Dreizehntes Kapitel: Wettlauf gegen die Zeit

Frodo kämpfte sich aus dem schwarzen Nebel, der ihn umfing, langsam frei und öffnete die Augen. Alles um ihn herum drehte sich und er fühlte sich, als sei er gerade aus einem tiefen Schlaf aufgewacht. Verschwommen konnte er seine eigenen Hände sehen, die eine Sprosse fest umklammert hielten. Als er das sah, durchzuckte ihn die Erkenntnis, was geschehen war. Er erinnerte sich, wo er sich gerade noch befunden hatte und er wusste, dass es wieder der 12. Oktober war. Voller Angst krallte er sich an der Sprosse fest und bemühte sich, nicht daran zu denken, was gleich passieren würde. Obwohl Frodo eigentlich keine Höhenangst hatte, wagte er es nicht nach unten zu sehen. Ein Kribbeln stieg in seinem Magen auf und dieses beunruhigende Gefühl zu wissen, dass er gleich sterben würde, wenn er die Leiter weiter hinaufstieg, machte ihn sehr nervös. Langsam und ohne hinunterzusehen stieg er Sprosse für Sprosse hinab und achtete sorgsam auf jedes Geräusch, dass die Sprosse der Leiter unter ihm von sich gab. Bei jedem kleinsten Knacken zuckte er zusammen und ihm fuhr ein Schauder über den Rücken. Ihm wurde heiß und er war nur darauf bedacht den Geräuschen der Leiter zu lauschen. Nichts anderes um ihn herum nahm er mehr war.
"Herr Frodo", brüllte Sam auf einmal und kam wie ein gehetztes Tier aus der Hobbithöle gestürmt. Frodo verlor vor Schreck den Halt und stürzte die letzten Sprossen der Leiter hinab. Die Leiter selbst fiel um und donnerte neben ihm zu Boden. Frodo fiel auf den Rücken und blieb völlig verschreckt und wie betäubt liegen.
Sam stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Er wollte etwas sagen, doch er brachte keinen Ton heraus. Er blieb wie angewurzelt und mit weit aufgerissenen Augen stehen. Nach einigen Momenten erst war er in der Lage sich überhaupt wieder zu rühren. Erst jetzt zwang er sich dazu vorwärts zu gehen, auf Frodo zu.
"Herr Frodo", fragte Sam mit zittriger Stimme und die Angst ergriff wieder Besitz von ihm. Panische Angst. Angst, den Kampf verloren zu haben, noch ehe er begonnen hatte.
"Oh nein, Herr Frodo, bitte nicht! Nicht schon wieder", stammelte er und betrachtete sich Frodo eingehend, der ziemlich blass und immer noch regungslos auf der Erde lag.
Frodo wagte es nicht, sich zu bewegen. Der Schreck saß tief und im Moment hatte er selbst keine Ahnung, ob er sich vielleicht verletzt hatte. Er lag auf dem Rücken und wartete förmlich darauf, dass etwas geschah. Er wartete, dass irgendwo etwas schmerzte, oder dass etwas anders war, als normal, doch nichts geschah. Er richtete seinen Blick auf den völlig verschreckten Sam und bewegte vorsichtig seine Arme und Beine. Dann richtete er sich langsam auf, immer noch sorgsam darauf achtend, ob etwas ungewöhnlich war. "Ich glaub mir fehlt nichts, Sam", sagte er vorsichtig.
"Oh, Herr Frodo, ich dachte schon... Ich wollte dich nicht erschrecken, ich war mir nur nicht sicher, ob du vielleicht nicht mehr weißt, dass wenn du den Baum...", überschlugen sich Sams Worte fast.
"Doch, ich weiß", fiel Frodo ihm ins Wort. "Ich habe es nicht vergessen. Ich war gerade dabei gewesen vorsichtig hinunterzuklettern."
Sam schaute sich wütend um. "Ich bin ein ungeschickter Tölpel! Fast wäre dir meinetwegen wieder ein Unglück wiederfahren. Schau mal, wie ich zittere. Es tut mir so leid! Hast du dir wirklich nichts getan?"
Sam hielt Frodo seine zitternden Hände vor die Augen und blickte sehr schuldbewusst drein.
"Nein, ich hab mir nichts getan, aber du könntest mir hoch helfen, meine Knie zittern mindestens genauso wie deine Hände."
Frodo setzte ein Lächeln auf, um die angespannte Situation etwas aufzulockern und ließ sich von Sam auf die Beine zerren.
"Du glaubst ja gar nicht, wie froh ich bin", teilte Sam mit und klopfte Frodo das Gras von der Kleidung.
"Und wie froh ich erst bin...", fügte Frodo hinzu.
Elanor erschien in der Tür und betrachtete sich ihren Vater und ihren Onkel. Dann lief sie aufgeregt zu ihrer Mutter und verkündete dort: "Du, Mutti, der Onkel Frodo ist ganz grün vom Rasen, ich glaube, der sollte auch mal baden!"
Rosie, die immer noch sehr verdutzt über Sams Reaktion mit dem Schrank, den er eben hingeworfen hatte, war, nickte nur mit dem Kopf und kümmerte sich dann um den kleinen Frodo, der immer noch etwas nass vom Baden auf dem Teppich saß. Ihr Mann würde ihr gewiss noch erklären, warum er eben so eilig in den Garten geflüchtet war...
Frodo und Sam standen im Garten und blickten sich an.
"Wir haben nur wenig Zeit um alles zu ändern. Gandalf hat sich gewiss gleich auf den Weg zu Legolas und Gimli gemacht, jetzt liegt der Rest an uns", sagte Sam und Frodo nickte.
"Du holst Merry und Pippin, ich kaufe Flocke und am Ende treffen wir und wieder hier, einverstanden", fragte Sam und machte sich schon bereit, um zu gehen.
"Warte! Wie soll ich es ihnen erklären", fragte Frodo und hielt Sam am Ärmel fest.
"Nevturiel hat gesagt, sie macht irgendetwas... Geh erst mal zu ihnen und sag ihnen, was sie tun müssen. Ich schlage vor, du vermeidest es, von den Zeitdrehern zu erzählen, sie würden nur viele Fragen stellen und das würde dauern... Sag ihnen nur, was sie machen sollen und nenne vorerst keine Gründe oder sag ihnen woher du das alles weißt."
Frodo nickte, er hatte zwar keine Ahnung, was er Merry und Pippin eigentlich erzählen sollte, aber er konnte jetzt nichts anderes tun, als erst mal zu ihnen zu gehen und zu sehen, was passieren würde.
So lief Frodo mit eiligen Schritten hinaus aus dem Garten und die Straße entlang.
Sam hingegen lief hastig in die Höhle, vorbei an der verdutzten Rosie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sagte: "Hör zu, du magst mich jetzt vielleicht für verrückt halten, aber ich werde in Kürze zusammen mit Frodo aufbrechen und nach Gondor gehen. Es ist sehr wichtig warum wir das tun, aber ich kann dir jetzt die Gründe nicht erklären. Wundere dich nicht, ich erkläre dir alles, wenn ich wieder zurück bin. Bleib mit den Kindern hier, ich bin bald wieder da!"
Noch ehe Rosie etwas sagen konnte, war Sam an ihr vorbeigehastet, griff sich einen Beutel mit Geld und lief aus der Tür hinaus und auf die Straße.

Im Sturm klopfte Frodo an Merrys Tür vom Brandyschloß. Wahre Ungeduld wurde in ihm geweckt, als nach einer ganzen Weile immer noch nichts geschah. Frodo stampfte unruhig mit den Füßen hin und her und klopfte erneut. Nichts. Wo konnte Merry nur sein? Was, wenn er gar nicht da war? Es würde sehr lange dauern, bis Frodo ihn gefunden hätte, wenn er ihn suchen würde.
Der Hobbit seufzte und schaute sich um. Er ging am Gartenzaun entlang und schaute in Merrys Garten. Plötzlich vernahm er ein leises Fluchen und schaute sich aufgeregt um.
"Merry", rief Frodo und wartete auf eine Antwort. Es raschelte in einem Gebüsch, das nur wenige Meter vor dem Zaun stand, und Merry krabbelte daraus hervor und schien an seinem Zeigefinger zu lutschen.
"Igel", donnerte Merry mürrisch. "Sie rollen sich überall da zusammen, wo man es nicht vermutet und ahnungslose Hobbits fassen natürlich genau in die Stacheln."
"Hallo Merry", begrüßte ihn Frodo. "Was suchst du denn auch dort unten im Gebüsch?"
"Ach ja. Hallo Frodo. Ich suche meine Harke. Aber ich glaube, ich lasse das und kaufe mir lieber eine Neue. Ich will lieber nicht weiter suchen, wer weiß, was da noch so alles im Gebüsch liegt..."
Frodo wiegte sich unruhig hin und her. Sam und er waren davon ausgegangen zwei Tage Vorsprung zu haben, aber das stimmte nicht. Ehe Merry und Pippin in Beutelsend eintreffen würden, würde es bestimmt fast Nachmittag sein. Wenn sie Pippin schnell finden würden...
"Sag mal Merry, ist Pippin in der Nähe? Er ist doch zu Besuch! Ich brauche unbedingt eure Hilfe, ihr müsst etwas tun."
"Was ist denn los?"
"Das erkläre ich lieber, wenn Pippin auch da ist, hast du eine Ahnung, wo er sich rumtreibt? Es ist wirklich dringend!"
Merry sah ihn verdutzt an. Es musste etwas wichtiges sein, Frodo sah recht nervös aus. "Ja, der ist hier in der Gegend. Gib mir eine halbe Stunde, ich muss nur den Bäcker oder das Wirtshaus finden, wo er drin ist. Möchtest du vielleicht erst mal reinkommen und etwas trinken? Dann gehe ich ihn holen."
"Ja, das wäre sehr nett. Durst habe ich. Aber, du musst dich unbedingt beeilen, wir haben keine Zeit."
Merry führte Frodo in seine Behausung und gab ihm einen guten Schluck roten Wein. Frodo setzte sich an den Tisch und nahm auch den Kuchen, den Merry ihm vorsetzte dankbar an. Auf Frodos Drängeln hin eilte Merry dann hinaus, um Pippin zu suchen.
Frodo kam die Zeit, in der er alleine am Tisch saß wie eine Ewigkeit vor. Unruhig trommelte er mit seinen Fingern auf dem Tisch herum. Ständig schaute er aus dem Fenster, in der Hoffnung, Merry und Pippin kommen zu sehen.
Nach einer Dreiviertelstunde öffnete sich endlich die Tür und Merry trat in Begleitung von Pippin ein. "Frodo, welch eine Freude", sagte Pippin und umarmte Frodo. "Was gibt es denn? Wieso sollte ich kommen?"
"Hört zu, das ist jetzt alles etwas schwierig, aber ich muss euch bitten nach Gondor zu Aragorn zu gehen. Jetzt und sofort, es geht um Leben und Tod und wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich erkläre euch alles auf dem Weg nach Beutelsend", sagte Frodo und stand schon auf.
"Um Leben und Tod? Was ist denn nur geschehen? Frodo, wir müssen erst Sachen packen für eine Reise, wir können doch nicht einfach so Hals über Kopf aufbrechen", meinte Merry und Pippin nickte.
"Doch, ihr könnt. Ihr müsst sogar. Merry, du hast doch sicher noch dein Pony, oder? Nimm es und kommt, die wichtigsten Sachen könnt ihr von Sam bekommen."
Merry und Pippin sahen sich entgeistert an. Sie hätten nicht mit einer Reise nach Gondor gerechnet und schon gar nicht mit solch einer überstürzten. Merry strich sich überlegend über die Haare. Was konnte nur so wichtig sein? Er überlegte. Gab es etwas wichtiges, dass er noch tun musste, bevor er aufbrechen würde? Denn dass er zusammen mit Pippin aufbrechen würde war gar keine Frage. Wenn Frodo so inständig darum bat, musste es etwas wichtiges sein.
Ihm wollte nichts einfallen. Nachdem er das Brandyschloß verlassen und Pippin derweil sein Pony geholt hatte, begannen sie zusammen mit Frodo die Straße wieder zurück zu laufen.
"Also, was ist nun los? Du machst mir Angst", fragte Pippin und sah Frodo auffordernd an. Dieser spürte auch Merrys bohrenden Blick auf der Haut und überlegte wo er anfangen sollte.
"Also, es ist so. Vor einigen Jahren gab es wohl in Gondor irgendwelche Auseinandersetzungen bei denen auch Aragorn gekämpft hat. Ohne, dass er es wusste, hat ihm damals ein Mann das Leben gerettet und..."
"Er heißt Lhunroth, nicht wahr", fragte Pippin und blieb mit weit geöffneten Augen stehen.
"Ja.. aber... woher weißt du", stammelte Frodo.
"Ich habe es gesehen."
"Du hast was gesehen?"
"Ich habe gesehen, wie Lhunroth Aragorn das Leben gerettet hat..."
"Wo hast du es gesehen?"
"Heute Nacht. Da war ein Traum... Er war so echt, und doch war es nur ein Traum... Habe ich gedacht", sagte Pippin tonlos und ging einen Schritt weiter.
Nevturiel, schoss es Frodo durch den Kopf. Sie hatte dafür gesorgt, dass die Beiden schon etwas wussten.
"Ja, das war kein Traum. Ihr müsst zu Aragorn gehen und ihm sagen..."
"...dass er sich bedanken soll", fiel ihm Merry ins Wort.
"Ja, aber... woher", wollte Frodo fragen und blieb abrupt stehen.
"Das habe ich heute geträumt. Ich habe geträumt, dass wir zu Aragorn gehen und ihm sagen, dass er sich bei diesem Mann bedanken soll. Es ist mir erst jetzt eingefallen, erst jetzt wo ihr davon gesprochen habt."
Frodo war erstaunt. Sie wussten es. Er vermutete, dass sie nichts über die genauen Gründe wussten, aber sie wussten, was sie zu tun hatten und nur das war wichtig. Er musste ihnen nicht viel erklären, sie würden mit Sicherheit von selbst wissen, was sie sagen mussten, wenn sie vor Aragorn standen.
"Frodo, was ist hier los? Die Träume, die Hektik mit der wir aufbrechen... Irgendetwas stimmt nicht, habe ich recht? Ich fühle, dass es etwas wichtiges ist, aber was ist es Frodo?"
Frodo überlegte. Was sollte er jetzt sagen? Merry und Pippin sahen ihn auffordernd an.
"Es wird ein Unglück geben, wenn Aragorn nichts von Lhunroth erfährt! Ich kann euch jetzt nicht so genau erklären, woher ich das weiß, aber glaubt mir, es ist so! Es tut mir leid, dass Sam und ich euch da jetzt mit reinziehen, aber wir gehen selbst nach Gondor, aber auf anderem Wege. Auch wir müssen etwas tun, um das Unglück zu verhindern, dass ganz sicher kommen wird, wenn einer von uns versagt..."
Merry und Pippin wussten nicht warum, doch irgendetwas schien sie daran zu hindern weitere Fragen zu stellen. Sie nahmen alles so hin und wussten, dass sie das tun mussten, worum Frodo sie gerade gebeten hatte.
Normalerweise hätte Pippin jetzt schon aus Neugier gefragt, warum Sam und Frodo einen anderen Weg nach Gondor gehen wollten, doch er tat es nicht, denn in ihm war ein Gefühl, das ihm sagte, dass alles so richtig war und seinen Grund hatte.
Frodo wunderte sich darüber, dass sie alles einfach so aufnahmen, aber er wusste auch, dass Nevturiel ihren Teil dazu beigetragen hatte.

Schneller als gedacht erreichten sie Beutelsend. Es war nun früher Nachmittag und Sam wartete schon sehr ungeduldig. Er hatte bereits alles, was wichtig war verstaut und er hatte sogar daran gedacht, für Merry und Pippin etwas Wegzehrung bereitzulegen.
Sam blickte ihnen fragend entgegen. Ob Merry und Pippin wirklich bereits wussten was sie tun sollten und den Plan einfach so hinnehmen würden, obwohl sie nichts genaues über die Gründe erfahren hatten?
Frodo setzte ein Lächeln, begleitet von einem Nicken auf, und Sam wusste sofort, dass er es geschafft haben musste. Sam fühlte, wie ihm schon mal ein kleiner Stein vom Herzen viel. Immerhin sah es bis jetzt noch nicht so aus, als wäre der Gegner schon auf sie aufmerksam geworden. Gut war es auch, dass scheinbar alle Beide dazu bereit waren zu gehen. Natürlich hätte es vielleicht auch einer allein geschafft, aber zu zweit war es einfach sicherer. So würde keiner der Hobbits allein gehen müssen.
"Hallo. Wir sind euch so dankbar", sagte Sam erfreut und lächelte die beiden an.
"Wir sind verrückt, wir haben eigentlich keine Ahnung was los ist, aber wir wissen aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen, was wir tun müssen und dass es wichtig ist. Aber trotzdem hätte ich ganz gerne eine Erklärung, wenn wir bei Aragorn waren", murmelte Merry und klopfte Sam auf die Schulter.
"Die werdet ihr bekommen, dass verspreche ich euch", antwortete Sam. Er hielt es für besser erst dann alles zu erklären.
"Kriegen wir was zu essen für den Weg mit", fragte Pippin und scharrte unschuldig den Sand unter seinen Füßen hin und her.
"Sollt ihr bekommen, hier habt ihr einen ganzen Beutel mit allen haltbaren Sachen, die ich in der Speisekammer finden konnte. Und hier habt ihr noch ein paar Umhänge und ein paar Decken, was braucht ihr noch", fragte Sam und drückte den beiden die verschiedensten Dinge in die Hand.
"Wasser vielleicht", überlegte Pippin und ließ sich daraufhin von Sam eine kleine Flasche überreichen.
"Ach und Futter fürs Pony", rief Merry.
"Stimmt, daran hatte ich gar nicht gedacht!"
Sam verschwand im Schuppen und brachte einen großen Beutel Hafer mit.

Es dauerte nicht lange, da war alles so weit verstaut und die vier Hobbits waren abreisefertig. Pippin schüttelte gelegentlich amüsiert den Kopf, wenn er sich vor Augen rief, wie verrückt doch diese ganze Sache irgendwie war.
Die Hobbits beschlossen den Weg vorerst gemeinsam zu bewältigen. Erst in Rohan würden sich ihre Wege trennen, denn dann würden Frodo und Sam in nördliche Richtung gehen, um auf Lhunroth zu treffen und Merry und Pippin würden direkt nach Minas Tirith laufen.
So schnell sie es vermochten, brachen sie auf. Sam hatte noch einmal mit Rosie gesprochen und auch sie schien auf merkwürdige Art und Weise zu verstehen, dass es eine sehr wichtige Angelegenheit war, was Sam da tat, und dass es falsch wäre, ihn an seinen Vorhaben zu hindern.
Am Nachmittag brachen sie in schnellem Tempo auf. Obwohl sich Merry und Pippin wunderten, dass Sam und Frodo den Eindruck machten, als würden sie verfolgt, so schnell waren sie, schlossen sie sich ihrem Tempo schweigend an und grübelten auch nicht lange nach der Ursache. Pippin wunderte sich sehr über sich selbst, er war sonst so neugierig, das gab er manchmal nicht gerne zu, aber nun interessierten ihn die merkwürdigsten Sachen auf einmal nicht mehr. Es war ihm egal, es würde richtig sein.
Der Weg führte sie schnell aus dem Auenland hinaus in die Wildnis.
Sam führte Flocke neben sich her und hoffte, dass die Zeit reichen würde, die sie hatten. Außerdem hatte er ein ungutes Gefühl, als er daran dachte, dass das Schicksal vielleicht vorhatte sie aufzuhalten...
Er beterachtete sich die Umgebung und musste gegen seinen Willen schmunzeln. Wie oft war er diesen Weg in der letzten Zeit gegangen?
Sam wurde bei seinen Überlegungen gestört, als Pippin munter begann vor sich hinzupfeifen, bald darauf Merry und Frodo einstimmten und schließlich auch er davon verführt wurde mitzumachen. Fröhlich pfeifend wanderten sie durch die abgeernteten Felder und die grünen Wiesen. Wenn sie es nur schaffen würden, war Sams einziger Gedanke, den er im Moment hatte und den er auch auf dem ganzen Weg nicht verlor.

Gandalf saß auf Schattenfell und spürte die Bewegungen des Tieres unter sich. Sein Geist war wie vernebelt und erst nach einer ganzen Weile wurde er sich darüber bewusst, dass er die Augen geschlossen hatte. Nach und nach erschienen alle Erinnerungen in seinem Geist und er wusste wieder, welche Aufgabe er zu erfüllen hatte. Er musste Legolas und Gimli vor ihrem Schicksal bewahren.
Gandalf sah sich um und lauschte den Geräuschen. Das Rauschen des Wassers drang an sein Ohr. Er war direkt am westlichen Ufer des Anduin, auf der Höhe von Dol Guldur. Er sah in den Großen Strom hinein und konnte erkennen, dass er gerade an einer Stelle mit heftigen Stromschnellen war. Mit scheinbar unbändiger Kraft rauschte das Wasser hier herunter. Es wurde aufgeschäumt und zog alles was auf seiner Oberfläche schwamm erbarmungslos in die Tiefe. Gandalf überlegte, er hatte ein Problem und das war keinesfalls gering. Er musste den Anduin überqueren, denn sonst würde er einen Umweg einschlagen müssen, wenn er auf Legolas und Gimli treffen wollte. Wenn er am westlichen Ufer entlang reiten würde, müsste er einmal durch Anorien hindurch, an Minas Tirith vorbei und müsste Legolas und Gimli hinterher reiten bis zu dem Fennfeld, auf dem sich die beiden befanden, wie Gandalf wusste. Das würde nicht nur Zeit kosten, sondern wäre auch gefährlich, denn er wusste, dass Lhunroth und seine Männer hinter dem Elb und dem Zwerg waren. Also würde Gandalf mit Sicherheit zu erst auf Lhunroth treffen. Das durfte jedoch nicht passieren.
Die andere Möglichkeit war, dass er den Anduin überquerte und somit aufs östliche Ufer gelangte, dann könnte er flussabwärts reiten, durch die Totensümpfe hindurch und würde schließlich genau auf Legolas und Gimli zureiten. Doch da gab es ein gewaltiges Problem. Es gab keine Brücke, keinen Übergang, der ein einigermaßen ungefährliches Hinüberkommen ermöglicht hätte. Nur im Norden gab es die Alte Waldstraße, wo Gandalf sich einer alten Brücke entsann. Würde er hinaufreiten, müsste er ebenfalls einen riesigen Umweg nehmen, denn die Alte Waldstraße befand sich ungefähr auf der Höhe des Gebirges im Düsterwald und das lag im Norden! Er würde also einmal um ein riesiges Stück des Anduin herumreiten müssen, um dann an dem östlichen Ufer entlang reiten zu können.
Gandalf rechnete in Gedanken die Zeit aus. Er könnte sich in Lorien ein Boot leihen und so den Anduin überqueren, doch würde er danach auf Schattenfells Dienste verzichten müssen und seinen Weg zu Fuß fortsetzten. Das würde wahrscheinlich mehr Zeit kosten, als mit Schattenfell den Umweg zu reiten. Doch über eines war sich Gandalf sehr wohl bewusst. Die Zeit würde kaum reichen...
Gandalf forderte sein Pferd auf zu wenden. Wenn er jetzt noch länger damit verbrachte zu überlegen, wie er Legolas und Gimli erreichen wollte, dann würden seine Chancen erst recht geschmälert werden. Er würde den Umweg nehmen. Gandalf würde zusammen mit Schattenfell zur Alten Waldstraße reiten, dort die Brücke überqueren und dann so schnell wie möglich den Anduin hinunterreiten. Mit Schattenfells Tempo könnte er die verlorene Zeit vielleicht so wieder zum Teil aufholen.
Gandalf trieb Schattenfell zur Eile an und das Pferd galoppierte mit eleganten Bewegungen nach Norden, immer dem Anduin folgend.

