmerzhafte Stiche in seiner Schulter entstanden.
Das was er sehen konnte, war eine blau schwarze Verfärbung, die sich bis hinunter zum Oberarm zog. Die Schulter hatte keine runde Form mehr, sondern hatte hier und da ungewöhnliche Vertiefungen. Er atmete geräuschvoll aus und schloss für einen Moment die Augen. Es gab gar nichts was er tun konnte, außer vielleicht nach etwas Wasser zur Kühlung zu suchen. Doch das wollte und konnte er jetzt nicht tun, das musste noch etwas warten.
Danach zog er sich vorsichtig den zerrissenen Stoff seiner Hose zur Seite und begutachtete seinen Oberschenkel. Der Ast steckte nicht sehr tief und hatte wohl mehr Fleisch verletzt als alles andere.
Er suchte sich einen fingerdicken Stock und nahm ihn zwischen die Zähne. Einmal atmete er tief durch, bevor er sich selbst einen Ruck gab, die Augen schloss und schnell mit einer Hand an dem Ast in seinem Bein zog. Ihm entfuhr ein Schrei und er biss fest auf den Stock in seinem Mund, damit es erträglicher für ihn wurde. Beim zweiten Versuch ließ sich der Ast hinausziehen und Aragorn spuckte den Stock in seinem Mund zur Seite und betrachtete sich den Ast in seiner Hand.
Aragorn sah mitgenommen aus und der Schmutz wusch sich durch seinen Schweiß fast von selbst aus seinem Gesicht. Er warf den Ast ebenfalls zur Seite und betrachtete sich erneut die Wunde. Er konnte kleine Holzstückchen im Blut erkennen und entfernte sie, so gut es ging. Dann verband er die Wunde und fühlte gleich, wie die Schmerzen weniger wurden, denn der Ast war nun raus und wurde nun nicht mehr ständig in der Wunde bewegt, wenn Aragorn sein Bein bewegte.

Aragorn sah mit müden Augen hinüber zu Legolas, der einigermaßen ruhig atmete, aber immer noch bewusstlos war. Alles was geschehen war, tat ihm leid, und wenn er ehrlich war, schämte er sich sogar etwas dafür, denn er hatte Lhunroth doch irgendwo Unrecht zugeführt, wenn er ihn auch eigentlich gar nicht kannte. Schlimme Vorwürfe plagten ihn, er hätte achtsamer sein müssen, er hätte ihn sehen müssen, er hätte sich bei ihm bedanken müssen. Er konnte seinen Hass gegen ihn so gut verstehen, der Mann hatte in der Tat alles verloren durch ihn. Und Aragorn hätte noch mehr Mitleid mit ihm gehabt, wenn er nicht Legolas dieselbe Entscheidung gelassen hätte, die Lhunroth selbst einmal hatte. Hier fand er, war Lhunroth zu weit gegangen, hätte der Pfeil Aragorn selbst getroffen, hätte er es sogar fast als gerechte Strafe angesehen, denn er fühlte sich schuldig. Sowohl gegenüber Lhunroth, als auch gegenüber Legolas und natürlich auch Gimli, die alle einen so hohen Preis zahlen mussten, weil Aragorn so unachtsam gewesen war.
Dieses Gefühl der Schuld quälte ihn, er wollte immer so gerecht sein und hatte es nicht geschafft. Er war bei seinem Vorhaben gescheitert, er war hier kein guter König gewesen.
Genauso quälte ihn der Gedanke, dass Legolas und er hier ganz alleine waren. Keiner der ihnen helfen konnte war in greifbarer Nähe, sie waren ganz alleine in der Wildnis Gondors und Minas Tirith lag zwei Tage entfernt. Bis irgendjemand sie finden würde, würde Zeit vergehen, viel Zeit, die nun so kostbar war. Aragorn seufzte einmal schweren Herzens und sehnte sich so sehr nach Ruhe, es hatte ihm alles viel Kraft abverlangt, doch er wusste, er würde wahrscheinlich keine Ruhe finden. Er hatte Angst zu schlafen, denn wenn Legolas erneut keine Luft bekommen würde, brauchte er Hilfe und Aragorn fürchtete sich vor nichts so sehr, wie davor, dass er vielleicht nicht da war, wenn sein Freund ihn brauchte.
Aragorn lauschte der Stille, die ihn umgab, alles war so friedlich doch in seinem Inneren wurde der Friede zerstört. Zerstört durch Angst, Trauer, Wut gegen sich selbst und der Hoffnungslosigkeit.
Aragorn erhob sich schwerfällig und hinkte zu seinem Pferd hinüber, das kurz hinter dem Hügel lag. Es war tot und Aragorn fluchte leise vor sich hin. Lhunroth hatte ihnen keine Chance gelassen, dass kein Pferd mehr übrig war und er deshalb keins zurückgelassen hatte war eine Lüge, denn die Männer hatten Legolas´ Pferd mitgenommen und damit hatten sie ein Pferd zu viel. Aragorn wusste, das dies Lhunroths Rache war, der ihm gebührende Pfeil hatte ihn nicht getroffen und nun rächte sich Lhunroth damit, dass er ihn hier allein ließ. So brachte er ihn nicht direkt um und brach sein Versprechen damit auch nicht, aber er hoffte mit Sicherheit, dass Aragorn so trotzdem den Tod finden würde. Aragorn wollte sich deswegen nicht selbst bemitleiden, der einzige, den er bemitleidete war Legolas. Und weil Lhunroth seinen Freunden mehr Schaden zugeführt hatte, als ihm selbst, keimte neben dem Mitleid, das er für ihn empfand auch Wut hoch.

Aragorn konnte die beiden Bäume sehen unter denen Seile lagen, und er wusste, dass Lhunroths Männer Gimli und Legolas dort mit Sicherheit angebunden hatten. In der Nähe fand er Legolas' Tasche, die die Lembas enthielt. In der Tat waren noch welche vorhanden und Aragorn war erleichtert, dass sie wenigstens nicht auch noch hungern mussten.
Er ging weiter und konnte bald Gimlis Leiche erkennen. Zögerlich setzte er seinen Weg fort, dabei sah er in regelmäßigen Abständen immer wieder zu Legolas hinüber. Aragorn machte einen kleinen Abstecher in die Nähe des Waldrandes, wo einige Tannen standen. Unter einem der Bäume fand Aragorn einen großen Tannenzweig, der wohl von einem heftigen Wind abgebrochen sein musste. Er hob ihn auf, schleifte ihm mühsam hinter sich her und hinkte hinüber zu Gimli. Als er vor ihm stand deckte er ihn behutsam mit dem Zweig zu und nun war der Zwerg nicht mehr zu sehen. "Ich weiß, es ist keine würdige Beerdigung, aber mehr kann ich leider nicht tun", murmelte er und machte sich dann wieder auf den Weg zurück zu Legolas.