Nach etlichen Tagen führte der Weg den Reiter schließlich vor den Fluss Schwertel, den Gandalf und Schattenfell überqueren mussten. Er war schmal, das Wasser wurde lediglich von starken Wind aufgewühlt, doch waren seine Ufer hoch und voller Schlamm. Gandalf überlegte, ob er eine halbe Meile nach westlich reiten sollte, um dort eine noch geeignetere Stelle für den Übergang zu finden, doch als er zum Himmel sah, bemerkte er Beunruhigendes.
Wolkenberge türmten sich auf, erste Regentropfen fielen, und der Wind wurde immer stärker und ließ das Wasser immer unruhiger werden. Wenn er jetzt erst westlich reiten würde, würde sich das Wetter mit Sicherheit verschlechtern und zum Überqueren des Flusses wäre es dann sehr gefährlich, da er und Schattenfell schwimmen mussten. Er würde dann warten müssen, bis sich das Wetter wieder verbessert, doch wann würde das sein? Gandalf fühlte, dass er gezwungen wurde den Fluss an genau dieser Stelle zu überqueren.
Der Zauberer blickte zweifelnd drein. War das jetzt ein Zufall? Oder war es der Gegner, der seinen ersten teuflischen Schachzug ausspielte? Gandalf seufzte und war ziemlich ratlos. Er fürchtete sich etwas davor den Fluss zu durchschwimmen, zu sonderbar erschien es ihm, dass er nahezu dazu gezwungen wurde, den Fluss hier zu überqueren. Doch er hatte keine andere Wahl.
Gandalf stieg von Schattenfell herunter und stellte sich neben das Tier. Er streichelte den Hals des Tieres und murmelte ein paar Worte. Gandalf wusste, dass Schattenfell es schaffen würde, über den Fluss zu schwimmen, er war ein besonderes Tier. Das Gepäck, das Schattenfell trug war nicht allzu schwer und so ließ Gandalf es auf dem Pferderücken. Er selbst zog seinen Umhang aus und band ihn ebenfalls auf Schattenfell, denn den Umhang konnte er beim schwimmen nicht umlassen, er würde viel zu schwer werden, wenn er sich mit Wasser voll saugen würde. Genauso tat er es mit seinem Zauberstab. Der Zauberer wusste, dass er gut bei seinem Reittier aufgehoben war.
Er trieb Schattenfell an, an das Ufer zu gehen. Es war schlammig und somit ziemlich rutschig, doch das Pferd scheute kaum, es tat das, was sein Herr von ihm verlangte. Langsam glitt das Tier in den Fluss und begann durch das kalte Wasser zu schwimmen. Den Kopf hielt es dabei mühevoll über Wasser und es schnaubte, als ihm das Wasser in die Nüstern lief.
Am anderen Ufer angekommen, begann es angestrengt Fuß zu fassen auf dem rutschigen Boden. Mehre Male rutschte es wieder zurück und wäre beinahe wieder in das Wasser gestürzt, doch nach einiger Anstrengung gelang es dem Tier, das hohe Ufer hinaufzusteigen. Nass, mit Schlamm bedeckt und erschöpft kroch es an das sichere Land und legte sich dort ins Gras. Der Wind begann sofort seine Mähne trocken zu blasen und Schattenfell richtete seinen Blick auf Gandalf, der nun ebenfalls vorsichtig das schlammige Ufer hinunterkletterte. Der Zauberer fröstelte durch die Kälte und dachte mit Unbehagen daran nun in das kalte Wasser zu müssen. Mühevoll hielt der Zauberer die Balance und tastete sich immer weiter hinunter, zum Wasser hin. Es wurde mehr und mehr aufgewühlt von dem starken Wind, den man nun schon fast als Sturm bezeichnen konnte. Gandalf wusste, dass er sich beeilen musste, die Regentropfen fielen schon stärker, durchnässten seine Kleidung, und es war schon jetzt erbärmlich kalt, wie Gandalf fand.
"Das ist wahrlich nichts für einen alten Mann", murmelte er und krallte seine Hände in den schlammigen Boden und die Pflanzen, die darauf wuchsen, um Halt zu finden. Er nutzte auch alte Äste, die tief im Schlamm steckten und Wurzeln, um an der steilen Böschung Halt zu finden.
Den Zauberer trennte nur noch ein einziger Meter vom Wasser. Seine Sicht war stark eingeschränkt, denn Schlamm war in sein Gesicht gespritzt und zwang ihn dazu seine Augen fast zu verschließen, damit der Schmutz nicht in sie gelangte. Plötzlich brachte ihn eine heftige Windböe dazu, den Halt zu verlieren. Er versuchte ihn wiederzuerlangen, doch war seine Bemühung vergebens. Von einem Keuchen begleitet stürzte der Zauberer in die kalten Fluten und es war ihm, als würden ihm tausend Messer in den Leib stechen. Als Gandalf unter Wasser die Augen öffnete, konnte er nicht sehen, außer Dunkelheit, denn durch den düsteren Himmel, der durch das Unwetter draußen entstand, hatte sich auch das Wasser des Flusses nahezu pechschwarz gefärbt.
Der Zauberer spürte, wie sich seine Kleidung mit Wasser voll saugte und drohte, ihn nach unten zu ziehen. Nachdem Gandalf einige Sekunden vor Schreck und Kälte überhaupt nicht in der Lage war sich zu bewegen, begann er mit den Armen zu rudern, obwohl er nicht wusste, welche Richtung die richtige war. Das ließ den Zauberer in Panik verfallen, denn durch den überraschten Sturz hatte er seine Lungen nicht ausrechend mit Luft füllen können und er spürte bereits jetzt, wie er dringend welche brauchte. Unkontrollierte, hektische Stöße mit den Armen rieben ihn voran durch das kalte, schwarze Wasser. Aus einem Instinkt heraus fand er jedoch den Weg zur Oberfläche und gierig sog er die Luft ein. Das Wasser spritzte ihm ins Gesicht und er wurde ein Stück weit weggetrieben. Die Kälte raubte ihm die Kraft und er keuchte angestrengt. Der Regen, der innerhalb von ein paar Minuten sehr heftig geworden war, prasselte auf sein Gesicht und er versuchte durch die Schleier, die durch ihn entstanden, das richtige Ufer zu finden. Gandalf hatte keine Ahnung, wo er war. Er suchte Schattenfell, denn dann konnte er sich sicher sein, dass er an dieses Ufer musste. Doch wie weit hatte ihn das Wasser bereits mitgerissen?
Er hatte keine Wahl, er musste jetzt an ein Ufer schwimmen, ganz gleich, ob es das richtige war oder nicht. Er musste aus dem kalten Wasser hinaus, sonst würden ihn seine Kräfte bald verlassen.
Angestrengt machte der Zauberer die ersten Schwimmzüge und erkannte, wie schwer es war gegen den Strom anzukommen. Ganz gleich, für welches Ufer er sich entschied, gegen die reißende Strömung musste er dennoch schwimmen, denn sie kam von der Seite.
Mehre Male wurde Gandalf nach unten gezogen und er verbrauchte viel Kraft um sich wieder hinauf zu kämpfen. Seine Arme schmerzten bald heftig von der Anstrengung und verzweifelt stellte er fest, dass das rettende Ufer noch so fern war. Seine Lunge brannte vom gierigen Luftholen und er bemerkte, dass er durch die Kälte kaum noch Gefühl in seinen Beinen hatte. Der Zauberer spuckte Wasser aus, dass ihm in den Mund gespült wurde und kämpfte sich verbissen durch die eisigen Fluten vorwärts.
Irgendwann, als Gandalfs Arme sich schon fast weigerten weitere Schwimmstöße auszuführen, erblickte er vor sich das Ufer. Mit all seiner Kraft, die ihm noch verblieben war, krallte er sich in den schlammigen Boden und zog sich ein Stück weit aus dem Wasser. Er blieb für eine Weile keuchend und zitternd einfach nur an der steilen Böschung hängen und war unfähig sich zu bewegen. Die Kälte lähmte seine Glieder, die Kraftlosigkeit brachten ihn fast dazu seinen Griff zu lösen und damit in die Fluten zurückzustürzen. Gandalf rang nach Luft und versuchte sich ein Stück weiter nach oben zu ziehen, doch es war so schwer. Die Kleidung klebte an ihm und schien ebenfalls viel schwerer als sonst. Der Zauberer bekam eine Wurzel zu fassen und zog sich mühevoll vorwärts. Der kalte Wind blies ihn an, doch er hatte kein Gefühl mehr, um zu frieren. Keuchend zog er sich vorwärts, bis er das steile Ufer fast überwunden hätte und auf flachen Boden gelangt wäre. Doch dann versagten ihm die Kräfte. Er wusste, würde er jetzt loslassen um sich weiter vorzuziehen, würde er wieder hinabstürzen, denn er war zu schwach, um sein Arm zu heben und neuen Halt zu finden. Seine Finger waren ebenfalls klamm und weigerten sich zu greifen.
Gandalf hing an der Böschung und hatte nur einen Gedanken: Der Feind hatte ihn besiegt!
Er war viel zu kraftlos, um weiter zu kommen, er würde loslassen müssen und sich den kalten Fluten ergeben. Es gab keine Rettung, die Zeit und das Schicksal hatten ihn dazu gebracht jetzt den Fluss überqueren zu müssen und es war, wie Gandlaf es schon vermutet hatte, eine Falle gewesen, die nun sein Leben kosten würde. Und auch das Leben von Legolas, Gimli und Aragorn. Gandalf hatte versagt bei seiner Aufgabe, der Feind hatte ihn geschlagen.
Der Zauberer lockerte seinen Griff und wollte sich gerade fallen lassen, als er ein Wiehern vernahm und über sich Schattenfell erkannte. Das Pferd stand auf ebenem Boden und schaute zu ihm herab.
Das Pferd wusste, dass sein Herr sich in Gefahr befand. Es kniete sich auf die Vorderhufen und seine lange Mähne fiel herab, so dass Gandalf sie greifen konnte. Der Zauberer tat es auch, die letzte Chance, die ihm gegeben war, würde er versuchen zu nutzen. Selbst wenn es nicht gelingen würde, hätte er es wenigstens noch versucht.
Seine klammen Finger schlossen sich um ein dickes Büschel aus Schattenfells Mähne und das Pferd stand auf und zog mit einem Wiehern den Zauberer empor. Ein paar Schritte des Pferdes nach hinten sorgten dafür, dass Gandalf den Rest der schlammigen Böschung hochgezogen wurde und keuchend auf der Wiese liegen blieb. Völlig mit Schlamm bedeckt und zitternd vor Schwäche und Kälte blieb der Zauberer liegen und war nicht fähig aufzustehen.
Erst nach vielen Minuten konnte er sich überhaupt auf den Rücken drehen und der Regen sorgte dafür, das der Schlamm von seinem Gesicht gespült wurde.
Schattenfell stupste Gandalf an der Brust und forderte ihn damit auf aufzustehen. Es hielt seinen Kopf so, dass Gandalf wieder in seine Mähne greifen konnte. Der Zauberer tat es auch und ließ sich von Schattenfell auf die Beine zerren. Mit Hilfe des Pferdes schaffte es der Zauberer unter einen Baum zu gelangen, wo der Regen nicht so heftig war. Gandalf lehnte sich erschöpft mit dem Rücken an einen Stein und schloss müde die Augen. Er merkte gar nicht mehr, wie sehr er zitterte, doch er fühlte sich sehr elend. Er hatte viel Wasser geschluckt und das verursachte eine Übelkeit bei ihm.
Schattenfell legte sich neben ihn und drehte sich so, dass Gandalf im Stande war seinen Zauberstab von dem Pferderücken zu nehmen. Der Zauberer tat es und entfachte ein warmes Feuer. Ihm kam sein Zauberstab so schwer vor, dass er ihn sofort wieder sinken ließ.
Gandalf schloss die Augen und sank gleich in einen Halbschlaf. Das Feuer sorgte dafür, dass sein kalter Leib wieder etwas warm wurde und dass das Gefühl wieder in seine Glieder zurückkehrte. Der Regen prasselte immer noch und schien die Erde ertränken zu wollen. Es donnerte und blitzte, doch all das hörte Gandalf nicht.
Nach etwa einer Stunde ließ der Regen und auch der Wind etwas nach.
Das Blitzen und Donnern hielt an und der Himmel war immer noch schwarz verhangen.
Schattenfell erhob sich und stupste den Zauberer wieder an, der darauf langsam die Augen öffnete. Das Pferd wieherte und Gandalf wusste, das es weiter wollte. Das Tier schien zu ahnen, dass sie nicht rasten konnten, zu sehr drängte die Zeit.
Mit Schattenfells Hilfe gelang es dem noch immer völlig entkräfteten Zauberer auf den Rücken des Pferdes zu klettern. Das Tier trabte vorwärts und merkte bald, wie sein Reiter wieder eingeschlafen war. Das Pferd wusste jedoch den Weg und lief weiter, immer den Anduin entlang und der Alten Waldstraße entgegen. In der Ferne brachen nun die Wolken auf und die Sonne senkte ihre Strahlen auf die Erde.
Hinter Gandalf und Schattenfell jedoch war der Himmel immer noch pechschwarz und das Gewitter donnerte. Fast schien es so, als wäre das Schicksal erzürnt über das Misslingen seines Plans...

"Was ist das nur für ein verdammtes Unwetter", fragte Pippin und zuckte beinahe zusammen, bei dem heftigen Donnern.
Zusammengekauert saßen die Hobbits unter einem Felsvorsprung und sahen hinaus in den Regen. Es war stockfinster, nur die Blitze machten die Umgebung für einen Bruchteil von Sekunden taghell.
"Ich habe keine Ahnung, Pip. Ich hoffe nur, dass es bald aufhört", antwortete Merry und schüttelte seine völlig durchnässten Locken.
"Was haben wir uns nur gedacht...", murmelte Pippin und drückte sich eng an den kalten Fels.
"Glaubt mir, alles, was ihr tut ist richtig und von großer Bedeutung. Wir können heute sowieso nicht weiter gehen, es ist ja schon beinahe Nacht. Wir liegen aber ganz gut in der Zeit, glaube ich. Wir müssten in wenigen Tagen an der Pforte von Rohan sein", sagte Sam zufrieden und entfachte ein kleines Feuer.
Frodo wühlte in seinem Rucksack und brachte dutzende von Gegenständen zum Vorschein. Als er den Beutel mit Hafer griff, öffnete er ihn und streute den beiden Ponys, die halb draußen in Regen standen, etwas von dem Futter vor die Nüstern. Freudig begannen die Tiere den Hafer aufzulesen, der Regen und das Donnern schienen ihnen kaum etwas aus zu machen. Frodo lächelte, als er sah, wie gierig die Tiere den Hafer in ihren Mäulern verschwinden ließen. "Habt ihr auch Hunger", fragte er in die Runde und stellte aber schon die Beutel mit dem Brot und dem Trockenobst in die Mitte der Hobbits.
Merry und Pippin begannen sofort sich über die Beutel herzumachen und schaufelten munter alles Essbare in sich hinein.
"Du kannst verrückte Fragen stellen", bemerkte Sam lächelnd. Er blickte sich um. Der Felsvorsprung war groß und an der hinteren Wand entdeckte Sam plötzlich eine Höhle. Mit gerunzelten Augenbrauen sah Sam in das schwarze Loch und eine Gänsehaut breitete sich auf seinem Rücken aus. Er hatte sie gar nicht bemerkt, als er und die anderen sich vor dem Regen dort herunter geflüchtet hatten. Aber bis jetzt war nichts geschehen, also würde wohl auch in Zukunft nichts geschehen. Die Höhle war sicher verlassen und völlig ungefährlich. Sam widmete sich wie die anderen seinem Essen und sah müde, aber zufrieden aus. Er hatte die ersten Tage von ihrer Reise ständig darauf gewartet, dass etwas geschah, doch sie kamen gut voran, das Wetter war ihnen bis heute einigermaßen zugetan gewesen und auch sonst war nichts ungewöhnlich. Sam hoffte in seinem Inneren, dass er seinen Kampf vielleicht schon gewonnen hatte. Vielleicht war die Zeit und das Schicksal ja nachsichtig mit ihm.
"Wo genau wollen wir uns eigentlich trennen", fragte Merry mit einem Mal und riss Sam aus seinen Gedanken.
Der Hobbit überlegte. "Ich würde sagen, irgendwo in Rohan. Dann können Pippin und du gleich etwas weiter südlich gehen, so dass ihr nach Minas Tirth gelangt und Frodo und ich schlagen dann die nördliche Richtung ein. Ich denke mal, wenn wir uns in der Höhe des Weißen Gebirge trennen, reicht das. Vorher können wir zusammen gehen."
"Zu viert ist es ja auch viel sicherer", gab Pippin zu bedenken.
Die Hobbits verzehrten ihr Abendbrot und breiteten danach ihre Decken aus. Sie rollten sich alle, einer nach dem anderen, zusammen und schlossen die Augen.
Frodo schlummerte seelenruhig neben Sam und Merry und Pippin lagen auf der anderen Seite des Feuers. Ihre Gesichter wurden von den Flammen beschienen und ließen ihre Locken golden glänzen.
Sam konnte nicht schlafen. Es mussten bereits Stunden vergangen sein, seit sie sich alle hingelegt hatten. Immer wieder starrte der Hobbit misstrauisch zur Höhle. Irgendwie beunruhigte er sie und er wusste, hätte er sie vorher gesehen, hätte er vielleicht einen anderen Platz als Nachtlager gewählt. Sam wurde mit einem Mal nervös. Die Decke kratzte ihn, er begann zu schwitzen und warf sich unruhig hin und her. Frodo seufzte im Schlaf und drehte sich um und Sam beneidete ihn etwas um die Ruhe, die er hatte. Er schloss die Augen und versuchte sich zum Schlafen zu zwingen. Es gelang ihm, in einen Halbschlaf zu fallen, der ihn träumen ließ.
Er träumte von einem wunderschönen Garten, mit vielen Blumen. Rosie und die Kinder standen in der Mitte und lächelten ihn freundlich an. Er selbst stand in einem Beet und schnupperte an einer Rose. Sam lächelte zurück und freute sich. Plötzlich war ein Grollen zu hören und Sam drehte sich ratlos nach allen Seiten um. Wo kam dieses merkwürdige Geräusch her? Rosie und die Kinder lächelten immer noch und sonst war nichts und niemand in der Nähe. Völlig schlaftrunken erwachte Sam und rieb sich müde die Augen. Was für ein sonderbarer Traum. Alles so friedlich und dann ein Grollen. Doch... Sam erstarrte. Bildete er sich das nur ein? Da war das Grollen immer noch!
Es war gar kein Traum! Hektisch blickte er sich um. Die anderen schliefen noch. Er schlug die Decke zurück und richtete sich mit klopfendem Herzen auf. Das Grollen kam aus der Höhle. Es war gar kein Grollen, viel eher ein Knurren, wie von einem wilden Tier!
"Herr Frodo", flüsterte Sam und schüttelte Frodo. Dieser schlug die Augen auf und brummte irgendwas vor sich hin.
"Herr Frodo", sagte Sam noch einmal und als Frodo endgültig die Augen offen hatte, legte er sich den Finger auf den Mund und Frodo wusste, dass er leise sein sollte.
"Was ist denn, Sam", flüsterte er.
Sam deutete in Richtung Höhle. "Da ist irgendwas!"
Frodo schluckte, als er das Knurren hörte. In seine Augen trat sofort ein Ausdruck der Angst. Sam machte ein paar Gesten, die Frodo sagten, er solle sofort aufstehen und so schnell wie möglich verschwinden.
Sam krabbelte zu Merry und Pippin hinüber und weckte auch sie ganz leise.
Nachdem auch sie das Knurren, das hin und wieder verstummte, wahrnahmen, waren auch sie sofort damit beschäftigt, das nötigste zu packen und schnellstens aufzubrechen. Draußen war es noch fast tiefe Nacht, die Ponys standen immer noch am Eingang des Felsvorsprungs und Merry und Pippin waren bereits dabei ihr Pony zu beladen.
Als sie fast fertig waren, wurde das Knurren mit einem mal lauter und Sam drehte sich erschreckt um und starrte in die Schwärze der Höhle.
Er brachte kein Ton heraus, als er zwei funkelnde Augen erkannte, die sich vorwärts zu bewegen schienen.
"Sam", sagte Frodo mit zitternder Stimme. Als er die Augen ebenfalls erblickte. Ein fauliger Gastank wehte ihnen plötzlich um die Nase und Merry und Pippin hielten sich die Hände vor die Nasen. Blitzschnell schnappte sich Sam das Schwert Stich aus einer Tasche, das er auch diesmal dabei hatte. Merry und Pippin warf er ein Messer zu, das er zum Brotschneiden mitgenommen hatte.
Merry fing es und stellte sich vor Pippin, der schutzlos war.
Frodo blieb in Sams Nähe und alle starrten nur die beiden Augen an, die sie ihrerseits ebenfalls völlig fixierten und stetig näher kamen, begleitet von diesem hässlichen Knurren. Die Hobbits wichen immer weiter zurück und hofften, irgendwann schnell flüchten zu können. Sehr zu Sams Schrecken, bäumte sich Flocke plötzlich auf und galoppierte davon. Merrys Pony jedoch war dazu gezwungen zu bleiben wo es war, denn es war mit der Zügel an einen Baumstamm gebunden worden. Das Tier schlug mit den Hufen nach hinten aus und versuchte sich panisch loszureißen.
Die Hobbits gingen immer noch ganz langsam nach hinten, schnelle Bewegungen, fürchteten sie, könnte diese Bestie dazu veranlassen hinter ihnen herzulaufen. Bald konnten die Hobbits auch ein Maul mit messerscharfen Zähnen erkennen, die im Dunkeln bedrohlich glänzten.
Pippin verlor fast die Nerven und krallte sich in Merrys Arm fest.
Ein riesiger Warg erschien mit einem mal im Höhleneingang und den Hobbits wurden allesamt die Knie weich.
Ohne eine Vorwarnung sprang das Biest plötzlich laut knurrend und zähnefletschend auf Merry und Pippin los. Merry stieß ihm das Brotmesser in die Seite, doch das erzürnte den Warg nur noch mehr. Er fuhr herum, sprang beinahe ins Feuer und wirbelte Funken auf. Dann stürzte er wieder auf Merry los und der Hobbit wurde zur Seite geschleudert.
Sam kam seinen Freunden zur Hilfe und stürzte sich mit einem Schrei auf den Warg und rammte ihm Stich in die Flanken. Das Biest fuhr erschreckt herum und sprang vor Schmerz mit aller Macht an eine Felswand. Steine, durch die Wucht des Tieres ausgelöst, donnerten herab und stellten gefährliche Geschosse da. Staub rieselte von der Decke und keiner der Hobbits konnte mehr irgendwas sehen. Der Warg musste irgendwie eine Steinlawine ausgelöst haben, denn plötzlich donnerten überall mächtige Felsstücke herab.

"Wo seid ihr denn alle", rief Sam angstvoll und drehte sich hektisch im Kreis. Er konnte nichts mehr erkennen, überall fielen Steine herab und Staub wurde ausgelöst. Die Erde bebte unter den vielen Felsen. Sam versuchte den Felsbrocken auszuweichen und legte schützend die Hände über den Kopf. Er hörte ein gefährliches Bellen, dann ein Schreien, von dem er nicht wusste, von welchem seiner Freunde es stammte. Merrys Pony wieherte und verstummte dann plötzlich ganz abrupt.
Wieder hörte Sam ein Schreien und ein Rufen, überall polterte es und der Hobbit versuchte verzweifelt etwas durch den Staub zu erkennen. Er drang in seine Lungen ein und brachte ihn zum Husten.
"Wo seid ihr", schrie er wieder, doch er hörte nur ein Rufen, das wie aus weiter Ferne kam.
Dann plötzlich war es still. Die letzten Felsbrocken rollten herab und der Staub begann auf die Erde zu rieseln. Irgendwo war ein Wimmern zu hören und Sam versuchte die Richtung aus der es kam zu orten. Auf der anderen Seite erklang ein Stöhnen und Sam bekam mit der Angst zu tun.
"Wo seid ihr", fragte Sam und lauschte, ob er irgendwo eine Antwort bekam.
"Hier", kam es kläglich zurück.
Sam erkannte Frodo. Er musste hier irgendwo in der Nähe sein. Der Hobbit lauschte, ob das Knurren noch da war, doch konnte er nichts mehr hören, dass danach klang.
"Herr Frodo?"
"Hier hinten, Sam. Verdammt, ich bin eingeklemmt!"
Sam blieb im ersten Moment fast das Herz stehen. Die Angst schoss ihm wie eine Welle einmal durch den ganzen Körper und lähmte ihn. "Oh nein, nein, nein", murmelte er und machte sich dann langsam auf den Weg in die Richtung, in der er Frodo vermutete.
Sam kletterte über einen Haufen Steine hinweg und löste versehentlich eine neue kleine Lawine aus.
"Herr Frodo, ist alles in Ordnung", fragte er ängstlich, als es wieder ruhig wurde.
"Ich weiß nicht, ich... meine Hand... da liegt ein Stein drauf", ertönte es und Sam war dankbar, dass Frodo anscheinend von den von ihm losgetretenen Steinen nicht getroffen worden war.
"Halt aus Herr Frodo, ich komme zu dir!"
Sam balancierte über die Steine hinweg und stützte sich wo es nur ging ab, um nicht selbst zu fallen.
Bei jedem Schritt rieselte Staub herab und Sam fürchtete sich davor, neue Steine loszutreten.
"Sam, ich... ich kriege meine Hand nicht mehr frei", wimmerte Frodo und Sam folgte seiner Stimme.
Sam war sich schon fast nicht mehr sicher, ob er an Frodo nicht vielleicht schon vorbeigelaufen war, als er ihn plötzlich erblickte. Sein Freund hockte vor einem größeren Felsbrocken, unter dem seine Hand klemmte.
Sofort eilte Sam zu ihm und musterte den völlig verstaubten Frodo.
"Oh Sam, ich bin ja so froh, dass du da bist, du musst mir helfen!"
"Ist sie gebrochen", fragte Sam und begutachtete Frodos Hand, die unter dem ziemlich schweren Felsbrocken begraben war.
"Keine Ahnung, ich weiß nur, dass sie weh tut", jammerte Frodo und bekam feuchte Augen.
"Schon gut, ich helfe dir ja."
Sam ließ seinen Blick kreisen und erkannte einen Ast, den er aufhob, um ihn als Hebel zu benutzen.
Er stemmte den Ast unter den Felsbrocken und zog ihn nach hinten, so dass der Felsen ein Stück hochgedrückt wurde.
Begleitet von einem Keuchen zog Frodo seine Hand hervor und umschloss sie sofort mit der anderen.
"Und", fragte Sam aufgeregt.
"Sie ist ganz blau", wimmerte Frodo.
"Hör zu, wir müssen erst mal sehen, wo die anderen sind! Komm mit, Herr Frodo!"
Frodo erhob sich mühevoll und hielt seine Hand fest umschlungen.
"Merry, Pippin, wo seit ihr", brüllte Sam so laut, dass erneut Staub von der Decke rieselte und ein Echo erklang. Er konnte in der Dunkelheit kaum etwas erkennen und wenn nicht die Morgendämmerung durch den entfernten Eingang hinein gefallen wäre, wäre es wahrscheinlich stockfinster gewesen. Sam schluckte schwer. Was wenn sie tot waren? Der Warg konnte sie geholt haben. Oder die Felsen konnten sie erschlagen haben.
"Antwortet doch endlich", rief Sam und die Verzweiflung keimte in ihm hoch.
"Sam? Wir sind hier drüben", hörte er Pippins Stimme.
"Geht es euch gut", fragte Sam und glaubte vor Erleichterung fast den Boden unter den Füßen zu verlieren.
"Ja, es ist so weit alles in Ordnung. Ist Frodo bei dir", fragte Merry.
"Ja, ist er, wo genau seit ihr denn?"
"Am Ausgang, kommt hierher."
Sam und Frodo gaben sich viel Mühe vorsichtig einen Weg zum Ausgang zu finden. Sie hielten sich gegenseitig so gut es ging fest und konzentrierten sich ganz darauf möglichst sicheren Halt zu finden.
Endlich erreichten sie den Ausgang, doch was sie da sahen, ließ sie erstarren.
Blut, überall. Es tränkte buchstäblich die Erde.
Merry und Pippin kamen ihnen erschöpft entgegen. An Merrys Stirn klaffte eine Wunde auseinander und Pippin hatte ein paar Schrammen an den Armen, aber sonst schien es beiden ganz gut zu gehen.
"Unser Pony ist weg", stellte Merry verbissen fest.
"Und der Warg zum Glück auch", ergänzte Pippin. "Es scheint, als habe er seine Mahlzeit gefunden..."
Sam würgte leicht bei dem vielen Blut. Es lag nahe, dass der Warg das Pony gerissen hatte.
"Tja, damit wären dann auch all unsere Vorräte auf und davon", sagte Merry wütend und stemmte die Hände in die Hüften.
"Frodo, was ist denn mit dir", fragte Pippin besorgt und sah, wie der Freund schluchzend auf die Knie fiel.
Sam kniete sich ebenfalls zu ihm runter. "Seine Hand war unter einem Felsen eingeklemmt."
"Und, ist es schlimm", fragte Pippin weiter.
Sam zuckte mit den Schultern. "Frodo, zeig mir deine Hand." Er sorgte dafür, dass Frodo endlich seine andere Hand von der Verletzten runternahm.
Der Hobbit konnte die Hand nicht mehr bewegen, sie schmerzte stark, war angeschwollen und blau angelaufen.
"Vielleicht ist sie nur gequetscht", vermutete Merry und sah Frodo mitleidig an.
"Egal, es tut jedenfalls verdammt weh", schluchzte Frodo.
Sam sorgte dafür, dass Frodos Hand in einer Regenpfütze gekühlt wurde und stellte dann den kompletten Arm mit einer Schlinge ruhig. Pippin kümmerte sich derweil um Merrys Verletzung an der Stirn.
"Wir müssen hier weg", bemerkte Sam, als sie fertig waren. Die Hobbits, außer Frodo, suchten die verbliebenen Gepäckstücke zusammen und machten sich dann auf den Weg, weg von der Höhle. Sie wollten lieber nicht miterleben, wenn der Warg zurückkam.
Sam fluchte leise vor sich hin. Auch Flocke war verschwunden. Sie kam nicht, als er ihren Namen rief. Innerlich fürchtete Sam, dass sie vielleicht ebenfalls von dem Warg erwischt wurde.
Niedergeschlagen machten sich die Hobbits auf den Weg, weiter in Richtung Rohan. Sie schleppten mühevoll das Gepäck hinter sich her und wirkten recht verzweifelt und noch immer etwas geschockt.
Sie liefen dem Sonnenaufgang entgegen, der nun die Gegend in ein zartes Rot tauchte.

"Können wir bitte mal eine Pause machen, meine Hand tut so weh", sagte Frodo in die völlige Stille hinein.
Seit Stunden waren die Hobbits nun gelaufen. Es musste bereits später Mittag sein. Kaum jemand hatte ein Wort gesagt, alle liefen recht verbissen nebeneinander her. Merry wollte nicht gestehen, dass seine Stirn brannte und versuchte ständig gegen den Schmerz anzukämpfen, Pippin war etwas traurig über das Pony und Sam war einfach nur ängstlich und ratlos. Frodo hatte schon seit einer ganzen Weile um eine Pause bitten wollen, aber erst jetzt, wo er sie wirklich brauchte, fragte er danach.
Die Hobbits ließen sich auf einer Wiese nieder und legte das Gepäck neben sich. Niemand sagte ein Wort, die Stille war nahezu erdrückend. Sam ging stillschweigend zu Frodo rüber und kühlte seine Hand erneut. Dann stand er auf und ging etwas abseits der anderen.
Merry und Pippin guckten sich verdutzt an, hüllten sich aber dennoch in Schweigen.
Nachdem Frodo eine Besserung durch das Kühlen verspürte, stand er auf und lief zu Sam hinüber. Hinter sich hörte er jetzt, wie Merry und Pippin anfingen sich zu unterhalten.
Frodo stellte sich schweigend neben Sam und bemerkte wie seinem Freund die Tränen über die Wangen liefen. Frodo wollte etwas sagen, doch noch ehe er das konnte, ergriff Sam schon das Wort. "Was war das heute Nacht?"
Frodo sah ihn an und versuchte zu begreifen, was Sam meinte.
"Was glaubst du war das heute Nacht", wiederholte Sam.
Frodo gab keine Antwort sondern blickte, wie Sam, in die Ferne.
"Glaubst du das war ein Zufall? Ich denke nicht. Ich denke, es ist so weit. Der Gegner ist gerade dabei seine Schlacht gegen uns auszufechten. Sie sind wieder gegen uns. Die Zeit und das Schicksal sind wieder gegen uns", sagte Sam und er klang aufgewühlt und hilflos.
"Aber Sam, wir sind alle am Leben! Wir hätten so leicht da drinnen sterben können, aber wir sind alle am Leben. Vielleicht war es doch nur ein Zufall", versuchte Frodo Sam Mut zuzureden.
"Ich glaube, es gibt gar keine Zufälle! Ich glaube, das ist alles so geplant. Sie sind gegen uns!"
"Aber Sam, selbst wenn, du wusstest doch, dass sie das sein würden. Ich habe es doch auch gewusst."
Sam schüttelte verbissen den Kopf. "Ach, Herr Frodo. Ich bin so ein Narr! Ich mache mir etwas vor! Eigentlich wusste ich, dass es so sein würde, aber ich habe immer gehofft, dass es vielleicht doch nicht so ist. Ich habe gehofft, dass wir die anderen einfach so retten können, dass die Zeit und das Schicksal vielleicht Gnade zeigen oder nachsichtig sind. Vielleicht, dass sie mir verzeihen und mich den Kampf hier gewinnen lassen. Und weißt du, warum ich das gehofft habe?"
Frodo schüttelte den Kopf.
"Weil ich genau weiß, dass ich gegen sie verliere, wenn sie gegen mich sind! Und jetzt sehe ich, wie sie sich gegen mich stellen und ich weiß, ich bin viel zu schwach, um gegen sie anzukommen und um mein Ziel zu erreichen", sagte Sam und schluchzte.
"Das habe ich damals auch gedacht, als ich den Ring hatte. Aber mit deiner Hilfe habe ich es geschafft! Glaubst du nicht, wir könnten das vielleicht doch zusammen schaffen", fragte Frodo und lächelte.
Sam strich sich über das Haar und schloss die Augen. "Und wie?"
"Indem wir einfach weiter gehen. Indem wir das tun, was wir vorhatten! Weißt du, ich glaube, wir haben durchaus eine Chance."
"Woher willst du das wissen?"
"Ich glaube Nevturiel hätte dir nicht geholfen, wenn du ganz chancenlos wärst."
Sam nickte und wischte sich die Tränen weg. "Ich möchte so gerne glauben, dass das vorhin in der Höhle nur ein Zufall war. Ich möchte glauben, dass es nicht von Bedeutung war. Ich möchte jetzt nicht immer zweifeln müssen, ob es richtig ist, für was ich mich entscheide. Ich möchte mich nicht ständig fragen müssen, ob wir vielleicht gerade in unser Verderben rennen, weil es das Schicksal so will."
Frodo nickte. "Du solltest darüber nicht nachdenken! Sehen wir das doch einfach als eine Schlacht, die wir gewonnen haben! Wir wissen vielleicht nicht wie, aber wir haben es halt. Wir sind am Leben und die Zeit reicht noch, um unseren Plan auszuführen. Lass uns einfach weiter machen, ungehindert dessen, was heute geschehen ist, sei es nun Zufall oder nicht."
"Aber was, wenn es nicht doch Auswirkungen hat. Vielleicht wollte das Schicksal, dass wir unsere Pferde verlieren, vielleicht ist das alleine schon ausschlaggebend, ob unser Plan scheitern wird oder nicht."
"Dann gehen wir eben den Dingen, die auf uns warten entgegen! Was haben wir denn für eine Wahl? Willst du umkehren? Aufgeben? Es ist zu spät Sam, selbst wenn der Gegner jetzt da ist, sind wir verdammt, dagegen zu kämpfen, oder aufzugeben. Was willst du tun?"
Sam stand eine Weile nur da und starrte vor sich hin.
"Kämpfen...", murmelte er.
"Und ich werde dir helfen, so wie du mir damals geholfen hast", sagte Frodo und bemühte sich, sehr überzeugend zu klingen.
"Ich danke dir, Herr Frodo", bemerkte Sam und drückte Frodo fest an sich.
"Wir können es schaffen, Sam", flüsterte Frodo ganz leise.

Die beiden Hobbits gingen zu Merry und Pippin zurück, die gerade dabei waren etwas Proviant zu verspeisen. Sie blickten die beiden fragend an.
"Ich würde sagen, wir ändern unseren Plan und bleiben zusammen, bis kurz vor Minas Tirith. Wir haben nur wenig Proviant, den wir teilen müssen", stellet Sam jetzt wieder gefasst fest.
Merry und Pippin nickten.
Die Hobbits rasteten noch eine Weile auf der Wiese. Dann packten sie alles wieder zusammen, um ihren Weg fortzusetzen. Sie wollten gerade losgehen, als Sam glaubte, Hufgetrappel zu hören. Verdutzt drehte er sich um und erspähte Flocke in der Ferne. Sie kam geradewegs auf die Hobbits zugelaufen.
"Flocke", sagte Sam fassungslos und ging ein paar Schritte auf sie zu.
Es dauerte nicht lange, da stand das Tier vor ihnen und begrüßte sie freudig.
"Sie muss weggelaufen sein und so dem Warg entkommen sein", vermutete Merry.
"Egal, sie wird uns jedenfalls auf unserem weiteren Weg helfen", sagte Sam freudig und begann sein Gepäck auf Flockes Rücken zu laden.
Nachdem Flocke versorgt und beladen war, marschierten die Hobbits weiter. Bald würden sie Rohan erreichen und dann war es nicht mehr weit, bis sie ihr Ziel erreichen würden...

Gandalf brauchte fast zwei Tage, um sich von den Strapazen zu erholen. Er hatte die Gelegenheit sich auf dem Rücken von Schattenfell auszuruhen, das war entscheidender Vorteil, denn so konnte er ruhen, wurde aber dennoch von seinem treuen Reittier seinem Ziel näher entgegen getragen.
Gandalf legte nur die nötigsten Pausen ein, er ritt so lange, bis die Dunkelheit ihn dazu zwang zu rasten, und wenn der erste Sonnenstrahl vom Himmel fiel, war der Zauberer auch schon wieder auf dem Weg. Die Tage vergingen und der Reiter und sein Pferd erreichten schließlich die Alte Waldstraße. Sie führte direkt über eine ältere, mit Grünspan bedeckte Brücke aus Holz. Sie führte direkt zum anderen Ufer des Anduin, von dort aus der Zauberer zum Fennfeld reiten wollte.
Zögernd stand Gandalf vor der Brücke und betrachtete sie sich. Er hoffte inständig, dass sie das Gewicht von ihm und Schattenfell tragen würde.
Unter ihr brauste das Wasser mit enormer Geschwindigkeit hindurch und riss alles mit sich, was nicht einen festen Halt hatte. Gandalf erkannte Fische in der reißenden Strömung, die mit dem Strom schwammen und Fluss abwärts getrieben wurden. Gandalf umschloss seinen Zauberstab fester und trieb Schattenfell an, vorwärts zu gehen. Das Tier setzte eine Hufe auf die ersten Bretter, die bedrohlich unter dem Gewicht knackten. Wasser wurde immer wieder über die Brücke, auf der teilweise Algen wucherten, geschwemmt und ließ sie, gefährlich rutschig werden. Schattenfell ging jedoch ganz ruhig weiter und testete vorsichtig jeden Schritt auf seine Sicherheit.

Plötzlich rutschte das Tier mit einem der Vorderläufe weg und Gandalf wurde schmerzlich gegen das Geländer der Brücke gedrückt. Er hielt sich mühevoll daran fest, umklammerte gleichzeitig seinen Zauberstab und versuchte wieder Halt auf dem Pferderücken zu finden. Schattenfell schaffte es nicht der rutschigen Stelle zu entkommen und rutschte mit den Hinterläufen ebenfalls weg. Das Tier stürzte auf der Brücke nieder und schnaubte ängstlich. Gandalf bekam im letzten Moment das Geländer gänzlich zu packen und fing seinen Sturz in die Fluten ab. Er fluchte wütend vor sich hin und rieb sich seinen schmerzenden Oberschenkel. Schattenfell schaffte es schließlich sich wieder aufzurichten und blieb unbeholfen stehen, wo es war. Gandalf dankte den Valar, dass sein Pferd so etwas Besonderes war, jedes andere Pferd wäre der Panik verfallen und hätte die Situation nur noch verschlimmert. Langsam setzten sie ihren Gang fort. Gandalf ging voran und horchte aufmerksam dem Knacken der Bretter unter sich.
Dabei murmelte er Schattenfell stets beruhigende Worte zu. Das Tier folgte seinem Herrn ganz ruhig und schließlich gelangten sie sicher zum anderen Ende der Brücke. Gandalf drehte sich um und atmete einmal tief durch. Schattenfell und er hatten es geschafft. Der Anduin stellte nun keine Bedrohung mehr dar und sie brauchten nun nur noch Legolas und Gimli entgegenreiten. Schattenfell wieherte freudig und Gandalf schwang sich wieder auf seinen Rücken. Sie setzten ihren Weg fort und kamen gut voran. Sie ritten das östliche Ufer des großen Stroms entlang, immer weiter nach Süden. Der Weg führte sie am Düsterwald entlang, durch die braunen Lande, durch die Emyn Muil hindurch, bis hinein in die Totensümpfe...

Gandalf senkte seinen Blick und erkannte die ersten Nebelschwaden, die sich wie Hände um Schattenfells Hufe schlossen. Der Boden war weich und wurde immer sumpfiger, je weiter sie vordrangen. Gandalf war schon ein paar mal zuvor hier gewesen. Manchmal hatte er die Totensümpfe nur kurz betreten auf seinen Reisen, doch zwei mal war er auch schon gezwungen gewesen hindurchzureiten. Der Zauberer gestand sich ein, dass es ihn schauderte hier durchzureiten, und hätte er gekonnt, er hätte einen Umweg genommen.

Der Nebel wurde immer dichter und zog geheimnisvoll, wie Rauchschwaden, über den Boden. Hier und da konnte Gandalf bereits den tiefen Sumpf erkennen. Teiche waren überall, auf denen sich ebenfalls der Nebel legte. Gandalf wusste nicht, ob er sich das nur einbildete, oder ob es der Wirklichkeit entsprach, aber er hatte stets das Gefühl, als könne er Blut riechen. Blut, das geflossen war als die Menschen und Elben auf der Dagorlad ihren Tod fanden. Die Menschen und Elben, deren Körper jetzt in den Teichen zu sehen war. Überhaupt war die Luft erfüllt von einem Geruch des Todes. Über dem ganzen Gebiet schien der Tot zu liegen, alles war grau, verlassen und kalt. Nicht mal die Sonne schaffte es durch den Nebel zu dringen, der nun auch über Gandalf und Schattenfell lag.
Nur die Feuer, die scheinbar Wege zeigten, waren das einzig Lebendige in den Totensümpfen. Feuer, die diejenigen, die die Totensümpfe durchquerten erst in die Irre und schließlich in ihr eigenes Grab leiteten.

Gandalf ritt auf die Teiche zu und bemühte sich seinen Blick nicht in das Wasser fallen zu lassen. Bleiche Gestalten lagen zu Hunderten in den Teichen und schienen hinaufzublicken. Sie schienen nach Gesellschaft in ihrem Totenreich zu gieren.
Glasige, milchige Augen verfolgten jeden Schritt von Gandalf. Und weiße, tote Hände schienen ihn in ihr Reich winken zu wollen.
Der Zauberer fröstelte, doch nicht vor Kälte. Schauer jagten ihm über den Rücken und er versuchte ruhig zu bleiben und den richtigen Weg zu finden.

Gandalf hatte den Eindruck als würden in weiter Ferne Schreie an sein Ohr dringen. Schreie von der Schlacht, die einst auf der Dagorlad geschlagen wurde und in der so viele den Tod fanden. Man hatte sie hier begraben und der Sumpf hatte ihre Gräber verschlungen und die Toten zu sich geholt.
Gandalf blickte auf Schattenfell. Das Pferd machte einen völlig ruhigen Eindruck. Gandalf ritt an einem Teich vorbei und es war ihm nicht möglich seinen Blick davon abzuwenden. Wie in Trance blieb er stehen und sah in seiner Mitte einen einst stolzen Elbenkrieger, der nahezu im Wasser schwebte. Sein blasser Mund wurde von einem Lächeln umspielt, ein Lächeln, das Gandalf fast das Blut in den Adern gefrieren ließ. Fast schien es, als würde er den Zauberer belächeln, weil er mehr wusste, als Gandalf. Der Zauberer schluckte schwer und hatte mit einem Mal das Gefühl, als würde der Tote sich darüber freuen, bald nicht mehr alleine in dem Teich zu ruhen.
Plötzlich begann etwas neben dem Elben zu schillern und mit Schrecken sah Gandalf, wie etwas neben dem Krieger aufzutauchen schien. Es wurde immer größer und trieb an die Oberfläche. Langsam erkannte Gandalf, dass es eine weitere Leiche war. Der Zauberer wollte wegreiten, doch er war wie versteinert. Eine Kälte ließ ihn fast einfrieren und auch Schattenfell regte sich nicht mehr unter ihm. Wie gebannt starrten Pferd und Reiter in den Teich und sahen die Leiche, die auftauchte, immer deutlicher. Plötzlich wurde sich Gandalf dessen bewusst, dass es nicht nur eine Leiche war, sondern auch ein totes Pferd mit hinauftrieb. Sie trieben mit dem Rücken voran und nachdem sie die Oberfläche erreicht hatten, drehten sie sich wie von Geisterhand um. Gandalf spürte, wie sein Herz einmal aussetzte, als er in das Gesicht des Toten blicken konnte. Es war sein eigenes! Und unter ihm trieb Schattenfell, weiß und das Maul weit geöffnet, als hätte es an seinem Lebensende gewiehert. Die Leiche im Teich drehte sich ganz auf den Rücken und Gandalf erkannte nun zu deutlich, dass der Tote er selber war. Er hatte sogar seinen Zauberstab fest umschlungen und seine Augen waren weit und angsterfüllt. Dann plötzlich schien der Elbenkrieger sich zu bewegen. Sein Lächeln wurde breiter, so breit, dass schließlich seine Zähne zu sehen waren. Er öffnete seine glasigen Augen und schien einmal durch Gandalf hindurchzublicken. Er steckte seine knöcherne Hand zur Oberfläche und ballte sie zur Faust. Nur noch den Zeigefinger ließ er draußen und dann begann er ganz langsam mit dem Zeigefinger zu winken. Er forderte Gandalf auf zu ihm zu kommen, doch wie in Trance schüttelte der Zauberer den Kopf.
Der Elbenkrieger riss zornig seinen Mund auf und plötzlich schillerte es an mehreren Stellen in dem See. Überall stiegen Leichen auf und Gandalf versuchte sich verzweifelt von der Stelle zu bewegen, doch die Kälte hielt ihn fest. Ein Stöhnen und Ächzen drang an sein Ohr, wie die letzten Geräusche, die ein Sterbender macht.
Die Toten trieben ebenfalls mit dem Rücken zur Oberfläche und drehten sich dann langsam um. Gandalf versuchte die Augen zu schließen, er fürchtete sich so sehr vor dem Anblick, doch er konnte es nicht. Sieben Leichen trieben auf und drehten sich ganz langsam um. Ein Schrei der Angst entfuhr dem Zauberer, als er ihre Gesichter erblickte. Zuerst drangen Aragorns tote Augen durch ihn hindurch, neben ihm trieben die vier Hobbits und hinter ihnen Legolas und Gimli.
Sie sahen aus, als wären sie schon längere Zeit im Wasser, denn ihre Haut war genauso fahl, wie die der anderen Leichen. Der Tod musste sie schon eine Weile zuvor geholt haben, denn sie hatten alle kaum mehr Haut auf ihren Knochen. Fast waren sie Skelette, doch Gandalf erkannte, wer sie einst gewesen waren ohne Zweifel. Alle blickten Gandalf mit ihren toten Augen an und schienen ihre Hände, wie um Hilfe flehend, nach ihm zu strecken.
Der Elbenkrieger hatte wieder dieses kalte Grinsen auf seinen Lippen und winkte dem Zauberer wieder zu. Ganz langsam, um ihn zu holen. Er lockte ihn hinunter in den Teich und er wusste, diesmal würde der Zauberer zu ihm kommen!
Gandalf spürte sein Herz bis zum Hals schlagen und konnte sich nicht gegen die Macht wehren, die nun Besitz von ihm ergriff. Als würden ihn Arme packen und vom Pferd hinunterziehen, neigte er sich in die Richtung des Wasser, bereit hineinzutauchen. Die Hobbits, Aragorn, Gimli, Legolas und sogar Gandalfs eigene Leiche nickten und zeigten dem Zauberer, dass er das richtige tat. Obwohl Gandalf es nicht wollte, spürte er, wie er langsam vom Pferd gezogen wurde. Er rutschte immer weiter hinunter, bis nicht mehr viel gefehlt hätte und er wäre in den See gestürzt.
Dann urplötzlich durchschnitt Schattenfells Wiehern diese erdrückende Ruhe und das Pferd rannte vorwärts, noch ehe Gandalf den Toten in den Teich folgen konnte. Sofort löste sich Gandalfs Starre, in der er sich befunden hatte und mit zitternden Händen griff er in Schattenfells Mähne und richtete sich wieder auf seinem Reittier auf. Die Schreie der Toten entfernten sich immer mehr und ihr Stöhnen wurde leiser.
Gandalfs Gedanken waren wie vernebelt und die Angst schnürte ihm die Kehle zu und brachte sein Herz fast dazu stehen zu bleiben.
Was er in dem Teich gesehen hatte, würde er nie vergessen, dessen war er sich bewusst. Die verwesten Leichen seiner Gefährten und sich selbst zu sehen, war so grausam, dass sich dieses Bild tief in seine Seele hineinbrannte.
Gandalf hatte zum ersten Mal panische Angst. Was, wenn das gerade die Wahrheit gewesen war? Vielleicht waren die anderen alle schon tot. Vielleicht war etwas geschehen, dass sie nicht vorhergesehen hatten. Doch Gandalf erinnerte sich an seine eigene Leiche im See. Er selbst war noch nicht tot, er wäre es gewesen, wenn Schattenfell nicht davongelaufen wäre, aber er lebte noch. Das Tier hatte ihm wieder das Leben gerettet. Die Toten im Teich waren nur ein Trugbild, versuchte sich der Zauberer einzureden.

Gandalf schloss die Augen und ließ Schattenfell den Weg finden. Er wollte die Toten nicht mehr sehen, er hatte Angst in die Teiche zu blicken.
Stunden vergingen und Schattenfell trabte immer weiter.
Der Boden wurde wieder fester und der Nebel lichtete sich allmählich.
Der Geruch des Todes verschwand und die Hand der Angst ließ Gandalfs Herz wieder los. Die Sonne schaffte es wieder, durch den Nebel zu dringen und brachte Licht und Wärme in Gandalfs vor Angst erkaltete Seele.
Schattenfell hatte ihn aus den Sümpfen hinausgeführt, das Tier hatte sich gewiss noch an den Weg erinnert.
Gandalf wusste, dass er wieder gescheitert wäre, wenn ihm sein Pferd nicht so gute Dienste geleistet hätte.
Dem Zauberer war kalt und er genoss die ruhige Gegend, in der er nun gelangte. Sie war so beruhigend und friedlich. Nicht mehr weit, und er würde am Fennfeld sein.
Er hoffte so sehr, dass er rechtzeitig kommen würde...

Die Hobbits waren nach dem

Angriff durch den Warg recht gut voran gekommen. Sie hatten längst die Pforte von Rohan passiert, waren am Weißen Gebirge entlang gelaufen und waren nun etwa eine Tagesreise von Minas Tirith entfernt, in der Nähe des Mindolluin.
Merry und Pippin würden ihr Ziel bald erreicht haben und Frodo und Sam würden noch gut einen Tag brauchen, bis sie auf Lhunroth und seine Männer treffen würden.
Der Abend brach herein und die Hobbits beschlossen ihr Nachtlager aufzuschlagen. Die Gegend hier war mit hohen Gras bewachsen und alte, morsche Baumstämme lagen hier und da. Pippin stellte fest, dass sich in und unter ihnen allerlei Getier tummelte und rümpfte die Nase, als ein großer Tausendfüßler vor ihm ins innere eines morschen Baumstammes flüchtete.
"Eine angenehme Umgebung, und so nette Gesellschaft", bemerkte er gespielt freudig und beobachtete, wie das Hinterteil des Tausendfüßlers verschwand.
Frodo schmunzelte über diese Bemerkung und gähnte einmal herzhaft. "Aber das Gras ist hier schön hoch, wenn wir uns hier hinlegen, sieht uns niemand mehr."
"Ich glaube hier würde eh keiner herkommen, bei diesem ganzen Viehzeug...", murrte Pippin und breitete seine Decke aus.
"Nörgele doch nicht, morgen kannst du schon in einem weichen Bett mit weichen Kissen in Minas Tirith liegen, während wir noch mindestens zwei Tage im Gras schlafen dürfen", bemerkte Sam genervt.
Pippin würdigte Sam eines beleidigten Blickes und setzte sich dann ins hohe Gras. Es war so hoch, dass nur noch ein paar seiner Locken über die Spitzen der Grashalme ragten.
"Toll", knurrte er stand daraufhin auf, um das Gras etwas platt zu treten, doch es war so widerspenstig, dass es ihm nicht gelang.
Ein Feuer konnten die Hobbits bei dem trockenen Gras nicht riskieren, aber es war ohnehin recht warm an diesem Abend und der Vollmond, der sich nun langsam seinen Platz am Himmel suchte, würde ihnen etwas Licht spenden.
"Kannst du mir bitte mal helfen", fragte Frodo und reichte Sam seinen Rucksack, damit dieser den Verschluss öffnete. Seine Hand bereitete ihm immer noch ab und zu Schwierigkeiten, obwohl sie gut verheilt war. Er trug lediglich noch einen Verband darum und konnte sie auch schon wieder benutzen, nur bei so kleineren Arbeiten hatte er manchmal Probleme. Bei sehr geschickten Arbeiten gehorchte sie ihm manchmal nicht richtig, oder schmerzte leicht. Sam hatte den Rucksack innerhalb von wenigen Sekunden geöffnet und reichte ihn Frodo. Dieser lächelte und packte die verbleibenden Reste von dem Proviant aus.
Nach einem kargen Abendmahl kehrte Ruhe bei den Hobbits und Flocke ein. Die Hobbits wurden von dem hohen Gras regelrecht verschluckt und beobachteten über sich, wie der warme Wind mit den Grashalmen spielte; wie er sie niederdrückte und sie sich wieder aufrichteten. Flocke lag etwas weiter abseits und schnaubte müde vor sich hin.
Mit dem Geräusch des rauschenden Windes in den Ohren schliefen die Hobbits schließlich, einer nach dem anderen, friedlich ein. Kleine Wölkchen zogen am Vollmond vorbei und störten den hellen Schein für kurze Zeit.
Eine schleichende Bewegung über dem Boden wurde von niemandem Bemerkt. Geschmeidig und mit flüssigen Bewegungen wand sich das Geschöpf aus seinem Versteck hinaus und kroch über den Boden. Eine gespaltene Zunge nahm den fremden Geruch der Halblinge war, doch der interessierte die Kreatur eigentlich gar nicht. Vielmehr folgte sie dem süßen Geruch ihrer Beute, die sie in nicht allzu weiter Entfernung geortet hatte. Der schuppige Leib wand sich über den Boden und begann über einen an der Erde liegenden Halbling hinweg zu gleiten.