Die ganze Zeit hatte er sich schon darüber Gedanken gemacht, ob es nicht eine Möglichkeit gab, Legolas irgendwie nach Minas Tirith zu bringen. In den Häusern der Heilung würde man ihm vielleicht helfen können, doch er fand einfach keine Möglichkeit. Er kauerte sich neben seinen bewusstlosen Freund und berührte die Hand des Elben. Sie war eiskalt. Aragorn nahm seinen Umhang ab und deckte Legolas damit zu, dabei bemühte er sich die Decke so zu legen, dass sie am Pfeilende nicht hängen bleiben konnte.
Nach kurzer Zeit merkte Aragorn erst, wie kalt es eigentlich war. Die Sonne verschwand bereits am Horizont und die Kälte der Nacht kündigte sich bereits an. Aragorn entfernte sich irgendwann wieder und suchte nach Feuerholz, was am Waldrand zum Glück wenig Schwierigkeiten machte. Schwieriger gestaltete sich hingegen das Feuer zu entfachen. Dadurch, dass er nur eine Hand richtig gebrauchen konnte bereitete es ihm viel Mühe die Technik des Feuermachens anzuwenden. Er musste sich hinhocken, den verletzten Arm auf sein Knie legen und versuchen, einen Stock zwischen seinen Händen so schnell auf einem Stück Holz hin und her zu reiben, damit die Reibungshitze so groß wurde, dass ein Feuer entstand. Lange Zeit brauchte er dafür, immer wieder wärmte er seine mittlerweile klammen Hände, indem er sie mit seinem warmen Atem anhauchte. Irgendwann stieg schließlich etwas Rauch auf und Aragorn schürte die kleine Flamme, die entstanden war mit etwas trockenem Gras. Als sie größer wurde, legte er die ersten Holzstücke hinein und bald prasselte ein wärmendes Feuer, dass auch helles Licht spendete.
Aragorn saß Stunden nur so da und genoss das bisschen Wärme, dass ihn erreichte. Legolas hatte einmal im Schlaf gestöhnt, doch als Aragorn ihn daraufhin besorgt berührt hatte, wurde er wieder ruhig. Jetzt saß Aragorn erschöpft auf der Erde und lauschte dem Atem des Elben. Fast hatte er eine hypnotische Wirkung wie Aragorn fand und er musste sich anstrengen, damit ihm die müden Lider nicht zu fielen. Aragorn drehte sich unruhig hin und her, die ständigen Schmerzen zermürbten ihn innerlich und er sehnte sich so sehr nach einem schmerzfreien Moment. Bald musste er feststellen, dass die Müdigkeit ihren Tribut forderte, so sehr er sich auch bemühte, die Augen wollten ihm nicht mehr offen bleiben. Er beschloss, sich direkt neben Legolas zu legen, so würde er jede Bewegung, die der Elb machte mitbekommen. Es dauerte eine Weile, bis Aragorn sich hingelegt hatte, denn sein Bein durfte er nicht anwinkeln und auf seinem Arm konnte er sich nicht abstützen. Schließlich lag er in einer eigentlich sehr unbequemen Haltung halb auf dem Rücken, halb auf der Seite, doch anders ließ sich keine Lage für ihn finden. Er rutschte so dicht wie möglich an Legolas heran und schloss dann die Augen. Zuerst wollten ihn die Schmerzen keine Ruhe finden lassen, und so versuchte er an Arwen zu denken, um sich abzulenken. Das gelang ihm nach einer ganzen Weile auch und mit dem Gedanken an seine Frau, die er so sehr liebte, fand er schließlich seinen Schlaf, auch wenn er unruhig war.

Legolas wurde von unerträglichen Schmerzen geweckt, die ihn zusammenfahren ließen und die dafür sorgten, dass er seine gesunde Hand krampfhaft in den Stoff von Aragorns Umhang grub. Wieder bekam er nicht genügend Luft, doch war es noch lange noch so schlimm, wie das eine Mal. Sein Brustkorb hob und senkte sich stark und ließ den Pfeil sich in der Wunde bewegen, was ihm ein qualvolles Keuchen entlockte. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und blendete ihn in den Augen. Er drehte langsam den Kopf und sah Aragorn neben sich liegen, der fest schlief. Normalerweise hatte Aragorn keinen festen Schlaf, aber die Ereignisse hatten ihn derartig erschöpft, dass er Legolas´ Bewegungen neben sich nicht mal wahrnahm.
Mühsam versuchte der Elb sich etwas zu drehen, was ihm jedoch nicht gelang. Er bemühte sich, möglichst wenig Geräusche zu machen, damit Aragorn nicht erwachte. Legolas fühlte sich elend, nicht nur Schmerzen quälten ihn, sondern auch eine Schwäche, eine Kälte die in seinen Gliedern steckte und dieses bedrückende Gefühl, als hätte er ein schweres Gewicht auf seinem Brustkorb. Er zitterte mit einem Male am ganzen Körper und fühlte, wie sich überall Schweiß auf seiner Haut bildete. So schnell wie das Zittern gekommen war, verschwand es auch wieder und Legolas schloss wieder die Augen und lauschte dem Wind, der heftig über das Land fegte. Er versuchte alles um sich herum zu vergessen und sich mit seinen Gedanken irgendwo hinzuflüchten, an einen anderen Ort, wo es keine Schmerzen und keine Angst gab. Denn die hatte er, zum ersten Mal in seinem langen bisherigen Leben verspürte er kalte Angst, die sich in seinem Inneren ausbreitete und immer größer zu werden schien. Legolas erinnerte sich daran, wie er einmal auf einen sehr alten Mann getroffen war, der ihm sagte, dass er Angst hätte zu sterben, weil der Tod ihm so nahe war und erst jetzt richtig hatte er begriffen, dass er ihm nicht entrinnen konnte. Als er noch jung gewesen war, da hatte er die Tatsache immer verdrängt einmal sterben zu müssen und jetzt stellte er fest, dass ihm der Tod plötzlich so nahe war und er war regelrecht überrascht worden mit dieser Erkenntnis.
Legolas hatte ihm damals zugehört und geglaubt, ihn verstanden zu haben, doch jetzt wurde ihm klar, dass dem nicht so war. Er war ein Elb, er hatte sich nie über das Sterben Gedanken machen müssen, denn Alter und eigentlich auch der Tod erreichten ihn normalerweise nicht.
Legolas wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Aragorn sich plötzlich drehen wollte und dann aber erschrocken hochfuhr und sich an die Schulter griff. Er verzog das Gesicht und schlug dann die Augen auf. Als er sah, dass Legolas wach war setzte er sofort eine besorgte Mine auf. "Du bist wach? Wieso hast du mich nicht geweckt", fragte er und musterte den Elb, der wieder anfing zu husten.
"Ich wollte, dass du Ruhe hast", entgegnete er mit heiserer Stimme und Aragorn sah ihn ungläubig an.
"Nein, die Ruhe ist nicht so wichtig, mein Freund."
Schweigen trat ein, und für eine Weile sahen sich beide nur tief in die Augen. "Wie geht es dir, hast du starke Schmerzen", fragte Aragorn und sah ihn besorgt an. Legolas kniff die Augen zusammen, weil er gerade eben wieder von einer Schmerzwelle erfasst wurde.