Sam wollte sich gerade auf die Seite drehen, als er eine sonderbare Berührung an seinem Arm wahrnahm. Er war so verschlafen, dass er sie zuerst ignorieren wollte, doch dann spürte er, wie etwas ziemlich langes über ihn hinweg zu kriechen schien. Aus einem Instinkt heraus blieb er ganz ruhig liegen und öffnete vorsichtig die Augen. Ein kleiner Kopf mit Augen, in deren Mitte schlitzförmige Puppillen kalte Blicke aussandten, ließ Angstschweiß auf seiner Haut erscheinen. Sein Atem ging hastig und er versuchte das Bedürfnis schnell aufzustehen und das Tier blitzartig von sich zu schütteln, krampfhaft zu verdängen. Der graue, seidigglänzende, schuppige Körper hielt plötzlich in seiner Bewegung inne und blieb still auf Sams Oberkörper ruhen. Der kleine Kopf mit den fast blinden Augen erhob sich und blieb elegant vor Sams Augen wie versteinert stehen. Sam spürte, wie die Panik immer weiter wuchs. Er wusste, würde er sich jetzt bewegen oder ein Geräusch machen, würde das Geschöpf zustoßen. Er biss sich auf die Lippen um kein Geräusch aus seinem Mund zu lassen, doch ein klägliches Wimmern entfleuchte ihm dennoch. Der Schweiß rann fortwährend über seine Stirn und in seine Augen hinein, wo er brannte, und sein Atem war so laut, dass Sam hoffte niemand von den anderen würde dadurch wach werden und etwas undurchdachtes tun. Sein Unterkiefer begann zu zittern beim Anblick der Schlange auf seinem Körper. Sie fuhr gierig ihre gespaltene Zunge aus witterte diesen Geruch der Angst die von dem Halbling unter ihr ausging.
Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bevor ihr grauer Körper sich wieder in Bewegung setzte, an Sams Kopf vorbeiglitt und im hohen Gras verschwand. Sams Muskeln schmerzten alle, als er seine Verkrampfung löste. Er musste erst wieder zu Besinnung kommen und blieb einige Momente zitternd und mit schnell klopfendem Herzen im Gras liegen.
Die Schlange setzte ihren Weg fort, über einen weiteren Halbling hinüber. Mit eleganten Bewegungen glitt sie über Frodos Verband hinweg und über seine Beine. Frodo seufzte einmal im Schlaf und legte seine Hand an eine andere Stelle. Die Schlange fuhr erschreckt hoch und richtete sich bedrohlich auf. Ihre Zunge schnellte immer wieder vor und zurück und untersuchte, ob die Bewegung, die sie gerade wahrgenommen hatte, eine Gefahr darstellte. Nichts geschah und so glitt das Geschöpf mit erhöhter Aufmerksamkeit weiter.
Die Schlange versuchte den Geruch ihres Opfers wiederzufinden, den sie durch die vielen verschiedenen Düfte kurzzeitig wieder verloren hatte. Sie ortete ihre Beute neu und änderte ihre Richtung, wobei Pippin dabei in ihrem Weg lag. Pippin lag auf der Seite und sein rechter Arm ruhte auf seinem Körper. Die Schlange kroch über den Hobbit hinweg und gelangte schließlich wieder auf den Boden, doch plötzlich rutschte Pippins Arm hinunter und landete genau auf dem Körper der Kreatur. Blitzschnell und ohne Vorwarnung stieß die Schlange zu und vergrub ihre Giftzähne in Pippins Hand.
Der Hobbit war binnen Sekunden hellwach und schrie laut vor Schmerz und Angst, als er die Schlange erblickte.
Selbst völlig erschreckt, glitt die Schlange schnell davon und suchte Schutz unter einem Stein.
Sam riss die Augen auf, als er Pippins Schreie hörte, Frodo fuhr angsterfüllt hoch und Merry wusste im ersten Moment überhaupt nicht was los war. Er stürzte zu Pippin, der wild um sich schlug und immer noch völlig panisch schrie.
"Was ist denn los", wollte Merry wissen und versuchte Pippin den Arm festzuhalten, mit dem er immer wieder um sich schlug.
"Mich hat eine Schlange gebissen, tu doch was", brüllte er Merry an und der sah ihn nur entgeistert an.
"Bist du dir sicher, dass du nicht nur geträumt hast", fragte er Pippin, doch die heftige Reaktion seines Freundes ließ ihn bereits wissen, dass dem nicht so war.
Pippin kauerte sich zusammen, und heftige stechende Schmerzen in seiner Hand ließen ihn immer wieder aufschreien.
Sam und Frodo kamen zu den Beiden dazu und sahen hilflos zu ihnen hinunter.
"Was ist denn", fragte Frodo vorsichtig und bekam es mit der Angst zu tun, als er Pippin sah.
"Er sagt, er sei von einer Schlange gebissen worden", gab Merry verzweifelt zurück.
"Tut doch irgendwas, ich will nicht sterben", schrie Pippin und sah völlig aufgelöst zu Sam und Frodo.
Keiner wusste sich einen Rat. Frodo und Sam sahen sich an und schienen äußerst verzweifelt und Merry versuchte Pippin, der seine Hand fest umschlungen hielt und abwechselnd schrie und weinte, irgendwie zu beruhigen.
"Verdammt, was kann man tun", murmelte Frodo und sah Sam an, als wüsste er die Lösung.
Sams Reaktion auf Frodos Frage ließ Frodo wütend auf Sam werden, obwohl er es gar nicht wollte.
Sam drahte sich einfach um und begann verbissen zu lächeln. "Wahrscheinlich brauchen wir uns nicht mal die Mühe machen und irgendetwas tun", hauchte er. "Wir könnten eigentlich gleich nach Süd-Gondor zu Nevturiel gehen!"

Frodo glaubte nicht richtig gehört zu haben. Er verstand Sam zwar, aber ohne es zu wollen keimte eine Welle der Wut in ihm hoch. Er packte ihn hart am Arm und riss ihn herum. "Verflucht Sam, so was kannst du nur sagen, weil du nicht in Pippins Lage bist! Du bist zwar derjenige, der hier ständig alles rückgängig macht, aber du warst dem Tode noch nie so nah, geschweige denn hat er dich je geholt! Und wer sagt dir, dass Nevturiel uns diesmal wieder hilft? Wer sagt dir, dass sie es überhaupt kann? Du verlässt dich da auf etwas, was nicht gewiss ist, du bist leichtsinnig, Sam!"
"Ich bin leichtsinnig? Was denkst du denn, was jetzt geschehen wird, Frodo? Wir sind einen Tag entfernt von Minas Tirith, keiner von uns kennt sich mit Schlangenbissen aus! Vielleicht siehst du ja die Realität gar nicht!"
"Nein Sam, vielleicht gibst du viel zu schnell auf! Natürlich sehe ich die Realität, aber ich werde ihn jetzt nicht da liegen lassen und warten bis das eintritt, was du glaubst!"
"Könntet ihr vielleicht aufhören, ihr macht mir Angst", schluchzte Pippin und wurde von Merry in die Arme genommen.
Erst jetzt wurde Sam und Frodo klar, dass sie gerade vor Pippin diskutiert hatten. Sie hatten zwar nichts direkt ausgesprochen, doch Pippin wusste mit Sicherheit, worum es ging...
Sam und Frodo überkam sofort das schlechte Gewissen.
Merry funkelte die beiden zornig an und schien völlig außer sich. "Was zum Balrog wisst ihr, was wir nicht wissen", fauchte er.
Sam sah schuld bewusst drein und schämte sich fast in den Erdboden. Was hatte er nur getan? Er hatte wieder nicht richtig aufgepasst. Die Schlange war zu erst über ihn hinweggekrochen und hätte ihn diese verdammte Angst danach nicht so gelähmt und hätte er die anderen gewarnt, dann wäre vielleicht alles anders gekommen...
Jetzt stand er hier, wollte beinahe zulassen, dass das Schicksal ihn einfach so besiegte und hätte fast einen seiner Freunde aufgegeben. Warum nur hatte die Schlange nicht bei ihm zugestoßen? Sam glaubte, es verdient zu haben. Der Hobbit konnte gar nichts richtig sagen, am liebsten wäre er einfach nur fortgelaufen. Er wollte, dass das alles nur ein schlimmer Traum ist, er wollte die letzten Worte nie gesagt haben, er fühlte sich so unendlich schuldig.
Merry fragte nicht weiter, stattdessen sah er Frodo dankbar an, der sich zu Pippin auf den Boden kniete und wenigstens versuchte irgendetwas zu tun.
Sie brachten Pippin dazu ihnen seine Hand zu zeigen, obwohl er sich anfangs weigerte. Wie zwei kleine Nadelstiche sah die Bisswunde aus. Um die kleinen Löcher hatte sich die Haut rot verfärbt und die Hand war angeschwollen. Pippin klagte über stechende Schmerzen, die seine ganze Hand beherrschten und die er nicht aushalten könne.
Merry versuchte verzweifelt zu überlegen, was sie tun könnten.
"Vielleicht hilft es ja, wenn wir versuchen das Gift erst mal aufzuhalten", sagte Sam plötzlich und kniete sich ebenfalls neben Pippin.
Frodo war erleichtert, dass Sam wieder zur Vernunft kam und Pippin bekam neue Hoffnung vielleicht doch nicht sterben zu müssen.
"Aber wie", fragte Frodo und strich sich unwirsch durch die Haare.
"Ich habe mal ein bisschen was über Gift gehört. Pippin, du solltest dich nicht so viel bewegen, dadurch kann es schneller in deinen Körper gelangen", riet er und Pippin versuchte daraufhin möglichst still zu liegen, was ihm aber recht schwer fiel.
Sam sah sich suchend um und bat Merry schließlich ihm sein Halstuch zu geben, was dieser ohne weiteres tat.
Sam schob Pippins Hemdärmel zurück und band das Halstuch um dessen Oberarm. Er zog es ganz fest, so dass das Gift sich nicht sofort weiter ausbreiten konnte. Pippin wimmerte kläglich vor sich hin, er vermochte es nicht durch die Schmerzen still zu liegen und Tränen rannen seine blassen Wangen herunter. Er zitterte vor Angst und zuckte oft schmerzerfüllt zusammen.
Merry hielt ihn tröstend in den Armen und Frodo ging und holte eine Wasserflasche.
Der Mond verfinsterte sich plötzlich durch eine Wolke und für ein paar Augenblicke konnte keiner der Hobbits mehr etwas sehen. Sie warteten stillschweigend bis sich die Wolke wieder verzogen hatte und das Licht des Mondes wieder hell schien. Es war ganz ruhig, nichts war zu hören außer Pippins herzzerreißenden Schluchzern.
"Du musst doch keine Angst haben, wir sind doch alle da", versuchte Frodo ihn zu beruhigen. Der Hobbit sah ihn traurig an und sagte dann kläglich: "Frodo, es tut so weh... Ich möchte noch nicht sterben, ich habe solche Angst davor..."
"Aber Pippin, du wirst doch nicht sterben! Wir bringen dich nach Minas Tirith und da werden dir die Heiler gewiss helfen können."
"Aber das ist noch ein ganzer Tag bis dorthin, das schaffe ich vielleicht gar nicht!"
"Doch, du wirst das schaffen! Vielleicht ist das Gift der Schlange gar nicht so gefährlich."
"Und wenn doch", fragte Pippin ängstlich und stöhnte einmal laut, als durch seine Hand ein neuer heftiger Stich fuhr.
"Nein, gewiss nicht, sonst müsste es schon viel schlimmer sein, wenn das Gift wirklich so gefährlich wäre", antwortete Frodo und tränkte ein Stück Stoff mit dem Kühlen Wasser.
"Ich kann meine Finger nicht mehr bewegen, sie sind wie gelähmt", gab Pippin zurück und wurde von Frodo daraufhin eingehend gemustert.
Merry strich ihm beruhigend über die Locken und Frodo wickelte das nasse Stück Stoff um Pippins Hand, in der Hoffnung, dass das kühle Wasser den Schmerz etwas betäuben würde.
"Das ist gut", stellte Sam fest. "Vielleicht hindert das Wasser das Gift auch daran sich weiter auszubreiten. Es ist kalt und vielleicht verlangsamt die Kälte das Gift ja irgendwie."
Frodo nickte und gab Pippin etwas zu trinken. Frodo musste sich eingestehen, dass Pippin ihm gar nicht gefiel. Der Hobbit war zwar ruhig geworden, doch er wirkte so abwesend und müde.
"Wir sollten ganz schnell los", bemerkte Sam und eilte zu Flocke um sie zu holen. Jede Bewegung sollte Pippin möglichst vermeiden und laufen war mit Sicherheit gar nicht gut, selbst wenn er könnte.
Merry und Frodo halfen Pippin auf das Pony aufzusteigen und Sam packte in Windeseile alle Sachen zusammen. Schnellen Schrittes liefen sie los, obwohl es noch Nacht war, doch der Mond erleuchtete ihnen den Weg und sie mussten so schnell wie möglich nach Minas Tirith gelangen...

Der Morgen graute und Sam ging schweigend voran. Er starrte auf den Boden und hatte ein ungutes Gefühl. Er wusste nicht genau, was er eigentlich fühlte. Er war zornig, dass einer seiner Freunde schon wieder mit dem Tod ringen musste, weil er selbst versagte. Er wusste, dass es wieder der Feind gewesen war, der schon wieder zum nächsten Schlag ausgeholt hatte, doch wagte Sam es nicht das laut auszusprechen. Und doch drang langsam in seinem Kopf die Erkenntnis vor, dass er versagen würde. Es würde keinen Sinn haben und ohne es zu merken sprach er es leise und für sich aus. Frodo war neben ihn gekommen und hörte seine Worte.
"Hast du je daran gedacht, dass sie genau das vorhaben könnten?"
"Was meinst du", fragte Sam verwirrt.
"Dich so weit treiben, dass du aufgibst, damit sie gewinnen."
"Das kann keiner von uns wissen, wir wissen nicht, was der Feind vorhat, ich kann ihn nicht durchschauen."
"Willst du aufgeben, Sam", fragte Frodo trocken und sah ihn eindringlich an.
"Nein, das brächte ich nicht übers Herz, um Pippins Willen nicht und um euer Willen nicht. Es tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe."
"So kenn ich dich! Ich glaube sie wollen, dass du aufgibst, Sam. So wollen sie gewinnen."
"Dann werden wir sie nicht lassen, oder", fragte Sam und lächelte schwach.
"Nein Sam, lassen wir nicht", antwortete Frodo ebenfalls lächelnd und klopfte Sam auf die Schulter. "Willst du Merry vielleicht einweihen? Ich meine, willst du ihm vielleicht die Wahrheit erzählen? Es besser, glaube ich, er hat unser Gespräch gehört..."
Sam nickte und Frodo ging zurück zu ihm, Pippin und Flocke und schickte Merry nach vorne zu Sam.
Er selbst nahm nun Flocke an die Zügel, blieb etwas im Hintergrund und beobachtete, wie Sam begann, Merry alles zu erzählen.
Frodo lief neben Flocke her und wusste nicht genau, was er tun sollte. Pippin schluchzte häufig und er hätte ihm so gerne irgendwie geholfen. "Frodo, mir ist so schlecht", presste Pippin hervor und sank völlig in sich zusammen.
"Das wird bald wieder besser, glaub mir."
"Mir tut alles weh und mir ist kalt", jammerte er.
Frodo brachte die anderen dazu anzuhalten und legte seinen Umhang um Pippin, der nur schwach lächelte als Dank. Frodo löste auch den Verband um Pippins Hand um ihn neu mit Wasser zu tränken. Der Hobbit stellte fest, dass die Haut um die Bisswunde herum sich seltsam verfärbte und die Sorge um seinen Freund wurde schlagartig größer. Was wenn Sam doch recht hatte? Vielleicht hatte der Gegner schon längst gesiegt, ohne dass sie es wussten...
Ohne ein Wort legte Frodo den Verband neu an und erhöhte noch mal sein Tempo, als er mit Flocke wieder loslief. Sie mussten schneller werden, wenn sie überhaupt noch etwas erreichen wollten.

Nach Stunden kamen sie endlich in die Nähe von Minas Tirith. Merry war nun über alles informiert. Er konnte das alles kaum glauben, doch die Träume, die er hatte und Sams eindringliche Erzählungen hatten ihm gezeigt, dass es wahr war.
Pippin ging es immer schlechter. Er war nicht mehr in der Lage aufrecht auf dem Pony zu sitzen und verlor von Zeit zu Zeit das Bewusstsein. Er jammerte oft vor Schmerzen und klagte über Übelkeit.
Die Hobbits hatten beschlossen, dass Sam und Frodo wie schon geplant zu Lhunroth gehen würden. Merry würde Pippin in die Häuser der Heilung bringen und dann Aragorn warnen.
So kam es, dass Sam Flocke entbehrte und die Hobbits sich am Eingang von Minas Tirith trennten.
Sam und Frodo hatten ein sehr schlechtes Gefühl, als sie Merry und Pippin verließen. Sie hofften so sehr, dass alles gut werden würde.
Frodo und Sam sahen Merry noch kurz nach, wie er den ersten Ring der Stadt betrat und dann schon hinter den ersten Häusern verschwand.
Dann machten auch sie sich auf den Weg, um zu Lhunroth zu gelangen.

Legolas blickte genervt drein. Wieso konnte der Zwerg sich nicht einmal aufraffen und friedlich mitkommen? Immer diese Diskussionen...
Der Elb saß schon auf seinem Pferd, bereit loszureiten, während Gimli sich gerade wieder ins Gras legte und darauf bestand ein Verdauungsschläfchen zu halten, nachdem er etwas von den Lembas verzehrt hatte. Wenn es nach dem Zwerg gegangen wäre, dann hätte er, jetzt am Vormittag, viel lieber einen Braten und Malzbier gehabt, als das trockene Elbenbrot, doch Legolas weigerte sich entschieden, diese Art Wegzehrung für seinen Freund mitzunehmen.
Legolas stellte sich samt seinem Pferd vor den Zwerg und setzte ein drohendes Gesicht auf. "Wenn du jetzt nicht endlich kommst, nehme ich dir die Axt weg."
"So grausam bist du nicht", antwortete Gimli leicht erschreckt.
"Warts ab und jetzt schwing dich endlich hier hoch, es wird Zeit."
Murrend und die Hand ängstlich an seiner Axt tat Gimli das, was Legolas von ihm verlangte. Der Elb schüttelte belustigt den Kopf und trieb sein Pferd an, loszureiten.
Aus Rücksicht auf Gimli, der sich schon wieder über das lange Reiten beschwerte, legte Legolas am Nachmittag eine Pause ein. Er bestand jedoch darauf, danach noch bis zum Abend weiter zu reiten und zu seiner Überraschung kostete es nicht mehr viel Überredungskunst, um den Zwerg ebenfalls zu überzeugen, denn dieser fürchtete immer noch um seine Axt.
Am Abend ritten sie über einen Hügel und kamen dann auf eine Wiese, auf der hier und da Büsche, kleine Bäume und Findlinge zu finden waren und an deren Seite ein Wald lag. Legolas war beeindruckt von dem Anblick, denn die Gegend war wunderschön und jetzt, da alles in ein zartes Abendrot getaucht wurde, bezauberte sie den Elben noch mehr. Legolas und Gimli waren von ihrem Pferd abgestiegen und der Elb hatte es ein Stückchen abseits an einen Baum festgebunden.
Gimli schnarchte schon leise vor sich hin und es war bereits stockdunkel, als auch Legolas sich dafür entschied etwas zu schlafen. Er lauschte noch für einen Moment dem Zirpen der Grillen, bevor er in den Schlaf sank.
Mitten in der Nacht schreckte Legolas plötzlich hoch und lauschte aufmerksam in die Nacht hinein. Er hatte ein Geräusch gehört, und irgendetwas sagte ihm, dass Gimli und er nicht mehr alleine waren. Aufmerksam versuchte er in die Dunkelheit zu spähen, doch konnte er noch niemanden erkennen. Ein zarter Nebel begann sich auf dem Boden zu bilden und Legolas versuchte das Pferd in der Dunkelheit zu finden. Es stand immer noch da und schien ganz ruhig zu sein. Legolas erhob sich und lief in geduckter Haltung zu Gimli hinüber, der immer noch friedlich schlief. Auf einmal spürte er, dass jemand ganz in seiner Nähe war und voller Anspannung sah der Elb nach vorne und versuchte die dunkle Gestalt zu erkennen, die sich schemenhaft in einiger Entfernung vor ihm abzeichnete. Legolas schnellte blitzartig auf die Erde und griff nach seinem Bogen, der neben Gimli lag. In Windeseile hatte er ihn gespannt und zielte auf die Gestalt vor ihm.
"Legolas, nicht schießen", drang eine wohlbekannte Stimme an sein Ohr.
"Gandalf", fragte Legolas nach einigen Augenblicken völlig verdutzt und ohne den Bogen sinken zu lassen.
"Ja, ganz recht, ich bin es!"
Langsam senkte der Elb den Bogen und blickte den Zauberer an, der nun immer deutlicher für ihn zu erkennen war.
"Aber wie...", begann Legolas, doch Gandalf unterbrach ihn.
"Keine Zeit für Erklärungen. Es ist schon fast zu spät, wenn das Morgengrauen hereinbricht, wird etwas passieren, wenn ihr hier bleibt. Ich bitte dich, weck deinen verschlafenden Gefährten da unten und hol dein Pferd, wir müssen hier weg und zwar gleich!"
Legolas blickte zwar immer noch höchst erstaunt drein, tat dann aber, was Gandalf von ihm verlangte. Gimli war im ersten Moment mehr als verwundert, als er den Zauberer erblickte, begann dann aber sofort zu murren, dass nun schon zwei Leute ihn an seiner wohlverdienten Ruhe hindern würden.
Gandalf warf immer wieder eine paar vorsichtige Blicke in Richtung Hügel, weil er wusste, dass Lhunroth und seine Männer über ihn zu Legolas und Gimli kommen würden. Der Zauberer atmete erleichtert durch, als Legolas und Gimli mit ihrem Pferd neben ihm standen und sie alle aufbrachen um in Windeseile das Weite zu suchen...
Es dauerte etwa zwei Stunden, bevor das Morgengrauen hereinbrach. Legolas hatte arge Sorgen, dass sein Pferd in der Dunkelheit die Unebenheiten und Löcher im Boden nicht bemerken würde, doch sehr zu seiner Erleichterung, meisterte das Pferd den schnellen Ritt in der Dunkelheit recht gut.
Gimli hatte die ganze Zeit vor sich hingebrummt, doch plötzlich merkte Legolas, wie der Zwerg hinter ihm scheinbar einzuschlafen schien. Der Elb spürte den Kopf seines Freundes auf seinem Rücken und ein leises Schnarchen drang an sein Ohr. Verwundert blickte der Elb zu Gandalf. Gimli war zwar sehr verschlafen, das wusste Legolas selbst nur zu gut, aber dass der Zwerg jetzt sogar schon beim Reiten einschlief, verwunderte ihn doch etwas. Noch während Legolas sich darüber wunderte, hatte er plötzlich den Eindruck, als würde ein seltsamer süßlicher Duft in seine Nase steigen. Eine ungewöhnliche Müdigkeit überkam ihn plötzlich und sie war so stark, dass ihm sogar kurz die Augen zufielen.
"Alles in Ordnung", hörte er Gandalfs Stimme neben sich, die ihn aus seinen angehenden Schlaf riss. Der Elb fühlte sich so müde wie noch nie zuvor. Schlaf war normalerweise etwas gutes, wenn er ihn bekam, aber er hatte ihn nicht unbedingt nötig, doch jetzt brauchte er ihn, so dringend, wie noch nie.
"Sollen wir kurz eine Pause machen", fragte Gandalf und warf ein paar besorgte Blicke auf Legolas und Gimli. Er wusste, dass es eine Erinnerung an das Betäubungsmittel war, doch schien sie sich heftiger zu äußern, als der Zauberer es erwartet hätte. Noch ehe Legolas eine Antwort geben konnte stoppte der Zauberer langsam Schattenfell und stieg herunter. Legolas hielt sein Pferd ebenfalls an und weckte den Zwerg hinter sich. Gimli kroch mühevoll von dem Reittier herunter und rollte sich danach gleich wieder im Gras zusammen. Legolas lehnte sich an einen Baum und schloss die Augen. "Ich verstehe das nicht, so etwas passiert mir sonst nicht", murmelte er und Gandalf trat vor ihn und beobachtete seine angestrengten Versuche wach zu bleiben.
Der Zauberer wollte sein Wissen im Moment noch nicht preisgeben. Die Zeit war noch nicht gekommen. Eine ganze Weile war vergangen, als Gandalf plötzlich ein merkwürdiges Gefühl durchfuhr. Noch war seine Aufgabe nicht erfüllt, noch war hatte er Gimli und Legolas nicht nach Minas Tirith gebracht...
Lhunroth könnte ihnen gefolgt sein und diese Pause, die sie gerade machen mussten, könnte Lhunroth einen großen Vorteil verschaffen...
Daran hatte Gandalf bisher gar nicht gedacht, er war so froh gewesen nicht zu spät gekommen zu sein, doch war es damit schon geschafft, dass er die Beiden von dem Ort weggeholt hatte, an dem sie eigentlich überfallen worden wären? Vielleicht waren sie noch gar nicht in Sicherheit...
"Legolas, ich glaube, es ist keine gute Idee, wenn wir hier länger rasten...", sagte Gandalf und rüttelte den Elb an der Schulter.
Legolas sah ihn mit halbgeöffneten Augen an. "Es tut mir leid, du weißt Gandalf..."
"Ich weiß, du bist normalerweise der letzte, der eine Pause fordern würde. So gern ich dir diese hier gönnen würde, aber es ist gefährlich länger hier zu bleiben."
Legolas nickte, er war viel zu müde, um irgendwelche Fragen zu stellen. Schwerfällig rappelte er sich wieder hoch, während Gandalf den Zwerg wachrüttelte. Als Gandalf sich zu Legolas umdrehte, bemerkte er, wie der Elb am Baum lehnte und schon wieder im Begriff war die Augen zu schließen.
Gandalf hielt ihn am Arm fest. "Legolas, ich bitte dich, nimm dich doch zusammen, wir müssen weiter", sagte er eindringlich.
Im Halbschlaf schwang sich der Elb auf sein Pferd und ebenso tat es Gimli. In einem schnellen Trab setzten sie ihren Weg fort.
Es dauerte gar nicht lange, da verschwand bei Legolas die Müdigkeit genauso schnell, wie sie gekommen war. Der Elb konnte sich das nicht erklären, doch irgendwie war es ihm auch etwas unangenehm etwas darüber zu sagen, oder mit Gandalf darüber zu sprechen. So ritten sie stillschweigend nebeneinander her. Selbst Gimli war wieder erwacht und blickte verdutzt drein, als er sich darüber gewahr wurde, dass er hinter Legolas auf dem Pferd geschlafen haben musste.
Sie kamen jetzt schnell voran und nährten sich Minas Tirith immer mehr. Sie beschlossen auch die nächste Nacht hindurch zu reiten, dann würden sie spätestens am Vormittag in der Hauptstadt Gondors angekommen sein. Gandalf spürte, wie Legolas und Gimli das Bedürfnis entwickelten ihn nach dem Grund für sein plötzliches Kommen zu fragen, wieso er sie wieder nach Minas Tirith holte und was die Gefahr war, von der der Zauberer gesprochen hatte. Gandalf jedoch sagte noch nichts, er wusste, es würde nur noch mehr Fragen aufkommen lassen. Erst wollte er in Minas Tirith ankommen und dort auf die Hobbits warten, erst dann, wenn ihr Plan gelungen war, konnten sie den anderen die Wahrheit erzählen.

Frodo und Sam erreichten die Stelle, an der Gandalf Legolas und Gimli abgefangen hatte, am nächsten Tag zur Mittagszeit. Die Hobbits waren vor dem Hügel und wussten, dass Lhunroth sich in der Nähe befinden musste, denn sie konnten bereits Stimmen in einiger Entfernung hören. Sam musste sich eingestehen, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief, als er daran dachte, wenn Lhunroth vor ihm stehen würde. Er hatte ja gesehen zu was der Mann in der Lage gewesen war. Frodo erging es nicht anders, doch beide wussten, dass sie nicht umhin kamen, zu dem Mann zu gehen, der ihre Freunde töten würde.

Lhunroth und seine Männer diskutierten wild über ihre Entdeckung. Sie sahen sehr wohl, dass der Elb und der Zwerg hier gerastet hatten und Lhunroth wusste, dass er sie an dieser Stelle eigentlich hätte einholen müssen, doch nun waren sie verschwunden. Lhunroth fluchte leise vor sich hin, er hatte Spuren entdeckt, aus denen er schließen konnte, dass noch ein dritter Reiter zu ihnen gestoßen sein musste, der sie anscheinend aus irgend einem Grund weggelockt haben musste.
Lhunroth war sehr wütend. Er hatte den Zwerg und den Elb nun schon so lange beobachtet, sein Plan war sorgfältig durchdacht gewesen und nun ereilte ihn so eine Enttäuschung. Durch seine Maske war ein zischender Laut zu hören, der seine Aufregung kundtat. Im Morgengrauen hatte er entdeckt, dass der Elb und der Zwerg verschwunden waren und seitdem verharrte er mit seinen Männern an diesem Ort hier und überlegte, was er nun tun wollte. Sicher, er würde sie weiter verfolgen. In jedem Fall würde er das tun, nur wohin ritten der Elb und der Zwerg jetzt? Er würde ihren Spuren folgen müssen und sie irgendwo überraschen müssen. Lhunroth überlegte. Ob sie wieder auf dem Weg nach Minas Tirith waren? Aber dann wären sie ihm doch entgegen gekommen, es machte überhaupt keinen Sinn solch einen Umweg zu nehmen. Lhunroth schüttelte verbissen den Kopf, dann nahm er eine entschlossene Haltung ein. Er würde ihnen folgen, egal wohin sie geritten waren...

"Herr Frodo", fragte Sam leise.
"Ja Sam."
"Wenn wir jetzt gleich da runter gehen, dann sagen wir am besten, dass wir Diener von Aragorn sind. Ich fürchte, wenn wir sagen, dass wir seine Freunde sind, tun die nachher mit uns das, was sie eigentlich Gimli und Legolas antun wollten."
Frodo nickte.
Die Hobbits standen auf und stiegen den Hügel hinauf. Beide waren recht nervös, als sie die Spitze erreichten. Sam schluckte einmal schwer, als er den Hügel hinunter sah und sich dessen bewusst wurde, dass Aragorn von hier oben herunter gestürzt war. Obwohl der Hügel von unten so flach wirkte, sah er von hier oben doch reichlich höher aus. Die Hobbits gingen den Hügel hinunter und Sam wurde noch mulmiger, als er den dicken Ast erblickte, an dessen Seite der Kleinere abzweigte und von dem er wusste, dass dieser Aragorns linkes Bein beim Fall durchstochen hatte.
Lhunroth wurde als erster auf die beiden Gestalten aufmerksam, die den Hügel hinunter kamen und gleich danach drehten sich seine Männer ebenfalls zu Sam und Frodo um und zogen ihre Waffen.
"Bitte, wir kommen in friedlicher Absicht und stehen in den Diensten des Königs von Gondor", rief Sam und hob die Hände, damit die Männer sahen, dass von ihm keine Gefahr ausging. Frodo tat es ihm gleich, doch die Männer ließen ihre Waffen nicht sinken, was Sam gar nicht als gut erachtete.
Trotzdem liefen sie weiter, bis sie fast vor der Gruppe angekommen waren. Lhunroth schien die Beiden unter seiner Maske zu mustern und Sam hoffte inständig, dass er nicht die Unsicherheit und Angst in seinem Gesicht bemerken würde. "Was seid ihr für Wesen", zischte Lhunroth.
"Man nennt uns Halblinge, oder auch Hobbits", antwortete Frodo.
"Wir sind Diener des Königs von Gondor und haben eine Botschaft für euch", setzte Sam hinzu und beobachtete Lhunroths Reaktion, der anscheinend sehr erstaunt schien.
"Des Königs", fragte er und seine Stimme klang irgendwie fassungslos.
Sam und Frodo nickten und die umstehenden Männer ließen endlich ihre Waffen sinken.
"Was für eine Botschaft habt ihr denn für mich", wollte Lhunroth wissen.
"Der König lässt euch ausrichten, dass es ihm sehr leid tut, dass er sich bisher für das, was ihr für ihn getan habt nicht erkenntlich gezeigt hat. Er bittet dafür um eure Vergebung und möchte, dass ihr zu ihm kommt, damit er sich in aller Form bei euch bedanken kann", log Sam und versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen.
Für eine Weile herrschte absolute Stille. Lhunroth stand da, wie versteinert und sagte kein Wort und seine Männer starrten sich ungläubig an und schüttelten verwirrt die Köpfe.
Nach einer ganzen Weile drehte sich Lhunroth zu seinen Männern um und sagte. "Seht ihr, ich wusste, dass der König nicht kaltherzig ist."
Lhunroth senkte schuldbewusst den Kopf, er war so ein hinterhältiger Narr! Fast hätte er dem König unrecht getan mit seinem Plan seine Freunde zu entführen und ihn so zu sich zu locken. Lhunroth schämte sich für seine Pläne und auch einige seiner Männer senkten bedrückt die Köpfe.

Einer der Männer winkte Lhunroth zu den anderen herüber und dieser stellte sich zu seinen Gefährten. Die Männer tuschelten miteinander und trotz großer Anstrengungen konnten Sam und Frodo nur einzelne Wortfetzen vernehmen, mit denen sie nicht viel anfangen konnten. Unsicher blickte Frodo zu Sam, die Männer beratschlagten ganz offensichtlich, was sie nun tun sollten. Sam wurde bereits von großer Ungeduld ergriffen, als Lhunroth wieder zu ihnen kam und sich vor sie stellte. "Wir werden mit euch kommen und hören, was euer Herr zu sagen hat", sagte er und seine Stimme klang fast fröhlich, wie Sam fand.
Die Hobbits nickten und beobachteten dann wie die Männer sich auf ihre Pferde schwangen und wieder anfingen miteinander irgendwelche Informationen auszutauschen. Lhunroth winkte einen seiner Männer, der ebenfalls schon auf seinem Pferd saß und auffällige strohblonden Haare hatte, zu sich hinüber.
"Wollt ihr Hoblinge vielleicht hinter meinem Gefährten und mir Platz nehmen, so würde der Weg schneller zu meistern sein", fragte Lhunroth.
"Mein Herr, verzeiht, aber es heißt entweder Hobbits oder Halblinge", bemerkte Sam vorsichtig und betrachtete den missmutigen, blonden Mann.
"Ja natürlich, was ist nun, wollt ihr aufsteigen?"
Obwohl Frodo und Sam es lieber nicht getan hätten, willigten sie ein, schließlich wollten sie bei Lhunroth und seinen Männern kein Misstrauen erwecken. Frodo nahm hinter Lhunroth Platz und Sam schwang sich hinter den blonden Mann. Beide Hobbits waren immer noch recht nervös und warfen sich ein paar vielsagende Blicke zu, als die Männer ihre Pferde langsam in Bewegung setzten.
"Ihr seid also Diener des Königs", fragte Lhunroth.
"Ja", antwortete Frodo knapp.
"Und wie lange dient ihr ihm schon", fragte Lhunroth weiter und Frodo schluckte. Er wollte es eigentlich vermeiden ständig lügen zu müssen, irgendwann würde Lhunroth den Lügen vielleicht auf die Schliche kommen.
"Seit einiger Zeit schon, so genau vermag ich das nicht zu sagen."
"Und wie ist der König so? Ich habe ihn damals so bewundert."
"Oh, er hat sich nicht viel verändert, würde ich sagen."
Frodo bemerkte die Begeisterung, die in Lhunroths Stimme zu erkennen war. Irgendwie war ihm dieser Mann unheimlich. Frodo wusste nur zu gut, was er Aragorn eigentlich antun wollte und jetzt wirkte er nahezu begeistert, wenn er von ihm sprach.
"Wieso hat sich der König mit seinem Dank so viel Zeit gelassen", wollte Lhunroth wissen und Frodo begann zu schwitzen bei dieser Frage.
"Das kann ich euch nicht sagen, der König hat mich und meinen Freund lediglich damit beauftragt euch zu holen, mehr hat er mir nicht gesagt."
Lhunroth schien diese Antwort zufrieden zu stellen und Frodo atmete erleichtert durch. Lhunroth fragte Frodo noch, was genau ein Hobbit ist und wo man solch wundersame Wesen, wie er fand, finden konnte. Frodo gab daraufhin einen umfangreichen Bericht vom Leben der Hobbits ab und erzählte danach eine Menge über das Auenland. Nach einer Weile stellte er fest, dass Lhunroth im Grunde ein gutes Herz zu haben schien. Seine Worte zeigten echtes Interesse und er unterhielt sich freundlich mit Frodo. Der Hobbit konnte das kaum glauben, fast schien es nicht der selbe Mensch zu sein, den er bei Nevturiel im Spiegel gesehen hatte.
Sam hatte nicht so viel Glück. Der Mann vor ihm war nicht sehr gesprächig und auf Fragen, die der Hobbit ihm stellte, antwortete er nur knapp und mit einer brummigen Stimme. So gab Sam es schließlich auf und vertrieb sich die Zeit damit, die Umgebung zu betrachten.
Am späten Abend rasteten die Männer an einem Waldrand. Lhunroth forderte die Hobbits auf, sich schlafen zu legen. Sam und Frodo taten das auch, doch Sam beschloss für sich, wach zu bleiben, um die Männer eine Weile im Auge zu behalten. Mitten in der Nacht saß Lhunroth mit einem Mann am Feuer und unterhielt sich angeregt. Sam merkte bald, dass es bei dem Gespräch um Aragorn ging.
"Ich bewundere dich, dass du mit einem einfachen Dank zufrieden bist und alles vergisst", flüsterte der Mann, mit dem Lhunroth sich unterhielt.
"Das bin ich. Ich gebe es zu, dass ich meine Entscheidung schon öfter bereut habe und ich werde es wohl von Zeit zu Zeit immer wieder tun, aber es war meine Entscheidung. Elessar hat damit nichts zu tun und mit seinem Dank bin ich glücklich. Ich will nur, dass er weiß, wer ich bin und sich an mich erinnert, mehr verlange ich nicht von ihm. Mit seinem Dank hat Elessar alles getan, was ich je von ihm verlangen würde. Damit wäre ich glücklich."
"Aber dein ganzen Gesicht ist verbrannt. Deine Frau hat dich wegen deiner Entstellung verlassen und dein Kind wirst du auch nicht mehr sehen. Dein ganzes Leben hat sich dadurch verändert und du vergisst das alles, nur wegen ein paar Worte aus dem Munde des Königs?"
"Nein, vergessen werde ich es wohl nie. Wie könnte ich? Aber mehr kann und will ich von Elessar nicht verlangen. Mehr schuldet er mir nicht. Ich habe es getan, weil ich von ihm überzeugt war. Ich hielt seine Ziele für gut und seine Absichten für edel. Ich glaube, er ist gerecht und ein guter König. Ich wollte nicht, dass dieser König stirbt, deshalb habe ich es getan. Wenn er der König bleibt, den ich so bewundert habe und wenn er weiterhin so herrsch, dann bin ich vielleicht sogar froh dieses Opfer gegeben zu haben. Dann hat sich mein Opfer gelohnt."
"Ich bin dein Bruder und ganz verstehen werde ich dich wohl nie, aber ich akzeptiere es. Du hast es aus reiner Überzeugung getan und wenn du damit leben kannst, so will ich nicht derjenige sein, der auf den König zornig ist, weil du entstellt bist."
"Wenn jemand Grund hätte zornig zu sein, dann wäre ich das. Aber warum sollte ich? Elessar hat mich zu nichts gezwungen, es wäre falsch ihn für etwas verantwortlich zu machen, dass er nicht entschieden hat."
"Nun ja, da magst du Recht haben."
"Aber einen Dank verlange ich schon, denn wenn er wirklich der König ist für den ich den Pfeil gefangen habe, dann tut er das. Und so wie es aussieht erfüllt er jetzt meine Erwartungen."
Der Mann nickte und klopfte Lhunroth auf die Schulter.
Sam kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Lhunroth war völlig überzeugt von Aragorn, deshalb hatte er dieses Opfer gebracht. Und als Aragorn sich nicht bedankt hatte, hatte sich Lhunroth verraten gefühlt und war bitter enttäuscht worden. Die Wut musste ihn daraufhin so beherrscht haben, dass er zu diesen Taten, die Sam so erschütterten, fähig gewesen war.
Sam wusste, dass der Mann im Grunde keine bösen Absichten hatte, er wollte nur beachtet werden. Und er wollte den guten König, für den er aus Überzeugung fast in den Tod gegangen wäre.

Merry erreichte zusammen mit Pippin die Häuser der Heilung und klopfte aufgeregt an die große Tür. Pippin hing kläglich auf dem Pony und wimmerte vor sich hin. Als niemand die Tür öffnete, tat Merry es. Er blieb in dem großen, weißen Flur stehen und rief: "Wir brauchen Hilfe, bitte!"
Seine Stimme war so laut, dass sie von den Wänden wiederhallte und bis in die oberen Stockwerke zu dringen schien. Merry war sich sicher, dass sein Rufen jemand gehört haben musste.
Kurze Zeit später waren auch schon eilige Schritte zu hören und eine Heilerin, ganz in weiß gekleidet, trat vor die Tür.
"Wie kann ich euch helfen", fragte sie und ihr Blick blieb sofort auf Pippin hängen.
"Er... Er wurde von einer Schlange gebissen", berichtete Merry und sah die Heilerin hilfesuchend an.
"Wann", fragte sie weiter.
"Vor etwas mehr als einem Tag."
"Du liebe Güte, dass ist ja schon ganz schön lange her", bemerkte die Heilerin und Merry erkannte einen beunruhigen Unterton.
"Könnt ihr ihm helfen", fragte er und achtete auf die Reaktion der Heilerin.
"Am besten wir bringen ihn erst mal herein, dann werden wir sehen", entschied die Heilerin und eilte zurück um jemanden zu holen, dem es leichter fallen würde den Hobbit zu tragen. Sie selbst war noch ziemlich jung und von sehr zierlicher Gestalt.
Merry ging zu Pippin und Flocke zurück. "Sie werden dir helfen, bald geht es dir wieder besser", sagte er hoffnungsvoll zu Pippin und drückte dessen gesunde Hand leicht.
"Es soll endlich aufhören weh zu tun. Meinen ganzen Arm kann ich schon nicht mehr bewegen und sogar die Schulter fühlt sich schon komisch an. Mir ist so schlecht und jeder Muskel tut weh."
Merry bemerkte wie sein Freund leicht würgte und eine große Träne verlor.
Pippin wurde kurz schwarz vor Augen und er war so schrecklich müde.
"Pippin, es wird bald besser, vertrau mir!"
Pippin sah ihn mühevoll an und verlor immer mehr Tränen. "Bleib bei mir, bitte. Lass mich nicht alleine", flüsterte er.
Merrys Augen wurden ebenfalls feucht, es zerschnitt ihm das Herz, dass er Pippin diesen Wunsch nicht erfüllen konnte. Er strich seinem Freund über die kalte, verschwitzte Stirn. "Ich komme bald wieder, ich muss nur kurz zu Aragorn, dann werde ich gleich wieder zu dir kommen!"
In diesem Moment erschien ein Heiler und kam auf die Hobbits zu. Er nickte Merry zum Gruß kurz zu und machte sich dann daran, Pippin sachte von Flocke zu heben. Pippin wollte Merrys Hand gar nicht los lassen, als der Heiler ihn schon auf dem Arm hatte.
"Pippin, es wird nicht lange dauern, sie werden sich hier um dich kümmern. Sobald ich mit Aragorn gesprochen habe, komme ich wieder hierher! Aber nun solltest du dich von dem Heiler hineinbringen lassen, sonst wirkt das Gift immer stärker", versuchte ihn Merry zu überreden.
Pippin ließ in der Tat seine Hand los und schluchzte einmal laut. "Du solltest dich beeilen, sonst ist es zu spät", flüsterte er und ließ sich von dem Heiler hinein tragen.
Merry sah ihn mit großen Augen hinterher und wischte sich die Tränen weg. Hatte Pippin jetzt das gemeint, was er dachte? Das konnte er nicht ernst gemeint haben! Wie angewurzelt stand der Hobbit vor der Tür, als die Heilerin wieder zu ihm trat und ihm noch einige Fragen stellte. Er beantwortete sie, ohne richtig bei der Sache zu sein, seine Gedanken waren ganz woanders. Die Heilerin machte sich nach einer Weile auf, um wieder hineinzugehen. "Sie können ihm doch helfen, oder", fragte Merry mit zitternder Stimme.
"Das wird sich zeigen, wir können ihnen sicher mehr sagen, wenn sie nachher wiederkommen." Mit diesen Worten verschwand sie und schloss die Tür hinter sich.
Merry musste sich fast dazu zwingen, sich zu bewegen. Das Herz war ihm mächtig schwer und gerne hätte er sich jetzt einfach nur alleine in eine Ecke gesetzt. Doch er wusste, dass er das nicht konnte. Er nahm sich zusammen und machte sich zusammen mit Flocke auf zu Aragorn.

Aragorn saß an in einem bequemen Sessel, vor einem kleinen Tisch, auf dem eine dampfende Tasse Tee stand. Als ob es etwas ganz besonderes wäre, beobachtete er fasziniert, wie der Dampf aus der Tasse aufstieg. Nach einer ganzen Weile begann er mit einem Löffel in der heißen Flüssigkeit zu rühren und den Dampf gelegentlich wegzupusten.
"Hat der König im Moment keine anderen Aufgaben", fragte Arwen lächelnd, als sie ihren Mann beobachtete.
"Nein, wenn er wollte, hätte er wohl, aber er will nicht", erwiderte Aragorn, ebenfalls lächelnd, und beobachtete, wie Arwen vor ihm Platz nahm.
Sie begann etwas zu erzählen und Aragorn hörte ihr aufmerksam zu. Er genoss es mal für eine Weile ungestört mit seiner Frau reden zu können, wenn es auch nur belanglose Dinge waren, über die sie sich unterhielten.
Es dauerte jedoch gar nicht lange, da klopfte es an der Tür und herein kam ein Wachmann, der dem Königspaar mitteilte, dass jemand dringend mit dem König sprechen wollte.
"Es scheint, als würde der König doch wieder gebraucht", bemerkte Arwen.
"Ja, es sieht so aus". "Wer will mich denn sprechen", fragte er an den Wachmann gewannt.
"Ein Hobbit namens Merry aus dem Auenland", bekam er als Antwort.
Aragorn und Arwens Blick trafen sich, dann stand Aragorn schnell auf und folgte dem Wachmann in ein kleines Zimmer in dem Merry wartete.
Aragorn blickte leicht verwirrt drein, als er den Hobbit in dem kleinen Zimmer vorfand. Er lief ungeduldig hin und her und schien erleichtert, als er Aragron erblickte. Der Wachmann verließ das Zimmer und ließ die Beiden alleine.
"Merry, sei mir willkommen", begann Aragorn das Gespräch. Er bemerkte, dass der Hobbit irgendwie mitgenommen und nervös schien. "Geht es dir gut, was kann ich für dich tun?"
"Um ehrlich zu sein, geht es mir nicht gut, ich mache mir große Sorgen um Pippin, ich musste ihn gerade in die Häuser der Heilung bringen, er wurde von einer Schlange gebissen."
"Das ist ja furchtbar, kann ich irgendwie helfen", fragte Aragorn besorgt.
"Ich denke, sie werden sich wohl um ihn kümmern, aber du musst etwas anderes tun! Es ist sehr wichtig, viel hängt davon ab", sagte der Hobbit ernst und sah Aragorn fest in die Augen.
Aragorn sah in erwartungsvoll an und überlegte, was es wohl sein könnte, dass Merry ihm gleich sagen würde.
"Du darfst dich nicht wundern, Gandalf kommt in Kürze mit Legolas und Gimli hier in Minas Tirith an und Frodo und Sam sind ebenfalls auf dem Weg hierher. Sie werden jemanden mitbringen, Aragorn, bei dem du dich unbedingt bedanken solltest!"
Aragorn wusste nicht recht, was er davon jetzt halten sollte. Er hatte keine Ahnung, warum alle plötzlich nach Minas Tirith kamen und er konnte sich auch nicht erklären, bei wem er sich bedanken sollte. Der Hobbit sah seinen ratlosen Gesichtsausdruck und begann von Lhunroth zu erzählen. Er erzählte ihm jede Kleinigkeit, was Lhunroth für Aragorn getan hatte, wie er dadurch entstellt wurde, und was Aragorn jetzt tun sollte. Merry versuchte sich an jedes kleine Detail zu erinnern, das Sam ihm erzählt hatte, nur erwähnte Merry nichts von Lhunroths Absichten.
"Woher weißt du das", fragte Aragorn ungläubig.
"Du musst mir vertrauen, alles was ich dir erzählt habe stimmt! Und du solltest noch etwas wissen. Ich kann dir jetzt nicht erklären woher ich das weiß, aber wenn du nicht das tust, was ich dir eben gesagt habe, dann wird etwas schlimmes passieren. Tu es einfach und stell nicht zu viele Fragen über die Gründe, wir werden es dir erklären, wenn die Zeit gekommen ist."
"Das ist... unglaublich! Wie konnte ich diesen Mann nicht sehen, der mir das Leben gerettet hat", fragte Aragorn und schüttelte den Kopf. "Wenn ich mich auch wundere woher du das wissen kannst, Merry, aber so bin ich dir doch sehr dankbar, es wäre eine Schande, wenn ich dem Mann für das, was er getan hat, nicht danken würde!"
Merry nickte. "Ja, das wäre es. Frodo und Sam kommen mit ihm hierher, du darfst dem Mann aber nicht sagen, dass du es von mir hast! Tu einfach so, als würdest du es selber wissen, glaube mir, es ist besser so."
Aragorn nickte. Er hatte das unheimliche Gefühl, dass es von großer Bedeutung war, was Merry da sagte und dass er unbedingt das tun sollte, worum Merry ihn bat. Plötzlich fiel die Verwunderung von ihm ab und auch das Bedürfnis Fragen zu stellen, erlosch vorübergehend. Aragorn kam das Gefühl etwas seltsam vor, doch etwas tief in ihm drinnen sagte ihm, dass es richtig war, was Merry sagte und dass er es genau so tun musste, wie Merry es ihm geraten hatte. Er fühlte plötzlich, dass es nicht nur ein einfacher Zufall war, dass der Hobbit hier war. Er fühlte, dass es von großer Bedeutung war...
Es dauerte nicht mehr lange, da verließ Merry ihn wieder. Aragorn sah ihm nach und verinnerlichte sich Merrys Worte noch einmal. Er trat an ein großes Fenster von wo aus er über einen großen Teil der Stadt blicken konnte. Gedankenversunken stand er davor und versuchte sich die Aufstände, bei denen Lhunroth ihm das Leben gerettet haben musste, in seinen Kopf zurückzurufen. Er erinnerte sich an die vielen Menschen, das Feuer und den Pfeilhagel. Es war kein schöner Anblick gewesen und in der Hektik hatte er selbst kaum Zeit gehabt auf eine einzelne Person zu achten. Er war Merry sehr dankbar, dass er ihn auf Lhunroth aufmerksam gemacht hatte, doch verstand er nicht ganz, warum Gandalf mit Legolas und Gimli ebenfalls hierher kamen. Was hatten sie mit der ganzen Sache zu tun?
Aragorn seufzte einmal. Er würde es gewiss noch erfahren.