"Es tut mir so leid", sagte Aragorn mit trauriger Stimme und berührte Legolas´ Hand.
"Ich weiß, mein Freund, aber es war meine Entscheidung und deshalb muss es dir nicht leid tun", flüsterte der Elb und öffnete langsam wieder die Augen. "Mir tut es auch nicht leid, das einzige, was mir Leid tut ist, dass ich Gimli nicht helfen konnte". Legolas atmete jetzt schwerer und Aragorn wurde gegen seinen Willen von Panik ergriffen. Er fürchtete sich, dass Legolas vielleicht vor seinen Augen ersticken würde und er ihm nicht helfen konnte. Er richtete den Elb wieder ein Stück auf und sofort ließ das heftige Atmen wieder nach, das Stechen in seiner Seite war jedoch durch die Bewegung wieder größer geworden.
Aragorn ließ ihn vorsichtig wieder zurücksinken und Legolas' Atem war nun begleitet von einem merkwürdigen Rasseln. Der Elb versuchte sich so wenig wie möglich anmerken lassen, dass es ihm nicht gut ging, doch Aragorn wusste es, denn er kannte seinen Freund.
"Legolas, ich muss dir etwas sagen, ich will nicht, dass du vielleicht etwas falsches von mir denkst", sagte Aragorn auf einmal und Legolas bemühte sich, ihn aufmerksam anzusehen. "Ich kannte Lhunroth wirklich nicht, ich habe nicht gelogen, er war mir völlig unbekannt. Was dir und Gimli widerfahren ist, ist ungerecht, er hat sich an den Falschen gerächt. Wenn ich Lhunroth selbst dafür die wenigste Schuld einräume, seine Männer werden dafür bezahlen."
"Nie würde ich etwas falsches von dir denken, ich wusste, dass wenn du ihn gekannt hättest, du dich mit Sicherheit erkenntlich gezeigt hättest. Ich kenne deine Güte..." antwortete Legolas leise.
Aragorn nickte erleichtert, er wollte, dass sein Freund wusste, dass er kein Lügner war. Wieder trat Schweigen ein und wieder hörte Aragorn wie Legolas´ Atem plötzlich heftiger wurde. Es zerriss ihm das Herz, als er plötzlich sah, wie Legolas hilflos nach seinem Arm griff und sich versuchte daran hochzuziehen. Seine Lungen schienen sich völlig der Luft zu verschließen und blanke Angst spiegelte sich auf einmal in seinen Augen wieder, als er Aragorn bittend ansah und verzweifelt versuchte einzuatmen. Was dann geschah war das Schlimmste, was Aragorn je gesehen hatte. Erneut richtete er seinen Freund auf und hoffte, es würde ihm Erleichterung verschaffen, was auch geschah, doch vorher ergoss sich ein Schwall Blut aus seinem Mund.
"Bei den Valar", flüsterte Aragorn und er begann vor Angst am ganzen Leib zu zittern. Legolas keuchte und spuckte erneut Blut, das auf seine Tunika tropfte. Erst dann bekam er wieder ausreichend Luft und begann gleich darauf wieder vor Schmerzen zu stöhnen. Aragorn legte ihn wiederum zurück und Legolas kam nicht mehr umhin seine Gefühle zu zeigen, die er sonst so gerne versteckte. "Ich schaff das nicht, Aragorn", sagte er zitternd und wieder rann eine Träne aus seinem Auge seine Wange hinunter. Auch Aragorn konnte seine Trauer nicht mehr verbergen und verlor Tränen der Verzweiflung. "Du darfst nicht aufgeben", flüsterte er eindringlich und berührte Legolas' Hand in der Hoffnung, dass ihm das Trost spendete.

"Ich schaff das nicht", flüsterte er noch einmal so leise, dass nur Wortfetzen Aragorns Gehör erreichten, doch er wusste trotzdem, was Legolas sagte. Aragorn versuchte das Zittern und seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu kriegen, nie zuvor hatte er eine derartige Angst verspürt, wie in den letzten Momenten.
Der Elb sah ihn erschöpft an, als er von der Welle des Schmerzes wieder losgelassen wurde. Das Glänzen in seinen Augen, welches diese elbische Stärke ausstrahlte schien langsam zu erlöschen. Aragorn wischte ihm, immer noch mit zittriger Hand, das Blut um den Mund herum weg und achtete dabei auf seinen Brustkorb, der sich nun wieder gleichmäßig, aber immer noch schwerfällig, hob und senkte. Aragorn wusste zum ersten mal nicht, was er sagen sollte, es gab keine Worte für diese Situation und er spürte diese Angst immer noch, die nicht aus seinen Gliedern weichen wollte. Es tat so weh, seinen Freund so zu sehen und nichts tun zu können.
"Weißt du, was ich gerne noch einmal tun würde", fragte Legolas leise und riss Aragorn damit aus seinen Gedanken, der daraufhin seinen Blick hob und ihn sorgenvoll ansah.
"Ich würde so gerne noch einmal das Meer sehen", hauchte der Elb und schloss die Augen.
"Das Meer", fragte Aragorn und brachte seinen Körper in eine andere Lage, weil sein Bein auf einmal wieder heftig schmerzte.
"Ja, als ich es das erste Mal vor einigen Monaten mit Gimli zusammen erblickte wurde ich von seiner Schönheit auf eine Weise fasziniert, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe. Wir erblickten es hinter einer Hügelkette, als wir durch das Land ritten, und zum ersten mal in meinem langen Leben wollte ich meinen Augen nicht trauen. Hast du es je gesehen, Aragorn? Hast du je gesehen, wie sich die Wellen an den Klippen brechen und wie die Sonnenstrahlen auf dem tiefen blau schillern? Der Wind trägt diese kühle, salzige Luft, lässt das Meer manchmal schäumen.
Wenn du auf diese scheinbar unendliche Weite hinaus blickst und dem Rauschen der Wellen lauschst, dann erfüllt dich ein Gefühl der Freiheit und der Sehnsucht, dass du gar nicht glaubst, dass das tatsächlich die Wirklichkeit ist." Legolas machte eine Pause und schloss kurz die schwärzlich umrandeten Augen. "Als ich das Meer gesehen hab, wurde in mir die Sehnsucht nach der Ferne geweckt, und ich beschloss irgendwann einmal nach Eldamar zu gehen. Gimli sollte mich ins Land der Elben begleiten, wir wollten über das Meer irgendwann einmal Mittelerde verlassen." Wieder schloss Legolas die Augen und sog, begleitet von einem Keuchen, die Luft ein. "Ich weiß, dass ich es nie mehr wiedersehen werde, Aragorn. Dieser Anblick wird mir nun für immer verschlossen bleiben."

Aragorn schnappte hilflos nach Luft. "Doch, das wirst du! Wenn das hier alles vorbei ist, dann wirst du es wiedersehen. Wir werden zusammen dort hinreiten und du zeigst es mir, und eines Tages, wenn viele Jahre ins Land gegangen sind, wirst du darüber hinweg segeln nach Eldamar."
"Glaubst du das wirklich? Ich werde diesen Ort nicht mehr verlassen, das kann ich nicht mehr."
"Doch, es wird Hilfe kommen. Sie werden uns hier finden und nach Minas Tirith bringen."
"Sie wissen nicht wo wir sind, und wahrscheinlich haben sie anfangs nicht mal gemerkt, dass du nicht da bist. Bevor sie uns suchen und vielleicht auch finden, wird viel Zeit vergehen."
Wieder wusste Aragorn nicht, was er sagen sollte. Legolas kannte die Wahrheit und doch wollte Aragorn sie nicht zugeben.
"Doch, sie werden kommen, mein Freund! Arwen weiß gewiss, dass ich nicht einfach so verschwinde, sie hat bestimmt schon Männer losgeschickt, die nach mir suchen."
Er versuchte sehr überzeugend zu klingen und war froh, als er merkte, dass Legolas ihm zumindest teilweise zu glauben schien.
Aragorn sah den Elb mitleidig an und stellte fest, dass er sehr erschöpft war. Es war ein teuflischer Kreislauf, in dem Legolas sich befand. Diese Erstickungsanfälle raubten ihm immer mehr Kraft, und er konnte keine neue sammeln, weil die Schmerzen einfach zu groß waren. Wenn er nach Luft rang fürchtete Aragorn immer, dass der Pfeil vielleicht weiter vordrang und sich tiefer in Legolas´ Körper hineinbohrte.
"Ich weiß, du bist erschöpft, Legolas, aber lass mich nach deiner Wunde sehen, der Verband ist völlig durchtränkt", sagte Aragorn, nachdem sein Blick auf Legolas´ Seite gefallen war. Gerne hätte er ihm eine neue Anstrengung erspart, aber es war nicht gut, wenn der blutige Verband lange auf der Wunde blieb. Der Elb nickte, doch es stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, dass er sich vor neuen Qualen fürchtete.
Aragorn bemühte sich sehr ganz vorsichtig zu sein und forderte Legolas auf, ihm noch mehr vom Ozean zu erzählen, an dem sein Herz so hing. Aragorn tat dies, weil er wollte, dass Legolas abgelenkt wurde, und sich nicht auf die brennenden Stiche konzentrierte, die Aragorn ihm, so leid es ihm tat, doch zufügte.
Er musterte die Wunde und stellte fest, dass sich die unverletzte Haut drumherum rötlich färbte. Außerdem hatte sich die Wunde kaum geschlossen, sondern blutete teilweise immer noch. Wahrscheinlich war sie auch durch die heftigen Bewegungen wieder aufgerissen, als Legolas nach Luft gerungen hatte. Aragorn berührte eine Stelle neben der Wunde, die sich ebenfalls rötlich verfärbt hatte, um zu testen, ob sie wärmer war als normal und das vielleicht auf eine Entzündung hindeutete. Legolas zuckte sofort unter der Berührung zusammen und griff unbewusst nach Aragorns Hand, damit er mit der schmerzlichen Berührung aufhörte. "Schon gut", sagte er und der Elb ließ seine Hand wieder los.
Aragorn legte so gut es ging einen neuen Verband an und bemühte sich danach darum, dass Legolas ein Stück Lebmbas zu sich nahm. Der Elb jedoch konnte nicht essen und war so erschöpft, dass er die Augen schloss und nach kurzer Zeit, trotz der Schmerzen, einschlief.
Aragorn saß da, seine Hände waren blutig, sein Blick ruhte auf seinem schlafenden Freund. Die Verzweiflung trieb ihm erneut die Tränen in die Augen und er seufzte einmal laut. Legolas hatte recht, wahrscheinlich würde es zu spät sein, wenn jemand sie finden würde...
Aragorn ließ sich nach hinten sinken und setzte sich ins weiche Gras. Der Verband um sein Bein herum war ebenfalls völlig mit Blut durchtränkt und er beschloss ihn auch zu wechseln. Er wickelte das Stück Stoff vorsichtig ab und runzelte mit einem Mal erschreckt die Stirn. Die Wunde blutete nicht mehr so stark wie vorher, aber sie hatte einen merkwürdig rötlichen Rand und ein bläulich schwarzer Strich, der aussah als verliefe er direkt unter seiner Haut, zog sich über seinen Oberschenkel. Er war direkt an der Wunde entsprungen und suchte sich scheinbar einen Weg nach oben. Noch war diese merkwürdige Linie nicht besonders groß und Aragorn wünschte, dass sie es auch nicht weiter werden würde. Der Strich verlief in Richtung seines Beckens und er hoffte, das er nicht das bedeutete, was er tief in seinem Inneren vermutete...

Als Legolas wieder erwachte, sah er Aragorn ein par Meter weiter entfernt etwas von der Erde aufheben, doch schien es auch ihm nicht gut zu gehen. Er hatte Mühe überhaupt auf seinem Bein aufzutreten und immer wieder griff er sich an die schmerzende Stelle und hinkte mühevoll vorwärts.
Legolas hatte großen Durst und versuchte die letzte Feuchtigkeit in seinem Mund zusammenzusammeln. Er wollte Aragorn nichts sagen, denn er würde bestimmt sofort nach Wasser suchen gehen und Legolas wollte ihm die Qual des Gehens ersparen. Gegen seinen Willen musste der Elb plötzlich husten und Aragorn fuhr sofort herum, sah ihn mit einem hektischen Gesichtsausdruck an und schien förmlich zu entkrampfen, als er sah, dass Legolas Luft zu bekommen schien. Er eilte sofort zu ihm rüber und bemühte sich, die Schmerzen, die er hatte nicht zu zeigen. "Alles in Ordnung", fragte Aragorn sicherheitshalber noch einmal nach, als er vor Legolas stand und dieser nickte gequält. Wenn doch bloß für ein paar Minuten die Schmerzen aufhören würden, selbst im Schlaf hatte er sie gespürt. Legolas war eiskalt, obwohl er Schweiß auf seiner Haut spüren konnte und er begann zu zittern. Aragorn sah ihn kritisch an und legte ihm eine Hand auf die Stirn. Dann sah er ihm tief in die Augen und wirkte bedrückt. "Du hast Fieber."
Innerlich fluchte Aragorn. Gab es nichts, das dem Elb erspart blieb? Er zog vorsichtig Legolas´ Verband zur Seite und konnte sofort erkennen, dass sich die Wunde entzündet hatte. Unwirsch fuhr er sich durch die Haare. Was sollte er jetzt tun? "Sie hat sich entzündet!"
"Ja, ich weiß, das merke ich", antwortete der Elb und hustete wieder, dabei versuchte er wieder seinen trockenen Mund zu befeuchten. Aragorn, der jede Bewegung des Elben beobachtet hatte, sah sofort, dass er Durst zu haben schien.