Sam und Frodo beobachteten teils überrascht und teils ungläubig, wie Lhunroth immer aufgeregter wurde, je näher sie Minas Tirith kamen. Wenn er über Aragorn sprach, steigerte er sich förmlich in seine Erzählungen hinein und entpuppte sich als ein begeisterter Anhänger des Königs. Sam und Frodo mussten Lhunroth viel über Aragorn erzählen, was sie auch taten, und beide Hobbits bemerkten danach, wie der Mann von seinem schlechten Gewissen gequält wurde. Fast tat es Sam leid, dies zu sehen und auch Frodo ließ manchmal ein paar vielsagende Blicke zu Sam hinüber wandern, die Sam sagten, dass sein Freund dasselbe dachte.
Als sie Minas Tirith nach ungefähr zwei Tagen nach ihrem Aufbruch erreichten, sagte Lhunroth kein Wort, als sie die Stadt betraten. Er hüllte sich in völliges Schweigen. Stumm ritten er, seine Männer und die Hobbits zum weißen Turm hin. Als sie den Turm fast erreicht hatten hielt Lhunroth sein Pferd abrupt an und Frodo, der hinter ihm saß, wunderte sich über den plötzlichen Halt.
"Ich weiß nicht... Ihr müsst das jetzt nicht verstehen, aber ich... Ich habe mir mehr, als alles andere je gewünscht vor dem König zu stehen und jetzt verlässt mich mein Mut...", sagte er leise und unter der Maske war sein schwerer Atem zu hören.
Frodo bemerkte, wie Lhunroths Hand zitterte und glaubte seinen Augen kaum zu trauen. "Wovor fürchtet ihr euch", fragte der Hobbit.
"Vor mir selbst", antwortete Lhunroth.
"Mein Herr, wie kann ich das verstehen?"
"Ich hätte etwas Schlimmes getan, wenn ihr nicht gekommen wärt. Ihr habt mir so viel von Elessar erzählt und mir gezeigt, dass meine ganzen Vorurteile gegen ihn völlig falsch sind. Wie kann ich ihm jetzt vor die Augen treten? Was habe ich mir eigentlich bei alle meinen Plänen bloß gedacht? Wie geblendet war ich, etwas derart teuflisches zu planen? Ich bin ein Schuft, allein für meine Gedanken sollte mich der König in den Kerker werfen..."
Frodo sah Sam an, der jetzt neben ihnen war, denn der blonde Mann hatte sein Pferd neben Lhunroths gestellt.
"Aber ihr habt doch nichts getan. Was immer es war, was ihr geplant habt, der König wird euch für nichts bestrafen. Das würde er nie tun. Nichts ist geschehen und ihr könnt ihm ohne Reue vor die Augen treten", sagte Frodo unschuldig und Sam nickte.
"Er möge mir vergeben...", murmelte Lhunroth.
"Es gibt nichts zu vergeben, ihr habt keinen eurer Pläne, was immer sie auch sein mochten, in die Tat umgesetzt und nur die Tat ist, was zählt. Ihr seid ein guter Mann, quält euch nicht selbst. Vergebt euch selbst und tretet ohne Schuldgefühle vor den König. Die müsst ihr nicht haben", sagte Sam.
"Ihr habt vielleicht recht. Es ist Unsinn, was ich hier tue."
Er forderte seine Männer auf hier zu bleiben, ab jetzt würde er mit den Hobbits alleine gehen. Die Männer nickten und stiegen von ihren Pferden ab. Sie nahmen auch Lhunroths Pferd und beobachteten, wie er zusammen mit Frodo und Sam den Weg zum Palast einschlug.
Lhunroth bewunderte das große Tor, dass hinein ins Innere des Palastes führte. Die Treppe war ganz aus weißem Stein und am Ende standen zwei Wachmänner. Sam wurde etwas nervös bei dem Anblick, er hoffte, dass sie sie ohne Schwierigkeiten durchlassen würden, denn schließlich war Lhunroth noch immer in dem glauben, er und Frodo wären Diener. Die Lüge würde ans Tageslicht kommen, wenn die Wachen jetzt Schwierigkeiten machen würden. Er verfluchte es, dass er nicht vorher daran gedacht hatte und, dass er Merry nicht gesagt hatte, dass er dafür sorgen sollte, dass es damit keine Probleme gab.
Zu ihrer Überraschung wurden sie jedoch ohne große Nachfragen eingelassen. Aragorn hatte bereits dafür gesorgt, dass man sie problemlos durchließ und Sam fielen gleich zwei Steine vom Herzen. So wusste er auch gleich, dass Merry alles geschafft hatte und mit Aragorn gesprochen hatte.
Sie wurden von einem anderen Wachmann in den Thronsaal geleitet, wo Aragorn im hinteren Teil des Raumes stand und, als er sie sah, langsam auf sie zu kam. Frodo bemerkte wieder das Zittern von Lhunroths Händen und als Aragorn näher kam, senkte er den Kopf, so als wolle er ihm nicht in die Augen sehen. Aragorn hatte seine Königskleidung angelegt und wirkte in der Tat sehr eindrucksvoll, wie Sam fand. Auf seinen Lippen hatte er jedoch ein warmherziges Lächeln, was fast jedem der vor ihm stand, seine Scheu nahm. Kaum stand Aragorn vor den Dreien, fiel Lhunroth auf die Knie und verbeugte sich so tief vor ihm, wie es nur ging. Dann erhob er sich so lange, bis er wieder auf den Knien saß und blickte scheinbar verwirrt zu Frodo und Sam, die noch genauso da standen. Zuerst wusste Sam nichts mit der Verwirrtheit Lhunroths anzufangen und er blickte sich fragend um. Dann durchschoss ihn aber die Erkenntnis, warum Lhunroth immer wieder zwischen ihm und Frodo hin und her sah.
Als Lhunroth wieder zu Frodo blickte, formte Sam mit seinen Lippen die Worte: "Verbeugen, wir sind doch Diener."
Wie auf Kommando fielen die Hobbits ebenfalls auf die Knie. Aragorn schmunzelte bei dem Anblick etwas, normalerweise hätte er jetzt die Hobbits in die Arme geschlossen...
"Mein König, wir bringen dir den Mann, den ihr sehen wolltet", sagte Sam theatralisch und beobachtete gespannt, ob Aragorn mitspielte.
"Ich danke euch, ihr dürft jetzt gehen und euch von eurer Reise stärken. Ich habe für euch ein paar Speisen richten lassen", antwortete er in einigermaßen strengem Ton.
Frodo und Sam standen schmunzelnd auf und zogen sich dann, rückwärtsgehend, zurück, schließlich war es für einen Diener unhöflich dem König seinen Rücken zuzuwenden. Aragorn bestand zwar nicht mal bei seinen Dienern auf dieses Ritual, doch Sam und Frodo zogen es vor, da es bei den meisten Königen so Brauch war und sie Lhunroth nicht schon wieder verwirren wollten. Aragorn zwinkerte ihnen, von Lhunroth unbemerkt, zu und die Hobbits verließen lächelnd den Raum.

Lhunroth kniete schweigend und ehrfürchtig auf der Erde. Aragorn bemerkte ebenfalls das Zittern seiner Hände und reichte ihm die Hand.
"Kommt, steht auf, das habt ihr nicht nötig. Ich glaube, ich sollte mich vor euch verneigen", sagte er freundlich und lächelte mild.
Lhunroth, der seine schwarzen Handschuhe anhatte, nahm Aragorns Hand verlegen und erhob sich dann.
"Nichts, was ich euch anbieten könnte, würde auch nur annähernd ein Dank sein, für das, was ihr für mich getan habt. Sagt mir, wie kann ich mich wenigstens etwas erkenntlich bei euch zeigen", fragte er und bot Lhunroth einen Platz auf einem Sofa an. Er selbst setzte sich ihm gegenüber in einen Sessel.
Lhunroth schien nach einer Antwort zu suchen und Aragorn bemerkte immer noch die große Unsicherheit, die ihn beherrschte.
"Habt keine Furcht, ihr habt mir das Leben gerettet und verdient mehr, als ich euch je geben könnte. Ihr braucht keine Ehrfurcht zu zeigen, die sollte ich haben, und glaubt mir die habe ich! Ihr seid ein bewundernswerter Mann und ich habe großen Respekt vor euch. Seht nicht den König in mir, sprecht einfach frei und sagt mir, womit ich euch danken kann."
"Oh mein König, euer Dank allein ist mir schon genug", antwortete Lhunroth leise und sah Aragorn das erste Mal in die Augen.
"Mein Dank allein ist das Geringste, was ich euch geben kann. Aber er ist bei weitem nicht genug! Ihr habt so viel wegen mir verloren, nennt mir etwas, dass ich euch geben kann. Verlangt es einfach, ich werde euch nichts abschlagen", sagte Aragorn und beugte sich zu Lhunroth vor.
Der Mann hüllte sich wieder in Schweigen und wich Aragorns Blick erneut aus. Für eine Weile herrschte Schweigen, dann murmelte er leise: "Es gibt vielleicht etwas... Aber das ist vielleicht zu viel verlangt..."
"Das kann nicht sein", erwiderte Aragorn.
"Nun, mein König, ich besitze kaum etwas... Ich habe überhaupt kein Geld..."
"Ihr möchtet Geld? Das sollt ihr haben."
"Nein, mein König, ich möchte das Geld nicht einfach so von euch..." Aragorn bemerkte, wie Lhunroth nervös hin und her rutschte.
"... Wisst ihr, niemand will mir mehr Arbeit geben, weil ich entstellt bin. Sie wollen mich nicht, weil meine Erscheinung etwas... nun ja... ungewöhnlich ist, um es vorsichtig auszudrücken. Ich habe schon alles versucht, aber bisher hatte ich nirgends Glück." Lhunroth machte wieder eine Pause und hob seinen Blick wieder. "Vielleicht könntet ihr mir ja eine Arbeit geben? Vielleicht in eurem Palast? Es wäre mir eine große Ehre..."
Aragorn atmete einmal laut aus und erhob sich dann. "Ihr wollt für mich arbeiten?"
Lhunroth nickte vorsichtig.
"Das kann nicht alles sein, mein Freund. Wenn ihr wollt könnt ihr natürlich für mich arbeiten, aber ich würde euch gerne noch mehr geben als das. Nur wegen euch bin ich noch am Leben und ihr verlangt nicht mehr, als in meine Dienste zu treten?"
Lhunroth nickte.
"Also schön, wenn das euer Wunsch ist, so will ich ihn natürlich erfüllen. Aber tut mir einen Gefallen. Überlegt euch noch einmal, ob da nicht doch noch etwas ist, was ich tun könnte. Denkt in Ruhe darüber nach und kommt dann zu mir".
Lhunroth nickte wieder und erhob sich dann. "Ich danke euch Majestät", sagte er und wollte sich wieder verneigen, doch Aragorn hielt ihn sachte an den Schultern fest. "Nein, mein Freund, das brauchst du nicht."
Stattdessen umarmte er Lhunroth einmal freundschaftlich, der daraufhin mehr als beeindruckt war, und führte ihn dann hinaus, um auch ihm etwas zu essen anzubieten und sich noch etwas mit ihm zu unterhalten

Sam und Frodo lächelten vor sich hin. Sie hatten das Essen im Nu gefunden und stürzten sich schnell auf die Köstlichkeiten. Sie wollten sich beeilen, denn sie hatten vor sofort zu den Häusern der Heilung zu eilen und sich nach Pippins Wohlbefinden zu erkundigen.
"Sam, ich kann das nicht mehr glauben, was wir da in dem See der Zeit gesehen haben", sagte Frodo auf einmal und schüttelte ungläubig den Kopf.
"Wir haben Lhunroth gesehen. Wir haben gesehen, wie er war und wir haben Aragorn sterben sehen, genau wie Legolas und Gimli und jetzt..."
"Jetzt ist es wieder so, wie es sein sollte. Ich habe es bei dir schon einmal erlebt, es ist ein gutes Gefühl, wenn jemand, den man sterben gesehen hat plötzlich wieder da ist. Es ist so wunderbar...", bemerkte Sam.
"Es ist einfach nur unglaublich, wie ein Traum. Wie etwas, dass nie geschehen ist. Als ich Aragorn eben gesehen habe, da habe ich mich gefragt, ob das, was wir da in dem See gesehen haben wirklich passiert ist..."
"Das wohl schon und bald wirst du auch Beweise dafür sehen, aber ich hoffe, dass es für uns jetzt nicht mehr Bedeutung bekommt, als ein Traum! Ich hoffe, es bleibt einfach nur eine Erinnerung."
"Ja, so wie es aussieht haben wir alles geschafft. Wenn Gandalf mit Legolas und Gimli hier noch eintreffen, dann können wir wirklich sagen, dass wir erfolgreich waren."
Sam nickte und aß den Rest von seinem Teller. Frodo nahm noch den Rest in seine Hand und beide Hobbits machten sich dann auf zu den Häusern der Heilung.

Schon von Weitem erkannten die beiden Hobbits eine kleine, zusammengekauerte Gestalt, die auf der Treppe vor den Häusern der Heilung saß. Frodo und Sam konnten bereits erkennen, dass es Merry war, der auf der Treppe saß und den Kopf in die Arme gelegt hatte, die auf seinen Knien ruhten. Frodo merkte sofort, wie sein Herz schneller schlug als gewöhnlich und Sam verlangsamte plötzlich sein Tempo und wurde kreidebleich.
Merry blickte auf und blieb aber auf der Treppe sitzen, trotzdem er sah, dass die Beiden kamen. Je näher Sam und Frodo ihrem Freund kamen, desto deutlicher erkannten sie, dass seine Augen stark gerötet waren und er am ganzen Leib zitterte.
Sam blieb stehen, als er das sah, doch Frodo zog ihn mit klopfendem Herzen weiter. Als sie in Merrys Nähe kamen, hatte Sam das Gefühl, als würde ihm jemand das Herz zusammendrücken. Merry sah ihn an und viele Tränen rannen seine Wangen herunter.
"Bitte, sag es jetzt nicht...", flüsterte Sam.
Merry schüttelte den Kopf und immer mehr Feuchtigkeit sammelte sich in seinen Augen.
"Sag nicht, dass er...", fing Sam wieder an.
"Er stirbt", schluchzte Merry tonlos.
"Aber wie.... Die Heiler... Können sie denn nicht...", begann Frodo seine Frage.
"Sie konnten ihm lediglich ein Mittel geben, das die Vergiftung etwas aufhält, aber... Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Sie können nichts mehr für ihn tun", antwortete Merry und starrte in die Ferne.
"Wie lange noch", fragte Frodo und ein Kloß im Hals verhinderte es, dass die Worte deutlich hörbar aus seinem Mund kamen.
"Einen Tag noch, vielleicht zwei", flüsterte Merry und brach in Tränen aus.
Sam drehte sich um, und sah zum Himmel hinauf. Dann streckte er die Hände ebenfalls empor und schrie so laut, dass es noch meilenweit zu hören sein musste. "Wieso? Warum tust du das, was habe ich denn getan, dass du gegen mich bist und mich vernichtest", brüllte er gen Himmel und seine Gesicht verfärbte sich rot vor Wut. "Verdammt, du erbärmlicher Feigling, du willst doch mich! Bring es doch endlich zu Ende, worauf wartest du denn? Hier steh ich, töte mich endlich und lass die Anderen am Leben!"
"Sam hör auf, ich bitte dich, hör auf Sam,", sagte Frodo und nahm seinen Freund in die Arme. Die Hobbits sanken zu Boden und knieten dann auf der Erde, während Merry immer noch weinend auf der Treppe saß.
"Wir haben gedacht, wir hätten gewonnen, doch haben wir wieder verloren... Es ist vorbei, Herr Frodo, sie haben und besiegt."
"Vielleicht... Vielleicht müssen wir es noch mal versuchen", versuchte Frodo auf ihn einzureden.
"Wofür denn? Damit sie uns wieder besiegen? Das ist ein Feind, den man nicht besiegen kann. Es ist vorbei..."
"Nein, Sam wir gehen noch mal zu Nevturiel, wir sind das nächste Mal vorsichtiger. Wir wissen doch jetzt, was alles passiert, wir können es das nächste mal schaffen."
Über Sams Gesicht kullerten jetzt Tränen. "Verstehst du nicht, Herr Frodo? Selbst wenn wir die Zeit tausendmal zurückdrehen, wir würden nie gewinnen. Weil du es nicht kannst. Wir werden immer jemanden verlieren, egal, ob wir wissen, was passiert oder nicht. Es wird immer etwas geben, das wir nicht wissen und das wird uns dann zum Verhängnis werden. Und es ist ganz egal wie hart wir kämpfen. Das ist kein Krieg gegen einen dunklen Herrscher oder gegen ein Volk, das man vielleicht noch besiegen kann. Dieser Gegner hier ist nicht zu besiegen. In keiner Weise. Er hat nichts, wo wir angreifen können, er ist ja nicht mal sichtbar für uns. Wir wurden besiegt, Herr Frodo."
"Aber irgendetwas... Es muss doch irgendetwas geben, dass..."
"Ja, es gibt etwas", fiel Sam ihm ins Wort. Dann stand er plötzlich auf, blickte wieder zum Himmel und schrie dann so laut er konnte: "Wenn du ihn sterben lässt, dann zerstöre ich dieses verdammte Rad der Zeit! Ich werde es in tausend Stücke zerhauen und es ist mir egal, was dann geschieht. Dann habe ich vielleicht nicht gewonnen, aber eins weiß ich: Du hast es auch nicht!"
"Das kann nicht die einzige Lösung sein", flüsterte Frodo, ohne, dass Sam es hörte.

Merry starrte vor sich hin und hielt seine Arme eng um seinen Körper geschlungen. "Vielleicht sollte ich jetzt wieder reingehen, er will nicht alleine sein", flüsterte er und stand auf.
"Kann man denn mit ihm sprechen", fragte Frodo während Sam sich an einen Baum lehnte und gar nichts sagte.
Merry nickte. "Ja, das kann man, wenn man weiß, was man ihm sagen will. Ich weiß es nämlich nicht mehr. Ich kann ihm nicht mal mehr Hoffnung machen, meistens sitze ich einfach nur neben ihm. Was willst du auch schon jemandem sagen, der ganz genau weiß, dass er stirbt? Es gibt nichts mehr, dass von Bedeutung ist."
"Das kenn ich", murmelte Sam und warf einen Blick auf Frodo, doch er wich ihm aus und blickte nur Merry mitleidig an. "Weiß er es denn?"
"Oh ja, ich glaube er wusste es schon die ganze Zeit, oder er hat es zumindest geahnt. Er hat darauf bestanden, dass die Heiler ihm die Wahrheit sagen, weil er diese Ungewissheit nicht ertragen konnte. Seitdem schläft er nicht mehr, er liegt nur noch da und starrte an die Decke. Ab und zu weint er, aber sonst... Ich habe schon so viel versucht, er reagiert auf nichts mehr. Er will nur, dass ich bei ihm bin, ich bin auch nur raus gegangen, weil ich einmal an die frische Luft wollte. Er wollte nicht mal, dass ich zu Aragorn gehe und es ihm sage. Aragorn kam gestern Mittag noch, um Pippin zu besuchen, aber da wussten wir es noch nicht. Wir wissen es erst seit gestern Abend", sagte Merry tonlos und seine Stimme klang rau.
Merry ging in Richtung Eingang und Frodo folgte ihm. Sam blickte ihnen hinterher und senkte dann den Kopf. Bevor Frodo und Merry in die Tür eintraten, hielt Frodo Merry sachte am Ärmel fest, um ihm zu zeigen, dass er kurz warten sollte. Es dauerte auch nicht lange, da blickte Sam auf und folgte ihnen, und über Frodos Mund huschte ganz kurz ein Lächeln, das aber sofort wieder erstarb.
In den Häusern der Heilung roch es nach den verschiedensten Kräutern. Nicht immer war es ein angenehmer Duft, überhaupt hatten die Häuser der Heilung etwas an sich, dass Frodo nicht mochte. Vielleicht lag es einfach nur daran, dass man nicht ohne Grund hierher kam. Entweder kam man, weil man selbst krank war oder man gin

g zu jemandem, der krank war, so wie sie es jetzt taten. Dadurch, dass die Hobbits barfuß waren, machten ihre Schritte keine Geräusche, doch hier und da hörte man die Heiler eilig über die Flure huschen. Das Echo, das die Schritte auslösten, war irgendwie so beunruhigend, auch wenn Frodo nicht recht wusste, woran das lag. Sie kamen an vielen Zimmern vorbei, von dem einen oder anderen stand die Tür offen und die Hobbits warfen ungewollt einen Blick hinein. Ein kleines Mädchen und ein kleiner Junge saßen auf dem Krankenbett von einem Mann, der wohl ihr Vater war und um seinen Arm einen Verband hatte. Eine Frau stand daneben und lächelte fröhlich.
In einem anderen Zimmer lag eine alte Frau und schlief friedlich. Und in einem weiteren Zimmer lag ein etwas älterer Junge, der sich mit einem Heiler unterhielt und einen neugierigen Blick auf die Hobbits warf, als sie an seiner Tür vorbeigingen.
Dann kamen sie vor einer verschlossenen Tür an und Merry drückte die Klinke runter und trat ein. Frodo folgte ihm und danach Sam. Frodo warf Sam einen vielsagenden Blick zu, als sie das Zimmer betraten, denn er war sichtlich gerührt bei dem, was er erblickte. Merry hatte sich große Mühe gegeben. Pippin lag in einem Bett, hatte die Augen geschlossen und um ihn herum standen drei Tische, auf denen Merry alles hingestellt hatte, was Pippin sonst so gerne mochte. Pilze, Kuchen, Äpfel hatte er kleingeschnitten, und allerlei andere Köstlichkeiten standen darauf, die Pippin aber weil es ihm so schlecht ging nicht essen konnte. Frodo war sich sicher, dass der Hobbit, selbst wenn er gesund gewesen wäre, das nicht alles geschafft hätte.
"Die Heiler waren so freundlich und haben mir erlaubt noch zwei Tische zu holen und ihm anderes Essen zu bringen, als das, was er hier bekommen hätte", sagte Merry, als er sah, wie Frodo und Sam sich die ganzen Sachen betrachteten. "Ich dachte, vielleicht kann ich ihm damit eine Freude machen", fügte Merry hinzu und schluchzte unwillkürlich.
"Das hast du", sagte Pippin ganz leise und alle blickten sofort auf ihn, als der Hobbit sich bewegte.
"Pippin, schau, wen ich mitgebracht habe", sagte Merry in bemüht freudigen Ton und setzte sich neben Pippin ans Bett.
"Hallo, ihr Beiden, wie schön, dass ich euch noch einmal sehe", sagte er leise und lächelte schwach.
Frodo wusste gar nicht, wie er darauf jetzt reagieren sollte, und so begrüßte er ihn ganz gewöhnlich mit einem "Hallo" und versuchte so gut wie möglich, sich nichts anmerken zu lassen. Auch Sam tat das und Merry zuckte nur mit den Schultern, als er Sams ratlosen Blick erkannte.
"Wie geht es dir", fragte Frodo, doch wusste er, dass diese Frage mehr als töricht war, aber schließlich musste er ja irgendetwas sagen.
"Ich bin so müde", antwortete Pippin und schloss die Augen.
Frodo fiel auf, dass seine Haut eine leichte aschgraue Farbe hatte. Er war irgendwie mager, obwohl er in den letzten zwei Tagen kaum viel abgenommen haben konnte, aber dennoch machte es den Anschein. Seine Augen waren dunkel umrandet. Sie wirkten irgendwie glasig und waren so schrecklich leer, wie Frodo fand. Seine Lippen waren blass und trocken und Frodo fand es erschreckend, wie der sonst so lebenslustige Hobbit in nur zwei Tagen sich derart verändern konnte.
Die Heiler hatten Pippin die Hand mit dem Schlangenbiss säuberlich verbunden und er hatte sie auf seinem Bauch ruhen.
"Warum schläfst du dann nicht", fragte Frodo und zog sich einen kleinen Stuhl an Pippins Bett um sich neben ihn zu setzten.
"Weil ich so schreckliche Angst habe, nicht mehr aufzuwachen", presste der Hobbit hervor und kaum merklich rann eine Träne seitlich aus seinem Auge. Merry nahm seine Hand, die ungewöhnlich kühl war und drückte sie sanft.
"Ich weiß, es ist verrückt, aber ich habe solche Angst einzuschlafen. Ich weiß, dass ich nichts verhindern werde, aber... Aber trotzdem, fürchte ich mich so, wenn ich die Augen zu mache", flüsterte Pippin und sah Frodo müde an.
"Ich verstehe...", sagte Frodo leise und schluchzte.
Sam wäre am liebsten aus dem Zimmer gegangen, er wusste nicht, was er sagen sollte und kam sich sehr schändlich vor. Er empfand zwar Trauer, aber er hatte fast den Eindruck, als würde die Wut im Moment überwiegen. Er wusste, dass wenn er jetzt das Zeitrad vor sich hätte, er nicht zögern wurde, es zu zerstören. Er schämte sich für diesen Gedanken, denn er wusste, dass er im Moment nicht mehr selbstlos war und er fürchtete, dass Nevturiel ihm jetzt ihre Hilfe verwehren würde. Es war ihm ganz egal, ob damit für alle anderen die Zeit ebenfalls stehen blieb, er wollte nur dieses Rad zerstören und genau das machte ihn in diesem Moment selbstsüchtig und er wusste das. Selbst wenn er jetzt wieder zu Nevturiel gehen würde, fürchtete er, dass sie die Zeit nicht noch einmal zurückdrehen würde und er wusste, dass Pippins Tod dann endgültig sein würde.
Obwohl er Merry von dem Rad der Zeit erzählt hatte, hatte er ihm auch gleich gesagt, dass man nicht beliebig oft daran drehen konnte. Merry schien es zu wissen, dass er seinen Freund verlieren würde, und dass die Hoffnung nicht groß war, dass sie es noch einmal ändern konnten. So gab ihm das wenig Hoffnung. Sam war am Überlegen, ob er Pippin nicht einfach vom Rad der Zeit erzählen sollte, das würde ihm vielleicht die Angst vor dem Sterben nehmen, auch wenn sein Tod vielleicht doch endgültig war. So hätte er wenigstens etwas, worauf er hoffen könnte, auch wenn es sinnlos war. Doch Sam verwarf diesen Gedanken, denn er wollte seinen Freund nicht derartig belügen. Das könnte er sich nie verzeihen und außerdem fürchtete er, dass Pippin es ihm eh nicht glauben würde, sondern stattdessen, es für bloße Hoffnungsmache hielt, womit er ja nicht mal Unrecht hätte.
"Glaubt ihr, es geht irgendwie weiter nach dem Tod", fragte Pippin und atmete hörbar aus.
Frodo zuckte mit den Schultern. Wenn er sich an seinen Tod erinnern könnte, dann hätte er ihm eine Antwort geben können, aber jetzt wusste er nicht, was er darauf antworten sollte.
Für eine Weile herrschte völliges Schweigen. Nichts war zu hören, außer irgendwelche leisen Geräusche, die aus dem Nebenzimmern drangen.
Frodo war völlig in Gedanken versunken, als er plötzlich Pippins Hand an seinem Kragen spürte. Der Hobbit zog ihn zu sich hinunter und wimmerte vor sich hin. "Ich will doch noch nicht sterben, Frodo. Warum? Warum muss ich denn sterben, ich habe solche Angst davor, ich... Ich... Ihr könnt mich doch nicht einfach so sterben lassen..."
Er weinte laut und drückte sein Gesicht an Frodos Schulter. Der Hobbit nahm ihn in den Arm und spürte, wie sein Freund zittere und fast schon bebte vor Angst und Verzweiflung. Pippin krallte sich völlig an Frodo fest und schluchzte immer wieder: "Ich will nicht sterben." Frodo behielt ihm tröstend im Arm; Es zerschnitt ihm das Herz, wie Pippin weinte. Jeder Schluchzer des kleinen Hobbits ging ihm unter die Haut und er musste sich stark zusammennehmen, um nicht selber zu verzweifeln. Wenn er ihm doch nur helfen könnte. Merry schien das gleiche zu denken, er blickte sich hilflos um und sah dann, wie Sam zur Tür hinaus verschwand. Ohne zu überlegen folgte er ihm und ließ Frodo mit Pippin in den Armen zurück, der immer noch laut schluchzte und sich gar nicht beruhigen wollte.
Sam eilte durch den Flur und sein Magen schmerzte heftig. Er konnte es nicht ertragen, wie Pippin förmlich darum flehte, nicht sterben zu müssen.
"Hilf ihm, Sam", hörte er Merrys Stimme hinter sich den Flur entlang hallen.
Langsam drehte sich Sam um und wartete, bis Merry vor ihm stand.
"Wie kannst du da zusehen, Sam? Hilf ihm endlich, sag ihm irgendwas, oder geh und drehe an diesem verdammten Rad", sagte Merry, doch seine Stimme klang seltsam aufgewühlt.
"Ich glaube, ich kann ihm nicht helfen, Merry", flüsterte Sam.
"Wieso nicht? Bei Frodo konntest du es doch auch! Wieso geht es jetzt nicht mehr", fragte Merry und seine Stimme wurde immer lauter, so dass Sam zusammenzuckte.
"Ja, ich konnte Frodo helfen und was habe ich ausgelöst? Sieh es dir doch an, Merry!"
Ohne, dass Sam damit rechnete, stieß ihn Merry unsanft an die Wand. "Ich sehe, dass Frodo lebt und Pippin stirbt", donnerte er.
Sam sah ihn verständnislos an. "Wenn ich könnte, wurde ich mit ihm tauschen", flüsterte er.
"Ach ja, natürlich, du würdest mit ihm tauschen. Warum glaube ich dir das nicht, Sam? Du hast eine Frau und Kinder und das würdest du alles so aufgeben? Lüg doch nicht!"
"Weißt du eigentlich was es für ein Gefühl ist für alles die Verantwortung zu haben? Weißt du, was es für ein Gefühl ist wegen allem die Schuld zu haben? Wenn er stirbt habe ich die Schuld, Merry, und ich bin mir dessen sehr wohl bewusst! Glaubst du nicht, wenn ich es ändern könnte, würde ich es tun? Aber ich sehe, dass es keinen Sinn macht. Es ist hart das zu sagen, ich weiß und es ist hart das zu akzeptieren, aber ich glaube Nevturiel wird mir nicht mehr helfen, selbst wenn ich sie darum bitte." Er machte eine Pause und sah Merry fest in die Augen.
"Und vielleicht ist es das, was sie die ganze Zeit wollten. Jetzt haben sie uns so weit, dass wir uns mit unserem Schicksal abfinden müssen."
Sam sah, wie Wut in Merrys Augen aufblitzte. Er drückte Sam immer weiter gegen die Wand. "Sag mir, wo dieses verdammte Zeitrad ist und ich gehe da selbst hin, wenn du zu feige bist!"
"Damit dir dasselbe passiert wie mir?"
"Das ist immer noch besser, als jetzt zuzusehen, wie Pippin stirbt!"
Frodo trat plötzlich aus der Tür und blickte die Beiden entgeistert an. Er fürchtete fast, Merry würde mit seiner Hand ausholen, so wütend war er.
"Was macht ihr denn da? Seid ihr völlig verrückt", schrie er über den Flur.
Merry schien erst jetzt zu bemerken, dass er im Begriff war auf Sam loszugehen und völlig verstört ließ er von Sam ab und trat ein paar Schritte zurück.
"Es liegt nicht mehr in meiner Macht, Merry. Ich glaube, das hat es noch nie getan. Ich habe es eine zeitlang gedacht, doch ich wurde eines Besseren belehrt", sagte Sam leise und drehte sich dann um, um hinaus zu gehen.
Merry lehnte sich keuchend an die Wand und sah zu Frodo, der auf ihn zu kam.
"Merry, er schläft jetzt. Du solltest wieder zu ihm gehen, er braucht dich, wenn er wieder aufwacht", sagte Frodo, und vermied bewusst, über das zu sprechen, was er gerade gesehen hatte. Merry nickte nur stumm und ging dann wieder zu Pippin.
Frodo folgte Sam hinaus.