"Ich geh Wasser holen", bot Aragorn sofort an, doch Legolas schüttelte nur leicht den Kopf. "Nein, dir geht es auch nicht gut, das sehe ich, ich will nicht, dass du wegen mir..."
"Lass, ich kann gehen. Ich hole dir Wasser", unterbrach Aragorn ihn sofort. Legolas sah ihn dankbar an und bemerkte, dass Aragorn sich auf seinen Atem zu konzentrieren schien. "Du kannst ruhig gehen, ich kann atmen, im Moment geht es ganz gut."
Aragorn legte ihm die Hand auf die Schulter und stand dann auf. Er nahm den Beutel mit den restlichen Lembas und legte den Inhalt neben dem Elben ins Gras. Die Tasche war aus Leder und würde gewiss kein Wasser durchlassen, wenn er denn welches finden würde. "Ich bin gleich wieder da", sagte Aragorn und machte sich auf den Weg in Richtung Wald.
Kaum wusste er, dass Legolas ihn nicht mehr sehen konnte, sackte er zusammen. Sein Bein, irgendwas stimmte damit nicht, und er fürchtete seine Vermutung bestätigt. Doch er konnte jetzt nicht schwach werden, Legolas war verloren, wenn er jetzt auch seine Kräfte verlor. Er musste durchhalten, er durfte sich nichts anmerken lassen, wenn Legolas etwas merkte, würde er unruhig werden und Aragorn wollte ihm jede Aufregung so gut es ging ersparen. Mühsam stützte er sich auf einen Findling und stemmte sich nach oben. "Geh weiter", sagte er immer wieder zu sich selbst und setzte seinen Gang fort. Die Sonne brannte heiß und machte ihm seine Sache nicht gerade einfacher. Hin und wieder überkam ihn ein Schwindel, doch der Gedanke, dass sein Freund ihn jetzt brauchte, ließ ihn unermüdlich weitergehen. Er verfluchte sein Bein und er verfluchte diese Schwäche, die ihn zu übermannen drohte. Immer wieder wischte er sich den Schweiß von der Stirn und zog sein Bein kraftlos hinterher. Aragorn war der Verzweiflung nahe, alles hing an ihm und er drohte unter der Last zusammenzubrechen. Er hatte sich lange überlegt, ob er den Elben nicht irgendwie von hier fortbringen konnte, doch ihm wollte nichts einfallen. Durch seine eigenen Verletzungen war er zu stark eingeschränkt. Wieder fluchte er, er war für alles verantwortlich und seine Kräfte schwanden ebenfalls unaufhaltsam...

Er musste sich beeilen, er durfte nicht zu lange fort sein, zu schnell konnte wieder etwas passieren, so dass der Elb seine Hilfe brauchte.
Aragorn erinnerte sich schwach, dass er Wasserrauschen gehört hatte und glaubte auch jetzt ein Geräusch zu vernehmen, dass danach klang. Er folgte diesem Laut und gelangte schließlich an einen kleinen Bach, der munter dahin sprudelte. "Immerhin ein kleiner Erfolg", dachte Aragorn und stellte sich mitten ins Wasser. Er füllte zu erst die Tasche und kühlte dann sein Gesicht und seine Schulter. Es linderte etwas seine Qualen und das kühle Wasser auf seiner Stirn sorgte dafür, dass der Schwindel zum Teil verging und seine Sinne wieder etwas geschärft wurden. Obwohl er es gerne gewollt hätte, denn hier am Bach war auch die Luft angenehm kühl, konnte er hier nicht länger verweilen und so schnell es ging, trat er wieder den Rückweg an. Sein starkes Hinken versuchte er erst wieder zu verbergen als er in Legolas´ Sichtweite kam und er setzte zudem noch eine ruhige Mine auf. Aragorn bemerkte zu ersten mal bewusst, dass der Elb sehr schlecht aussah. Immer wenn er ihn gesehen hatte, hatte er das Gefühl gehabt, diesen elbischen Zauber, der ihn umgab, förmlich sehen zu können. Seine ganze Erscheinung spiegelte immer diese elbische Stärke wieder, doch nun sah Aragorn, dass sie verschwunden war. Seine Augen, seine Haut, alles war irgendwie verändert. Dieses Kämpferische, seine sonst so ruhige und weise Erscheinung, alles war verschwunden. Jetzt sah Legolas nur noch kraftlos und unglaublich müde aus. Das viele Blut auf seiner Kleidung und auf dem Gras, auf dem er lag, ließ seinen Anblick zu dem noch schlimmer wirken. Aragorn kniete sich, so gut er es vermochte nieder und flößte dem Elb das Wasser ein und Legolas war sehr dankbar seinen Durst endlich stillen zu können. Das kühle Wasser rann ihm die Kehle hinunter und sorgte dafür, dass er sich kurzfristig ein klein wenig besser fühlte. Der Elb spürte jedoch immer noch diese Schwäche und in den Gliedern und er fühlte sich immer noch so unendlich erschöpft. "Wie lange habe ich eigentlich geschlafen", fragte er und beobachtete, wie Aragorn unruhig versuchte sein Bein zu entlasten.
"Über einen halben Tag", gab Aragorn zurück und setzte sich schwerfällig ins Gras. Dabei rutschte der Verband an seinem Bein zurück und gab den Blick auf den schwärzlichen Strich frei, der größer wurde und sich immer weiter nach oben hin auszustrecken schien. Aragorn zog den Verband schnell wieder nach oben und versuchte so die seltsame Linie zu verbergen, doch Legolas hatte sie schon gesehen und sah ihn vorsichtig an.
"Es ist nichts", versuchte Aragorn die Situation zu entspannen, als er gemerkt hatte, dass in seinem Freund schon die Sorgen geweckt wurden. Doch es war vergebens, Legolas hatte längst erkannt, was Aragorn verbergen wollte.
"Ist das eine Blutvergiftung", fragte der Elb und versuchte sich aufzurichten, was er jedoch nicht schaffte.
Aragorn antwortete nicht gleich, sondern sah ihn an und senkte danach den Kopf. "Ich weiß es nicht", antwortete er kleinlaut, doch es war eine Lüge, er wusste es sehr wohl.
Legolas wurde erneut von heftigen Stichen heimgesucht und er sah Aragorn schmerzerfüllt, aber dennoch sehr eindringlich an. "Es ist eine Blutvergiftung, du musst mich nicht anlügen. Ich habe dich gesehen und ich habe dein Bein gesehen, du versucht es zu verbergen."
Aragorn blickte schuldbewusst zurück, er war nicht vorsichtig genug gewesen, er wollte nicht, dass Legolas es wusste, er hatte sich so viel Mühe gegeben sich nichts anmerken zu lassen, und doch hatte Legolas es nun bemerkt.
"Weißt du, was das bedeutet, Aragorn? Du brauchst unbedingt Hilfe."
Aragorn kam nicht mehr umhin, er musste die Wahrheit zugeben. "Ja, ich weiß, was das bedeutet. Du brauchst ebenso Hilfe, aber es ist sinnlos, wir kommen hier nicht weg. Ich kann dich weder tragen, noch habe ich sonst irgendeine Möglichkeit", antwortete Aragorn bedrückt.
Der Elb legte ihm die Hand auf den Arm und sah Aragorn fest in die Augen. "Ich kann hier nicht weg, du schon. Noch kannst du es."
"Was willst du damit sagen", fragte Aragorn und sah ihn verständnislos an.
"Du weißt, was ich damit sagen will", flüsterte Legolas und machte eine kleine Pause, bevor er mit zittriger Stimme sagte: "Lass mich hier zurück und geh, solange du noch kannst, nach Minas Tirith!"
Aragorn schüttelte sofort den Kopf. "Das kannst du nicht ernst meinen", sagte er und seine Stimme drohte fast zu versagen.
"Du weißt, dass es ohnehin nur noch eine Frage der Zeit ist. Noch mal so etwas wie gestern überlebe ich nicht...". Legolas schloss kurz die Augen, und dann sagte er: "Ich möchte, dass du dich rettest, ich will nicht, dass du hier wegen mir vielleicht auch dein Ende findest. Gimli ist schon wegen mir gestorben, ich will nicht, dass noch einer meiner Freunde wegen mir stirbt." Der Elb zitterte plötzlich heftig und Aragorn nahm seine Hand und drückte sie leicht. "Ich lasse dich hier nicht alleine, Legolas", flüsterte Aragorn und seine Augen füllten sich mit Tränen. "Um keinen Preis der Welt!"
"Aber je mehr Zeit vergeht, desto schlechter werden auch deine Chancen", versuchte der Elb ihn weiter zu überreden, obwohl er sich auch etwas fürchtete, wenn er hier draußen alleine bleiben müsste.
"Ver...", begann Aragorn das Wort, doch dann wurde seine Stimme erstickt und er vergrub seinen Kopf in seiner Armbeuge. "Verlang das nicht von mir, mein Freund. Das bringe ich nicht übers Herz!"
Legolas schluckte den metallischen Geschmack im Mund runter und wich Aragorns Blick aus. "Es wäre das Beste", hauchte er und schloss die Augen.
Aragorn wusste, dass Legolas Recht hatte, innerhalb eines halben Tages hatte sich die Wunde stark verschlimmert, doch er konnte den Elben hier nicht alleine lassen, dazu war er nicht fähig. Es würde für Legolas nach nur kurzer Zeit den sicheren Tod bedeuten. Aragorn würde seinen Freund hier nie alleine lassen, er würde an seiner Seite bleiben, auch wenn seine eigenen Chancen dadurch geschmälert würden.
"Du bist mein Freund Legolas, schon das allein wäre Grund genug hier zu bleiben. Ich bin an deinem Unglück schuld, wie kann ich da jetzt einfach weg gehen und dich hier zurück lassen", fragte Aragorn leise und Legolas öffnete seine Augen langsam wieder. Er wusste Aragorn hatte seine Entscheidung schon getroffen, genauso, wie er es vor wenigen Tagen auch getan hatte. Der Elb war auf der einen Seite dankbar, und auf der anderen Seite besorgt. Wenn Aragorn wegen ihm jetzt etwas zustoßen würde, wäre auch seine Entscheidung ihn vor dem tödlichen Pfeil zu retten ganz umsonst gewesen...

Keiner von Beiden sagte mehr ein Wort, Legolas wusste, dass Aragorn seine Entscheidung nicht ändern würde und er wollte sein Gewissen nicht unnötig quälen. Aragorn kühlte Legolas mit dem Wasser die verschwitzte Stirn und machte sich danach daran die Wunde des Elben mit dem Wasser etwas zu säubern. Das kühle Wasser hatte eine leicht betäubende Wirkung und Legolas versuchte in den wenigen Momenten, in denen seine Schmerzen gelindert wurden, neue Kraft zu sammeln.

Ein weiterer Tag verging, ohne dass ihre Hoffnung auf Hilfe eine Bestätigung fand. Wie oft Aragorn nach allen Himmelsrichtungen in die Ferne geblickt hatte und gefleht hatte, dass irgendwo ein Zeichen auf Rettung zu erkennen war, vermochte er nicht mehr zu sagen. Viele Male waren es gewesen, beinahe unzählige Male.
Aragorn wurde mit der Zeit immer verzweifelter, alles schien gegen ihn zu sein. Die Luft wurde mit der Zeit schwüler und unerträglicher und sorgte dafür, dass Legolas ständig Mühe hatte, Luft zu holen. Auch Aragorn war ständig damit beschäftigt sich den Schweiß wegzuwischen und sich mit der Hand kühlende Luft zuzufächeln. Legolas verweigerte sich fast vollkommen der Nahrung, nur mit viel Überredungskunst schaffte Aragorn es, dass der Elb zu mindest sich bemühte ein ganz kleines Stückchen von den Lembas zu sich zu nehmen. Es fiel Legolas schwer zu schlucken und Aragorn wusste, dass der Elb im Grunde auch nicht mehr essen wollte, er tat es nur, weil Aragon ihn so inständig darum bat. Obwohl Aragorn sich etwas anderes einzureden versuchte, wusste er, dass dies ein schlechtes Zeichen war.
Aber noch ganz andere Sorgen quälten ihn. Durch die schwüle Luft mit dem warmen Wind wurde der Geruch von Blut besonders gut weitergetragen, und er fürchtete, dass Raubtiere ihn vielleicht bald wittern würden.
Auch die Wunden von Aragorn und Legolas wurden mit der Zeit immer schlimmer. Aragorns Schulter war immer noch wie gelähmt und schmerzte nahezu ununterbrochen, die Blutvergiftung in seinem Bein wurde immer schlimmer und die Linie wuchs unaufhaltsam und ließ sein Bein an der einen Stelle merkwürdig taub sein und an der anderen Stelle furchtbar weh tun.
Legolas´ Wunde hatte sich immer mehr entzündet und die anfangs nur leicht rötliche Verfärbung war nun feuerrot. Auch das Fieber stieg immer weiter an, ließ ihn von Zeit zu Zeit wahre Schüttelkrämpfe bekommen und sorgte dafür, dass er trotz der großen Hitze erbärmlich fror. Dennoch wunderte sich Aragorn, dass der Elb keinesfalls geistesabwesend oder verwirrt war. Das Fieber schien im Moment nur seinen Körper zu beherrschen, seine Gedanken waren immer noch klar und wenn er mit Aragorn sprach, waren seine Worte wohl überlegt.
Das Verhältnis zwischen Aragorn und Legolas war im Moment viel stärker als sonst. Beide waren mit ihren Kräften nahezu am Ende, doch unbewusst sorgten sie gegenseitig dafür, dass sie durchhielten und sich ihre Hoffnung auf Hilfe nicht völlig nehmen ließen. Sie hielten sich gegenseitig unbewusst aufrecht. Aragorn zwang sich dazu dem Drang zu wiederstehen sich einfach hinzulegen, zu warten und sich mit seinem Schicksal abzufinden. Immer, wenn er kurz davor war aufzugeben, sah er auf seinen Freund, der ihn brauchte und rappelte sich wieder hoch.