Sam und Frodo gingen ohne ein Wort zu sagen zu Aragorns Palast um zu berichten, was sie gerade erfahren hatten. Auf dem Weg dorthin trafen sie Lhunroth und seine Männer, die in einiger Entfernung standen. Lhunroth winkte ihnen zu und die Hobbits erwiderten den Gruß. Ohne auch nur ein Wort mit den Wachen zu wechseln traten sie ein und fragten dann ein Dienstmädchen, wo sich der König gerade aufhielt. Sie vermutete ihn im Thronsaal, also machten sich Sam und Frodo wieder auf den Weg dorthin. In der Tat fanden sie Aragorn dort, aber zu ihrer großen Überraschung, war er nicht alleine. Gandalf, Legolas und Gimli waren ebenfalls da und unterhielten sich angeregt. Die Hobbits machten so traurige Gesichter, dass alle sofort zu ihnen sahen.
"Ihr seid auch da", stellte Sam leise an Gandalf, Legolas und Gimli gewand fest.
"Ja, seit ein paar Stunden bereits, wir sind aber erst vor kurzem hier im Palast eingetroffen", antwortete Gandalf.
"Was ist denn geschehen", fragte Aragorn und sah die Hobbits auffordernd an.
"Pippin... Er... Er.... Die Heiler können das Gift nicht aus seinem Körper kriegen. Er hat nur noch höchstens zwei Tage", stotterte Frodo.
"Der arme Kleine", murmelte Gimli und sah zu Legolas hoch.
"Woran liegt es", fragte der Elb und beobachtete die Hobbits aufmerksam.
Beide zuckten nur mit den Schultern.
"Ich denke, es liegt wohl daran, dass die Heiler nicht viel Erfahrung mit Schlangengift haben. Als ich neulich dort war um Pippin zu besuchen, da konnten mir die Heiler zwar noch nicht sagen, dass es so schlimm um Pippin steht, weil sie noch nichts genaues wussten, aber der Heiler meinte, dass sie so wenig Erfahrung hätten und hofften die Sache trotzdem meistern zu können", erklärte Aragorn und senkte den Kopf. "Es tut mir so leid."
"Sie haben keine Erfahrung mit Schlangengift", fragte Frodo ungläubig.
"Woher denn? Hier gibt es kaum Schlangen und die meisten von ihnen sind ungiftig. Sie haben halt einfach keine Erfahrung damit", erklärte Aragorn weiter.
"Ich schon", bemerkte Legolas und alle hoben die Köpfe.
"Was", fragte Sam.
"Ich weiß ein bisschen über Schlangengift. Im Düsterwald gibt es ein paar Giftschlangen und einige Elben stellen gelegentlich Mittel her, die bei Schlangenbissen als Gegengift wirken. Ich habe da mal zugesehen", bemerkte der Elb.
"Du weißt, wie man ein Gegenmittel herstellt", fragte Sam nach und seine Stimme zitterte vor Aufregung.
"Ich könnte es ja versuchen."
Sam lächelte den Elben dankbar an und auch Frodo atmete einmal erleichtert durch.
"Ich kann nichts versprechen, aber ich bin bereit es zu versuchen", bemerkte Legolas.
"Immer noch besser, als nichts tun zu können und auf seinen Tod zu warten", sagte Frodo.
"Ach komm, ein bisschen elbische Heilkraft, dann geht das schon", meinte Gimli und zupfte Legolas am Ärmel.
"Du kannst gleich mitkommen, dich kann ich gut gebrauchen", stellte Legolas fest und schmunzelte, als der Zwerg etwas verdattert guckte.
"Wenn´s wichtig wird, werde ich immer gebraucht", stellte der Zwerg zufrieden fest.
"Kann ich etwas tun", fragte Aragorn.
"Nein, ich glaube mit Gimli habe ich Hilfe genug. Ich werde erst mal zu den Häusern der Heilung gehen und fragen, was das für eine Schlange war. Das ist wichtig", antwortete der Elb.
"Das kann ich dir auch sagen", bemerkte Sam. "Ich habe sie noch sehr gut in Erinnerung, schließlich ist sie über mich hinweggekrochen".
"Um so besser. Wie sah sie aus", wollte Legolas wissen.
Sam teilte dem Elben jedes Detail mit, an das er sich erinnern konnte. Die Farbe, die Größe, alles was er wusste erzählte er. Legolas hörte dabei aufmerksam zu und fragte danach, wie Pippins Zustand wäre. Der Hobbit erklärte ihm auch das und wo er etwas vergessen hatte, ergänzte ihn Frodo. Als die beiden Hobbits geendigt hatte drehte Legolas sich stirnrunzelnd zu Aragorn um.
"Du sagst es gibt hier nicht viele Schlangen... Wenn ich eine finden wollte, wo müsste ich suchen", fragte er.
Aragorn überlegte eine ganze Weile und meinte dann: "Zwei Stunden von hier gibt es ein kleines Stück Wald. Da liegen viele Steine und Baumstämme und da gibt es auch gelegentlich eine Schlange, aber das dauert, bis man da was findet, fürchte ich."
"Dann sollten wir da gleich hingehen", meinte Legolas und blickte zu Gimli. Der Elb fragte Aragorn nach dem genauen Weg und Aragorn erklärte ihm genau, wo er hin musste.
"Glaubst du, du kannst ihm helfen", fragte Sam, nachdem Aragorn geendigt hatte.
Legolas lächelte. "Ich glaub, ich weiß, wie ich ein Gegengift herstellen kann."
"Du musst dich aber beeilen, sonst ist es zu spät", bemerkte Frodo.
"Es wird bald dunkel, Legolas", meinte Aragorn.
"Ich weiß, aber das ist nicht mal schlecht. Schlangen sind oft im Dunkeln aktiv."
"Viel Erfolg, ich hoffe, ihr Beiden schafft das", sagte Gandalf.
Legolas nickte und eilte mit Gimli im Schlepptau hinaus.
Gandalf warf den Hobbits einen vielsagenden Blick zu und die Beiden erwiderten ihn. Gandalf erkannte sehr wohl, dass es ein großen Glück war, dass er gerade jetzt mit dem Elb und dem Zwerg hier eingetroffen war.
Ohne viel nachzudenken und etwas zu sagen eilten die Hobbits wieder zurück zu den Häusern der Heilung, denn jetzt hatten sie etwas, womit sie ihren Freunden Hoffnung machen konnten und sie würden dabei nicht lügen müssen...

Legolas holte sein Pferd und führte es, ohne aufzusteigen, an den Zügeln bis an den Rand von Minas Tirith. Gimli folgte ihm bereitwillig und sagte nicht mal etwas über das schnelle Tempo des Elben, bei dem er aufpassen musste, nicht zurück zu fallen. Erst, als ein heftiger Stich durch seinen Kopf fuhr, der ihn zusammenzucken ließ, blieb er stehen und fasste sich verwundert an die Stirn. Ein schwarzer Schleier legte sich kurz über seine Augen, der sich jedoch sofort wieder aufklarte. Der Zwerg machte einen Schritt nach vorne und wurde wieder von mehreren Stichen hintereinander heimgesucht, die sich durch seinen Kopf zogen und ihn fest die Augen schließen ließen, in der Hoffnung, sie würden dann verebben.
"Gimli, wo bleibst du denn", hörte er Legolas in etwas weiterer Entfernung rufen.
"Ich komme gleich", rief Gimli zurück und rieb sich die Stirn.
Der Schmerz in seinem Kopf blieb, als Gimli sich nach einigen Momenten wieder in Bewegung setzte. Er entflammte mal so stark, dass er den Zwerg zusammenfahren ließ und dann klang er wieder fast völlig ab.
"Was hast du denn", wurde er von Legolas gefragt, als er sich dem Elben näherte, der auf ihn gewartet hatte. Legolas hatte eine besorgte Mine aufgesetzt und beobachtete den fast wankenden Gang des Zwerges.
Gimli antwortete nicht, stattdessen meinte er nur: "Können wir vielleicht jetzt schon auf das Pferd aufsteigen, wir sind doch weit genug aus der Stadt."
Gimli wollte sich nur so wenig wie möglich bewegen und endlich sitzen. Er mochte es zwar gar nicht auf einem Pferd zu reiten, aber er wollte jetzt nichts sagen, sondern viel mehr mit Legolas losziehen, um Pippin zu helfen.
Der Elb musterte ihn kritisch und wollte etwas sagen, doch Gimli kam ihm zuvor. "Du brauchst nicht so besorgt gucken, es ist alles in Ordnung, kommst du jetzt?"
Damit machte er Anstalten auf das Pferd zu steigen und Legolas wunderte sich zwar, tat es dann aber seinem Freund gleich.
Der Zwerg schloss hinter dem Elben sofort die Augen und hoffte, dass die Stiche in seinem Kopf endlich abklingen würden. Bei jeder Bewegung, die er tat, loderten sie auf und er dachte schon, sie würden ihn gar nicht wieder loslassen, so endlos lang kamen ihm die Sekunden vor, in denen ihn der Schmerz festhielt.
Legolas lenkte sein Pferd das letzte Stückchen aus Minas Tirith hinaus und kam dann zusammen mit Gimli wieder in die Wildnis hinein. Wiesen, die aus wilden Gräsern bestanden und auf denen Büsche wuchsen zeigten nur deutlich, dass sie die Stadt wieder verlassen hatten.
Sie waren nicht lange geritten, als Gimli plötzlich merkte, wie der Elb vor ihm zusammenzuckte. Er fasste sich an die Linke Seite und krümmte sich leicht auf dem Pferd zusammen. Gimli runzelte die Stirn und war sich nicht sicher, ob er etwas fragen sollte, oder nicht. Noch ehe der Zwerg dies recht überdenken konnte, hielt Legolas das Pferd an und begann hinunterzusteigen. Er hatte seinen Arm immer noch an der Seite, mit dem anderen stützte er sich am Pferd ab und schloss die Augen.
"Geht es dir nicht gut", fragte Gimli, dessen Kopfschmerzen langsam weggingen und jetzt nur ganz gering vorhanden waren.
Der Elb antwortete nicht, stattdessen beugte er sich einmal hinunter, presste seine Hand fest auf seine Seite und keuchte angestrengt. Er hustete und ein merkwürdiger metallischer Geschmack drang ihm in den Mund. Nicht mal wenn er mehrere Stunden hintereinander schnell lief, verspürte er diese Atemlosigkeit, die er im Moment verspürte.
"Legolas", hörte er Gimlis raue Stimme und spürte eine Berührung an seinem Arm. Der Zwerg war ebenfalls vom Pferd hinuntergestiegen und stand nun ängstlich dreinblickend vor seinem Freund. Legolas richtete sich wieder auf und lehnte sich völlig erschöpft ans Pferd. Er war blass und auf seiner Stirn glänzte der Schweiß.
"Bei meinem Barte... Was...", begann Gimli seine Frage.
"Es geht schon, mir fehlt nichts", fiel ihm Legolas ins Wort.
"Es geht schon", wiederholte der Zwerg spöttisch. "Du solltest dich mal ansehen, du siehst aus ein Geist. Das ist ja gruselig!"
Legolas zog die Augenbraue hoch und musterte den Zwerg kritisch für diese Äußerung. Er stellte sich möglichst gerade hin und versuchte ein beleidigtes Gesicht aufzusetzen.
"Bist du krank", fragte Gimli und ignorierte Legolas´ Blick.
"Das ist eigentlich unmöglich, ich werde nicht krank", erwiderte er.
"Vielleicht ist es irgendeine ominöse Elbenkrankheit, du siehst wirklich nicht gut aus", bemerkte der Zwerg besorgt.
"Selbst wenn, das spielt jetzt keine Rolle, wir müssen weiter.
"Ich hatte vorhin Kopfschmerzen, vielleicht liegt es am Wetter", überlegte Gimli, doch das Wetter konnte eigentlich nicht der Grund sein. Es war weder sonderlich heiß, noch sehr kalt und das Wetter machte dem Elb in der Regel nicht viel aus.
Legolas zuckte mit den Schultern und versuchte den stechenden Schmerz zu ignorieren, doch er musste sich eingestehen, dass er ein ungutes Gefühl hatte und sich über diesen aus heiterem Himmel kommenden Schmerz doch reichlich wunderte.
Legolas versuchte sich nichts anmerken zu lassen, als er wieder aufs Pferd stieg und kniff verbissen die Augen zusammen. Gimli merkte es sehr wohl, sagte aber nichts. Er beschloss für sich, seinen Freund im Auge zu behalten.

Sie ritten weiter und kamen schließlich zu dem Ort, den Aragorn ihnen beschrieben hatte. Legolas machte sich, kaum war er vom Pferd gestiegen daran, den Boden zu betrachten. Er suchte nach Spuren, die darauf hindeuteten, dass vielleicht eine Schlange in der Nähe war.
"Mal eine bescheidene Frage, wozu brauchst du eine Schlange", murmelte Gimli, während er etwas nutzlos in der Gegend herumstand.
"Ich brauche das Gift einer Schlange, damit es gegen das Gift, das Pippin im Körper hat wirkt."
"Du willst dem Hobbit Gift geben", fragte Gimli leicht entrüstet.
"Ja, aber nicht nur. Da kommen auch noch ein paar Kräuter und andere Bestandteile dazu."
"Wie beruhigend", murmelte Gimli so leise, dass Legolas es nicht verstand.
"Und wie willst du hier Schlangenspuren erkennen? Nicht mal ich hinterlasse hier Spuren auf dem Boden", fragte er weiter.
"Vielleicht hat sich ja irgendwo eine Schlange gehäutet oder wir finden durch Zufall Spuren auf dem weichen Sand. Das würde dann ein guter Hinweis sein..."
Gimli nickte und begann dann den Boden ebenfalls zu begutachten, obwohl er nicht genau wusste, worauf er achten sollte und vom Spurenlesen hatte er eh wenig Ahnung. Er wollte aber auch nicht einfach so rumstehen, also lief er in gebückter Haltung umher und betrachtete sich alles.
Dem Zwerg kam es vor, als wären Stunden vergangen. Der Elb schien sich jeden Zentimeter der Erde zu betrachten und war unermüdlich dabei, immer weiter in den Wald hineinzugehen. Gimli folgte ihm, doch hatte er selbst nicht die Hoffnung etwas zu finden. Stattdessen beobachtete er seinen Freund, der sich immer noch des öfteren an die Seite griff und dessen Atem so laut war, dass Gimli es als sehr unnormal erachtete. Als er ihn jedoch noch mal darauf ansprach, antwortete Legolas nur knapp, dass Gimli sich keine Sorgen machen brauchte.
Gimli beobachtete, wie sein Freund unter eine große Kiefer kroch, deren Äste fast bis zum Boden reichten.
"Ich hab was", rief der Elb und Gimli wurde ganz aufgeregt.
Legolas zog eine milchig weiße Schlangenhaut hervor, die er Gimli vor die Nase hielt. Der Zwerg machte ein angewidertes Geräusch.
"Dort unten ist eine alte Wurzel, die tief in der Erde steckt und eine kleine Höhle bildet. Es ist zwar nichts drin, aber schau, was ich gefunden habe. Vielleicht ist die Schlange auf Jagd und kommt hierher zurück", erklärte Legolas.
"Schön, und du willst hier auf sie warten", fragte der Zwerg skeptisch.
"Ich wollte dich eigentlich bitten das zu machen, ich wollte ein paar Kräuter suchen gehen."
Gimli setzte eine entrüstete Miene auf. "Aber.... Aber, du kannst mich doch nicht hier alleine lassen! Ich habe doch keine Ahnung wie ich eine Schlange fange."
Legolas gab ihm eine Tasche und erklärte ihm dann, wie es anzustellen sei. Er sagte ihm, wo er sich hinlegen sollte, damit die Schlange ihn nicht so schnell wittern würde und nannte noch einige andere nützliche Dinge.
Nach nur kurzer Zeit lag der Zwerg brummend unter der Kiefer. Die Tasche in der Hand und skeptisch die Wurzel betrachtend.
"Toll, immer dasselbe", murmelte er, als er Legolas noch tiefer in den Wald laufen sah.
Es schienen Stunden zu vergehen. Gimli verfluchte es innerlich, dass er sich zu dieser Aufgabe hatte überreden lassen. Nur gut, dass heute Vollmond war und so wenigstens ein bisschen was zu sehen war. Aber die Sicht war trotzdem nicht gerade gut unter diesem Baum. Der Zwerg machte sich so seine Gedanken.
Wer wusste, ob die Schlange überhaupt zurückkam und wenn ja, wann?

Doch sie sollten Glück haben. Gimli hörte erst ein zaghaftes Rascheln und dann sah er, sich im Laub etwas bewegen, dass fast schon zu schnell für sein Auge war. Er hielt Ausschau nach dem Elb, doch konnte er ihn nirgends entdecken. Gimli wurde von einer Nervosität ergriffen. "Hoffentlich kann er nicht bald für zwei sein Giftgebräu mischen", dachte er.
Die Schlange kroch relativ träge über den Boden und witterte nur schwach einen anderen Geruch. Doch sie setzte ihren Weg fort, in ihr Versteck unter der Kiefer. Der Zwerg sah sie nur schemenhaft. Wenn er ehrlich war, wusste er nicht mal genau wo vorne und hinten war. Er beschloss für sich, einfach die Tasche auf das Tier zu werfen, obwohl das nicht die Fangmethode war, die Legolas ihm erklärt hatte. Der Zwerg richtete sich so leise wie möglich auf und hielt die Tasche bereit. Das Geräusch jedoch, das der Zwerg dabei machte, ließ die Schlange, die Gimli mittlerweile ziemlich nahe war, erschreckt hochfahren und eine bedrohliche Stellung einnehmen. Der Zwerg schluckte und versuchte so ruhig wie möglich zu sein, als er den kleinen Kopf fast vor seinen Augen erkannte. Gimli bekam feuchte Hände. Er sah nur den schwarzen Umriss, aber das genügte vollkommen. "Wie konnte er mich nur alleine lassen", fuhr es ihm durch den Kopf, als er sich der gefährlichen Situation bewusste wurde.
Dann plötzlich nahm Gimli eine schnelle Bewegung wahr und schloss die Augen.
Als er sie wieder öffnete, erkannte er Legolas, der die Schlange am Kopf gepackt hatte und das zappelnde Tier energisch fest hielt. Der ganze Leib peitschte hin und her, aber den Kopf hatte der Elb so fest in der Hand, dass die Giftzähne keine Gefahr mehr darstellten.
Gimli atmete erleichtert aus und seine Glieder entspannten sich wieder.
"Wie kannst du mich alleine lassen und noch dazu mit so einem Monstrum", entfuhr es dem Zwerg. "Es hätte mich beinahe gebissen!"
"Es ist kein Monstrum, ich will nicht sehen wie du reagierst, wenn jemand vor deiner Erdhöhle rumlungert. Und außerdem bin ich ja rechtzeitig gekommen", schmunzelte Legolas.
"Das ist überhaupt kein Vergleich! Ich beiße nicht", protestierte der Zwerg.
"Dafür hast du deine Axt."
Gimli murmelte etwas vor sich hin, dann fragte er: " Woher weißt du eigentlich, dass es eine Giftschlange ist?"
"Sie hat schlitzförmige Augen und wenn sie den Mund aufmacht siehst du ihre beiden Giftzähne. Gib mir die Tasche", forderte Legolas ihn auf.
Er tat das zappelnde Tier hinein und versicherte Gimli, dass sie auch nicht hinauskommen würde und auch nicht, wie der Zwerg es befürchtete, durch die Tasche beißen würde.
Legolas hatte der Weile den Großteil seiner Zutaten, die er brauchte, zusammen. Den Rest, so war er sich sicher, würde er auch noch in Minas Tirith irgendwie bekommen. So machte er sich gemeinsam mit dem Zwerg, der sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, auf den Rückweg.

Am frühen Morgen stand Aragorn auf seinem Balkon und blickte hinunter auf den Platz mit dem Springbrunnen. Er war gestern, kaum waren Gimli und Legolas fort gewesen, noch zu den Häusern der Heilung gegangen um Pippin zu besuchen. Leider hatte der Hobbit die frohe Botschaft seiner Freunde nicht ganz so gut aufgenommen, wie erhofft. Zwar hatte er gelächelt, aber er hielt das ganze mehr für eine Hoffnungsmache, so wie Sam es fast schon befürchtet hatte. Nicht einmal Aragorn hatte ihn mit seinen ernsten Worten so richtig von dem Gegenteil überzeugen können. So war Aragorn wieder gegangen, Sam und Frodo hatten ebenfalls beschlossen so lange wie möglich bei Pippin zu bleiben und Merry wachte ohnehin rund um die Uhr an seiner Seite.
Aragorn stützte sich müde auf die Brüstung. Er hatte nicht gut geschlafen in dieser Nacht und ein Grund war natürlich ebenfalls die Sorge um Pippin, der andere jedoch war sein Bein und seine Schulter. Er war gestern eine Treppe hinuntergegangen und dabei ganz plötzlich zusammengesackt, als ihm ein heftiger Stich durchs Bein fuhr. Dabei hatte er sich am Treppengeländer festgehalten und musste sich wohl irgendwie die Schulter gezerrt haben, so wie er vermutete. Die halbe Nacht hatte er wach gelegen und dieses kontinuierlichen Stechen in seinem Oberschenkel verflucht, von dem er nicht einmal wusste, woher es eigentlich kam. Und nun war er am frühen Morgen aufgewacht, zum Balkon gehinkt und starrte hinab. Er hätte so gerne noch geschlafen, doch er wusste, dass er keinen Schlaf mehr finden würde.