Genauso war es auch umgekehrt. Legolas bemerkte sehr wohl mit wie viel Aufopferung Aragorn sich um ihn kümmerte und gab sich alle Mühe, nicht aufzugeben, so dass seine Mühe um sonst war. Immer wieder bat Aragorn ihn inständig darum durchzuhalten und Legolas versuchte ihm diesen Wunsch mit aller Anstrengung zu erfüllen.

Wieder verging ein Mittag und ein Nachmittag und der Abend brachte eine erlösende kühle Luft. Während Aragorn daraus sofort neue Kraft schöpfte, wollte es Legolas nicht gelingen. Zum ersten Mal hatte er am späten Nachmittag einen heftigen Fiebertraum und als er danach erwachte, ging es ihm so schlecht, dass Aragorn sich wünschte er würde wieder einschlafen, damit er sich nicht so quälen musste. Obwohl die Luft kühl war, bemerkte Aragorn unruhig, wie der Elb immer noch schwer atmete und dieses beunruhigende Rasseln, dass jeden Atemzug von ihm begleitete, wieder einsetzte. Legolas würde zusehends nervöser, die Furcht ersticken zu müssen war stärker als jemals zuvor und seine Hände wurden feucht vor Angst. Auch Aragorn war sehr unruhig, er entsann sich der Worte, die Legolas von sich gegeben hatte, als er ihn bat, alleine nach Minas Tirith zu gehen. Aragorn fühlte sich so hilflos und diese Furcht, die auch ihn ergriff ließ ihn völlig verzweifeln. "Was kann ich tun, sag mir nur, was ich machen soll und ich tu es", sagte Aragorn immer wieder angsterfüllt und überlegte krampfhaft, ob er irgendwelche Möglichkeiten hatte. Legolas schüttelte nur den Kopf und konzentrierte sich aufs Luftholen, indem er die Augen schloss und versuchte einen ruhigen Rhythmus zu finden. Wieder lag diese schwere Last auf seinem Brustkorb und drohte ihn zu erdrücken und er wusste, was ihm bald wieder bevorstand. Dieses Gefühl war so grausam, dass er auf ein Wunder hoffte. Er wünschte sich so sehr, diese Last würde ihm genommen werden. Er flüchtete sich mit seinen Gedanken an das von ihm geliebte Meer und stellte sich vor, wie es wäre, wenn er die frische Luft voll einatmen könnte und auf das tiefe blau hinausschauen würde. Doch diese Gedanken halfen ihm kaum, sie erweckten noch mehr Furcht und ließen ihn das erste Mal vor Angst zittern. Kalte Schauer jagten ihm über dem Rücken, als er spürte, dass er nur halb so viel Luft bekam, wie er eigentlich gebraucht hätte. Er versuchte sich anders hinzulegen, um eine Lage zu finden, die ihn vielleicht von der schrecklichen Last auf seinem Brustkorb befreien würde, doch es wollte ihm nicht gelingen sich ausreichend zu bewegen.
Aragorn setzte sich irgendwann neben ihn und hoffte, dass es dem Elb helfen würde, wenn er wusste, dass er nicht alleine ist. Eine Weile schwiegen sie sich nur an und lauschten dem Wind. Aragorn merkte, dass der Elb ihm etwas sagen wollte, doch schien ihn irgendwas daran zu hindern. Er hustete auf einmal und griff sich mit seiner Hand an die Wunde, jede Bewegung bereitete ihm Qualen und das Husten kostete viel Kraft und die so kostbare Luft.
"Ich will das nicht noch mal erleben, ich kann das nicht schon der Gedanke daran lässt mich zittern", sagte er langsam und hob seine Hand ein Stück vom Boden hoch, die, genauso wie sein Unterkiefer, heftig zitterte.
Aragorn legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter und versuchte seine eigene Nervosität nicht zu zeigen. Die Furcht des Elben musste unermesslich hoch sein, wenn er sie so offen zugab und von sich behauptete, dass er das nicht können würde.
"Ich weiß, mellon nin, deine Furcht ist mehr als berechtigt, glaub mir, wenn ich dir die Hälfte deiner Qualen abnehmen könnte, würde ich es tun."
"Wenn es nur die Schmerzen wären, ich würde sie ertragen, aber diese wenige Luft..."
"Ich weiß. Schone deine Kraft und sei sparsam mit deinem Atem, vielleicht geschieht das, was du so fürchtest gar nicht."
Legolas nickte angestrengt, und schluckte wieder diesen metallischen Geschmack herunter. Immerzu konnte sein Blut schmecken und es überkam ihn jedes mal ein Ekel, wenn es merkte.

Als die Nacht hereinbrach entfachte Aragorn wieder ein Feuer. Der Vollmond stand am Himmel und es war kaum ein Geräusch zu hören, außer Legolas´ immer schwerfällig werdender Atem. Die Flammen des Feuers flackerten unruhig und wenige Regentropfen vielen mit einem Mal vom Himmel.
Legolas´ Hoffnungen auf ein Wunder wurden ihm auf grausame Weise zerstört. Begleitet von einem schmerzhaften Stich schien sich seine Lunge plötzlich wieder zu verschließen und hinderte ihn völlig am Luft holen. Er röchelte und seine Augen weiteten sich vor Panik. Dann bäumte sich der Elb auf und drehte sich auf die Seite. Im ersten Moment war er sich gar nicht bewusst darüber, dass er so unglücklich auf der Erde aufkam, dass der Pfeil mit seinem Ende ebenfalls auf dem Boden aufkam und sich durch das Gewicht des Elben ein Stück weiter in die Wunde bohrte.
Aragorn stürzte sofort auf ihn zu, als er sah, was passierte und richtete ihn hektisch auf, doch dieses Mal wollte es nicht sofort die erhoffte Wirkung zeigen. Aragorn fühlte, wie der Elb in seinen Armen vollkommen zu verkrampfen schien und sah, wie sich seine Lippen bläulich verfärbten und er die Augen verdrehte.