Er vernahm leise Schritte und erblickte Legolas, der eilig über den Platz gelaufen kam, in der Hand hatte er eine Tasche. Der Elb erblickte ihn und teilte ihm mit, dass er und Gimli erfolgreich bei ihrer Suche gewesen waren. Aragorn lächelte ihn an und Legolas erklärte, dass er sofort in die Häuser der Heilung gehen würde. Aragorn bemerkte, dass er auch bald nachkäme und der Elb huschte weiter.
Kurz darauf kam Gimli hinter drein getrottet. Er fluchte leise vor sich hin, so viel konnte Aragorn schon hören und schmunzelnd sah er auf die kleine Gestalt, die mürrisch dahertrottete. Ein langer Ast der Kiefer hatte sich in seinem Helm verklemmt und sah aus wie eine große, grüne Feder. Er war schmutzig und allerlei Blätter und kleine Äste hingen in seiner Kleidung.
Auch der Zwerg erblickte Aragorn auf dem Balkon und erkannte sofort seinen verwunderten Blick.
"Frag erst gar nicht", murrte er und setzte seinen Gang fort, ohne weiter auf Aragorn zu achten.
Aragorn machte sich daran aus dem Zimmer zu gehen, so schnell er es vermochte den Flur entlang zu laufen und durch eine Tür auf den Platz zu gelangen, wo er Gimli abfing.
"Was ist los", fragte er den Zwerg, der einen sehr beleidigten Blick aufsetzte.
"Na was schon. Ich musste auf diese blöde Schlange warten. Unter einer Kiefer im Dreck versteht sich, während das Spitzohr auf Kräutersuche war. Bis dieses Vieh kam, verging viel Zeit. Und zu allem Überfluss hätte mich dieser riesige Wurm auch noch fast gebissen", donnerte Gimli und begann sich die Blätter von der Kleidung abzuzupfen.
"Ich verstehe, aber es war doch für einen guten Zweck", beschwichtigte ihn Aragorn.
"Ja, das stimmt. Eins steht jedenfalls fest, das nächste mal gehe ich auf Kräutersuche, und Legolas liegt unter der Kiefer!"
Aragorn schmunzelte vor sich hin. "Sei nicht immer so brummig, du hast doch deine Sache gut gemacht."
"Ich bin nicht brummig, ich bin müde. Und Hunger hab ich. Ach ja und baden würde ich gerne, mich juckt es überall von dem Dreck."
"Gimli, du bist ein Zwerg, du wühlst normalerweise öfters in der Erde. Es dürfte dich wenig stören unter der Kiefer zu liegen. Oder hast du dir von Legolas schon zu sehr die elbischen Verhaltensweisen abgeguckt", fragte er und lächelte.
"Nein, ich bin ein Zwerg und ich habe keine elbischen Verhaltensweisen. Außerdem ist es etwas anderes ob man in einer schönen Erdhöhle nach Reichtümern schürft, oder in einem dunklen Wald unter einem blöden Baum liegt", gab der Zwerg trotzig zurück.
Aragorn lachte und entfernte den Ast aus Gimlis Helm. "Hier, das steht dir nicht. Geh rein, da kannst du essen, baden und schlafen. Ich danke dir schon mal für deine Bemühungen", sagte Aragorn und klopfte ihm auf die Schulter.
"Ja, ja", brummte der Zwerg nur und setzte sich sogleich in Bewegung.
Aragorn folgte ihm, um sich umzuziehen und dann Legolas in die Häuser der Heilung zu folgen.

Der Elb huschte weiter und traf Lhunroth und zwei seiner Männer, die schon früh auf den Beinen waren und auf dem Weg zu den Ställen waren. Als Legolas Lhunroth erblickte traf ihn ein schmerzlicher Stich in die Seite und er hatte das merkwürdige Gefühl diesen Mann zu kennen. Er blieb kurz stehen und stutzte, griff sich wieder an die Seite und keuchte leise auf. Lhunroth sah den Elben, ihn überkam das schlechte Gewissen und er setzte seinen Weg fort, ohne Legolas groß zu beachten. Er nickte ihm nur flüchtig zum Gruß zu und der Elb erwiderte es. Dann lief Legolas weiter, doch irgendwie hatte er ein merkwürdiges Gefühl. Er überlegte angestrengt. Hatte er diesen Mann schon einmal gesehen?

Legolas betrat die Häuser der Heilung und suchte als erstes jemandem, der ihm weiterhelfen konnte. Er traf auf die zierliche Heilerin, die ihn neugierig musterte.
"Ihr müsst der Elb sein, der sich mit Gift auskennt, oder", fragte sie ihn und Legolas nickte.
"Die kleinen Herren haben mir bereits von euch erzählt, aber ich muss euch etwas sagen."
Legolas sah sie leicht erschreckt an, ihr Ton klang keinesfalls zuversichtlich.
"Wir haben getan was wir konnten, aber die Wirkung des Giftes wird immer stärker. Wir haben ihm ein Mittel gegeben, dass das Schlimmste etwas herauszögert, aber die Auswirkungen werden immer schlimmer", sagte die Heilerin bedrückt.
"Was für Auswirkungen", fragte Legolas.
"Seit heute Nacht krampft er beinahe regelmäßig. Sein Herzschlag ist völlig unregelmäßig und er klagt über starke Schmerzen."
Legolas nickte bedrückt. "Ich muss mich beeilen."
Er fragte die Heilerin nach ein paar Zutaten, die er brauchte und sie sagte ihm, dass sie sie zusammensuchen würde. Es würde nur wenige Minuten dauern und Legolas beschloss die Zeit zu nutzen und nach Pippin zu schauen.
"Er ist im Moment alleine, der andere kleine Herr besorgt schon wieder etwas zu essen für ihn, das er doch nicht essen kann. Es ist ein Jammer", erzählte ihm die Frau.
Die Heilerin wies Legolas den Weg, bevor sie verschwand, um die restlichen Zutaten zu suchen.
Der Elb betrat das Zimmer und staunte, wie Sam und Frodo vor ihm, wie viel Mühe Merry sich gab bei der Pflege seines kranken Freundes.
Der Elb ging hinüber zu dem kranken Hobbit, der kreidebleich in seinem Bett lag und mehr als elend aussah. Pippin hatte die Augen halb geöffnet und sah Legolas angestrengt an. "Hallo Legolas. Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns auf so eine Art und Weise wiedersehen würden", sagte der Hobbit schwach.
"Ich auch nicht, aber du musst mir vertauen, ich habe bald alle Zutaten, die ich brauche um dir zu helfen", sagte Legolas beruhigend und setzte sich neben den Hobbit aufs Bett.
"Du meinst das ernst? Wie willst du das anstellen?" Pippin sah ihn wehmütig an.
"Ich werde ein Gegengift herstellen. Es wird nicht mehr lange dauern."
Pippin lächelte schwach. Dann verzog er schmerzlich das Gesicht.
"Meinst du, du schaffst das?"
"Ich gebe mir alle Mühe. Die Chancen stehen nicht schlecht. Ich brauche nur ein bisschen Zeit."
Der Hobbit nickte und verzog wieder das Gesicht. Dann begann er plötzlich am ganzen Leib zu zittern, so als hätte er Fieber, oder als ob ihm kalt wäre. Legolas wusste, dass es ein Krampf war und legte dem zitternden Hobbit die Hand auf die Stirn. Legolas spürte, wie das Zittern auf seinen Arm überging. Er flüsterte ganz leise elbische Worte und schloss die Augen.
Die elbische Kraft, die von ihm ausging, ließen den Hobbit wieder zur Ruhe kommen und erschöpft in die Kissen zurücksinken. Pippin spürte, wie Legolas´ Berührung den Krampf löste und sogar den Schmerz, der in ihm tobte, linderte. Der Elb legte ihm zwei Finger auf den Hals und bemerkte den ziemlich unregelmäßigen Puls. Eile war in der Tat geboten, lange würde Pippin nicht mehr durchhalten, und die elbischen Heilkräfte allein würden daran auch nichts ändern. Sie halfen nur in diesem Moment, aber wirkten nicht gegen das Gift. Der Elb ließ den schwer atmenden Hobbit alleine und eilte aus dem Zimmer. Merry kam ihm auf dem Weg entgegen, doch wechselten sie nur wenig Worte. Legolas zog sich in ein Zimmer zurück und begann die einzelnen Zutaten sorgsam zusammenzumischen. Die Heilerin hatte ihm die letzten Kräuter gebracht, die noch gefehlt hatten und so konnte er endlich anfangen. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Elb alles klein gerieben hatte und alles so vermischt hatte, wie es sein sollte. Dann holte er ganz vorsichtig die Schlange aus der Tasche, die er die ganze Zeit bei sich gehabt hatte. Er nahm einen kleinen Becher und hielt seine Hand mit dem Schlangenkopf davor. Das Tier biss sofort in den Rand des Bechers und das Gift lief hinein. Es waren nur wenige Tropfen, doch sie würden genügen, dessen war Legolas sich bewusst. Er träufelte sie über die zusammengemischten Kräuter und begann dann, ein Kraut, von dem er wusste, dass es ein bewährtes Mittel bei den Elben war, in ein wenig Wasser zu kochen und einen Extrakt herzustellen. Das Kraut hatte einen unangenehmen Geruch, doch der Elb war von der Wirkung überzeugt. Er mischte auch den Extrakt unter die Kräuter und das Gift und es entstand eine bräunliche Flüssigkeit, die er stehen und ziehen ließ. Mehrere Stunden würde es brauchen, bis die Wirkung voll entfaltet war und er wusste, dass hier das eigentliche Problem lag. Legolas hoffte inständig, dass ihm diese Stunden noch bleiben würden.
Aragorn erschien in den Häusern der Heilung und wurde ebenfalls von dem sich verschlechternden Zustand von Pippin unterrichtet. Frodo und Sam kamen und besuchten Pippin wieder und bald erschien auch Gandalf und sprach dem Hobbit Mut zu. Der Zauberer schaffte es in der Tat, den Hobbit ein klein wenig zu ermutigen, wofür ihm alle sehr dankbar waren.
Am späten Mittag ließ sich sogar Gimli kurz blicken, Gandalf hatte die Häuser der Heilung wieder verlassen, nur Aragorn war noch da und unterhielt sich mit Frodo und Sam.
Legolas schwenkte den Becher mit der Flüssigkeit umher und betrachtete sie sich eingehend. Er filterte alle groben Teilchen heraus und erhielt danach eine klare Flüssigkeit. Er befand das Ergebnis für gut und machte sich auf den Weg zu dem Hobbit. Aragorn, der gerade aus einem Gang des Flurs gehinkt kam, schloss sich ihm an und so gingen sie gemeinsam in Pippins Krankenzimmer.
Der Hobbit dämmerte vor sich hin und nahm den Elb gar nicht richtig wahr. Merry, Frodo und Sam jedoch erblickten ihn sofort und warfen ihm erwartungsvolle Blicke zu. Legolas eilte an einen kleinen Schrank und holte eine kleine Schale heraus, in die er etwas von dem Gegenmittel abfüllte. Dann setzte er sich zu Pippin ans Bett und richtete den liegenden Hobbit auf. Er setzte ihm die Schale an den Mund und versuchte ihm etwas von der Flüssigkeit einzuflößen, doch dem Hobbit lief alles wieder aus dem Mund heraus und er würgte, bei dem bitteren Geschmack. Aragorn musterte die Situation mit mitleidigen Augen und Frodo, Merry und Sam sahen sich gegenseitig nervös an. Merry forderte seinen Freund auf die Flüssigkeit zu trinken, doch auch Legolas´ zweiter Versuch schlug fehl. Der Hobbit hustete nur und würgte erneut.
"Ich kann das nicht schlucken. Und außerdem ist es so bitter", flüsterte Pippin und sank in Legolas Armen kraftlos zusammen.
Der Elb stand auf und lief ein paar mal auf und ab.
"Was wirst du jetzt tun", fragte Frodo und verfolgte nervös jede Bewegung des Elben.
Legolas sagte nichts, stattdessen stemmte er die Hände in die Hüften und seufzte. Erst nach einem kurzen Augenblick ergriff Legolas wieder das Wort. "Barad" (verdammt), murmelte er und sah Aragorn an. "Im hoew tulu, Aragorn" (ich brauche Hilfe, Aragorn), sagte er ihm und Aragorn nickte.
"Gar hon tanc", (halte ihn fest) murmelte Legolas und eilte wieder zu dem Schrank. Er zog sein Messer und holte dann eine Flasche mit Alkohol aus dem Schrank. Der Elb goss die Flüssigkeit über die Klinge und holte danach noch ein kleines Tuch. Er nahm es und ging wieder zu Pippin, der ihn fragend ansah und sich versuchte aufzurichten. Aragorn hatte sich neben ihn gestellt und blickte nicht minder fragend drein. "Boro nin" (vertrau mir) flüsterte Legolas und tauchte das Tuch in den Becher mit dem Gegenmittel, bis es sich vollgesogen hatte. Frodo, Sam und Merry wurden immer nervöser, doch sie wollten nichts fragen. Sie standen nur da und verfolgten Legolas mit jedem Blick.
Der Elb nahm Pippins Hand mit dem Biss und wickelte den Verband ab. Pippin zuckte zusammen und spürte den festen Griff, den Legolas auf einmal um sein Handgelenk ausübte. Der Elb griff nach seinem Messer und Pippin versuchte instinktiv seine Hand wegzuziehen, doch Legolas hielt sie so fest, dass er es nicht schaffte. Panik ergriff den Hobbit, doch als er versuchte seine andere Hand zur Hilfe zu nehmen, hatte Aragorn diese schon gepackt und hinderte ihn an seinem Vorhaben. Pippin rief in seiner Verzweiflung nach Merry, aber er war viel zu schwach, um sich weiter zu wehren, seine Muskeln gehorchten ihm ohnehin nicht mehr und so fing er nur an zu schluchzen, als er bemerkte, dass sein Freund nicht kam und wie hoffnungslos seine Situation war. Aragorn jagten mit einem Mal kalte Schauer über den Rücken und sein Bein schmerzte heftig, als er den Hobbit so hilflos vor sich sah. Er brachte es fast nicht übers Herz ihn weiter festzuhalten und versuchte sich seine zitternden Knie nicht anmerken zu lassen. Warum nur hatte er das Gefühl, solch eine Situation zu kennen?
Merry blickte verzweifelt drein und wollte schon fast zu Pippin hin, als er ihn rief, doch Frodo hinderte ihn daran und sagte ganz leise: "Legolas weiß schon, was er tut."
Pippin wimmerte, er bat darum losgelassen zu werden und Aragorn wurde heiß und kalt zugleich, doch konnte er sich nicht erklären warum. Der Hobbit versuchte seine Hand zu einer Faust zu machen, doch Legolas hinderte ihn daran und setzte sein Messer an Pippins Hand an. Der Hobbit begann zu zittern und sein herzzerreißendes Schluchzen wurde immer lauter, als er die Klinge auf seiner Haut spürte. Legolas zog ihm die scharfe Klinge des Messers schnell einmal über die innere Handfläche, so dass ein tiefer Schnitt entstand. Pippin stieß ein Schmerzensschrei aus und ihm wurde schwindelig. Die Anstrengung war viel zu groß für ihn und er sah Aragorn mit ängstlichen Augen an, der seinem Blick schnell auswich. Sofort strömte das Blut aus dem tiefen Schnitt und lief Pippin den Arm herunter. Legolas nahm das Tuch, das mit dem Gegenmittel vollgesogen war und drückte es dem Hobbit fest auf den Schnitt. Pippin stieß wieder einen Schrei aus und sein Schluchzen wurde immer heftiger. Der Schnitt brannte so schrecklich und das Gegenmittel verstärkte das Brennen noch, als es in die Wunde lief und ins Blut ging. Der Hobbit versuchte wieder die Hand wegzuziehen, doch Legolas drückte das Tuch nur noch fester auf den Schnitt und sorgte dafür, dass Pippin zwar schon fast schrie vor Schmerz, doch gleichzeitig drang immer mehr von dem Gegenmittel in sein Blut. Der Elb wrang das Tuch regelrecht in der Wunde aus und es färbte sich langsam rot, weil es Pippins Blut aufsaugte. Legolas versuchte die vorwurfsvollen und traurigen Augen des Hobbits zu ignorieren, doch er musste sich eingestehen, dass es ihm schon nahe ging, wie Pippin ihn mit seinen feuchten Augen ansah.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis Legolas die Hand des Hobbits wieder frei gab. Es wäre schon seit einer ganzen Zeit nicht mehr nötig gewesen ihn festzuhalten, denn der Hobbit hatte die Augen schon kraftlos geschlossen jammerte nur noch hin und wieder vor sich hin.
Der Schnitt klaffte weit auseinander und blutete noch immer. Legolas besorgte eine saubere Binde und verband dem Hobbit sorgfältig die Hand. Auch Aragorn löste seinen Griff wieder und hatte das dringende Bedürfnis an die frische Luft zu gehen. Pippin zitterte und war so schwach, dass er, kaum war Legolas fertig mit Verbinden, erschöpft einschlief.
Merry war schlecht und Sam starrte wie versteinert auf Pippin. Erst langsam ließ er seinen Blick zu Aragorn wandern. Er wusste sehr wohl, warum Aragorn so nervös war.
Frodo und Sam folgten Legolas und Aragorn hinaus und Merry setzte sich wieder neben Pippin ans Bett.
"Wird er es schaffen", fragte Sam und beobachtete, wie Legolas sein Messer abwischte.
"Will ich doch hoffen, er hatte jedenfalls noch eine ganz schöne Kraft sich zu wehren, das ist gar kein schlechtes Zeichen. Und wenn wir Glück haben, dann ist auch genug von dem Gegenmittel in sein Blut gegangen", antwortete der Elb. Sam war etwas erleichtert und genauso erging es auch Frodo.

Legolas hielt sich in den nächsten Stunden ständig in Pippins Nähe auf. Der Hobbit schlief die ganze Zeit, und Legolas fühlte von Zeit zu Zeit seinen Puls und stellte fest, dass der Herzschlag des Hobbits langsam wieder regelmäßiger wurde. Auch sein Atem wurde wieder ruhiger und seine Haut bekam wieder eine gesündere Farbe. Er krampfte nicht mehr und das Gift schien langsam seine Wirkung zu verlieren. Legolas war erleichtert, die Methode mit dem Schnitt hatte er eigentlich nicht anwenden wollen, sie wurde auch bei seinem Volk nur selten verwendet.
Die Heilerin kam auf ihn zu und fragte ihn wie er das vollbracht hatte und wollte sehr gerne über das Rezept des Gegenmittels aufgeklärt werden, was Legolas auch teilweise bereitwillig tat, doch er wusste, dass auch seine elbische Kraft viel zum Erfolg von Pippins Heilung beigetragen hatte.
Der Elb schaute ein letztes Mal am Abend nach Pippin. Der Hobbit war die ganze Zeit nicht einmal aufgewacht und lag immer noch tief schlafend in seinem Bett. Merry war ebenfalls eingeschlafen. Er saß auf dem Stuhl neben Pippins Bett und lag mit dem Kopf halb auf Pippins Kissen. So verließ Legolas mit einem Lächeln das Zimmer und ging hinüber zu Aragorns Palast.

Der Elb fand den Rest seiner Gefährten in einem gemütlichen Kaminzimmer vor. Die Stimmung war wesentlich entspannter. Alle unterhielten sich über irgendwelche eher belanglosen Dinge und Legolas fiel auf, dass häufig gelacht wurde. Gimlis Lachen hatte er schon auf dem Flur gehört und nun erkannte er auch Gandalfs tiefes Lachen. Als der Elb ebenfalls in das Kaminzimmer eintrat, fielen sofort alle Blicke auf ihn. Er erklärte kurz, dass alles in Ordnung sei und dass er jetzt nicht mehr gebraucht wurde. Den Rest musste Pippins Körper alleine schaffen.
Aragorn lud Legolas mit einer Handbewegung ein sich zu ihnen zu setzten und der Elb tat dies auch. Er beantwortete geduldig die Fragen, die ihm alle zu Pippins Schlangenbiss stellten und war froh, als das Thema dann langsam wechselte und er nicht mehr reden musste, sondern zuhören konnte.
Aragorn erzählte von Lhunroth. Er hatte ihm eine Arbeit als Wache im Palast gegeben und Lhunroth tat diese Arbeit mit großem Eifer. Er hatte stets einen erfahrenden Wachmann an seiner Seite, der ihm alles nötige erklärte, doch das war schon fast gar nicht nötig. Wenn Aragorn Lhunroth irgendwo traf, bedankte sich der Mann stets bei ihm und unterhielt sich freundlich mit ihm. Er hatte seine Scheu etwas verloren, doch zeigte er immer noch Ehrfurcht vor Aragorn. Er schien ein klein wenig stolz zu sein, dass der König sich öfters mit ihm unterhielt und war sehr froh im Palast arbeiten zu können. Er verrichtete seine Arbeit gewissenhaft und gut und Aragorn war sehr zufrieden ihn in seinem Palast zu haben. Sam schüttelte wieder einmal ungläubig den Kopf. Lhunroth hatte die Aufgabe solche Männer vom Palast fern zu halten, zu denen er auch einst gehörte.
Während Aragorn so sprach, stieg Legolas mit einemmal dieser süßliche Geruch erneut in die Nase und ihm war es kaum möglich die Augen offen zu halten. Er merkte gar nicht, wie er in seinem Sessel langsam zurücksank und einschlief. Gimli saß auf einem Sofa und fiel plötzlich zur Seite und schlief tief und fest, als die anderen alle völlig fassungslos auf die Beiden starrten. Aragorn glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er den schlafenden Elben und daneben den Zwerg erblickte.
Im Flüsterton beschlossen die anderen den Raum zu verlassen und den Beiden ihre Ruhe zu gönnen. Es war ohnehin spät und die anderen beschlossen auch zu Bett zu gehen.

Legolas erwachte zur Mittagszeit und stellte beschämt fest, dass er noch nie so lange und tief geschlafen hatte. Er fand sich alleine im Kaminzimmer vor und schüttelte ungläubig den Kopf. Er rieb sich die Augen und blickte müde drein. Wenn er ehrlich war, hätte er noch weiter schlafen können. Er erhob sich langsam und ging auf den Flur. Als er nach draußen ging und bemerkte, wie spät es schon sein musste begann er zu stutzen. Irgendwas stimmte nicht. Sollte Gimli vielleicht doch recht haben und er war irgendwie krank? Legolas schüttelte in Gedanken den Kopf. Das konnte eigentlich nicht sein.
Er beschloss nach Pippin zu sehen, eigentlich hatte er vorgehabt das schon heute morgen zu tun. So ging er wieder zu den Häusern der Heilung.
Als er vor Pippins Tür stand, hörte er schon Stimmengemurmel und er wusste, dass es dem Hobbit wohl besser gehen musste, denn er hörte deutlich seine Stimme heraus, die fast schon fröhlich klang. Der Elb öffnete die Tür und fand Merry und Pippin auf dem Bett vor. Sie saßen sich gegenüber und ihrer Mitte befand sich ein Teller mit Obst und Kuchen, den beide Hobbits langsam aber stetig leerten. Legolas lächelte und Pippin verschluckte sich fast, als er den Elb sah.
"Oh, Legolas... Ich ähm... Ich weiß gar nicht wwwas ich sagen soll", stammelte er und guckte den Elb unsicher an.
"Sag mir nur, ob es dir gut geht", antwortete Legolas freundlich.
Pippin nickte. "Ja. Ich bin dir so dankbar."
Der Elb ging auf ihn zu und Merry guckte ihn erleichtert an.
"Wie lange hast du geschlafen", fragte Legolas Pippin.
"Bis heute Morgen. Ich bin zwar immer noch etwas müde und schwach, aber das ist nichts im vergleich zu davor. Außer meiner Hand tut mir auch nichts mehr weh, ich bin so froh."
"Zeigst du mir mal deine Hand", fragte Legolas und beobachtete, wie Pippin kurz zögerte. "Keine Angst ich mach nichts mehr", sagte Legolas, als er den Grund für Pippins Zögern erkannte.
"Es tut mir leid, es ist dumm von mir. Immerhin hast du mir damit das Leben gerettet", sagte der Hobbit schuldbewusst und streckte dem Elb seine Hand mit dem Verband hin. Legolas wickelte den Verband ab und betrachtete den tiefen Schnitt auf der Handfläche. Er war an den Seiten gerötet, blutete aber nicht mehr. Der Elb drückte in der Nähe des Schnittes und Pippin zuckte einmal heftig zusammen. Etwas Wundwasser trat aus und lief über die Handfläche des Hobbits.
"Er hat sich leicht entzündet, wir sollten darauf achten, dass das nicht schlimmer wird", stellte Legolas fest. "Ich schlage vor ich säubere den Schnitt noch mal", sagte der Elb und guckte Pippin an, der nur nickte. Legolas holte ein sauberes Tuch und die Flasche Alkohol und ging dann wieder zu dem Hobbit hinüber. Trotzdem er vorsichtig war, schloss Pippin die Augen und hatte Mühe, die Hand nicht wegzuziehen, als Legolas den Schnitt säuberte. Der Elb verband ihm die Hand danach neu und Pippin legte seine brennende Hand auf seinen Schoß.
"Wie kann ich dir danken", fragte Pippin nach einem kurzen Augenblick des Schweigens.
Der Elb lächelte. "Du könntest mir das Stück Kuchen da geben, ich habe noch gar nichts gegessen."
Die Hobbits lachten und rutschten auf dem Bett zusammen, so dass Legolas auch Platz hatte. Dann stellten sie den Teller in die Mitte und fuhren fort mit essen.