"Bitte nicht", flehte Aragorn und sah hilflos, wie Legolas in seinen Armen zu ersticken drohte. Dann plötzlich hustete er und sog gierig die Luft ein, die ihm schon fast zu lange verwehrt geblieben war. Wieder musste Aragorn verzweifelt mit ansehen, wie ihm Blut aus dem Mund hervorquoll. Aragorn legte ihm die Hand in den Nacken und stützte ihm den Kopf, denn Legolas hatte seine ganze Kraft ins Luftholen gesteckt und war nun so kraftlos, dass er nicht einmal mehr den Kopf heben konnte. Erneut spukte der Elb Blut, mehr als beim Ersten Mal. Ein bisschen blieb an seinen Lippen hängen und zog tiefrote Fäden, als es auf seine Kleidung tropfte. Legolas keuchte und Tränen der Anstrengung waren in seinen Augen. Aragorn sprach ein par beruhigende elbische Worte auf ihn ein, doch wollte ihn das nicht viel helfen. Ein paar Momente lag der Elb einfach nur röchelnd da und kämpfte mühevoll darum, weiterzuatmen. Aragorn sah seinen schwachen Freund in seinen Armen liegen und wünschte sich so sehr, etwas tun zu können. Auf einmal spannte der Elb seine Muskeln wieder an und begann zu würgen. Wieder ergoss sich ein Schwall Blut aus seinem Mund und Aragorn war sich zum ersten Mal richtig bewusst, dass es keine Rettung mehr gab. Selbst, wenn jetzt in diesen Momenten Männer sie finden würden, es wäre zu spät. Langsam begann Legolas´ Bewusstsein zu schwinden er war so schwach, dass er fast nicht mehr die Augen offen halten konnte. Hätte er schreien können, er hätte es getan, die Schmerzen durch das weitere Vordringen des Pfeils waren einfach nicht mehr auszuhalten. So jedoch drangen nur ein paar Laute aus seiner Kehle , die begleitet wurden mit einem so qualvollen Stöhnen, dass Aragorn der Magen flau wurde. Ohne, dass Aragorn es merkte, traten Tränen aus seinen Augen, als er sich der Situation richtig bewusst wurde. Aragorn wünschte sich so sehr, dass Legolas´ Leid endlich ein Ende haben würde, aber nicht auf so einem Weg, der sich nun anzukündigen drohte...
Der Elb sank immer noch röchelnd in Aragorns Armen zusammen und öffnete dann langsam den Mund. "Ich kann nicht mehr", flüsterte er tonlos und zitterte am ganzen Körper, weil er seine Muskeln so übermäßig angespannt hatte. Eine seltsame Kälte stieg in ihm hoch und in Legolas wurde ein Gefühl geweckt, dass er vorher noch nie empfunden hatte. Er hatte seine Unsterblichkeit verloren, er war dem Tode nahe und nie hätte er gedacht, dass er das einmal erleben müsste.
Er hustete angestrengt und das Blut lief fortwährend aus seinem Mund. Der Pfeil hatte ich nun tief in seine Seite gebohrt und Aragorn wusste, dass es keine Hoffnung mehr gab. Der Elb sah ihn mit feuchten Augen angestrengt an und Aragorn blickte verzweifelt zurück. "Du darfst nicht sterben!"
Legolas schloss die Augen und griff nach seiner Hand, die Aragorn nun aus seinem Nacken genommen hatte. Der Elb war eiskalt, wie Aragorn fühlen konnte und Legolas wusste, dass es zu Ende ging. "Ich habe dir gesagt, das ich so etwas nicht noch einmal überlebe, ich hatte recht", sagte er so leise, dass Aragorn es kaum verstehen konnte.
"Das ist nicht möglich", flüsterte Aragorn eindringlich. "Deine elbische Kraft, du wirst es schaffen, du musst kämpfen!"
"Meine elbische Kraft ist schon gestorben als mich der Pfeil traf- es ist vorbei."
Der Regen wurde heftiger und spülte das viele Blut fort, in den Erdboden. Er durchnässte Legolas´ Haare, die normalerweise eine hellblonde Farbe hatten, nun aber dunkler wirkten. Zum ersten Mal sah Aragorn, dass sich Legolas´ Augenfarbe verändert hatte. Von dem tiefen, leuchtenden blau, welches diese Kraft ausgestrahlt hatte, in ein aschgrau, das leblos und kalt wirkte. Auch die Kleidung von Legolas und Aragrn wurde durchweicht und ihr Atem wurde durch kleine Rauchwolken sichtbar gemacht. Es war kalt und Aragorn versuchte den Elb so gut es ging von dem immer stärker werdenden Regen abzuschirmen.
Legolas lag eine ganze Zeit in Aragorns Armen und spürte, wie sein Herz mal ganz langsam, dann wieder ungewöhnlich schnell schlug. Wie aus weiter Ferne hörte er Aragorn etwas sagen, er spürte diese Kälte in seinem Inneren immer stärker werden und er wusste, dass er im Sterben lag. Er spürte jedoch nicht die Tränen die ihm dabei aus den Augen liefen und er spürte auch kaum, wie Aragorn ihm immer wieder über die kalte, verschwitzte Stirn strich und ihn darum bat, bei ihm zu bleiben. "Nein, bitte, du darfst nicht aufgeben, bitte", rief Aragorn und, zog den Elb fester an sich und wartete förmlich darauf, dass er die Augen wieder öffnete. "Jetzt schaffe ich das auch nicht mehr bis nach Minas Tirith, wenn du jetzt stirbst, dann war mein warten ganz umsonst."
Ganz plötzlich kehrten Legolas´ Sinne noch ein letztes Mal zurück, denn diesen letzten Satz von Aragorn hatte er noch vernommen, obwohl um ihn herum bereits alles schwarz gewesen war. Noch einmal öffnete er zur Hälfte die Augen und fast tonlos flüsterte er: "Es tut mir leid."
Legolas Glieder erschlafften mit einem Mal, ein merkwürdiges Zucken ergriff seinen Körper, ein Röcheln drang aus seiner Kehle und als Aragorn das merkte, stieß er in seiner Verzweiflung Hilferufe nach allen Seiten aus. Er rief so laut, dass er bald heiser war. Der Elb zuckte unkontrolliert in seinen Armen und das letzte bisschen Leben erlosch in seinem Inneren. Obwohl er bald nicht mehr konnte, rief Aragorn immer noch, er schrie seine Trauer und seine Verzweiflung in Form von Hilferufen aus sich hinaus, doch sie verhallten ungehört in der Tiefe der Nacht.
Aragorn legte den toten Körper seines Freundes behutsam auf das Gras und wischte sich die Tränen aus den Augen, weil er kaum fähig war etwas zu sehen. So viel hatte er gemeinsam mit Legolas erlebt und nun lag der Elb leblos vor ihm. Aragorn war mit seiner Kraft am Ende, die Trauer ergriff ihn erbarmungslos und der Ärger über sich selbst keimte in ihm hoch. In Legolas´ letzten Sekunden hatte er auch noch sein Gewissen belastet, weil er ihm gesagt hatte, dass er es nicht mehr bis nach Minas Tirith schaffen würde. Obwohl es die Wahrheit gewesen war, wusste Aragorn, dass er das nicht hätte sagen dürfen, doch es hatte sich einfach nicht verhindern lassen. Genauso wenig ließ es sich jetzt verhindern, dass über sein beinahe ausdrucksloses Gesicht die Tränen liefen, als er vorsichtig seine Hand aus Legolas´ seiner befreite. Er schloss dem Elb die halb geöffneten Augen und als sein Blick auf den Pfeil fiel, bemerkte er einen schmerzvollen Stich in seinem Herzen. "Der Pfeil hätte mich treffen sollen, du hast ein zu großes Opfer für mein Leben gebracht", flüsterte Aragorn und küsste Legolas auf die Stirn, genau so, wie er es bei Boromir damals auch getan hatte.